638/KOMM XXVII. GP
Kommuniqué
des
Untersuchungsausschusses betreffend
Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen
ÖVP-Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) (4/US XXVII.GP)
Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Sebastian Kurz in der 32. Sitzung vom 28. September 2022
Der Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 36. Sitzung am 19. Oktober 2022 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VOUA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Sebastian Kurz zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.
Wien, 2022 10 19
Mag. Corinna Scharzenberger Mag. Friedrich Ofenauer
Schriftführerin Vorsitzender-Stellvertreter

Untersuchungsausschuss
betreffend
Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder
(ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss)
Stenographisches Protokoll
32. Sitzung/medienöffentlich
Mittwoch, 28. September 2022
XXVII. Gesetzgebungsperiode
Gesamtdauer der 32. Sitzung
10.19 Uhr – 22.03 Uhr
Camineum
Befragung der Auskunftsperson Sebastian Kurz
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Über Ersuchen des Herrn Vorsitzenden komme ich nun zur Belehrung der heutigen Auskunftsperson. Es ist dies Bundeskanzler außer Dienst Sebastian Kurz.
Herr Kurz, Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder als Auskunftsperson zu den Themen 1 – Beeinflussung von Vergabe- und Förderverfahren –, 2 – Einflussnahme auf Beteiligungen des Bundes –, 3 – Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit sowie 4 – Begünstigung bei der Personalauswahl –, kurz: zu sämtlichen Themen, mit denen sich dieser Ausschuss befasst, angehört.
Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson bekommen. Auf diese Belehrung möchte ich Sie ausdrücklich hinweisen. Sie sind verpflichtet, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und auch vollständig zu beantworten. Eine falsche Aussage vor diesem Ausschuss könnte wie eine falsche Aussage vor Gericht mit einer Strafe geahndet werden.
Sie sind auch berechtigt, hier die Aussage zu verweigern. Im Falle einer Aussageverweigerung wären die Gründe allerdings anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen.
Auch weise ich Sie auf die bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Dies gilt auch noch nach Ende der Befragung.
Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Heute vorgelegte Unterlagen dürfen weder von Ihnen noch von Ihrer Vertrauensperson an sich genommen werden. Kopien, Notizen oder Auszüge dürfen nicht angefertigt werden.
Sie selbst sind berechtigt, Beweisstücke vorzulegen, die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und auch den Ausschluss der Öffentlichkeit jederzeit zu beantragen.
Ich komme zu Herrn Rechtsanwalt Mag. Suppan. Herr Magister, Sie waren schon einige Male vor diesem Ausschuss. Ich kann es daher mit dem Hinweis bewenden lassen, dass auch eine Mittäterschaft eine strafrechtliche Verfolgung nach sich ziehen kann.
Die Auskunftsperson – das halte ich für wesentlich – kann Sie als Vertrauensperson jederzeit um Rat fragen und Sie können sich mit der Auskunftsperson auch ohne zeitliche Beschränkung beraten. Die Auskunftsperson darf dabei jedoch nicht an der Ablegung einer freien oder vollständigen Aussage beeinflusst oder gar behindert werden.
Sie selbst sind nicht berechtigt – das wissen Sie ohnedies – das Wort im Untersuchungsausschuss zu ergreifen. Bei der Verletzung der Verfahrensordnung oder Eingriffen in Grund- und Persönlichkeitsrechte steht es Ihnen frei, sich unmittelbar an mich als den Verfahrensrichter oder den rechts neben mir sitzenden Herrn Verfahrensanwalt zu wenden.
Herr Vorsitzender, ich bin mit meiner Belehrung am Ende. – Ich danke.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Vielen Dank, Herr Verfahrensrichter.
Herr Kurz, als Auskunftsperson haben Sie das Recht, eine einleitende Stellungnahme abzugeben. Diese soll 20 Minuten nicht überschreiten. Wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machten? (Abg. Hanger hebt die Hand.)
Zur Geschäftsordnung gibt es eine Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Hanger. – Bitte schön.
*****
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Mir ist es wichtig, bevor wir zur Befragung beziehungsweise zum einleitenden Statement kommen, ein paar Dinge klarzustellen. Wir hatten in den letzten Befragungstagen umfangreiche Debatten zur Geschäftsbehandlung, einfach aus dem Grund, weil ich persönlich und auch viele meiner Kolleginnen und Kollegen der Meinung waren, dass Fragen einfach außerhalb des Untersuchungsgegenstandes sind.
Ich möchte in dem Zusammenhang auch festhalten: Für die Einhaltung der Geschäftsordnung bin nicht ich als Abgeordneter zuständig, sondern – das muss ich an den Vorsitzenden adressieren – für die Einhaltung der Geschäftsordnung ist der Vorsitzende verantwortlich, immer nach Rückfrage, nach Beratung mit dem Verfahrensrichter. Ich weiß das selber: Egal welche Entscheidung man als Vorsitzender trifft, man hat dann immer das Thema, dass einem parteiische Vorsitzführung unterstellt wird und deshalb schließt man sich grundsätzlich den Empfehlungen des Verfahrensrichters an. (Abg. Krainer: Herr Vorsitzender, das geht nicht!) Ich möchte schon klar und deutlich festhalten: Ich habe mir zwei Befragungsprotokolle (Zwischenruf der Abg. Tomaselli) – das Rederecht, Frau Abgeordnete Tomaselli, lasse ich mir auch von dir nicht nehmen – angeschaut. Zum einen die Befragung von Herrn Melchior: Ich sage Ihnen, Herr Verfahrensrichter, die Fragen dort waren zu 90 Prozent durch den Untersuchungsgegenstand nicht gedeckt. Ich weiß, wie es dann ist. Dann heißt es: Na ja, lassen wir die Befragung laufen, es ist ja eh alles so friedlich. Ganz ehrlich: Das ist kein Argument. Wir haben eine Geschäftsordnung und einen Untersuchungsgegenstand, und Fragen können nur im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes zugelassen werden.
Ich habe mir das Befragungsprotokoll von Herrn Seele zum Thema OMV angeschaut. Auch da ist es so, dass wir zu 90 Prozent Fragen diskutiert haben, die durch den Untersuchungsgegenstand nicht gedeckt waren, weil Managemententscheidungen der OMV nicht Untersuchungsgegenstand sind.
Ich darf schon auch anmerken, dass dann in den Pausengesprächen meine Sichtweise von Ihnen und auch von der stellvertretenden Verfahrensrichterin geteilt wird. Man sagt mir dann im Gespräch: Ja, Herr Hanger, Sie haben schon recht, wir sind außerhalb des Untersuchungsgegenstandes, aber na ja, es sind doch interessante Fragen. – Es gibt viele interessante Fragen, nur die Geschäftsordnung sieht ganz klar vor, dass nur Fragen zulässig sind, die durch den Untersuchungsgegenstand gedeckt sind. Ich darf wirklich eindringlich bitten, am heutigen Tag und auch an den zukünftigen Befragungstagen darauf zu achten, dass die Geschäftsordnung auch tatsächlich eingehalten wird. – Danke. (Abg. Krainer hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Vielen Dank für die Wiederholung der Bestimmungen der Geschäftsordnung, die uns bekannt sind und die in jedem Einzelfall, bei jeder einzelnen Frage auch vom Herrn Verfahrensrichter und von meiner Person entsprechend geprüft werden.
Es gibt eine weitere Wortmeldung zur Geschäftsordnung von Herrn Abgeordneten Krainer. (Abg. Krisper hebt die Hand.)
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ja, das war natürlich jetzt keine Wortmeldung zur Geschäftsordnung, weil sie überhaupt nichts mit der Befragung zu tun hat; deswegen verlange ich gemäß § 103 Abs. 1 einen Ordnungsruf gemäß § 102 Abs. 1 für Abgeordneten Hanger. Sie entscheiden darüber ohne Berufung.
Ich bin der Meinung, dass wir in Zukunft, wenn Herr Hanger sich zu Wort meldet, gleich in eine Stehung gehen, damit wir nicht eine ähnliche Situation haben, wie wir sie bei der Befragung von Nehammer in diesem Ausschuss und von Herrn Kurz im Ibiza-Untersuchungsausschuss hatten.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich habe vorhin Frau Abgeordnete Krisper die Hand zur Geschäftsordnung heben gesehen. (Abg. Krisper schüttelt den Kopf.) – Das wird damit zurückgezogen.
Ich nehme diesen Hinweis als Anregung entgegen, habe aber keinen ordnungsrufwürdigen Sachverhalt in der Wortmeldung von Herrn Abgeordneten Hanger erkennen können. Ich darf aber ersuchen, bei den weiteren Wortmeldungen zur Geschäftsordnung entsprechend konkret auf die Fragestellung und auf die sich daraus ergebenden Fragen zur Geschäftsordnung Bezug zu nehmen.
*****
Wenn es nun keine weiteren Wortmeldungen zur Geschäftsordnung gibt, dann stelle ich nochmals die Frage, ob vom Recht, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, Gebrauch gemacht wird. (Die Auskunftsperson bejaht dies.)
Bitte, wenn das so ist, dann sind Sie am Wort, Herr Kurz.
Sebastian Kurz: Ich kann das gerne knapp machen. Grüß Gott! Schönen guten Morgen! Ich bin bereit und darf um Ihre Fragen ersuchen.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Dann darf ich nun den Herrn Verfahrensrichter um die Durchführung der Erstbefragung ersuchen. – Bitte sehr, Herr Verfahrensrichter.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Herr Kurz, Sie haben im Ibiza-Untersuchungsausschuss schon zweimal Rede und Antwort gestanden, einmal am 24. Juni 2020 und dann zuletzt am 1.7.2021. Sie haben hier schon maßgebliche Auskünfte erteilt.
Ich möchte Ihnen nunmehr unter Vorlage einer Urkunde, nämlich des Sideletters der türkis-blauen Bundesregierung, einige Fragen stellen. Dieser Sideletter wird vorgelegt, Dokument Nummer 158277. Es müsste sofort, in kurzer Zeit am Screen ersichtlich sein. (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück.)
Das ist ein Papier, das erst Anfang dieses Jahres diesem Ausschuss vorgelegt worden ist und daher insofern einen Neuigkeitswert hat. Sie konnten bisher dazu nicht gefragt werden. Meine Fragen zielen vor allem auf die Punkte ab, zu denen Sie bisher keine Stellungnahme abgeben konnten.
Es geht da um den Sideletter der türkis-blauen Bundesregierung, ich gehe also zu Dezember 2017 zurück. Zu diesem Sideletter hätte ich einige Fragen an Sie. Grundsätzlich einmal: Warum haben Sie sich entschieden, einen Sideletter zu verfassen? War das üblich? Haben Sie das von vorhergehenden Regierungskoalitionen so gesehen oder haben Sie das erstmals erfunden? Mich würde interessieren: Wie kommt es dazu, dass Sie neben Koalitionsvereinbarungen auch derartige Vereinbarungen treffen, die in Form eines Sideletters festgehalten sind? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Sehr geehrter Herr Verfahrensrichter! Ich danke für Ihre Frage. Meine Wahrnehmung in den zehn Jahren Regierungstätigkeit ist, dass es eigentlich bei allen Koalitionsverhandlungen immer zum Abschluss von mehreren Vereinbarungen gekommen ist: einem Regierungsprogramm, das im Regelfall die inhaltliche Zusammenarbeit geregelt hat, darüber hinaus natürlich Personalvereinbarungen, was die Spitze der Ministerien betrifft, also die Ministerinnen und Minister, und darüber hinaus sind in sogenannten Sidelettern allgemeine Vereinbarungen zu der Art und Weise der Zusammenarbeit, zur Lösung von Konflikten, aber natürlich auch zu Personal- oder Budgetfragen getroffen worden.
Also schlicht und ergreifend haben diese Sideletter meiner Meinung nach immer das Ziel verfolgt, dass Themen, die vielleicht auf eine Regierung zukommen, vorab zumindest allgemein geregelt werden, damit dann auch am Ende des Tages der Entscheidungsfindungsprozess in einer Bundesregierung funktioniert.
Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Ich habe jetzt nicht das ganze Dokument gelesen, um hier Zeit zu sparen, aber wenn ich jetzt zum Beispiel den dritten Punkt lese, da geht es um die Bestellung eines Regierungssprechers im BKA mit dem Botschafter Launsky. Das ist, würde ich sagen, ein Klassiker, wo es im laufenden Betrieb sehr schwerfallen könnte, sich dann auf einen entsprechenden Namen zu einigen, weil das natürlich eine außenwirksame und somit auch nicht ganz unwesentliche Position ist.
Insofern – ich habe jetzt nicht das ganze Dokument durchgelesen, aber ich würde einmal allgemein beantworten –: Dass Sideletter geschlossen werden, ist nichts Ungewöhnliches. Teilweise findet das auf Spitzenebene statt, teilweise gibt es sicherlich auch Vereinbarungen von Unterverhandlern, die sich manchmal sozusagen mit der Spitzenebene abstimmen und manchmal auch nicht. Sie müssen sich vorstellen: Im Rahmen von Regierungsverhandlungen wird ein Riesenkonvolut an Fragestellungen diskutiert.
Abschließend vielleicht noch: Ich habe zwei Regierungsverhandlungen in einer Spitzenrolle miterlebt, aber auch eine Verhandlung doch immerhin als Regierungsmitglied und auch in einer relevanten Rolle, einmal mit der Sozialdemokratie und dann mit der FPÖ und dann mit den Grünen. Ich persönlich habe nach meiner Wahrnehmung den Eindruck, dass diese Gespräche bei allen Parteien, egal, in welcher Konstellation, immer sehr ähnlich abgelaufen sind. Insofern, weil das in den Medien auch immer wieder so dargestellt wurde, als wäre das etwas Unanständiges: Ich will jetzt nicht das Argument verwenden, nur weil es alle machen, ist es automatisch anständig, aber ich würde gerne das Argument verwenden, dass ich glaube, dass für einen funktionierenden Koalitionsbetrieb, für eine Regierung, die auch arbeitsfähig ist, solche Sidelettervereinbarungen in der Vergangenheit immer als eine Notwendigkeit gesehen worden sind. Und wenn ich mir vielleicht diese These erlauben darf: Ich glaube, dass, auch unabhängig davon, welche Parteien regieren, so etwas auch in Zukunft, ganz gleich, ob auf Landesebene oder auf Bundesebene, stattfinden wird.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich möchte auf Punkt 3 dieser Vereinbarung eingehen, wo es um Personalbesetzungen geht, weil nicht der gesamte Sideletter – ich muss Herrn Abgeordneten Hanger recht geben – vom Untersuchungsgegenstand umfasst ist, aber Postenbesetzungen sind schon vom Untersuchungsgegenstand umfasst. Wenn Sie sich das anschauen, Herr Kurz, dann sehen Sie, dass beispielsweise bei der „Nachfolge Grabenwarter“ – Grabenwarter wurde dann in der Folge Präsident des Verfassungsgerichtshofes und seine Position wurde frei – hier der Name Brandstetter und daneben ÖVP steht. Wir haben Herrn Dr. Brandstetter auch schon hier im Ausschuss als Auskunftsperson gehört. Ich möchte Ihnen dann einen Teil seiner Aussagen im Protokoll vorlesen beziehungsweise auch vorlegen, nur vorerst interessiert mich: Auf wessen Initiative wurde denn die Bestellung von Dr. Brandstetter im Sideletter vereinbart? Können Sie sich da noch erinnern? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Oder, um hier vielleicht eine nicht korrekte Aussage hintanzuhalten: Ich möchte Ihnen korrekterweise das Protokoll vorlegen. Ich bitte um Vorlage des Protokolls der Anhörung des Herrn Dr. Brandstetter, Dr. Wolfgang Brandstetter, der am 31. März dieses Jahres hier zu seiner Ernennung einiges kundgetan hat. Da möchte ich auf die Seiten 19 und 20 verweisen, möchte Sie also mit der Aussage des Herrn Dr. Brandstetter konfrontieren, wie er dazu Stellung nimmt, dass er dann doch zum Richter des Verfassungsgerichtshofes nach Beendigung seiner Tätigkeit in der Regierung ernannt worden ist. (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück.)
Da möchte ich Sie auf Seite 19 unten beziehungsweise Seite 20 Mitte verweisen. Wenn Sie sich bitte Zeit nehmen und sich das durchlesen. Er selbst hat das „komisch“ gefunden und hat dann eine Erklärung für diese - -, komisch gefunden, nämlich dass sein Name im Sideletter aufscheint. Es interessiert mich, ob Sie eine Erinnerung haben, warum Herr Dr. Brandstetter es als merkwürdig empfindet, dass sein Name im Sideletter aufscheint. War Dr. Brandstetter im Komitee dabei, das den Sideletter erstellt hat? Wusste er etwas darüber?
Sebastian Kurz: Das ist jetzt über fünf Jahre her. Ich will Ihnen jetzt nichts Falsches sagen, aber ich würde einmal sagen: Soweit ich unser Regierungsverhandlungsteam damals im Kopf habe, war Minister Brandstetter nicht Teil des Verhandlungsteams oder zumindest nicht auf oberster Ebene, kommt mir vor, wenn ich das richtig im Kopf habe. Insofern glaube ich, ja, kann ich mir gut vorstellen, dass er jetzt den Sideletter nicht gekannt hat. Der war ja auch nicht öffentlich.
Ich wüsste jetzt nicht mehr, wie die Gespräche verlaufen sind, aber zu irgendeinem Punkt ist sicherlich mit ihm geredet worden, ob er Interesse hat, sich auch als Verfassungsrichter zur Verfügung zu stellen.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Haben Sie mit ihm darüber gesprochen, bevor dieser Sideletter verfasst worden ist, ob er sich dazu bereiterklären würde? Er empfindet das als komisch. Er selbst sagt, „es ist komisch.“ Er sagt: „Der Sideletter muss ja [...] vor Bildung dieser Regierung erstellt worden sein“, und das war im „Dezember 2017.“ Am „28. Jänner 2018“ – so sagt er, wenn ich Sie auf diese Aussage, Seite 20 Mitte, verweisen darf – hat er dann erst davon erfahren. Er wusste sogar genau den Tag, weil es der Tag der niederösterreichischen Landtagswahl war. Da hat er einen Anruf von Ihnen bekommen: „Du, bitte bewirb dich für beide Stellen, die im Verfassungsgerichtshof zu vergeben sind“, die Stelle von der Regierung und die Stelle des Parlaments beziehungsweise Nationalrats.
Das ist aufklärungsbedürftig und ich würde Sie bitten, Herr Kurz, dazu eine Stellungnahme abzugeben.
Sebastian Kurz: Ja, das kann ich gerne machen. Ich glaube, dass da ein paar Dinge miteinander verwechselt werden. Ich glaube, das eine ist sozusagen die Frage: Hatte er Interesse, Ja oder Nein? Das würde ich eindeutig mit Ja beantworten. Ich kann jetzt nicht mehr auswendig sagen – ich glaube, das war vielleicht in seinem Leben relevanter als in meinem –, wann wir jetzt telefoniert haben und ob wir telefoniert haben. Ich hätte daran jetzt keine Erinnerung mehr, aber wenn er das so sagt, wird das schon so gewesen sein. Ich glaube, das ist die eine Facette.
Die zweite Facette ist, wann das Gespräch stattgefunden hat, ob er Interesse hat. Ehrlicherweise kann ich Ihnen da jetzt kein Datum nennen. Ich gehe auch davon aus, dass er darüber nicht nur mit mir gesprochen hat, sondern auch mit anderen, wie das in solchen Prozessen üblich ist.
Ich glaube, die dritte Frage ist dann, für welche - -, also sozusagen Regierungsvergabe oder Parlamentsvergabe, wo er sich da bewerben soll. Da kann ich mir gut vorstellen, dass das stimmt, dass es da eine gewisse Abstimmung mit ihm gegeben hat, was da ideal wäre. Wie gesagt: Wenn er das so sagt, dann glaube ich ihm das.
Dass das in einem Sideletter vereinbart wird, das, glaube ich, ist jetzt nichts Ungewöhnliches – vielleicht unter Einbindung der handelnden Personen, vielleicht aber auch nicht. Also ich sage einmal, es dürfen sich auch zwei Parteien ausmachen, jemanden zu nominieren oder jemanden zu fragen oder jemanden vorzuschlagen, einzuladen sich zu bewerben, ohne dass mit ihm vorher darüber gesprochen wurde – vielleicht kann währenddessen mit ihm darüber gesprochen werden und vielleicht informiert man ihn nachher. Ich glaube also, da gibt es kein Standardprozedere.
Ich würde sagen, kurz zusammengefasst: Für die handelnden Akteure ist so etwas vielleicht weniger relevant als für die Person, die es direkt betrifft. Darum bitte ich um Verständnis, dass ich jetzt nicht weiß, welche Wahl da gerade war oder an welchem Tag wir telefoniert haben. Ich könnte es Ihnen beim besten Willen nicht sagen. Wenn Sie mich um eine ehrliche Antwort fragen: Ich habe irgendwann mitbekommen, dass ihn das interessiert. Ich war, sicherlich wie viele andere in der ÖVP, der Meinung, dass das eine gute Idee ist, und that’s it!
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich danke Ihnen. Meine Fragezeit oder Redezeit ist begrenzt, Herr Kurz, ich hätte noch mehrere Fragen dazu, aber eine möchte ich doch noch stellen: Es ist hier als Nachfolge für Verfassungsrichterin Berchtold-Ostermann ein Herr Wallentin genannt, „unabhängig“ steht daneben. Wissen Sie, ob diese Vereinbarung in dem Punkt eingehalten worden ist? Herr Wallentin ist meines Wissens ja nicht Richter des Verfassungsgerichtshofes geworden. Wissen Sie, wie es dazu gekommen ist?
Sebastian Kurz: Ja, also meiner Meinung nach ist die Faktenlagen eh bekannt. Er ist, glaube ich, Präsidentschaftskandidat, wenn ich das richtig mitverfolgt habe, und nicht Verfassungsrichter. (Verfahrensrichter Pöschl: Jawohl, das habe ich auch so gehört!)
Wie Sie ja wissen, gibt es da Abstimmungsprozesse zwischen Parteien, zwischen der Regierung, im Parlament, auch mit dem Bundespräsidenten. Im Wege des Prozesses und in den Gesprächen, die hier stattgefunden haben, mit den genannten handelnden Akteuren, ist es hier zu einer anderen Entscheidung gekommen, wobei ich Ihnen jetzt auswendig nicht einmal den Namen - - (Verfahrensrichter Pöschl: Rami!) – Ah ja, okay.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Aber das ist nebensächlich. Die Vereinbarung gibt jedenfalls den Zustand wieder, wie er sich zum Zeitpunkt der Unterfertigung dargestellt hat, auch wenn sich nachträglich Änderungen ergeben; davon darf ich ausgehen, nicht?
Sebastian Kurz: Genau. Ich habe jetzt den Sideletter nicht im Detail gelesen, aber soweit ich das überblicken kann - - Ich gehe auch davon aus, dass Sie mir ja jetzt nichts Falsches vorlegen und Sie haben ja gesagt, das ist der Sideletter.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Nein, ich lege Ihnen dieses Dokument vor.
Sebastian Kurz: Genau. Ich wollte es so sagen: Ich habe den Eindruck, dass das der Sideletter aus der Regierungsverhandlung 2017 ist.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich kann Ihnen nur sagen: Das ist das Dokument, das diese Nummer trägt. Mehr möchte ich nicht dazu sagen.
Sebastian Kurz: Ja.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Herr Vorsitzender, ich habe leicht überzogen, ich bitte um Entschuldigung.
Danke.
*****
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Wir kommen nun zur Befragung durch die Abgeordneten. Die Redezeitvereinbarung ist Ihnen allen bekannt und im Sinne der Redeordnung erteile ich nun Frau Abgeordneter Krisper das Wort. – Bitte sehr.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Sebastian Kurz! Ich freue mich, dass ich heute eine Frage – und hoffentlich mehrere – an Sie richten kann, denn letztes Mal war das ja nicht möglich. Ich möchte gleich an die Fragen des Herrn Verfahrensrichter anschließen und Ihnen auch den türkis-grünen Sideletter vorlegen, Vorlage X3, und Ihnen nach Auffrischung Ihres Gedächtnisses dazu eine Frage stellen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) – Bereit? (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)
Sebastian Kurz: Bitte.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Da Sie jetzt den türkis-blauen und den türkis-grünen Sideletter wieder erneut vor Augen hatten, hätte ich die Frage, welche Positionen Ihrer Wahrnehmung nach in diesen zwei Sidelettern genannt sind, aufgeschrieben sind, für die es eigentlich ein rechtlich vorgesehenes Bewerbungs- beziehungsweise Auswahlverfahren gibt. (Abg. Hanger hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Abgeordneter Hanger gemeldet. – Bitte schön.
*****
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich ersuche den Herrn Verfahrensrichter um eine Einschätzung zu zwei Themenbereichen: Einerseits ist die Frage sehr unbestimmt und sehr allgemein gehalten, vielleicht kann man das ein bisschen konkreter spezifizieren, weil ja Fragen auch spezifisch gestellt werden müssen. Zum Zweiten ist es auch eine Rechtsfrage, die hier offensichtlich relativiert wird. Wir haben schon mehrmals sehr klar darüber befunden, dass Rechtsfragen hier nicht untersuchungsgegenständlich sein können.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich würde auch bitten, Frau Abgeordnete, dass man das etwas konkretisiert: Fragen, bei denen es ein Auswahlverfahren oder ein Ausschreibungsverfahren, wie Sie es genannt haben, gibt – da müsste man schon sagen, um welche es sich handelt.
Man darf, glaube ich, nicht voraussetzen, dass Herr Kurz weiß, wo überall Ausschreibungs- oder Auswahlverfahren stattfinden. Vielleicht können Sie das anhand eines Beispieles konkretisieren.
*****
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich ersuche nun, entsprechend den Ausführungen des Herrn Verfahrensrichters entsprechend zu konkretisieren, worauf die Frage tatsächlich abzielt. – Bitte schön.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich hätte die Erwartungshaltung gehabt, dass ein Kanzler weiß, was er vereinbart und ob er entgegen rechtlicher Bestimmungen einfach schon vorab entscheidet. Aber bitte, dann zum türkis-grünen Sideletter ein Beispiel, Punkt 4:
„4 BVwG
Präsident
[...]“
Haben Sie Wahrnehmungen, dass es hier eigentlich gesetzliche Bestimmungen gibt, wie die Auswahl zu erfolgen hat, und nicht ein Nominierungsrecht der ÖVP besteht?
Sebastian Kurz: Entschuldigung, ich habe den letzten Satz akustisch nicht verstanden.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Und nicht ein Nominierungsrecht der ÖVP besteht, wie es hier steht. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, ich versuche, Ihnen das zu beschreiben; es kann sein, dass jetzt gewisse Formulierungen schlampig oder nicht ganz perfekt gewählt sind.
Sie haben im Bereich der Personalentscheidungen im öffentlichen Bereich oft die Situation – wie zuvor zum Beispiel zur Frage Verfassungsgerichtshof –, dass es unterschiedliche Entscheidungsgremien gibt beziehungsweise dass verschiedene Schlüsselstellen der Republik am Ende des Tages ihre Zustimmung geben müssen. Das heißt, Sie müssen es zustande bringen, und das ist, wie man jetzt beim Beispiel vom Verfassungsrichter sieht, ein durchaus komplexer Prozess, denn selbst wenn sich die Regierungsparteien auf jemanden einigen und das im Ministerrat beschließen, braucht es noch immer die Zustimmung des Bundespräsidenten. Und insofern haben Sie immer wieder die Herausforderung – natürlich insbesondere, wenn der Ministerrat bei solchen Entscheidungen involviert ist –, dass es beides gibt. Es muss jemand sein, der höchst qualifiziert ist, der alle Anforderungen erfüllt, der auch bestqualifiziert ist, aber gleichzeitig braucht es auch den politischen Beschluss eines Ministerrats oder die Zustimmung eines Bundespräsidenten. Und ja, da hilft es am Ende des Tages nichts, wenn es dazu am Ende des Tages keine gemeinsame Meinung gibt.
Bei vielen höchsten Vertretern von Gerichten zum Beispiel ist es eben genau so: dass es hier einen Beschluss geben muss, aber gleichzeitig der Bundespräsident auch seine Zustimmung erteilen muss. Und innerhalb von Regierungen ist es immer dann, wenn der Ministerrat betroffen ist, so, dass es am Ende des Tages nur funktioniert, wenn es auch eine Zustimmung beider Koalitionsparteien im Ministerrat gibt; und daher die Notwendigkeit natürlich, gewisse – auch wenn das jetzt vielleicht schlampig formuliert ist – Spielregeln, wie diese Entscheidungsfindung stattfindet, auch zu definieren; selbstverständlich immer – das ist sowieso klar –: Die Personen müssen qualifiziert und geeignet für die jeweilige Position sein.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Könnten Sie bitte meine Frage zu BVwG-Präsident beantworten?! (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson. – Abg. Scharzenberger hebt die Hand.)
Sebastian Kurz: Ich habe gedacht, dass ich das getan habe, aber vielleicht helfen Sie mir, was Sie sich erwarten.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung von Frau Abgeordneter Scharzenberger liegt vor. – Bitte schön.
*****
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Vorsitzender, es handelt sich meines Erachtens bei dieser Fragestellung ganz klar um eine rechtliche Einschätzung, um rechtliche Fakten, was den Bestellvorgang betrifft. Und ich möchte auch gleich vorwegnehmen, Frau Kollegin Krisper, es sind auch nicht nur rechtliche Fakten nicht abzufragen, sondern auch – falls Sie darauf abzielen – keine unterstellenden Fragen zu stellen, falls Sie irgendwie in den Raum stellen möchten, dass gesetzliche Vorschriften irgendwie nicht eingehalten wurden.
Herr Verfahrensrichter, ich würde Sie bitten, bei jeder einzelnen Frage auch die Zulässigkeit der Frage zu prüfen. Ich bin ganz klar der Überzeugung, dass eine rechtliche Einschätzung die Auskunftsperson nicht beantworten muss. – Danke.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Bitte, Herr Verfahrensrichter, um Ihre Beurteilung.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich gebe Ihnen beiden recht. Rechtsfragen dürfen hier nicht abgefragt werden, auch unterstellende Fragen dürfen nicht abgefragt werden. Die Frage der Frau Abgeordneten, wie es zur Bestellung des Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichtes gekommen ist, mag vielleicht eine rechtliche Komponente haben, sie hat aber jedenfalls auch eine Sachverhaltskomponente. So verstehe ich es.
Vielleicht könnte man das noch ein bisschen genauer formulieren, aber grundsätzlich halte ich diese Frage für nicht unzulässig. (Abg. Hanger hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsordnung? (Abg. Hanger: Ja!) Zur Geschäftsordnung: Herr Abgeordneter Hanger, bitte.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich verstehe jetzt die gesamte Diskussion nicht wirklich, weil: Im Gesetz ist ganz klar definiert: „Der Präsident, der Vizepräsident und die sonstigen Mitglieder werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung ernannt.“ – Punkt.
Offensichtlich hat die Bundesregierung hier Vorschlagsrecht, und dass man das in einem Sideletter definiert, ist ja das Normalste auf der Welt.
*****
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich glaube, Frau Abgeordnete Krisper möchte ihre Frage in Richtung der Ausführungen des Herrn Verfahrensrichters konkretisieren. Ich ersuche sie, das jetzt durchzuführen. – Bitte sehr.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Meine Frage war zulässig. Es gibt noch andere Paragrafen, und daher meine Frage – aber Ihnen freundlicherweise noch einmal anders gestellt –: Haben Sie Wahrnehmungen, dass es im Rahmen dieses Sideletters zu Diskussionen kam, wo Ihnen bekannt wurde, wie eigentlich hier von Gesetzes wegen korrekt zu bestellen wäre?
Sebastian Kurz: Sie sagen, es gibt andere Paragrafen. Können Sie mir da etwas vorlegen?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich stelle hier die Fragen. (Zwischenruf des Abg. Hanger.) Es geht ja darum, ob Sie sie kennen.
Sebastian Kurz: Aber wenn Sie mich nach anderen Paragrafen fragen, dann würde ich Sie bitten, mir die vorzulegen. (Abg. Weidinger hebt die Hand.)
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann kennen - - Gut, ich nehme wahr, Sie kennen sie nicht.
Ich stelle meine nächste Frage. Haben Sie - -
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Herr Abgeordneter Weidinger hat sich zur Geschäftsordnung gemeldet. – Bitte schön.
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Abgeordneter Peter Weidinger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ja, ich glaube, Frau Abgeordnete Krisper hat jetzt erkannt, dass die Fragestellung keine war, die im Sinne der Anregung des Verfahrensrichters war, nämlich dass man präzisiert und ausführt, was man hier genau nachfragt. Somit hat sie diese Frage von selbst zurückgezogen.
Ich bitte darum, dass wir die Geschäftsordnung einhalten und hier keine Rechtsfragen stellen, sondern konkrete Fragen zum Sachverhalt. (Abg. Krainer hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Krainer zur Geschäftsordnung.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich ersuche Sie als Vorsitzenden, den ständigen Missbrauch der Geschäftsordnung hier durch den ÖVP-Abgeordneten Weidinger abzustellen, und gemäß § 103 Abs. 1 verlange ich die Erteilung eines Ordnungsrufs gemäß § 102 Abs. 1.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: In dieser Wortmeldung zur Geschäftsordnung war kein ordnungsrufwürdiger Inhalt erkennbar.
Ich ersuche, bitte, die Fragen, so wie es vorgesehen ist, entsprechend zielgerichtet zum Untersuchungsgegenstand zu stellen, keine Rechtsfragen, und in Entsprechung der Ausführungen des Herrn Verfahrensrichters auch über entsprechende Wahrnehmungen die Befragung durchzuführen.
Bitte, Frau Abgeordnete Krisper, Sie sind am Wort. (Abg. Krainer: War zugelassen, die Frage!) – Mit der Konkretisierung in Richtung der Ausführung des Herrn Verfahrensrichters, dass entsprechend über Wahrnehmungen abzufragen ist und nicht über Rechtsfragen. – Bitte schön, Frau Abgeordnete Krisper, Sie sind am Wort. (Abg. Krisper: Zur Geschäftsordnung!)
Frau Abgeordnete Krisper hat sich zur Geschäftsordnung gemeldet. Zur Geschäftsbehandlung: Bitte, Frau Abgeordnete Krisper.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Ich habe es nach einer zulässigen Frage freundlicherweise noch anders formuliert, freiwillig, und referenziere jetzt nur noch schnell auf § 2 Abs. 1 und Abs. 3 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes, in dem steht:
„(3) Vor der Erstattung von Vorschlägen für die Stellen des Präsidenten und des Vizepräsidenten sind die Bewerber von einer Kommission bestehend aus einem Vertreter des Bundeskanzlers, einem weiteren Vertreter eines Bundesministeriums, zwei Vertretern der Wissenschaft mit akademischer Lehrbefugnis [...] sowie den Präsidenten des“ VfGH, „des Verwaltungsgerichtshofes und des“ OGH „oder einer [...]“ anderen „Person zu einer Anhörung einzuladen.“
Dann würde ich gerne zu meiner nächsten Frage kommen, wenn ich darf.
*****
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Wenn es keine weiteren Wortmeldungen zur Geschäftsordnung gibt, dann bitte ich um die nächste Frage.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Danke sehr.
Herr Sebastian Kurz, haben Sie die Wahrnehmung, dass Menschen in Österreich dachten, wenn Sie von neuem Stil reden, dass sehr wohl mit Üblichem wie Sidelettern unter Türkis Schluss wäre? (Abg. Hanger hebt die Hand.)
Sebastian Kurz: Ich habe es akustisch nicht verstanden. Es ist wirklich - - Können Sie es mir noch einmal sagen?
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Bevor die Fragewiederholung stattfindet: Da es noch einmal eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung gibt, unterbreche ich jetzt die Sitzung für eine kurze Stehung.
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(Sitzungsunterbrechung: 11.09 Uhr bis 11.17 Uhr.)
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11.17
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.
Herr Abgeordneter Hanger hat sich zur Geschäftsordnung gemeldet. Ich bitte aber zu berücksichtigen, dass wir, wenn laufend Wortmeldungen zur Geschäftsordnung einlangen, eine Stehung durchführen werden.
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Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Vorsitzender, mir ist nur eine Klarstellung wichtig: In dem Sideletter ist von einem Nominierungsrecht die Rede – und die Frau Abgeordnete Krisper hat irgendwie ein gesetzwidriges Verhalten unterstellt. Das weise ich zurück! Es darf doch bitte, es muss doch bitte noch möglich sein, dass eine Regierung jemanden nominiert. Wir reden ja nicht vom Bestellvorgang. – Danke.
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Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Im Sinne des Ergebnisses der Stehung darf ich nun ersuchen, mit der Frage fortzufahren und diese Frage in Richtung von entsprechenden Wahrnehmungen zu stellen. – Bitte, Frau Abgeordnete Krisper, Sie sind am Wort.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich wiederhole meine Frage: Herr Sebastian Kurz, haben Sie Wahrnehmungen, aufgrund Ihrer vielen Gespräche mit den Menschen da draußen, dass gerade diese sich oft dachten, dass, wenn Sie von neuem Stil reden, es mit den in Österreich bisher üblichen Usancen wie Sidelettern unter Türkis beendet sein würde?
Sebastian Kurz: Ich habe natürlich Wahrnehmungen dazu. Ich bin mittlerweile ja nicht mehr Politiker, aber, wenn ich in Österreich bin, natürlich immer noch in Gesprächen mit vielen Menschen und insofern habe ich sehr viele Wahrnehmungen. Ich kann einen Teil davon gerne mit Ihnen teilen, ja - - (Abg. Krisper: Zur Frage, bitte!) – Wie bitte?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Zur Frage! Die Wahrnehmungen!
Sebastian Kurz: Das wollte ich gerade ausführen. Darf ich? (Abg. Krisper: Mhm!)
Insofern habe ich dazu natürlich auch Wahrnehmungen. Ich glaube, dass sehr klar ist, wofür wir im Jahr 2017 gewählt wurden. Das war zum einen das Versprechen, keinen Dauerstreit mehr in der Regierung zu haben, sondern eine andere Form der Zusammenarbeit. Das war sicherlich das Versprechen eines klaren Kurses im Kampf gegen illegale Migration. Das war das Versprechen, Reformen in Österreich voranzutreiben. Das war das Versprechen, zumindest zu versuchen, nicht mehr auszugeben, als man einnimmt, und das Budget unter Kontrolle zu bringen, und vieles andere mehr. Ich habe damals auch, was unseren neuen Stil betrifft, versprochen, dass wir Personen von außen in die Politik holen werden, und genau das haben wir getan.
Wir haben sehr, sehr viele Bundesregierungsmitglieder, aber auch Parlamentarier, die heute für die Volkspartei tätig sind, neu an Bord geholt, von denen viele vorher gar nicht Parteimitglied waren, sondern in der Wirtschaft, der Wissenschaft oder anderswo tätig waren. Ich glaube, dass das auch von den Wählerinnen und Wählern honoriert worden ist, und ich habe den Eindruck, dass diese Arbeit dann auch im Jahr 2019 sogar noch einmal bestätigt worden ist, sonst hätten wir damals nicht noch 6 Prozent dazugewonnen.
Ich bin ehrlicherweise - - Ich könnte mich nicht erinnern, dass mich irgendjemand bei meinen Begegnungen im letzten halben Jahr auf die Sideletter angesprochen hätte, und schon gar nicht auf das Bundesverwaltungsgericht. Ich habe aber auch dazu eine klare Meinung. Ich habe niemals in einem Wahlkampf angekündigt, dass wir eine handlungsunfähige Regierung schaffen wollen, und es wird Sie nicht überraschen, dass es diese Sideletter bei allen Parteien gibt, weil das schlicht und ergreifend die Basis dafür ist, dass es Regeln für die Zusammenarbeit gibt.
Ich kann das vielleicht anhand von diesen Beispielen noch einmal ausführen: Wenn Sie eine Übereinstimmung von unterschiedlichen Parteien – ganz gleich ob das jetzt die ÖVP, die FPÖ, die Grünen oder die Sozialdemokraten sind – zustande bringen wollen und dann auch noch die Zustimmung eines Bundespräsidenten dafür erlangen wollen, dann werden Sie zwischen allen handelnden Akteuren versuchen müssen, selbstverständlich ein rechtskonformes Vorgehen, selbstverständlich ein Vorgehen, wo immer auf Qualifikation geachtet wird, und immer mit dem Ziel, die bestqualifiziertesten Personen zu finden, zu wählen, aber sie werden immer auch versuchen müssen, hier gewisse Regeln des Abstimmungsprozesses zu haben. Wir haben auch im Gespräch mit dem Bundespräsidenten, glaube ich, stets versucht, ein Verständnis dafür zu haben, zu welchem Zeitpunkt Gespräche geführt werden, zu welchem Zeitpunkt eine Einbindung stattfindet und wie Entscheidungsfindungsprozesse stattfinden, wo der Bundespräsident ein wichtiges Wort mitzureden hat.
Unter Koalitionsparteien ist das mehr als nur üblich, das im Rahmen von Regierungsverhandlungen zu machen, und insofern, ja, kann ich mich nicht erinnern, dass ich jemals im Wahlkampf angekündigt hätte, dass wir eine Regierung durch Management by Chaos führen wollen, sondern ganz im Gegenteil: Mir war es immer wichtig, dass es eine gute Zusammenarbeit gibt, dass man versucht, Probleme, die aufkommen können, schon zu lösen, bevor sie aufkommen, und das funktioniert eben durch die Vereinbarung von Spielregeln – genauso wie wir das mit den Grünen bei den Verhandlungen in Bereichen wie dem Umgang mit Streitigkeiten beim Migrationsthema und der Möglichkeit, sich im Parlament andere Mehrheiten zu suchen, gemacht haben.
Das war alles stets der Versuch, eine professionelle, gute Regierungsarbeit zu gewährleisten und ehrlicherweise kann ich dem nichts Unanständiges abgewinnen; und, ja, ich würde auch gerne wissen, in welcher Regierung das anders stattfindet. Ich glaube, die NEOS sind in nicht so vielen Landesregierungen, aber wenn ich das richtig mitbekommen habe, gibt es da teilweise sogar im Regierungsabkommen Personalvereinbarungen, die getroffen worden sind. Ich glaube, anders kann es bei Entscheidungen, die gemeinsam getroffen werden müssen, nicht funktionieren. (Abg. Krainer hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Krainer gemeldet. – Bitte schön.
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Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Der § 101 Abs. 1 der Geschäftsordnung lautet: „Abschweifungen von der Sache ziehen den Ruf des Präsidenten“ – in dem Fall des Vorsitzenden – „‚zur Sache‘ nach sich.“ Die Auskunftsperson filibustert hier und versucht offenbar, möglichst Fragen durch Zeitablauf nicht zuzulassen. Gemäß § 103 Abs. 1 verlange ich von Ihnen als Vorsitzendem, dass Sie der Auskunftsperson einen Ruf zur Sache geben und das auch tun, sobald er abschweift und irgendwelche Sachen beantwortet, die nicht gefragt worden sind, damit wir hier eine ordentliche, zügige Befragung durchführen können. – Vielen Dank. (Die Abgeordneten Hanger und Hafenecker heben die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich zuerst Herr Abgeordneter Hanger gemeldet.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich weise Kollegen Krainer darauf hin, dass er in seiner Wortwahl der Würde des Hauses entsprechen soll. Das Wort filibustern weise ich wirklich scharf zurück. Ich möchte aber grundsätzlich festhalten: Wenn eine allgemeine, offene Frage gestellt wird – und jetzt könnten wir wieder darüber reden, ob die Frage überhaupt ausreichend spezifiziert war –, dann ist es wohl das Recht der Auskunftsperson, so eine allgemeine, offene Frage ausführlich zu beantworten, und das kann man ihr mit Sicherheit nicht nehmen.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Als Nächster zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Hafenecker. – Bitte sehr.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich verstehe jetzt nicht, was am Wort filibustern ehrenrührig sein sollte; dann sagen wir halt: um den heißen Brei herumreden. Wir haben das schon einmal beim Herrn Altbundeskanzler gesehen, dass er genau das gemacht hat. Wir sind nur schwerlich mit der ersten Fragerunde fertig geworden und dieses Um-den-heißen-Brei-Herumreden in Kombination, Herr Kollege Hanger, mit Ihren Geschäftsordnungsgeschichten, die schon wieder offensichtlich sind, stiehlt uns Zeit. Das ist eine Strategie, die man ganz offensichtlich machen muss, das ist die Strategie der ÖVP. Selbstverständlich bin ich beim Kollegen Krainer, dass man, wenn der Herr Bundeskanzler außer Dienst ein bisschen abschweift, ihn einmal vielleicht doch wieder dazu bewegt, näher auf die Frage einzugehen. Das ist ja kein Problem. Das ist auch nicht bösartig. (Die Abgeordneten Stocker und Hanger heben die Hand.) – Ui, jetzt gehen schon wieder die Hände in die Höhe. – Gut, danke.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Als nächster an der Reihe zur Geschäftsbehandlung ist Herr Abgeordneter Stocker. – Bitte sehr.
Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Wenn ich mir die Ausführungen jetzt anhöre, dann frage ich mich, wo in der Geschäftsordnung steht, dass die Auskunftsperson nur die Antwort geben darf, die Herr Krainer hören will. So interpretiert er offensichtlich die Verfahrensordnung. Ich möchte eines schon festhalten: Wenn die Fragen mittlerweile schon von einem Gericht als mehr als fragwürdig bezeichnet wurden, dann sollten wir wenigstens die Antworten der Auskunftsperson überlassen und uns lieber mit der ordnungsgemäßen Fragestellung beschäftigen.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Da die Frage nach Wahrnehmungen relativ offen formuliert war und die Auskunftsperson über ihre Wahrnehmungen zu Sidelettern berichtet hat und ja letztlich zur Frage der Bestellung und dieser Bestellungsvorgänge gefunden hat, sehe ich da jetzt im aktuellen Fall keinen Anlass, einen Ruf zur Sache auszusprechen beziehungsweise habe den nicht gesehen. Ich darf aber natürlich grundsätzlich darauf hinweisen, entsprechend zügig zum Kern der Sache zu kommen, was natürlich auch wieder von den jeweiligen Fragestellungen abhängt. Deswegen appelliere ich auch an die Damen und Herren Abgeordneten, entsprechende Fragestellungen zu formulieren.
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Wenn es nun keine Wortmeldung zur Geschäftsordnung mehr gibt, ist Frau Abgeordnete Krisper am Wort.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich komme zum Themenkomplex Russland und lege die Vorlagen C1 und C2 vor. (Der Auskunftsperson werden zwei Bilder vorgelegt.) Um auch Ihr Gedächtnis aufzufrischen: Das sind die Fotos der Vertragsunterzeichnung zwischen Gazprom und OMV.
Wir fragen uns: Wussten Sie, was da passiert, was Sie da zuließen? In Frageform für den U-Ausschuss gegossen, wäre meine erste Frage: Welche Wahrnehmungen haben Sie zu den Verhandlungen rund um die Gaslieferverträge von OMV und Gazprom? Wer war dabei federführend? Wie verliefen die Interessen? Wenn Sie uns bitte Ihre Wahrnehmungen schildern könnten! (Abg. Stocker hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Stocker gemeldet. – Bitte.
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Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): So wie ich die Frage jetzt gehört und verstanden habe, handelt es sich um ein privatrechtliches Geschäft zwischen Unternehmen der Privatwirtschaft. Ich kann keinen Zusammenhang mit Vollziehungshandlungen des Bundes erkennen und würde diesbezüglich auch den Herrn Verfahrensrichter um eine Einschätzung ersuchen. (Abg. Krisper hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsbehandlung, Frau Abgeordnete Krisper. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Wir haben das Thema schon in anderen Befragungen gehabt. Vom Verfahrensrichter wurden dazu sehr wohl entsprechende Fragen zugelassen. Es geht hierbei nicht um das privatwirtschaftliche Unternehmen OMV, sondern um die Wahrnehmungen des damaligen Bundeskanzlers auch zu sicherheitspolitisch relevanten Hintergründen. Dementsprechend bitte ich jetzt um eine Stehung, damit wir die Zulässigkeit des Themas klären und Zeit sparen. (Der Vorsitzender-Stellvertreter berät sich mit dem Verfahrensrichter.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich unterbreche die Sitzung für eine Stehung.
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(Sitzungsunterbrechung: 11.29 Uhr bis 11.40 Uhr.)
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11.40
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich nehme die Sitzung wieder auf und ersuche den Herrn Verfahrensrichter, in kurzen Worten für alle anderen Anwesenden das Ergebnis darzustellen. – Bitte sehr.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Das Ergebnis der Stehung: Wenn Sie diese Fotos hier vorlegen, die Herrn Bundeskanzler Kurz mit Herrn Putin und auch Seele zeigen, dann kann es natürlich - - Aufgrund des Fotos ist überhaupt nichts ersichtlich, aber Ihre Frage, inwiefern, auch bei diesem Treffen, auf die Vertragsgestaltung der OMV mit den russischen Partnern Einfluss genommen geworden ist, würde ich meinen, wenn sie derartig formuliert ist, ist zulässig. Ich glaube, darauf ist es Ihnen ja auch angekommen, nicht wahr?
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Dann darf ich ersuchen, im Sinne der Ausführung des Herrn Verfahrensrichters mit der Befragung fortzufahren. – Bitte, Frau Abgeordnete Krisper.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Eine klärende Frage voraus: Was machen Sie auf dem Foto? Wie kam es dazu, dass Sie dort waren – nicht privat, sondern als Bundeskanzler? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Es war akustisch nicht hörbar, auch für mich. Ich bitte um Wiederholung.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wie kam es dazu, dass Sie auf diesem Foto sind? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Herr Verfahrensrichter, bitte.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Das, Frau Abgeordnete Krisper, hat mit dem Untersuchungsgegenstand meines Erachtens nichts zu tun.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Dann ersuche ich, die Frage anders zu formulieren, damit sie zum Untersuchungsgegenstand passt.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Inwiefern haben Sie sich zu dem Prozess informiert, der zu diesem Gasliefervertrag zwischen OMV und Gazprom führte? Und: Haben Sie in der Folge in irgendeiner Weise Einfluss darauf genommen? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Zunächst einmal möchte ich festhalten, dass Entscheidungen von Unternehmen wie der OMV privatwirtschaftliche, unternehmerische Entscheidungen sind und nicht von der Regierung vorgegeben werden. Was es immer gibt, ist ein guter Austausch zwischen der Regierung, der Regierungsspitze, und großen österreichischen Unternehmen, insbesondere natürlich auch, wenn sie teilweise im staatlichen Eigentum sind.
Ich habe immer einen guten Austausch mit der Spitze der OMV gehabt und war somit über Unternehmensstrategien, die sich mit den Jahren ja auch immer wieder verändert haben, im Großen und Ganzen auch immer informiert.
Zu dem Foto: Ich weiß jetzt nicht mehr, wo genau dieses Foto war, aber ich würde sagen, es ist nichts Ungewöhnliches, dass bei großen Abschlüssen zwischen Unternehmen auch Spitzenpolitiker bei diversen Auslandsreisen oder auch im Inland mit Wirtschaftsdelegationen vertreten sind. Ich habe das in meiner Zeit als Außenminister unzählige Male gehabt, ich habe das in meiner Zeit als Bundeskanzler unzählige Male gehabt, insofern empfinde ich also auch das als nichts Ungewöhnliches. Ich bin da bei vielen Vertragsabschlüssen am Foto dabeigestanden, wo ich ehrlicherweise weder den Vertrag verhandelt habe noch den Inhalt gekannt habe. Bei dieser Frage kenne ich natürlich in groben Zügen und allgemein den Inhalt und auch selbstverständlich die Strategie, die die OMV damals verfolgt hat.
Wenn Sie mir zu dieser Gasfrage, auf die das abzielt, vielleicht noch eine Bemerkung gestatten: Als ich geboren worden bin, im Jahr 1986, kamen schon 97 Prozent des österreichischen Gases von der ehemaligen Sowjetunion. Im Jahr 2017 – da war ich noch nicht Bundeskanzler – gab es eine Jubelmeldung, dass sich der Gasexport aus Russland nach Österreich in den letzten Jahrzehnten vervielfacht hat; und insofern gab es in Österreich immer eine hohe Abhängigkeit von russischem Gas, ob man das jetzt gut findet oder nicht.
Ich würde sagen, nachdem die Lohnkosten in Ländern wie Österreich und Deutschland relativ hoch sind, war nicht nur, dass wir stets einen großen Exportmarkt zur Verfügung hatten, mit ein Erfolg der deutschen und der österreichischen Industrie in den letzten Jahrzehnten, sondern auch, dass wir aufgrund der russischen Lieferungen und der russischen Preise international vergleichbar relativ geringe Energiekosten hatten.
Es wurde sogar während des Kalten Kriegs stets eingehalten und geliefert, und insofern kann ich nur sagen: Ich glaube, wenn früher zu höheren Preisen eingekauft worden wäre, dann gäbe es wahrscheinlich Personen wie Sie, die den Vorwurf machen, dass die Preise zu hoch waren und man auch billiger hätte kaufen können.
Jetzt das Buch der Geschichte von hinten zu lesen – den Versuch kann man schon machen, ich kann Ihnen nur sagen: Ich war jahrelang Außenminister, ich war jahrelang Regierungschef, ich habe unzählige Regierungsvertreter anderer Länder getroffen – ich kenne kaum jemanden, der diesen Angriffskrieg vorhergesagt hat. Und insofern würde ich einmal sagen: Ja, man kann immer jetzt einen anderen Blick darauf haben, allerdings aber nur mit dem Wissensstand von heute.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Der einzige Punkt, der jetzt inhaltlich relevant war, war, glaube ich, Ihr Argument des billigen russischen Gases.
Ich darf Ihnen vorlegen: C4, Protokoll Roiss, die Seiten 78 bis 79. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt. – Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück.)
Das ist eine längere Ausführung. Sie endet mit:
„Auch heute ist die Geschichte mit dem billigen Gas ein Blödsinn, weil das an der Börse definiert wird, wie man weiß. Da werden Sie kein billiges Gas kriegen, wenn es an der Börse fixiert wird. Das hängt von Angebot und Nachfrage ab.“
Ich wiederhole meine Frage außerhalb der Fragezeit: Inwiefern haben Sie sich über diesen Vertragsabschluss informiert, und, wenn ja, in welcher Form in der Folge Einfluss genommen? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Könnten Sie mir noch einmal sagen, welche Seite und welche Passage?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Die Seiten 78 bis 79, unten, oben. – Replik an Sie, irrelevant für die wiederholte Frage. (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück.)
Die Vorlage war eine Replik an Sie. Meine Frage ist wiederholt gestellt, ich bitte um Antwort. (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück.)
Sebastian Kurz: Ja, ich lese jetzt die Seiten, die Sie mir genannt haben, oder? Ist das in Ordnung? Ich verstehe nicht, was Sie von mir wollen, Frau Abgeordnete. (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück.)
Ich habe die Aussagen von Dr. Gerhard Roiss jetzt gelesen und möchte ehrlicherweise mit Ihnen jetzt nicht in eine Gaspreisdebatte einsteigen. Ich weiß auch nicht, was das mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun hat. Ich kann Ihnen nur vielleicht der Vollständigkeit halber, nachdem ich doch zehn Jahre Regierungsmitglied war und die OMV mit verschiedenen CEOs erlebt habe, sagen, dass es meiner Meinung nach in der OMV immer wieder unterschiedliche Strategien des CEOs und des Managements gegeben hat.
Es gab sicherlich unterschiedliche Strategien von Gerhard Roiss, Herrn Seele und auch dem jetzigen CEO, und als Beobachter dessen und als jemand, der da immer wieder informiert wurde, der aber selbst nie in der OMV tätig war, kann ich Ihnen nur sagen: Ich habe den Eindruck, dass einen oftmals die Frage, welche Strategie sich als richtig herausstellt, die Geschichte lehrt und das zumindest aus meiner Perspektive oft in dem Moment, zumindest von außen, nicht zu 100 Prozent definierbar ist.
Was ich mitverfolgt habe, sind unterschiedliche geografische Schwerpunktsetzungen in der OMV, und was ich mitverfolgt habe, ist natürlich auch die Frage der Transformation hin zu einem Chemiekonzern. – So; und da gibt es verschiedene Meinungen je nach unterschiedlichem Management, was, glaube ich, in großen Konzernen wie der OMV eine Selbstverständlichkeit ist. Ich sehe aber ehrlicherweise nicht den Zusammenhang zu meiner Tätigkeit in der Bundesregierung.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich wiederhole meine Frage zum vierten Mal: Inwiefern haben Sie sich über den Vertragsabschluss OMV-Gazprom, mit dem wir uns als Österreich für lange verpflichtet haben, informiert? Wenn ja: Haben Sie in der Folge Einfluss genommen, und wie?
Sebastian Kurz: Also ich habe Ihnen die Frage, glaube ich, mehrfach beantwortet: dass ich immer wieder, selbstverständlich insbesondere dann, wenn es Auslandsreisen gab und man gemeinsam unterwegs war, Informationen aus der OMV erhalten habe und dass es da einen Austausch gegeben hat; in unregelmäßigen Abständen je nach Anlass, aber jedenfalls immer bei gemeinsamen Auslandsreisen oder Anlässen wie diesem.
Also insofern: Ja, natürlich bin ich informiert worden, und ja, natürlich habe ich immer die eine oder andere Frage gestellt und versucht, mir eine Meinung zu bilden. Aber ich war in der damaligen Zeit Außenminister und dann Bundeskanzler, ich war weder der OMV-Chef noch habe ich diese Entscheidungen in der OMV oder im Aufsichtsrat getroffen. – Insofern habe ich Ihre Frage, glaube ich, mehrfach beantwortet.
Ich habe auch eine persönliche Meinung dazu, nämlich, dass ich glaube, dass die Ereignisse, wie sie stattgefunden haben – zum einen der Angriffskrieg und zum anderen auch sozusagen Veränderungen in der Lieferzulässigkeit aus Russland –, so nicht vorhersehbar waren.
Darüber hinaus habe ich dem wenig hinzuzufügen. Ich glaube, dass sowohl der Bundespräsident als auch sein Vorgänger als Bundespräsident als auch meine Vorgänger als Bundeskanzler stets einen regen Austausch zu Russland hatten, ähnlichen Informationsfluss aus der OMV wie ich hatten, und viel mehr habe ich eigentlich nicht hinzuzufügen. Das sind meine Wahrnehmungen, soweit ich mich daran erinnern kann. – Vielen Dank.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Entschuldigen Sie, ich nehme dennoch noch keine Antwort auf meine Frage wahr, die mich wirklich interessieren würde, nämlich inwiefern Sie sich als Bundeskanzler bei dieser energiepolitisch und auch sicherheitspolitisch sehr, sehr relevanten Weichenstellung im Vorfeld bis zum Vertragsabschluss über diesen Vertrag informiert haben; und wenn ja, ob Sie Einfluss genommen haben, weil Sie in irgendeiner Form Sorgen hegten – inhaltlich, wie auch immer. – Bitte.
Gab es Treffen zu diesem Vertrag mit Seele? Was wurde gesprochen? Warum fanden Sie ihn gut? – Wenn Sie sich da mit Putin hinstellen, wird es wohl so sein. – Bitte.
Sebastian Kurz: Also, ich kann Ihnen das nicht im Detail beantworten, weil ich mich nicht an jedes Detail erinnern kann. Was ich Ihnen sicher sagen kann, ist, dass ich immer wieder im Austausch mit dem jeweiligen OMV-Chef war, dass es hier immer wieder Treffen gegeben hat, dass sicherlich auch dazu gesprochen wurde und dass ich sicherlich auch dazu informiert wurde.
Ich habe den Vertrag weder verhandelt noch habe ich die Strategie in der OMV festgelegt, aber ich war sicherlich informiert und es gab sicherlich Termine. Wie die genau abgelaufen sind, wo die jetzt physisch waren, wann genau die waren oder welche Frage oder Nachfrage ich dort gestellt habe und ob ich das eine besser oder kritischer gesehen habe, daran kann ich mich ehrlicherweise nicht mehr im Detail erinnern. Wenn Sie jetzt aber sozusagen von mir die Aussage wollen: War ich darüber informiert?, beantworte ich Ihnen die gern zum dritten Mal mit Ja.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Haben Sie bis zum Vertragsabschluss aufgrund Ihres Informationsstandes Sorgen energie- oder sicherheitspolitischer Natur gehegt, denen nicht entgegengekommen wurde, und Sie waren halt im Endeffekt in der Summe dennoch zufrieden? Gab es Punkte bei dem Vertrag, zu denen Sie noch Gespräche geführt haben, weil sie Ihnen Sorgen bereitet haben?
Sebastian Kurz: Ich kann Ihnen noch einmal sagen, dass ich Ihre Frage beantwortet habe, und möchte noch einmal hinzufügen, dass Sie versuchen, das Buch der Geschichte von hinten zu lesen.
Wir hatten damals eine vollkommen andere Situation. Die Masse der Staaten, aus denen Sie derzeit in Europa Gas beziehen, sind nicht klassische westeuropäische Demokratien, und insofern waren, glaube ich, die Entscheidungen in der OMV – wo setzt man Schwerpunkte und was ist die richtige Unternehmensstrategie? – keine einfachen Entscheidungen.
Mir ist auch bewusst, dass es da immer unterschiedliche Meinungen gegeben hat, aber ich habe dem Management nie irgendetwas vorgegeben. Ich hätte die Möglichkeit als Bundeskanzler so auch gar nicht gehabt. Die OMV ist weder zu 100 Prozent im Staatseigentum noch hat der Bundeskanzler ein Weisungsrecht gegenüber dem OMV-Chef. Aber wenn Sie mich fragen: War ich eingebunden?, War ich informiert?, Habe ich das inhaltlich gekannt?, beantworte ich Ihnen das gerne mit Ja, weil ich auch ehrlicherweise nichts Negatives daran sehe. Es war die Zeit damals eine andere. Es war die Strategie der OMV, so wie sie war, und wir haben das zur Kenntnis genommen.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich lege vor: Vorlage C5, „Presse“-Artikel vom 7.6.2022, „Geheimdienst warnte vor OMV-Chef [...] Seele“, und zwar sehr zeitnah nach seiner Bestellung zum OMV-Vorstand. (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück und beraten sich.)
Ja, das war schon 2015, es wurde also anscheinend sehr lange nicht als relevant erachtet. Meine Frage – gerne nur bezüglich des Untersuchungszeitraums –: Hatten Sie als Bundeskanzler im Untersuchungszeitraum Wahrnehmungen zu dieser Warnung eines westlichen Partnerdienstes oder eines anderen bezüglich Seele? (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück und beraten sich.)
Sebastian Kurz: Ich habe den „Presse“-Artikel jetzt zum ersten Mal gelesen. Ich möchte da vielleicht an meinen Satz mit „das Buch der Geschichte von hinten zu lesen“ anschließen: Wenn ich das Datum richtig lese, ist dieser „Presse“-Artikel vom 7.6.2022, also in der Hochphase des Angriffskriegs Russland gegen die Ukraine, geschrieben. Er bezieht sich auf die Bestellung von Rainer Seele im Jahr 2015.
Jetzt kenne ich das Mantra schon, dass ich an allem schuld sein muss, aber ich bitte doch um ein bisschen Verständnis dafür, dass ich im Jahr 2015 weder Bundeskanzler noch Parteichef war, sondern Außenminister in einer Regierung unter zunächst, glaube ich, wenn ich es richtig im Kopf habe, Faymann und Spindelegger, dann Faymann und Mitterlehner und dann Kern und Mitterlehner. Ich weiß jetzt nicht genau, welche Regierung im Jahr 2015 war, aber ich möchte betonen, dass ich damals weder für die OMV noch für die Öbag oder Vorgängerorganisationen der Öbag zuständig war. Insofern werden Sie jetzt wohl nicht behaupten, dass ich in die Bestellung des Rainer Seele im Jahr 2015 involviert gewesen wäre.
Dass Rainer Seele ein Naheverhältnis zu Russland, aber, ich glaube, auch zu anderen Staaten dieser Welt hat, das ist, glaube ich, etwas, was bekannt ist und auch den damaligen Entscheidungsträgern sicher bekannt war. Ich könnte mir vorstellen, dass das damals vielleicht sogar als Vorteil gesehen wurde, weil viele wahrscheinlich in der engeren Kooperation hier Vorteile gesehen haben. Aber wie vorhin schon ausgeführt: OMV, meiner Meinung nach ein großes Unternehmen, das immer wieder Strategiedebatten ausgesetzt ist. Mich wundert es auch nicht, dass Vorgänger und Nachfolger wie Roiss und Seele hier anscheinend unterschiedliche Strategien verfolgen. Das soll ja auch oft so üblich sein.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich wiederhole meine Frage, nämlich ob Sie im Untersuchungszeitraum, also sehr wohl, als Sie Kanzler waren, Wahrnehmungen von Warnungen westlicher Partnerdienste oder anderer bezüglich der Nähe von Seele zu Putin und Russland hatten. (Abg. Stocker hebt die Hand.) Das war meine Frage. (Die Auskunftsperson berät sich mit Vertrauensperson, Verfahrensrichter und Verfahrensanwältin-Stellvertreter.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Stocker zu Wort gemeldet.
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Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Vorsitzender, so wie ich diese Frage verstanden habe, handelt es sich um die Preisgabe allfälliger geheimdienstlicher Informationen. Ich halte das für hoch problematisch, wenn wir das hier in medienöffentlicher Sitzung diskutieren.
Zum anderen ist es nach meinem Verständnis so, dass die Bestellung abgeschlossen war und daher auch eine Einflussnahme auf eine bereits abgeschlossene Bestellung, selbst wenn man das in diesem Informationszusammenhang sehen würde, nicht mehr denkbar ist. (Abg. Krisper hebt die Hand.) Ich kann daher auch den Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand nicht erkennen.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Frau Abgeordnete Krisper, zur Geschäftsbehandlung.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Erstens wurde Seeles Vertrag 2018 verlängert, als Sebastian Kurz Bundeskanzler war – völlig im Untersuchungszeitraum. Zweitens ist es sehr wohl relevant, ob damals insbesondere in der Regierung ein Bewusstsein für Informationen da war, die Seele vielleicht als nicht vertrauenswürdig erachten lassen.
Ich bin völlig im Zeitraum und im Gegenstand, und wenn es hier Probleme gibt, bitte ich um eine Stehung, um Zeit zu sparen. – Danke. (Die Auskunftsperson berät sich mit Vertrauensperson, Verfahrensrichter und Verfahrensanwältin-Stellvertreter.)
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Sebastian Kurz: Ich mache es mit Mikrofon: Ich glaube, Ihre Frage war, wenn ich es richtig verstanden habe: geheimdienstliche Warnungen an mich in meiner Zeit als Regierungschef. Ich wüsste nicht, was das mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun hat, aber das müssen andere entscheiden. Also geheimdienstliche Warnungen: Ist das Teil des Untersuchungsgegenstandes?
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Bitte, Herr Verfahrensrichter, um Ihre Einschätzung.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Darf ich vielleicht ein bisschen Klarheit hier hereinbringen: Fragen nach Geheimdienst und geheimdienstlichen Wahrnehmungen des Herrn Bundeskanzlers damals können wir in diesem Gremium nicht erörtern. Wenn das relevant sein sollte, dann müsste man in eine vertrauliche Sitzung gehen.
Unabhängig davon sehe ich hier aber keinen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand, weil es um die Einflussnahme auf Beteiligungen des Bundes geht. Inwiefern der damalige Herr Kanzler Einfluss auf Vertragsgestaltungen, auf Lieferungen und Sonstiges genommen hat, indem er dem damaligen CEO Seele irgendwelche Weisungen oder Informationen, direkt oder indirekt, gegeben hat, das kann schon gefragt werden – aber darüber hinaus die gesamte Geschäftsgebarung der OMV nicht. (Abg. Krisper: Eine Stehung!)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Da es jetzt eine weitere Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung gibt, unterbreche ich die Sitzung für eine Stehung.
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(Sitzungsunterbrechung: 12.07 Uhr bis 12.14 Uhr.)
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12.14
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und ersuche den Herrn Verfahrensrichter um eine kurze Zusammenfassung des soeben Besprochenen. – Bitte schön.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Die Frage nach dem Geheimdienst gliedert sich in zwei Komponenten. Die erste Komponente ist die, ob Sie als Bundeskanzler erfahren haben, dass es starke geheimdienstliche Informationen gibt, die von einer Weiterbestellung des Herrn Seele abraten. Also: Hat es solche Informationen gegeben?
Die zweite Frage ist die der inhaltlichen Natur der Informationen. Wenn ich zuerst gesagt habe, dass wir das nicht hier in diesem Gremium, sondern nur in einem vertraulichen Gremium behandeln können, dann betrifft das nur den Inhalt. Die Frage an und für sich, ob Sie als Bundeskanzler Informationen hatten, die ein Einschreiten Ihrerseits notwendig machen müssten und aufgrund derer man hier allenfalls auch die zuständigen Stellen informieren müsste, halte ich aber durchaus für noch im Bereich Ihrer politischen Verantwortung gelegen und ich würde daher diese Frage der Frau Abgeordneten Krisper insofern zulassen – nicht aber jedoch allfällige Fragen inhaltlichen Natur.
Sebastian Kurz: Gut, dann komme ich dem nach, Herr Verfahrensrichter.
Ich würde es gerne so formulieren, dass, hätte ich den Eindruck gehabt, dass ein Einschreiten meinerseits notwendig gewesen wäre, ich das natürlich getan hätte. Ich kann Ihnen nur sagen, dass in all den Jahrzehnten unserer Geschichte die Masse unseres Gases stets aus Russland geliefert wurde – 97 Prozent in dem Jahr, in dem ich geboren wurde –, und insofern gab es hier eine stetige starke Abhängigkeit, egal wer politisch tätig war. Wir hatten SPÖ-Spitzen-Vertreter, glaube ich, die auch in der OMV als Manager tätig waren.
Wir hatten wechselnde Regierungen in dieser Zeit: Rot-Schwarz, Schwarz-Blau, wieder Rot-Schwarz, Türkis-Blau, Türkis-Grün. In all diesen Jahren gab es eine starke Verwobenheit der OMV mit russischen Unternehmungen und eine starke Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen.
Insofern kann ich nur noch einmal betonen: Auf die Frage: Wäre hier ein Einschreiten notwendig gewesen?, kann ich Ihnen sagen: Wenn ich es für notwendig empfunden hätte, hätte ich es getan, und ich glaube, das gilt auch für alle anderen Regierungsvertreter in diesen Jahren und Jahrzehnten – und niemand hat es getan; auch der Bundespräsident nicht, übrigens, niemand. – Erster Punkt.
Zweiter Punkt: Sie haben mich vorhin immer wieder gefragt nach: Einfluss genommen. Ich kann Ihnen nur sagen: Nachdem ich jetzt dankenswerter Weise ja wegen Falschaussage im letzten Untersuchungsausschuss angezeigt worden bin, wo es jetzt um die Frage geht, ob ich informiert gesagt habe und involviert hätte sagen sollen, kann ich Ihnen nur sagen: Ich weiß nicht, wie Sie einen Meinungsaustausch interpretieren. Ich habe meine Wahrnehmungen meiner Meinung nach korrekt beschrieben, dass es hier einen regelmäßigen Meinungsaustausch gegeben hat. Wenn Sie das anders interpretieren wollen oder weit ausgelegt interpretieren wollen, dann tun Sie es gerne! Ich habe schon gesagt, ich sage gerne zu allem Ja: Dass ich informiert war, dass ich den Inhalt kannte, dass ich einen Meinungsaustausch hatte, dass ich - - Von mir aus sagen Sie, dass ich Einfluss genommen habe – ist mir auch recht, ich habe kein Problem damit.
Insofern, glaube ich, habe ich alles zu diesem Thema gesagt, was ich dazu sagen kann. Wenn ich etwas als falsch empfunden hätte, hätte ich das damals – ich glaube, Sie kennen mich – lautstark ausgesprochen. Dass es hier immer wieder Strategiedebatten in der OMV gab, das ist und war mir bekannt. Dass es hier auch unterschiedliche Meinungen zu Personen gab, das ist und war mir bekannt. Ich glaube, das Interessanteste ist, dass sich oft sogar die Allianzen innerhalb der OMV immer wieder verschoben und verändert haben und dass es immer wieder Strategiedebatten gab auch. Ich für meinen Teil habe das immer interessant gefunden, habe mich gerne informieren lassen, habe gerne am Meinungsaustausch teilgenommen, habe auch mit anderen Staaten immer wieder Kontakt gehabt.
Also wenn Sie das als Einflussnahme sehen, dann sehen Sie es gerne so! Ich würde sagen, ich bin einfach meiner Pflicht nachgekommen und habe mich informiert, habe Fragen gestellt, habe meine Meinung geäußert, aber Entscheidungen und Strategien sind im Unternehmen getroffen worden und in den letzten zehn Jahren, wo ich in der Regierung war, auch immer wieder geändert worden.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Waren Sie bei der Vertragsverlängerung von Herrn Seele als OMV-Chef im Jahr 2018 als Bundeskanzler eingebunden? Wenn ja, inwiefern? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Ich glaube, Sie kennen da die Struktur der Entscheidungsfindung. Ich war Bundeskanzler. Ich war weder Aufsichtsrat in der OMV, noch war ich in der Öbag oder sonst irgendwo tätig. Ich habe sicherlich damals gewusst, dass er verlängert wird. Auch da wieder: Interpretieren Sie es so aus- - oder so breit, wie Sie nur wollen. Ich habe nie etwas gegen Rainer Seele gehabt. Er war weder meine Erfindung, noch hätte ich je ein Problem mit ihm gehabt. Wir haben immer eine gute Gesprächsbasis gehabt.
Wenn ich es richtig im Kopf habe, dann haben die Debatten zu seiner Person wesentlich später begonnen, als er sich dann aus der OMV zurückgezogen hat, aber nicht im Jahr 2018. Ich hoffe, ich bringe da jetzt nichts zusammen, aber ich glaube, dass das damals eine sehr unspektakuläre Verlängerung war, aber ich will auch nichts Falsches sagen.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich lege vor: Dokument C7, Dokumentennummer 496857, Seite 4.
Hier ersucht Herr Siegfried Wolf am 29. Jänner 2018 bei Ihnen direkt in Korrespondenz per Handy um einen Termin. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Welche Seite, bitte?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Seite 4. Wolf schreibt eben an Sie:
„Sebastian Danke// werde spätest morgen rueckmeldung haben . // sag wann reden wir ueber die Beteiligungs AG? Ich kann den Thomas Schmid nicht erreichen. Oder machst du einen Termin – Du/FinMin“ – Finanzminister – „/ ich ? Sigi“ (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Meine Frage war, wie diese Korrespondenz zu verstehen ist, da Sigi Wolf zu diesem Zeitpunkt null Funktion – bei der Öbib oder sonst – hatte. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Ich würde meine Antwort gerne in zwei Teile teilen.
Mein erster Teil ist, dass mich jetzt wenig überrascht, dass Sigi Wolf ein Fürsprecher von Rainer Seele ist und sich sicherlich bei vielen Stellen, unter anderem bei mir und wahrscheinlich auch anderswo, immer wieder positiv zu Rainer Seele geäußert hat und sicherlich auch bei allen Debatten über die Führung der OMV oder Strategiedebatten in der OMV alle möglichen Personen, die zuständig waren oder auch nicht, da mit seiner Meinung angesprochen hat oder seine Meinung kundgetan hat. Das überrascht mich nicht.
Und im Übrigen bitte ich – das ist der zweite Teil meiner Antwort – um Verständnis, dass das ein Akt sogar aus meinem Verfahren ist und ich insofern glaube, dass ich dazu nicht Stellung nehmen muss und auch werde.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Selbes Dokument, Seite 12 und 13 – wobei ich davor um eine formell korrekte Entschlagung Ihrerseits zur vorherigen Frage bitte. (Die Vertrauensperson wendet sich an den Verfahrensrichter. – Abg. Krisper hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsbehandlung, Frau Abgeordnete Krisper, bitte.
*****
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Ich bitte um eine verfahrensrechtlich korrekte Entschlagung und merke auch an, dass wegen Verfahren wegen vermeintlicher Falschaussage kein Entschlagungsrecht besteht. Ich warte aber auf die Entschlagung. (Der Verfahrensanwältin-Stellvertreter begibt sich zur Vertrauensperson und berät sich mit dieser.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich wollte soeben den Herrn Verfahrensrichter ersuchen, die Frage der Entschlagungsmöglichkeit zu prüfen beziehungsweise das Ergebnis der Prüfung bekannt zu geben. – Bitte, Herr Verfahrensrichter.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Die Vertrauensperson, der Herr Rechtsanwalt, hat mich jetzt auf die Seite 1 dieses Dokumentes aufmerksam gemacht, und wenn man sich diese Seite 1 des Dokumentes anschaut, dann zeigt das, dass gerade dieses gesamte aus 33 Seiten bestehende Dokument im Zuge des Ermittlungsverfahrens, das gegen Herrn Kurz wegen falscher Beweisaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss geführt wird, aufgenommen wurde.
Daher meine ich: Wenn die Auskunftsperson sich im Hinblick auf dieses anhängige Verfahren entschlagen möchte, dann würde ich, soweit ich mir jetzt dieses Dokument angeschaut habe, dem stattgeben. (Abg. Tomaselli hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsbehandlung, Frau Abgeordnete Tomaselli, bitte.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Verfahrensrichter, soweit ich mich noch erinnern kann, waren Sie auch Verfahrensrichter bei der Auskunftsperson Sigi Wolf, und damals gab es genau dieselbe Diskussion, und wir sind dann aber nachher zu dem Schluss gekommen, dass zu Teilen wohl befragt werden kann, weil ja nicht alles verfahrensrelevant ist. Ich möchte sehr stark bezweifeln, dass, nur weil ein Dokument an sich bei einem laufenden Verfahren beim Akt ist, einzelne SMS deswegen verfahrensrelevant sind. Beim Casag-Akt könnte man dann quasi gar nichts mehr fragen, weil alles dort drinnen ist. (Abg. Hanger hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Herr Abgeordneter Hanger, zur Geschäftsordnung. – Bitte schön.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich darf einmal festhalten, dass der Verfahrensrichter hier eine sehr klare Einschätzung vorgenommen hat, und es wäre schön, wenn Frau Abgeordnete Tomaselli das auch zur Kenntnis nehmen könnte.
Ich darf aber replizieren und zum Beispiel auf die Befragung Schelling verweisen, wo wir natürlich auch die Frage von Entschlagungsrechten hatten, und ich darf daran erinnern, dass gerade in der Situation Schelling – vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt – das Entschlagungsrecht sehr weit ausgelegt worden ist, weil natürlich Ermittlungshandlungen auch abseits der bekannten Verfahren ja gar nicht bekannt sind.
Das war der Sukkus aus diesen Beratungen, und wir haben damit die Grundlage dafür, dass natürlich – im jeweiligen Verfahren sowieso, aber auch darüber hinaus – das Entschlagungsrecht sehr weit auszulegen ist.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Bitte, Herr Verfahrensrichter, um Ihre Einschätzung.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Das, was Sie sagen, Herr Abgeordneter Hanger, ist richtig, obwohl ich mit dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes absolut nicht glücklich bin, weil es damals auf der Hand gelegen ist, dass das eine Faktum mit dem anderen nichts zu tun hat. Aber diese Entscheidung liegt vor, und auf die kann daher verwiesen werden. (Abg. Hanger: ... Gericht!) – Ja.
Ich meine daher, wenn Herr Kurz sagt, die Sache Wolf war insofern eine andere, als gegen Herrn Wolf ja kein Verfahren wegen falscher Beweisaussage anhängig war: Hier ist ein Verfahren nach wie vor anhängig, schon lange Zeit, und wenn diese Urkunde in diesem Verfahren erstellt worden ist – was sich aus Seite 1 dieser Urkunde ergibt – und wenn Herr Kurz meint, er würde sich bei Beantwortung dieser Frage einer Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung aussetzen, dann wäre das ein Aussageverweigerungsgrund nach § 43 Abs. 1 Z 1 unserer Verfahrensordnung. Das müsste allerdings die Auskunftsperson sagen, denn grundsätzlich kann hier jeder trotz eines anhängigen Ermittlungsverfahrens eine Aussage tätigen.
Wenn er sich also darauf berufen würde, dann würde ich dem Vorsitzenden vorschlagen, diese Entschlagung anzuerkennen.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Vielen Dank.
Gibt es weiterer Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung? (Abg. Krisper hebt die Hand.) – Von Frau Abgeordneter Krisper. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Ich ersuche nur zum dritten Mal bitte um eine formell korrekte Entschlagung mit der Referenz auf das Falschaussageverfahren, weil dann dokumentiert ist, dass dies der Grund ist, den wir aber dann als NEOS nicht anerkennen, weil es bei Falschaussagedelikten kein Entschlagungsrecht gibt. Ich bitte nur um die Dokumentation durch eine korrekte Entschlagung. (Abg. Stocker hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich verweise wieder auf die Ausführungen des Herrn Verfahrensrichters, dass eine Entschlagung grundsätzlich zulässig ist, die Berufung auf diesen Aussageverweigerungsgrund aber in einer entsprechenden formellen Form zu erfolgen hat, und ersuche, wenn das der Fall ist, diese Form so einzuhalten. – Bitte, Herr Kurz. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson. – Der Verfahrensanwältin-Stellvertreter spricht mit der Auskunftsperson und der Vertrauensperson.– Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson. – Die Vertrauensperson scheibt auf einem Blatt Papier. – Die Auskunftsperson liest das von der Vertrauensperson Geschriebene. – Abg. Tomaselli – die Hand hebend –: Herr Vorsitzender! Herr Vorsitzender, da bin ich!)
Bitte, Frau Abgeordnete Tomaselli.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte nur meine Verwunderung kundtun, dass man vorhin ganz schnell gewusst hat, dass man sich entschlagen möchte, und jetzt den Entschlagungsgrund nicht mehr weiß. Das geht ein bisschen lange, finde ich. Es wäre gut, wenn man dazwischen unterbricht. (Abg. Krainer: Können wir die Sitzung unterbrechen? Dann ist der Druck nicht so groß auf die Auskunftsperson!)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Die Auskunftsperson ist bereit.
*****
Sebastian Kurz: Ich entschlage mich gemäß § 43 Abs. 1 Z 1 der Verfahrensordnung, weil das vorgehaltene Dokument ein wesentlicher Bestandteil des gegen mich wegen § 288 StGB laufenden Strafverfahrens ist und ich mir im Ermittlungsverfahren dazu alle Beschuldigtenrechte vorbehalte.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Im selben Dokument, Seite 12 und 13, findet sich wiederum eine Nachricht von Sigi Wolf an Sie vom 20.9.2018 (Abg. Hanger hebt die Hand):
„Bitte überlege –
Wenn hr“ – Herr – „Löscher so gegen Regierung KURZ ist, wuerde ich sofort seinen Rücktritt annehmen und hr“ – Herrn – „Wolfgang Bernd als Interimslösung bis du die oebib Neu aufgestellt hast machen . Diese Anpatzer muessen raus ! Sigi“
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Es gibt eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung von Herrn Abgeordneten Hanger. – Bitte schön.
*****
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte nur darauf hinweisen, auch für die Medienöffentlichkeit, wie hier mit Beschuldigtenrechten umgegangen wird: Es wurde ganz klar festgehalten, dass bei der Vorlage dieses Dokuments ein Entschlagungsrecht vorliegt. Frau Abgeordnete Krisper zeigt sich davon ganz unbeeindruckt und stellt die nächste Frage daraus.
Also wirklich, das ist eine Vorgangsweise hier im Untersuchungsausschuss, die ich zutiefst ablehne, und ich bitte schon, auch die entsprechenden Rechte zu berücksichtigen. (Abg. Krainer: Was hat das mit der Geschäftsordnung zu tun? – Ruf: Viel! – Abg. Krisper hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich werde mich mit dem Verfahrensrichter über die Frage der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Entschlagung in diesem Fall beraten, und deswegen hat das sehr wohl mit der Geschäftsbehandlung zu tun. (Abg. Krainer: Er hat sich nicht entschlagen! Sie hat eine Frage gestellt! – Abg. Krisper: Ich kann - -!) – Wenn sich (Abg. Krisper: Entschuldigung!) Herr Abgeordneter Krainer zu Wort melden möchte, dann bitte ich, das mit einem entsprechenden Handzeichen zu tun. Jetzt gelangt Frau Abgeordnete Krisper zu Wort, weil sie sich in dieser Geschäftsordnungsdebatte zu Wort gemeldet hat. – Bitte sehr.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Ich mache durch das Zitieren im U-Ausschuss diese Korrespondenzen öffentlich, und ein Entschlagungsrecht wird völlig respektiert, wenn das der Verfahrensrichter hier so sieht – in diesem Fall muss ich es, trotz Verfahrens wegen Falschaussage.
Ich darf die Frage stellen, ich darf zitieren, und Herr Sebastian Kurz darf sich in diesem Rechtsverständnis – das entgegen dem Handbuch zur Verfahrensordnung der U-Ausschüsse ist – heute anscheinend entschlagen, aber die Frage ist gestellt.
Und jetzt liegt es bitte nicht an Ihnen, Herr Vorsitzender, sondern an Herrn Kurz, sich einmal zu entschlagen. (Der Vorsitzender-Stellvertreter berät sich mit dem Verfahrensrichter.)
*****
Sebastian Kurz: Können Sie mir noch einmal sagen, welche Seite?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): 12. – 20.9. habe ich auch gesagt, damit Sie es besser finden.
Sebastian Kurz: 20.9.?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Chatnummer 7584, ganz links.
Sebastian Kurz: Aber können Sie mir die Seite vom Dokument sagen?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): 12 (Auskunftsperson Kurz: Danke!), 13, Umsprung der Seite.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: So, ich halte nun nach der Beratung mit dem Herrn Verfahrensrichter fest, dass grundsätzlich die Möglichkeit der Entschlagung besteht, aber auf jede einzelne gestellte Frage dann in der zuvor gehörten Form das Entschlagungsrecht auszuüben ist. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)
Sebastian Kurz: Also, entweder ich stehe jetzt auf der Leitung, Frau Abgeordnete Krisper, oder ich habe irgendetwas falsch verstanden, aber das ist ja dasselbe Dokument von vorhin. (Abg. Krisper nickt.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Das ist richtig, es ist dasselbe Dokument wie vorhin. So wie ich die Intention der Frau Abgeordneten wahrgenommen habe, möchte sie ausgewählte Chats – korrigieren Sie mich – vorlesen, vortragen, damit sie im Protokoll stehen, und eine Frage dazu stellen. Und wenn es dazu ein Entschlagungsrecht gibt oder die Gefahr der strafgerichtlichen Verfolgung besteht, dann wäre das Entschlagungsrecht bei jeder Frage konkret geltend zu machen.
Sebastian Kurz: Also Frau Abgeordnete, ich glaube, ich kann nicht ganz nachvollziehen, was Sie vorhaben, aber ich habe vorher schon ausgeführt, dass ich dazu inhaltlich nichts sage und dass das das Dokument ist, wo, glaube ich, der Verfahrensrichter Ihnen vorher schon dargelegt hat, dass das Teil meines Strafaktes ist. (Zwischenruf der Abg. Krisper.) – Ich kann Sie ohne Mikrofon nicht hören.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Die Frau Abgeordnete möchte die konkrete Formulierung, die Sie bereits vorhin vorgelesen haben, nochmals hören, damit es auch im Protokoll so enthalten ist.
Sebastian Kurz: Ja, aber ich habe jetzt gerade gesagt, ich habe vorher schon inhaltlich - -, also ich habe vorher schon ausgeführt, dass das Dokument Teil des Strafaktes ist und dass ich dazu inhaltlich nichts sagen werde. Ich verstehe jetzt nicht, was Sie von mir wollen. (Zwischenruf der Abg. Krisper.) – Und ich kann Sie ohne Mikrofon nicht hören.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Also um ein bisschen Ordnung hineinzubringen: Die Frau Abgeordnete möchte zu jeder einzelnen Frage den zuvor schon geäußerten Satz hören, dass aufgrund dieser Fragestellung und aufgrund der Tatsache, dass dieses gesamte Dokument Teil des Strafaktes ist, die Gefahr der strafgerichtlichen Verfolgung wegen, ich glaube, § 288 StGB – nehme ich an, war das – besteht. Diese Entschlagung möchte die Frau Abgeordnete bei jeder einzelnen Frage haben. (Abg. Krainer: Die Geschäftsordnung verlangt das!) – Weil es auch in der Geschäftsordnung so vorgesehen ist.
Also bitte, wenn Sie sich entschlagen wollen, dann bitte ich jedes Mal um Wiederholung dieses zuvor geäußerten Satzes.
Sebastian Kurz: Gut, dann erlauben Sie mir nur vielleicht noch kurz meine Meinung zu äußern, dass ich nicht ganz nachvollziehen kann, was Ihnen das bringt oder was das Ziel dabei ist. (Abg. Krainer: .... Geschäftsordnung!) Ich glaube, der Verfahrensrichter hat ausgeführt, dass das ein Dokument des Strafverfahrens ist und daher ein Entschlagungsgrund besteht.
Wenn Sie es aber von mir auch noch einmal hören wollen, Frau Abgeordnete Krisper, dann erinnere ich Sie gerne daran, dass Sie mir hier zwei Mal dasselbe Dokument vorgelegt haben, dass Sie beim ersten Mal, als Sie mir das Dokument vorgelegt haben, vom Verfahrensrichter gehört haben, dass das Teil meines Strafaktes ist – Sie haben daraufhin erwidert, dass Sie das für falsch erachten, müssen es aber trotzdem zur Kenntnis nehmen –, und dass ich danach gesagt habe, dass ich mich entschlage. Das tue ich hiermit wieder und kann Ihnen genauso wie vorher – wo ich noch immer nicht weiß, was Sie davon haben – aber noch einmal denselben Satz vorlesen: Ich entschlage mich gemäß § 43 Abs. 1 Z 1 der Verfahrensordnung, weil das vorgehaltene Dokument, Frau Abgeordnete Krisper, dasselbe vorgehaltene Dokument ist wie vor 5 Minuten und daher ein wesentlicher Bestandteil des gegen mich wegen § 288 StGB laufenden Strafverfahrens ist. Das hat sich in den letzten 5 Minuten nicht geändert und ist wieder Fall, und daher – zur Wahrung meiner Verfahrensrechte – werde ich hier nicht aussagen.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich würde ersuchen, diese Formulierung bei ähnlichen Fragestellungen immer wieder anzuführen. Das ist auch fürs Protokoll, für das Stenographische Protokoll, relevant, um das nachvollziehen zu können. – Vielen Dank.
Ich darf nun Frau Abgeordnete Krisper ersuchen, mit der Befragung fortzufahren.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Mit der kurzen Replik, dass es Menschen gibt, die nicht trotz sondern gerade wegen eines laufenden Strafverfahrens zur Wahrheitsfindung beitragen können und wollen, lege ich das Dokument Vorlage A1, in unserem Datenbestand 672948, vor, Seite 23. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt. – Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Da schreibt Thomas Schmid an Blümel am 21. Juni 2018: „Lieber Gernot mein Alptraum wird wahr. Ich muss morgen mit halb österreich im BKA das gesamte Personal BMF und Beteiligungen und ÖBIB besprechen - Axel“ - -
Sebastian Kurz: Entschuldigung, ich sehe das Dokument nicht.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, macht nichts. Ich lese es für die Journalisten vor. Sie haben dann alle Zeit der Welt. – „Axel Bonelli Brünner Posch Christoph Schmid Ist das nicht echt a bissl viel an Köchen??!! Unsere Daten sind ja schon etwas sensibel!“
Das heißt: Haben Sie da auch die Wahrnehmung, dass es da einen Termin gab mit Axel – wahrscheinlich ÖVP-Bundesgeschäftsführer Melchior –, Ihrem Kabinettschefstellvertreter Bonelli, Ihrem Kabinettschef Brünner, Herrn Posch, Kabinettschef von Blümel damals, und Christoph Schmidt, Kabinettschefstellvertreter von Blümel damals?
Sebastian Kurz: Ich möchte Sie nicht stören. Ich möchte nur sagen, ich sehe das Dokument noch immer nicht. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Aber vielleicht ist es auch an die Journalisten gerichtet und nicht an mich.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das müssen Sie dem Vorsitzenden sagen, die Technik ist nicht in meiner Sphäre.
Sebastian Kurz: Ich habe es nur in den Raum gesagt. Das Mikrofon gilt für alle.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Das Dokument ist bei der Auskunftsperson noch nicht am Bildschirm. Vielleicht kann man dieses Problem technisch irgendwie lösen.
Sebastian Kurz: Alles gut! Es steht: Öffne Datei. Es lädt anscheinend gerade.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Dafür ist jetzt beim Vorsitz und beim Herrn Verfahrensrichter das Dokument nicht mehr nicht mehr zu sehen.
Sebastian Kurz: Aber ich glaube, es tut sich was. Da steht: Öffne Datei. Jetzt kommt schon ein bisschen mehr. (Abg. Herr hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Frau Abgeordnete Herr, zur Geschäftsbehandlung. – Bitte sehr.
*****
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Vielleicht können wir – im Sinne der Zeitökonomie – eine Sitzungsunterbrechung machen, bis die Technik wieder läuft. – Vielen Dank.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich höre gerade, dass es durchaus zweckmäßig wäre, aufgrund der technischen Probleme eine Sitzungsunterbrechung zu machen.
Ich unterbreche vorläufig für 7 Minuten, weise aber darauf hin, dass die Restredezeit dann nur mehr 12 Sekunden beträgt.
*****
(Sitzungsunterbrechung: 12.51 Uhr bis 13.02 Uhr.)
*****
13.02
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und darf Frau Abgeordnete Krisper ersuchen, in kurzen und knappen Worten außerhalb der Redezeit die Frage nochmals zu wiederholen und zuvor die Seite, auf die sich diese Frage bezieht, nochmals bekannt zu geben, weil ich nicht sicher bin, ob die Seite richtig eingestellt ist. – Bitte schön.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Seite 23: Haben Sie Wahrnehmungen zu diesem Termin und darüber, was dort besprochen wurde? (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück und beraten sich. – Die Vertrauensperson berät sich mit dem Verfahrensrichter. – Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.) Sebastian Kurz: Frau Abgeordnete Krisper! Ich möchte vielleicht mit einem Satz zu Ihrer einleitenden Bemerkung beginnen, wo Sie gesagt haben, man kann ein Interesse an der Wahrheitsfindung haben. Glauben Sie mir, das habe ich als Betroffener in einem Verfahren.
Ich möchte nur daran erinnern, dass ich im ersten U-Ausschuss sehr wortreich, sehr schnell antwortend gerne zu allem Auskunft gegeben habe, und als Ergebnis hat es mir eine Anzeige wegen angeblicher Falschaussage eingebracht, wegen Formulierungen wie informiert oder involviert, oder ob eine doppelte Verneinung eine Bejahung bedeutet. Also ich möchte nur sagen: Ich glaube, ich habe immer ein großes Interesse an der Wahrheitsfindung gehabt, weil ich auch nichts zu verheimlichen habe.
Ich habe aber meine Erfahrungen mit dem U-Ausschuss gemacht und auch mit Ihnen als Person und Ihrer Strategie dahinter. Insofern bitte ich Sie um Verständnis, dass einfach meine Strategie sich da jetzt auch etwas angepasst hat. Aber ich möchte noch einmal festhalten: Der Hintergrund ist, dass Sie mich angezeigt haben oder wer auch immer aus dem Gremium mich angezeigt hat und ich mich seither mit einem Verfahren herumschlagen muss. – So viel nur zu Ihrer einleitenden Wortmeldung.
Zu dem Dokument, das Sie vorgelegt haben: Also erstens einmal sind es SMS Dritter, soweit mir das ersichtlich ist, die ich weder verfasst habe, noch war ich Empfänger dieser SMS. Aber sei es, wie es sei. Ich glaube, Sie wissen das ja selbst, dass das Dokument wieder ein Dokument ist, das das Verfahren betrifft. Ich glaube, es ist Ihnen auch nicht neu, Sie sind lange genug in dem U-Ausschuss, dass Sie wissen, dass das der Fall ist. Sie haben das jetzt das dritte Mal gemacht, wenn ich richtig mitzähle.
Ich verstehe sozusagen den Sinn der Übung nicht ganz. Vielleicht ist der Sinn der Übung, nachher den Medien sagen zu können: So oft hat er sich entschlagen. Ich kann Ihnen nur sagen, nachdem ich kein Politiker mehr bin, habe ich damit (erheitert) überhaupt kein Problem. Also mich betrifft das gänzlich wenig und insofern: Wenn ich Ihnen eine Freude damit mache, dann spielen wir das Spiel jetzt auch das dritte Mal in der immer gleichen Sachfrage und ich sage Ihnen noch einmal den Satz auf: Es ist wieder ein Dokument, das mein Strafverfahren betrifft. Ich entschlage mich gemäß § 43 Abs. 1 Z 1 Verfahrensordnung, weil das vorgehaltene Dokument ein wesentlicher Bestandteil des gegen mich wegen § 288 StGB laufenden Strafverfahrens ist und ich mir im Ermittlungsverfahren dazu auch alle Verfahrensrechte vorbehalte. (Abg. Krisper: Zur Geschäftsordnung!)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsbehandlung: Frau Abgeordnete Krisper. – Bitte.
*****
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): (zur Geschäftsbehandlung): Herr Vorsitzender! Ich möchte nur anmerken, dass es ein gänzlich anderes Dokument ist, nicht aus dem Falschaussage-Strafverfahren, sondern ein Aktenvermerk zur Schiefer-Schmid-Vereinbarung und es hier sehr wohl auch abseits von Öbib und Öbag um Personal, BMF explizit geht.
Aber ich möchte in den 12 Sekunden, die ich noch habe, meine letzte Frage stellen.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Wortmeldung zur Geschäftsordnung stelle ich nach Beratung mit dem Herrn Verfahrensrichter fest, dass das an der grundsätzlichen Zulässigkeit der Entschlagung nichts ändert und diese Entschlagung daher zulässig ist.
*****
In den verbleibenden 12 Sekunden Fragezeit ersuche ich um Fortführung der Befragung. – Bitte.
Sebastian Kurz: Entschuldigung, wenn ich mich nur zu Wort melden darf!
Ich kann Ihnen nur die Seite 1 vorlesen und da steht: „Klärung des Tatverdachts gegen Sebastian KURZ wegen falscher Beweisaussage“. – Also insofern weiß ich nicht, wie das Dokument nicht Teil der falschen Beweisaussage sein soll. Das ist schon relevant für mich, denn Sie haben ja gerade behauptet, dass die Aussage von mir falsch gewesen wäre.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Frau Abgeordnete Krisper ist mit der nächsten Frage am Wort.
Sebastian Kurz: Entschuldigung, ich will mich nicht reindrängen, aber können wir das noch kurz klären? Weil: Die Aussage von Abgeordneter Krisper war jetzt, dass das nicht ein Dokument aus der Falschaussage ist. Auf Seite 1 steht: „Klärung des Tatverdachts gegen Sebastian KURZ wegen falscher Beweisaussage“. Für mich ist das recht relevant, denn ich würde gerne wissen, ob das so üblich ist, dass man einfach etwas Falsches sagen kann, und das kein Problem ist. (Abg. Krisper hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsbehandlung: Frau Abgeordnete Krisper. – Bitte.
*****
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Obwohl die Auskunftspersonen eigentlich nicht die Fragen stellen, zur Klärung: Seite 1: „Amtsvermerk über weitere Auswertungsergebnisse bezüglich der SCHIEFER-SCHMID-Vereinbarung“.
Das wurde dann Teil des Aktenbestandes zum Falschaussageverfahren, ja; aber der zweite Punkt von mir war ja auch, dass es hier auch um Personal, BMF geht, also auch abseits des Öbib-Komplexes.
*****
Sebastian Kurz: Ja, aber meine Aussage war, dass das ein Dokument im Strafverfahren Falschaussage ist, und Sie haben gesagt, das stimmt nicht. Also es stimmt schon.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Meine letzte Frage wäre: Hatten Sie je Kontakt mit Jan Marsalek, direkt oder indirekt? (Abg. Stocker hebt die Hand. – Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Stocker. – Bitte.
*****
Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): In dieser Frage, so wie sie gestellt wird oder wurde, kann ich den Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand nicht erkennen. (Der Vorsitzender-Stellvertreter berät sich mit dem Verfahrensrichter.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Nach kurzer Beratung mit dem Herrn Verfahrensrichter ersuche ich, den Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand herzustellen.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Einen von mehreren Gründen hier zeitökonomisch mal als ersten genannt, vielleicht reicht er ja: Es wird wegen potenzieller Leaks aus dem Verfassungsschutz im Untersuchungszeitraum ermittelt, mit Involvement von Jan Marsalek als einem der Hauptproponenten möglicherweise. Gäbe es im Untersuchungszeitraum Verbindungen von Regierungsmitgliedern zu dieser Person, ist etwas möglich, was bei uns Beweisthema ist – und dem möchte ich nachgehen –, nämlich politische Einflussnahme auf die Ermittlungen. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
*****
Sebastian Kurz: Ich habe eine Nachfrage, Frau Abgeordnete Krisper: Können Sie mir erklären, was ein indirekter Kontakt ist? Ist das, dass ich etwas über ihn in der Zeitung gelesen habe? Ist das, dass ich jemanden kenne, der mit ihm Kontakt hatte? Also wie definieren Sie einen indirekten Kontakt? (Abg. Stocker hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Abgeordneter Stocker hat sich nochmals zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. – Bitte.
*****
Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Auch durch diese Aufklärung kann ich den Zusammenhang noch nicht erkennen. Welche Ermittlungen sollen hier im Untersuchungszeitraum beeinflusst worden sein? (Der Vorsitzender-Stellvertreter berät sich mit dem Verfahrensrichter.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Frau Abgeordnete, wir können den Zusammenhang aufgrund Ihrer Erläuterungen noch nicht herstellen. Der Herr Verfahrensrichter kann das gerne noch näher ausführen, wenn er dazu das Wort wünscht. – Bitte schön.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Frau Abgeordnete, ich tue mir wirklich schwer, das hier unterzubringen. Wenn, dann sehe ich nur das Beweisthema 3 – Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit –, wo wir das allenfalls subsumieren könnten, aber da sehe ich auch nicht, dass hier ein Verfahren gegen Marsalek, der eine mit der ÖVP verbundene Person sein sollte oder könnte, ist. Ich sehe hier keine Möglichkeit, dass ich dem Vorsitzenden empfehle, diese Frage zuzulassen. Es müsste ein Fall vorliegen, den wir unter Beweisthema 3 einordnen könnten, wenn wir behaupten, dass Herr Marsalek der ÖVP beispielsweise zuzurechnen ist.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Wenn es möglich ist, ersuche ich, den Zusammenhang herzustellen. – Bitte schön, Frau Abgeordnete Krisper.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Verfahrensrichter, es geht auch um die Frage, ob Herr Marsalek der ÖVP zuzurechnen ist, bei gewissen Sachverhalten. Es gab ja schließlich auch mit Herrn Markus Braun einen sehr intensiven Kontakt, der für die ÖVP tätig wurde. Und es gibt auch das andere Beweisthema – Vergabe –, wo es schon zu Geschäftsverhältnissen für das Innenministerium mit Repuco kam, einer Firma eines Duzfreundes von Marsalek, der wiederum in Geschäftsverhältnissen zu Wirecard steht.Die neue DSN hat auch Aufträge mit Firmen mit Naheverhältnis zu Marsalek - - Daher rührt auch unsere Sorge, dass es da zu unsachlichen Entscheidungen hätte kommen können. Also sowohl politische Einflussnahme auf Ermittlungen als auch Vergabeprozesse im Innenministerium sind unser Sorgenkomplex.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich unterbreche die Sitzung für eine Stehung.
*****
(Sitzungsunterbrechung: 13.20 Uhr bis 13.27 Uhr.)
*****
13.27
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und darf das Ergebnis der Stehung in kurzen Worten wiederholen, nämlich dass diese Frage mangels Deckung im Untersuchungsgegenstand nicht zulässig ist.
Ich ersuche nun Frau Abgeordnete Krisper, innerhalb der verbleibenden Restfragezeit von 8 Sekunden unter Berücksichtigung der bereits erfolgten mehrmaligen Wiederholungen der Fragestellungen eine neue, andere Frage mit Deckung im Untersuchungsgegenstand zu stellen. – Bitte schön.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass von unserem neuen Verfassungsschutz DSN Aufträge an Firmen vergeben wurden, an denen Gattringers, Ex-Kabinettschefstellvertreter von Strasser, Firma Repuco – er ein Duzfreund von Marsalek, seine Firma im Geschäftsverhältnis mit Wirecard – beteiligt ist, dass sie für entsprechend sensible Agenden zum Zug kamen? (Die Vertrauensperson wendet sich an die Auskunftsperson. – Der Vorsitzender-Stellvertreter berät sich mit dem Verfahrensrichter.)
Sebastian Kurz: Ich habe ehrlicherweise, soweit ich das jetzt verstanden habe, keine Wahrnehmungen zu dieser Vergabe, falls es die überhaupt gab.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Damit ist die Fragezeit ausgeschöpft.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hanger. – Bitte schön.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Herr Bundeskanzler außer Dienst, ich darf Sie auch für meine Fraktion im Untersuchungsausschuss begrüßen, möchte mich im ersten Themenkomplex mit den beiden Strafverfahren beschäftigen, mit denen Sie konfrontiert sind.
Könnten Sie uns da einmal einen allgemeinen Überblick geben, wie es bei diesen beiden Strafverfahren derzeit steht?
Sebastian Kurz: Ich kann das gern machen.
Ich glaube, gut Ding braucht Weile, insofern gehe ich davon aus, dass diese Verfahren noch einige Zeit laufen werden. Was ich mitverfolgt habe, ist, dass es hier, was die angebliche falsche Beweisaussage im U‑Ausschuss betrifft, mittlerweile zahlreiche Einvernahmen gab. Ich glaube, 26 an der Zahl. Ich habe die gelesen und konnte jetzt bei keiner dieser Einvernahmen irgendetwas Belastendes erkennen, sondern – ganz im Gegenteil – ich glaube, dass meine Aussagen bestätigt worden sind, und nehme das als sehr entlastend wahr.
Ich habe darüber hinaus auch ausführlich eine Aussage gemacht und, glaube ich, sehr gut darlegen können, wie man eine doppelte Verneinung verstehen kann, wie man sie aber auch verstehen kann, oder das, ich glaube, Gesagte sehr gut erklären können. Ich kann auch immer noch nicht nachvollziehen, was es für mich für einen Sinn gemacht hätte, absichtlich beim U‑Ausschuss falsch auszusagen. Also insofern – ja – bin ich zufrieden mit dem Verfahrensfortschritt, um das so zu nennen, und bin auch fest davon überzeugt, dass sich hier die Vorwürfe auflösen werden.
Zweiter Themenkomplex, die Vorwürfe im Zusammenhang mit der Meinungsforscherin Beinschab: Auch hier habe ich die Aussagen, die getätigt worden sind, mitverfolgt. Das deckt sich auch mit dem, was ich immer öffentlich gesagt habe, nämlich dass ich Frau Beinschab persönlich – also ich weiß zwar, wer sie ist – nie zu einem Gespräch oder sonst irgendwas groß getroffen hätte und daher all diese Vorwürfe nicht nachvollziehen kann. Ich glaube, das hat auch jeder mitverfolgt, der die Einvernahmeprotokolle gelesen hat. Insofern bin ich überzeugt davon, dass am Ende des Tages hier die Wahrheit ans Tageslicht kommen wird und sich diese Vorwürfe auch in Luft auflösen werden. (Unruhe im Saal.)
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich darf vielleicht darum ersuchen, hier im Untersuchungsausschuss auch für entsprechende Ruhe zu sorgen, um hier eine ordentliche Befragung sicherstellen zu können.
Ich möchte beim Verfahren wegen Falschaussage bleiben. Man gewinnt den Eindruck, auch aus Medienberichten, dass in den letzten zwei Jahren umfangreichst ermittelt worden ist. Haben Sie Wahrnehmungen zu aktuellen Ermittlungshandlungen?
Sebastian Kurz: Also ich bin ja froh, wenn die Ermittlungen umfangreich und umfassend sind. Ich habe mir da nichts vorzuwerfen. Ich habe damals im U‑Ausschuss versucht, alle Fragen wahrheitsgetreu, möglichst schnell, zügig und auch ausführlich zu beantworten. Es ist dann versucht worden, irgendwo Widersprüche durch zahlreiche Anzeigen oder zumindest eine Anzeige, die es aus diesem Gremium gegeben hat, zu kreieren.
Ich glaube, was es in Wahrheit wirklich verändert hat – jetzt neben dem Detail für mich, dass ich mich ab und zu damit herumplagen muss –, ist vor allem, dass, glaube ich, der U‑Ausschuss in Summe jetzt von Auskunftspersonen anders gesehen wird. Ich glaube, dass früher einmal wahrscheinlich doch die eine oder andere Auskunftsperson wirklich mit dem gutgläubigen, vielleicht naiven Gefühl hergekommen ist, als Auskunftsperson einfach eine Aussage zu machen und, wenn man so will, einen Beitrag zur Wahrheitsfindung zu leisten. Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass es für fast alle Auskunftspersonen nur noch darum geht, ja nicht irgendeine Formulierung zu verwenden, die einem nachher dann so ausgelegt werden kann, dass man daraus eine Falschaussage kreieren kann.
Insofern: Ich bin nicht mehr in der Politik, darum betrifft es mich jetzt nicht sonderlich (Heiterkeit der Auskunftsperson), aber wahrscheinlich müssen sich alle in dem Gremium hier fragen, ob das wirklich zielführend ist und alle in dem Gremium dazu bringt, dass das, wofür der U‑Ausschuss vielleicht ursprünglich einmal gedacht war, auch wirklich realisierbar ist, oder ob man dadurch eigentlich einen Weg eingeschlagen hat, der für keine Fraktion, je nachdem welche Fraktion es immer betrifft, besonders erhellend und erquickend sein kann.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Im Rahmen des Strafverfahrens wegen dieser etwaigen, mutmaßlichen – was auch immer: doppelte Verneinung und involviert und informiert – Falschaussage kam es ja auch zu einer Einvernahme. Wie haben Sie diese Einvernahme wahrgenommen?
Sebastian Kurz: Ich glaube, ich habe sehr ausführlich alles darlegen können, habe das auch gerne stundenlang gemacht und, ja (Heiterkeit der Auskunftsperson), bin mit der Sache sehr im Reinen.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Medial wird immer wieder auch von einem angespannten Verhältnis hin zur WKStA berichtet. Wie haben Sie diese Einvernahme wahrgenommen? War das professionell, von Emotionen getragen? Welche Wahrnehmungen können Sie hier dem Untersuchungsausschuss schildern? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson. – Abg. Krainer: Es ist so schön, dass man im Kern des Untersuchungsgegenstandes ist! – Ruf bei der ÖVP: Ruhe! –Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)
Sebastian Kurz: Na gut, also ich glaube, wenn Vorwürfe gegen einen erhoben werden und man die selbst als falsch empfindet, dass man sich dann nicht sonderlich gerecht behandelt fühlt, ist, glaube ich, bekannt. Dass man das, wenn Vorwürfe dann auch noch in den Medien zelebriert werden, obwohl alles andere als absehbar ist, ob diese Vorwürfe überhaupt wahr sind oder nicht, auch nicht unbedingt zu schätzen weiß, ist, glaube ich, auch bekannt. Dass bei zahlreichen Verfahren, die jetzt gegen Mitarbeiter von mir, Mitarbeiter in anderen Kabinetten, ÖVP-Politiker stattgefunden haben, am Ende alle Verfahren mit einer Einstellung geendet haben, ist auch bekannt.
Ich möchte an dieser Stelle vielleicht erwähnen, dass mehrere Mitarbeiter von mir im Bundeskanzleramt, aber auch zuletzt ein Mitarbeiter im Finanzministerium Beschuldigte waren, und am Ende des Tages ist außer Rechtsanwaltskosten für die Betroffenen und medialer Berichterstattung dazu nichts geblieben.
Ich erinnere an die Schredderaffäre, die vor einigen Jahren ein Riesenskandal war. Insgesamt waren, meines Wissens, drei Personen Beschuldigte, einer davon sogar wegen schweren Betrugs oder Betrugs oder Beweismittelvernichtung und anderer Tatbestände. Am Ende des Tages: alles Schall und Rauch, ja, alle Vorwürfe waren falsch. Irgendwie war es, glaube ich, für viele in diesem Land sozusagen eine Beschäftigungstherapie, aber für die Betroffenen höchst unangenehm. Insofern: Ja, dass ich dazu eine klare Meinung hatte und nach wie vor habe und dass sich das nicht geändert hat, das kann ich gern jetzt hier offen zugeben.
Die Einvernahme selbst war durch einen Richter, war hochprofessionell, alles in Ordnung; und, wie gesagt, ich persönlich kann mit meinen Verfahren mittlerweile sehr gut umgehen. Ich bin privatwirtschaftlich tätig und nicht mehr Politiker, also betrifft es mich auch nicht mehr so. Ich glaube, dass es aber für andere Betroffene, insbesondere wenn die in einem Angestelltenverhältnis sind oder wenn die in der Politik tätig sind, durchaus unangenehm ist – auch vielleicht für Leute, die jetzt nicht über so ein Einkommen verfügen, dass die Rechtsanwaltskosten ganz unproblematisch sind.
Ich würde also sagen, für mich persönlich habe ich im Moment wenig Grund zu klagen. In Summe, glaube ich, ist das Phänomen, dass man sehr schnell einmal zum Beschuldigten wird, was teilweise auch medial zelebriert wird, was bei manchen auch Auswirkungen auf ihr Arbeitsverhältnis, auf ihren Job, auf ihre Handlungsfähigkeit im Job hat, und dass am Ende des Tages dann oftmals die Vorwürfe falsch waren, glaube ich, für viele eine Belastung.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich darf damit zu einem anderen Themenkomplex kommen, der zentral im Untersuchungsgegenstand ist, nämlich: Sie waren ja als Verhandlungsleiter bei zwei Regierungsbildungen maßgeblich verantwortlich – auch bei einer dritten Regierungsbildung, als Sie ja noch in Regierungsfunktion waren. Könnten Sie uns einmal ganz grundsätzlich den Prozess erläutern, wie hier Regierungsverhandlungen passieren, wie hier der Prozess ganz grundsätzlich aufgestellt ist?
Sebastian Kurz: Ja, in der letzten Zeit waren dann die Sideletters so stark in der medialen Auseinandersetzung Thema, dass man ja fast das Gefühl haben könnte, das sei der Fokus bei Regierungsverhandlungen. Die Wahrheit ist, dass alle Regierungsverhandlungen, die ich bisher mitverfolgt habe und miterlebt habe, eigentlich sehr ähnlich abgelaufen sind. Es ist meistens am Anfang sondiert worden, also mit allen Parteien gesprochen worden. Ich würde sagen, die handelnden Akteure hatten dann sehr schnell ein gemeinschaftliches Gefühl dafür, dass das Ziel eigentlich sein sollte, eine Regierung zustande zu bringen.
Ich glaube, ganz gleich, ob das damals bei Werner Faymann und Michael Spindelegger oder bei mir und Heinz-Christian Strache oder bei mir und Werner Kogler der Fall war, man hat da relativ schnell ein Gefühl, das ist eigentlich die ideale Variante oder die einzig mögliche Variante oder unter allen möglichen Varianten noch irgendwie die beste Variante – egal wie man das formulieren möchte.
Und dann beginnt meistens eine Phase des – ich würde es einmal nennen – wechselseitigen Beschnupperns, wo versucht wird, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und einen Weg zu finden, wie man miteinander regieren könnte, wie eine Zusammenarbeit aussehen könnte, ein Besprechen von großen inhaltlichen Knackpunkten und der Versuch, irgendwie gemeinsam so etwas wie eine Landezone zu definieren.
Dann wird meistens parallel dazu einmal grundsätzlich über Personalvorstellungen gesprochen. Das ist jetzt aber nicht so, wie das vielleicht manche verstehen würden, irgendwelche Besetzungen an Stellen, an die man dort eigentlich gar nicht denkt und die auch nicht im Fokus der Spitzenpolitiker liegen, sondern: Wie könnte eine Ressortverteilung aufgestellt sein und wer sind so handelnde Akteure, die dann eine größere Rolle spielen würden? Und im Regelfall, wenn man davon ein gemeinsames Verständnis hat, wechselseitig ein Gefühl da ist, dass das funktionieren kann, beginnen dann die Regierungsverhandlungen selbst, die man strukturieren muss. Das ist ein wahnsinnig komplexer Prozess mit meistens Obergruppen, Untergruppen, Verhandlern, Experten, die man da an Bord holt. Da sind unzählige Personen involviert und dementsprechend aufwändig ist dieser Prozess.
Als Parteichef hat man da vor allem die Rolle, tagtäglich zu versuchen, die Herde zusammenzuhalten, und wenn man einen Abschluss möchte, auch zu versuchen, dass nicht Streitpunkte entstehen, die irgendwann so festgefahren sind, dass keine der beiden Seiten mehr nachgeben kann.
Und am Ende dieses Prozesses gibt es dann meistens noch die Notwendigkeit, gewisse Spielregeln der Zusammenarbeit, gewisse Entscheidungsprozesse zu definieren, Nominierungsrechte, wie wir es vorher, zu Beginn der Befragung, schon diskutiert haben.
Und um das zu sagen: Ich habe den Eindruck, dass das auch bei allen Verhandlungen eigentlich sehr ähnlich abgelaufen ist, nämlich habe ich noch niemanden dabei erlebt, der irgendwie groß etwas Unanständiges dabei im Schilde geführt hat, sondern ich habe eigentlich immer nur Verhandler erlebt – ganz gleich von welcher Partei, und ich nehme das auch für die ÖVP in Anspruch –, dass es darum ging, einfach zu überlegen: Welche Entscheidungen kommen auf uns zu?, und: Wie finden wir einen Prozess?, oder: Auf welche Namen im Idealfall kann man sich – wie beim Verfassungsgerichtshofpräsidenten – jetzt schon einigen, damit man nicht zwei Monate später zum Streiten anfängt? Wie geht man damit um, wenn der Bundespräsident, andere eingebunden werden müssen? – All diese Themen werden da besprochen, und dann wird versucht, das in einem Sideletter niederzuschreiben.
Was mich an der ganzen Debatte, wie sie abläuft, ein Stück weit stört, ist, dass ich den Eindruck habe, dass die völlig falschen Dinge in der Politik da jetzt so stark in den Mittelpunkt gerückt werden. Ich bin jetzt doch seit acht Monaten gar nicht mehr in diesem politischen Trubel und kann das mit einem gewissen Abstand beurteilen. Jetzt möchte ich nicht für mich eine Überparteilichkeit in Anspruch nehmen, denn ich bin sozusagen ideologisch klar zuordenbar und habe daher sicherlich immer einen subjektiven Blickwinkel, aber ich habe doch unterschiedlichste Parteien erlebt und mit unterschiedlichsten Parteien zusammengearbeitet – die Gesprächsbasis war mit allen eigentlich immer relativ in Ordnung – und ich würde sagen, ich habe in allen Parteien, sowohl in unserer als auch in allen anderen, eigentlich Idealisten erlebt, wo ich das Gefühl hatte, die sind gerne in der Politik, die wollen etwas bewegen. Die haben natürlich unterschiedliche Zugänge, unterschiedliche Meinungen, unterschiedliche Ziele und natürlich auch bei allen Verhandlungen immer einen gewissen Machtanspruch, aber jetzt aus der Idee heraus etwas zu bewegen und umsetzen zu können.
Wenn eine Partei in einer Regierungsverhandlung Ministerien für sich einfordert, dann meistens nicht aus einer Machtbesessenheit heraus, sondern weil das halt in der Politik der Hebel ist, um dann auch politisch gestalten zu können. Und insofern finde ich es für die gesamte Politiklandschaft ein bisschen schade, dass hier aus meiner Sicht Nebensächlichkeiten und Nebenthemen oftmals jetzt in der Darstellung anderes überstrahlen.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Wie schon besprochen waren Sie federführend bei zwei beziehungsweise bei drei Regierungsverhandlungen dabei – mit der SPÖ, mit den Freiheitlichen und mit den Grünen. Es gibt immer diese inhaltliche Ebene und es gibt immer diese Personalfragen. Ich will einmal noch auf der inhaltlichen Ebene bleiben: Kann man da auf der inhaltlichen Ebene einen Unterschied zwischen den drei Regierungsbildungen ausmachen oder ist da der Prozess immer sehr, sehr vergleichbar?
Sebastian Kurz: Mehr oder weniger sind die Prozesse vergleichbar. Die Stimmungen sind unterschiedlich. Ich habe bei der Koalition damals zwischen Sozialdemokratie und ÖVP nicht das Gefühl gehabt, dass das eine große Liebesheirat war, sondern beide Parteien haben vorher schon regiert, beide Parteien haben, wenn ich es richtig im Kopf habe, bei der Wahl nicht dramatisch, aber doch ein Stück weit verloren. Beide Parteien wollten grundsätzlich weiterregieren und beide Parteien haben jetzt keine großen Alternativen gesehen, und dementsprechend war jetzt auf einer – ich sage jetzt einmal – emotionalen Ebene vielleicht dieser Verhandlungsprozess ein Stück weit ein anderer als die Verhandlungen danach. Aber grundsätzlich ist vieles vergleichbar, wie die Struktur, dass es die Parteichefs gibt, darunter Spitzenverhandler und darunter dann eine hohe Zahl an Personen, die eingebunden werden, um Detailbereiche auszuverhandeln.
Die Koalitionsgespräche mit den Freiheitlichen habe ich damals als sehr positiv erlebt, weil die von einer Aufbruchsstimmung getragen waren, mit dem Ziel der Veränderung, einer neuen Konstellation, etwas wirklich zu bewegen, etwas zu verändern, auch um große Richtungsentscheidungen im Land auch durchaus in eine andere Richtung vorzunehmen, und dementsprechend waren diese Koalitionsverhandlungen, würde ich sagen, sicherlich von einer positiven Stimmung getragen.
Die Verhandlungen mit den Grünen waren auch interessant, weil insofern anders, als die Grünen erstmals in eine Bundesregierung gekommen sind, gewisse Entscheidungsprozesse bei den Grünen anders ablaufen als in anderen Parteien, Basisdemokratie da eine größere Rolle spielt und daher manches nicht ganz vergleichbar war. Aber von der Strukturierung, von der Notwendigkeit, sich in großen Fragen zu einigen, dann aber auch in jedem Detailthema einen gemeinsamen Nenner zu finden, war vieles vergleichbar.
Und was die Personalentscheidungen betrifft, kann ich nur sagen, das habe ich überall als sehr ident wahrgenommen, nämlich dass jede Partei für sich hier auch entsprechend repräsentiert sein wollte, was die Besetzung von den Ministerposten betrifft, was die Besetzung von Positionen wie EU-Kommissar und anderes betrifft, aber natürlich auch was Möglichkeiten betrifft, hier Nominierungsrechte, wie vorher schon diskutiert, bei Gerichten oder anderswo zu beanspruchen.
Warum? – Na ja, weil das natürlich auch die Möglichkeit ist, die eigene Ideologie, wenn man so möchte, dann auf die Straße zu bringen. Und ich habe das bei keinem der Gesprächspartner als groß unanständig empfunden. Manchmal war die Außenwahrnehmung vielleicht ein bisschen eine andere als die Realität, und manche Parteien haben hier ein nach außen hin besseres Image und andere haben nach außen hin ein schlechteres Image. Ich kann nur sagen, es hat überall sehr ähnlich stattgefunden, aber nirgends in einem unanständigen Bereich, sondern schlicht und ergreifend mit einem meiner Meinung nach legitimen Anspruch, zu gestalten, weil man vorher einen Wählerauftrag von der Bevölkerung erhalten hat, so wie das in einer Demokratie eben der Fall ist.
Dass dann handelnde Akteure teilweise andere sind, dass handelnde Akteure dann neben der Qualifikation vielleicht auch eine gewisse politische Richtung, eine Meinung zu einer Sachfrage mitbringen und dass vielleicht im Energiebereich Personen, die da nominiert werden, egal ob als Verhandler oder dann als Entscheidungsträger, dass die eine andere inhaltliche Schlagseite haben, egal ob sie jetzt - -, wenn sie einerseits von der FPÖ oder von den Grünen oder von der ÖVP kommen, das, glaube ich, ist eben so. Das sieht man ja auch, wenn man die Personalentscheidungen und ‑besetzungen, die dann in weiterer Folge stattfinden, beobachtet.
Ja, aber wie eingangs schon gesagt, glaube ich, dass das eigentlich von einem sehr positiven Grundzugang getragen ist, nämlich dass man die eigene Sache – und die ist ja bei den verschiedenen Parteien sehr unterschiedlich – halt selbst für richtig empfindet und dafür auch kämpft.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Der Herr Verfahrensrichter hat mich ersucht, ihm das Wort zu erteilen. – Bitte, Herr Verfahrensrichter.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich würde bitten, die Beweisthemen ein bisschen mehr in den Vordergrund zu stellen.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Dann komme ich zu Beweisthema 4, Personalentscheidungen der Bundesregierung. Ich möchte ganz konkret die Nominierung der Aufsichtsräte hinterfragen. Die Republik ist Gott sei Dank Eigentümer oder Teileigentümer vieler wichtiger Unternehmen, und natürlich nimmt der Eigentümer sein Recht in Anspruch, Aufsichtsräte zu nominieren, zu entsenden. Wie haben Sie das in den unterschiedlichen Regierungskonstellationen wahrgenommen? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Also ich glaube, das grundsätzliche Prozedere ist ja in diesem Bereich bekannt. Ich habe einerseits schon bei meiner ersten Einvernahme im U-Ausschuss geschildert, wie so ein Prozedere grundsätzlich abläuft, ich habe darüber hinaus vorher geschildert, wie solche Entscheidungsprozesse ablaufen. Ich glaube, es gibt ja mittlerweile auch die Sideletter aus mehreren Regierungskoalitionen, die öffentlich bekannt sind. Also daraus ist ja erkennbar, dass hier bei den Aufsichtsräten in einigen Bereichen Vereinbarungen getroffen worden sind, die – wie schon ausgeführt – aus meiner Sicht auch vollkommen legitim sind.
Und darüber hinaus bitte ich um Verständnis, dass diese Fragen der Besetzungen aber Teil der Strafverfahren sind und insofern ich da auch inhaltlich nicht weiter darauf eingehen werde.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich möchte einen Artikel aus dem „Standard“ vom 25.5.2020 vorlegen, ON 2. (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück.)
In diesem Artikel werfen die NEOS den Grünen Postenschacher vor. Der NEOS-Verkehrssprecher wird zitiert: „Kommt Macht, kommt Postenschacher. Die Grünen führen jene üble Tradition offenbar fort“. – Wir sind wieder bei der Besetzung von Aufsichtsräten: Welche Wahrnehmung haben Sie zu diesem Themenbereich?
Sebastian Kurz: Ich finde mit einem gewissen Abstand jetzt als Staatsbürger und nicht mehr Politiker dieses Spiel ein bisschen interessant, das eigentlich immer das gleiche ist, und es ist auch relativ einfach zu durchschauen – na? Also die Oppositionsparteien, egal welche Parteien sie sind, werfen der Regierung Postenschacher vor, und die Regierung verteidigt sich dagegen. Das Interessante ist nur, es findet immer gleich statt, man kann einfach nur die handelnden Akteure austauschen, je nachdem, wer gerade in der Regierung ist. Insofern muss ich ein bisschen schmunzeln, wenn ich das jetzt mit einer gewissen Außensicht betrachte, weil ich den Eindruck habe - - So sehr man sich irgendwie da emotional hineinsteigern kann, wenn man Teil dieses Betriebs ist, aber mit der Außenperspektive würde ich sagen, das Spiel ist immer dasselbe. Als die FPÖ in der Regierung war, ist der FPÖ vorgeworfen worden, dass es Postenschacher gibt. Als die FPÖ nicht mehr in der Regierung war, ist es jetzt den Grünen vorgeworfen worden. Also die Rollen haben sich einfach geändert. Ich möchte jetzt auch die ÖVP gar nicht in Schutz nehmen, es wäre mit der ÖVP selbiges, oder dort, wo die ÖVP in Opposition ist, wirft sie das dann den Regierenden dort vor.
Ich habe in meiner Zeit sehr viele Personalentscheidungen miterlebt und kann manche besser nachvollziehen und andere weniger gut, was ich sicherlich mitverfolgt habe, ist, dass es hier im Verkehrs- und Umweltbereich durch die Ministerin Leonore Gewessler sehr massiv auch zu Änderungen gekommen ist – ja, formulieren wir es einmal so – und hier sehr viele sehr eindeutige Personalbesetzungen getroffen worden sind.
Ich würde einmal sagen, wenn die Qualifikation bei den handelnden Akteuren vorhanden ist, dann gibt es dagegen ja auch nicht - -, ja, also sozusagen, dann gibt es hier auch keinen Vorwurf zu machen. Wenn die Qualifikation nicht vorhanden ist, dann schaut die Sache anders aus.
Und als sich der ÖVP-Verkehrssprecher Ottenschläger da in diesem Zeitungsartikel oder in dieser APA-Meldung zu Wort meldet mit seiner Kritik daran, ja, ich glaube, das ist natürlich auch noch einmal etwas, was es zu bedenken gibt: Wie sind die anderen handelnden Akteure hier eingebunden oder wie wird so etwas gemacht? Aber ich bin jetzt heute nicht da, um da meinen Senf dazu abzugeben, sondern ich muss nur mit einem gewissen Schmunzeln festhalten, dass man wahrscheinlich die Aussendungen der Parteizentralen gar nicht groß umschreiben muss, sondern man muss nur jeweils die Regierungs- und die Oppositionspartei richtig einsetzen. Die Vorwürfe, glaube ich, sind stets gleich und die Verteidigungslinien auch.
Die Wahrheit ist, dass die meisten Parteien oder die meisten Politiker ein Interesse daran haben, dass sie mit Personen arbeiten wollen, die inhaltlich qualifiziert sind, aber im Regelfall auch mit Personen arbeiten wollen, die ein Stück weit ihren Blick auf die Dinge, wie das Land sich entwickeln soll, welche in dem Fall wahrscheinlich Verkehrs-, Umweltpolitik gemacht werden soll, mittragen – oder nicht. Das ist hier mein Eindruck. Und dass, wenn es hier um Energiethemen oder um Verkehrsthemen geht, Vertreter der FPÖ, der ÖVP und der Grünen unterschiedlich denken, ja, das ist bekannt. Und das hat natürlich auch dann Auswirkungen auf die Politik, wenn sich die handelnden Akteure ändern, oder auf Entscheidungen in Unternehmen oder Tochtergesellschaften.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Bei der Bestellung von Aufsichtsräten steht immer wieder der Vorwurf im Raum, dass quasi die Bestellung eine Gegenleistung ist, zum Beispiel für eine Spende. Das ist ja auch zentral im Untersuchungsgegenstand. Welche Wahrnehmungen haben Sie zu diesem Vorwurf, der immer wieder geäußert wird? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Also ich kann das für die Volkspartei ausschließen und habe das ja auch schon mehrfach gemacht und kann aber – ich möchte das ein bisschen breiter beantworten – auch festhalten, dass ich bei allen Parteien, mit denen wir zusammengearbeitet haben, egal ob FPÖ oder Grüne, jetzt auch nie einen Eindruck in diese Richtung gehabt hätte, sondern, wie vorher schon ausgeführt, mein Gefühl ist, dass handelnde Akteure gerne mit Personen zusammenarbeiten, die inhaltlich qualifiziert sind, die aber auch ähnliche Ziele inhaltlicher Natur verfolgen und wo es vielleicht auch ein Vertrauensverhältnis gibt. So würde ich jetzt diese Personalentscheidungen werten, die da in dem Zeitungsartikel beschrieben werden, aber so hätte ich auch andere Personalentscheidungen von anderen Parteien immer wahrgenommen.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Das war also der Themenkomplex Aufsichtsräte. Ich darf da wirklich auch für das Protokoll noch einmal festhalten, dass es natürlich im Verantwortungsbereich des jeweiligen Ministers, der jeweiligen Ministerin liegt, hier die Personalentscheidungen zu treffen und dass es zu keiner Zeit irgendwie Gegenleistungen dafür gegeben hat.
Ich möchte aber auch noch ein Thema ansprechen, das heute schon Thema war: Nominierungsrechte, die in den Sidelettern definiert waren, zum Verfassungsgerichtshof, zum, wie wir heute schon diskutiert haben, Bundesverwaltungsgericht – Frau Kollegin Krisper hat ja da rechtswidriges Verhalten in den Raum gestellt.
Darf ich Sie hier noch einmal um Ihre Wahrnehmungen ersuchen, auch wieder in allen Regierungskonstellationen, die Sie kennen, wie mit Nominierungsrechten umgegangen worden ist? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Für mich war als Bundeskanzler und als Parteichef natürlich immer klar, dass sämtliche Prozesse rechtskonform und auch dem Anspruch unseres Rechtsstaates gerecht werdend ablaufen müssen, ganz gleich wer zuständig war oder in welche Zuständigkeit solche Entscheidungen gefallen sind. In den Sidelettern – das ist ja heute schon diskutiert worden – ist immer wieder von einem Nominierungsrecht gesprochen worden, und zwar stets mit dem Ziel, einfach Entscheidungen auch vorab soweit zu besprechen, dass danach nicht unnötige Streitigkeiten in der Koalition auftreten, wie zum Beispiel hier im Fall des Verfassungsgerichtshofs.
Grundsätzlich ist vielleicht noch festzuhalten, dass in der Debatte Personalentscheidungsprozesse immer wieder so über den Kamm geschoren werden, als wäre das alles das Gleiche. In Wahrheit ist ein großer Unterschied, wovon wir sprechen. Ein Besetzungsprozess in einem obersten Gericht ist etwas anderes als Besetzungsprozesse, wie sie da vorher gerade in dem Zeitungsartikel beleuchtet worden sind. Bei manchen Entscheidungen sind schlicht und ergreifend die Ressortminister zuständig, bei manchen Entscheidungen sind mehrere Ministerien zuständig, bei manchen Entscheidungen gibt es die Notwendigkeit eines Ministerratsbeschlusses, bei manchen Entscheidungen gibt es die Notwendigkeit eines Ministerratsbeschlusses und der Zustimmung des Bundespräsidenten, und bei manchen Entscheidungen wie in der OeNB ist es besonders komplex, weil hier die OeNB, der Bundespräsident, der Ministerrat, alle in so einem Entscheidungsfindungsprozess eingebunden sind. Insofern würde ich davor warnen, dass man all diese Dinge einfach über einen Kamm schert, weil das höchst unterschiedlich ist und somit auch unterschiedliche rechtsstaatliche Standards hier vorhanden sind.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Aber die Handhabung dieser Nominierungsrechte: Hat es hier Unterschiede gegeben in den unterschiedlichen Regierungskonstellationen, oder war die Handhabung, was Nominierungsrechte betrifft, immer dieselbe?
Sebastian Kurz: Ich glaube, ich habe das vorher schon ausgeführt, dass ich den Eindruck habe, dass das in allen Regierungskonstellationen sehr ähnlich abgelaufen ist. Ich sehe da keine großen Unterschiede, sondern hier hat es ein sehr ähnliches Vorgehen gegeben; andere handelnde Akteure, aber das Vorgehen – die Sideletter, die Art und Weise, wie hier versucht worden ist, gewisse Entscheidungsfindungsprozesse auch bei den Regierungsverhandlungen schon zu definieren, für das, wo man eine Zuständigkeit auch in der Regierung gesehen hat –, das war in allen Koalitionen gleich.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Neben den Aufsichtsräten, den Nominierungsrechten geht es natürlich auch um Personalentscheidungen im Rahmen des Stellenausschreibungsgesetzes. Wir hatten den Fall Dieter Brosz, der dann Abteilungsleiter im Sportministerium wurde. Das hat auch für Kritik gesorgt, da wurde auch von Postenschacher gesprochen.
Welche Wahrnehmungen haben Sie zum Beispiel zu solchen Personalentscheidungen?
Sebastian Kurz: Was wollen Sie jetzt von mir hören? Ich habe Dieter Brosz miterlebt im Rahmen der Regierungsverhandlungen als eine zentrale Persönlichkeit bei den Grünen. Ich habe ihn dann erlebt, ich glaube, wenn ich es richtig im Kopf habe, als Kabinettsmitarbeiter von Werner Kogler, und danach gab es - - Ich weiß jetzt nicht mehr genau, ob er dann aufgehört hat und kurz weg war oder nicht, das habe ich jetzt nicht mehr direkt im Kopf, aber dann ist er aufgeschlagen als Abteilungsleiter für, ich glaube, Sport – ist das richtig? (Abg. Hanger nickt) – im Sportministerium.
Glaube ich, dass Heinz-Christian Strache genauso auf ihn gekommen wäre einige Jahre davor? – Nein, wahrscheinlich nicht. Ist es ein Zufall, dass gerade Werner Kogler auf ihn gekommen ist? – Ich gehe nicht davon aus, dass das unbedingt ein Zufall war. Mache ich das jetzt irgendjemandem zum Vorwurf? – Nein, das tue ich auch nicht, weil ich den Eindruck habe, dass Personalentscheidungen von vielen Politikern unterschiedlichster Parteien immer wieder in dieser Art und Weise getroffen werden. Wenn er qualifiziert ist, dann ist alles gut und schön, dann freue ich mich für ihn. Wenn er nicht qualifiziert wäre, was ich nicht unterstellen möchte, dann wäre es eine schlechte Entscheidung, aber davon wollen wir jetzt einmal nicht ausgehen.
Ich glaube, dass jetzt die Aufsichtsräte, die von den Grünen bestellt werden, andere sind als die, die von den Blauen bestellt worden sind, oder dass Dieter Brosz Jahre zuvor wahrscheinlich nicht die Idee von Heinz-Christian Strache gewesen wäre. Das, glaube ich, liegt irgendwie auf der Hand, und da braucht auch keiner lange drum herumreden. Deshalb finde ich interessant, wie manchmal die mediale Diskussion über all diese Fragen stattfindet, weil ich den Eindruck habe, dass all diese Beispiele eigentlich sehr eindeutig für sich sprechen würden, aber wie gesagt: nicht mehr meine Zuständigkeit.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich möchte diesen Themenkomplex Beweisthema 4 wie folgt zusammenfassen: Natürlich ist es Aufgabe einer Bundesregierung, Aufsichtsräte in staatsnahen Beteiligungen zu nominieren, es ist Aufgabe einer Bundesregierung, Nominierungsrechte zu verhandeln, und natürlich gibt es darüber hinaus ein Stellenausschreibungsgesetz, und da gibt es die entsprechenden Normen, wie Personalentscheidungen zu treffen sind. Dass da alles im richtigen Rechtsrahmen abgelaufen ist, das will ich hier ausdrücklich noch einmal unterstreichen.
Ich möchte zu einem anderen Beweisthema kommen, nämlich zum Beweisthema 1, und möchte Ihnen da den Untersuchungsgegenstand einmal vorlegen – ON 3 bitte.
Ich würde bitten, auf die Seite 3 zu referenzieren, auf Beweisthema 1 – „Beeinflussung von Vergabe und Förderverfahren“. (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück.) Herr Verfahrensrichter, damit ist ja dann sichergestellt: Wir sind ganz konkret im Beweisthema.
Ich würde gerne mit einer allgemeinen Frage beginnen und Sie ersuchen, uns Ihre Wahrnehmungen zu schildern, ganz grundsätzlich, wie zu Ihrer Regierungszeit Auftragsvergaben organisiert worden sind. Ich werde dann schon noch zum zentralen Vorhalt kommen, aber einmal ganz grundsätzlich: Welche Wahrnehmungen haben Sie, wie Auftragsvergaben im Bundeskanzleramt, in den einzelnen Ministerien organisiert sind und waren?
Sebastian Kurz: Ich kann natürlich nur für die Ressorts sprechen, in denen ich tätig war. Ich war insgesamt zehn Jahre in der Bundesregierung, zunächst im Innenministerium, dann im Außenministerium, dann im Bundeskanzleramt, und maße mir jetzt nicht an, alle Details in allen anderen Ressorts zu kennen.
Ich sage einmal, in den Ressorts, wo ich tätig war, habe ich den Eindruck, dass alle handelnden Akteure immer alles getan haben, dass Auftragsvergaben ordnungsgemäß stattfinden, dass das alles auch rechtlich einwandfrei abläuft, und insofern empfinde ich ehrlicherweise die Beweisthemen und die Art und Weise, wie das da niedergeschrieben ist, schon als eine ziemlich plumpe Unterstellung, wenn ich hier von Kick-backs und anderen Dingen lese. Das ist eigentlich etwas, was ich für höchst unangebracht empfinde, und insofern, ja, ist das etwas, das ich schlicht und ergreifend so einfach nicht okay finde. Ich kenne viele der handelnden Akteure in der Politik der letzten zehn Jahre und würde einmal behaupten, dass die große Masse all dieser Akteure Idealisten sind, dass sehr viele ihre Tätigkeit gern machen, sich bewusst dafür entschieden haben, obwohl sie anderswo vielleicht wesentlich mehr Geld verdienen könnten, und auch immer sehr ordentlich und korrekt mit ihren Aufgaben umgegangen sind. Daher liest sich das für mich mehr als nur unterstellend.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich möchte auf einen Begriff fokussieren, Sie haben ihn auch gerade genannt: Es wird immer wieder mantraartig von manchen Abgeordneten hier im Raum der Vorwurf geäußert – ohne einen konkreten Beweis vorzulegen –, dass es zu Kick-back-Zahlungen zur ÖVP gekommen ist. Darf ich Sie da auch noch einmal um Ihre Wahrnehmungen dazu bitten?
Sebastian Kurz: Ja, ich würde gerne einmal einen konkreten Vorwurf hören: wo von wem an wen. Ich meine, das sind relativ harte Vorwürfe. Das sind nicht nur strafrechtlich relevante Taten, die da unterstellt werden, sondern das ist auch moralisch, finde ich, höchst problematisch. Wenn ein Beamter, ein Kabinettsmitarbeiter, ein Politiker eine Auftragsvergabe tätigt, um dann für sich selber Geld einzustreifen im Rahmen einer Kick-back-Zahlung, dann halte ich das für absolut unakzeptabel, strafrechtlich relevant und moralisch total verwerflich. Ich wüsste nur gern schön langsam, wer das gemacht haben soll. Ich lese das hier in den Beweisthemen, einfach so, ganz locker dahingeschrieben. Ich kenne keinen einzigen konkreten Vorwurf in diese Richtung. Ich kenne keine einzige Person, der das vorgeworfen wird; ich wüsste auch nicht, in welchem Bereich.
Insofern finde ich das ehrlicherweise demokratiepolitisch höchst bedenklich, wenn mit solchen sehr, sehr, sehr relevanten, moralisch verwerflichen, strafbaren Handlungen einfach so um sich geworfen wird. Das halte ich für sehr bedenklich. Wenn sich eine Person konkret etwas zuschulden hat kommen lassen, dann kann man das ja benennen und dann, glaube ich, sollte man dem auch nachgehen, aber diese pauschal klingenden Vorwürfe gegen die ÖVP in Summe, gegen alle ÖVP-Ministerien, wurscht, wer da tätig war – das ist mir, ja, ein bisschen zu plump.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich möchte bei den Auftragsvergaben zu einem Themenbereich kommen, der Sie, glaube ich, als Regierungschef sehr gefordert hat, das war natürlich die Coronakrise. Ich möchte das zweiteilen: die Maßnahmen, um quasi die Coronakrise an sich zu bekämpfen, und dann die Coronahilfen.
Haben Sie irgendwelche Wahrnehmungen dazu, dass es bei der Auftragsvergabe bei Impfstoffen, bei Testungen zu irgendwelchen Vorteilsgewährungen an mit der ÖVP verbundene Personen gekommen ist?
Sebastian Kurz: Also ich möchte einmal vielleicht kurz beschreiben, weil es ja oft wichtig ist, die Dinge einmal auch richtig einzuordnen, dass wir mit einer Krise von, glaube ich, noch nicht oft dagewesenem Ausmaß konfrontiert waren, dass es am Anfang dieser Krise meiner Meinung nach zwei große Probleme gegeben hat: zum einen relativ wenig Informationsstand über das Virus und darum die Schwierigkeit, Entscheidungen zu treffen, und zum anderen die Herausforderung, dass es schlagartig eine irrsinnige Knappheit an Gütern gegeben hat im medizinischen Bereich, über die man sich früher nie Gedanken hätte machen müssen. Handschuhe, Masken und anderes – ich glaube, etwas, über das kaum jemand zuvor jemals groß nachgedacht hat im medizinischen Bereich, weil es immer als eine Selbstverständlichkeit wahrgenommen wurde – waren schlagartig ein knappes Gut.
Insofern hatten wir als Bundesregierung, auch unter der Einbindung vieler Experten, bei denen ich mich bedanken möchte, alle Hände damit zu tun, zu versuchen, Maßnahmen zu setzen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, immer wohl wissend, dass das höchst problematisch ist, weil es die persönliche Freiheit und insbesondere auch die Wirtschaftskraft unseres Landes massiv eingeschränkt hat. Diese ständigen Abwägungsprozesse – was ist hier der richtige Weg? – waren hochkomplex und auch persönlich sehr herausfordernd. Darüber hinaus gab es natürlich viele in der Regierung und darüber hinaus, die sich bemüht haben, aus meiner Sicht, in dieser Zeit alles zu tun, um Wirtschaftshilfen auf die Beine zu stellen und ein Kurzarbeitsmodell auf die Beine zu stellen, um den wirtschaftlichen Schaden und die sozialen Auswirkungen möglichst gering zu halten, sofern das bei solch einer Pandemie überhaupt möglich ist, und darüber hinaus alles zu tun, um auch eine Versorgung sicherzustellen mit notwendigsten Gütern, die früher immer als selbstverständlich angesehen worden sind.
Ich habe viele Akteure hier erlebt und ich habe stets den Eindruck gehabt, dass hier alle in der Regierung – auch wenn es unterschiedliche Meinungen in der Sache immer wieder gab –, dass grundsätzlich im großen Ziel, das Beste fürs Land zu tun und ihr Bestes zu geben, alle hier an einem Strang gezogen haben. Und ich hätte nicht im Entferntesten das Gefühl gehabt, dass irgendjemand hier darüber nachgedacht hätte, jemanden zu begünstigen oder irgendjemandem einen Vorteil zukommen zu lassen, sondern ganz im Gegenteil: also alle Regierungsmitglieder, mit denen ich zu tun hatte, und auch deren Mitarbeiter waren hoch gefordert, irgendwie durch diese Krise zu kommen, und haben sich bemüht, da ihr Bestes zu geben. Alles andere empfinde ich ehrlicherweise auch, um ehrlich zu sein, als höchst unterstellend.
Ich sage auch ganz ehrlich – ganz gleich, welche Partei es betrifft –: Wir haben ja nicht nur eine Bundesregierung, wir haben ja viele Landesregierungen, und immer wieder gibt es die Möglichkeit, dann so zu tun, als gäbe es bei irgendeinem Auftragnehmer ein Naheverhältnis zu irgendeinem Politiker. Kann man im Nachhinein auch gern alles versuchen, so darzustellen – die Wahrheit ist: Ich habe alle handelnden Akteure damals mitbekommen, ganz gleich von welcher Partei und ganz gleich, ob Rot, Schwarz, Türkis, Grün oder Blau, ich hatte den Eindruck, jeder hat in dieser Phase versucht, sein Bestes zu geben.
Insofern glaube ich, wenn sich jemand etwas zuschulden hat kommen lassen, dann sollte man das gerne thematisieren, aber diesen Pauschalvorwurf, den lehne ich auch hier wieder – wahrscheinlich wenig überraschenderweise – ab.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich danke für diese Klarstellung und nehme meine Redezeit – nachdem ich davon ausgehe, dass auch die anderen Fraktionen noch einige Fragen haben werden – in die nächste Runde mit. – Danke.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Vielen Dank.
Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Herr. – Bitte schön.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Kurz, im Jahr 2018 mietet sich die BIG, die Bundesimmobiliengesellschaft, die 100 Prozent im Eigentum der Öbag ist, bei der Postsparkasse ein – in ein Gebäude, das von René Benko gekauft wurde. Nach diesem Deal verdoppelt sich der Wert der Immobilie.
Wann wussten Sie von diesem Deal? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Kann ich Ihnen im Detail nicht beantworten. Ich habe einerseits mitbekommen, dass es Medienberichte dazu gab. Ich habe sicherlich auch das eine oder andere Gespräch zu dem Thema gehabt, weil es ja immer wieder ein großes Thema war. Ich kann mich aber ehrlicherweise jetzt nicht erinnern, wann ich das das erste Mal gehört hätte oder wer mir das das erste Mal gesagt hätte.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Inwiefern waren Sie in die Verhandlungen eingebunden?
Sebastian Kurz: In welche Verhandlungen?
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): In die Frage, wo sich die BIG untermietet. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Also ich könnte ehrlicherweise nicht sagen, dass ich in irgendwelche Verhandlungen jemals zu so einem Thema eingebunden war. Ich war als Bundeskanzler für die BIG nicht zuständig und habe auch mit der BIG meines Wissens niemals irgendwelche Gespräche zu Themen der Einmietung der BIG oder Vermietung oder Sonstiges geführt.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Haben Sie mit René Benko darüber gesprochen?
Sebastian Kurz: Ich kenne René Benko, und es kann gut sein, dass er mir davon erzählt hat. Das weiß ich nicht mehr.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Wieso wendet er sich dann an Sie, wenn Sie fachlich nicht zuständig sind?
Sebastian Kurz: Ich verstehe Ihre Frage nicht.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Sie haben gerade selbst ausgeführt, das war fachlich nicht Ihre Kompetenz. Wieso meldet sich René Benko dann bei Ihnen? (Abg. Stocker: Zur Geschäftsordnung! – Abg. Hanger: Zur Geschäftsbehandlung!)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Eine Wortmeldung von Herrn Abgeordneten Stocker zur Geschäftsbehandlung – Bitte schön.
*****
Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Vorsitzender! Die Fragestellung ist massiv unterstellend, weil sie voraussetzt, dass sich René Benko an die Auskunftsperson gewandt hätte. Das ist in keiner Weise vorgekommen, dazu wurde auch nichts vorgelegt, daher halte ich diese Frage schon aufgrund der Unterstellung für nicht zulässig.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Herr Verfahrensrichter, bitte um Ihre Einschätzung dazu.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Das ist richtig. Ich würde bitten, dass Sie eine Unterlage – wenn Sie eine solche haben – dazu vorlegen. Dann, glaube ich, könnte man diese Unterstellung bei Vorlage der Unterlage wegbringen.
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Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Unterstellung war es keine, es war eine offene Frage.
Ich frage aber zuvor noch etwas anderes: Haben Sie mit Thomas Schmid darüber gesprochen? (Abg. Hanger: Haben wir irgendeine Unterlage?)
Sebastian Kurz: Darf ich Sie auch fragen: Haben Sie eine Unterlage oder worauf wollen Sie hinaus?
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Jetzt wäre die aktuelle Frage, ob Sie sich mit Thomas Schmid über die Untermiete der BIG in diesem Postsparkassengebäude von René Benko, das zuvor gekauft wurde, unterhalten haben oder ob Sie mit ihm kommuniziert haben. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Also ich darf Ihnen zunächst einmal die Frage stellen: Haben Sie eine Unterlage zu dieser Unterstellung? (Die Abgeordneten Hafenecker und Herr heben die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich tue mich jetzt relativ schwer, wer die Hand zur Geschäftsordnungswortmeldung früher gehoben hat, aber ich würde das Wort einmal Frau Abgeordneter Herr und dann Herrn Abgeordneten Hafenecker erteilen. – Bitte schön, Frau Abgeordnete Herr.
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Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich habe jetzt eine getrennte Frage, nämlich zu diesem Deal mit der BIG, gestellt. Ich will noch einmal darauf hinweisen, warum das auch relevant ist: Da hat René Benko plötzlich eine Wertsteigerung von mehreren Hundert Millionen Euro verzeichnet, nachdem die BIG da für 99 Jahre quasi einen Mietvertrag unterschrieben hat.
Meine Frage war jetzt losgelöst, ob Sie sich darüber mit Thomas Schmid unterhalten haben oder ob Sie zu diesem Thema kommuniziert haben. Das war jetzt eine losgelöste Frage. Das war gar keine Unterstellung, sondern einfach eine Frage, und ich würde um die Beantwortung bitten.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Herr Abgeordneter Hafenecker, zur Geschäftsordnung. – Bitte schön.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich finde nur spannend, warum man jetzt eine Unterlage vorlegen muss, wenn man die Auskunftsperson fragt, ob sie ein Gespräch mit Herrn Schmid über den Deal mit René Benko geführt hat. Ich meine, das ist ja ganz offensichtlich ein Deal, den hatten wir schon mehrfach hier im Untersuchungsausschuss, auch schon im letzten, diskutiert. Das ist ein Deal, der auch medial bekannt geworden ist und zu dem es entsprechende Artikel darüber gibt. Das gehört ja schon zum Allgemeinwissen, dass da herumgeschachert worden ist.
Das Finanzministerium hätte dort einziehen sollen, schlussendlich war es dann das Bildungsministerium und so weiter und so fort – ach so, Entschuldigung: die Uni für Bildende Künste –, aber das ist ja schon im Ausschuss evident gewesen, ich weiß nicht, warum man das jetzt extra vorlegen muss. Und das Ganze ist unter der Ägide des jetzigen Ex-Bundeskanzlers passiert. Das kann man natürlich machen, aber warum man jetzt wieder jeden Zettel vorlegen muss, nur weil Kollege Hanger gerade wieder nicht ruhig sitzen kann, verstehe ich nicht. (Abg. Scharzenberger hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Herr Abgeordneter Stocker ist – nicht? – nicht mehr zur Geschäftsordnung gemeldet, dafür Frau Abgeordnete Scharzenberger. – Bitte schön. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte fürs Protokoll nur festhalten, dass es gängige Praxis in diesem Untersuchungsausschuss ist und wir uns, Herr Verfahrensrichter, auch darauf geeinigt haben, dass, wenn es eine Unterlage geben sollte, diese gleich bei der ersten Frage dazu auch vorzulegen ist – also für das Protokoll. Deswegen auch diese Frage, ob es eine Unterlage gibt, und insofern ist diese Frage doch mehr als zulässig. Sollte es eine Unterlage geben, bitte ich Sie, diese gleich vorzulegen. – Danke.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Herr Verfahrensrichter, ich bitte um Ihre Einschätzung.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Frau Abgeordnete Herr, Sie haben meines Wissens zwei verschiedene Fragen gestellt. Ich würde bitten, wenn es Unterlagen gibt, dann sowohl zur ersten als auch zur zweiten Frage eine Unterlage vorzulegen – oder Sie ziehen die erste Frage zurück, und es bleibt nur mehr die zweite bestehen. (Abg. Herr hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Frau Abgeordnete Herr, bitte noch einmal zur Geschäftsordnung.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Nach dem Stellen meiner ersten Frage und dem Hinweis darauf, dass da eine Unterlage gut wäre, bin ich zu einer zweiten, absolut korrekten Frage übergegangen, für welche die Beantwortung jetzt immer noch offen ist: Gab es Kontakt mit Thomas Schmid zur Frage zu diesem Deal, der René Benko, einem wirtschaftlichen Berater und auch guten Bekannten von Herrn Kurz, Hunderte Millionen Euro beschert hat?
Ich glaube, diese Frage ist zulässig, und ich würde um Beantwortung bitten. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Bitte, Herr Verfahrensrichter.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich halte die Frage auch für zulässig und meine, wenn es dazu eine Unterlage gäbe, dann könnte man sie anschließen. Ich halte aber die Frage auch ohne Unterlage für zulässig, und sie ist auch nicht unterstellend.
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Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Dann darf ich in diesem Sinne um Beantwortung ersuchen.
Sebastian Kurz: Ich beantworte sie auch gern. Ich glaube, es ist ohnehin bekannt, dass ich den René Benko, den Alfred Gusenbauer als Aufsichtsratsvorsitzenden dort, den Thomas Schmid kenne. Ich weiß nicht mehr, wer mir von dieser Entscheidung der BIG oder von diesem Vertragsabschluss das erste Mal erzählt hat oder wie ich es erfahren habe. Das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht mehr sagen.
Ich kann Ihnen nur sagen, dass es für mich keine große Relevanz hat und auch nicht hatte, und insofern, ja, hoffe ich, Ihre Frage bestmöglich beantwortet zu haben.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Die Frage hat gelautet: Hatten Sie dazu Kontakt mit Thomas Schmid?
Sebastian Kurz: Und ich habe Ihnen gesagt, dass ich alle Personen, die Sie genannt haben, kenne und dass ich nicht weiß, wer mir von dieser Sache erzählt hat. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob es René Benko, Alfred Gusenbauer, Thomas Schmid war oder ob ich es in der Zeitung gelesen oder durch jemanden anderen mitbekommen habe.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Die Frage war aber nicht, wer Ihnen jetzt als Erster davon erzählt hat, sondern ob Sie Kontakt dazu hatten, oder erinnern Sie sich gar nicht daran, ob Sie mit ihm darüber gesprochen haben?
Sebastian Kurz: Das war der Versuch meiner Antwort, dass ich Ihnen sagen kann: Ich habe Erfahrung mit dem Gremium, ich habe eine sehr also sozusagen klare Meinung, aber ich will sicherlich nicht den Fehler machen, dass Sie mir irgendwie dann wieder das Wort im Mund umdrehen und versuchen, mir eine Falschaussage in den Mund zu legen (Abg. Krainer: Hallo!); und darum kann ich Ihnen nur sagen, ich bemühe mich bestmöglich, mich zu erinnern, und ich kann es Ihnen nicht mehr sagen, mit wem ich - - (Abg. Krainer: Unterstellung!) Das war keine Unterstellung, Herr Abgeordneter Krainer, das war ein Erfahrungswert. (Abg. Krainer hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Abgeordneter Krainer gemeldet.
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Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Na, es ist natürlich eine Unterstellung. Abgeordnete Herr hat der Auskunftsperson noch nie in ihrem Leben ein Wort im Mund umgedreht. Umgekehrt macht er das sehr gerne. (Abg. Hanger hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich erspare mir jetzt die wechselseitigen Beurteilungen von entsprechenden Äußerungen und ersuche, bei weiteren Wortmeldungen entsprechende Sorgfalt in der Formulierung an den Tag zu legen.
Ich erteile nun dem Herrn Abgeordneten Hanger das Wort zur Geschäftsordnung. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich darf den Herrn Obergelehrten in Geschäftsordnungsfragen Krainer auffordern, vielleicht gleich die Befragung vorzunehmen, weil er sich dann das Kommentieren ersparen würde.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Gibt es weitere Wortmeldungen zur Geschäftsordnung? – Wenn das nicht der Fall ist, dann bitte, Frau Abgeordnete Herr, mit der weiteren Befragung fortzufahren.
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Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Vorlage 3139, Seite 16, der allerletzte Chat, bitte nur unten lesen! (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück.)
Sebastian Kurz: Welche Seite?
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): 16.
Sebastian Kurz: Was ist das für ein Dokument?
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ausgewertete Chats.
Sebastian Kurz: Aber - - (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): „Sebastian! Emergency. Hartwig und René spinnen!
Wir können nicht das Winterpalais gegen die Postsparkasse tauschen!!
Angeblich hat René dich diesbezüglich auch schon angerufen.“, schreibt Ihnen Thomas Schmid.
Erinnern Sie sich doch an ein Telefonat mit René Benko?
Sebastian Kurz: Was steht da?
„Dichand hat mich gerade angerufen.
Gerüchte dass benko bei B&C“ – was? Kann ich nicht lesen.
Ist das das, oder was meinen Sie?
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Außerhalb meiner Redezeit: Ich habe es vorhin schon gesagt, wir sind auf Seite 16, es geht um den allerletzten Chat hier unten.
Sebastian Kurz: Okay, auf Seite 16 bin ich auch, allerletzter Chat, okay. (Auskunftsperson und Vertrauensperson blättern in den Unterlagen.)
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich habe es aber auch schon vorgelesen. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Also ich glaube, ich habe die SMS jetzt gefunden, die Sie meinen.
„Sebastian! Emergency. Hartwig und René spinnen!
Wir können nicht das Winterpalais gegen die Postsparkasse tauschen!!
Angeblich hat René dich diesbezüglich auch schon angerufen.
Ich werde diesen Schwachsinn morgen versuchen bei Hartwig zu beenden.
Also ob wir keine anderen Probleme hätten ob das BMF in Barock oder klassischer moderne untergebracht wird“.
Also, jetzt nicht bös sein, Frau Abgeordnete, aber erstens einmal glaube ich, dass das ein anderes Thema ist als das, von dem Sie vorher gesprochen haben – oder?, wenn ich versuche, mir das richtig zusammenzureimen, weil ich glaube nicht, dass es da um einen 99-Jahre-Mietvertrag oder sonst irgendwas geht. Also ich glaube, das sind zwei verschiedene Themen, wenn ich das richtig einordne – oder?
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Hier steht „Postsparkasse“, über die sprechen wir gerade.
Sebastian Kurz: Na ich verstehe schon, dass da „Postsparkasse“ steht, das habe ich ja gerade gelesen, aber ich möchte Sie mal gern nur fragen, ob Sie nicht da zwei verschiedene Themen verwechseln. Ich würde gern wissen, wann der Mietvertrag der Postsparkasse abgeschlossen worden ist, und ob das das ist.
Ich glaube, dass das zwei unterschiedliche Themen sind, aber das ist jetzt nur so mal mein Gefühl beim ersten Hinschauen. Sie haben sich sicher länger damit beschäftigt als ich.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Meine Frage war, ob Sie sich doch – nachdem hier steht: „Angeblich hat“ dich „René“ Benko „diesbezüglich [...] schon angerufen“ – jetzt an ein mögliches, potenzielles Telefonat erinnern können.
Sebastian Kurz: Moment, jetzt würde ich Sie gerne – nur damit wir da nicht Zusammenhänge bauen, die nicht vorhanden sind – fragen, ob Sie wirklich der Meinung sind, dass das das Thema ist, das Sie vorher angesprochen haben.
Ich habe mich gerade nur ein paar Minuten damit beschäftigt, Sie haben sich sicher ausführlicher damit beschäftigt. Ich glaube, bis auf das, dass das Wort „Postsparkasse“ jetzt bei beiden Themen vorkommt, ist das was anderes; aber vielleicht irre ich mich auch, dann lasse ich mich gern von Ihnen überzeugen. (Abg. Herr hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Frau Abgeordnete Herr, zur Geschäftsbehandlung. – Bitte.
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Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Unabhängig davon, dass ich Sie hier von nichts überzeugen muss, weil ja meine Fragen hier zu beantworten sind, stelle ich es außerhalb meiner Redezeit gern klar, weil hier ganz deutlich steht, dass es um Immobilien, um offensichtliche Örtlichkeiten geht.
Hier wird von „Winterpalais“ oder „Postsparkasse“ gesprochen. Außerdem sind wir da im Jahr 2018. Das ist auch das Jahr, in dem der Vertrag mit der BIG abgeschlossen wird, also wir sehen da einen Zusammenhang. Ob es den gibt, kann ich Ihnen nicht beantworten, aber Sie mir hoffentlich schon.
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Deshalb würde ich vorschlagen: Kommen wir zurück zur Beantwortung meiner Fragen, und die war diesbezüglich, ob Sie mit Ihrem Bekannten und Berater René Benko zu diesem 100-Millionen-Euro-Deal Kontakt hatten.
Sebastian Kurz: Aber ich lasse trotzdem nicht alles mit mir machen, und darum sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit, dass ich den Eindruck habe, dass Sie hier zwei Dinge miteinander vermischen. Sie haben mich vorher gefragt – und das ist, glaube ich, mein gutes Recht, das noch einmal festzuhalten – zu meinen Wahrnehmungen rund um irgendeinen BIG-Mietvertrag am Gebäude. Und ich habe Ihnen gesagt: Ich kann mich nicht mehr erinnern, wer mir das erzählt hat, ob ich es in der Zeitung gelesen habe oder mich mit jemandem darüber unterhalten habe, aber ich weiß, dass es dieses Thema gibt und dass das auch ein Thema war, das irgendwo zumindest in den Medien, aber vielleicht auch persönlich irgendwo diskutiert wurde.
Das ist meiner Meinung nach – auch wenn ein Wort ident ist, nämlich „Postsparkasse“ –, meiner Einschätzung nach ein anderes Thema, und da würde ich Sie einfach nur gerne um Ihre Einschätzung bitten, ob das richtig oder falsch ist, denn Sie wollen ja den Eindruck erwecken, weil ich da jetzt diese SMS bekommen habe, dass das ja heißt, dass ich zum Mietvertrag mit jemandem gesprochen habe; und das würde ich gerne nicht mit mir machen lassen, weil ich das Gefühl habe, dass da von Ihnen gerade unterschiedliche Dinge vermischt werden. Aber ich habe noch nicht ganz herausgefunden, ob Sie es absichtlich oder unabsichtlich vermischen, oder ob ich mich irre, und es ist eh alles dasselbe.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich würde um Beantwortung meiner Frage bitten. Das würde zur Aufklärung vielleicht beitragen.
Sebastian Kurz: Okay.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ja? (Verfahrensanwältin-Stellvertreter, Verfahrensrichter und Vorsitzender-Stellvertreter beraten sich. – Auskunftsperson und Vertrauensperson beraten sich mit dem Verfahrensanwältin-Stellvertreter. – Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensrichter. – Verfahrensanwältin-Stellvertreter und Verfahrensrichter beraten sich.)
Ich stelle die Frage vielleicht anders, dass es einfacher wird für Sie, zu antworten, denn offensichtlich haben Sie hier Probleme: Geht es bei diesem Chat um die Frage der BIG und der Postsparkasse, und haben Sie diesbezüglich ein Gespräch mit René Benko geführt?
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Abgeordneter Hanger gemeldet. – Bitte schön.
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Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich zitiere § 41 Verfahrensordnung Untersuchungsausschüsse, „Zulässigkeit von Fragen“: „Die an die Auskunftsperson zu richtenden Fragen dürfen nicht unbestimmt, mehrdeutig, verfänglich“ und so weiter sein. Und wenn hier die Grundlage der Frage nicht geklärt ist – und es hat ja die Auskunftsperson mehrmals zum Ausdruck gebracht –, dann müssen wir das einmal klären, bevor wir mit der Befragung fortfahren können.
Herr Verfahrensrichter, ich bitte Sie um Ihre Einschätzung.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Aus diesem Grund haben auch die Beratungen mit dem Herrn Verfahrensrichter und der Vertrauensperson stattgefunden, weil die Meinung vorgeherrscht hat, dass diese Fragestellung unbestimmt war.
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Die Frage ist jetzt, ob sie mit dieser ergänzenden Frage ausreichend bestimmt ist, um beantwortet werden zu können.
Sebastian Kurz: Also ich versuche es noch einmal. Sie haben sich sicher viel besser auf das vorbereitet als ich. Ich weiß nicht, wann genau der Mietvertrag abgeschlossen wurde, aber was ich weiß, ist, dass das Winterpalais noch immer der Sitz des Finanzministeriums ist, wenn ich richtig informiert bin, und gleichzeitig, glaube ich, gibt es den Mietvertrag der BIG mit der Postsparkasse. Insofern, glaube ich, haben die beiden Dinge meiner Meinung nach nicht sonderlich viel miteinander zu tun, weil Sie haben vorher gesagt, es gibt einen Mietvertrag, und Sie sagen da jetzt - - und Sie bringen diese SMS miteinander in Zusammenhang.
Der Tausch, wie er in dieser SMS beschrieben wird, des Finanzministeriums, der hat nicht stattgefunden – anscheinend; Sie sind besser informiert als ich, aber ich glaube, das Finanzministerium ist jetzt auch neun Monate nach meinem Rücktritt immer noch im Winterpalais und nicht woanders –, und den Mietvertrag, den gibt es aber. Insofern kann ich Sie nur höflich darauf hinweisen, dass ich nicht das Gefühl habe, dass diese beiden Dinge etwas miteinander zu tun haben.
Ich respektiere alle Ihre Fragen. Ich hoffe, ich habe jetzt zur Aufklärung beitragen können, und wenn die SMS so gesendet wurde, nehme ich es zur Kenntnis, dann gibt es diese SMS, okay. Mir ist ehrlicherweise wurscht und immer wurscht gewesen, wo jetzt welches Ministerium angesiedelt ist. Es geht auch aus der SMS nicht hervor, dass ich irgendetwas betrieben oder gewollt hätte, sondern wenn ich den Text richtig lese – und ich weiß ja nicht einmal, ob das stimmt –, schreibt Thomas Schmid: „Hartwig und René“ wollen „das Winterpalais gegen die Postsparkasse tauschen“. Ich habe es weder getauscht noch habe ich was tauschen wollen, also insofern weiß ich nicht, worauf Sie genau hinauswollen.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Auf das Gespräch mit René Benko. Hier steht nämlich, „diesbezüglich“ habe er Sie „angeblich“ „angerufen“. Die Frage ist: Hat dieses Telefonat stattgefunden, und worum ging es da? Nur Sie können das aufklären, nicht ich, Herr Kurz.
Sebastian Kurz: Schauen Sie, ich kann ja auch nur versuchen, mir einen Reim darauf zu machen, über etwas, was vier Jahre her ist und aus meiner Sicht eine totale – zumindest für mich, für andere vielleicht nicht –, aber eine totale Nebensächlichkeit ist. Wenn ich diese SMS lese, dann gewinne ich den Eindruck, dass es anscheinend eine Idee gab zwischen Hartwig Löger und René Benko, das Winterpalais gegen die Postsparkasse zu tauschen. Wenn das stimmt, was Thomas Schmid hier schreibt! – Rufzeichen –; ist nämlich auch einmal wichtig festzuhalten.
Zweitens: „Angeblich hat René dich diesbezüglich auch [...] angerufen.“ – Daran könnte ich mich nicht erinnern, darum bin ich ja froh, dass da schon ein „Angeblich“ dabei steht.
Und drittens: Diesen Tausch hat es ja gar nicht gegeben, soweit ich weiß. Also insofern weiß ich nicht, was ich noch hinzufügen soll.
Aber letzter und entscheidender Punkt: Ich glaube, das wiederum hat nichts mit dem Thema Mietvertrag zu tun, das Sie vorher angesprochen haben; aber wenn es was damit zu tun hat, ist es mir auch recht. Ich versuche nur da ein bisschen Entwirrung zustande zu bringen. (Abg. Tomaselli hebt die Hand.)
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Haben Sie - -
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Bevor ich Frau Abgeordneter Tomaselli zur Geschäftsordnung das Wort erteile, möchte ich darauf hinweisen, dass die Befragungszeit bereits über 3 Stunden beträgt und ich nach 4 Stunden die Befragung jedenfalls beenden muss. – Bitte, Frau Abgeordnete Tomaselli.
*****
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Genau. Ins selbe Horn stoßend die Anregung: Ich habe es jetzt viermal gesehen - - Jetzt ist durch die ausschweifenden Antworten der Auskunftsperson ohnehin zu wenig Raum für Abgeordnete, die am Schluss der Befragungsrunde drankommen, umso wichtiger wäre es, dass man die Zeitnehmung genau macht, und es ist viermal nicht mitgestoppt worden. Bitte, dass man darauf achtet. – Danke.
*****
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Nehme ich zur Kenntnis. Ich hätte das nicht wahrgenommen, aber werde darauf achten.
Bitte, Frau Abgeordnete Herr.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Haben Sie sich dafür eingesetzt, dass die BIG in die Postsparkasse kommt? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Was heißt: die BIG in die Postsparkasse kommt? Wir haben gerade davon geredet: das Winterpalais gegen die Postsparkasse. Ich habe Ihnen vorher schon - - Jetzt sind Sie, glaube ich, wieder beim ersten Thema, oder? (Abg. Herr: Ja!) – Ja. Wenn Sie beim ersten Thema sind, da habe ich Ihnen schon die Frage beantwortet - - ich mich nicht mehr erinnern kann, wer mich darauf angesprochen hat, ob mich jemand darauf angesprochen hat. Ich kann Ihnen nur sagen: Ich habe weder ein Interesse daran gehabt noch mich sonst irgendwie groß damit beschäftigt, und ich habe sicherlich auch nie mit der BIG irgendetwas zu tun gehabt meiner Erinnerung nach. Also insofern kann ich Ihnen das mit Nein beantworten. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Wie haben Sie dann davon erfahren, dass Benkos Signa Holding über eine Beteiligung bei „Krone“ und „Kurier“ einsteigt? (Die Vertrauensperson wendet sich an die Auskunftsperson. – Die Auskunftsperson berät sich mit Verfahrensanwältin-Stellvertreter und Vertrauensperson.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Hanger zu Wort gemeldet. – Bitte schön.
*****
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich darf darum bitten, den Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand herzustellen, denn wenn sich ein privater Träger an einem Medienhaus beteiligt, weiß ich jetzt noch nicht, was das mit der Vollziehung des Bundes zu tun haben soll. Also ich darf wirklich höflich ersuchen, den Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand herzustellen.
*****
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich darf nach kurzer Beratung mit dem Herrn Verfahrensrichter ersuchen, diesen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand herzustellen.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Außerhalb meiner Redezeit gerne: Es geht darum, dass René Benko natürlich eine der ÖVP nahestehende Person ist. Er gilt als Berater von Herrn Sebastian Kurz, aber auch sonst als Bekannter. Ich glaube, es hat auch freundschaftliche Termine gegeben, wurde auch bestätigt. Dazu kommt, dass René Benko mehrere Immobiliendeals abschließt, nicht nur den mit der Postsparkasse, wo es eben um die BIG geht, die im Eigentum der Öbag ist – zu 100 Prozent, also wir sind hier ganz klar beim Bund –, wo danach René Benko eben Hunderte Millionen Gewinn macht, sondern auch beispielsweise beim Kauf der Immobilie in der Mariahilfer Straße, wenn wir uns daran erinnern. Die kaufte René Benko um circa 60 Millionen, nach dem Kauf ist sie 95 Millionen wert.
Also da hat es eine Wertsteigerung für René Benko gegeben – beides Immobiliendeals, wo auch die Bundesregierung im Entferntesten miteingebunden war. Und natürlich ist die Frage, wenn René Benko, der hier mehrere Hundert Millionen macht, sich dann kurz darauf beim „Kurier“ und auch bei der „Krone“ einkauft, ob hier Hintergrunddeals gelaufen sind. (Abg. Hanger: Geh bitte!)
Ich denke, das ist etwas, was wir hier zu untersuchen und zu klären haben, und deshalb würde ich um die Beantwortung der Frage bitten, wie denn Herr Kurz davon erfahren hat, dass hier diese Anteil- - quasi stattgefunden hat. (Abg. Hanger hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich unterbreche die Sitzung für eine kurze Stehung.
*****
(Sitzungsunterbrechung: 14.52 Uhr bis 14.58 Uhr.)
*****
14.58
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und ersuche den Herrn Verfahrensrichter um eine kurze Zusammenfassung des Gesprochenen. – Bitte schön.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Wiewohl es durchaus auch sein kann, dass hier Korruption mitgespielt haben könnte, so wie es Frau Abgeordnete Herr mutmaßt, spielt diese Frage, wie weit die Signa sich an der „Krone beteiligen“ wollte oder sich beteiligt hat, rein im privaten Bereich und kann daher nicht unter unsere Beweisthemen subsumiert werden.
Herr Vorsitzender, ich erachte daher die Frage für nicht zulässig.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Vielen Dank. Ich schließe mich dem an. Diese Frage ist daher nicht zulässig. Ich ersuche mit einer anderen Frage fortzufahren. – Bitte schön.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Dokument 3139 bitte, Seite 12. (Auskunftsperson und Vertrauensperson blättern in den Unterlagen.)
Wir befinden uns hier meines Wissens am Tag, bevor der Deal mit „Kurier“ und „Krone“ überhaupt öffentlich wird.
Am Tag zuvor schreibt Ihnen Thomas Schmid: „Habe mit Dichand gesprochen. LG Thomas“.
Später schreibt er: „Habe mit RB“ – René Benko – „telefoniert und ihm alles sehr direkt berichtet“.
Sie fragen: „sieht er es ein?“
Meine Frage deshalb: Wussten Sie schon vorab, dass dieser „Krone“- und „Kurier“-Deal stattfinden wird? (Abg. Hanger: Zur Geschäftsbehandlung!)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Hanger, bitte.
*****
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Also ich bin jetzt schon wirklich ein bissel verärgert, Frau Kollegin Herr. Sie dürften offensichtlich nicht aufgepasst haben. Der Herr Verfahrensrichter hat ganz klar festgehalten (Abg. Stocker: Oder nicht verstanden!) – oder nicht verstanden, okay –, dass dieser Deal nicht durch die Vollziehung des Bundes abgedeckt ist und daher nicht untersuchungsgegenständlich ist. Da wird einfach wieder die gleiche Frage in einem anderen Kontext noch einmal gestellt. Ich ersuche Sie wirklich, die Entscheidungen des Verfahrensrichters zur Kenntnis zu nehmen. (Abg. Herr hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Frau Kollegin Herr, zur Geschäftsbehandlung. – Bitte.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Das wissen wir ja noch gar nicht, um was es hier bei diesem Thema geht. Das ist jetzt auch die Frage, um das hier zu erfragen. Herr Sebastian Kurz hat jetzt die Chance, das vielleicht klarzustellen, warum hier der zuständige Sekretär im Finanzministerium mit Herrn Dichand darüber spricht, über irgendein Thema, wo dann Herr Kurz auch nachfragt, ob er es einsieht. Ob das jetzt etwas mit „Krone“ und „Kurier“ zu tun hat, wissen wir ja noch nicht. Vielleicht kann man es jetzt hier klarstellen, denn offensichtlich ist aber auch René Benko eingebunden, denn hier steht, dass Thomas Schmid mit ihm telefoniert hat.
Vielleicht kann Herr Kurz uns berichten, worum es damals gegangen ist. Das Datum steht auch dabei. Wir sind im Jahr 2018. Vielleicht ging es ja gar nicht um den Deal mit „Krone“ und „Kurier“. Dann nehme ich das auch zur Kenntnis, würde aber um eine Erklärung bitten, worum es damals ging, wo man mit Herrn Dichand und dann auch mit Herrn René Benko gesprochen hat. (Abg. Hanger hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Nochmals zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Hanger. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich darf nochmal darauf hinweisen, dass wir hier einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss haben. Wir haben hier nicht eine lockere Fragestunde, wo jedes und alles gefragt werden darf und kann. Wir haben einen Untersuchungsgegenstand.
Ich habe bei meiner ersten Wortmeldung heute darauf hingewiesen, dass wir penibel darauf achten werden, dass wir auch mit den Fragen im Untersuchungsgegenstand sind. Der Verfahrensrichter hat dezidiert festgehalten, dass das nicht Untersuchungsgegenstand ist. Deshalb darf ich ersuchen, zur nächsten Frage zu kommen. (Abg. Hafenecker hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Herr Abgeordneter Hafenecker. – Bitte schön.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr – ich weiß nicht – Kollege, sage ich jetzt einmal: Sind Sie noch der Vorsitzende, oder macht das jetzt Kollege Hanger in Personalunion? Ich meine, er spricht da jetzt davon, Dinge nicht mehr zuzulassen. Ich weiß jetzt nicht, wie ich Sie ansprechen soll. Ich habe Sie jetzt einmal ums Wort gebeten, ich werde es in Zukunft bei Kollegen Hanger machen.
Ich meine, bitte nicht böse sein, aber auch wenn es Ihr Parteikollege ist, sitzen Sie vor. Kollege Hanger kann sich doch jetzt nicht alles Finale rausnehmen, nur weil der Ex-Kanzler Kurz hier sitzt. Das regt mich schön langsam auf. Ich bitte Sie wirklich, Herr Kollege – das machen Sie ja sonst auch immer –, ein bissel überparteilicher vorzugehen und Kollegen Hanger auch einmal in die Schranken zu weisen, denn das ist ein bissel zu viel.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Ich verbitte mir derartige Unterstellungen, und vor allem: Wer da den Vorsitz führt, das ist vollkommen klar, Herr Abgeordneter Hafenecker! Ich ersuche Sie und auch alle anderen Abgeordneten, sich entsprechend an die Regeln, die wir uns selbst gegeben haben, in jeglicher Hinsicht zu halten, auch was die Wortmeldungen betrifft, vor allem was die Inhalte und Äußerungen betrifft.
Ich darf den Herrn Verfahrensrichter jetzt nochmals um seine Einschätzung ersuchen, nachdem ich mich vorher mit ihm kurz unterhalten habe. – Bitte, Herr Verfahrensrichter.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ja, es ist wohl interessant, dass auch Herr Schmid hier wieder mit dabei ist, aber es ändert grundsätzlich an meiner Einstellung nichts. Es ist ein privater Deal, und es ist hier nichts hervorgekommen, das wir irgendwie unter Beweisthema 1 einordnen könnten, Frau Abgeordnete.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Damit ist nun diese Frage nicht zulässig, und ich ersuche nun, mit der Befragung fortzufahren. Frau Abgeordnete Herr ist am Wort.
*****
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich halte nochmal fest, dass es hier sehr große Gewinne für Herrn Benko gegeben hat, dass er diesbezüglich scheinbar auch immer mit Herrn Kurz in Kontakt war, aber dass die Frage, ob es dann informelle Deals gab oder andere Bereicherungen oder andere Möglichkeiten, jetzt hier nicht beantwortet wurde.
Ich gehe über zur nächsten Frage. Wann haben Sie erfahren, dass Sigi Wolf bezüglich Steuernachzahlungen mit dem Finanzamt zu tun hatte? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Haben Sie eine Unterlage dazu?
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Nein. Eine Frage an Sie. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Ich würde meine Antwort gerne zweiteilen. Zum einen: Stark präsent, ja, war das Thema für mich, als es jetzt medial war und die Zeitungen gefüllt hat. Ob mir das vorher einmal erzählt wurde, das will ich jetzt ehrlicherweise nicht ausschließen, weil ich es nicht mehr so genau weiß. Also da tue ich mich schwer, jetzt zu sagen, wann ich jetzt das erste Mal davon gehört hätte oder ob mir davon erzählt wurde. Ich glaube, die Sache liegt ja viele Jahre zurück, also ich weiß jetzt nicht, wann ich das erste Mal davon erfahren habe. Jetzt für mich eine – würde ich einmal sagen – übermäßige Relevanz hat es sowieso nie gehabt, aber sozusagen für mich eine stärkere Präsenz hat es jetzt in dieser Zeit der Berichterstattung gehabt.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Haben Sie mit Sigi Wolf darüber gesprochen?
Sebastian Kurz: Das habe ich ja eben versucht, gerade in dieser Frage zu beantworten. Ich will nicht ausschließen, dass er mir davon einmal erzählt hat, ja; also nicht jetzt, was Sie gleich wieder vielleicht denken, sondern erzählt im Sinne von: dass er da ein Verfahren hatte oder hat oder was auch immer. Das weiß ich nicht, darum bin ich jetzt extra vorsichtig in meiner Beantwortung. Aber wirklich präsent für mich, wuchtig präsent war es dann in der Phase der Berichterstattung.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Haben Sie eine Wahrnehmung, dass sich Thomas Schmid als Generalsekretär im Finanzministerium für Sigi Wolf eingesetzt hat, interveniert hat? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Das ist schwierig für mich jetzt zu beantworten, weil ich jetzt den Akt natürlich kenne, weil das im selben Strafakt ist wie mein eigener Akt. Daher kenne ich jetzt den Inhalt und habe das gelesen. Jetzt tue ich mich irgendwie schwer sozusagen, Ihre Frage zu beantworten, weil mein Kenntnisstand jetzt der volle Akt ist. Daher stehe ich jetzt unter diesem Eindruck, um es so zu formulieren.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Waren Sie selbst in dieser Causa beispielsweise mit zuständigen Beamten im Finanzministerium oder mit dem Finanzminister in Kontakt?
Sebastian Kurz: Nein, ich war sicher nicht mit zuständigen Beamten im Finanzministerium in Kontakt dazu. Ich habe auch nicht mit irgendwelchen Beamten dazu gesprochen. Ich kenne die handelnden Akteure meines Wissens, also zumindest von Finanzamtsseite, nicht einmal.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Bevor Sie den Akt gelesen haben: Hatten Sie da Wahrnehmungen zu Thomas Schmid und wie er hier im Finanzministerium interveniert hat? Wir sind hier im Jahr 2016. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Das habe ich versucht, jetzt eh darzulegen, dass ich jetzt keine klare Erinnerung an das Jahr 2016 habe, an eine Sache, die mich nicht betroffen - - oder sozusagen nicht mein Thema war. Insofern war ich weder im Finanzministerium Mitarbeiter noch irgendwie inhaltlich zuständig. Insofern bitte ich um Verständnis, dass ich da keine relevanten Wahrnehmungen habe, sondern jetzt unter dem Eindruck des Strafaktes stehe, den ich gelesen habe. Ja, da steht alles Mögliche drinnen, was Sie ja wahrscheinlich auch kennen.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Wie oft haben Sie für Sigi Wolf bezüglich Sanktionsliste international interveniert, also zum Beispiel US-Politiker, ‑Politikerinnen angerufen ab April 2019, also nachdem die Öbag-Geschichte geklärt war?
Sebastian Kurz: Was meinen Sie mit „nachdem die Öbag-Geschichte geklärt war“?
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ab April 2019, auf diese Zeit bezieht sich meine Frage. (Die Auskunftsperson berät sich mir ihrer Vertrauensperson. – Die Vertrauensperson wendet sich an den Verfahrensrichter. – Abg. Hanger hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Hanger, bitte.
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Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich darf wiederum ersuchen, den Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand herzustellen. Ich wüsste jetzt nicht, wie die Frage unter eines der vier Beweisthemen zu subsumieren ist, ob irgendwelche Interventionen auf internationaler Ebene auf eine Sanktionsliste - - Wo sind wir hier im Untersuchungsgegenstand? Wir haben uns darauf verständigt, dass wir alle gemeinsam darauf achten, dass auch Fragen durch den Untersuchungsgegenstand abgedeckt sind.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Bitte, Herr Verfahrensrichter, um Ihre Einschätzung.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Herr Abgeordneter, ich würde den Zusammenhang im Punkt 3 sehen, Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit, weil Herr Wolf ja in ein Steuerverfahren verwickelt ist, nach wie vor – oder das zumindest zum Teil abgeschlossen ist –, und daher hier durchaus eine Einflussnahme des damaligen Herrn Bundeskanzlers erfolgt sein könnte. Daher sehe ich hier durchaus einen Zusammenhang mit Punkt 3. (Abg. Hanger: Aber die Frage war ja ...!) Steuerverfahren Wolf. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Entschuldigung, ich war noch bei der vorhergehenden Frage.
Es geht um die Interventionen in den USA im Feber 2019, und das sehe ich nicht im Untersuchungsgegenstand. Frau Abgeordnete, vielleicht können Sie den Zusammenhang herstellen.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ja, der Zusammenhang ist sehr klar und sehr offensichtlich. Wir wissen, dass Sigi Wolf ein Unterstützer von Sebastian Kurz war. Wir wissen das aufgrund vielerlei Tatsachen schon lange. Es liegen die Chats vor, wo er schreibt, ich kämpfe für euch auf allen Ebenen, wenn ich die in Erinnerung rufen darf. Ich will daran erinnern, dass Sigi Wolf meines Wissens auch im Projekt Ballhausplatz damals schon mitnominiert wurde. Es ist hier die Frage, ob eine Bevorzugung von ÖVP-nahen Personen, oder die eben im Austausch gestanden sind, stattfindet.
Ich habe mich extra auch in meiner Frage erst ab April 2019 bezogen. Da sind sämtliche Entschlagungsgründe hinfällig, denn da ist die Öbag, sowohl der Aufsichtsrat als auch der Alleinvorstand, schon lange bestellt. Wir sind im Untersuchungszeitraum, wir sind hier im Jahr 2019, 2020, und es geht um die Frage, ob Sigi Wolf, der eben langjähriger Unterstützer der ÖVP war, sich hier Vorteile von Sebastian Kurz erhoffen durfte, der offensichtlich mit den USA bezüglich Interesse von Sigi Wolf in Kontakt war. Hier geht es jetzt darum, aufzuklären.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Vorteile für welches Verfahren, für das Steuerverfahren?
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Vorteile im Sinne einer Amtshandlung. Wenn der Bundeskanzler mit dem White House telefoniert, macht er das ja nicht als Privatperson. (Abg. Hanger hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Hanger, bitte.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Es war ja in der vorherigen Befragung bei den anderen Fragen schon sehr klar, dass die Auskunftsperson nicht in das Steuerverfahren involviert war. Daran hängt man dann noch einmal die Frage an, die mit dem Untersuchungsgegenstand nichts zu tun hat. Das haben wir ja schon sehr klar beantwortet.
Diese Konstruktionen, die hier permanent gemacht werden, sind ja so weit hergeholt. Wenn wir diese Fragen zulassen, dann können wir zukünftig im parlamentarischen Untersuchungsausschuss alles und jedes und jeden Vorgang in der Privatwirtschaft, wenn zwei irgendwelche Geschäfte abschließen, auch untersuchen, weil irgendwer irgendwann einmal mit irgendjemandem geredet hat.
Wir haben einen Untersuchungsgegenstand, und ich ersuche wirklich, beim Untersuchungsgegenstand zu bleiben. (Abg Herr hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Frau Abgeordnete Herr, zur Geschäftsbehandlung. – Bitte sehr.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich will es noch einmal erklären. Es geht hier nicht um die Steuerfrage, das waren meine Fragen zuvor.
Jetzt sind wir bei der nächsten Frage. Ich würde alle darum bitten, flexibel zu sein, von Frage zu Frage weiterzudenken. Hier haben wir einen Sachverhalt, wo durch den österreichischen Bundeskanzler für ein privates Unternehmen, wo wir wissen, dass eine enge Verbindung, eine Nähe zum Bundeskanzler bestanden hat – die ist ja ganz offensichtlich, da wurden Spendenrallyes von Sigi Wolf für Sebastian Kurz organisiert –, eine Amtshandlung in dem Sinne stattgefunden hat, dass der Bundeskanzler sich mit dem US-Finanzminister möglicherweise, den sonstigen US-Ministern im Falle Sigi Wolf ausgetauscht hat. Natürlich ist das eine Frage vom Vollzug des Bundes.
Diesbezüglich stelle ich meine Frage, und die kann ja von Herrn Kurz leicht und schnell beantwortet werden. Das ist auch keine Unterstellung, sondern ich würde es gerne aufklären, ob hier eine Vorteilsnahme passiert ist. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Auch wenn Sie sich bemühen – ich habe mir auch überlegt, genau diese Frage zu stellen. Ich bin davon aber abgekommen, weil ich selbst für mich keinen Bezug zum Bundesvollzug herstellen konnte.
Diese Intervention, die hier stattgefunden haben könnte oder wie sie sich aus den Unterlagen ergibt, kann ich mit keinem unserer Beweisthemen in Übereinstimmung bringen. Ich bedauere, Frau Abgeordnete.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Dann halte ich fest, dass diese Frage nicht zulässig ist, und ersuche, mit der nächsten Frage fortzufahren. – Bitte schön.
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Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Dann halte ich fest, dass soeben erklärt wurde, dass, wenn der Herr Bundeskanzler US-Politiker anruft, das offensichtlich als Privataktion oder als „Spaßtelefonat“ gewertet wird und nicht als Vollzug des Bundes oder als Amtshandlung.
Wenn für ein Unternehmen interveniert wird, dann ist natürlich zu hinterfragen, ob da ein Vorteil gewährt wird. Ich gehe nicht davon aus, dass Sebastian Kurz für jeden x-beliebigen Bürger Herrn Pompeo, den Herrn US-Außenminister, anruft. Aber gut.
Ich komme zur nächsten Frage (Abg. Hanger: Zur Geschäftsbehandlung!): Haben Sie oder hat Ihr Kabinett gegenüber anderen Ministerien die Zusammenarbeit mit gewissen Agenturen und gewissen Beratungsunternehmen forciert?
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Hanger zu Wort gemeldet. – Bitte schön.
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Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Es tut mir sehr leid: Ich kann die Wortmeldung von Frau Kollegin Herr so nicht im Raum stehen lassen. Das als „Spaßtelefonat“ abzutun, ist ja wirklich letztklassig. Das halte ich schon einmal fest.
Es muss halt eine Frage durch den Untersuchungsgegenstand abgedeckt sein. Ich finde es halt wichtig, das irgendwann einmal zur Kenntnis zu nehmen. Klare Entscheidungen, die hier vom Vorsitzenden, vom Verfahrensrichter definiert worden sind, ins Lächerliche zu ziehen, muss ich wirklich streng zurückweisen.
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Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Die Entscheidung war klar. Es wurde die nächste Frage gestellt. Es ist klar, dass, wie vom Herrn Verfahrensrichter ausgeführt, diese Frage nicht zulässig war.
Ich ersuche auch, bei weiteren Wortmeldungen zur Geschäftsordnung auf eine entsprechende Wortwahl und auf einen inhaltlichen Bezug zur Geschäftsordnung zu achten.
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Ist die Frage noch ausreichend in Erinnerung? – Dann ersuche ich um Beantwortung. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Ich tue mich ein bisschen schwer mit dem Wort „forciert“. Ich glaube, Sie können sich gerne anschauen, welche Vergaben in meiner Amtszeit durchgeführt worden sind, mit welchen Unternehmen, mit welchen Agenturen wir zusammengearbeitet haben. Das ist alles transparent und öffentlich ersichtlich, und insofern kann ich es eigentlich recht einfach beantworten. Sie finden das im Internet, wenn Sie wollen, und das ist bekannt.
Diese Entscheidungen sind getroffen worden, und ich gehe davon aus, dass alle meiner Mitarbeiter, die hier Entscheidungen getroffen haben, egal ob damals im Kabinett oder im Ministerium oder im Bundeskanzleramt, zu diesen Entscheidungen stehen und dass all diese Entscheidungen sicherlich auch immer rechtskonform waren. Sonst wären Sie ja die Erste, die da etwas anprangern würde.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Die Frage war, ob Sie oder Ihr Kabinett, Ihre Mitarbeiter, Herr Fleischmann, Herr Frischmann - -, ob da gegenüber anderen Ministerien Empfehlungen gemacht wurden, mit welchen Agenturen oder Beratungsunternehmen man zusammenarbeiten soll – wenn Ihnen das Wort forcieren nicht so gut gefällt. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Also um ehrlich zu sein - - Ich versuche jetzt einmal, also ich versuche, das in die richtigen Worte zu fassen, aber Sie fragen mich da nach meiner Erinnerung über einen sehr langen Zeitraum und nennen dann andere Personen und nicht mich selber. Also insofern würde ich einmal sagen: Wenn Sie Fragen an diese Personen haben, dann fragen Sie die.
Und ich kann Ihnen jetzt nicht beantworten, wenn an einen ehemaligen Mitarbeiter von mir die Frage gestellt wurde, ob er jemanden empfehlen kann oder wen er als gut und wen er als nicht so gut empfindet, wie er dann darauf geantwortet hat. Ehrlicherweise: Egal wie er darauf geantwortet hat, ich könnte da auch nichts Unanständiges sehen.
Also ich bin mit Ihrer Frage ein bisschen überfragt.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Es geht um die Frage, ob Sie Wahrnehmungen haben, dass das passiert ist, dass da ganz spezifische Unternehmen, Agenturen offensiv auch für andere Ministerien vorgeschlagen wurden, ob Sie eine Wahrnehmung haben.
Sebastian Kurz: Schauen Sie, Sie verwenden immer andere Worte. Sie sagen „offensiv“, jetzt auf einmal, und „vorgeschlagen“, und vorher sagen Sie „Empfehlungen“. Wenn mich wer nach meiner Meinung fragt, welcher Partner, welche Agentur gut oder schlecht ist, kann ich ihnen die Meinung sagen, und das ist vielleicht eine andere als bei Ihnen und vielleicht eine andere als bei Frau Abgeordneter Tomaselli, aber es ist halt meine Meinung, ja. Und wenn jetzt jemand nach seiner Meinung gefragt wird, wird er die wahrscheinlich gesagt haben, aber das ist wieder etwas anderes als „offensiv“ – was? –, „forciert“ oder - -
Also ich bitte Sie, da in Ihrer Sprache genau zu sein, weil ich finde, es macht einen großen Unterschied, ja. Das eine ist sozusagen was, was ich als ganz normal in einem Zwiegespräch werten würde, und so wie Sie es am Ende formuliert haben, bekommt das Ganze dann irgendwie einen komischen Beigeschmack – oder?
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Nicht wirklich.
Sie sagen aber, Sie haben natürlich Wahrnehmungen und Empfehlungen, wen Sie beispielsweise vorschlagen würden. Welche Unternehmen waren es denn, mit denen Sie eine Zusammenarbeit vorgeschlagen haben, wenn Sie gefragt wurden? Zum Beispiel die Media Contacta?
Sebastian Kurz: Ich hätte jetzt eine leichte Unterstellung herausgehört oder zumindest den Versuch, meine Worte umzudeuten, aber ich weiß nicht, wie das gesehen wird.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Haben Sie beispielsweise Wahrnehmungen, dass mit der Media Contacta vor allem zusammengearbeitet wurde oder dass jemand vorgeschlagen hat, mit der Media Contacta zusammenzuarbeiten, innerhalb der ÖVP, der Regierung? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Also lassen Sie mich versuchen, es so zu beantworten: Ich glaube, dass mit der Media Contacta einige zusammenarbeiten, das ist ein Faktum, ja. Wer mit wem wo wie redet und die Media Contacta positiv oder negativ beurteilt – Entschuldigung, dass das ein bisschen abseits von meinen Wahrnehmungen ist. Und ich persönlich war nicht der Lobbyist der Media Contacta, aber es war für mich auch kein sonderlich relevantes Thema, um ehrlich zu sein. Also ich hätte jetzt keine Wahrnehmungen, was meine Person betrifft, aber dass es viele gibt, die mit der Media Contacta zusammenarbeiten, ist ein Faktum, ja.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Haben Sie eine Wahrnehmung, dass Ihre Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen da beispielsweise eine Empfehlung gemacht haben, für die Sie ja politisch verantwortlich sind? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Ich würde Ihnen wirklich vorschlagen, dass Sie die selber fragen. Ich weiß jetzt erstens nicht, wie ich das so pauschal beantworten soll.
Noch einmal: Ich glaube, nachdem einige in der Volkspartei und in den ÖVP-geführten Ministerien anscheinend mit der Media Contacta gearbeitet haben, wird es Leute geben, die eine gute Meinung von der Media Contacta haben. Ob die dann im Gespräch - - Ob es solche Gespräche gab und die dann ihre Meinung dort kundgetan haben? – Bitte fragen Sie sie!
Also ich glaube, ich kann weder viel beitragen, noch empfinde ich es irgendwie als problematisch.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Haben Sie eine Wahrnehmung zu Gegenleistungen an die ÖVP für öffentliche Aufträge mit Steuergeld? (Auskunftsperson Kurz: Bitte?) – Haben Sie Wahrnehmungen zu Gegenleistungen an die ÖVP für öffentliche Aufträge mit Steuergeld, zum Beispiel Rabatte oder Stundungen oder Schuldennachlässe, Kreditgewährungen? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Also ich habe diese Dinge nie unmittelbar in meinem Zuständigkeitsbereich gehabt, aber ich kann Ihnen nur sagen, ich kann das ausschließen. Ich halte das für höchst unterstellend, wenn solche Dinge behandelt, ah, behauptet werden.
Ich kenne die handelnden Akteure in der Volkspartei sehr gut. Das sind Menschen, mit denen ich sehr eng zusammengearbeitet habe, denen ich vertraue, die sehr anständige Leute und Idealisten sind, und insofern kann ich mir das beim besten Willen nicht vorstellen.
Und ich gehe auch so weit, dass ich das gerne ausschließe, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass so was stattgefunden hat, und ich glaube, es gibt nicht mal ein Indiz dafür, dass so was stattgefunden hat, aber trotzdem diskutieren wir es.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Wann haben Sie davon erfahren, dass ÖVP-Spender Pierer auf der sogenannten Abschleicherliste gestanden ist, also Geld aus der Schweiz nach Österreich zurückgeholt hat, bevor es versteuert werden konnte? (Abg. Stocker hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Stocker gemeldet. – Bitte schön.
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Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich weiß nicht, wie die Abschleicherliste jetzt in dem Untersuchungsgegenstand Deckung findet, und würde um eine Einschätzung ersuchen.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Herr Abgeordneter Stocker, ich weiß, dass wir regelmäßig – nicht nur im Ibiza-, sondern auch hier in diesem Ausschuss – Pierer und auch die Abschleicherliste abgefragt haben, und das wurde zugelassen. (Zwischenruf des Abg. Hanger.) Ich kann Ihnen im Moment allerdings nicht sagen, unter welcher Ziffer wir das zugelassen haben, aber das könnte nur die Ziffer 1 beziehungsweise Ziffer 3 sein. Das ist also regelmäßig hier abgefragt worden, und die Abschleicherliste ist auch in diesem Ausschuss ein Begriff, und ich würde auch von dieser Praxis nicht abgehen wollen. (Abg. Stocker hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Nochmals zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Stocker. – Bitte schön.
Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich habe schon einmal deponiert, dass ich es für bedenklich halte, wenn wir einen Fehler einfach perpetuieren statt ihn zu korrigieren. Wenn es aber so ist, dann gehe ich davon aus, dass wir dann, wenn kein Fehler vorliegt, nämlich – ich werde noch darauf zurückkommen – wenn wir die Spendenfragen vielleicht bei der nächsten Auskunftsperson haben, auch die Praxis beibehalten und nicht davon abgehen.
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Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Dann darf ich mich der Meinung des Verfahrensrichters anschließen und ersuche um Beantwortung der Frage.
Sebastian Kurz: Ich glaube, dass das, wenn ich richtig informiert bin, im Jahr 2017 im Nationalratswahlkampf ein Thema war. Ich hoffe, ich irre mich jetzt nicht.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Das heißt, davor war Ihnen das nicht bekannt? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Also ich glaube, dass ich das – ehrlicherweise – im Jahr 2017 damals erfahren habe. Ich habe auch mit Stefan Pierer, bevor er sich entschlossen hat, uns zu unterstützen und für uns zu spenden, jetzt nicht übermäßig viel Kontakt gehabt. Ich habe den immer wieder bei Runden gesehen, aber dann ein bisschen besser kennengelernt, als er uns damals so intensiv unterstützt hat. Ich schätze ihn sehr, ja, und finde, dass er ein großartiger Unternehmer ist, aber ich - - Es würde mich sehr wundern, wenn ich das vorher schon, also vor dem Jahr 2017 irgendwann, gewusst hätte.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Okay. Danke.
Haben Sie dann mit ihm darüber gesprochen?
Sebastian Kurz: Das glaube ich ehrlicherweise schon, weil ich glaube, dass er das ja sicherlich in der Art und Weise, wie das dargestellt wurde, als höchst ungerecht empfunden hat, und ich habe das auch so gesehen.
Ich hoffe, ich irre mich jetzt nicht im Jahr, ja. Also ich weiß nach der ständigen Suche nach einer Falschaussage - - Falls das Jahr falsch ist, ist es keine Falschaussage, sondern ein Irrtum, ja.
Also ich glaube, das war rund um den Wahlkampf 2017, wenn ich das richtig im Kopf habe – Sie wissen das wahrscheinlich besser –, und ich gehe fix davon aus, dass wir darüber gesprochen haben. Ich kann mich jetzt an kein konkretes Gespräch erinnern oder weiß nicht, wo und wann das Gespräch stattgefunden hat, aber ich bin mir sehr sicher, dass wir irgendwann darüber geredet haben und uns beide sicherlich einig waren, dass das in der Art und Weise, wie das dargestellt wurde, einfach höchst unseriös und unfair war.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Was war sonst Inhalt dieses Gesprächs? Also hat er Sie gebeten, irgendwelche Schritte zu setzen – auch auf die Frage, wie dann im Finanzministerium damit umgegangen wird?
Sebastian Kurz: Nein, er hat mich überhaupt nie um irgendetwas in dem Zusammenhang gebeten, sondern wenn ich mit ihm über etwas geredet habe, dann meistens über, ja, seinen unternehmerischen Zugang, seine Ideen zum Standort, andere Dinge, die inhaltlich, ja, auch politisch öffentlich diskutiert werden.
Ich glaube, Stefan Pierer ist ein extrem erfolgreicher Unternehmer, der aus einem kleinen Betrieb, der in Bedrängnis war, einen Weltkonzern aufgebaut hat. Ich glaube, solche Unternehmer sollte man in Österreich eigentlich schätzen und froh über die Arbeitsplätze sein, die sie schaffen, insbesondere wenn es vielleicht auch noch in etwas dünner besiedelten Regionen und nicht in einer Großstadt ist. Und insofern finde ich, dass er - ‑ Ja, also ich finde einfach, dass er ein sehr beeindruckender Typ und Unternehmer ist, und er hat eigentlich – auch wenn Sie das vielleicht immer wieder auch in Kampagnen anders darzustellen versucht haben –, ich glaube, er hat einfach aus einer Überzeugung heraus damals gespendet, dieses Projekt unterstützt, versucht, da einfach seinen Beitrag zum Wohle des Landes zu leisten, und das habe ich, ja, natürlich sehr, sehr positiv wahrgenommen, und that’s it.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Haben Sie dann weitere Gespräche mit dem Herrn Finanzminister oder den zuständigen Beamt:innen geführt? Wir sehen ja auch in den Chats, dass sich dann Schmid, Niedrist und so weiter über die Causa Pierer unterhalten. Also haben Sie da noch Wahrnehmungen? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Sebastian Kurz: Ja, also ich kenne die Chats und habe sie gelesen, weil sie ja in verschiedenen Akten sind, und wenn ich es jetzt richtig im Kopf habe – auch da: ich will nichts Falsches sagen –, wenn ich das richtig im Kopf habe, ging es eher um die Frage, warum das an die Öffentlichkeit geraten ist, wer das gemacht hat, mit was für einer Absicht.
Und ich glaube, das sieht ja irgendwie der Blinde, ja, dass es darum ging, jemanden zu diskreditieren, der sich entschieden hat, für die ÖVP zu spenden. Das ist übrigens etwas, was ich in Summe für höchst problematisch erachte: dass Personen, die in Österreich sehr erfolgreich sind, als Unternehmer Arbeitsplätze schaffen, viel Geld verdienen, eigentlich ungestört ihr Leben leben können, und in der Sekunde, wo sie eine parteipolitische Meinung haben oder eine Partei unterstützen, werden sie auf einmal zum Target von Kampagnen, Angriffen, Leaks und Sonstigem, um sie persönlich zu diskreditieren. Ich glaube, da sollte man sich auch einmal die Frage stellen - - (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) – Bitte? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) – Wie bitte? (Abg. Hafenecker: Ich musste nur schmunzeln!)
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich würde um die Beantwortung der Frage bitten.
Sebastian Kurz: Also sozusagen - - Da musste jemand schmunzeln.
Also ich glaube, das ist ja etwas, was man nicht nur von der ÖVP kennt, sondern was auch andere Parteien schon erlebt haben, und da stelle ich mir einfach nur die Frage, ob das so gescheit ist, ja.
Also ich finde einfach, dass es doch schön ist, wenn wir Unternehmer in Österreich haben, die nicht nur Arbeitsplätze schaffen, sondern die auch eine Meinung zum Standort haben, die eine Meinung zur Politik haben, die irgendwie an einem politischen Diskurs teilhaben und, ja, wenn sie viel Geld haben (Abg. Herr: Herr Kurz!), das vielleicht auch finanziell unterstützen.
Also ich finde, es - - Und ich bin froh, dass ich das - - (Abg. Herr: Bitte zur Frage!) –Ja, ja, zur Frage. Ich bin froh, dass ich das einmal loswerden kann, dass ich das - - bei Pierer der Meinung bin, das ist ein Idealbeispiel für dieses System: ein Unternehmer, dem nie irgendetwas vorgeworfen wurde, und in der Sekunde, wo er sich entschieden hat, für die ÖVP zu spenden, war er auf einmal der Staatsfeind Nummer 1. Das, finde ich, ist eine Systematik, die ich für hochproblematisch erachte.
Und zu Ihrer Frage im Detail: Meine Wahrnehmung ist, dass sich die Herrschaften, die Sie genannt haben, die sich da bei Chats ausgetauscht haben, eher um die Frage gedreht haben: Wer hat das geleakt? Warum? Warum wird das so dargestellt? Was ist die Absicht dahinter? Was kann man dagegen tun? – Das ist meine Wahrnehmung dazu.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Vorlage 616754, bitte, Seite 66. (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück.)
Ich lese vielleicht gleich vor. Thomas Schmid schreibt Ihnen:
„Heute ist die Kirche bei uns Schipka kommt um 16.00“
„Wir werden Ihnen ordentliches Package mitgeben“
Sie schreiben darauf: „Ja super. Bitte Vollgas geben.“
Vielleicht können Sie da Ihre Intention noch einmal erklären.
Auch später wird dann geschrieben, dass Herr Schipka „zunächst rot dann blass dann zittrig“ wurde.
Und Sie schreiben: „Super danke vielmals!!!!“
Was haben Sie da so super gefunden? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson. – Abg. Hafenecker hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Hafenecker. – Bitte.
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Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Da ich ein bisschen mitgestoppt habe und gesehen habe, dass demnächst die Befragungszeit aus sein wird, möchte ich nur auch für das Protokoll festhalten: Es sind zwei Fraktionen aufgrund taktischer Spielchen, auch der ÖVP, und dieser überausgedehnten Antworten des Herrn Alt-Bundeskanzlers nicht dazu gekommen, zu befragen.
Das ist auch der Grund, warum ich mit den beiden anderen Parteien, die die Einsetzungsmehrheit bilden, dann noch einmal sprechen werde, um den Herrn Alt-Bundeskanzler Kurz noch einmal vorzuladen. Denn ich denke, es sollten wirklich alle Fraktionen hier im Haus das Recht haben, eine Auskunftsperson zu befragen und nicht Opfer von irgendwelchen Spielchen zu werden. (Abg. Hanger hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Herr Abgeordneter Hanger ist zur Geschäftsordnung gemeldet. – Bitte schön.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr, Vorsitzender, ich weise den Vorwurf von Kollegen Hafenecker wirklich vehement zurück. Die Gründe für die Verzögerung liegen ausschließlich darin, dass zu 80 Prozent Fragen gestellt werden, die durch den Untersuchungsgegenstand nicht gedeckt sind.
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Sebastian Kurz: Ich kann gern etwas dazu sagen. Ich weiß jetzt nicht, ob es vom Untersuchungsgegenstand gedeckt ist oder nicht, aber ich kann gerne etwas dazu sagen. Ich glaube, wenn Sie sich diese Chatnachrichten anschauen und dann die Realität, dann werden Sie merken, dass da eine große Diskrepanz ist. Herr Schipka hat meines Wissens in Interviews den Ablauf des Gesprächs völlig anders beschrieben, als der hier in den Chats beschrieben ist.
Da steht, er ist grün und gelb und blau geworden und „zittrig“. Herr Schipka hat meines Wissens das Gespräch als „angenehm“ und freundschaftlich beschrieben und dazu auch ein Interview gegeben. Also insofern ist das vielleicht auch ein Anlass für Sie, nicht alles, was in einem Chat steht, immer als die reine Wahrheit und bare Münze zu nehmen.
Ich glaube, in dem Beispiel wird es ganz besonders sichtbar, wenn man sich beides nebeneinander durchliest: der eine, der von einem freundschaftlichen und „angenehmen“ Gespräch in angenehmer Atmosphäre berichtet, und der andere schreibt, er war fertig, ist grün und „rot“ und blau und „blass“ und „zittrig“ geworden. Ich weiß auch nicht, ob wirklich ein Schnaps angeboten wurde. Also - ‑ Ja.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Wieso wurde der Termin vom BKA initiiert? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.) Das steht nicht in den Chats. Das können Sie einfach beantworten, warum dieser Termin vom BKA initiiert wurde. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Da diese Frage zu schwer zu beantworten ist, stelle ich vielleicht eine andere. Wieso schreiben Sie darauf zurück: „Super“, nachdem Herr Thomas Schmid Ihnen erklärt, aus seiner Sicht, wurscht, ob es jetzt stattgefunden hat oder nicht, dass „er [...] rot dann blass dann zittrig“ wurde? Was haben Sie da so gut gefunden?
Sebastian Kurz: Ja, das ist sicherlich etwas, was ich aus der Emotion heraus geschrieben habe, und heute nicht mehr noch einmal so schreiben würde.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Hat es solche Termine auch mit anderen Religionsgemeinschaften gegeben?
Sebastian Kurz: Also mit Religionsgemeinschaften gab es, glaube ich, zahlreiche Termine, teilweise von mir selbst, teilweise von der zuständigen Ministerin Raab, sicherlich auch immer wieder vom BMF. Ich tue mich schwer, Ihnen da jetzt eine Antwort im Detail zu geben, aber: Gab es und gibt es einen regelmäßigen Austausch mit Religionsgemeinschaften? – Ja.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): In dieser Frage natürlich, hinsichtlich dieser Steuerprivilegien, die da der katholischen Kirche ... wurden.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Die Befragungszeit ist vorüber. (Abg. Herr: Um die Antwort darf ich nur noch bitten!) Die Befragungsdauer hat bereits 4 Stunden betragen. Ich erkläre deshalb die Befragung für beendet.
Ich bedanke mich für das Erscheinen beim Herrn Bundeskanzler außer Dienst Sebastian Kurz und bei seiner Vertrauensperson Mag. Werner Suppan.