652/KOMM XXVII. GP
Kommuniqué
des
Untersuchungsausschusses betreffend
Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen
ÖVP-Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) (4/US XXVII.GP)
Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag. Gerfried Brunner in der 36. Sitzung vom 19. Oktober 2022
Der Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 40. Sitzung am 23. November 2022 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VOUA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Mag. Gerfried Brunner nach der erfolgten Entscheidung über Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.
Wien, 2022 11 23
Mag. Corinna Scharzenberger Mag. Friedrich Ofenauer
Schriftführerin Vorsitzender-Stellvertreter

Untersuchungsausschuss
betreffend Klärung
von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder
(ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss)
Stenographisches Protokoll
36. Sitzung/medienöffentlich
Mittwoch, 19. Oktober 2022
XXVII. Gesetzgebungsperiode
Gesamtdauer der 36. Sitzung
10.21 Uhr – 14.23 Uhr
Camineum
Befragung der Auskunftsperson Mag. Gerfried Brunner
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich komme über Ersuchen des Herrn Vorsitzenden zur Belehrung der Auskunftsperson Mag. Gerfried Brunner.
Herr Mag. Brunner, Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder als Auskunftsperson zu einem einzigen Beweisthema, Beeinflussung von Vergabe- und Förderverfahren, angehört.
Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Auf diese schriftliche Belehrung möchte ich Sie ausdrücklich hinweisen. Sie sind verpflichtet, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und auch vollständig zu beantworten. Eine falsche Aussage vor diesem Ausschuss kann wie eine falsche Aussage vor Gericht mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden.
Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie ebenfalls der mit der Ladung zugestellten Belehrung entnehmen. Die Gründe wären dann im Einzelfall anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen.
Auch weise ich Sie auf die bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Dies gilt auch noch nach Beendigung der Befragung.
Dem Ausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Heute vorgelegte Unterlagen dürfen weder von Ihnen noch von Ihrer Vertrauensperson an sich genommen werden. Kopien, Notizen oder Auszüge dürfen nicht angefertigt werden.
Sie selbst sind berechtigt, wenn Sie das beabsichtigen, Beweisstücke vorzulegen, auch die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit jederzeit zu beantragen. Ich bin damit, was Ihre Person, Herr Mag. Brunner, betrifft, schon am Ende angelangt.
Ich komme über Ersuchen des Herrn Vorsitzenden auch zu Ihnen, Herr Mag. Kurz. Herr Mag. Bernhard Kurz, ich habe Sie schon bei der vorhergehenden Auskunftsperson belehrt. Ich kann mich darauf beschränken, dass ich Ihnen diese Belehrung in Erinnerung rufe, falls Sie damit einverstanden sind.
Damit wäre ich schon am Ende, Herr Vorsitzender. –Danke vielmals.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Vielen Dank, Herr Verfahrensrichter.
Herr Mag. Brunner, als Auskunftsperson haben Sie das Recht, eine einleitende Stellungnahme abzugeben. Diese soll 20 Minuten nicht überschreiten. Wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machen? (Die Auskunftsperson nickt.) –Bitte, dann erteile ich Ihnen dazu das Wort.
Mag. Gerfried Brunner: Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Gerne möchte ich die Gelegenheit eines Eingangsstatements nützen, zum einen, um mich persönlich kurz vorzustellen, und zum anderen, um auch meine Rolle bei der Abwicklung des NPO-Fonds zu beschreiben.
Heute Vormittag war ja bereits meine Kollegin Anna Kanduth bei Ihnen, hat Ihnen schon in ihrer einleitenden Stellungnahme einen Überblick über die Aufgaben der AWS im Zusammenhang mit der Abwicklung des NPO-Fonds gegeben und ist dabei insbesondere auf die Prüfschritte und das Prüfsystem insgesamt eingegangen. Ich würde gerne ergänzend dazu einen Überblick über das Aufsetzen des NPO-Fonds bei uns in der AWS geben, da insbesondere auf die abwicklungstechnischen Themenstellungen eingehen und da ganz besonders auch die Konzeptionsphase näher beschreiben.
Vielleicht ganz kurz zu mir persönlich: Mein Name ist Gerfried Brunner wie jetzt eh schon bekannt. Ich arbeite seit rund sechs Jahren in der AWS, leite dort eines von drei Geschäftsfeldern. Das Geschäftsfeld, für das ich verantwortlich bin, nennt sich Kredite und Kofinanzierungen, besteht aus vier Abteilungen, und aktuell sind ungefähr 70 Mitarbeiter dort beschäftigt. Eine dieser Abteilungen ist der NPO-Fonds, und dieser fällt damit natürlich auch unter meine unmittelbare Bereichsverantwortung. Außerdem ist es, glaube ich, auch wichtig, zu betonen, dass ich in der Konzeptionsphase, bis dann Frau Kanduth die Leitung der Abteilung übernommen hat, diese Abteilung auch selbst geleitet habe.
Vielleicht jetzt ganz kurz zur Konzeptionsphase: Die Konzeptionsphase beschreibt bei uns ungefähr den Zeitraum von Mai bis Juli 2020, also das war die Phase, wo wir eben das Aufsetzen des NPO-Fonds bei uns im Haus gemacht haben.
Vorweg möchte ich gerne betonen, und es ist Ihnen wahrscheinlich eh auch hinlänglich bekannt, dass die AWS als Förderbank des Bundes normalerweise mit der Abwicklung von Wirtschaftsförderungen an österreichische Unternehmen betraut ist.
Mit der Übernahme der Abwicklung des NPO-Fonds haben wir es mit einer anderen, einer für uns neuen Klientel zu tun bekommen, nämlich mit gemeinnützigen Organisationen aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen – aus Kunst, Kultur, Sport, Gesundheit, Soziales, freiwillige Feuerwehren nicht zu vergessen, und auch kirchliche Organisationen –, und weil das eben auch eine für uns neue Klientel war, haben wir in der Phase des Aufsetzens des NPO-Fonds unseren Fokus sehr intensiv auf die Abwickelbarkeit und die Umsetzbarkeit eines derartigen Förderungsprogrammes gelegt.
Im Mai 2020 ist das Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport das erste Mal auf uns zugekommen und hat uns darüber informiert, dass wir die Abwicklung des NPO-Fonds übernehmen sollen. Das ist dann auch später im NPO-Gesetz entsprechend festgelegt worden: dass die AWS eben die abwickelnde Stelle sein soll.
Was ist daraufhin bei uns im Haus passiert? – Wir haben, wie das bei neuen Förderungsprogrammen üblich ist, ein Kernteam aufgesetzt, das aus Mitarbeitern der unterschiedlichsten Bereiche der AWS bestanden hat – aus der Geschäftsführung, aus der Rechtsabteilung, aus dem IT-Bereich und unter anderem auch aus meinem eigenen Geschäftsfeld –, und dieses Kernteam hat sich in dieser Phase sehr intensiv mit den Anforderungen auseinandergesetzt, die sich eben aus der Richtlinie ergeben, wobei auch da immer wieder der Schwerpunkt war: Wie kann man das umsetzen und wie kann man das abwickeln?
In dieser Konzeptionsphase hat es klarerweise auch einen sehr intensiven und laufenden Austausch mit dem BMKÖS hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung der Förderungen gegeben. Es war auch immer wieder die Finanzprokuratur dabei, via BMKÖS, die sich mit rechtlichen Fragestellungen auseinandergesetzt hat, und aus unserer Perspektive waren immer die Abwicklungssicht und die abwicklungstechnischen Themen im Mittelpunkt.
Das Ganze war dafür gut, um die politische Zielsetzung letztlich zu erfüllen, und diese politische Zielsetzung war damals für alle Beteiligten sehr eindeutig, nämlich: Es ging darum, dass wir eine schnelle Förderzusage am Anfang hinbringen, um eben den antragstellenden Organisationen in dieser schwierigen Phase der Pandemie möglichst rasch Hilfe zukommen zu lassen.
Der zweite wesentliche Punkt dabei war: Es braucht selbstverständlich auch Detailprüfungen – Detailprüfungen, die im Rahmen der Prüfschritte, die Sie heute eh schon gehört haben, passieren, aber auch im Zuge von Stichprobenprüfungen, in Konsistenzprüfungen und auch nachgelagerten Sonderprüfungen.
Und der dritte wesentliche Zielsetzungspunkt damals war: Es soll ein möglichst rascher Start dieses Programms erfolgen. Da war die Vorgabe, dass man idealerweise mit Anfang Juli 2020 da auch live geht.
Wir haben dann dieses Massenprogramm – und so kann man das tatsächlich nennen: wir sind damals von ungefähr 20 000 Anträgen ausgegangen, mittlerweile wissen wir, dass der NPO ja schon ein paar Mal in die Verlängerung gegangen ist, wir jetzt bei ungefähr 60 000 Anträgen liegen – in einer relativ kurzen Zeit durch gemeinsame Anstrengungen auf den Weg gebracht, und damit ist es dann auch gelungen, dass am 8. Juli 2020 letztlich das Programm live gegangen ist.
Was war jetzt dafür in dieser Phase zu tun, damit wir das eben am 8. Juli geschafft haben? – Es war zuerst eine Programmierung einer eigenen elektronischen Plattform notwendig, das ist unser sogenannter Antragsmanager, von dem haben Sie heute wahrscheinlich auch schon gehört.
Das ist eine Plattform, an die der Anspruch war, dass sie für die Antragstellerinnen und Antragsteller möglichst leicht zu befüllen ist, dass sie auch möglichst selbsterklärend in dem ist, was zu tun ist, die aber auch, und das war eine wesentliche Zielsetzung, eine eigene Rechenlogik beinhaltet. Die Antragstellerinnen und Antragsteller sollten möglichst schon vor Absenden ihres Antrages bei uns, also bevor der zu uns ins Haus kommt, wissen, wie die mögliche Zuschusshöhe ungefähr ausschauen wird. Das war gerade damals, in dieser Phase der Pandemie, sehr notwendig, damit die gemeinnützigen Organisationen dann auch eine gewisse Planbarkeit hatten, womit man denn ungefähr rechnen kann.
Der Antragsmanager basiert auf einer Vielzahl von Eingaben und Selbsterklärungen der Antragstellerinnen und Antragsteller: Identifikationsangaben klarerweise; Feststellung, ob es eine förderbare Organisation ist oder nicht; Angaben zu sonstigen öffentlichen Förderungen, um Doppelförderungen möglichst zu vermeiden; und man musste angeben, welche Einnahmen man in dieser Phase gemacht hat und welche förderbaren Kosten letztlich angefallen sind.
Eines war sozusagen sehr wesentlich dabei: Es mussten auch eidesstattliche Erklärungen abgegeben werden, die die allgemeinen Fördervoraussetzungen bestätigen, mit denen man bestätigte, dass es sich bei der antragstellenden Organisation um keine nicht förderbare Organisation handelte, und auch, dass alle Angaben wahrheitsgetreu gemacht wurden. Man musste letztlich auch zur Kenntnis nehmen, dass falsche Angaben oder unvollständige Angaben zu einer Ablehnung, zu einer Rückforderung oder im schlimmsten Fall auch zu einem Ausschluss von öffentlichen Förderungen des Bundes über einen längeren Zeitraum führen können.
Was ich Ihnen jetzt beschrieben habe, war sozusagen das Frontend hin zum Antragsteller, zur Antragstellerin. Selbstverständlich brauchte es dann auch entsprechende Schnittstellen hin zum Backend, nämlich in das Kernsystem unseres Hauses – das ist das sogenannte AIS –, damit die Daten, die die Antragstellerinnen und Antragsteller angegeben haben, dann letztlich auch bei uns im Kernsystem landen und wir die entsprechenden weiteren Verarbeitungsschritte vornehmen konnten.
Es brauchte auch Textierungen von Dokumentenvorlagen – Vertragsgestaltung, Vertragsänderungen, Ablehnungsschreiben und dergleichen mehr – und selbstverständlich gerade in dieser Phase auch sehr intensive Tests, um sicherzustellen, dass das, was wir in der Entwicklung des Antragsmanagers gemacht hatten, dann am Ende auch so bei uns im Haus ankommt, wie das beabsichtigt war.
Darüber hinaus war die Zielsetzung in der Konzeption auch, dass wir den Antragstellerinnen und Antragstellern eine möglichst gute Informationsplattform bieten, eine Plattform, auf der sie viele Details zum NPO-Fonds insgesamt und zu den Anforderungen erhalten, die im Zuge der Antragstellungen auf sie zukommen – dass sie diese Informationen bekommen. Es wurde in Abstimmung mit dem BMKÖS auch eine entsprechende Website entwickelt und programmiert, es gab dort eine Vielzahl von FAQs, sodass die Antragsteller hier möglichst leicht durch den Antrag durchgeführt werden.
Neben diesen technischen Entwicklungen und deren Implementierung war es aber natürlich auch essenziell, im Haus bei uns die Aufbau- und Ablauforganisation entsprechend zu gestalten und neu zu entwickeln. Sie können sich vorstellen, dass es in dieser Phase auch notwendig war, neue Mitarbeiter zu rekrutieren; es brauchte Bearbeitungsgrundsätze, die erstellt werden mussten, und Checklisten, wie man die Anträge bearbeitet, sowie für Stichproben und Ähnliches mehr; und es brauchte Einschulungskonzepte für die neu dazugekommenen Mitarbeiter, aber auch für bestehende Mitarbeiter. Gerade in dieser ersten Phase des NPO-Fonds haben wir nämlich sehr stark mit bestehenden Mitarbeitern des Hauses die Abwicklung des Programms unterstützt.
Zusammenfassend kann man daher sagen, dass die beschleunigte Abwicklung eines derart großen Massenprogramms, wie das der NPO-Fonds ist, der auch noch dem politischen Anspruch einer schnellen Hilfe gerecht werden soll, neben diesen gerade von mir beschriebenen umfangreichen technischen und organisatorischen Voraussetzungen insbesondere auch auf die notwendigen Erklärungen und Angaben der Antragstellerinnen und Antragsteller baut.
Aus unserer Perspektive ist dabei grundsätzlich davon auszugehen, dass die gemachten Angaben auch wahrheitsgetreu erfolgen, das müssen die Antragsteller ja entsprechend angeben. Das trifft auch insbesondere auf die Angabe zu, ob ein Ausschlussgrund von einer Förderung vorliegt oder eben nicht. Wir folgen in diesem Zusammenhang dann den eidesstattlichen Erklärungen, weil wir eben davon ausgehen, dass die jeweiligen Organisationen ihren Status kennen und diesen auch wahrheitsgetreu angeben. Zudem gibt es noch eine weitere Säule, das ist die Säule der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, die eben in bestimmten Bereichen die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben entsprechend bestätigen müssen.
Abschließend vielleicht: Dank all dieser Maßnahmen, die ich gerade beschrieben habe, und, ich glaube, das kann man auf jeden Fall sagen, dank der wirklich sehr guten Zusammenarbeit aller beteiligten Einheiten – sowohl innerhalb unseres Hauses als auch mit dem Auftraggeber – haben wir bisher rund 55 000 Zusagen ausgestellt. Wir haben ein Finanzierungsvolumen beziehungsweise Zuschussvolumen von knapp 780 Millionen Euro auch bereits ausbezahlt, das jetzt tatsächlich bei den Förderwerbern angekommen ist und dort hoffentlich die Wirkung hat, die der ursprüngliche Gedanke dieses Programms war.
Ganz zum Schluss: Wir haben ja auch den politischen Auftrag gehabt, dass das möglichst schnell gehen soll, dass die Antragsteller schnell zu ihrem Geld kommen. Vielleicht nur eine Zahl: Es ist gelungen, dass wir das gerade in dieser ersten Phase in ungefähr drei Tagen von der Antragstellung bis zur Auszahlung geschafft haben.
So viel zu meinem Eingangsstatement, vielen Dank, und ich stehe Ihnen jetzt gern für Fragen zur Verfügung.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Vielen Dank für diese einleitende Stellungnahme.
Ich darf nun den Herrn Verfahrensrichter um die Durchführung der Erstbefragung ersuchen.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Herr Mag. Gerfried Brunner, vorerst eine formelle Frage: Sie haben heute ein Personaldatenblatt heute ausgefüllt – die Daten, die hier von Ihnen aufgeschrieben wurden, entsprechen der Wahrheit, davon darf ich ausgehen? (Die Auskunftsperson bejaht dies.)
Ich bin Ihren Ausführungen sehr aufmerksam gefolgt und habe natürlich auch Parallelen zu den Ausführungen erkannt, die Ihre Vorgängerin Anna Kanduth, die heute hier war, gemacht hat. Diese haben mein Blickfeld ein bisschen erweitert.
Mich würde zunächst die Tätigkeit Ihrer Person im Unternehmen AWS interessieren. Sie haben gesagt, Sie seien Leiter des Geschäftsfeldes Kredite und Kofinanzierungen, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. (Auskunftsperson Brunner: Ja!)
Da ist vom NPO-Fonds einmal keine Rede. Ich gehe daher davon aus, dass Sie ein darüber hinausgehendes Spektrum überwachen, unter anderem auch den NPO-Fonds.
Wie viel Zeit oder wie viel Raum nimmt Ihre Tätigkeit für den NPO-Unterstützungsfonds ein? Inwiefern sind Sie also im Rahmen Ihrer Arbeitszeit mit dem NPO-Fonds befasst?
Mag. Gerfried Brunner: Der Bereich nennt sich Kredite und Kofinanzierungen, wie ich ausgeführt habe. Es gibt da vier Abteilungen in diesem Bereich, der wesentliche Schwerpunkt dieses Bereichs ist zum einen die Ausreichung[1] von ERP-Krediten, das ist ein Teil. Es gibt eine Reihe von Zuschüssen, die wir neben dem NPO-Fonds ausreichen, das sind teilweise nationale Zuschüsse, teilweise EU-kofinanzierte Zuschüsse wie Efre und VVE. Das wird Ihnen jetzt nichts sagen, aber das sind Zuschüsse, die EU-kofinanziert werden.
Der NPO ist eine Abteilung in diesem Bereich, und die Arbeitszeit beziehungsweise meine persönliche Involvierung in den NPO-Fonds war natürlich in der Konzeptionsphase sehr intensiv, da habe ich die Abteilung auch selbst geleitet. Mit der Übernahme durch Frau Kanduth wurde von ihr dann die operative Abteilungsleitung übernommen.
Das heißt, es war am Anfang sehr intensiv, sicher 70 Prozent meiner Tätigkeit während dieser eben sehr intensiven Phase, und es war die Zielsetzung, dass man diesen Fonds rasch und gut auf den Weg bringt. Heute schaut das ein bisschen anders aus, heute muss ich nicht mehr so viel Zeit dafür investieren.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Also heute ist sozusagen alles auf Schiene, und Sie sind im operativen Bereich doch noch tätig oder nur mehr insofern, als Sie mit der Leiterin dieses NPO-Fonds, mit Frau Kanduth, Gespräche führen oder ihr Unterweisungen geben? Geben Sie ihr überhaupt Unterweisungen oder führt Frau Kanduth die Abwicklung völlig selbstständig?
Mag. Gerfried Brunner: Heute ist es so, wie das in so einer Struktur üblich ist: Es gibt laufende Jours fixes mit den jeweiligen Abteilungsleitern in den einzelnen Abteilungen. Die sind beim NPO zwei- bis dreimal die Woche, wo wir uns intensiver mit dem NPO-Fonds auseinandersetzen, mit Themen, die gerade anstehen. Operativ wird die Abteilung von Frau Kanduth geleitet – wann immer es wichtige Themen gibt, die abseits des normalen Alltagsgeschäfts sind, werde ich natürlich von ihr auch entsprechend informiert.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Nehmen auch die Geschäftsführer des AWS, Frau Stiftinger und Herr Dipl.-Ing. Sagmeister, an diesen Sitzungen teil? Nehmen die sozusagen Einfluss auf die NPO-Förderung?
Mag. Gerfried Brunner: Frau Stiftinger als direkte Linienvorgesetzte war in der Anfangsphase bei der Konzeption des NPO-Fonds auch dabei. Ich habe vorhin berichtet, dass wir ein Kernteam aufgestellt haben, wo eben auch ein Teil der Geschäftsführung mit dabei war. Heute ist es so, dass sie ab und an zu den Besprechungen dazukommt. Wenn es aber auch da intensivere Themen gibt oder Themen, die abseits des Alltags sind, dann ist sie manchmal auch dabei.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Nehmen auch Personen aus dem Ministerium, aus dem BMKÖS, an diesen Besprechungen teil beziehungsweise inwiefern haben Sie Kontakte mit dem BMKÖS?
Mag. Gerfried Brunner: Die Kontakte mit dem BMKÖS sind eigentlich - -, also ich persönlich in der jetzigen Phase natürlich wieder mehr, aber vorher weniger, das wird eben operativ in der direkten Auseinandersetzung von Frau Kanduth mit dem BMKÖS gemacht. Es gibt regelmäßig Jours fixes, die so einmal im Monat passieren, wo man sich auch mit dem BMKÖS trifft – ansonsten wird das telefonisch oder per E-Mail abgewickelt.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Haben Sie da jemals wahrgenommen, dass seitens des Ministeriums, seitens des BMKÖS Einfluss in die Richtung genommen wurde, dass gewisse Anträge zu genehmigen oder andere vielleicht nicht zu genehmigen sind? Hat es da einen politischen Einfluss in irgendeiner Form gegeben?
Mag. Gerfried Brunner: Nein, habe ich nicht wahrgenommen.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Hat es nicht gegeben. Dann würde ich Sie bitten: Sie haben gesagt, dass die Auszahlungen sehr rasch erfolgen, also innerhalb von wenigen Tagen, und es kommt dann doch im operativen Bereich zu Überprüfungen dieser Anträge.
Könnten Sie hier ganz kurz darlegen, in welcher Weise diese Anträge geprüft werden und was geschieht, wenn sich herausstellen sollte, dass eine Auszahlung zu Unrecht vorgenommen wurde? (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)
Mag. Gerfried Brunner: Ja, sehr gerne. Also die Antragsüberprüfung passiert so: Es kommt ein Antrag zu uns ins Haus, der wird wie gesagt über den Antragsmanager eingereicht. Dann gibt es eine Reihe von Prüfschritten, die bei uns im Haus gemacht werden: Es wird eine Prüfung der Identifikation der jeweiligen Förderwerberinnen und Förderwerber gemacht, es gibt eine Ausweiskopie, die geprüft wird, weil wir ja sicherstellen wollen, dass das vertretungsbefugte Organ den Antrag bei uns gestellt hat. Es gibt Abgleiche mit der Transparenzdatenbank und anderen, Firmenbuchabgleiche. Das sind also so die wesentlichen Schritte, die passieren.
Dort, wo wir in eine intensivere Prüfung gehen, nämlich wo es Stichprobenprüfungen und dergleichen gibt, dort passiert eine sehr eingehende Überprüfung. Da fordern wir auch entsprechende Unterlagen von den Förderwerbern an, da müssen wir dann Einnahmen kontrollieren, die förderbaren Kosten werden kontrolliert, es gibt einen Abgleich mit dem Parteienverzeichnis, ob die antragstellende Organisation im Parteienverzeichnis vorkommt, auch dort Transparenzdatenbankabfragen und Ähnliches mehr.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ja, und meine zweite Frage war: Was passiert, wenn sich herausstellt, dass die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben? Wie gehen Sie dann ans Werk?
Mag. Gerfried Brunner: Wenn es beispielsweise so ist, dass ein vertretungsbefugtes Organ keine Ausweiskopie vorgelegt hat, dann kann der Antrag auch abgelehnt werden, oder es wird eine entsprechende Unterlage nachgefordert. Wenn wir im Zuge einer Stichprobenprüfung draufkommen, dass bestimmte Förderungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind, dann führt das zu einer Ablehnung des Antrages.
Wenn sich im Zuge der Prüfung herausstellt, dass sich beispielsweise auf der Einnahmenseite bestimmte Angaben so nicht bestätigen lassen, wie das im Antrag ursprünglich angegeben war, dann werden hier entsprechende weitere Unterlagen vom Antragsteller eingefordert. Das wird dann von unserer Seite überprüft, wie das übereinstimmt und warum es Abweichungen gibt. Das führt dann letztlich entweder zu einer Bestätigung, wenn das bei uns entsprechend aufgeklärt werden kann, oder es führt zu einer Kürzung des Antrages.
Wenn allgemeine Förderungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind, wenn beispielsweise die Gemeinnützigkeit nicht nachgewiesen werden kann - - Bei der Gemeinnützigkeit ist es so, dass wir ja auch die Statuten der entsprechenden Organisation anfordern und diese Statuten eben auf Gemeinnützigkeit prüfen. Sollten dort bestimmte Kriterien nicht erfüllt sein, bekommt der Antragsteller die Möglichkeit, diese Statuten entsprechend nachzubessern, da gibt es meiner Erinnerung nach eine Frist von ungefähr sechs Monaten. Bis dahin sollten die Statuten dann entsprechend angepasst werden.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Waren Sie mit der Problematik, die wohl rechtlicher Natur ist, zwischen politischer Partei und einer politischen Partei nahestehenden Organisation befasst?
Mag. Gerfried Brunner: Jetzt habe ich die Frage nicht so richtig - -
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ob Sie schon mit der Problematik befasst waren: politische Partei und nahestehende Organisation. Wissen Sie, dass eine politische Partei selbst nicht förderwürdig ist, kennen Sie die Rechtsproblematik? Wenn Sie sagen, Sie kennen die Rechtsproblematik nicht, dann nehme ich das gerne zur Kenntnis.
Mag. Gerfried Brunner: Nein, die kenne ich, ja.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Die kennen Sie nicht, gut. (Auskunftsperson Brunner: Die kenne ich! Die kenne ich!) – Ah, Sie kennen sie.
Waren Sie selbst damit befasst oder haben Sie da eine Meinung eingeholt? Wissen Sie, dass es da ein Problem gibt? Ich will die Lösung dieses Problems - - Natürlich hätte ich gerne eine Lösung gewusst, aber das darf ich von Ihnen nicht erwarten, und das darf auch hier sozusagen nicht erwartet werden.
Wenn Sie die Problematik kennen, dann würde ich Sie aber bitten: Wie wurde mit dieser umgegangen? Zusammen mit dem BMKÖS oder mit der Finanzprokuratur, oder wurde sonst ein rechtlicher Rat eingeholt: Die Fakten dazu würden mich interessieren.
Mag. Gerfried Brunner: Die Frage, ob politische Partei oder nicht, wird bei uns im Zuge der Stichprobenprüfungen so gehandhabt, dass wir den jeweiligen Antragsteller gegen das Parteienverzeichnis abgleichen. Wenn die antragstellende Organisation dort nicht vorkommt, ist das für uns quasi erledigt und damit kommt so ein Antrag zur Auszahlung – wenn ein Antragsteller dort aufscheinen würde, dann wird der Antrag natürlich entsprechend abgelehnt. Das ist die Vorgangsweise.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich möchte den Damen und Herren Abgeordneten nicht vorgreifen, ich glaube, das wird im Zusammenhang mit den Tiroler Jungbauern noch kommen. Ich möchte daher meine Erstbefragung schließen, Herr Vorsitzender.
*****
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Vielen Dank, Herr Verfahrensrichter.
Wir kommen nun zur Befragung durch die Abgeordneten.
Die Redezeitvereinbarung ist Ihnen bekannt. Entsprechend der Redeordnung erteile ich Frau Abgeordneter Tomaselli das Wort. – Bitte schön.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Grüß Gott, Herr Brunner! Die erste Frage wäre: Haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass irgendjemand versucht hat, Sie zu beeinflussen oder auf Sie einzuwirken, dass man verschiedene Fälle anders behandelt als den Rest?
Mag. Gerfried Brunner: Nein, habe ich nicht.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Bei der Fördererstellung?
Mag. Gerfried Brunner: Wie meinen Sie: „bei der Fördererstellung“?
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Bei der Förderauszahlung beziehungsweise bei der -rückzahlung. (Auskunftsperson Brunner: Nein!) Gibt es dort irgendeinen Unterschied?
Mag. Gerfried Brunner: Nein, es gibt keinen Unterschied. Das, was jetzt sozusagen die Causa prima ist, dass man überprüft – und da hat das BMKÖS überprüft, ob die Fälle, die jetzt im Zuge der parlamentarischen Anfrage auch der NEOS zur Diskussion stehen - - Da gibt es eine klare Vorgangsweise, die mit dem BMKÖS vereinbart ist: Das BMKÖS prüft hier aufgrund der Unterlagen, die eingetroffen sind, ob das eben eine Partei ist oder nicht. Die Entscheidung liegt aber beim BMKÖS.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Wieso liegt die Entscheidung beim BMKÖS?
Mag. Gerfried Brunner: Weil das von vornherein so vereinbart war, dass der Prüfauftrag, den die AWS hatte, um die Abwicklung dieses Förderungsprogramms ging; eine inhaltliche Interpretation, ob etwas gemäß Richtlinie erlaubt ist oder nicht, liegt beim BMKÖS.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Alles klar. Das ist sozusagen auch im Dienstleistungsvertrag, den das BMKÖS mit der AWS geschlossen hat, so formuliert. Ist das korrekt?
Mag. Gerfried Brunner: Ja, das ist korrekt.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Welche Arten von Hinweisen gibt es, die Grundlage für eine vertiefende Überprüfung sind, ob es zu einer Rückzahlung kommen könnte?
Mag. Gerfried Brunner: Der letzte Hinweis war, wie ich schon vorhin gesagt habe, die parlamentarische Anfrage auch der NEOS. Da hat es dann sozusagen eine vertiefende Prüfung gegeben, die durch das BMKÖS eingeleitet wurde.
Es hat andere parlamentarische Anfragen gegeben, wo auch wir dann im Auftrag des BMKÖS diese Fälle noch einmal gesichtet haben, ob die bei uns im Haus überhaupt Anträge haben oder nicht, ob es da Zusagen gibt. Da gibt es ja auch die entsprechenden Antworten dazu. Und es hat auch andere Fälle gegeben, wo beispielsweise eine Polizeibehörde zu bestimmten Dingen Auskunft haben wollte und das eben über das BMKÖS dann auch an uns herangetragen wurde. Dann haben wir auch entsprechende Prüfschritte eingeleitet beziehungsweise die entsprechende Aufbereitung der Unterlagen vorgenommen.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Okay. Ihre Mitarbeiterin hat ja heute schon geschildert, dass bisher etwa 2,5 Prozent des Fördervolumens von Rückzahlungen betroffen sind.
Mag. Gerfried Brunner: Genau, von den Rückforderungen ungefähr 2,5 Prozent. Ja.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Genau. Sie hat heute auch schon ausgeführt, dass da nicht nur Vereine und Organisationen betroffen sind, denen man parteipolitische Nähe nachsagt, sondern auch andere Vereine, die mit der Politik gar nichts zu tun haben.
Jetzt sind wir aber in einem politischen Untersuchungsausschuss und widmen uns vor allem diesen Fällen. Jetzt ist uns aufgefallen, dass die Fälle von der AWS da ja auch sehr differenziert behandelt worden sind. Also die Aktionsgemeinschaft und die Schülerunion müssen ja zum Beispiel nicht zurückzahlen. Ist das korrekt?
Mag. Gerfried Brunner: Das ist korrekt, ja, aber auch diese Prüfung ist im BMKÖS passiert (Abg. Tomaselli: Ja!), und die Entscheidung darüber, ob eine Rückforderung ausgesprochen wird oder nicht, ist eine Entscheidung, die dort liegt.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Okay. Dann gab es ja auch Teile der ÖVP, die ja gleich freiwillig zurückgezahlt haben, also vor allem Niederlassungen der Jungen ÖVP. Ist das korrekt?
Mag. Gerfried Brunner: Ja.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Haben Sie Wahrnehmungen dazu: Ist die Rückzahlung erfolgt, bevor sie ein Schreiben von der AWS erlangt haben, oder danach?
Mag. Gerfried Brunner: Das ist glaublich davor passiert, aber das weiß ich jetzt ehrlich gesagt nicht ganz genau.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Beim Seniorenbund gibt es ja, glaube ich, auch noch verschiedene Prüfungsstadien. Der Seniorenbund in Vorarlberg ist abgeschlossen. (Auskunftsperson Brunner: Mhm!) Dort ist die Rückforderung quasi auch draußen – für rund 24 000 Euro.
Oberösterreich, Kärnten und Tirol – die Prüfungen laufen noch. Ist das korrekt?
Mag. Gerfried Brunner: Ja, das ist korrekt.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Oder gibt es da mittlerweile - -
Mag. Gerfried Brunner: Da ist das BMKÖS noch dran, das zu prüfen.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Okay. Alles klar. Dann der Seniorenbund in Wien, also sozusagen der Verein ab5zig: Die Frage, ob der dem Seniorenbund zuzurechnen ist oder nicht, ist auch noch in Prüfung?
Mag. Gerfried Brunner: Genau.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Genau.
Bei der Tiroler Jungbauernschaft/Landjugend allerdings ist die Prüfung (Auskunftsperson Brunner: Abgeschlossen!) abgeschlossen, aber es wurde jetzt um Fristerstreckung gefragt, wo die Rückforderung dann sozusagen fällig ist, oder?
Mag. Gerfried Brunner: Genau, es hat eine Anfrage der Tiroler Jungbauern oder des Landessekretariats dazu gegeben. Die ist an das BMKÖS gekommen.
Die Frage war, ob man die Frist bis Ende November erstrecken kann. Das BMKÖS hat dann entschieden, dass bis Ende Oktober eine Frist erstreckt wird. Bis dorthin müssten auch die entsprechenden Unterlagen zu uns kommen (Abg. Tomaselli: Mhm!), die dann wiederum an das BMKÖS zur vertiefenden Prüfung weitergeleitet werden.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Okay, aber bisher sind noch keine Unterlagen eingelangt (Auskunftsperson Brunner: Nein!), insbesondere solche, die den Rechtsstandpunkt hinterfragen? (Auskunftsperson Brunner: Nein!) In den Grundtiefen erschüttern würden? – Nein. (Heiterkeit der Rednerin.)
Mag. Gerfried Brunner: Ist das eine Frage?
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Okay. Im Grunde genommen wissen wir damit, glaube ich, alles, was wir in diesem Untersuchungsausschuss haben wissen müssen.
Vielen Dank für Ihre Auskünfte. (Auskunftsperson Brunner: Danke!)
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Vielen Dank.
Nächste an der Reihe: Frau Abgeordnete Krisper, die keine Fragen hat.
Dann ist als Nächster Herr Abgeordneter Taschner an der Reihe. – Bitte schön.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Herr Mag. Brunner, ich stelle nur Fragen, damit ich das Verständnis ein bisschen erweitern. Also wenn ich es richtig verstehe, kann man noch immer Anträge stellen.
Ich habe es, glaube ich, sogar probiert und habe da also diese Maske gesehen. Ich bin dann nicht hineingegangen, weil ich Ihnen meine E-Mail-Adresse nicht bekannt geben wollte, aber das ist also alles elektronisch vollzogen. Man kann keine schriftlichen, handschriftlichen Anträge stellen oder Ähnliches – das geht gar nicht?
Mag. Gerfried Brunner: Genau. Also die Antragsfrist für die fünfte Phase des NPO-Fonds läuft jetzt noch. Die geht noch bis Ende Oktober. Alle Angaben müssen quasi in dieser Maske gemacht werden.
Es ist auch so, dass wir keine – das müssen die Antragstellerinnen und Antragsteller auch zur Kenntnis nehmen – sonstigen schriftlichen Ergänzungen am Antrag oder PDFs, die man dazulegt, bearbeiten, weil wir ja aufgrund der massenhaften Anträge dann nicht so weit kommen. Da müssten wir dann ja jeden Antrag im Detail anschauen.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Wenn ich das abschätzen kann, kommt mir vor: So ungefähr 200 Anträge pro Arbeitstag würden da hineinkommen, in der Größenordnung. 100 bis 200, habe ich mir vorgestellt.
Mag. Gerfried Brunner: Das ist unterschiedlich und es kommt auch in bestimmten Wellen, daher kommen sozusagen gegen Ende einer Antragsfrist natürlich immer entsprechend mehr Anträge. Da gibt es auch Tage, wo 1 000 Anträge kommen, aber sonst waren es am Anfang im Schnitt, glaube ich, so zwischen 150 und 200 Anträge.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Das läuft durch die Maschine. Das heißt, es könnte durchaus sein, dass das AWS von diesem Antragsteller selbst, also von den Personen, gar nichts kennt, sondern das geht da maschinell weiter.
Mag. Gerfried Brunner: Nein, es geht, wie ich gerade vorhin versucht habe zu erklären, quasi über den Antrag. Der kommt praktisch maschinell zu uns in die AWS, in unser Kernsystem, und dann gibt es die einzelnen Prüfschritte, die ich vorhin versucht habe zu erklären, wo wir auf die Anträge schauen.
Das heißt, wir prüfen die Identität des Antragstellers und die anderen Themen, und dann wird es bei uns im System entsprechend weitergeleitet. Das ist die erste Prüfung.
Dann gibt es quasi im Rahmen einer Vier-Augen-Kontrolle noch eine zweite Person, die darauf schaut und auf bestimmte Dinge schaut. Dann erst geht der Antrag in eine Entscheidung.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Also das machen Sie mit vier Augen.
Mag. Gerfried Brunner: Genau. Das ist sozusagen das Kern- - Bei uns in der AWS wird alles im Vier-Augen-Prinzip - -
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Wie viel Prozent der Anträge werden herausgehoben – stichprobenartig mit einem Zufallsgenerator, nehme ich an, oder wie machen Sie das?
Mag. Gerfried Brunner: Genau, die Stichproben unterscheiden sich hinsichtlich risikobasierter Stichproben. Da gibt es ein bestimmtes Prozedere, das mit dem BMKÖS festgelegt ist, ab wann ein Fall in die Stichprobe fällt, von dieser risikobasierten. Dann gibt es bestimmte Endnummern. Jeder Antrag bei uns hat eine bestimmte Kennnummer. Da wird dann festgelegt, welche Endnummer genommen wird. Wann immer diese Endnummer aufscheint, fällt der Fall in die Stichprobe.
Das hängt dann davon ab, wie hoch die gesamte Stichprobenanzahl insgesamt sein soll.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Wie viel Prozent von den Anträgen sind das ungefähr, die stichprobenartig herausgesucht werden?
Mag. Gerfried Brunner: Wir haben in den unterschiedlichen Phasen - - Wir haben in der ersten Phase 500 Stichproben gehabt. Dann war eine Phase, wo 250 Stichproben waren, dann waren wieder 500.
Insgesamt, glaube ich, sind wir bei 1 500 Stichproben, die zu erfolgen haben. Zudem gibt es noch eine Vielzahl von Inkonsistenzprüfungen.
Das heißt, dort, wo zeitlich aufeinanderfolgende Anträge gestellt werden, wo man in der ersten und in der zweiten und dann in der dritten Phase Anträge stellt, sind im System bestimmte Inkonsistenzprüfungen hinterlegt.
Das heißt, es wird zum Beispiel geschaut: Stimmen die Einnahmen, die beim ersten Antrag angegeben wurden, auch mit denen zusammen, die jetzt in der dritten oder in der vierten Phase sind? Da gibt es eine gewisse Toleranzgrenze. Wenn die überschritten ist, dann poppt der Fall auf und wird einer weitergehenden Prüfung unterzogen.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Ich verstehe. Die AWS als Bank des Bundes hat ja normalerweise höchstwahrscheinlich andere Geschäftsfelder als dieses hier. Das heißt, das haben Sie in diesen zwei Monaten, die Sie da zur Verfügung gehabt haben, ex ovo entwickelt. Das könnte man ja fast als Best-Practice-Beispiel für andere Dinge weiternehmen, denn es ist ja geradezu sensationell, dass so etwas innerhalb von drei Tagen geschieht.
Mag. Gerfried Brunner: Die AWS hat schon vorher Massenprogramme abgewickelt. Das waren beispielsweise der Beschäftigungsbonus – das war auch ein sehr großes Programm –, aber im Zuge der Coronapandemie auch die Überbrückungsgarantie, wo auch sehr viele Anträge bei uns ins Haus gekommen sind.
Das heißt, wir haben, was die Abwicklung von Massenprogrammen angeht, in den letzten Jahren gute Erfahrungen gesammelt, und aus all diesen Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren gesammelt haben, sind natürlich - - Ich habe zu Beginn erwähnt, dass wir ein Kernteam aus Mitarbeitern aus den unterschiedlichsten Bereichen des Hauses hatten. Wir haben dieses Know-how, das die AWS insgesamt hat, natürlich auch dafür eingesetzt, um diesen NPO-Fonds gut aufzusetzen.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Darf ich fragen: Kommt es manchmal vor, dass Frau Mag. Kanduth zu Ihnen kommt und sagt: Da habe ich einen Antrag, schauen wir uns den gemeinsam an!, oder wäre das geradezu exzeptionell?
Mag. Gerfried Brunner: Nein, das wäre nicht exzeptionell. Das, was vorkommt, ist, dass wir bei uns im Haus in der AWS klarerweise eine Pouvoir-Ordnung haben und dass bestimmte Anträge über einer bestimmten Zuschusshöhe entsprechend durch die Abteilungsleitung oder auch durch die Geschäftsfeldleitung zu genehmigen sind. Das heißt, es kommt vor, dass auch Anträge bei mir landen, die ich dann letztlich final freigebe.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Wenn ich das richtig verstehe, ist Ihre Prüfung die rein formale Prüfung: Kommt diese Gemeinschaft im Parteienverzeichnis vor? Stimmen da die Unterschriften?, und ähnliche Dinge, und inhaltliche Fragestellungen geben Sie an das BMKÖS weiter. Habe ich das richtig verstanden?
Mag. Gerfried Brunner: Wenn es inhaltliche Interpretationen der Richtlinie braucht, dann geben wir das an das BMKÖS weiter.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sie selbst haben ja höchstwahrscheinlich auch eine Rechtsberatung. Wer entscheidet, wann eine inhaltliche Prüfung notwendig ist? Wann beginnt man, die inhaltliche Prüfung als inhaltliche Prüfung zu erkennen?
Mag. Gerfried Brunner: Die inhaltliche Prüfung beginnt dann, wenn der Wortlaut der Richtlinie aus unserer Perspektive quasi einen Interpretationsspielraum zulässt. Das heißt, in den Standardfällen[2] ist das überhaupt kein Thema.
Dort, wo es jetzt auch evident wurde – das war bei der Thematik Partei, Parteienverzeichnis und so weiter –, braucht es aus unser Perspektive eine inhaltliche Interpretation: Ist eine bestimmte Organisation jetzt eine Partei oder ist das parteinahe? Das haben wir dann entsprechend auch an das BMKÖS zur weiteren Klärung geschickt.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sie haben eine vorinhaltliche Prüfung, wenn ich das so sagen darf. Sie sagen dann: Das wird eine inhaltliche Prüfung sein müssen. Habe ich das so richtig verstanden? Sie müssen ja irgendwann einmal sagen: Jetzt machen wir das zu einer inhaltlichen Prüfung!
Mag. Gerfried Brunner: Ich verstehe jetzt die Frage nicht ganz.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Nun, Sie haben einen Antrag vor sich und Sie sagen jetzt: Die formalen Kriterien reichen aus. Werden wir da jetzt zustimmen oder müssen wir jetzt noch weiter fragen, ob das inhaltlich auch in Ordnung ist? Diese Frage müssen Sie dann ja mit Ja oder Nein beantworten. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Mag. Gerfried Brunner: Die Frage ist, so wie ich es vorhin schon gesagt habe: Dort, wo sozusagen der Wortlaut der Richtlinie nicht eindeutig ist, dort kommt es dann vor, dass wir das BMKÖS auch entsprechend dazu befragen. In den Standardfällen ist das überhaupt kein Problem, weil die meisten Fälle, die quasi bei uns durchs Haus gehen, praktisch keine inhaltliche Interpretation der Richtlinie brauchen.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Gut, ich verstehe. Als die parlamentarische Anfrage gekommen ist, ist dann das BMKÖS eigentlich tätig geworden, eine Ex-post-Prüfung durchführen zu lassen, oder sind Sie von sich aus tätig geworden?
Mag. Gerfried Brunner: Der Prozess war so, dass es eine parlamentarische Anfrage - - Die ist ja an das BMKÖS gerichtet. Das BMKÖS hat uns dann um eine Auswertung der entsprechenden Daten ersucht, weil wir das in unserem Kernsystem auch suchen.
Wir haben diese Daten zur Verfügung gestellt, und dann ist auch vonseiten des BMKÖS sozusagen sehr schnell das Thema gekommen, dass das auch eine tiefergehende Überprüfung braucht, weil es eben nicht klar ist, ob das jetzt eine Partei ist oder parteinahe.
Daraufhin hat uns das BMKÖS informiert, dass wir bei den entsprechenden Antragstellerinnen und Antragstellern zusätzliche Unterlagen einholen sollen. Das ist dann von unserer Seite auch passiert, aber es gibt auch dort Vorgaben vom BMKÖS. Es gibt also auch entsprechende Textvorgaben.
Diese Unterlagen werden dann mit einer bestimmten Frist eingeholt. Sobald die Unterlagen bei uns im Haus sind, reichen wir die entsprechend an das Ministerium zur weitergehenden Prüfung weiter.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Das dürfte mit dem Dokument 648343, glaube ich, in Zusammenhang stehen, das jetzt bei Ihnen aufscheinen sollte. Es gibt, glaube ich, nur eine Seite. Bei mir scheint es noch nicht auf.
Wir rufen das Dokument 648343 auf. Jetzt ist es da. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)
In diesem Dokument sehen Sie einen Brief von Stefan Imhof vom BMKÖS an Frau Anna Kanduth – mit Ihnen und anderen Damen und Herren in Kopie gesetzt.
„Hier ein Vorschlag“ – schreibt, ich glaube, das ist Direktor Imhof – „für ein Schreiben an die vier Landesseniorenbünde“ und so weiter und so weiter. Also das BMKÖS hat einen Vorschlag für ein Schreiben gerichtet, das dann von Ihrer Seite aus an diese Organisationen geschickt werden soll. Ist das richtig?
Mag. Gerfried Brunner: Ja, das ist richtig.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Ich sehe da zum Beispiel:
„Sehr geehrte Damen und Herren“, und dann in der vierten Zeile: „obwohl möglicherweise kein Anspruch auf einen solchen Zuschuss bestanden hätte“. Es ist also alles in der Möglichkeitsform, das heißt, das Ganze ist sogar vonseiten des BMKÖS noch in Schwebe gehalten. Sehen Sie das auch so?
Mag. Gerfried Brunner: Ja, denn so wie ich das jetzt interpretiere, ging es darum, dass man die entsprechenden Unterlagen auch bei den Antragstellerinnen und Antragstellern einfordert, um dann im Nachgang auf Basis der übermittelten Unterlagen auch die entsprechenden Prüfungen innerhalb des Ministeriums anstellen zu können.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Ja. Also es ist kein definitiver, offensichtlicher Falschantrag, sondern es ist eine Frage, die jetzt abzuwägen sein wird. So lese ich das auch, dass das so in Ihrem Schreiben drinnen stehen würde.
Mag. Gerfried Brunner: Ja.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Ist dieses Schreiben eines von vielen oder ist das sozusagen ein Einzelfall gewesen?
Mag. Gerfried Brunner: Wie muss ich die Frage - -
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Schreiben dieser Art.
Mag. Gerfried Brunner: Diese Art des Schreibens gibt es ja auch für die anderen Organisationen, die wir angeschrieben haben, Jungbauern und so weiter. Auch da war der Prozess ähnlich. Das BMKÖS hat uns sozusagen einen Vorschlag geschickt, und wir haben das dann auch an die entsprechenden Organisationen weitergeleitet, und sobald die Unterlagen bei uns im Haus eingelangt sind, wurden sie wieder an das BMKÖS zur weiteren Prüfung geschickt.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Ist es auch vorgekommen, dass Sie sich aufgrund von irgendwelchen Informationen, die von außen an Ihre Seite gelangt sind, von Zufallsinformationen, sagten: Ach, das hat ja mit der Organisation, die den Antrag gestellt hat, zusammengehört, und es schaut so aus, als ob bei diesem Antrag etwas nicht stimmte!? Haben Sie das schon einmal irgendwie erlebt oder können Sie sich an solche Fälle erinnern?
Mag. Gerfried Brunner: Jetzt nicht, dass ich mich erinnern könnte.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Mhm. Ist dieser Vorschlag, der von Herrn Imhof gemacht wurde, als Vorschlag in Höflichkeitsform zu werten oder ist dieser Vorschlag eher ein Auftrag?
Mag. Gerfried Brunner: Das ist jedenfalls als Auftrag zu sehen. Das, was wir üblicherweise hier dann machen, ist: Wir schauen das noch einmal durch, ob da irgendwelche Tippser oder Rechtschreibfehler oder so etwas drin sind, und wir adressieren das dann an die entsprechende Organisation. Dann steht dort halt nicht: Sehr geehrte Damen und Herren!, sondern: Sehr geehrter Herr Brunner!, in dem Fall. – Taschner!, wollte ich sagen, aber das habe ich mich jetzt nicht getraut. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Nein, ich habe noch keinen Antrag gestellt.
Es ist zu erwarten, dass vielleicht auch bei anderen Organisationen solche Vorschläge eintreffen werden. Ich glaube, es ist ja noch einiges in der Pipeline, bei dem man sich fragt, ob da politische Zusammenhänge bestehen, ob diese Organisation zu einer politischen Partei gehört oder nur ihr nahestehend ist. Ist Ihnen davon etwas bekannt? Haben Sie davon schon gehört?
Mag. Gerfried Brunner: Von welcher Organisation sprechen Sie jetzt beispielsweise?
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Na ja, zum Beispiel bei den Kinderfreunden ist es aufgepoppt.
Mag. Gerfried Brunner: Das Thema Kinderfreunde kann ich gern beantworten, aber da wäre mir recht, dass man das auch abklärt, ob das Gegenstand der Untersuchungen ist. Ich kann da gern was dazu sagen.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Bitte, Herr Verfahrensrichter.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Das Thema Kinderfreunde ist an und für sich nicht Gegenstand der Untersuchung, aber wenn Sie bereit sind, da Klarheit zu schaffen, auch wenn Sie hier nicht zu einer Aussage verpflichtet werden können, dann würde ich Sie darum ersuchen.
Mag. Gerfried Brunner: Gut, danke.
Ja, zu den Kinderfreunden kann ich so viel sagen: Es gibt hier auch entsprechende Schreiben, die das BMKÖS uns gebeten hat, auch an die Organisationen zu schicken. Das ist passiert, und da gibt es auch eine bestimmte Frist – ich weiß jetzt nicht, wann die ist –, bis dorthin sollten diese Unterlagen da sein, und dann wird das wie bei allen anderen Organisationen, wie bei den Seniorenbünden, Jungbauern und anderen, dem BMKÖS entsprechend übermittelt, und wir gehen davon aus, dass das BMKÖS dann auch die Prüfung dieser Unterlagen vornimmt.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Gut. Dann danke ich herzlichst, und falls ich noch Fragen habe, dann in der zweiten Runde. – Vielen Dank.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Damit ist als Nächster Abgeordneter Krainer zu Wort gemeldet. –Bitte schön.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Brunner, haben Sie Wahrnehmungen zur Erstellung der Richtlinie, dazu, wie die erstellt wurde, wer daran beteiligt war?
Mag. Gerfried Brunner: Nicht wirklich. Also ich habe nur Wahrnehmungen, dass das BMKÖS an der Richtlinienerstellung beteiligt war. Also immer, wenn es ein Meeting zur Richtlinie gegeben hat, bei dem wir dabei waren, war das BMKÖS dabei und manchmal, wie ich in meinem Eingangsstatement auch schon ausgeführt habe, die Finanzprokuratur, die rechtliche Themenstellungen behandelt hat.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass das BMLRT, also das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, in die Erstellung der Richtlinie eingebunden war?
Mag. Gerfried Brunner: Ja, da habe ich eine Wahrnehmung, weil das BMLRT meines Wissens das Spiegelministerium war, mit dem eine Einvernehmensherstellung passieren musste, und insofern habe ich gewusst, dass das BMLRT da auch offensichtlich mitredet, ja.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass das BMLRT Auskunftsrechte beim AWS in die Richtlinie schreiben lassen wollte?
Mag. Gerfried Brunner: Nein, die habe ich nicht.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mhm. Dann habe ich noch eine Frage zu den Tiroler Jungbauern: Haben Sie Wahrnehmungen, dass diese ursprünglichen Anträge alle über ein und denselben Steuerberater hereingekommen sind?
Mag. Gerfried Brunner: Dazu habe ich eine Wahrnehmung: Es hat bei uns ein Schreiben von einem Tiroler Jungbauern gegeben. Das ist, glaube ich, in der nächsten Aktenlieferung an den Untersuchungsausschuss dabei. Der hatte in diesem Schreiben davon berichtet, dass es sozusagen eine - -, dass sie sich an eine bestimmte Steuerberatungskanzlei wenden sollen. Der Name dieser Kanzlei ist darin aber nicht angeführt. Wir haben auf Basis dieses - - – die haben dieses Schreiben auch an das BMKÖS entsprechend weitergeleitet, es ist ohnehin parallel auch dort schon gelandet – und haben daraufhin zumindest bei den Fällen, die bei uns in der Stichprobe waren, nachgeschaut, wer dort Steuerberater ist, und da ist sozusagen eine Steuerberatungskanzlei aufgefallen. Ob die öfter dort vorkommt, das kann ich Ihnen leider nicht sagen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mhm. Haben Sie Wahrnehmungen, dass es sich hierbei um die Landwirtschaftliche Buchführungsgesellschaft handelt, die im Eigentum der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern und, über Schachtelkonstruktionen, anderer Landwirtschaftskammern, nämlich jener von Niederösterreich et cetera, ist?
Mag. Gerfried Brunner: Ich habe eine Wahrnehmung, dass das bei uns die LBG ist. Die Wahrnehmung habe ich, ich habe aber keine Wahrnehmung dazu, wer Eigentümer dieser Gesellschaft ist.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass diese LBG pro Antrag 600 Euro förderbare Kosten für die Steuerberatung mehr oder weniger pauschal angegeben hat?
Mag. Gerfried Brunner: Ich habe eine Wahrnehmung dazu, dass bei diesem einen Fall, der bei uns in der Stichprobe war - - Dort haben wir uns auch den entsprechenden Beleg angeschaut, weil wir eben bei Stichprobenfällen die Belege im Haus haben. Da sind unter dieser Rubrik förderbare Kosten angeführt, und dort kommt auch der Betrag von 600 Euro vor.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mhm. Haben Sie Wahrnehmungen, dass es dann bei der Beantwortung dieses Schreibens, das die ÖVP ja gerade vorgelegt hat, nämlich dass man an diverse Organisationen noch Fragen stellt, zu gleichlautenden Antworten aus dem Bereich der Tiroler Jungbauern, zu wortidenten Beantwortungen gekommen ist? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Mag. Gerfried Brunner: Persönlich habe ich diese Schreiben nicht gesehen. Also ich habe dazu ehrlich gesagt keine Wahrnehmung.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist Ihnen berichtet worden, dass es da zu wortidenten Antworten von zig Vereinen, Zweigvereinen des Bauernbundes, gekommen ist?
Mag. Gerfried Brunner: Ja, das ist mir berichtet worden.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mhm. Gut.
Vielen Dank fürs Kommen. Ich glaube, wir haben heute sehr viel über den NPO-Fonds erfahren, auch alle jene Sachen, die wir eigentlich nie wissen wollten. – Vielen Dank.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Wenn es keine weiteren Fragen mehr gibt, ist als Nächster Herr Abgeordneter Zanger zu Wort gemeldet. – Bitte schön.
Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Es ist da eigentlich nicht mehr sehr viel offen geblieben, aber eine Interessensfrage noch: Es ist ja der Jungbauernschaft ein Zahlungsaufschub gewährt worden. Gibt es auch andere Vereine, die einen Zahlungsaufschub in einem ähnlich oder genauso gelagerten Fall beantragt haben?
Mag. Gerfried Brunner: Zahlungsaufschübe, oder es gibt bestimmte Fristen, die wir natürlich immer wieder auch gewähren: In dem Fall ist ein Zahlungsaufschub wie gesagt bis Ende Oktober gewährt worden, entgegen den ursprünglichen Wünschen. Das kommt immer wieder einmal vor, aber eben innerhalb von einer sehr kurzen Frist und nur dann, wenn es relativ rasch auch Inhalte gibt, die man noch einmal prüfen sollte.
Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Es gibt aber jetzt keine Häufung von derartigen Anfragen oder Anträgen, oder?
Mag. Gerfried Brunner: Nein.
Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Gut. Danke auch fürs Kommen.
Keine Fragen mehr.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Danke, Herr Abgeordneter.
*****
Wir kommen zur zweiten Fragerunde, und ich frage der Reihe nach durch: Abgeordnete Tomaselli? – Verzichtet. Abgeordnete Krisper? – Keine Fragen. Herr Abgeordneter Taschner?
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Ein kleines Dokument hätte ich noch gerne, nur eine kleine Frage. Es ist das Dokument 728841. Ist es bei Ihnen aufgepoppt? (Die Auskunftsperson blickt in das ihr vorgelegte Schriftstück.)
Da schreibt Frau Kanduth an Herrn Imhof: „Lieber Stefan, lieber Alex,“ – Sie sehen das? – „wir nehmen Bezug auf eure Emails“, und so weiter.
In der zweiten Zeile, eher am Ende, steht dann: „Wie vereinbart, erfolgt durch uns keine inhaltliche Prüfung“.
Es ist eine Wortklauberei, aber was für einen Eindruck haben Sie, wenn sie schreibt: „Wie vereinbart, erfolgt durch uns keine inhaltliche Prüfung“? Es ist doch eigentlich von vornherein klar, dass durch sie keine inhaltliche Prüfung erfolgt. Warum muss sie das sozusagen in einer Art Vereinbarung betonen, und welche Vereinbarung wäre das gewesen?
Mag. Gerfried Brunner: Entschuldigung! Sie müssen mir noch einmal helfen, weil das da (auf den Bildschirm deutend) jetzt gehangen ist. Wo finde ich das, was Sie gerade - -
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): „Lieber Stefan, lieber Alex,“ – sehen Sie das?
Mag. Gerfried Brunner: Ach so! Ach ja! Jetzt sehe ich es. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): „wir nehmen Bezug auf eure Emails vom“ Soundsovielten, „worin ihr die inhaltliche Beurteilung des BMKOES [...] zu übermittelten Textierungen übersandt habt. Wie vereinbart, erfolgt durch uns keine inhaltliche Prüfung“.
Ich verstehe nur nicht, warum sie das betont. Das ist doch an sich ohnedies von vornherein immer klar gewesen.
Mag. Gerfried Brunner: Es ist klar, dass diese Prüfung durch das BMKÖS zu erfolgen hat. Ich gehe einmal davon aus, dass das hier eine Freundlichkeit - - Freundlichkeitshalber schreibt man halt: Wie vereinbart!, oder: Wie telefonisch besprochen!, oder so ähnlich. Aber klar ist, dass dieser Prüfauftrag hinsichtlich der inhaltlichen Prüfung beim BMKÖS liegt, ja.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Also es ist keine Extravereinbarung vorher zwischen Frau Kanduth und Herrn Imhof getroffen worden, sodass dann gesagt worden ist: „Wie vereinbart“?
Mag. Gerfried Brunner: Nein. Ich könnte mir nur vorstellen, dass es um ein - - Es gibt so was wie eine - - Wie sind die nächsten Schritte bei der Prüfung vorzunehmen? – Das ist definiert, dass das BMKÖS die entsprechende inhaltliche Prüfung macht, dass wir dann die entsprechenden Unterlagen auch einfordern und dass das dann wieder ans BMKÖS geht. Also vielleicht hat sie sich auf so etwas bezogen.
Aber es gibt keine - - Das ist auch im Abwicklungsvertrag klar geregelt, dass solche Prüfungen beim BMKÖS liegen.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Also das war nur eine kleine Wortklauberei, sonst nichts Besonderes.
In diesem Sinne danke auch ich Ihnen herzlichst, und wie gesagt halte ich das, was Sie da gemacht haben, für eine bürokratische Meisterleistung. Danke für Ihre Auskunft.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Danke schön.
Eine Frage an Herrn Abgeordneten Krainer, ob es Fragen gibt. – Das ist nicht der Fall. Abgeordneter Zanger? – Hat abgewunken.
*****
Damit gibt es auch keine dritte Fragerunde. Allerdings ist die nach der Verfahrensordnung vorgesehene Befragungsdauer noch nicht erschöpft. Deshalb frage ich den Herrn Verfahrensrichter abschließend, ob er noch ergänzende Fragen an die Auskunftsperson richten möchte.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Danke, keine weiteren Fragen.
Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Friedrich Ofenauer: Danke, Herr Verfahrensrichter.
Da keine weiteren Fragen mehr vorliegen, erkläre ich die Befragung der Auskunftsperson für beendet.
Ich bedanke mich für das Erscheinen bei unserer Auskunftsperson, Herrn Mag. Gerfried Brunner, und bei seiner Vertrauensperson, Herrn Mag. Bernhard Kurz. Vielen Dank. Ich wünsche noch einen schönen Nachmittag.