Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Grundlagen des Gesetzentwurfes:

Mit diesem Bundesgesetz wird die Richtlinie (EU) 2019/633 über unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette, ABl. Nr. L 111 vom 25.04.2019 S. 59 – in der Folge „Richtlinie (EU) 2019/633“ – in nationales Recht umgesetzt.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

In der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette bestehen oft erhebliche Ungleichgewichte in Bezug auf die Verhandlungsmacht von Lieferanten und Käufern von Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen. Durch die Richtlinie sollen Lieferanten, welche oft kleine und mittlere Unternehmen sind, in der Lebensmittellieferkette gestärkt werden. Im vertikalen Verhältnis können ungleiche Machtverhältnisse für die Akzeptanz von Vertragsklauseln durch einen Vertragspartner ausschlaggebend sein. Marktmächtigere (insbesondere auch im Sinne von relativer Marktmacht) Unternehmen können in der Lage sein, Konditionen zu bestimmen, die oft nachteilig für die schwächeren Geschäftspartner sind. Die Akzeptanz von Konditionen, die einem leistungsgerechten Wettbewerb hinderlich sind, birgt viele Risiken. Einzelne Produkte oder Produktgruppen könnten aus dem Sortiment des Handels genommen werden. Letztlich könnte dies zum Ausscheiden von KMU aus dem Markt führen und eine höhere Konzentration bewirken, die langfristig für den Wettbewerb schädlich sein könnte.

Dem sog. „Fear effect“ (Angst, Klagen einzubringen, weil die Auslistung befürchtet wird) soll einerseits entgegengewirkt werden, indem eine Beschwerdestelle geschaffen wird, welche sicherstellt, dass Anfragen vertraulich behandelt werden, solange dies der Beschwerdeführer wünscht, und andererseits die Möglichkeit bietet, den Beschwerdefall zu analysieren, ob und welche rechtlichen Anknüpfungspunkte vorliegen. Dadurch können Fälle schon im Vorfeld gelöst werden.

Die Richtlinie verbietet bestimmte Handelspraktiken (z. B. zu lange Zahlungsfristen, kurzfristige Stornierungen, die einseitige Änderung der Bedingungen einer Liefervereinbarung etc.). Anhang I des Entwurfes enthält in Umsetzung von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2019/633 eine Liste von unter allen Umständen verbotenen Handelspraktiken in Beziehungen zwischen Käufern und Lieferanten in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette.

Anhang II des Entwurfes enthält eine Liste von Handelspraktiken, die verboten sind, außer, sie wurden zuvor klar und eindeutig in der Liefervereinbarung oder einer Folgevereinbarung zwischen Lieferanten und Käufer vereinbart. Damit wird Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2019/633 umgesetzt.

Die Bestimmungen zu dieser Gesetzesnovelle gelten nicht für Vereinbarungen zwischen Lieferanten und Verbrauchern.

Durch das KaWeRÄG 2017, BGBl. I Nr. 56/2017, wurden bereits Schritte zur Vermeidung der Ungleichgewichte im Bereich der Lieferkette gesetzt. In den Erläuterungen wurden ausführlich Initiativen der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments dargestellt und Beispiele von unter Umständen verbotenen Praktiken aufgelistet. In § 1 Abs. 2 des Bundesgesetzes zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen, BGBl. Nr. 392/1977, wurde klargestellt, dass auch bestimmte in der Praxis relevante Praktiken umfasst sind (auch das Fordern von Rabatten, Sonderkonditionen, besonderen Ausstattungen, Rücknahmeverpflichtungen oder Haftungsübernahmen“.)

Der Fokus auf den niedrigsten Preis für den Endkonsumenten führt mittel- bis langfristig dazu, dass die erste Stufe der Lieferkette, nämlich die Produktion, besonders unter Druck gesetzt wird und letztlich viele Marktteilnehmer, insbesondere KMU, aus dem Markt ausscheiden, was zu Arbeitsplatzverlusten führt und die Produktvielfalt verringert. Dies erhöht die Marktkonzentration automatisch, und bewirkt das Gegenteil der Zielsetzung des Wettbewerbsrechts und schadet langfristig den Konsumenten und geht zulasten von Arbeitsplätzen und der Resilienz. Konsumentenwohlfahrt darf nicht nur die Preise für Konsumenten im Fokus haben, sondern es muss auch auf langfristige Auswirkungen, wie insbesondere bessere Qualität, mehr Innovation und Vielfalt abgestellt werden. Dies ist ein wesentlicher Punkt im Zusammenhang mit den Nachhaltigkeitszielsetzungen und Arbeitsplatzzielsetzungen im Regierungsprogramm.

Umsetzungstechnik:

Mit dem vorliegenden Entwurf sollen jene Bestimmungen in das österreichische Recht eingefügt werden, die notwendig sind, um die Richtlinie umzusetzen.

Inkrafttreten:

Die Richtlinie trat am 30.4.2019 in Kraft (ABl. Nr. L 111 vom 25.4.2019 S. 59). Die notwendigen rechtlichen Begleitmaßnahmen auf nationaler Ebene sind bis zum 1. Mai 2021 umzusetzen. Die Maßnahmen sind spätestens am 1. November 2021 anzuwenden.

Kompetenzgrundlage:

Der vorliegende Entwurf stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 (Zivilrechtswesen) und Z 8 B-VG (Kartellrecht, Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie, Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

Besonderer Teil

Änderung des Bundesgesetzes vom 29. Juni 1977 zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen

Zu Z 1:

Bislang gab es keinen Kurztitel für das Bundesgesetz zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen. Nunmehr wird ein Kurztitel eingefügt, der die Breite des Inhalts des Gesetzes abdeckt.

Zu Z 2:

Im Sinne einer Verbesserung der Struktur werden Abschnittsbezeichnungen eingeführt. § 1 ist als Generalklausel über die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/633 hinaus weiterhin anwendbar.

Zu Z 3 (§ 3):

In § 3 wird ein Verweis auf §§ 5a bis 5h ergänzt, womit Verstöße gegen den neuen Abschnitt nicht zum Anlass genommen werden dürfen, den von einer Verhaltensweise nach diesen Bestimmungen betroffenen Unternehmer von einer weiteren Belieferung oder Abnahme zu angemessenen Bedingungen auszuschließen. Dies dient der Systematik und Klarstellung. Entsprechend Art. 3 Abs. 1 lit. h der Richtlinie (EU) 2019/633 wurde ein Verbot von Vergeltungsmaßnahmen auch im Anhang I des Entwurfs dieses Bundesgesetzes aufgenommen.

Zu Z 4 (2. Abschnitt):

Zu § 5a:

Abs. 1 beschreibt den generellen Geltungsbereich, dass dieser Abschnitt für unlautere Handelspraktiken im Zusammenhang mit dem Verkauf von Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zwischen Unternehmern gilt. Der Abschnitt soll die Richtlinie (EU) 2019/633 umsetzen.

Abs. 2 übernimmt die Schwellenwerte der Richtlinie (EU) 2019/633. Ausgangspunkt dieser Richtlinie war das Konzept der relativen Marktmacht, welches in Österreich und Deutschland schon in der geltenden Rechtslage verankert ist. Die Beschreibungen der Größenverhältnisse zwischen Lieferant und Käufer, welche die relative Marktmacht widerspiegeln, waren bei den Debatten in den EU-Gremien ein sehr umstrittener Punkt und werden in dieser Form in Abs. 2 übernommen. Der in Absatz 2 Ziffer 1 bis 5 genannte Jahresumsatz der Lieferanten und Käufer ist gemäß den einschlägigen Teilen des Anhangs der Empfehlung 2003/361/EG betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen, ABl. Nr. L 124 vom 20.5.2003 S.36, insbesondere den Artikeln 3, 4 und 6, einschließlich der Begriffsbestimmungen für „eigenständiges Unternehmen“, „Partnerunternehmen“, „verbundenes Unternehmen“ und gemäß anderer mit dem Jahresumsatz zusammenhängender Fragen zu verstehen. Auch Genossenschaften sind erfasst, sofern sie Agrarprodukte erzeugen und den Schwellenwert von 350 Mio. Euro nicht überschreiten.

Abs. 3 konkretisiert den Geltungsbereich, wobei entsprechend der Richtlinie (EU) 2019/633 auf eine Niederlassung in der Europäischen Union abgestellt wird. Im grenzüberschreitenden Fall wird es wohl darauf ankommen, dass sich die Beschwerde bei Unternehmen mit mehreren Niederlassungen auf eine angestrebte Vertragsbeziehung im Hinblick auf eine Lieferung an die betreffende Niederlassung bezieht. Dienstleistungen sind dann umfasst, wenn sie im Zusammenhang mit den in den Anhängen aufgelisteten Verboten in Verbindung stehen. Dienstleistungen, die der Käufer für den Lieferanten erbringt umfassen insbesondere/u.a. die Bearbeitung von Kundenbeschwerden im Zusammenhang mit dem Verkauf der Erzeugnisse (Anhang I Z 9), Lagerung, Anbieten zum Verkauf, Listung oder Bereitstellung von Erzeugnissen auf dem Markt (Anhang II Z 2), Werbung (Anhang II Z 4), Marketingmaßnahmen (Anhang II Z 5), Einrichtung von Verkaufsräumlichkeiten (Anhang II Z 6), sonstige Dienstleistungen (z. B. Anhang I Z 4) in oder ohne Zusammenhang mit Erzeugnissen des Lieferanten.

Bei Behörden handelt es sich nicht um Wirtschaftsteilnehmer im klassischem Sinn, daher ist die Feststellung des Umsatzes oft schwierig. Der in der Richtlinie (EU) 2019/633 gewählte umsatzunabhängige Ansatz war daher zu übernehmen. Entsprechend der Richtlinie (EU) 2019/633 fallen Lieferanten von Behörden unter den Geltungsbereich, wenn ihr Umsatz bis zu 350 Mio. beträgt.

Abs. 5 stellt klar, dass § 459 Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897, hinsichtlich der Zahlungsfristen für diesen Abschnitt subsidiär anwendbar ist. Durch die Richtlinie (EU) 2019/633 werden besondere Vorschriften für Lieferbedingungen im Agrar- und Lebensmittelbereich festgelegt, die den Bestimmung des Unternehmensgesetzbuches vorgehen.

Zu § 5b:

§ 5b setzt Art. 2 der Richtlinie (EU) 2019/633 um und enthält die für diesen Abschnitt relevanten Begriffsbestimmungen. Es ist zwischen Lebensmitteln bzw. Lebensmittelerzeugnissen und Erzeugnissen, die in Anhang I des AEUV aufgeführt sind, zu unterscheiden. Lebensmittel bzw. Lebensmittelerzeugnisse fallen in jedem Fall unter den Anwendungsbereich der RL (EU) 2019/633 bzw. dieses Gesetzes, auch wenn sie nicht in Anhang I des AEUV aufgeführt sind (z. B. sind Tomaten, Äpfel, Leinsamen, lebende Tiere, Anhang I-Erzeugnisse; Schokolade, Ketchup, Dosengulasch, Tiefkühlpizza zwar keine Anhang I-Erzeugnisse, als Lebensmittel aber umfasst). Landwirtschaftliche Erzeugnisse, die in diesem Anhang aufgeführt sind fallen auch dann unter den Anwendungsbereich dieses Gesetzes, wenn sie nicht der menschlichen Ernährung dienen (z. B. Flachsfasern, Schnittblumen, nicht aber Leinenstoff oder Duftöle auf pflanzlicher Basis). Trinkwasser fällt auch in abgefüllter Form nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes, da es nicht in Anhang I des AEUV angeführt ist.

Zu § 5c:

Die in der Richtlinie (EU) 2019/633 vorgegebenen Verbote werden übersichtlich in den Anhängen I und II dargestellt. Abs. 1 legt fest, dass die Anwendung von unlauteren Handelspraktiken, die in Anhang I genannt werden, verboten ist. Die in Anhang II genannten Handelspraktiken sind dann verboten, wenn sie nicht zuvor klar und eindeutig in der Liefervereinbarung oder in einer Folgevereinbarung zwischen dem Lieferanten und dem Käufer vereinbart worden sind.

Gemäß Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie (EU) 2019/633 müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass es sich bei den in den Anhängen festgelegten Verboten um übergeordnete zwingende Bestimmungen handelt. Diese sind auf alle in den Anwendungsbereich der Verbote fallenden Situationen anwendbar, unabhängig davon, welche rechtlichen Bestimmungen sonst für die Liefervereinbarung zwischen den Vertragsparteien gelten. Dies ist durch das absolute Verbot in Abs. 1 und die Nichtigkeitsklausel in Abs. 5 sichergestellt.

In Abs. 2 erfolgen Klarstellungen, die die Richtlinie vorgibt. Das Verbot gemäß Anhang I Ziffer 1 lit. a gilt unbeschadet der Folgen von Zahlungsverzug und der Rechtsbehelfe gemäß der Richtlinie 2011/7/EU zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, ABl. Nr. L 48 vom 23.2.2011 S. 1 die – abweichend von den in der genannten Richtlinie festgelegten Zahlungsfristen – auf Grundlage der in der Richtlinie (EU) 2019/633 festgelegten Zahlungsfristen gelten (umgesetzt in § 459 UGB). Weiters gilt das Verbot gemäß Anhang I Ziffer 1 lit. a unbeschadet der Möglichkeit eines Käufers oder Lieferanten, eine Wertaufteilungsklausel gemäß Artikel 172a der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse, ABl. Nr. L347 vom 20.12.2013 S. 671 zu vereinbaren. Art. 172a der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 ermöglicht Landwirten einschließlich ihrer Vereinigungen, mit ihrem Erstankäufer Wertaufteilungsklauseln zu vereinbaren, die auch marktbedingte Zu- und Abschläge einschließen, um so eine bessere Weitergabe von Marktsignalen zu erleichtern und die Erzeugerpreise in der gesamten Versorgungskette stärker an die Wertschöpfung zu koppeln. Da die Branchenverbände eine wichtige Rolle für den Dialog zwischen den Akteuren der Versorgungskette sowie die Förderung bewährter Verfahren und der Markttransparenz einnehmen, können diese Musterwertaufteilungsklauseln festlegen. Die Anwendung von Wertaufteilungsklauseln durch die Landwirte, ihre Vereinigungen und ihre Erstankäufer erfolgt auf freiwilliger Basis.

Ausgenommen vom Verbot gemäß Anhang I Ziffer 1 lit. a sind auch Zahlungen eines Käufers an einen Lieferanten, wenn diese Zahlungen im Rahmen des Schulprogramms gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 geleistet werden. Zahlungen im Rahmen des europäischen Schulprogramms gemäß Art. 23 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 sind vom Verbot gemäß Anhang I Z 1 lit. a ausgenommen, weil die Anträge auf Beihilfe gemäß Art. 4 Abs. 4 der Durchführungsverordnung (EU) 2017/39, ABl. Nr. L 5 vom 10.2.2017 S. 11 innerhalb von drei Monaten nach Lieferung der beihilfefähigen Produkte (Milch und Milchprodukte, frisches Obst und Gemüse) an die Begünstigten (Kinder und Jugendliche) zu stellen sind. Deshalb ist die Zeitspanne zwischen Lieferung, Antragstellung und Auszahlung der Beihilfe auf Grund der speziellen Vorschriften im Rahmen des Schulprogramms wesentlich größer als die im Anhang I festgelegte Frist für Zahlungen betreffend verderblicher Lebensmittel. Daher wurde diese Ausnahme bereits in der Richtlinie verankert.

Ebenso sind Zahlungen von öffentlichen Einrichtungen, die Gesundheitsdienste im Sinne des Artikels 4 Absatz 4 lit. b der Richtlinie 2011/7/EU zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, ABl. Nr. L 48 vom 23.2.2011 S. 1 anbieten, ausgenommen (umgesetzt im Bundesvergabegesetz, BGBl. I Nr. 65/2018). Auch Zahlungen im Rahmen von Liefervereinbarungen zwischen Lieferanten von Trauben und Most für die Weinerzeugung und deren unmittelbaren Käufern sind vom Verbot gemäß Anhang I Ziffer 1 lit. a ausgenommen. Es müssen folgende Voraussetzungen vorliegen: Die spezifischen Zahlungsbedingungen für Verkäufe sind in den Musterverträgen enthalten, die gemäß Artikel 164 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 vor dem 1. Jänner 2019 verbindlich vorgeschrieben wurden, und diese Ausdehnung der Musterverträge wird ab dem genannten Tag ohne wesentliche Änderungen der Zahlungsbedingungen zum Nachteil von Lieferanten von Trauben oder Most erneuert und die Liefervereinbarungen zwischen Lieferanten von Trauben oder Most für die Weinerzeugung und deren unmittelbaren Käufern sind mehrjährige Verträge oder werden zu mehrjährigen Verträgen.

Abs. 4 setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie (EU) 2019/633 um. Verlangt der Käufer in den in Anhang II Ziffer 2, 3, 4, 5 oder 6 genannten Fällen eine Zahlung, so muss der Käufer dem Lieferanten auf dessen Verlangen – je nach Sachlage – eine Schätzung der Zahlungen je Einheit oder der Zahlungen insgesamt in schriftlicher Form und in den in Anhang II Ziffer 2, 4, 5 oder 6 genannten Fällen auch eine Kostenschätzung sowie die Grundlage für diese Schätzung in schriftlicher Form vorlegen.

Abs. 5 stellt klar, dass eine verbotene Handelspraktik in einem Vertrag absolut nichtig ist, die übrigen Vertragsbestandteile jedoch aufrecht bleiben (vgl. Art. 3 Abs. 4 Richtlinie (EU) 2019/633 und Erläuterungen zu Abs. 1).

Zu § 5d:

Die Problemfälle zeigen, dass oft nicht ein langjähriges Verfahren vor Gericht, sondern die Aufrechterhaltung der Lieferbeziehung, jedoch zu fairen Konditionen, im Fokus steht. Um die Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen und damit schon im Vorfeld diesbezüglich Aufklärungsarbeit leisten zu können, wird eine Erstanlaufstelle eingerichtet. Die Erstanlaufstelle soll dem „Fear effect“ entgegenwirken und eine leicht zugängliche Möglichkeit für Lieferanten bieten, sich hinsichtlich möglicher unfairer Handelspraktiken in der Lieferbeziehung beraten lassen zu können. Viele Fälle sollten auf diese Art unbürokratisch und schnell gelöst werden. Eine Beratung vor der Erstanlaufstelle und allenfalls eine Schlichtung gemäß § 5f erhöhen die Chancen, dass die Lieferbeziehung aufrechterhalten werden kann und Lieferanten eben nicht ausgelistet werden.

Es wird die Zurverfügungstellung der Ressourcen geregelt. Die Erstanlaufstelle wird als Dienststelle beim Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus eingerichtet.

Ihre Aufgaben gemäß Abs. 2 sind insbesondere beratende Tätigkeiten bezüglich Beschwerden über Lieferbedingungen in der Agrar- und Lebensmittelkette. Die Erstanlaufstelle stellt somit eine Möglichkeit dar, Beschwerden näher zu analysieren und hinsichtlich der rechtlichen Relevanz näher zu prüfen. Die Vertraulichkeit ist dabei sicherzustellen.

Abs. 3 bestimmt, dass die Erstanlaufstelle eine Geschäftsordnung für ihren Tätigkeitsbereich erlässt. Diese hat Bestimmungen betreffend die von der Erstanlaufstelle durchzuführenden Tätigkeiten, wie Beratung und Mediation zu enthalten. Weiters sind Regeln über die bei der Erstanlaufstelle einlangenden Anfragen oder Beschwerdefälle, wie Fristen für deren Beantwortung in die Geschäftsordnung aufzunehmen. Auch Informationsverpflichtungen, wie das Unterhalten einer eigenen Website und Bestimmungen über die Zusammenarbeit mit der Ermittlungsbehörde können Gegenstand der Geschäftsordnung sein. Im Einvernehmen mit dem Beschwerdeführer kann auch der Beschwerdegegner mit der Beschwerde befasst werden, um weitere Aufklärungen zu ermöglichen. In der Geschäftsordnung sind nähere Bestimmungen zur Betrauung von Schlichtungsstellen und zu möglichem Kostenersatz festzulegen.

Durch die Einholung von Auskünften von den Beteiligten gemäß Abs. 4 außerhalb des behördlichen Vollzugs kann eine erste Einstufung des Sachverhalts erfolgen und damit auch dem Beschwerdegegner die Möglichkeit gegeben werden, seine Sicht darzustellen. Beteiligte sind der Beschwerdeführer und der Beschwerdegegner sowie Lieferanten, die auch von der gegenständlichen Handelspraktik betroffen sind und bezüglich derer die Erstanlaufstelle ebenfalls recherchiert.

Abs. 5 macht weitere Klarstellungen über die vertrauliche Behandlung der Identität des Beschwerdeführers als auch von bestimmten Informationen. Wenn der Beschwerdeführer dies wünscht, kann er auch gegenüber der Erstanlaufstelle seine Identität nicht bekanntgeben. Im Sinne von lösungsorientierten Zielsetzungen wird das in der Praxis aber kaum relevant sein. Die Erstanlaufstelle ist berechtigt, sämtliche personenbezogenen Daten zu verarbeiten, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben gemäß diesem Abschnitt erforderlich sind, das sind insbesondere Kontaktdaten. Über die Tätigkeit der Erstanlaufstelle ist gemäß Abs. 6 ein Bericht zu erstellen. Dieser hat die Art (im Sinne der Kategorisierung in den vorgesehenen Anhängen I und II) und die Anzahl der Beschwerdefälle zu enthalten. Weiters umfasst der Bericht eine Gliederung in die verschiedenen Produktgruppen, die Anzahl der Beschwerdefälle, die durch die Erstanlaufstelle selbst behoben werden konnten, die Anzahl der Beschwerdefälle, die an eine andere Stelle weitergeleitet wurden, sowie sonstige Beobachtungen zum Verhalten der Marktteilnehmer. Auch im Berichtswesen ist Anonymität sicherzustellen. Diese sonstigen Beobachtungen können auch positive Beispiele (best practises) umfassen. Dieser Bericht ist bis zum 15. März auf der gemäß § 5 d Abs. 3 Z 3 eingerichteten Internetseite zu veröffentlichen.

Zu § 5e:

Die Abs. 1 bis 3 enthalten Bestimmungen zur Bestellung, Befangenheit und allfälligen Abberufung von Leiter oder Leiterin und Stellvertreter oder Stellvertreterin. Der Leiter beziehungsweise die Leiterin und ein Stellvertreter beziehungsweise eine Stellvertreterin sind abweichend von § 141 Abs. 1 BDG 1979 und § 68 Abs. 1 VBG unabhängig von der besoldungsrechtlichen Einstufung befristet zu bestellen. Die Erstanlaufstelle erledigt Vollziehung im Sinne des Art. 20 Abs. 2 Z 1 und 3 B-VG. Die Aufsichtsbefugnisse wurden diesem Artikel nachgebildet. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Erstanlaufstelle sind nur dem Leiter bzw. der Leiterin gegenüber weisungsgebunden. Die Abs. 4 und 5 regeln die Aufsichtsbefugnisse. Die Aufsicht erstreckt sich auf die Einhaltung der Gesetze und Verordnungen, die Erfüllung der der Erst-anlaufstelle gemäß § 5 d Abs. 2 obliegenden Aufgaben und die Gebarung der Erstanlaufstelle. Über die Funktionsweise der Erstanlaufstelle soll nach Ablauf eines Jahres nach Inkrafttreten dieser Novelle eine Evaluierung stattfinden.

Zu § 5f:

Für den Regelungsgegenstand steht die schnelle Ausräumung von Bedingungen, die einem leistungsge-rechten Wettbewerb hinderlich sind, im Vordergrund. Die Befassung einer Schlichtungsstelle soll daher der Erreichung dieser Zielsetzung dienen. Als Schlichtungsstelle soll nur eine von einer Körperschaft öffentlichen Rechts eingerichtete Schlichtungsstelle in Betracht kommen. Im Gesetz beispielhaft aufgezählt sind eine Notariatskammer, eine Rechtsanwaltskammer, eine Landwirtschaftskammer und die Wirtschaftskammer Österreichs. Die Landwirtschaftskammern der Länder sind als Körperschaften öffentlichen Rechts bereits umfasst. Auch die Landwirtschaftskammer auf Bundesebene kann sich auf diese Be-stimmung stützen, sobald sie, in Umsetzung des Regierungsübereinkommens, als Körperschaft öffentli-chen Rechts eingerichtet wird.

Zu § 5g:

Diese Bestimmung setzt Art. 5 Abs. 1 bis 6 der Richtlinie (EU) 2019/633 um. § 5 g Abs. 1 stellt klar, dass ein in Österreich niedergelassener Lieferant bei der Ermittlungsbehörde Beschwerden einbringen kann. Auch ein in einem anderen EU-Mitgliedstaat niedergelassener Lieferant kann Beschwerden einbringen, wenn der Käufer in Österreich niedergelassen ist. Die Ermittlungsbehörde kann auch amtswegig tätig werden. Abs. 2 regelt die Beschwerdemöglichkeiten von Erzeugerorganisationen und anderen Organisationen. Abs. 3 setzt die anonyme Beschwerdemöglichkeit der Richtlinie (EU) 2019/633 um. Marktmächtigere Unternehmen können in der Lage sein, Konditionen zu bestimmen, die oft nachteilig für die schwächeren Geschäftspartner sind. Dem sog. „Fear effect“ (Angst, Klagen einzubringen, weil die Auslistung befürchtet wird) soll durch die Sicherstellung der vertraulichen Behandlung begegnet werden.

Entsprechend der Richtlinie (EU) 2019/633 muss die zuständige Ermittlungsbehörde gemäß Abs. 4 dem Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist mitteilen, wie sie mit der Beschwerde weiter zu verfahren gedenkt.

Nach Art. 6 der Richtlinie (EU) 2019/633 muss die Ermittlungsbehörde mit entsprechenden Befugnissen ausgestattet werden. Gemäß Abs. 5 ist die Ermittlungsbehörde mit Befugnissen ausgestattet, die entsprechend dem Ermittlungsverfahren des Wettbewerbsgesetzes abgebildet sind. Zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben ist die Ermittlungsbehörde zur Einholung von Auskünften von Unternehmern und Unternehmervereinigungen befugt und kann geschäftliche Unterlagen unabhängig davon, in welcher Form diese vorliegen, anfordern und einsehen. Darüber hinaus kann die Ermittlungsbehörde auch vor Ort Auskünfte verlangen, sowie von Vertretern oder Beschäftigen des Unternehmens oder der Unternehmensvereinigung Erläuterungen zu Sachverhalten oder Unterlagen verlangen, die mit Gegenstand und Zweck der Ermittlungen in Zusammenhang stehen.

Abs. 6 regelt die Durchführung von Hausdurchsuchungen. Diese können nur aufgrund einer Anordnung des Kartellgerichts erfolgen. Die Vorgangsweise der Durchführung einer Hausdurchsuchung erfolgt sinngemäß zu den Bestimmungen des §12 Abs. 3 bis 6 des Wettbewerbsgesetzes. Eine Hausdurchsuchung kann nur bei einem begründeten Verdacht einer Zuwiderhandlung gegen die in § 5c iZm dem Anhang verankerten Verbote angeordnet werden.

Die Auskunftserteilung durch Käufer sollte auf Anfrage der Ermittlungsbehörde freiwillig erfolgen. Erfolgt dies jedoch nicht, kann die Auskunftserteilung mittels Bescheid nach Abs. 7 angeordnet werden. Abs. 8 enthält die erforderlichen Sanktionsbestimmungen. Bei einer unrichtigen oder irreführenden Auskunftserteilung droht eine Geldstrafe von 25.000 Euro. Wird entgegen eines Bescheides keine, eine unrichtige, irreführende oder unvollständige Auskunft erteilt, droht eine Geldstrafe von 75.000 Euro. Die erlangten Informationen sollen nur für die Zwecke der Ermittlungshandlung verwendet werden. Dieses Verwertungsverbot ist in Abs. 9 verankert. Die Ermittlungsbehörde ist berechtigt, sämtliche personenbezogenen Daten zu verarbeiten, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben gemäß diesem Abschnitt erforderlich sind, das sind im Wesentlichen Kontaktdaten.

Zu § 5h:

Die Richtlinie (EU) 2019/633 ermöglicht den MS eine flexible Umsetzung bei der Auswahl der zuständigen Behörden. Es können auch mehrere Behörden vorgesehen werden (Art. 4 Abs.1). In Österreich hat sich das System des Vollzugs mit Unterlassungsanträgen (gegen rechtswidrige Handlungen und Unterlassungen) bei Gericht bewährt. Betrifft die Beschwerde einen Käufer in einem anderen Mitgliedstaat, so ist die Beschwerde über die Kontaktstelle an die Ermittlungsbehörde im anderen Mitgliedstaat, wo der Käufer niedergelassen ist, weiterzuleiten. Die Richtlinie (EU) 2019/633 sieht auch die Möglichkeit eines amtswegigen Vorgehens vor, weshalb eine Ermittlungsbehörde mit Antragsbefugnissen vorzusehen ist. In diesem Sinne sind daher inklusive dem Gericht, das die Entscheidungen trifft, mehrere Behörden zuständig, weshalb die Nominierung einer zentralen Kontaktstelle gem. Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2019/633 erforderlich ist. Da im Rahmen der Zusammenarbeit auf europäischer Ebene auch Diskussionen über generelle Fragen dieser Rechtsmaterie erfolgen, dient als nationale Kontaktstelle die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (Abs. 1). Abs. 2. regelt die Leistung von Amtshilfe an die Behörden anderer Mitgliedstaaten. Abs. 3 enthält Bestimmungen zur Erstellung des Jahresberichts gemäß Art. 8. Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2019/633. Auch im Berichtswesen ist Anonymität sicherzustellen.

Zu Z 5:

Zum Zweck einer Verbesserung der Struktur wird eine neue Abschnittsbezeichnung eingefügt.

Zu Z 6 (§ 6 Abs. 1):

Bei den Zuständigkeitsbestimmungen in § 6 Abs. 1 wird der neue § 5c ergänzt, um die Zuständigkeit des Kartellgerichts zur Untersagung von unlauteren Handelspraktiken nach § 5c und den entsprechenden Anhängen zu normieren.

Zu Z 7 (§ 6 Abs. 2, 3 und 4):

Im Bundesgesetz zur Verbesserung zur Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen gibt es bislang noch keine Möglichkeit der Verhängung von Geldbußen. In Entsprechung von Art. 6 lit. e der Richtlinie (EU) 2019/633 wird nun für Zuwiderhandlungen gegen § 5c die Möglichkeit vorgesehen, dass eine Geldbuße beantragt wird und vom Kartellgericht verhängt wird. Anders als die Anträge auf Unterlassung, die auch von den jeweiligen Beschwerdeführern oder den jeweiligen Verbänden gestellt werden können, ist die Beantragung von Geldbußen der Ermittlungsbehörde vorbehalten. Ebenso werden die Kriterien für die Bemessung von Geldbußen demonstrativ dargelegt. Geldbußen können bis zur Höhe von 500.000 Euro verhängt werden. In § 6 Abs. 3 erfolgen Regelungen über die Veröffentlichung von Entscheidungen, was nach Art. 6 Abs. 1 lit. f der Richtlinie (EU) 2019/633 erforderlich ist. Abs. 4 setzt Art. 6 Abs. 1 lit. d zweiter Satz der Richtlinie (EU) 2019/633 um, welcher den weitreichenden Schutz der Identität des Beschwerdeführers bzw. sonstiger Informationen sicherstellen soll. Es muss dem Beschwerdeführer klar sein, dass seine Identität in einem Gerichtsverfahren offengelegt wird. Die Ermittlungsbehörde kann jedoch von einem Antrag an das Kartellgericht absehen, wenn der Beschwerdeführer seine Identität nicht bekanntgeben möchte, weil dies seinen berechtigten Interessen schaden würde.

Die Ausübung der Befugnisse der Ermittlungsbehörde unterliegt angemessenen Garantien der Rechte der Verteidigung gemäß den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Dies gilt auch, wenn der Beschwerdeführer gemäß § 5g Abs. 3 die vertrauliche Behandlung der Informationen beantragt.

Zu Z 8 (§ 7 Abs. 2 Z 1):

Entsprechend der Regelung in § 5f Abs. 2 ist eine Landwirtschaftskammer antragsberechtigt bzw. hat Parteistellung wenn sie als Körperschaft öffentlichen Recht eingerichtet ist. Das gilt für die Landwirtschaftskammern der Ländern als Körperschaften öffentlichen Rechts. Eine Landwirtschaftskammer auf Bundesebene kann sich auf diese Bestimmung stützen, sobald sie, in Umsetzung des Regierungsüberein-kommens, als Körperschaft öffentlichen Rechts eingerichtet wird.

Zu Z 9 (§ 7 Abs. 2a und 2b):

Die Antragsbefugnisse für Unterlassungsansprüche bei Zuwiderhandlungen gegen § 5c sind den bisherigen Regelungen nach § 7 Abs. 2 und den Bestimmungen des § 14 UWG nachgebildet. Entsprechend der Regelung in § 5f Abs. 2 ist eine Landwirtschaftskammer antragsberechtigt bzw. hat Parteistellung wenn sie als Körperschaft öffentlichen Rechts eingerichtet ist. Das gilt für die Landwirtschaftskammern der Länder als Körperschaften öffentlichen Rechts. Eine Landwirtschaftskammer auf Bundesebene kann sich auf diese Bestimmung stützen, sobald sie, in Umsetzung des Regierungsübereinkommens, als Körperschaft öffentlichen Rechts eingerichtet wird.

Abs. 2b bestimmt als Ermittlungsbehörde die Bundeswettbewerbsbehörde.

Zu Z 10 (§ 7 Abs.4):

Damit wird Art. 6 Abs. 1 e der Richtlinie (EU) 2019/633 umgesetzt. Entsprechend § 48 KartG werden nun einheitliche Bestimmungen zu Einstweiligen Verfügungen vorgesehen.

Zu Z 10 (§ 9a):

Wenn a1f Bestimmungen anderer Bundesgesetze hingewiesen wird, so sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Zu Z 12 (§ 10)

Die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort ist mit der Vollziehung der §§ 5, 5a, 5b, 5c, 5g, 5h und 8 betraut. Die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus ist für die Vollziehung der §§ 5d Abs. 1, 2, 4 bis 6, 5e und 5f zuständig. Eine gemeinsame Zuständigkeit der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus und der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort besteht hinsichtlich § 5d Abs. 3. Im Übrigen ist die Bundesministerin für Justiz zuständig.

Zu Z 13 (§ 11):

§ 11 Abs. 5 regelt das Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes. Entsprechend der Richtlinie (EU) 2019/633 ist der 2. Abschnitt auf Liefervereinbarungen anzuwenden, die nach dem 30. April 2021 abgeschlossen wurden. Liefervereinbarungen, die vor dem 1. Mai 2021 abgeschlossen wurden, müssen innerhalb von zwölf Monaten nach diesem Tag mit diesem Bundesgesetz in Einklang gebracht werden.

Zu Z 14:

Die Inkrafttretensbestimmung ist nunmehr in § 11 geregelt. § 12 kann entfallen.

Zu Z 15 (Anhänge):

Anhang I enthält eine Liste von unter allen Umständen verbotenen Handelspraktiken in Beziehungen zwischen Käufern und Lieferanten in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette. Dadurch wird Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2019/633 umgesetzt.

Z 1 lit. a verbietet im Fall, dass die Liefervereinbarung eine regelmäßige Lieferung von Erzeugnissen festlegt, die Bezahlung

- für verderbliche Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse mehr als 30 Tage nach Ablauf des vereinbarten Lieferzeitraums, in dem Lieferungen erfolgt sind, oder mehr als 30 Tage nach dem Tag der Festlegung des zu zahlenden Betrags für diesen Lieferzeitraum, je nachdem, welcher der beiden Zeitpunkte der spätere ist;

- für andere Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse mehr als 60 Tage nach Ablauf des vereinbarten Lieferzeitraums, in dem Lieferungen erfolgt sind, oder mehr als 60 Tage nach dem Tag der Festlegung des zu zahlenden Betrags für diesen Lieferzeitraum, je nachdem, welcher der beiden Zeitpunkte der spätere ist, wobei für die Zwecke der in dieser Ziffer genannten Zahlungsfristen anzunehmen ist, dass die vereinbarten Lieferzeiträume einen Monat nicht überschreiten.

Z 1 lit. b verbietet im Fall, dass die Liefervereinbarung keine regelmäßige Lieferung von Erzeugnissen festlegt, Bezahlungen

- für verderbliche Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse mehr als 30 Tage nach dem Tag der Lieferung oder mehr als 30 Tage nach dem Tag der Festlegung des zu zahlenden Betrags, je nachdem, welcher der beiden Zeitpunkte der spätere ist;

- für andere Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse mehr als 60 Tage nach dem Tag der Lieferung oder mehr als 60 Tage nach der Festlegung des zu zahlenden Betrags, je nachdem, welcher der beiden Zeitpunkte der spätere ist.

Weiters folgen Klarstellungen, wann die Zahlungsfrist beginnt.

Z 2 verbietet die Stornierung einer Bestellung verderblicher Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse so kurzfristig, sodass von einem Lieferanten nach vernünftigem Ermessen nicht erwartet werden kann, dass er eine alternative Vermarktungs- oder Verwendungsmöglichkeit für diese Erzeugnisse findet. Eine Stornierungsfrist von weniger als 30 Tagen vor Lieferung gilt in jedem Fall als kurzfristig.

Z 3 betrifft die einseitige Änderung der Bedingungen einer Liefervereinbarung für Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse in Bezug auf Häufigkeit, Methode, Ort, Zeitpunkt oder Umfang der Lieferung von Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen, Qualitätsstandards, Zahlungsbedingungen oder Preise oder im Hinblick auf die Erbringung von Dienstleistungen, soweit diese in Anhang II ausdrücklich genannt werden.

Z 4 betrifft das Verlangen von Zahlungen, die nicht im Zusammenhang mit dem Verkauf von Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen des Lieferanten stehen.

Z 5 betrifft das Verlangen von Zahlungen für die Qualitätsminderung oder den Verlust von Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen, die in den Räumlichkeiten des Käufers auftreten oder nachdem das Eigentum auf den Käufer übergegangen ist, wenn die Qualitätsminderung oder der Verlust nicht durch Fahrlässigkeit oder Verschulden des Lieferanten verursacht wurden.

Z 6 betrifft die Verweigerung des Käufers, eine schriftliche Bestätigung der Bedingungen einer Liefervereinbarung zwischen dem Käufer und dem Lieferanten, für die der Lieferant eine schriftliche Bestätigung verlangt hat, auszustellen. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Liefervereinbarung sich auf Erzeugnisse bezieht, die von einem Mitglied einer Erzeugerorganisation einschließlich einer Genossenschaft an die Erzeugerorganisation, der der Lieferant angehört, geliefert werden sollen, wenn die Satzung dieser Erzeugerorganisation oder die sich aus dieser Satzung ergebenden oder darin vorgesehenen Regeln und Beschlüsse Bestimmungen enthalten, mit denen eine ähnliche Wirkung erzielt wird wie mit den Bedingungen der Liefervereinbarung. Das Erfordernis der Schriftlichkeit kann dazu beitragen, unlautere Handelspraktiken zu verhindern.

Z 7 verbietet rechtswidrigen Erwerb, die rechtswidrige Nutzung oder die rechtswidrige Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen im Sinne der Richtlinie (EU) 2016/943 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung, ABl. Nr. 157 vom 15.6.2016 S. 1 durch den Käufer.

Z 8 verbietet die Androhung von Vergeltungsmaßnahmen kommerzieller Art durch den Käufer gegenüber dem Lieferanten, sowie die Ergreifung von Vergeltungsmaßnahmen, wenn der Lieferant seine vertraglichen oder gesetzlichen Rechte geltend macht, auch indem er bei der zuständigen Behörde Beschwerde einreicht oder bei einer Ermittlung mit dieser zusammenarbeitet.

Z 9 verbietet dem Käufer vom Lieferanten eine Entschädigung zu verlangen für die Kosten der Bearbeitung von Kundenbeschwerden im Zusammenhang mit dem Verkauf der Erzeugnisse des Lieferanten, obwohl weder fahrlässig noch vorsätzlich ein Verschulden des Lieferanten vorliegt.

Z 10 verbietet es dem Käufer, in Ausnützung seiner marktbeherrschenden Stellung, die Geschäftsbezie-hung mit dem Lieferanten zu verweigern oder diesem schlechtere Konditionen, insbesondere im Hin-blick auf die Höhe des Preises oder die Zahlungsbedingungen, zu gewähren, ohne dass hiefür sachliche Gründe vorliegen oder dies in der Qualität oder Quantität des Produkts begründet ist. Diese Praxis ist bei manchen Molkereien zu beobachten, insofern als neuen Lieferanten niedrigere Preise gezahlt werden, als jenen, die bereits längere Zeit Genossenschaftsmitglieder sind.

Z 11 verbietet es dem Käufer, dem Lieferanten vertraglich festgelegte Auflagen hinsichtlich des Um-fangs anderer Vermarktungsformen für seine Produkte zu machen, welche dem Lieferanten andere Vermarktungsformen, einschließlich die Direktvermarktung, rechtlich oder faktisch verunmöglichen oder unverhältnismäßig beschränken.

Anhang II enthält eine Liste von Handelspraktiken, die verboten sind, außer, sie wurden zuvor klar und eindeutig in der Liefervereinbarung oder einer Folgevereinbarung zwischen Lieferanten und Käufer vereinbart. Damit wird Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2019/633 umgesetzt.

Z 1 verbietet die Zurücksendung nicht verkaufter Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse an den Lieferanten, ohne dass der Käufer für diese nicht verkauften Erzeugnisse oder für deren Beseitigung zahlt.

Z 2 verbietet, dass vom Lieferanten eine Zahlung dafür verlangt wird, dass seine Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse gelagert, zum Verkauf angeboten, gelistet oder auf dem Markt bereitgestellt werden. Die Kosten der Lagerung, Ausstellung oder Listung werden in der Regel vom Käufer getragen. Daher sollte eine Umwälzung der Kosten auf den Lieferanten nur dann möglich sein, wenn dies vorher klar und eindeutig in der Liefervereinbarung oder einer Folgevereinbarung vereinbart wurde.

Z 3 verbietet das Verlangen des Käufers vom Lieferanten, dass dieser die gesamten Kosten oder einen Teil davon für Preisnachlässe bei Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen, die der Käufer im Rahmen einer Verkaufsaktion verkauft, trägt. Diese Handelspraktik ist verboten, außer in den Fällen, in denen der Käufer eine Verkaufsaktion veranlasst, vor deren Beginn der Käufer mitteilt, in welchem Zeitraum die Aktion laufen wird und welche Menge an Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen voraussichtlich zu dem niedrigeren Preis bestellt wird.

Z 4 verbietet das Verlangen des Käufers vom Lieferanten, dass dieser für die Werbung für Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse durch den Käufer zahlt. Ein Verkauf umfasst meist auch Zahlungen für Dienstleistungen, wie Marketing und Werbung. Nur mit vorheriger Vereinbarung sollen diese Kosten auf den Lieferanten übertragen werden.

Z 5 verbietet dem Käufer vom Lieferanten zu verlangen, dass dieser für die Vermarktung von Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen durch den Käufer zahlt.

Z 6 verbietet das Verlangen des Käufers vom Lieferanten für das Personal für die Einrichtung der Räumlichkeiten, in denen die Erzeugnisse des Lieferanten verkauft werden, zu zahlen.