Erläuterungen
Allgemeiner Teil
Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:
Mit diesem Gesetzentwurf sollen Anspruchsüberprüfungen im Rahmen der Gewährung der Familienbeihilfe durch die automatisierte Verarbeitung von Schüler/innen- sowie Lehrlingsdaten zukünftig in elektronischer Form durchgeführt und dadurch das Familienbeihilfenverfahren vereinfacht und beschleunigt werden. Im Familienlastenausgleichsgesetz 1967 soll für die geplante Datenverarbeitung eine Rechtsgrundlage geschaffen werden.
Der vorliegende Entwurf stützt sich auf den Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 Z 17 Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG (Bevölkerungspolitik).
Besonderer Teil
Zu Z 1 bis 2 (§ 46a Abs. 2 Z 5 und Z 6 sowie Abs. 5 und Abs. 6 FLAG 1967, § 55 Abs. 53 FLAG 1967):
Es ist ein besonderes Anliegen der Bundesregierung, dass der öffentliche Sektor leistungsstark, effizient, sowie nachhaltig und serviceorientiert agieren kann und soll. Mit ziel- und wirkungsorientiertem Arbeiten sollen Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger mit hoher Qualität zur Verfügung gestellt werden. In diesem Sinne wurde im Bereich der Familienbeihilfe ab März 2021 ein neues Familienbeihilfenverfahren „FABIAN“ produktiv gesetzt, womit das rund 25 Jahre laufende Altverfahren DB7 auf Basis neuer Technologien abgelöst wurde. Um dem Grundprinzip gerecht zu werden, so bürgernah wie möglich und so effizient wie notwendig handeln zu können, sind nun im Familienbeihilfenverfahren Vereinfachungen der Verfahrensabläufe geplant. Dies entspricht auch dem Vorhaben der Bundesregierung das Familienbeihilfenverfahren „FABIAN“ digital weiterzuentwickeln.
Die intendierten Verfahrensverbesserungen betreffen insbesondere die aufwändigen Anspruchsüberprüfungen von Familienbeihilfenfällen, die Bürgerinnen und Bürger sowie die Finanzverwaltung zur Last fallen.
Im Rahmen der Gewährung der Familienbeihilfe ist es erforderlich, Überprüfungshandlungen zu setzen, zumal die Familienbeihilfe in der Regel im Voraus ausgezahlt wird. Im Zuge dieser Verfahrensschritte sind diverse Unterlagen vorzulegen, um das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen – für vergangene Zeiten – nachzuweisen, wobei diese Nachweise auch als Entscheidungsgrundlage für die Weitergewährung der Familienbeihilfe gelten können. In einer Vielzahl von Fällen erfolgt dies derzeit noch in Papierform (zB durch Vorlage von Schulbesuchsbestätigungen oder Lehrverträgen), wodurch die Anforderungen einer modernen Verwaltung nicht erfüllt werden.
Nun soll das Familienbeihilfenverfahren in diesem Bereich durch eine Verknüpfung mit externen Datenhaltern verschlankt und vor allem auch beschleunigt werden. Es ist geplant, durch die Verarbeitung von Schüler/innen- sowie Lehrlingsdaten die Anspruchsüberprüfungen zukünftig in elektronischer Form via Online-Einzelabfragen in FABIAN durchzuführen. Wenn aus den vorliegenden Daten ableitbar ist, dass weiterhin Anspruch auf die Familienbeihilfe bestehen wird, wird angedacht, auch die Möglichkeit einer automatisierten Weitergewährung der Familienbeihilfe zu intensivieren.
Ziel der Novelle ist es, eine Rechtsgrundlage für die entsprechenden Datenverarbeitungen durch das Anfügen der Z 5 und 6 in § 46a Abs. 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 – FLAG 1967 zu schaffen. Die in Rede stehende automatisierte Datenverarbeitung soll betreffend Schüler/innen im Wege einer vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung betriebenen Schnittstelle zum Register- und Systemverbund nach dem Unternehmensserviceportalgesetz – USPG und betreffend Lehrlinge mit den Lehrlingsstellen der Wirtschaftskammerorganisation ebenfalls im Wege des Register- und Systemverbundes nach dem USPG erfolgen. Datenempfänger ist das Finanzamt Österreich, zumal Belange der Familienbeihilfe von diesem in erster Instanz vollzogen werden.
Vom Schulbegriff gemäß § 2 Z 1 des Bildungsdokumentationsgesetzes 2020 – BilDokG 2020 sind Schulen gemäß dem Schulorganisationsgesetz, dem Land- und fortwirtschaftlichem Bundesschulgesetz, dem Bundessportakademiegesetz, dem Forstgesetz 1975, dem Privatschulgesetz und dem Land- und forstwirtschaftlichem Privatschulgesetz umfasst. In einem ersten Schritt werden die Daten von etwa 360.000 Bundesschüler/innen von Allgemeinbildenden höheren Schulen (AHS) sowie Berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BHS, BMS) für die automatisierte Datenübermittlung verfügbar sein.
Im Sinne der Grundsätze der Zweckbindung und Datenminimierung (Art. 5 Abs. 1 lit. b und c der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1 (im Folgenden: DSGVO)) und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (§ 1 Abs. 2 Datenschutzgesetz – DSG) sollen nur personenbezogene Daten verarbeitet werden, die zur Erreichung eines Ziels unbedingt erforderlich sind. In diesem Zusammenhang sollen nach dem Prinzip der Datenminimierung nur jene Daten von Schüler/innen und Lehrlingen verarbeitet werden, die für den Nachweis des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich sind. Die zu verwendenden Daten sollen den zuvor genannten Zwecken dienen und deren Verarbeitung das gelindeste Mittel zur Erreichung des Zieles darstellen. Deshalb wurden die Datenkataloge der Z 5 und 6 in § 46a Abs. 2 FLAG eng gefasst.
Ein angemessenes Schutzniveau wird jedenfalls dadurch erreicht, dass geplant ist, die Verfahren unter Verwendung der verschlüsselten bereichsspezifischen Personenkennzeichen (vbPK) abzuwickeln. Das bereichsspezifische Personenkennzeichen ist als Pseudonymisierung gemäß Art. 4 Z 5 DSGVO zu verstehen. Die Umstellung auf vbPK ist seitens der Schnittstellenpartner gemäß den Übergangsbestimmungen in § 24 BilDokG 2020 für die Schüler/innendaten sowie § 25 BilDokG 2020 für die Lehrlingsdaten umzusetzen.
Es ist grundsätzlich in §§ 24 Abs. 3 sowie 25 Abs. 3 BilDokG gesetzlich vorgesehen, dass ab dem Schuljahr 2023/24 ausschließlich bPKs in verschlüsselter Form verarbeitet werden. Eine verfrühte Umstellung auf bPK ist gesetzlich von den Übergangsbestimmungen abgedeckt und wird angestrebt.
Dadurch können unterschiedliche gesetzlich festgelegte Termine im FLAG 1967 sowie im BilDokG 2020 zur Umstellung auf vbPK für die Technik vermieden werden. Ferner kann die Umstellung auf vbPK für mehrere normierte Zwecke (einerseits jene nach dem BilDokG 2020, andererseits jene für die Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe bei Schüler/innen bzw. Lehrlingen) zeitgleich erfolgen. Bis zur ausschließlichen Verwendung der vbPK werden die Sozialversicherungsnummern oder entsprechende Ersatzkennzeichen sowie die Vornamen, Familiennamen und Geburtsdaten, der Kinder, für die die Familienbeihilfe beantragt wurde oder gewährt wurde bzw. wird, für die Verarbeitung von Lehrlingsdaten und Schüler/innendaten herangezogen.
Angemessene Löschfristen für die im Rahmen der Ziffern 5 und 6 übermittelten Daten sind im Zusammenhang mit dem Verarbeitungszweck der Gewährung der Familienbeihilfe vom Bundesministerium für Finanzen als Datenverarbeiter zu evaluieren und festzulegen.
Als Sukkus ist besonders hervorzuheben, dass die in Rede stehenden Datenverarbeitungen vor allem für Bürgerinnen und Bürger wesentliche Erleichterungen bringen wird. Neben dem Entfallen der Vorlage von diversen Unterlagen, werden auch Amtswege vermieden, da die für die Fallbearbeitung maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen schon im Vorfeld automatisiert aufbereitet werden.
Der Zeitpunkt des Beginns und die konkreten Angaben zur technischen Umsetzung bzw. Durchführung der automatisierten Datenverarbeitungen werden gemäß § 46a Abs. 5 und 6 FLAG 1967 durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Frauen, Familie und Integration nach Anhörung der betroffenen Institutionen (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie Wirtschaftskammerorganisation) festgelegt.
Die technische Umsetzung und Verarbeitung der Daten wird zuständigkeitshalber durch die IT des Bundesministeriums für Finanzen erfolgen, zumal das Bundesministerium für Finanzen für technische und organisatorische Belange der Vollziehung der Familienbeihilfe – die in erster Instanz durch das Finanzamt Österreich erfolgt – federführend zuständig ist.