Entwurf
Erläuterungen
Allgemeiner Teil
1. Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:
Mit diesem Gesetzesvorhaben, mit welchem das EU – Polizeikooperationsgesetz (EU-PolKG), das Polizeikooperationsgesetz (PolKG), das PNR-G, das Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), das Grenzkontrollgesetz (GrekoG), das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StBG) und das Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) geändert werden (Zweites EU-Informationssysteme–Anpassungsgesetz), sollen die erforderlichen Adaptierungen
1. zur Schaffung eines Rahmens zur Herstellung der Interoperabilität der teils bereits bestehenden, teils noch einzurichtenden EU-Informationssysteme und
2. zur Einrichtung des Europäischen Reiseinformations- und –genehmigungssystems (European Travel Information and Authorisation System; im Folgenden: ETIAS)
vorgenommen werden.
Zur Schaffung eines Rahmens zur Herstellung der Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen:
Basierend auf den Empfehlungen eines Berichts der bei der Europäischen Kommission eingerichteten Hochrangigen Expertengruppe für Informationssysteme und Interoperabilität vom Mai 2017 hat sich die Europäische Union (EU) vermehrt dem Thema der Interoperabilität europäischer Datenbanken gewidmet. Im Mittelpunkt stehen dabei nicht nur bereits bestehende europäische Informationssysteme (das Schengener Informationssystem [SIS], das Visa-Informationssystem [VIS] und das europaweite Fingerabdruck-Identifizierungssystem [Eurodac]), sondern auch die in Entstehung befindlichen europäischen Informationssysteme (das Einreise-/Ausreisesystem [EES], das ETIAS und das Strafregisterinformationssystem zu Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen [ECRIS-TCN]) sowie deren Vernetzung.
Die derzeit in Betrieb befindlichen europäischen Informationssysteme SIS, VIS und Eurodac sind bisher voneinander getrennt und für die Mitgliedstaaten nur bedingt gegenseitig abfragbar. Um die Interoperabilität aller EU-Informationssysteme künftig insbesondere für die Bereiche Sicherheit, Grenzmanagement und Migrationssteuerung zu verbessern, wurden
- die Verordnung (EU) 2019/817 zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen in den Bereichen Grenzen und Visa und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008, (EU) 2016/399, (EU) 2017/2226, (EU) 2018/1240, (EU) 2018/1726 und (EU) 2018/1861, der Entscheidung 2004/512/EG und des Beschlusses 2008/633/JI, ABl. Nr. L 135 vom 22.05.2019 S. 27, in der Fassung der Verordnung (EU) 2021/1152, ABl. Nr. L 249 vom 14.07.2021 S. 15, (im Folgenden: Verordnung – IO Grenzen und Visa), und
- die Verordnung (EU) 2019/818 zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit, Asyl und Migration) und zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/1726, (EU) 2018/1862 und (EU) 2019/816, ABl. Nr. L 135 vom 22.05.2019 S. 85, in der Fassung der Verordnung (EU) 2021/1151, ABl. Nr. L 249 vom 14.07.2021 S. 7, (im Folgenden: Verordnung – IO Polizei und Justiz)
erlassen. Die beiden Verordnungen schaffen den Rahmen zur Herstellung der Verknüpfung der bereits bestehenden und noch zu errichtenden EU-Informationssysteme unter Einbeziehung von Interpol-Datenbanken und Europol-Daten. Die Informationssysteme werden so miteinander verbunden, dass sie einander ergänzen, damit korrekte Personenidentifizierungen vereinfacht werden und so ein Beitrag zur Bekämpfung von Identitätsbetrug geleistet wird. Darüber hinaus werden durch die Verordnungen datenschutzrechtliche Sicherheitsvorkehrungen normiert und Bestimmungen vorgesehen, denen zufolge die Datenverarbeitung auf das für den jeweiligen Zweck erforderliche Maß begrenzt und nur denjenigen Stellen Zugriff auf die Daten gewährt wird, die diese benötigen. Überdies werden die Datenqualitätsanforderungen der verschiedenen EU-Informationssysteme verbessert und somit zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten harmonisiert. Durch diese Harmonisierung wird für Mitgliedstaaten auch die technische und operative Umsetzung erleichert. Ferner wird der Zugang zum EES, zum VIS, zum ETIAS und zu Eurodac zum Zwecke der Verhinderung, Aufdeckung und Untersuchung terroristischer Straftaten und sonstiger schwerer Straftaten einheitlich geregelt und die Zwecke des EES, VIS, ETIAS, Eurodac, SIS und ECRIS-TCN gefördert. Die Verknüpfung der Datenbanken erfolgt dabei primär – mit Ausnahme von ETIAS – über biometrische Daten, dh. über Fingerabdruck-Daten, das Gesichtsbild oder beides (vgl. Art. 4 Nr. 11 der og. Verordnungen), da biometrische Daten für Zwecke der Personenidentifizierung zuverlässiger sind als alphanumerische Daten.
Mit dem Ersten EU-Informationssysteme-Anpassungsgesetz wurden bereits die erforderlichen Anschluss- und Durchführungsbestimmungen aufgrund der EU-Verordnungen betreffend das modernisierte SIS sowie der EU-Verordnungen über die Einrichtung des neuen EES vorgenommen (vgl. BGBl. I Nr. 206/2021). Nunmehr sollen mit gegenständlichem Gesetzesvorhaben die erforderlichen Anschluss- und Durchführungsbestimmungen aufgrund der Verordnung – IO Grenzen und Visa, Verordnung – IO Polizei und Justiz sowie der Verordnung (EU) 2018/1240 über die Einrichtung eines Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS) und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1077/2011, (EU) Nr. 515/2014, (EU) 2016/399, (EU) 2016/1624 und (EU) 2017/2226, ABI. Nr. L 236 vom 19.09.2018 S. 1, in der Fassung der Verordnung (EU) 2021/1152, ABl. Nr. L 249 vom 14.07.2021 S. 15, (im Folgenden: ETIAS-Verordnung) vorgenommen werden.
In den Anwendungsbereich der Verordnung – IO Grenzen und Visa fallen gemäß Art. 3 Abs. 2 Personen, deren personenbezogene Daten in den EU-Informationssystemen EES, VIS, ETIAS und SIS verarbeitet werden können und deren Daten für die Zwecke der genannten Systeme erfasst werden. In den Anwendungsbereich der Verordnung – IO Polizei und Justiz fallen gemäß Art. 3 Abs. 3 demgegenüber Personen, deren personenbezogene Daten im SIS, im Eurodac, im ECRIS-TCN sowie durch Europol (soweit es erforderlich ist, um Europol-Daten gleichzeitig zu diesen EU-Informationssystemen abfragen zu können) verarbeitet werden.
Ziele der mittels dieser beiden Verordnungen sicherzustellenden Interoperabilität sind – neben der Unterstützung der jeweiligen Zwecke des EES, VIS, ETIAS, Eurodac, SIS und ECRIS-TCN – die Verbesserung der Wirksamkeit und Effizienz der Grenzübertrittskontrollen an den Außengrenzen und der gemeinsamen Visumpolitik, die Verhinderung und Bekämpfung illegaler Einwanderung, die Gewährleistung eines hohen Maßes an Sicherheit im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts der Union einschließlich der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie des Schutzes der inneren Sicherheit im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, die Verhinderung, Aufdeckung und Untersuchung terroristischer und sonstiger schwerer Straftaten sowie die Erleichterung der Identifizierung unbekannter Personen, die sich nicht ausweisen können, oder von nicht identifizierten sterblichen Überresten bei Naturkatastrophen, Unfällen oder terroristischen Anschlägen.
Zur Erreichung dieser Ziele werden als Interoperabilitätskomponenten das Europäische Suchportal (European Search Portal – ESP), ein gemeinsamer Dienst für den Abgleich biometrischer Daten (shared Biometric Matching Service – sBMS), ein gemeinsamer Speicher für Identitätsdaten (Common Identitiy Repository – CIR) und ein Detektor für Mehrfachidentitäten (Multiple-Identity Detector – MID) geschaffen. Diese Interoperabilitätskomponenten erstrecken sich auf die einzelnen EU-Informationssysteme.
Das ESP soll künftig den mitgliedstaatlichen Behörden und Stellen der Union einen raschen, unterbrechungsfreien, effizienten, systematischen und kontrollierten Zugang zu den EU-Informationssystemen, den Europol-Daten und den Interpol-Datenbanken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben und nach Maßgabe ihrer, in den jeweiligen EU-Verordnungen festgelegten Zugangsrechten (vgl Art. 6 der beiden Verordnungen) ermöglichen. Es wird von der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (eu-LISA) entwickelt, die auch für die technische Verwaltung sorgt. Es umfasst eine einheitliche Suchmaske, die die gleichzeitige Abfrage der verschiedenen Informationssysteme ermöglicht, einen sicheren Kommunikationskanal zwischen dem ESP und den Mitgliedstaaten bzw. Stellen der Union und eine sichere Kommunikationsinfrastruktur zwischen dem ESP und den einzelnen Informationssystemen, den Europol-Daten und den Interpol-Datenbanken sowie zwischen dem ESP und den zentralen Infrastrukturen des CIR und des MID herstellt. Die Nutzung des ESP ist den mitgliedstaatlichen Behörden und Stellen der Union vorbehalten, die auf mindestens eines der EU-Informationssysteme, den CIR und den MID, Europol-Daten oder Interpol-Datenbanken zugreifen können. Um Abfragen vorzunehmen, geben die ESP-Nutzer alphanumerische und/oder biometrische Daten in das ESP ein. Anhand dieser Daten fragt das ESP sodann gleichzeitig die einzelnen EU-Informationssysteme, die Europol-Daten und die Interpol-Datenbanken ab. Wenn Daten verfügbar sind, werden dem Nutzer über das ESP Auskünfte darüber erteilt, in welchen Datenbanken bereits personenbezogene Daten verarbeitet werden. Dem Nutzer werden lediglich jene Informationen zur Verfügung gestellt, auf die er nach dem Unionsrecht und dem nationalen Recht zugreifen darf.
Der sBMS ist ein technisches Hilfsmittel für die Verstärkung und Vereinfachung der Funktion der einschlägigen EU-Informationssysteme und der anderen Interoperabilitätskomponenten. Er hat die Aufgabe biometrische Merkmalsdaten (sog. „Templates“), die aus den im CIR und im SIS gespeicherten biometrischen Daten generiert wurden, zu speichern und die systemübergreifende Abfrage mehrerer EU-Informationssysteme anhand biometrischer Daten zu ermöglichen (vgl Art. 12 der beiden Verordnungen). Auf diese Weise ermöglicht der sBMS die Identifizierung einer in mehreren Datenbanken erfassten Person.
Der CIR unterstützt die korrekte Identifizierung von im EES, im VIS, im ETIAS, im Eurodac und im ECRIS-TCN gemäß Art. 20 der beiden Verordnungen erfassten Personen sowie das Funktionieren des MID gemäß Art. 21 der beiden Verordnungen und erleichtert zudem den allenfalls erforderlichen Zugang von benannten Behörden und Europol zum EES, zum VIS, zum ETIAS und zu Eurodac zum Zweck der Verhinderung, Aufdeckung oder Untersuchung terroristischer und anderer schwerer Straftaten gemäß Art. 22 der beiden Verordnungen. Dafür wird im CIR für jede im EES, im VIS, im ETIAS, in Eurodac und im ECRIS-TCN erfasste Person eine individuelle Datei mit den in Art. 18 der beiden Verordnungen genannten Daten angelegt. Diese individuelle Datei enthält Identitäts-, Reisedokumenten-, und biometrische Daten aus den zuvor genannten Informationssystemen (vgl Art. 17 der beiden Verordnungen).
Der MID dient einerseits der Unterstützung des CIR und andererseits der Unterstützung der Ziele des EES, VIS, des ETIAS, Eurodac, SIS und ECRIS-TCN. Er soll dazu beitragen, Personen zu erkennen, die mehrere oder falsche Identitäten benutzen, und dadurch Identitätsprüfungen vereinfachen sowie Identitätsbetrug bekämpfen. Zur Erreichung dieser Ziele werden im MID Identitätsbestätigungsdateien, die Verknüpfungen von Daten aus den verschiedenen EU-Informationssystemen enthalten (vgl Art. 25 der beiden Verordnungen), erstellt und gespeichert. Konkret wird dabei geprüft, ob die in einem System neu erfassten oder aktualisierten Identitäts-, Reisedokumenten-, und biometrischen Daten auch in den anderen Systemen bereits vorhanden sind. Ergibt die Abfrage eine oder mehrere Übereinstimmungen und können die Identitätsdaten der verknüpften Dateien nicht als gleich oder ähnlich angesehen werden, wird eine manuelle Verifizierung durch die zuständigen Behörden durchgeführt (vgl. Art. 27 ff der beiden Verordnungen).
Die Zeitpunkte der Inbetriebnahme der einzelnen Interoperabilitätskomponenten (ESP, sBMS, CIR und MID) werden von der Kommission im Wege einzelner Durchführungsrechtsakte festgelegt (Art. 72 der Verordnung – IO Grenzen und Visa bzw. Art. 68 der Verordnung – IO Polizei und Justiz).
Die Bestimmungen der Verordnung – IO Grenzen und Visa sowie der Verordnung – IO Polizei und Justiz sind unmittelbar anwendbar und bedürfen daher keiner Umsetzung im innerstaatlichen Recht. Zur Gewährleistung einer rechtskonformen Vollziehung der unionsrechtlichen Bestimmungen bedarf es lediglich vereinzelt der Schaffung von Anschluss- und Durchführungsbestimmungen im nationalen Recht, welche im EU-Polizeikooperationsgesetz (EU-PolKG) vorgenommen werden sollen.
Zur Einrichtung des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS):
Mit dem vorliegenden Gesetzesvorhaben werden zudem die erforderlichen Anschluss- und Durchführungsbestimmungen zur ETIAS-Verordnung geschaffen.
Erste Überlegungen zur Einführung eines Systems zur elektronischen Erteilung von Reisebewilligungen an nicht visumpflichtige Drittstaatsangehörige gehen auf eine Mitteilung der Europäischen Kommission vom Februar 2008 mit dem Titel „Vorbereitung der nächsten Schritte für die Grenzverwaltung in der Europäischen Union“ zurück, wurden jedoch zum damaligen Zeitpunkt nicht weiter verfolgt. In einer Mitteilung der Kommission vom 6. April 2016 („Solidere und intelligentere Informationssysteme für das Grenzmanagement und mehr Sicherheit“) wurden Mängel betreffend die Funktionsweise bestehender EU-Dateninformationssysteme im Bereich des Grenzmanagements, der Strafverfolgung und der Terrorismusbekämpfung aufgezeigt und wurde die Notwendigkeit der Verbesserung der Interoperabilität der Informationssysteme und der Schließung von Informationslücken betont. In diesem Zusammenhang kündigte die Kommission die Durchführung einer Machbarkeitsstudie betreffend die Einführung eines Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS) als einem automatisierten System zur Überprüfung von von der Visumpflicht befreiten Drittstaatsangehörigen vor deren Einreise in den Schengen-Raum an. Der Abschlussbericht dieser Studie sowie ein entsprechender Vorschlag für eine Verordnung über ein Europäisches Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS) wurden am 16. November 2016 veröffentlicht. Die ETIAS-Verordnung, die eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands darstellt, wurde vom Europäischen Parlament und vom Rat am 12. September 2018 angenommen und trat am 9. Oktober 2018 in Kraft.
Ziel des ETIAS ist es zu einem hohen Maß an Sicherheit, zur Verhinderung der illegalen Einwanderung und zum Schutz der öffentlichen Gesundheit beizutragen. Darüber hinaus soll ETIAS dabei helfen, bestehende Informations- bzw. Sicherheitslücken in Bezug auf die genannte Personenkategorie zu schließen, da etwa derzeit den Grenzkontrollbehörden keine Informationen über von der Visumpflicht befreite Drittstaatsangehörige bei deren Einreise in den Schengen-Raum vorliegen. Es soll zudem zu einer Erhöhung der Effizienz und Erleichterung der Grenzkontrollen bei von der Visumpflicht befreiten Drittstaatsangehörigen beitragen, indem zum Zeitpunkt des Grenzübertritts bereits zahlreiche Daten zu den Reisenden im System erfasst sind und durch die vorgelagerte Risikoprüfung die Zahl der Einreiseverweigerungen an den Außengrenzen verringert werden kann. Auch soll ETIAS bei der Verwirklichung der Ziele des SIS unterstützen und zur Verhütung, Aufdeckung und Untersuchung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten sowie zur korrekten Identifizierung von Personen beitragen.
Bei ETIAS handelt es sich um ein schengenweites System, in dem sich Drittstaatsangehörige, die von der Visumpflicht befreit sind und für einen Kurzaufenthalt von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen in den Schengen-Raum reisen wollen, vor der Reise registrieren müssen. Anhand von ETIAS soll bereits im Vorfeld einer Einreise – aufgrund der von dem Drittstaatsangehörigen im Rahmen der Antragstellung angegebenen Daten – überprüft werden, ob mit der Anwesenheit dieser Drittstaatsangehörigen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein Risiko für die Sicherheit, ein Risiko der illegalen Einwanderung oder ein hohes Epidemierisiko verbunden ist. Zu diesem Zweck wird eine Reisegenehmigung eingeführt und legt die Verordnung die Bedingungen und Verfahren für die Erteilung oder Verweigerung dieser Genehmigung fest. Neben dem EES stellt ETIAS damit ein weiteres System dar, welches dem wirksamen Grenzmanagement der Außengrenzen dienen soll.
In den Anwendungsbereich des ETIAS fallen gemäß Art. 2 Abs. 1 lit. a und b der ETIAS-Verordnung folgende von der Visumpflicht befreite Drittstaatsangehörige, die für einen Kurzaufenthalt im Schengen-Raum zugelassen sind:
- Staatsangehörige eines Drittstaats, welcher in Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind, ABI. L 081 vom 21.03.2001 S. 1, angeführt ist,
- Schüler, die gemäß Art. 4 Abs. 2 leg. cit. als Mitglied einer Schülergruppe in Begleitung einer Lehrkraft an einer Reise teilnehmen,
- von der Visumpflicht befreite Familienangehörige von Unionsbürgern oder Drittstaatsangehörigen, die das Recht auf Freizügigkeit genießen, wenn sie nicht im Besitz einer Aufenthaltskarte gemäß der Richtlinie 2004/38/EG oder eines Aufenthaltstitels gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 sind (Art. 2 Abs. 1 lit. c der ETIAS-Verordnung); wobei Art. 24 der ETIAS-Verordnung für diese Personengruppe Sondernormen vorsieht.
Um eine Reisegenehmigung zu erhalten, hat der Drittstaatsangehörige im Rahmen des Systems (d.h. über die öffentliche Website oder die Anwendung für Mobilgeräte) ein Online-Antragsformular auszufüllen und bestimmte Informationen über sich bereitzustellen. Die Antragstellung soll hinreichend früh vor der geplanten Einreise oder – sofern sich der Antragsteller bereits im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates aufhält – vor Ablauf der bestehenden Reisegenehmigung erfolgen (diese Möglichkeit besteht ab dem 120. Tag vor Ablauf der Gültigkeit).
Die Anträge auf Erteilung einer Reisegenehmigung werden vollautomatisiert vom ETIAS-Zentralsystem bearbeitet, indem zunächst eine automatische Abfrage der Datenbanken von Europol und Interpol (SLTD für gestohlene und verlorene Reisedokumente und TDAWN zur Erfassung von Ausschreibungen zugeordneter Reisedokumente) sowie den EU-Informationssystemen SIS, EES, VIS, Eurodac, ECRIS-TCN durchgeführt wird. Gleichzeitig erfolgt eine Überprüfung im ETIAS-Zentralsystem inklusive der darin integrierten ETIAS-Überwachungsliste. Letztere enthält Daten von Personen, die einer terroristischen oder anderen schweren Straftat bzw. der Beteiligung an einer solchen verdächtigt werden oder in deren Fall faktische Anhaltspunkte bzw. hinreichende Gründe für die Annahme der Begehung einer solchen Straftat vorliegen. Darüber hinaus werden für die Bearbeitung der Anträge spezifische Risikoindikatoren herangezogen, welche von der (bei der Europäischen Agentur für Grenz- und Küstenwache FRONTEX angesiedelten) ETIAS-Zentralstelle auf Basis der durch die Europäische Kommission ermittelten Risiken festgelegt werden (Art. 33 der ETIAS-Verordnung).
Ergibt die automatisierte Bearbeitung des Antrags keinen Treffer, so erteilt das ETIAS-Zentralsystem automatisch eine Reisegenehmigung. Im Falle eines oder mehrerer Treffer (d.h. wenn die seitens des Drittstaatsangehörigen eingegebenen Daten einer Ausschreibung in einem der Informationsysteme bzw. einem Eintrag in einer Datenbanken entspricht) überprüft die ETIAS-Zentralstelle, ob die personenbezogenen Daten des Antragstellers den personenbezogenen Daten der Person entsprechen, die den Treffer ergeben hat. Liegt eine Übereinstimmung vor oder bestehen weiterhin Zweifel an der Identität der betreffenden Person, übermittelt die ETIAS-Zentralstelle den Antrag an – die von jedem Mitgliedstaat einzurichtende – nationale ETIAS-Stelle jenes Mitgliedstaates, dessen Ausschreibung bzw. Datensatz den Treffer verursacht hat (vgl. Art. 25 der ETIAS-Verordnung). Die nationale ETIAS-Stelle muss die angezeigten Treffer überprüfen („manuelle Bearbeitung“) und sodann – stets unter Vornahme einer individuellen Bewertung des Risikos – entscheiden, ob eine Reisegenehmigung erteilt oder verweigert wird (siehe Erläuterungen zu § 5 Abs. 7 FPG).
Die Reisegenehmigung gilt – sofern keine räumlich begrenzte Gültigkeit vorgesehen ist – für einen Zeitraum von drei Jahren oder bis zum Ablauf der Gültigkeit des bei der Antragstellung registrierten Reisedokuments – je nachdem, welcher Zeitpunkt zuerst eintritt. Sie gilt für das gesamte Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten. Mit der Reisegenehmigung wird kein automatisches Recht auf Einreise oder Aufenthalt verliehen.
Die im Rahmen des ETIAS erteilten Reisegenehmigungen stellen eine neue Einreisevoraussetzung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex) dar, welche die bisherigen Voraussetzungen zur Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ergänzt. Neben den bestehenden Einreisebedingungen nach dem Schengener Grenzkodex (gültiges Reisedokument, ausreichende finanzielle Mittel etc.) muss diese künftig von Drittstaatsangehörigen, die von der Visumpflicht befreit sind, als zusätzliche Voraussetzung nachgewiesen werden. Zudem stellt die Reisegenehmigung eine Aufenthaltsvoraussetzung dar und muss der Drittstaatsangehörige während der gesamten Dauer eines kurzfristigen Aufenthalts im Besitz einer gültigen Reisegenehmigung sein.
Zur Durchführung der nach der ETIAS-Verordnung übertragenen Aufgaben (wie Ermittlung des Status der Reisegenehmigung im Rahmen der Grenzkontrolle und Durchführung weiterer Überprüfungen an der zweiten Kontrolllinie) haben die Grenzbehörden unmittelbaren Zugang zum ETIAS-Zentralsystem. Neben den Grenzbehörden sind auch Einwanderungsbehörden im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Z 22 leg. cit. bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen befugt, zum Zwecke der Prüfung der Voraussetzungen der Einreise und des Aufenthalts sowie der Durchführung einer Rückkehr des Drittstaatsangehörigen, unmittelbar auf das ETIAS-Zentralsystem zuzugreifen.
Da ETIAS auch einen Beitrag zur Verhütung, Aufdeckung oder Untersuchung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten leisten soll, gewährt die ETIAS-Verordnung weiters den für die Strafverfolgung und Gefahrenabwehr zuständigen Behörden („benannte Behörden“ gemäß Art. 3 Abs. 1 Z 21 der ETIAS-Verordnung) einen – über eine zentrale Zugangsstelle bereitgestellten – Zugang zum ETIAS-Zentralsystem.
Der Zeitpunkt der Inbetriebnahme des ETIAS wird mittels Beschluss der Europäischen Kommission festgesetzt (Art. 88 Abs. 1 iVm 4 der ETIAS-Verordnung). Während eines Zeitraums von sechs Monaten nach diesem Datum ist die Nutzung des ETIAS gemäß Art. 83 Abs. 1 der ETIAS-Verordnung fakultativ, und die Pflicht, im Besitz einer gültigen Reisegenehmigung zu sein, gilt nicht. Die Europäische Kommission kann diesen Übergangszeitraum um bis zu sechs weitere Monate verlängern; diese Verlängerung kann einmal erneuert werden.
Die Bestimmungen der ETIAS-Verordnung sind unmittelbar anwendbar und bedürfen keiner Umsetzung im innerstaatlichen Recht. Zur Gewährleistung eines rechtskonformen Vollzugs der unionsrechtlichen Bestimmungen bedarf es jedoch vereinzelter Anpassungen des nationalen Rechts. Es werden daher in folgenden Materiengesetzen Anschluss- und Durchführungsbestimmungen geschaffen: dem EU Polizeikooperationsgesetz (EU-PolKG), dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), dem Grenzkontrollgesetz (GrekoG), dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) sowie dem Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG).
Aufgrund der geplanten Einführung des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS) soll zudem eine Anpassung des FPG dahingehend erfolgen, als die derzeit bestehende (und im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie 2014/36/EU über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zwecks Beschäftigung als Saisonarbeitnehmer, ABl. Nr. L 94 vom 28.3.2014 S. 375 [im Folgenden: „Saisonier-RL“] eingeführte) Visumpflicht für visumbefreite Drittstaatsangehörige, die in das Bundesgebiet einreisen, um einer Beschäftigung als Saisonier von nicht mehr als 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen nachzugehen, entfallen soll. Diesbezüglich ist auch die korrespondierende Regelung in § 5 Abs. 8 AuslBG entsprechend anzupassen.
2. Kompetenzgrundlage:
Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung eines diesem Entwurf entsprechenden Bundesgesetzes gründet sich hinsichtlich
- des Artikels 1 (EU-PolKG) auf Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit),
- des Artikels 2 (PolKG) auf Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit),
- des Artikels 3 (PNR-G) auf Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit),
- des Artikels 4 (FPG) auf Art. 10 Abs. 1 Z 3 B-VG (Regelung und Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm; Aufenthaltsverbot, Ausweisung und Abschiebung) und Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG (Fremdenpolizei),
- des Artikels 5 (GrekoG) auf Art. 10 Abs. 1 Z 3 B‑VG (Regelung und Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm),
- des Artikels 6 (NAG) auf Art. 10 Abs. 1 Z 3 B-VG (Ein- und Auswanderungswesen einschließlich des Aufenthaltsrechtes aus berücksichtigungswürdigen Gründen),
- des Artikels 7 (StbG) auf Art. 11 Abs. 1 Z 1 B‑VG (Staatsbürgerschaft) sowie
- des Artikels 8 (AuslBG) auf Art. 10 Abs. 1 Z 3 und 11 B-VG (Ein- und Auswanderungswesen, Arbeitsrecht, soweit es nicht unter Art. 12 fällt).
Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des EU – Polizeikooperationsgesetzes)
Zum Inhaltsverzeichnis
Die Anpassung dient der Aktualisierung des Inhaltsverzeichnisses.
Zu § 1 Abs. 1a
Die Adaptierung des Abs. 1a dient der Aktualisierung des Anwendungsbereichs aufgrund der vorgeschlagenen Anschluss- und Durchführungsbestimmungen in Zusammenhang mit gegenständlichen Verordnungen.
Zu § 3 Abs. 5 und 6
Abs. 5 wird aufgrund Art. 46 der Verordnung – IO Grenzen und Visa sowie Art. 46 der Verordnung – IO Polizei und Justiz neu eingefügt. Die Haftung Österreichs für Schäden, die Personen oder Mitgliedstaaten durch eine rechtswidrige Verarbeitung personenbezogener Daten oder durch andere gegen diese Verordnungen verstoßende Handlungen entstanden sind, ergibt sich unmittelbar aus den beiden Verordnungen. Ebenso haftet Österreich für Schäden an den Interoperabilitätskomponenten gemäß Art. 1 Abs. 2 der eingangs genannten Verordnungen (dabei handelt es sich um das ESP, den sBMS, den CIR sowie den MID), die durch eine Verletzung der in diesen Verordnungen festgelegten Pflichten entstehen, bereits unmittelbar aufgrund der Verordnungen. Da die Geltendmachung dem nationalen Recht unterliegt (vgl. Art. 46 Abs. 3 der beiden Verordnungen), wird hier – analog zu den Abs. 3 bis 4 – lediglich klargestellt, dass in solchen Fällen der Bund für ihm zuzurechnende (materielle oder immaterielle) Schäden haftet und die Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes zur Anwendung gelangen.
In Abs. 6 wird eine Anschlussnorm zur ETIAS-Verordnung vorgenommen. Die Haftung Österreichs für einen materiellen oder immateriellen Schaden, der durch eine rechtswidrige Verarbeitung personenbezogener Daten oder durch eine andere gegen die ETIAS-Verordnung verstoßende Handlung durch seine Organe entstanden ist, ergibt sich unmittelbar aus Art. 63 der ETIAS-Verordnung. Ebenso, wenn durch eine Verletzung der in dieser Verordnung festgelegten Pflichten durch einen Mitgliedstaat ein Schaden im ETIAS-Zentralsystem verursacht wird. Da gemäß Art. 63 Abs. 3 der ETIAS-Verordnung sich die Geltendmachung nach den nationalen Bestimmungen richtet, wird in Abs. 6 lediglich klargestellt, dass bei zuvor genannten Schäden, die dem Bund zuzurechnen sind, die Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes zur Anwendung gelangen.
Zu § 43b
Das durch die ETIAS-Verordnung eingerichtete Europäische Reiseinformations- und - genehmigungssystem kann gemäß Art. 50 der ETIAS-Verordnung für Zwecke der Verhütung, Aufdeckung oder Untersuchung von terroristischen oder sonstigen schweren Straftaten abgefragt werden. Die hiefür zuständigen Behörden („benannte Behörden“ gemäß Art. 3 Abs. 1 Z 21 der ETIAS-Verordnung) sollen jedoch gemäß Art. 51 der ETIAS-Verordnung nicht unmittelbar Daten im ETIAS-Zentralsystem abfragen dürfen, sondern nur im Wege einer oder mehrerer zentraler Zugangsstellen Zugang zu diesen Daten erhalten. Die benannten Behörden haben daher gemäß Art. 51 der ETIAS-Verordnung einen begründeten Antrag an die zentrale Zugangsstelle zu richten. Diese prüft das Vorliegen der Voraussetzungen und übermittelt gegebenenfalls die betreffenden ETIAS-Daten an die anfragende Behörde. Das konkrete Prozedere wird durch Art. 51 ff der ETIAS-Verordnung klar geregelt. Durch die vorgeschlagene Bestimmung soll lediglich normiert werden, dass der Bundesminister für Inneres die Funktion der zentralen Zugangsstelle gemäß Art. 50 Abs. 2 der ETIAS-Verordnung ausübt. Durch innerorganisatorische Regelungen wird zu bestimmen sein, welcher Organisationseinheit konkret diese Aufgabe zukommen soll.
Zu § 46 Abs. 11
Hierbei handelt es sich um die Inkrafttretensbestimmungen. Die Anschlussbestimmungen zur Verordnung – IO Grenzen und Visa und zur Verordnung – IO Polizei und Justiz treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft. Für das Inkrafttreten der Bestimmungen betreffend die ETIAS-Verordnung wird auf den mit Beschluss der Europäischen Kommission gemäß Art. 88 Abs. 1 der ETIAS-Verordnung noch festzulegenden Tag verwiesen, da das konkrete Datum der Inbetriebnahme des Europäische Reiseinformations- und -genehmigungssystem erst durch diesen Beschluss bestimmt werden wird.
Zu Artikel 2 (Änderung des Polizeikooperationsgesetzes)
Zu § 13 Z 2
Die vorgeschlagene Änderung des § 13 Z 2 dient lediglich der Beseitigung eines Redaktionsversehens.
Zu § 20 Abs. 12
Hierbei handelt es sich um die Inkrafttretensbestimmung.
Zu Artikel 3 (Änderung des PNR-Gesetzes)
Zu § 1 Abs. 1
Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2018, BGBl. I Nr. 70/2018 wurde in Umsetzung des Art. 9 der Richtlinie (EU) 2017/541 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/JI (in der Folge: Richtlinie Terrorismus), ABl. Nr. L 88 vom 31.03.2017 S. 6, in § 278g Strafgesetzbuch (StGB) der Tatbestand des Reisens für terroristische Zwecke eingeführt. Diese Richtlinie Terrorismus enthält unter anderem Mindestvorschriften für die Definition von Straftatbeständen und die Festlegung von Sanktionen auf dem Gebiet von terroristischen Straftaten, Straftaten in Zusammenhang mit einer terroristischen Vereinigung und Straftaten in Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten.
Mit dem PNR-Gesetz wurde die Richtlinie (EU) 2016/681 über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR-Daten) zur Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität, ABl. Nr. L 119 vom 04.05.2016 S. 132, (im Folgenden: PNR-Richtlinie), in nationales Recht umgesetzt. § 1 Abs. 1 des PNR-Gesetzes legt den Anwendungsbereich fest. Art. 3 Z 8 der PNR-Richtlinie definiert terroristische Straftaten – die in den Anwendungsbereich der PNR-Richtlinie fallen – als nach nationalem Recht strafbare Handlungen im Sinne der Artikel 1 bis 4 des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI. Dieser Rahmenbeschluss wurde durch die eingangs zitierte Richtlinie Terrorismus ersetzt. Gemäß Art. 9 der Richtlinie Terrorismus wird das Reisen für terroristische Zwecke als Straftat in Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten definiert. Da somit auch der Tatbestand des Reisens für terroristische Zwecke von der PNR-Richtlinie erfasst ist, ist die vorgeschlagene Anpassung des PNR-Gesetzes aufgrund der Einführung des § 278g StGB geboten.
Zu § 14 Abs. 3
Mit dieser Bestimmung wird das Inkrafttreten geregelt.
Zu Artikel 4 (Änderung des Fremdenpolizeigesetzes 2005)
Zum Inhaltsverzeichnis
Diese Bestimmungen dienen der Aktualisierung des Inhaltsverzeichnisses.
Zu § 2 Abs. 4 Z 17a
Vor dem Hintergrund der Einführung von ETIAS soll die mit Umsetzung der Saisonier-RL, BGBl. I Nr. 145/2017, eingeführte Visumpflicht für visumbefreite Drittstaatsangehörige, die in das Bundesgebiet einreisen, um einer Beschäftigung als Saisonier von nicht mehr als 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen nachzugehen, entfallen. In diesem Zusammenhang erfolgt auch eine Änderung der Legaldefinition des Verlängerungsantrages gemäß Z 17a. Künftighin sollen vom Begriff eines Verlängerungsantrags sowohl Fälle umfasst sein, in denen Drittstaatsangehörige, die bereits im Besitz eines Visums als Saisoniers sind, einen Antrag auf Erteilung eines weiteren Visums stellen sowie Drittstaatsangehörige, die während ihres visumfreien Aufenthalts von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen einer erlaubten Tätigkeit als Saisoniers nachgehen und nunmehr ihren Aufenthalt über diesen Zeitraum hinaus verlängern wollen und daher ein Visum D beantragen.
Zu § 2 Abs. 4 Z 20
Die bisher zitierte Verordnung (EG) Nr. 539/2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind, ABl. Nr. L 81 vom 21.03.2001 S 1, wurde durch die Verordnung (EU) 2018/1806 (EU) zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind, ABl. Nr. L 303 vom 28.11.2018 S. 39 (Visumpflichtverordnung), ersetzt. Dieser Umstand wird nunmehr in der Begriffsbestimmung des Abs. 4 Z 20 berücksichtigt.
Zu § 2 Abs. 4 Z 28
In Z 28 wird eine Legaldefinition des Begriffs „ETIAS-Verordnung“ aufgenommen, auf welche in einzelnen Bestimmungen verwiesen wird.
Zu § 5 Abs. 1 Z 2 lit. a
Die Änderung in § 5 Abs. 1 Z 2 lit. a ergeht vor dem Hintergrund der Neuregelung in § 2 Abs. 4 Z 17a. Künftig soll es sowohl an sich visumbefreiten Drittstaatsangehörigen, die während ihres rechtmäßigen Aufenthalts und im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung erstmals ein Visum als Saisonier beantragen, als auch jenen Drittstaatsangehörigen, an die bereits ein Visum erteilt worden ist und die eine Verlängerung begehren, möglich sein ihren Aufenthalt im Inland zu verlängern. Das Wort „Verlängerung“ von Visa gemäß § 11b Abs. 2 wird daher durch den Überbegriff „Erteilung“ von Visa gemäß § 11b Abs. 2 ersetzt.
Für die Verlängerung von Visa, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft, ABl. Nr. L 243 vom 15.09.2009 S. 1, (Visakodex) erteilt wurden, ist weiterhin die Landespolizeidirektion (ausschließlich) für dessen Verlängerung zuständig.
Am Umfang der Zielgruppe des § 5 Abs. 1 Z 2 und damit am Umfang der Zuständigkeit der LPD in diesem Bereich ändert sich durch diese geplanten Anpassungen nichts.
Zu § 5 Abs. 7
Mit dem neuen § 5 Abs. 7 wird festgelegt, dass der Bundesminister für Inneres die Funktion der nationalen ETIAS-Stelle im Sinne des Art. 8 der ETIAS-Verordnung ausübt. Die vom Bundesminister für Inneres in dieser Funktion zu besorgenden Aufgaben sind taxativ in Art. 8 Abs. 2 der ETIAS-Verordnung aufgezählt.
Als nationale ETIAS-Stelle obliegt ihm die Hauptverantwortung für die Durchführung der Risikobewertungen in Zusammenhang mit der Einreise des Antragstellers (d.h. die Bewertung des Risikos der irregulären Migration sowie der Risiken für die Sicherheit und die öffentliche Gesundheit) und die Entscheidung über die im automatisierten Verfahren abgelehnten und zur manuellen Bearbeitung weitergeleiteten Anträge auf Erteilung einer Reisegenehmigung. Eine solche Weiterleitung zur manuellen Bearbeitung an die nationale ETIAS-Stelle erfolgt in Fällen, in denen im Rahmen der automatisierten Bearbeitung des Antrags durch das ETIAS-Zentralsystem mindestens ein Treffer in Bezug auf andere Informationssysteme, die ETIAS-Überwachungsliste oder spezifische Risikoindikatoren gemeldet wurde oder kein schlüssiges Ergebnis betreffend die Identität des Antragstellers erzielt werden konnte und im Rahmen der anschließenden Überprüfung durch die ETIAS-Zentralstelle der Treffer bestätigt wurde bzw. die Zweifel bezüglich der Identität des Antragstellers nicht ausgeräumt werden konnten. Die nationale ETIAS-Stelle hat die Anträge auf Erteilung einer Reisegenehmigung sodann gemäß Art. 26ff der ETIAS-Verordnung manuell zu bearbeiten und darüber zu entscheiden, ob eine Reisegenehmigung erteilt oder verweigert wird.
Zu diesem Zweck erhält die nationale ETIAS-Stelle gemäß der ETIAS-Verordnung Zugriff auf den (mit Antragstellung aufgrund der im Antragsformular übermittelten Angaben automatisch vom ETIAS-Zentralsystem erstellten) Antragsdatensatz im ETIAS-Zentralsystem und damit verbundene Antragsdatensätze sowie auf alle Treffer, die die Antragsbearbeitung ergeben hat. Im Bedarfsfall können zusätzliche Angaben und Unterlagen vom Antragsteller angefordert (Art. 27 der ETIAS-Verordnung) sowie Konsultationen mit nationalen ETIAS-Stellen anderer Mitgliedstaaten oder Europol zur Beurteilung der Anträge geführt werden (Art. 28 f der ETIAS-Verordnung).
Der Antragsteller ist spätestens 96 Stunden ab Einreichung seines Antrages (sofern keine weiteren Angaben bzw. Unterlagen von ihm benötigt werden) von der nationalen ETIAS-Stelle über die von ihr getroffene positive oder negative Entscheidung zu informieren (Art. 30 der ETIAS-Verordnung). Eine entsprechende Mitteilung ist dem Antragsteller über den E-Mail-Dienst des ETIAS-Informationssystems zu übermitteln und hat diese unter anderem die in Art. 38 Abs. 1 oder 2 der ETIAS-Verordnung genannten Angaben zu enthalten. Im Falle einer negativen Entscheidung (Verweigerung der Reisegenehmigung) sind dem Antragsteller entsprechende Informationen zum Recht auf Einlegung eines Rechtsmittels bereitzustellen. Dazu zählen insbesondere Informationen über die zuständige Rechtsmittelinstanz, das von dieser durchzuführende Verfahren sowie die Rechtsmittelfrist. Diesbezüglich wird auf die Erläuterungen zu den §§ 9 Abs. 4a und 11c verwiesen.
Sollte sich nach Erteilung einer Reisegenehmigung herausstellen, dass die Bedingungen für die Erteilung zum Zeitpunkt der Erteilung nicht erfüllt waren oder diese nicht mehr erfüllt sind, ist die nationale ETIAS-Stelle auch für deren Annullierung und Aufhebung zuständig (Art. 40f der ETIAS-Verordnung). Gegen die Entscheidung, mit der die Reisegenehmigung annulliert oder aufgehoben wird, kann ebenfalls ein Rechtsmittel erhoben werden und sind dem Drittstaatsangehörigen diesfalls mit Blick auf sein Recht auf Einlegung eines Rechtsmittels über den E-Mail-Dienst des ETIAS-Informationssystems dieselben Informationen bereitzustellen, die auch im Falle einer Verweigerung der Reisegenehmigung übermittelt werden müssen (siehe Erläuterungen zu den §§ 9 Abs. 4a und 11c).
Die Verfahren zur Entscheidung über einen Reisegenehmigungsantrag sowie zur Annullierung und Aufhebung einer Reisegenehmigung sind in der ETIAS-Verordnung festgelegt, weshalb die Schaffung diesbezüglicher Regelungen im nationalen Recht nicht zulässig ist.
Zu § 9 Abs. 4a
Einem Drittstaatsangehörigen, dessen Reisegenehmigung verweigert, aufgehoben oder annulliert wurde, steht gemäß den Vorgaben der ETIAS-Verordnung ein Rechtsmittel zu (Art. 38 Abs. 2 lit. d und 42 lit. d leg. cit.). Dieses ist nach unionsrechtlichen Vorgaben im Einklang mit dem nationalen Recht des Staates einzulegen, der eine solche Entscheidung erlassen hat. Vor diesem Hintergrund wird im nationalen Recht ein entsprechender Rechtsschutz vorgesehen und in § 9 Abs. 4a das Bundesverwaltungsgericht als die (für Angelegenheiten der unmittelbaren Bundesverwaltung) sachlich zuständige Rechtsmittelinstanz festgelegt. Folglich können Entscheidungen, mit denen eine Reisegenehmigung verweigert, annulliert oder aufgehoben wird, vom Drittstaatsangehörigen mittels Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, vor dem Bundesverwaltungsgericht bekämpft werden.
Zu § 11b Abs. 2
Die Änderung des § 11b Abs. 2 ergeht ebenso vor dem Hintergrund der Neuregelung des § 2 Abs. 4 Z 17a.
Von § 11b Abs. 2 sollen künftig sowohl jene Fälle umfasst sein, in denen sich ein Drittstaatsangehöriger, der bereits einer Beschäftigung als Saisonier nachgeht, rechtmäßig aufgrund eines Visums im Bundesgebiet aufhält und für dieses um Verlängerung ansucht, als auch Fälle, in denen ein an sich visumbefreiter Drittstaatsangehöriger, der einer Beschäftigung als Saisonier nachgeht, durch die Beantragung eines Visums seinen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet verlängern will, um weiterhin einer solchen Beschäftigung nachzugehen.
Weiters kann auf die Ausführungen zu § 2 Abs. 4 Z 17a bzw. § 24 Abs. 2 Z 3 verwiesen werden.
Zu § 11c samt Überschrift
Mit dem vorgeschlagenen § 11c werden besondere Verfahrensbestimmungen für das Beschwerdeverfahren betreffend die auf Grund der Art. 37, 40 und 41 der ETIAS-Verordnung getroffenen Entscheidungen (Verweigerung, Annullierung und Aufhebung einer Reisegenehmigung) im FPG eingeführt.
Dadurch wird den Art. 37 Abs. 3, 40 Abs. 3 und 41 Abs. 7 der ETIAS-Verordnung Rechnung getragen, welche vorsehen, dass dem Antragsteller ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung, mit der eine Reisegenehmigung verweigert, annulliert oder aufgehoben wird, im Einklang mit dem nationalen Recht des Mitgliedstaats, der diese Entscheidung getroffen hat, zusteht.
Die vorgeschlagenen Sonderbestimmungen für das Beschwerdeverfahren auf Grund der ETIAS-Verordnung orientieren sich an den geltenden Sondernormen für das Beschwerdeverfahren in Visaangelegenheiten (§ 11a FPG). Dies ist geboten, da es sich bei der neu geschaffenen ETIAS-Reisegenehmigung um eine solche Genehmigung handelt, die mit einem Visa vergleichbar ist und allfällige Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht betreffend deren Nichterteilung, Annullierung oder Aufhebung daher naturgemäß einen engen sachlichen Konnex zu Visaangelegenheiten aufweisen.
So sieht Abs. 1 vor, dass der Beschwerdeführer mit der Beschwerde gegen eine Entscheidung der nationalen ETIAS-Stelle sämtliche von ihm im Zuge der Beantragung bzw. Bearbeitung der Reisegenehmigung vorgelegten Unterlagen – samt Übersetzung in die deutsche Sprache – zu übermitteln hat. Dabei kann es sich etwa um Unterlagen handeln, die von der nationalen ETIAS-Stelle zusätzlich angefordert wurden, da sie für die Bewertung des ETIAS-Antrags erforderlich waren.
Abs. 2 regelt, angelehnt an § 11a Abs. 2 betreffend Beschwerdeverfahren in Visaangelegenheiten, dass Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen sind. Andernfalls würde dadurch der Sinn und Zweck der Reisegenehmigung – als ausdrückliche Voraussetzung für die Einreise in den Schengenraum gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. b Schengener Grenzkodex – konterkariert werden. In diesem Zusammenhang wird festgehalten, dass auch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde keinesfalls ein Recht auf Einreise des Antragstellers in den Schengenraum bewirkt. Da es jederzeit möglich ist einen neuen Antrag auf Erteilung einer ETIAS-Reisegenehmigung zu stellen und dies gegenüber der Führung eines Beschwerdeverfahrens rascher und kostensparender ist, kann das Beschwerdeverfahren in sachgerechter Weise auf die bereits im Rahmen des Antragsverfahrens vorgebrachten Tatsachen und Beweise beschränkt werden.
Bei der Regelung in Abs. 3 handelt es sich um eine Sondernorm betreffend die Kostentragung für allfällige, im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht anfallende Barauslagen iSd § 76 AVG.
Zu § 24 Abs. 2 Z 3
Bis zum 1. Oktober 2017 erhielten Saisoniers ein Visum C oder D (je nach Dauer des Aufenthaltes) oder konnten visumfrei einreisen, wenn sie entsprechend der Visumpflichtverordnung visumbefreit waren und eine Unbedenklichkeitsbescheinigung vorlegten. Die Vorlage einer solchen Unbedenklichkeitsbescheinigung, ausgestellt durch die zuständige Landespolizeidirektion, war zwingend erforderlich und wurde im Zuge dessen eine fremdenpolizeiliche Überprüfung (Gefahr für die öffentliche Sicherheit, Risiko der illegalen Einwanderung) durchgeführt. Sie wurde auf Antrag des Arbeitgebers mit Zustimmung des Fremden nur dann ausgestellt, wenn keine fremdenpolizeilichen Einwände bestanden.
Vor dem Hintergrund der Vorgaben der Saisonier-RL, welche mit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 (FrÄG 2017), BGBl. I Nr. 145/2017, umgesetzt wurden, wurde dieses System neugestaltet. Da die Erteilung von Unbedenklichkeitsbescheinigungen aufgrund der zwingenden Vorgaben der Saisonier-RL entfallen musste, wurden an sich visumbefreite Drittstaatsangehörige zur Ausübung einer Saisoniertätigkeit der Visumpflicht unterstellt, um auf diese Weise eine entsprechende fremdenpolizeiliche (Sicherheits-)Überprüfung zu ermöglichen. Ab dem 1. Oktober 2017 benötigten somit alle (d.h. der Visumpflicht unterliegende sowie visumbefreite) Drittstaatsangehörige für die Aufnahme einer Tätigkeit als Saisonier zusätzlich zu einer Beschäftigungsbewilligung ein Visum (Visum C oder D – je nach Dauer des Aufenthaltes).
Durch die Einführung der ETIAS-Reisegenehmigung mit Inkrafttreten der ETIAS-Verordnung erfolgt künftig bereits vor der Einreise von Drittstaatsangehörigen in den Schengenraum eine Überprüfung hinsichtlich eines allfälligen, mit dessen Aufenthalt verbundenen Risikos für die Sicherheit, der illegalen Einwanderung oder eines hohen Epidemierisikos und ist eine solche Überprüfung (bezogen auf den Sicherheitsaspekt sowie die illegale Einwanderung) mit der gegenständlich erfolgenden fremdenpolizeilichen Überprüfung zwecks Visumerteilung an visumbefreite Saisoniers vergleichbar. Die aktuell bestehende Visumpflicht für an sich visumbefreite Drittstaatsangehörige zwecks Aufnahme einer kurzfristigen (d.h. bis zu 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen dauernden) Saisontätigkeit kann daher künftig entfallen.
Zu § 30a samt Überschrift
Mit dem vorgeschlagenen § 30a wird ein „Anschlussstück“ zu Art. 44 der ETIAS-Verordnung geschaffen, welcher die Möglichkeit der Erteilung einer Reisegenehmigung mit räumlich begrenzter Gültigkeit an visumpflichtbefreite Drittstaatsangehörige aus humanitären Gründen, aus Gründen des nationalen Interesses oder aufgrund internationaler Verpflichtungen vorsieht. Von dieser Option soll Gebrauch gemacht und hinsichtlich der Erteilung einer solchen Reisegehmigung aus humanitären Gründen eine entsprechende Ermächtigung in § 30a aufgenommen werden. Bei Vorliegen eines humanitären Grundes kann die nationale ETIAS-Stelle daher künftig eine Reisegenehmigung gemäß Art. 44 der ETIAS-Verordnung erteilen. Die Bedingungen und Verfahren für die Erteilung einer solchen Reisegenehmigung mit räumlich begrenzter Gültigkeit ergeben sich auch in diesem Fall unmittelbar aus der ETIAS-Verordnung. Als humanitäre Gründe im Sinne des § 30a kommen sämtliche Gründe in Betracht, die die Erteilung eines Visums aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 22a Z 1 rechtfertigen würden. Dazu zählen etwa unerwartete Notfälle wie beispielsweise plötzliche Krankenhausaufenthalte.
Zu § 98 Abs. 8
Mit dem vorgeschlagenen § 98 Abs. 8 soll die Anschlussnorm zu den unmittelbar geltenden Art. 55 Abs. 3 und Abs. 6 der ETIAS-Verordnung geschaffen werden.
Gemäß Art. 55 Abs. 3 der ETIAS-Verordnung hat die nationale ETIAS-Stelle die Daten eines Drittstaatsangehörigen im ETIAS-Zentralsystem im Falle des Nachweises seiner sachlichen Unrichtigkeit oder der verordnungswidrigen Verarbeitung zu überprüfen und entsprechend zu berichtigen oder zu löschen.
Über Informationen betreffend derartiger Unstimmigkeiten kann etwa die Fremdenpolizeibehörde, als Einwanderungsbehörde im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Z 22 der ETIAS-Verordnung, verfügen, welche gemäß Art. 13 Abs. 4 iVm Art. 49 der ETIAS-Verordnung unter bestimmten Voraussetzungen lesenden Zugriff auf das ETIAS-Zentralsystem hat, um die im Rahmen ihrer Tätigkeit ermittelten Daten eines Fremden mit den im ETIAS-Zentralsystem verarbeiteten Daten vergleichen zu können. Damit die nationale ETIAS-Stelle der ihr gemäß Art. 55 Abs. 3 der ETIAS-Verordnung übertragenen Verpflichtungen nachkommen kann, soll eine entsprechende Rechtsgrundlage für die Übermittlung der Daten geschaffen werden, die sie zur Überprüfung und Berichtigung bzw. Löschung des ETIAS-Antragsdatensatzes benötigt.
Art. 55 Abs. 6 der ETIAS-Verordnung legt fest, dass der ETIAS-Antragsdatensatz eines Drittstaatsangehörigen, dem ein Visum C (vgl. Verordnung (EG) Nr. 810/2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft, ABl. Nr. L 243 vom 15.09.2009 S. 1) oder ein Visum D gemäß § 20 FPG ausgestellt wurde und der unter Hinweis auf das Bestehen einer gültigen ETIAS-Reisegenehmigung bei den Visumbehörden die Löschung seines ETIAS-Antragsdatensatzes beantragt hat, unverzüglich durch die nationale ETIAS-Stelle zu löschen ist.
Um dieser Verpflichtung gemäß Art. 55 Abs. 6 der ETIAS-Verordnung nachkommen zu können, ist es erforderlich, dass die nationale ETIAS-Stelle von den nationalen Visumbehörden über entsprechende Anträge in Kenntnis gesetzt wird und ihr die für eine allfällige Löschung aus dem ETIAS-Zentralsystem erforderlichen Daten zur Verfügung gestellt werden. Durch den vorgeschlagenen § 98 Abs. 8 soll eine entsprechende Rechtsgrundlage für eine solche Datenübermittlung geschaffen werden.
Zu den Daten, die zur Erfüllung der der nationalen ETIAS-Stelle nach Art. 55 Abs. 3 bzw. 6 der ETIAS-Verordnung übertragenen Aufgaben erforderlich sind und die auf Grundlage des § 98 Abs. 8 übermittelt werden können, zählen etwa der Vor- und Nachname des Antragstellers, das Geburtsdatum, die Staatsangehörigkeit sowie Nummer und Gültigkeitsdauer des Reisedokuments des betroffenen Drittstaatsangehörigen.
Zu § 125 Abs. 35
Mit § 125 Abs. 35 wird eine Übergangsbestimmung aufgenommen, welche normiert, dass die vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes gemäß § 24 Abs. 1 Z 3 an visumbefreite drittstaatsangehörige Saisoniers erteilten Visa C bis zum Ablauf ihrer Gültigkeitsdauer weitergelten.
Zu § 126 Abs. 27
Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten. Das konkrete Datum der Inbetriebenahme des Europäischen Reiseinformations- und –genehmigungssystems wird erst noch mit Beschluss der Europäischen Kommission gemäß Art. 88 Abs. 1 der ETIAS-Verordnung festgelegt werden, weshalb auf diesen Beschluss verwiesen wird.
Bezüglich der Anpassungen betreffend Saisoniers aufgrund der ETIAS-Verodnung ist eine spezifische Regelung für das Inkrafttreten vorgesehen. Gemäß Art. 83 Abs. 1 der ETIAS-Verordnung ist die Nutzung von ETIAS während eines Zeitraumes von sechs Monaten nach Inbetriebnahme von ETIAS fakultativ und gilt die Pflicht, im Besitz einer gültigen Reisegenehmigung zu sein, während dieses Zeitraumes nicht. Die Kommission kann diesen Zeitraum durch Annahme eines delegierten Rechtsaktes nach Art. 89 der ETIAS-Verordnung um bis zu weitere sechs Monate verlängern und eine diesbezüglich erfolgte Verlängerung einmalig erneuern.
Würde man die gegenständlichen Gesetzesänderungen bereits ab der Inbetriebnahme des ETIAS in Kraft treten lassen, würde die Visumpflicht – und eine damit verbundene fremdenpolizeiliche Überprüfung – wegfallen, eine Sicherheitsüberprüfung im Rahmen der Erteilung einer ETIAS-Reisegenehmigung würde aber – zumindest sechs Monate lang – noch nicht verpflichtend erfolgen, weswegen das Inkrafttreten auf den angeführten Zeitpunkt zu verschieben ist.
Zu Artikel 5 (Änderung des Grenzkontrollgesetzes)
Zu § 1 Abs. 5b
In Abs. 5b wird eine Legaldefinition des Begriffs „ETIAS-Verordnung“ aufgenommen, auf welche in einzelnen Bestimmungen verwiesen wird.
Zu § 15 Abs. 1 Z 5
Der neue § 15 Abs. 1 Z 5 ist die Anschlussnorm zum unmittelbar geltenden Art. 55 Abs. 3 der ETIAS-Verordnung, wonach die nationale ETIAS-Stelle dazu verpflichtet ist, Daten im ETIAS-Zentralsystem eines Drittstaatsangehörigen zu berichtigen und gegebenenfalls zu löschen, wenn sich diese als sachlich unrichtig oder als verordnungswidrig verarbeitet erweisen.
Unrichtige Daten bzw. Daten, die nicht gemäß der ETIAS-Verordnung verarbeitet wurden, können etwa durch Grenzkontrollbehörden festgestellt werden, welche gemäß Art. 13 Abs. 2 iVm Art. 47 der ETIAS-Verordnung über einen lesenden Zugriff auf das ETIAS-Zentralsystem verfügen und daher in der Lage sind, den Antragsdatensatz mit den ihnen im Zuge der Durchführung der Grenzkontrollen vorgelegten Daten zu vergleichen.
Damit die nationale ETIAS-Stelle ihre gemäß Art. 55 Abs. 3 übertragenen Berichtigungs- bzw. Löschungspflichten erfüllen kann, haben die Grenzkontrollbehörden dieser die unrichtig oder im Widerspruch zur Verordnung verarbeiteten Daten zur Kenntnis zu bringen.
Vor diesem Hintergrund wird mit § 15 Abs. 1 Z 5 eine entsprechende Datenübermittlungsgrundlage geschaffen und festgelegt, dass der nationalen ETIAS-Stelle personenbezogene Daten durch die Grenzkontrollbehörden – und zwar ausschließlich zur Erfüllung der durch Art. 55 Abs. 3 der ETIAS-Verordnung übertragenen Aufgaben – übermittelt werden dürfen. Zu derartigen Daten zählen etwa der Vor- und Nachname, das Geburtsdatum sowie die Staatsangehörigkeit des betroffenen Drittstaatsangehörigen.
Zu § 18 Abs. 13
Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten.
Zu Artikel 6 (Änderung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes)
Zu § 2 Abs. 1 Z 23
In Z 23 wird eine Legaldefinition des Begriffs „ETIAS-Verordnung“ aufgenommen, auf welche in einzelnen Bestimmungen verwiesen wird.
Zu § 37 Abs. 7
Mit dem vorgeschlagenen § 37 Abs. 7 soll die Anschlussnorm zu den unmittelbar geltenden Art. 55 Abs. 3, Abs. 5 lit. c und Abs. 6 der ETIAS-Verordnung geschaffen werden, welche Berichtigungs- bzw. Löschungspflichten der nationalen ETIAS-Stelle in Bezug auf im ETIAS-Zentralsystem gespeicherte Antragsdatensätze vorsehen.
Gemäß Art. 55 Abs. 3 der ETIAS-Verordnung hat die nationale ETIAS-Stelle die Daten eines Drittstaatsangehörigen im ETIAS-Zentralsystem im Falle des Nachweises der sachlichen Unrichtigkeit oder der verordnungswidrigen Verarbeitung zu überprüfen und entsprechend zu berichtigen oder zu löschen. Über Informationen betreffend derartiger Unstimmigkeiten kann die NAG-Behörde verfügen, welche gemäß Art. 13 Abs. 4 iVm Art. 49 der ETIAS-Verordnung unter bestimmten Voraussetzungen lesenden Zugriff auf das ETIAS-Zentralsystem hat, um die im Rahmen eines Verfahrens zur Erteilung eines Aufenthaltstitels ermittelten Daten eines Fremden mit den im ETIAS-Zentralsystem verarbeiteten Daten vergleichen zu können. Damit die nationale ETIAS-Stelle der ihr gemäß Art. 55 Abs. 3 der ETIAS-Verordnung übertragenen Verpflichtungen nachkommen kann, soll eine Rechtsgrundlage für die Übermittlung der Daten geschaffen werden, die sie zur Überprüfung und Berichtigung bzw. Löschung des ETIAS-Antragsdatensatzes benötigt.
Art. 55 Abs. 5 lit. c der ETIAS-Verordnung verpflichtet die nationale ETIAS-Stelle dazu, den im ETIAS-Zentralsystem gespeicherten Antragsdatensatz eines Drittstaatsangehörigen zu überprüfen und gegebenenfalls zu löschen, wenn dieser als Familienangehöriger eines Unionsbürgers Inhaber einer Aufenthaltskarte oder als Familienangehöriger eines Drittstaatsangehörigen, der ein dem Recht von Unionsbürgern gleichwertiges Freizügigkeitsrecht genießt, Inhaber einer Aufenthaltskarte bzw. eines Auftenhaltstitels nach der Verordnung 1030/2002 wird, und deswegen aus dem Anwendungsbereich der ETIAS-Verordnung fällt (Art. 2 Abs. 2 lit. c und d der ETIAS-Verordnung). Auch in diesem Fall ist eine entsprechende Mitteilung an die nationale ETIAS-Stelle zur Erfüllung ihrer Verpflichtung gemäß Art. 55 Abs. 5 der ETIAS-Verordnung erforderlich und soll der vorgeschlagene Abs. 7 als Rechtsgrundlage zur Übermittlung der hiefür notwendigen personenbezogenen Daten durch die NAG-Behörde dienen.
Nach Art. 55 Abs. 6 ist ein Antragsdatensatz im ETIAS-Zentralsystem auf Betreiben eines Drittstaatsangehörigen, der bei der NAG-Behörde im Falle der Erteilung eines bestimmten Aufenthaltstitels unter Hinweis auf eine bestehende gültige ETIAS-Reisegenehmigung die Löschung des entsprechenden ETIAS-Antragsdatensatzes beantragt, durch die nationale ETIAS-Stelle zu löschen. Auch diesfalls ist die Schaffung einer entsprechenden Ermächtigung zur Übermittlung von personenbezogenen Daten durch die NAG-Behörde an die nationale ETIAS-Stelle erforderlich, da sie andernfalls nicht in der Lage wäre, ihrer Überprüfungs- und Löschungspflicht gemäß Art. 55 Abs. 6 der ETIAS-Verordnung nachzukommen.
Zu § 82 Abs. 37
Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten.
Zu Artikel 7 (Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985)
Zu § 41 Abs. 5
Der vorgeschlagene § 41 Abs. 5 ist die Anschlussnorm zum unmittelbar geltenden Art. 55 Abs. 5 lit. b der ETIAS-Verordnung, wonach es der nationalen ETIAS-Stelle obliegt, die im ETIAS-Zentralsystem gespeicherten Daten eines Drittstaatsangehörigen im Falle seiner Einbürgerung unverzüglich zu löschen.
Um dieser Verpflichtung – der Überprüfung des tatsächlichen Bestehens einer gültigen Reisegenehmigung und gegebenenfalls der Entfernung des zugehörigen ETIAS-Antragsdatensatzes – umgehend nachkommen zu können, ist die nationale ETIAS-Stelle von sämtlichen Einbürgerungen von Drittstaatsangehörigen durch die Staatsbürgerschaftsbehörden in Kenntnis zu setzen.
Zu diesem Zweck wird mit dem vorgeschlagenen Abs. 5 eine explizite Rechtsgrundlage geschaffen, die es den Staatsbürgerschaftsbehörden gestattet, anlässlich des Staatsbürgerschaftserwerbs durch einen Drittstaatsangehörigen dessen personenbezogenen Daten an die nationale ETIAS-Stelle zu übermitteln. Zu diesen Daten zählen etwa der Vor- und Nachname, Geschlecht, das Geburtsdatum, die bisherige Staatsangehörigkeit und das Datum des Staatsbürgerschaftserwerbs. Eine solche Übermittlung soll allerdings nur insoweit zulässig sein, als es zur Erfüllung der gemäß Art. 55 Abs. 5 lit. b ETIAS-Verordnung festgelegten Verpflichtung erforderlich ist.
Zu § 64a Abs. 37
Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten.
Zu Artikel 8 (Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes)
Zu § 5 Abs. 8:
Die Bestimmung des § 5 Abs. 8 regelt die Prüfung der aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen bei der Erteilung von Saisonbewilligungen und den Zeitpunkt der erlaubten Aufnahme der Saisonbeschäftigung.
Im Zuge der Einführung des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS) soll mit der neuen Bestimmung des § 24 Abs. 2 Z 3 FPG eine Ausnahme von der bisherigen Visumpflicht für kurzfristige Saisontätigkeiten (bis zu 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen) geschaffen werden. Der Verweis auf diese neue Bestimmung soll klarstellen, dass auch in solchen Fällen die Prüfung des Aufenthaltsrechts durch das AMS entfällt.
Die Neuregelung soll zeitgleich mit den korrespondierenden Vorschriften des FPG in Kraft treten.
Zu § 34 Abs. 54
Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten, welches zeitgleich mit den korrespondieren Bestimmungen im FPG erfolgen soll.