Erläuterungen
Allgemeiner Teil
Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:
Das Agrarmarketingbeitragssystem erhält eine neue Gestaltung, vor allem um – ausgehend von einer Kritik des Rechnungshofs – die Aufbringung der Mittel auf eine breitere Basis zu stellen.
Der Agrarmarketingbeitrag wird zur Förderung des Absatzes von land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen, zur Erschließung und Pflege von Märkten für diese Zwecke im In- und Ausland, zur Verbesserung des Vertriebs und der Qualität landwirtschaftlicher Erzeugnisse und zur Vermittlung von relevanten Informationen für Verbraucher hinsichtlich Qualität und sonstiger Produkteigenschaften eingehoben. Mithilfe dieses Beitrags können Aktivitäten in den Bereichen Qualitätssicherung, Information und Marktbearbeitung gesetzt werden, die dazu beitragen, den Absatz der landwirtschaftlichen Produktion zu stärken und die Erzeugnisse der Land- und Lebensmittelwirtschaft im In- und Ausland bekannt zu machen. Die Einführung und konsequente Weiterentwicklung der AMA-Gütesiegel-Strategie hat wesentlich dazu beigetragen, dass sowohl Lebensmitteleinzelhandel als auch Konsumenten sehr stark auf Qualitätsprodukte setzen. Der Rechnungshof hat in seinem Bericht BUND 2016/21 zur Agrarmarkt Austria Marketing GesmbH bemängelt, dass für die Vermahlung von Getreide im Rahmen einer Handelsvermahlung bislang keine Beiträge vorgesehen sind und der überwiegende Teil der Agrarmarketingbeiträge (rund 80%) aus den Bereichen Milch und Fleisch stammt. Mit einer grundlegenden Umgestaltung soll das Marketingbeitragssystem auf eine neue und breitere Grundlage gestellt werden und damit unter Vermeidung zusätzlicher Verwaltungslasten und Einhebungskosten eine „fairere“ Mittelaufbringung erreicht werden. Mit einem (neuen) allgemeinen Flächenbeitrag und den bisherigen produktbezogenen (angepassten) Beiträgen sollen nunmehr alle landwirtschaftlichen Produzenten zur Finanzierung beitragen. Gleichzeitig soll der Agrarmarketingbeitrag auch zur Vermittlung von landwirtschafts- und lebensmittelrelevanten Aspekten dienen.
Kompetenzgrundlage:
Der vorliegende Gesetzentwurf stützt sich auf § 1 AMA-Gesetz und Art. 10 Abs. 1 Z 4 B-VG.
Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:
Keine
Besonderer Teil
Zu Z 1(§ 21a Abs. 1 Z 6):
Die Vermittlung von landwirtschafts- und lebensmittelrelevanten Aspekten wird als zusätzlicher Zweck ergänzt. Durch Kommunikation der Leistungen der Wertschöpfungskette von Lebensmitteln wird ein Beitrag zum besseren Verständnis geleistet.
Zu Z 2 (§ 21b):
Die bisherige Begriffsbestimmung „Versand von Milch“ erweist sich im Lichte der VwGH-Judikatur (vgl. Ra 2019/07/0121, 0122, 0124, 0127) als zu eng. Daher wird die Übernahme der Milch neu bestimmt und ebenso der Milchübernehmer infolge geänderter EU-Rechtsgrundlage aktualisiert (Z 2 und 3). So ist nunmehr der bloße Transporteur der Milch in andere Mitgliedstaaten ebenso erfasst. Erzeugerzusammenschlüsse, die die gemeinsame Milchvermarktung organisieren, sind als Erstankäufer einzustufen. Das Schlachtgeflügel wird einerseits um Enten und Gänse erweitert, um der steigenden Bedeutung dieser Kategorien Rechnung zu tragen, andererseits werden die bisher als Masthühner titulierten Hühner als Kammhühner spezifiziert, um damit das geänderte Produktions- und Konsumverhalten, zB sogenannte Bruderhähne, abzubilden (Z 6). Als „Legehenne“ gilt nunmehr der Legehennenplatz gemäß amtlichem Legehennenregister (Z 7). Weiters sind die Produktbeiträge Obst, Gemüse und Speisekartoffeln (Z 9), Gartenbauerzeugnisse (Z 10), der Flächenbeitrag (Z 11), die angemeldete Fläche (Z 12) der Mehrfachantrag Flächen (Z 18) und das amtliche Legehennen-Register (Z 19) als neue Begriffe aufzunehmen. Die „im Mehrfachantrag Flächen angemeldeten Flächen“ umfassen sowohl die für die Fördergewährung beantragten Flächen als auch jene Flächen, die ohne Förderbeantragung bewirtschaftet werden. Die bisher enthaltenen Begriffsbestimmungen für Großhandel und Erzeugerzusammenschluss können entfallen, da sie keine Relevanz haben. In den Z 14 bis 16 wurde – ohne inhaltliche Änderung – das „österreichische Weingesetz“ auf das „Weingesetz 2009“ abgeändert.
Zu den Z 3 bis 5 (§ 21c):
Bei den Beitragsgegenständen wird in Abs. 1 Z 1, 3, 5 und 6 an die geänderten Begriffsbestimmungen gemäß § 21b angeknüpft.
Zu Z 6 (§ 21d):
Auch bei der Festsetzung der Beitragshöhe erfolgt eine Umstellung. Während bisher Höchstbeiträge vorgegeben waren, innerhalb derer der Verwaltungsrat gemäß § 12 Z 9 unter Bedachtnahme auf Marktlage der jeweiligen Erzeugnisse und Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Durchführung von Marketingmaßnahmen die konkrete Beitragshöhe festsetzte, sind nunmehr fixe Beitragssätze je Bezugseinheit vorgegeben (Abs. 1). Diese wurden anhand der landwirtschaftlichen Betriebsdaten und der bewirtschafteten Fläche ermittelt. Ebenso wurde berücksichtigt, dass gewisse Produktionszweige, wie spezialisierte Marktfruchtbetriebe (Speisegetreide, Ölsaaten, Eiweißpflanzen) und Vorstufen im tierischen Bereich, wie Elterntier- und Aufzuchtbetriebe (zB Ferkel, Junghennen) nicht in das Agrarmarketingbeitragssystem einzahlen, obwohl sie von den Marketingmaßnahmen profitieren. Um eine bestmögliche Gleichbehandlung zu erzielen, unterliegt die gesamte landwirtschaftliche bzw. gärtnerisch genutzte Fläche der Beitragspflicht. So entspricht der Satz von 5,00 €/ha zB im Fall von Getreide rund 1 €/t. Im Gegenzug erfolgt bei einigen Beitragsgegenständen eine Herabsetzung der Produktbeiträge, zB bei Milch von 3,00 €/t auf 2,20 €/t oder bei Rindern von 3,70 € auf 2,70 €/Stück Schlachtrind. Unter den in Abs. 1 Z 1 genannten „anderen extensiv genutzten Flächen“ sind Hutweiden, Streuwiesen, Biodiversitätsflächen und Mehrnutzungshecken im Rahmen der ÖPUL-Maßnahmen „Umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung (UBB)“ und „Biologische Wirtschaftsweise“ sowie brachliegende Flächen und flächige Landschaftselemente gemäß GLÖZ 8 der GAP-Strategieplan-Anwendungs-Verordnung erfasst.
Für die in Abs. 1 genannten Beitragssätze ist auch eine Indexanpassung möglich (Abs. 3).
Mit Abs. 2 wird der Verwaltungsrat ermächtigt, unter Bedachtnahme auf die Marktlage und der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit von Marketingmaßnahmen mittels Verordnung abweichende Regelungen zur Beitragshöhe und -einhebung festzulegen. So kann beispielsweise bei den Schweinen nach Kategorie (Z 1) und bei Obst, Gemüse und Speisekartoffel differenziert werden, ob sie zur Verarbeitung bestimmt sind (Z 2). Innerhalb einer Bandbreite von 10% kann entsprechend der Absatzentwicklung und der Erlössituation die gesetzlich fixierte Beitragshöhe erhöht oder verringert werden (Z 3) Ebenso kann für Getreide ein an die Handelsvermahlung von Getreide angeknüpfter Beitrag eingeführt werden, wobei der genannte Höchstbeitrag nicht überschritten werden darf (Z 4) und der Produktbeitrag für Schafe, Lämmer und Ziegen auf 0,00 € reduziert werden (Z 5). Der Beitragssatz bei Baumschulen soll entsprechend dem Anteil nicht-produktiver Fläche an der angemeldeten Fläche reduziert werden können (Z 6). Weiters können – wie teilweise schon bisher – nähere Vorgaben zur Beitragsentrichtung und zum Absehen von der Entrichtung vorgesehen werden (Z 7). Bei Schlachtgeflügel könnten beispielsweise Legehennen von der Beitragspflicht befreit werden (Z 7 lit. a) und im Obst- und Gemüsesektor finden bestimmte Produkte (zB Holunder) als Farbstoff im Non-Food-Bereich Einsatz. Hierbei ist auch klarzustellen, wann der Nachweis über die konkrete Verwendung vorliegen muss (Z 7 lit. b). Mit Festlegung einer spezifischen Untergrenze soll der Verwaltungsaufwand minimiert werden können (Z 7 lit. e). Auch Fälle, in denen wegen pflanzenbaulicher oder witterungsbedingter Umstände keine Ernte erfolgen kann, können erfasst werden (Z 7 lit. c). Zum Absehen von der Entrichtung für bestimmte Vermarktungskonstellationen ist anzumerken, dass im Rahmen des 2. Abschnittes bereits Untergrenzen für das Entstehen der Beitragspflicht vorgesehen sind, die auch auf die von kleineren Betrieben praktizierte Direktvermarktung abstellen (zB Schlachtung von bis zu fünf Tieren/Monat, Flächenuntergrenzen bei Obst, Gemüse und Speisekartoffeln gemäß § 21g Abs. 1b Z 3). Weitergehende Ausnahmen für Direktvermarkter sollen im Rahmen eines Projekts geprüft und dem Verwaltungsrat zur Entscheidung vorgelegt werden (Z 7 lit. d).
Die bisherigen Abs. 5 und 6 entfallen, da sie nicht mehr aktuell sind.
Zu Z 7 (§ 21e Abs. 1):
Beim Beitragsschuldner wird in Abs. 1 Z 1, 5, 6, 7 und 8 an die geänderten Begriffsbestimmungen und Beitragsgegenstände angeknüpft. Im Bereich Milch ist vorgesehen, dass anstelle des Transporteurs als ersten Übernehmer der Be- und Verarbeitungsbetrieb die Beitragsentrichtung vornehmen kann (Z 1). Damit wird der allgemeinen Praxis, wonach der Transporteur zwar für die körperliche Übernahme der Milch verantwortlich ist, die finanziellen Aspekte aber direkt zwischen Milcherzeuger und Milchverarbeiter geregelt werden, entsprochen. Bei Legehennen wird – im Einklang mit der Geflügelhygiene-Verordnung und dem amtlichen Legehennenregister – die Untergrenze für den Beitragsschuldner auf 350 Legehennenplätze reduziert (Z 5).
Zu den Z 8 und 9 (§ 21f):
In Abs. 1 Z 4 wird bei Legehennen auf die im amtlichen Legehennenregister angeführte Anzahl maximal haltbarer Legehennen des Betriebs abgestellt. In der Regel wird diese Anzahl auch tatsächlich eingestellt. Mit der Verknüpfung mit dem Legehennenregister kann die bisherige vierteljährliche Beitragserklärung entfallen, da die Daten mittels Zugang zum Register (siehe § 40 Abs. 8) verfügbar sind. In Z 5 wird der 15. November als Stichtag für die Entstehung der Beitragsschuld beim Flächenbeitrag und beim Produktbeitrag Obst, Gemüse, Speisekartoffeln sowie Gartenbauerzeugnisse bestimmt. Damir wird an den Mehrfachantrag und die im Rahmen des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems der Gemeinsamen Agrarpolitik bestehenden Prozessabläufe angeknüpft und werden die Stichtage vereinheitlicht.
Da die neue Beitragserklärung für Milch (Monatsmeldung gemäß Agrarmarkttransparenzverordnung) erst im Folgemonat der Milchübernahme zu erstatten ist, ist auch die Entstehung der Beitragsschuld zeitlich anzupassen (Abs. 2 Z 1).
Mit Abs. 2 Z 2 wird die automatische Aufrechnung mit der Fördergewährung bei den flächen- und tierbezogenen Fördermaßnahmen vorgesehen. Nur wenn und soweit die Aufrechnung nicht möglich ist, ist der Beitrag bis 31. Jänner des Folgejahres durch den Beitragsschuldner zu entrichten. Durch die Aufrechnung können der Verwaltungsaufwand für die Beitragsschuldner als auch die administrativen Kosten der Beitragseinhebung sehr gering gehalten werden.
In Abs. 3 wird für Beitragsgrenze, die für quartalsweise (anstelle der monatlichen) Einhebung relevant ist, geringfügig erhöht. Auch damit wird zur Verringerung von Verwaltungslasten beigetragen.
Zu den Z 10 bis 12 (§ 21g):
In Abs. 1 erfolgt eine Anpassung an die geänderten Beitragserklärungstermine im Bereich Obst, Gemüse, Speisekartoffeln und Gartenbau. Mit den in Abs. 1a vorgesehenen alternativen Beitragserklärungen bei Übernahme von Milch durch Abstellen auf die sogenannte Monatsmeldung der Anlieferung, auf das amtliche Legehennenregister für Legehennen sowie für den Flächenbeitrag und den Produktbeitrag Obst, Gemüse und Speisekartoffeln durch Abstellen auf den Mehrfachantrag Flächen wird ebenfalls zur Verringerung von Verwaltungslasten beigetragen. Um alle Beitragsschuldner erfassen zu können, sieht Abs. 1b – unabhängig von einer Förderbeantragung – eine verpflichtende Mehrfachantragstellung für Personen vor, die mindestens 1,5 ha beitragsrelevante landwirtschaftliche Fläche bzw. im Gartenbau 0,2 ha Gartenbaufläche bzw. 0,04 ha Glashausfläche- oder 0,02 ha Gewächs- oder beheizbares Folienhaus bewirtschaften. Die Untergrenze für den Obst- und Gemüsebereich wird im geschützten Anbau auf 0,1 ha erhöht. Da die mit Gartenbauerzeugnissen genutzten Flächen und teilweise auch bestimmte Obst- und Gemüseflächen im geschützten Anbau derzeit noch nicht digitalisiert sind, ist deren Aufnahme in den Mehrfachantrag nicht möglich. Daher ist für diese Fälle weiterhin eine gesonderte Beitragserklärung notwendig. Abs. 1c ermöglicht die Festlegung technischer Details durch Verordnung, soweit für die Heranziehung der alternativen Beitragserklärungen Klärungsbedarf besteht. In Abs. 2 wird klargestellt, dass nur der ausstehende Betrag bescheidmäßig vorzuschreiben ist.
Zu Z 13 (§ 21h):
Neben einer Berücksichtigung des neuen Flächenbeitrags ist auch vorgesehen, dass das amtliche Legehennenregister sowie der Mehrfachantrag Flächen die gesonderte Aufzeichnungspflicht ersetzen. Auch damit wird zur Verringerung von Verwaltungslasten beigetragen. Die bisherige Z 2, 6 und 8 können entfallen, die andere Ziffern werden nachnummeriert.
Zu den Z 14 und 15 (§ 21k):
Hier werden die Änderungen bei den Beitragsgegenständen und notwendigen Unterlagen übernommen.
Zu Z 16 (§ 22 Abs. 10):
Mit dieser Bestimmung sollen AMA-Bedienstete beim Wechsel zum Bundesdienst (zB Bundesverwaltungsgericht) hinsichtlich der Vordienstzeitenanrechnung gleichgestellt werden. Eine vergleichbare Regelung findet sich zB in § 13 Abs. 9 Bundesforstegesetz, § 21 Abs. 4 Buchhaltungsagenturgesetz und § 56 Abs. 4 Bundesstatistikgesetz.
Zu Z 17 (§ 40 Abs. 8):
Im Hinblick auf die Änderung des § 21g Abs. 1a wird die Anzahl der Legehennenplätze aus dem amtlichen Legehennenregister für die Beitragserklärung benötigt. Die Übermittlung der Daten an die AMA kann im Wege des Betreibers des Legehennenregisters erfolgen. Des Weiteren werden Übermittlungen von Daten aus dem Veterinärinformationssystem für Zwecke der Klassifizierung und Vollziehung des 2. Abschnitts (Beitragserklärung, Beitragsüberprüfung) vorgesehen.
Zu den Z 18 bis 20 (§ 43 Abs. 1 Z 24, Abs. 1b und 6):
Z 24 enthält die Inkrafttretensbestimmung. Die Regelungen zum Agrarmarketingbeitrag sollen mit 1. Jänner 2023 in Kraft treten. Die notwendigen Verordnungen können bereits mit dem Tag der Verlautbarung des Gesetzes erlassen werden (Abs. 6). Da für die Einhebung des Agrarmarketingbeitrags die BAO maßgeblich ist, sind – mit Ausnahme der Gartenbauerzeugnisse (Abs. 1b) – weitere Übergangsbestimmungen für die Entrichtung des bis einschließlich für das Kalenderjahr 2022 zu entrichtenden Agrarmarketingbeitrags nicht erforderlich.