Erläuterungen
Allgemeiner Teil
Als erste Teile eines Maßnahmenpaketes gegen Schnellfahrer wurden mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 154/2021 die Geldstrafen für Schnellfahrer in der Straßenverkehrsordnung deutlich erhöht und im Führerscheingesetz die Entziehungszeiten der Lenkberechtigung für Schnellfahren und der Beobachtungszeitraum, nach dessen Verstreichen ein Delikt wieder als Erstdelikt gilt, verlängert. Geschwindigkeitsüberschreitungen ab 80 km/h innerorts und 90 km/h außerorts gelten seit dieser Novelle jedenfalls als „unter besonders gefährlichen Verhältnissen“ begangen, und in diesen Fällen wird generell die Absolvierung einer Nachschulung vorgeschrieben, sowie im Wiederholungsfall innerhalb von vier Jahren auch ein amtsärztliches Gutachten samt verkehrspsychologischer Untersuchung.
Als abschließender Teil des Maßnahmenpakets sollen nun die angeführten Maßnahmen durch die Möglichkeit ergänzt werden, zusätzlich zu einer Geldstrafe die Fahrzeuge unbelehrbarer Schnellfahrer zu beschlagnahmen und in letzter Konsequenz für verfallen zu erklären.
Beschlagnahme und Verfall sind grundsätzlich im Verwaltungsstrafgesetz geregelt. In der Regel sind diese Maßnahmen allerdings hinsichtlich per se gefährlicher oder verbotener Sachen oder eines durch verpönte Mittel erzielten vermögenswerten Vorteils vorgesehen. Während dies in den hier betroffenen Fällen nicht von vorne herein auf Fahrzeuge generell zutrifft, so soll doch neben den spezial- und generalpräventiven Gründen für Beschlagnahme und Verfall die Sicherungsmaßnahme dieser Mittel im Vordergrund stehen. Insbesondere ist bei extremen Geschwindigkeitsüberschreitungen das Gefährdungspotential so hoch, dass das Fahrzeug wie eine Waffe eingesetzt werden kann und damit daher eine immense Gefahr für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer verbunden sein kann. Diesem Umstand gerecht zu werden, erfordert gewisse verfahrensrechtliche Abweichungen von den allgemeinen Regelungen des Verwaltungsstrafgesetzes.
In Ergänzung zu den straßenpolizeilichen Regelungen wird auch eine Verschärfung im Bereich des Führerscheinrechts vorgesehen.
Kompetenzgrundlage:
In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich diese Novelle auf Art. 11 Abs. 1 Z 4 („Straßenpolizei“) und Art. 11 Abs. 2 B-VG sowie Art. 10 Abs. 1 Z 9 („Kraftfahrwesen“) B-VG.
Besonderer Teil
Zu Art. 1 Z 1 (§ 99 Abs. 2f):
Für extreme Geschwindigkeitsüberschreitungen (60 bzw. 70 km/h) und in Abstimmung mit den hier vorgesehenen Maßnahmen soll der Strafrahmen erhöht werden. Die Strafhöhe für das Lenken trotz Lenkverbotes orientiert sich am vergleichbaren Strafrahmen im FSG.
Zu Art. 1 Z 2 (§§ 99a, 99b, 99c und 99d StVO):
Durch diese Bestimmungen wird hinsichtlich der Strafe für extreme Geschwindigkeitsüberschreitungen ein dreistufiges System in der StVO verankert: vorläufige Beschlagnahme – Beschlagnahme – Verfall. Die Regelungen des § 39 VStG hinsichtlich vorläufiger und bescheidmäßiger Beschlagnahme sind zu undifferenziert, um den besonderen Umständen des Verfalls und der Beschlagnahme von Fahrzeugen gerecht zu werden, weshalb besondere Regelungen festgelegt werden: zunächst ist ein Fahrzeug weder per se eine gefährliche Sache noch ist sein Gebrauch an sich verboten; deshalb ist auch nur für den Fall extremer Geschwindigkeitsübertretungen ein Verfall vorgesehen, und auch dann ist von der Behörde eine Prognose hinsichtlich des künftigen Verhaltens des Täters anzustellen und auch allfällige einschlägige Vorstrafen zu berücksichtigen. Diese Grundsätze sollen – soweit dies im jeweiligen Verfahrensschritt praktisch machbar ist – bereits auch bei der von der Behörde per Bescheid verfügten Beschlagnahme zum Tragen kommen.
§ 99a regelt die sog. „vorläufige Beschlagnahme“. Diese ist durch ein Organ der Straßenaufsicht auszusprechen. Voraussetzung ist, dass eine Geschwindigkeitsüberschreitung in bestimmtem Ausmaß mit technischen Hilfsmitteln gemessen wurde.
Über die vorläufige Beschlagnahme ist dem Lenker eine Bestätigung auszustellen (Abs. 3), und die Beschlagnahme ist unverzüglich der Behörde anzuzeigen. Diese muss innerhalb von 2 Wochen eine Beschlagnahme per Bescheid aussprechen, andernfalls erlischt ex lege die vorläufige Beschlagnahme; dasselbe gilt, sobald die Behörde eine Beschlagnahme mit Bescheid tatsächlich ausspricht (Abs. 2). Um zu verhindern, dass ein Verfall durch einen nachträglichen Eigentumsübergang unterlaufen wird, darf ausschließlich die Behörde über das Fahrzeug verfügen, solange die vorläufige Beschlagnahme aufrecht ist (Abs. 4).
§ 99b regelt die Beschlagnahme. Diese sichert den Verfall, beendet eine allfällige „vorläufige Beschlagnahme“ und ist von der Behörde mittels Bescheid auszusprechen. Voraussetzung ist wieder das Vorliegen einer qualifizierten Geschwindigkeitsübertretung sowie, dass dem vermutlichen Täter bereits einmal in den letzten vier Jahren die Lenkberechtigung wegen der in § 7 Abs. 3 Z 3 oder 4 FSG genannter Delikte entzogen worden ist (dies gilt bei der vorläufigen Beschlagnahme nicht, weil es das Straßenaufsichtsorgan an Ort und Stelle nicht überprüfen kann). Außerdem soll auch ohne diese Voraussetzung eine Beschlagnahme bei extremen Geschwindigkeitsüberschreitungen (80 bzw. 90 km/h in- bzw. außerhalb des Ortsgebiets) möglich sein. Um nicht den Sicherungszweck hinsichtlich der Verhinderung weiterer Übertretungen durch eine Beschwerde unterlaufen zu können, wurde außerdem einer Beschwerde gegen den Beschlagnahmebescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt (Abs. 1).
Da Geschwindigkeitsübertretungen zu einem großen Anteil im Rahmen von automatischer Überwachung festgestellt werden, findet in solchen Fällen keine vorläufige Beschlagnahme statt, da es keinen direkten Kontakt mit dem Lenker vor Ort gibt. In solchen Fällen kann bzw. muss die Behörde daher direkt mit der Beschlagnahme vorgehen, hat aber etwaige Eigentümer auszuforschen, was im Rahmen einer vorläufigen Beschlagnahme schon im Rahmen dessen stattfindet. Wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht mehr vorliegen oder eine vom Lenker verschiedene Person entweder nachweist, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt einer vorläufigen Beschlagnahme ihr gehört hat oder ihr gehört, ist die Beschlagnahme aufzuheben bzw. darf eine solche gar nicht ausgesprochen werden (Abs. 2).
Um zu verhindern, dass ein Verfall durch einen nachträglichen Eigentumsübergang unterlaufen wird, darf ausschließlich die Behörde über das Fahrzeug verfügen, solange die Beschlagnahme aufrecht ist (Abs. 3). Klargestellt wird auch, dass die Kosten für Transport und Aufbewahrung beschlagnahmter Fahrzeuge als Barauslagen der Behörde gelten, was zur Folge hat, dass diese Kosten im Fall einer rechtskräftigen Bestrafung gemäß § 64 VStG vom Täter zu ersetzen sind (Abs. 4).
§ 99c sieht als Nebenstrafe neben einer Strafe wegen einer Geschwindigkeitsübertretung und als Sicherungsmaßnahme den Verfall vor. Neben den spezial- und generalpräventiven Gründen für den Verfall steht die Sicherungsmaßnahme dieser Mittel im Vordergrund. Insbesondere ist bei extremen Geschwindigkeitsüberschreitungen das Gefährdungspotential so hoch, dass das Fahrzeug wie eine Waffe eingesetzt werden kann und damit daher eine immense Gefahr für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer verbunden sein kann. Voraussetzungen für den Verfall sind neben einer erwiesenen qualifizierten Geschwindigkeitsüberschreitung eine negative Prognose (wenn das geboten erscheint, um den Täter vor weiteren gleichartigen Übertretungen abzuhalten, z. B. bei Vorliegen wiederholter, hoher Geschwindigkeitsüberschreitungen und rücksichtslosem Verhalten, im Gegensatz zu vereinzelten, geringen Überschreitungen; insbesondere könnte z. B. die Begehung einer derartigen Geschwindigkeitsüberschreitung in einem Baustellenbereich, für den eine geringere Geschwindigkeit verordnet worden ist, berücksichtigt und anders gewertet werden als Übertretungen der üblichen 50-100-130km/h Grenze) hinsichtlich einer erneuten Begehung und ein Entzug der Lenkberechtigung innerhalb der letzten vier Jahre wegen bestimmter Delikte bzw., alternativ dazu, eine extreme Geschwindigkeitsüberschreitung von 80 bzw. 90 km/h in- bzw. außerhalb des Ortsgebiets. Weiters geregelt ist, wie mit dem Erlös aus der Verwertung beschlagnahmter Fahrzeuge zu verfahren ist.
§ 99d regelt den Fall, dass eine vom Lenker verschiedene Person dingliche Rechte am Fahrzeug nachweist. Da in diesem Fall ein Verfall oder eventuell schon die Beschlagnahme nicht möglich ist, sollen zusätzliche Maßnahmen getroffen werden, um den Lenker an der weiteren Nutzung des Fahrzeuges zu hindern. Neben der ausschließlichen Herausgabe des Fahrzeuges an den Eigentümer wird gleichzeitig aber auch ein Verbot für den Lenker vorgesehen, das Fahrzeug weiterhin zu lenken.
Zu Art. 1 Z 3 (§ 103 Abs. 25 StVO):
Das Inkrafttreten der neuen Bestimmungen wird mit .... festgelegt.
Zu Art. 2 Z1 (§ 39 Abs. 1 FSG):
Die bisherige „Kann“-Bestimmung, wonach eine vorläufige Abnahme des Führerscheines bei Geschwindigkeitsdelikten, die eine Entziehung der Lenkberechtigung zur Folge haben, nicht jedenfalls vorzunehmen ist, wird in eine „Muss“-Bestimmung geändert. Bei Geschwindigkeitsübertretungen von mehr als 40 km/h innerorts bzw. 50 km/h außerorts erfolgt somit jedenfalls die vorläufige Abnahme des Führerscheines. Damit entfällt für das Organ künftig die Notwendigkeit aber auch die Möglichkeit eine Beurteilung im Einzelfall vorzunehmen, ob die betreffende Person weiterhin Verkehrsdelikte begehen wird und damit eine Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellt oder nicht.
Zu Art. 2 Z 2 (§ 43 Abs. 34):
Das Inkrafttreten wird einheitlich mit den anderen Bestimmungen dieser Novelle mit ... festgelegt.