Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Die fortschreitende Digitalisierung hat bereits Einzug in die öffentliche Verwaltung gehalten. Mit der Einführung der zentralen Bürger- und Unternehmensplattform „oesterreich.gv.at“ im Jahr 2019 und der damit einhergehenden Novelle des Meldegesetzes 1991 (MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992, wurden die Voraussetzungen für umfassende elektronische Meldeverfahren geschaffen (BGBl. I Nr. 104/2018). Die korrespondierende Novelle der Meldegesetz-Durchführungsverordnung (MeldeV), BGBl. II Nr. 66/2002, ermöglichte in einem ersten Ausbauschritt die elektronische Verlegung des Hauptwohnsitzes im Inland (BGBl. II Nr. 104/2018). Die Anmeldung eines Wohnsitzes ist derzeit aufgrund der bereits behördlich geprüften Identitätsdaten jenen Bürgerinnen und Bürgern vorbehalten, die über einen bestehenden oder historischen Eintrag im Zentralen Melderegister (ZMR) sowie über eine österreichische Staatsbürgerschaft verfügen.

Aufgrund der Verordnung (EU) 2018/1724 über die Einrichtung eines einheitlichen digitalen Zugangstors zu Informationen, Verfahren, Hilfs- und Problemlösungsdiensten und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012, ABl. Nr. L 295 vom 21.11.2018 (im Folgenden: Single-Digital-Gateway-Verordnung [SDG-VO]) ist etwa für den Bereich des Meldewesens vorzusehen, dass Inhaber eines Elektronischen Identitätsnachweises (E-ID) oder eines anderen anerkannten elektronischen Identifizierungsmittels spätestens ab 12. Dezember 2023 die Verfahren zur Beantragung eines Wohnsitznachweises sowie zur Meldung einer Adressänderung vollständig online abgewickelt werden können (siehe Art. 6 in Verbindung mit Anhang II der SDG-VO). Auch grenzüberschreitende Nutzer sollen dabei nach Erwägungsgrund 18 – ohne diskriminierende Hindernisse – einen Zugang zu Online-Verfahren haben und dieses online abwickeln können, sofern keiner der Ausnahmetatbestände gemäß Art. 6 Abs. 3 SDG-VO zur Anwendung gelangt. Sofern eine Regelung im Bereich des Meldewesens die Vorlage von Dokumenten oder das Ausfüllen eines Formulars vorsieht, handelt es sich stets um technologieneutrale Formulierungen, sodass diese auch für elektronische Meldevorgänge unter Verwendung der Funktion E-ID gelten.

Die Weiterentwicklung und der Ausbau elektronischer Meldeverfahren trägt maßgeblich zur Steigerung der Verwaltungseffizienz bei, führt zu einer Aufwandsersparnis sowohl für Bürgerinnen und Bürger als auch für Behörden und entspricht somit dem Grundsatz einer sparsamen Verwaltung.

Das gegenständliche Vorhaben trägt weiters der Umsetzung des Regierungsprogramms für die Jahre 2020 bis 2024 („Aus Verantwortung für Österreich.“) bei, wonach bestehende Verwaltungsprozesse hinsichtlich der Möglichkeiten zur Digitalisierung durchforstet werden sollen (Kapitel „Digitalisierung & Innovation“).

Darüber hinaus soll der Begriff der „Ummeldung“ im Sinne des Melderechts präzisiert werden, um künftig Verwechslungen bei Änderungen in Bezug auf die Wohnsitzqualität (Hauptwohnsitz oder weiterer Wohnsitz) oder in Bezug auf die Änderung bestimmter Meldedaten zu vermeiden.

Im Bereich des Personenstandsgesetzes 2013 (PStG 2013), BGBl. I Nr. 16/2013, soll insbesondere bei der Vergabe der Familienbeihilfe und im Bildungs- oder Erziehungsbereich künftig eine raschere eindeutige Zuordnung der Kinder zu ihren Eltern möglich sein und somit die Behördenabfrage des Zentralen Personenstandsregisters (ZPR) entsprechend ergänzt werden.

Da die Anzeige und Eintragung der Geburt im ZPR bereits nach geltender Rechtslage auf elektronischem Wege möglich ist, sind aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 6 in Verbindung mit Anhang II der SDG-VO keine weiteren Anpassungen im Bereich des PStG 2013 erforderlich.

Durch die geplante Einführung der Funktion Elektronischer Identitätsnachweis (E-ID) bedarf es darüber hinaus einiger terminologischer Anpassungen im PStG 2013: Die ursprünglichen Bezeichnungen in Zusammenhang mit der Bürgerkarte sollen durch die entsprechenden neuen Begrifflichkeiten ersetzt werden.

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung eines diesem Entwurf entsprechenden Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG („Meldewesen“; „Personenstandsangelegenheiten einschließlich des Matrikenwesens und der Namensänderung“).

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Meldegesetzes 1991)

Zum Eintrag im Inhaltsverzeichnis zu § 4a und § 21b:

Es handelt sich um die Beseitigung eines redaktionellen Versehens.

Zu § 3 Abs. 1a, 1b und 3:

Aufgrund Art. 6 in Verbindung mit Anhang II der SDG-VO haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union bis spätestens 12. Dezember 2023 die Möglichkeit zur vollständigen elektronischen Abwicklung von Verfahren zur Beantragung eines Wohnsitznachweises sowie zur Meldung einer Adressänderung zu schaffen. Die Möglichkeiten zur elektronischen Vornahme eines Meldevorgangs mithilfe des E-ID stehen derzeit lediglich jenen Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung, deren Identitätsdaten bereits im ZMR erfasst wurden und die über die österreichische Staatsbürgerschaft verfügen. Um den unionsrechtlichen Vorgaben zu entsprechen, sollen die Online-Services ab 12. Dezember 2023 auch für Inhaber anerkannter elektronischer Identifizierungsmittel aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zur Verfügung stehen.

Die SDG-VO räumt in Art. 6 Abs. 3 sowie dem einschlägigen Erwägungsgrund 27 ein, dass es in manchen Fällen möglicherweise weiterhin notwendig ist, dass Nutzer angesichts des aktuellen Stands der technischen Entwicklung im Rahmen des Online-Verfahrens nach wie vor persönlich bei der Behörde vorstellig werden. Allerdings sollte dies auf jene Fälle beschränkt sein, in denen dies aus „zwingenden Gründen des Allgemeininteresses in den Bereichen öffentliche Sicherheit, öffentliche Gesundheit oder Bekämpfung missbräuchlichen Verhaltens“ gerechtfertigt ist.

Die Einschränkung auf bereits im ZMR erfasste Personen dient dem öffentlichen Allgemeininteresse der Aufrechterhaltung der hohen Datenqualität im ZMR. Sofern die Identitätsdaten des E-ID-Inhabers aufgrund eines bereits vorhandenen (aktuellen oder historischen) Datensatzes im ZMR eingetragen wurden, besteht keine Gefahr, dass das ZMR als eines der wichtigsten Basisregister für die österreichische Verwaltung durch die elektronische Meldung unrichtige Identitätsdaten enthält. Auch für die Privatwirtschaft ist die Datenqualität des ZMR von enormer Bedeutung, da eine Übermittlung von Identitätsdaten im Rahmen der sogenannten Businesspartner-Anfrage gemäß § 16a Abs. 5 und 5a häufig in Anspruch genommen wird.

Um missbräuchliches Verhalten in Zusammenhang mit der elektronischen An- oder Ummeldung Minderjähriger durch einen Elternteil zu vermeiden, soll in Abs. 1b klargestellt werden, dass die gemeinsame Unterkunftnahme auch einen bestehenden gemeinsamen Hauptwohnsitz voraussetzt.

In Bezug auf die Verweisanpassungen in Abs. 1a und 3 in Zusammenhang mit der neuen Definition der Ummeldung eines Wohnsitzes wird auf die Erläuterungen zu § 11 Abs. 4 verwiesen.

Zu § 4 Abs. 2a letzter Satz:

Zur Vermeidung missbräuchlichen Verhaltens soll die elektronische Abmeldung Minderjähriger durch einen Elternteil nur unter der Voraussetzung zulässig sein, dass beide gemeinsam gemeldet sind. In Zukunft soll der Elternteil unter Verwendung der Funktion E-ID somit den selben Abmeldevorgang für die bei ihm gemeldeten Minderjährigen durchführen können.

Zur Überschrift zu § 4a und § 4a Abs. 1:

Es handelt sich um redaktionelle Bereinigungen.

Zu § 11 Abs. 1a:

Mit der vorgeschlagenen Regelung soll ein redaktionelles Versehen beseitigt sowie eine Klarstellung vorgenommen werden, dass Personenstandsbehörden Änderungen lediglich im Wege eines Änderungszugriffes auf das ZMR zu übermitteln haben, falls der betreffende Eintrag nicht bereits automatisch aktualisiert wurde (§ 48 Abs. 11 PStG 2013).

Zu § 11 Abs. 2 und 4:

In der Vergangenheit hat der melderechtliche Begriff der „Ummeldung“ bei Bürgerinnen und Bürgern oftmals zu Missverständnissen geführt. Nach geltender Rechtslage bedeutet eine „Ummeldung“ gemäß § 11 die Änderung der Wohnsitzqualität oder des Namens, des Familienstandes oder der Staatsbürgerschaft, wogegen im allgemeinen Sprachgebrauch mit einer „Ummeldung“ meist die Verlegung eines Hauptwohnsitzes oder weiteren Wohnsitzes gemeint ist. Mit der vorgeschlagenen Regelung soll durch eine verständliche Definition klargestellt werden, dass eine Ummeldung eine Änderung der Wohnsitzqualität bewirkt, sodass ein bestehender Hauptwohnsitz zum weiteren Wohnsitz geändert wird oder ein bestehender weiterer Wohnsitz zum Hauptwohnsitz. Zur besseren Übersicht und um Missverständisse zu vermeiden, soll die Ummeldung in einem neuen Absatz geregelt werden.

Die terminologischen Anpassungen sollen in Bezug auf die zur Verfügung stehenden Meldevorgänge keine Änderung im Vergleich zur geltenden Rechtslage herbeiführen. Die Änderung der Wohnsitzqualität soll technisch weiterhin in einem Schritt erfolgen und den Meldebehörden dadurch kein zusätzlicher Aufwand entstehen.

Zu § 15 Abs. 1, 2, 3, 4 und 7:

In Zusammenhang mit der terminologischen Abgrenzung der „Ummeldung“ von der Änderung bestimmter Meldedaten gemäß § 11 Abs. 1 und 2 sollen in den obenstehenden Bestimmungen Verweisanpassungen vorgenommen werden.

Vor Inbetriebnahme des ZMR am 1. März 2002 diente der Meldezettel als Nachweis über die erfolgte An- oder Abmeldung, seither dient der Meldezettel lediglich der Aufnahme der Daten des Meldepflichtigen und erfolgt der Nachweis über die erfolgte An- oder Abmeldung ausschließlich durch einen Meldevermerk auf dem Gesamtdatensatz oder auf einer Ausfertigung der zuletzt geänderten Meldedaten (§ 3 Abs. 4 und § 4 Abs. 4). Allenfalls vor dem 1. März 2002 ausgehändigte Meldezettel mit Anmeldevermerk sind der Meldebehörde entsprechend der gängigen Verwaltungspraxis nicht mehr vorzulegen.

Mangels Anwendungsbereich sollen daher die entsprechenden Passagen in Abs. 3 und 4 in Bezug auf Vorlagepflichten oder die Ausfolgung von Meldezetteln entfallen.

Zu § 16 Abs. 3:

Um die Meldebehörden in Bezug auf die Meldung von Insassen in Justizanstalten zu entlasten, wurden die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Übermittlung der Meldedaten an das ZMR bereits durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 161/2013 geschaffen. Derzeit befindet sich diese Funktionalität in einer Testphase in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Justiz. Im Zuge dieser hat sich ein Konkretisierungsbedarf ergeben, dass die jeweiligen Meldedaten im Wege eines Änderungszugriffes auf das ZMR übermittelt werden sollen. Durch diese verwaltungsvereinfachende Maßnahme werden Meldebehörden künftig entlastet, da die durch die Justizanstalten erfassten Meldedaten im ZMR übernommen werden, sodass seitens der Meldebehörden keine weiteren Schritte zu veranlassen sind. Der Zeitpunkt, ab dem diese Funktionalität nach dem Stand der technischen Möglichkeiten zur Verfügung steht, wird nach erfolgreichem Abschluss der Testphase durch Verordnung des Bundesministers für Inneres festgelegt.

Zu § 19 Abs. 1a:

Mit der vorgeschlagenen Regelung soll klargestellt werden, dass die Meldebestätigung aus dem ZMR auch elektronisch unter Verwendung der Funktion E-ID beantragt und ausgestellt werden kann.

Zu § 20 Abs. 3:

Der Verweis auf Abs. 2 soll entfallen, da dieser bereits mit Aufnahme des Echtbetriebes des ZMR außer Kraft getreten ist (vgl. § 23 Abs. 5 iVm § 16b Abs. 4 in der Fassung des Artikels I des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 28/2001).

Zu § 22 Abs. 5:

Da § 21a durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 33/2006 aufgehoben wurde, sollen die entsprechenden Verweise entfallen.

Zu § 23 Abs. 24a:

Aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben der SDG-VO soll für den Bereich des Meldewesens vorgesehen werden, dass Inhaber eines E-ID oder eines anderen anerkannten elektronischen Identifizierungsmittels spätestens ab 12. Dezember 2023 die Verfahren zur Beantragung eines Wohnsitznachweises sowie zur Meldung einer Adressänderung vollständig online abgewickeln können. Daher soll der 12. Dezember 2023 als Inkrafttretenszeitpunkt gewählt werden.

Zu Artikel 2 (Änderung des Personenstandsgesetzes 2013)

Zu § 9 Abs. 4, § 12 Abs. 2, § 13 Abs. 4, § 28 Abs. 4, § 38 Abs. 6, § 47 Abs. 5 und § 58 Abs. 2:

Die bestehenden Begriffe im Zusammenhang mit der Funktion Bürgerkarte sollen in den genannten Bestimmungen aufgrund der geplanten Einführung der Funktion E-ID entsprechend angepasst werden. Da die elektronische Anzeige der Geburt sowie die elektronische Anzeige des Todes inzwischen in Betrieb genommen wurden, sollen die Verordnungsermächtigungen in § 9 Abs. 4 und § 28 Abs. 4 entsprechend bereinigt werden.

Zu § 20 Abs. 1 Z 5:

Es handelt sich um eine redaktionelle Berichtigung.

Zu § 47 Abs. 1:

Die derzeitige Behördenabfrage im ZPR führt vor allem bei der Vergabe von Beihilfen sowie im Erziehungs- oder Bildungsbereich zu einem erhöhten Aufwand für die Behörden, da die personenbezogenen Daten der Kinder oftmals nicht eindeutig den Eltern zugeordnet werden können. Dies liegt daran, dass im Rahmen der Behördenabfrage nach geltender Rechtslage lediglich die Vornamen der Eltern übermittelt werden. Etwa im Zuge der Vorschreibung der Beiträge für den Kindergarten steht man vor dem Problem, dass die personenbezogenen Daten der Kinder den Eltern häufig nicht eindeutig zugeordnet werden können. Vor diesem Hintergrund soll die Behördenabfrage als verwaltungsvereinfachende Maßnahme um das verschlüsselte bereichsspezifische Personenkennzeichen „zur Person“ (vbPK-ZP) der Eltern ergänzt werden, sodass künftig in diesen Fällen eine rasche und eindeutige Zuordnung möglich ist. Eine Übermittlung des vbPK-ZP entspricht auch dem Grundsatz der Datenminimierung (Art. 5 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr. L 119 vom 04.05.2016 S. 1, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 74 vom 04.03.2021 S. 35, da lediglich das verschlüsselte bPK und nicht sonstige personenbezogene Daten der Eltern übermittelt werden.

Zu § 52 Abs. 2:

Es handelt sich um eine redaktionelle Berichtigung.

Zu § 72 Abs. 12:

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten.