Entwurf

Erläuterungen

I. Allgemeiner Teil

Allgemeines:

Im Regierungsprogramm 2020-2024 der österreichischen Bundesregierung nimmt die Korruptionsbekämpfung einen zentralen Punkt im Kapitel „Justiz & Konsumentenschutz“ (S. 21ff) ein. Vor allem das Strafrecht soll neue Bedrohungslagen abbilden, um die Bevölkerung effektiv zu schützen und die Korruptionsbekämpfung effektiv voranzutreiben (Regierungsprogramm 2020-2024, S. 21). Dies soll konkret durch Schließung von Lücken im Korruptionsstrafrecht, etwa durch Einbeziehung von Personen in die Bestechungsbestimmungen, die sich um eine Funktion als Amtsträger bewerben, erfolgen (Regierungsprogramm 2020-2024, S. 27).

Diese Überlegungen greift der Entwurf auf und schlägt vor, die erforderliche Ausweitung der Korruptionsbekämpfung im Strafrecht nach folgenden Schwerpunkten vorzunehmen:

–      Definition des „Kandidaten für ein Amt“ in einem neuen § 74 Abs. 1 Z 4d StGB und Erweiterung der Strafbarkeit auf solche Kandidaten für ein Amt in § 304 Abs. 1a StGB (Bestechlichkeit) und § 307 Abs. 1a StGB (Bestechung);

–      Einführung des Straftatbestands „Mandatskauf“ (§ 265a StGB);

–      Einführung einer zusätzlichen Qualifikation bei 300 000 Euro übersteigendem Wert des Vorteils bei sämtlichen Korruptionsdelikten des öffentlichen Bereichs (§§ 304-307b StGB);

–      Einschränkung der Ausnahme der Strafbarkeit in § 305 Abs. 4 Z 2 StGB dahingehend, dass auch Personen aus dem Familienkreis (§ 166 Abs. 1 StGB) des Amtsträgers bzw. der Amtsträgerin oder des Schiedsrichters bzw. der Schiedsrichterin auf die Verwendung der Vorteile für gemeinnützige Zwecke (§ 35 BAO) keinen bestimmenden Einfluss ausüben dürfen.

Der neue Tatbestand des Mandatskaufs (§ 265a StGB) bezweckt wie die übrigen Delikte des 18. Abschnitts des Besonderen Teils des StGB die Reinheit und Freiheit bei der demokratischen Willensbildung (Eder-Rieder in SbgK StGB Vorbem §§ 261ff StGB Rz 1). Die Bevölkerung soll darauf vertrauen können, dass Mandate in den allgemeinen Vertretungskörpern nicht bloß gegen Entgelt erlangt werden können. In die verfassungsgesetzlich abgesicherte Betätigungsfreiheit politischer Parteien (vgl. § 1 Abs. 3 Parteiengesetz 2012) soll dadurch gerade nicht unzulässig eingegriffen werden. So hat sich der Verfassungsgesetzgeber bewusst dafür entschieden, das Betätigungsfeld politischer Parteien möglichst weit zu gestalten und ausdrücklich normiert, dass eine Beschränkung der Tätigkeit politischer Parteien durch besondere Rechtsvorschriften unzulässig ist. Dieser Schutz der Betätigungsfreiheit erstreckt sich dementsprechend auch auf den Prozess der Listenerstellung für Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern. Das Antreten zu Wahlen ist unmittelbar Ausfluss der demokratischen Mitwirkung im Sinne des demokratischen Grundprinzips. Dieser Prozess und eine darauf resultierende Zuteilung von Mandaten wird daher als besonders geschützte Tätigkeit einer Partei angesehen. Diesem Gedanken folgend sollte der Vorgang der Listenerstellung in keiner unzulässigen Weise beschränkt werden. Vielmehr verfolgt die neue Bestimmung des Mandatskaufs einen besonderen Schutz dieser Tätigkeit vor einer demokratieschädlichen Beeinflussung, was die Berührung der Betätigungsfreiheit von Parteien durch diesen neuen Straftatbestand rechtfertigt. Bestimmte Vorgaben zum Prozess einer Listenerstellung für eine Wahl, die über das bloße Verbot der Leistung oder Annahme eines unzulässigen Entgelts für die Zuteilung eines Mandats hinausgehen, werden durch die neue Bestimmung nicht getroffen.

Aufgrund seiner Bedeutung im demokratischen Gefüge soll die Anwendung des neuen Tatbestands des Mandatskaufs und auch der §§ 304 Abs. 1a und 307 Abs. 1a StGB einer Evaluierung für den Zeitraum bis 31. Dezember 2027 unterzogen werden. Über diese Evaluierung ist dem Nationalrat durch die Bundesministerin oder den Bundesminister für Justiz spätestens bis zum 30. Juni 2028 ein Bericht vorzulegen. Im Bericht ist auch die Anzahl der in Zusammenhang mit den genannten Bestimmungen geführten Verfahren (Anzeigen, anonyme Hinweise, Zurücklegungen von Anzeigen, Ermittlungsverfahren, Einstellungen von Ermittlungsverfahren, Anklagen, Urteile, Rechtsmittelentscheidungen) anzuführen.

In Ergänzung zu den vorgeschlagenen Änderungen im StGB sollen auch die Bestimmungen zur Wählbarkeit im Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates (in der Folge „NRWO“) und im Bundesgesetz über die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments (in der Folge „EuWO“) verschärft werden.

Schließlich wird auch die Deckelung der Höhe eines Tagessatzes im Verbandsverantwortlichkeitsgesetz angehoben.

Kompetenzgrundlage:

Der vorliegende Entwurf stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivil- und Strafrechtswesen, Justizpflege).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

Besonderer Teil

Zu Art. 1 (Änderung des Strafgesetzbuches)

Zu Z 1 (§ 74 Abs. 1 Z 4a lit. b StGB):

Die Änderung dient der Behebung eines Redaktionsversehens. Die Änderung der Paragraphenbezeichnung des § 168d auf § 168g StGB im Rahmen des Strafrechtlichen EU-Anpassungsgesetzes 2021 – StrEU-AG 2021, BGBl. I Nr. 94/2021, die aus rein statistisch-technischen Gründen erfolgte, soll auch hier nachgezogen werden.

Zu Z 2, Z 6 und Z 11 (§§ 74 Abs. 1 Z 4d, 304 Abs. 1a, 307 Abs. 1a):

Spätestens seit Bekanntwerden des „Ibiza-Videos“ erscheinen die geltenden Regelungen zur Korruptionsbekämpfung im Hinblick auf künftige Amtsträger:innen, die bisher nicht von der Strafbarkeit im Korruptionsstrafrecht umfasst sind, nicht mehr ausreichend. Die Strafbarkeit der Bestechlichkeit (§ 304 StGB) und der Bestechung (§ 307 StGB) soll daher auf Personen im Fall einer künftigen Amtsträgereigenschaft erweitert werden. Dadurch soll erreicht werden, dass nicht nur die aufrechte Amtsträgerschaft, sondern bereits die Positionierung als Person, die in Zukunft ein solches Amt bekleiden würde, eine Verantwortlichkeit im korruptionsstrafrechtlichen Kontext auslöst.

Die vorgeschlagene Erweiterung fußt nicht auf etwaigen Umsetzungsverpflichtungen oder Empfehlungen aufgrund internationaler Abkommen bzw. EU-Rechtsvorgaben, die beschriebenen Anlässe sollen aber insbesondere aufgrund des Störwerts und sich daraus ergebenden Handlungsbedarfs seitens des Gesetzgebers dennoch in Hinkunft einen entsprechenden Eingang in den Korruptionsstrafrechtskatalog erfahren.

Um klar zu definieren, welche Personen, die im Tatzeitpunkt noch nicht Amtsträger:innen sind, erfasst werden sollen, wird die Einfügung einer Begriffsbestimmung des „Kandidaten für ein Amt“ in § 74 Abs. 1 Z 4d StGB vorgeschlagen. Demnach ist „Kandidat für ein Amt“ jeder, der sich in einem Wahlkampf, einem Bewerbungs- oder Auswahlverfahren zu einer nicht bloß hypothetisch möglichen Funktion als Amtsträger (Z 4a) oder in einer vergleichbaren Position zur Erlangung einer von ihm angestrebten Funktion als oberstes Vollzugsorgan des Bundes oder eines Bundeslandes oder als Organ zur Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Vollziehung befindet.

Es ist somit erforderlich, dass ein konkreter, objektiver Bezug zu einer Position als Amtsträger:in besteht, und zwar zum einen durch einen Wahlkampf, ein Bewerbungs- oder ein Auswahlverfahren. Zum anderen sollen auch Personen, die sich in einer vergleichbaren Position zur Erlangung einer von ihnen angestrebten Funktion als oberstes Vollzugsorgan des Bundes oder eines Bundeslandes oder als Organ zur Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Vollziehung befinden, erfasst werden. Durch diese Variante sollen auch Vorgänge abgedeckt werden, bei denen Personen in eine von ihnen angestrebte Funktion als oberstes Vollzugsorgan des Bundes oder eines Bundeslandes oder als Organ zur Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Vollziehung gelangen, ohne dass sie gewählt wurden oder sich einem Bewerbungs- oder Auswahlverfahren unterzogen haben. Dies betrifft die Bundesminister bzw. Bundesministerinnen, die Staatssekretäre und Staatssekretärinnen, die Mitglieder der Landesregierungen, einschließlich der Landeshauptleute, sowie die Präsidenten bzw. Präsidentinnen der Rechnungshöfe, sofern ihrer Ernennung keine Wahl und kein Bewerbungs- oder Auswahlverfahren vorangeht (demgegenüber wird der Bundespräsident als oberstes Organ des Bundes direkt vom Bundesvolk gewählt; vgl. Art. 60 Abs. 1 B-VG). So sind etwa Personen, die sich nach dem Antragen der Funktion als Bundesminister bzw. Bundesministerin durch den:die zukünftige:n Bundeskanzler:in dazu entschlossen haben das jeweilige Amt zu übernehmen, Kandidaten bzw. Kandidatinnen in diesem Sinn. Bei Parteivorsitzenden und Klubobleuten von im Nationalrat vertretenen Parteien wird im Wahlkampf für den Nationalrat stets davon auszugehen sein, dass diese indirekt auch ein Ministeramt anstreben. Indem auf die nicht bloß hypothetische Funktion als Amtsträger:in abgestellt wird, soll klargestellt werden, dass Fälle, in denen es keine realistische Chance dafür gibt, dass die Amtsträgerfunktion tatsächlich erlangt werden kann, von vornherein ausscheiden (zB aussichtsloser Listenplatz bei einer Wahl, Bewerbungsvoraussetzungen werden offenkundig nicht erfüllt).

Ab wann sich jemand in zeitlicher Hinsicht in einem Wahlkampf, Bewerbungs- oder Auswahlverfahren befindet, bestimmt sich nach den jeweiligen gesetzlichen bzw. festgelegten Stichtagen oder relevanten Fristen. Der bloße innere Entschluss der betreffenden Person reicht nicht aus, vielmehr ist auch ein entsprechend außenwirksamer Akt wie die Ankündigung der Bewerbung, die Bekanntgabe der Kandidatur oder Vergleichbares erforderlich. Bei allgemeinen Vertretungskörpern beginnt der Wahlkampf mit dem Beschluss der Auflösung des Vertretungskörpers („Neuwahlbeschluss“). Sofern es nicht zu einem solchen kommt, werden die in den jeweiligen Wahlordnungen definierten bzw. aufgrund der dortigen Vorgaben festgelegten Stichtage heranzuziehen sein (vgl. z.B. § 1 Abs. 2 NRWO; § 1 Abs. 2 Kärntner Landtagswahlordnung; § 1 Abs. 2 Landtags-Wahlordnung 2004 der Steiermark; § 6 Abs. 2 Tiroler Landtagswahlordnung 2017). Der relevante Zeitraum endet mit der Ernennung oder Bestellung einer Person als Amtsträger:in; Diese muss nicht der Kandidat bzw. die Kandidatin für ein Amt sein (vgl. aber sogleich zur entsprechenden objektiven Bedingung der Strafbarkeit bei bestimmten Tathandlungen der §§ 304 und 307 StGB).

§ 304 StGB (Bestechlichkeit) und § 307 StGB (Bestechung) sollen dementsprechend jeweils um einen gesonderten Tatbestand (Abs. 1a) für Kandidaten bzw. Kandidatinnen für ein Amt erweitert werden. Grundsätzlich müssen die entsprechenden Tatbestandselemente wie bei bereits im Amt befindlichen Amtsträgern bzw. Amtsträgerinnen auch für Kandidaten bzw. Kandidatinnen für ein Amt vorliegen. Aufgrund der damit verbundenen zeitlichen Vorverlagerung der Strafbarkeit soll diese jedoch bei den Tathandlungen des Forderns und Sich-Versprechen-Lassens (§ 304 StGB) bzw. des Anbietens und Versprechens (§ 307 StGB) an die objektive Bedingung geknüpft werden, dass der Täter bzw. die Täterin die Stellung als Amtsträger:in in weiterer Folge tatsächlich erlangt hat (vergleichbar mit der objektiven Bedingung in § 193 Abs. 3 StGB [Ehetäuschung], dass die Ehe wegen der verschwiegenen Tatsache für nichtig erklärt oder wegen der Täuschung aufgehoben worden ist; vgl. Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB14 § 193 [Stand 10.3.2022, rdb.at] Rz 4). Nur bei jenen Tathandlungen, bei denen der Vorteil schon manifest ist, also dem Annehmen in § 304 StGB („tatsächlich physisches Entgegennehmen“, vgl. Nordmeyer/Stricker in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 304 [Stand 3.8.2020, rdb.at] Rz 57) und dem Gewähren in § 307 StGB („tatsächliches Zuwenden“, vgl. Nordmeyer/Stricker in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 307 [Stand 3.8.2020, rdb.at] Rz 24), ist dies nicht erforderlich.

Was die subjektive Tatseite anlangt, so muss der Täter bzw. die Täterin bei § 304 Abs. 1a StGB in der Haltung handeln, das Amtsgeschäft pflichtwidrig vornehmen oder unterlassen zu wollen. Spiegelgleich gilt dies für die Täterschaft auf der aktiven Seite (§ 307 Abs. 1a StGB), die den Vorsatz aufweisen muss, dass ein Amtsgeschäft in ihrem Sinne pflichtwidrig vorgenommen oder unterlassen werde. Die tatsächliche Durchführung des pflichtwidrigen Amtsgeschäftes ist nicht für Belang für die Strafbarkeit (vgl. Nordmeyer/Stricker in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 307 [Stand 3.8.2020, rdb.at] Rz 10 mwN]. Es wird weiters vorgeschlagen, die jeweiligen Strafdrohungen nach § 304 Abs. 1 und Abs. 2 StGB bzw. § 307 Abs. 1 und Abs. 2 StGB (siehe dazu auch unten zu Z 7 et al.) auch für Kandidaten bzw. Kandidatinnen für ein Amt heranzuziehen, weil der Tatunwert als vergleichbar mit jenem von bereits ein Amt bekleidenden Personen bzw. auf der aktiven Seite von jenen Personen, die einer solchen Person gegenüberstehen, anzusehen ist.

Zu Z 3 (Überschrift des achtzehnten Abschnitts des Besonderen Teils):

Durch die Änderung der Überschrift des achtzehnten Abschnitts des Besonderen Teils des StGB soll dessen Erweiterung auf Volksbefragungen sowie um den neuen Tatbestand des Mandatskaufs ersichtlich werden.

Zu Z 4 (§ 261 StGB):

§ 261 StGB legt den Geltungsbereich der Bestimmungen des achtzehnten Abschnitts des Besonderen Teils des StGB fest. Dieser soll in Abs. 1 um Volksbefragungen (Art. 49 B-VG) erweitert werden. Die Einfügung der Wendung „soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist“ ist erforderlich, weil § 265a StGB nur für die dort ausdrücklich angeführten Wahlen gelten soll.

Durch die vorgeschlagene Ergänzung in Abs. 2 soll auch das Unterschreiben einer Unterstützungserklärung für einen Wahlvorschlag einer Wahl, Volksabstimmung oder Volksbefragung gleichgestellt werden.

Zu Z 5 (§ 265a StGB):

Unter dem Schlagwort „Mandatskauf“ wird die Zuwendung eines Entgelts an Parteiverantwortliche verstanden, die nur zu dem Zweck erfolgt, einer bestimmten Person ein entsprechendes Mandat zu verschaffen. Diese kann durch die wahlwerbende Person selbst (siehe etwa medial kolportierte Vorwürfe gegen Ex-Abgeordnete) oder aber durch eine dritte Person (siehe kolportierten Vorwurf des Verkaufs eines NR-Mandats an ausländische Geschäftsleute) erfolgen.

Daraus ergibt sich ein Regelungsbedarf, dem dahingehend beigekommen werden soll, dass eine Strafbarkeit

- einerseits für Verantwortliche einer wahlwerbenden Partei, die für die Einflussnahme auf die Zuteilung eines Mandats für sich oder einen Dritten ein Entgelt fordern, annehmen oder sich versprechen lassen (Abs. 1),

- andererseits für Personen, die einem Verantwortlichen einer wahlwerbenden Partei für die Einflussnahme auf die Zuteilung eines Mandats ein Entgelt für sich selbst oder einen Dritten anbieten, versprechen oder gewähren (Abs. 2),

vorgesehen werden soll.

Während die Tathandlungen in Abs. 1 und Abs. 2 jenen der aktiven und passiven Korruptionstatbestände (§§ 304ff StGB) entsprechen, stellt § 265a StGB nicht auf den Vorteilsbegriff ab, sondern übernimmt den auch in § 265 StGB (Bestechung bei einer Wahl oder Volksabstimmung) verwendeten Begriff des Entgelts. Darunter ist gemäß § 74 Abs. 1 Z 6 jede einer Bewertung in Geld zugängliche Gegenleistung, auch wenn sie einer anderen Person zugute kommen soll als der, der sie angeboten oder gegeben wird, zu verstehen (zur Abgrenzung zum weiteren, weil insbesondere auch immaterielle Vorteile erfassenden Vorteilsbegriff der §§ 304ff StGB siehe Jerabek;Ropper;Reindl-Krauskopf;Schroll in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 74 [Stand 20.1.2021, rdb.at] Rz 45). Essentiell für diesen Entgeltbegriff ist das Moment der Gegenleistung (Tipold in Leukauf/Steininger, StGB Update 2020 § 74 [Stand 1.2.2020, rdb.at] Rz 29). Zulässige Parteispenden können daher von vornherein kein Entgelt in diesem Sinne darstellen, weil Parteispenden nicht erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder rechtlichen Vorteils gewährt werden dürfen (vgl. § 6 Abs. 6 Z 10 Parteiengesetz; siehe auch unten zur ausdrücklichen Klarstellung in Abs. 4).

Zentrales Element des Tatbestands ist, dass der Täter bzw. die Täter ein Entgelt für die Einflussnahme auf die Zuteilung eines Mandats fordert, annimmt oder sich versprechen lässt (Abs. 1) bzw. anbietet, verspricht oder gewährt (Abs. 2). Demnach fallen etwa (nachträgliche) Mandatszuteilungsänderungen, die ohne entsprechenden Bezug zu einem Entgelt vorgenommen werden, zB weil diese im politischen Interesse sind, nicht unter die vorgeschlagene Bestimmung. Dies gilt auch, wenn eine Person auf ihren Listenplatz zu Gunsten einer Position oder Anstellung in der Partei oder auch gegen eine Ausgleichszahlung verzichtet, ohne dass dafür ein Verantwortlicher ein Entgelt fordert, annimmt oder sich versprechen lässt bzw. ein Dritter diesem ein solches anbietet, verspricht oder gewährt. Derartige Vorgänge sind nach den parteirechtlichen Regelungen bzw. Statuten zu beurteilen und in letzter Konsequenz gegenüber den Wählern zu verantworten, sollen aber auch weiterhin nicht dem gerichtlichen Strafrecht unterliegen. Mit der Einflussnahme auf die Zuteilung eines Mandats sind sowohl Vorgänge vor der Wahl (Aufnahme in den Wahlvorschlag, Manipulationen bei Listenerstellungen) als auch nach der Wahl, bis zur tatsächlichen Mandatszuweisung an eine Bewerberin bzw. einen Bewerber durch die Wahlbehörde (vgl. § 108 NRWO), angesprochen.

Des Weiteren soll in Abs. 1 und Abs. 2 normiert werden, dass der Täter bzw. die Täterin nur dann zu bestrafen ist, wenn es tatsächlich zu einer Mandatszuteilung an den Bewerber gekommen ist. Es handelt sich wiederum (vergleichbar den Konstellationen in den vorgeschlagenen § 304 Abs. 1a StGB und § 307 Abs. 1a StGB) um eine objektive Bedingung der Strafbarkeit. Sachverhalte, in denen es schlussendlich nicht zu einer Beeinflussung der Mandatszuteilung kommt, scheinen nicht ausreichend strafwürdig, um sie einer gerichtlichen Strafbarkeit zu unterstellen.

Von den in § 261 StGB angeführten Wahlen sollen jene zu den allgemeinen Vertretungskörpern und zum Europäischen Parlament erfasst werden. Als allgemeine Vertretungskörper in diesem Sinn gelten der Nationalrat, der Bundesrat und die Landtage (vgl. Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB14 § 261 [Stand 10.3.2022, rdb.at] Rz 2; Sadoghi in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 261 [Stand 1.6.2022, rdb.at] Rz 2).

§ 265a StGB stellt (auf der aktiven Seite in Abs. 1, auf der passiven Seite in Abs. 2) auf die Funktion, nämlich die konkrete Verantwortung als Verantwortliche in den wahlwerbenden Parteien, ab (zum Begriff der wahlwerbenden Partei vgl. § 2 Z 2 Parteiengesetz 2012). Der:die Verantwortliche bzw. die Verantwortlichen sind angesichts der verschiedenen von § 265a StGB erfassten Wahlen und der unterschiedlichen Ausgestaltung auf Ebene der Parteien im Einzelfall zu ermitteln. Am Beispiel der Wahlen zum Nationalrat sei verdeutlicht:

Gemäß § 42 Nationalrats-Wahlordnung (NRWO) hat die wahlwerbende Partei ihren Wahlvorschlag für das erste und zweite Ermittlungsverfahren (Landeswahlliste) der Landeswahlbehörde vorzulegen. Gemäß § 43 Abs. 2 NRWO darf in die Wahlvorschläge ein Bewerber nur dann aufgenommen werden, wenn er hierzu seine Zustimmung schriftlich erteilt hat. Entsprechend den Ergebnissen auf Regional- und Landesebene werden im Anschluss die Mandate auf Bundesebene zugeteilt (nach Vorzugsstimmen oder entsprechend der Reihenfolge auf der Bundesparteiliste – § 108 Abs. 1 bis 3 NRWO). Die NRWO regelt allerdings nicht die Erstellung der Kandidatenlisten durch die jeweiligen Parteien; dies wird vielmehr durch die Satzungen der Parteien bzw. Parteistatuten geregelt, die (je nach wahlwerbender Partei individuell) mehrheitlich der Bundesparteivorstand, teilweise unter Beiziehung bzw. Beteiligung anderer Parteigremien oder Landesvorstände entscheidet. Die konkrete Ausgestaltung ist somit den genannten Parteien überlassen.

Als Verantwortliche einer wahlwerbenden Partei kommen zunächst alle Personen in Frage, die gemäß den Statuten oder Satzungen der wahlwerbenden Parteien über entsprechende Rechte bei der Erstellung der Kandidatenliste verfügen. Erfolgen die relevanten Entscheidungen im Rahmen von Gremien, wird zur Beurteilung wer konkret die Verantwortlichen sind, auf die jeweilige Zusammensetzung und die Entscheidungsfindung abzustellen sein. Zusätzlich fallen auch Entscheidungsträger nach § 2 Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) darunter, somit Personen, die Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder oder Prokuristen oder aufgrund organschaftlicher oder rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht in vergleichbarer Weise dazu befugt sind, den Verband nach außen zu vertreten (Z 1), Mitglieder des Aufsichtsrates oder des Verwaltungsrates sind oder sonst Kontrollbefugnisse in leitender Stellung ausüben (Z 2), oder sonst maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung des Verbandes ausüben (Z 3). Einzelne Funktionäre, die über keine entsprechenden Rechte oder Entscheidungsbefugnisse in der wahlwerbenden Partei verfügen, sondern bspw. lediglich als Zustellbevollmächtige oder Ansprechpersonen gegenüber Behörden auftreten, erfüllen die Anforderungen an Verantwortliche im Sinne der vorgeschlagenen Bestimmung nicht.

Abs. 3 enthält eine Qualifikation für das Überschreiten der Wertgrenze von 50 000 Euro.

Auf der subjektiven Tatseite ist Eventualvorsatz ausreichend (§ 5 Abs. 1 StGB), wobei es bei Gremien auch durchaus denkbar ist, dass nur einzelne Mitglieder mit entsprechendem Vorsatz Tahandlungen setzen.

§ 265a Abs. 1 StGB ist als unrechtsgeprägtes Sonderdelikt („Sonderpflichtdelikt“) zu qualifizieren, während Abs. 2 ein Allgemeindelikt normiert (insofern vergleichbar mit § 304-306 StGB einerseits und § 307-307b StGB andererseits; vgl. Nordmeyer/Stricker in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 307 Rz 10). Bei § 265a Abs. 1 StGB ist es somit erforderlich, dass der Verantwortliche einer wahlwerbenden Partei als Intraneus iSd § 14 Abs. 1 zweiter Satz StGB "in bestimmter Weise" an der Tat mitgewirkt hat, das heißt das Fordern, Annehmen oder sich Versprechen lassen dolos vornimmt (vgl. zu § 156 StGB und § 153d StGB 15 Os 60/14h). Nur wenn der Intraneus diese Voraussetzung erfüllt, kann dies Strafbarkeit von an der Tat beteiligten Extranei, wie beispielsweise sonstigen Funktionären der wahlwerbenden Partei, denen selbst nicht die Position eines Verantwortlichen zukommt, begründen (Fabrizy in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 14 [Stand 1.5.2014, rdb.at] Rz 15). Daneben muss der extrane Beitragstäter nach den allgemeinen Grundsätzen in seiner Person den subjektiven Tatbestand erfüllen (Öner/Schütz in Leukauf/Steininger, StGB4 § 12 Rz 54).

In Abs. 4 erster Satz wird normiert, dass Zusagen, Vereinbarungen oder Leistungen betreffend zulässige Parteispenden nach den bundes- und landesgesetzlich normierten Spendenregelungen sowie die Übernahme von Wahlwerbungsaufwendungen für die eigene Person, Parteiabgaben, aussichtsreichere Listenplätze für unterlegene Bewerber und vergleichbare Zusagen, Vereinbarungen oder Leistungen nicht rechtswidrig sind. Damit soll zum einen ausdrücklich gesetzlich klargestellt werden, dass Parteispenden, die nach den bundes- und landesgesetzlichen Regelungen zulässig sind (zB nach § 6 Parteiengesetz 2012), keine Strafbarkeit nach der vorgeschlagenen Bestimmung auslösen können (vgl. aber zB in § 6 Parteiengesetz 2012 die Höchstbeträge nach dessen Abs. 5 sowie die Ausschlussgründe nach Abs. 6, weshalb iHa Abs. 6 Z 10 Parteiengesetz davon auszugehen ist, dass zulässige Parteispenden von vornherein nicht als Entgelt iSd § 74 Abs. 1 Z 6 StGB zu qualifizieren sind). Zum anderen soll ausdrücklich festgelegt werden, dass sozialadäquate Verhaltensweisen im Kontext von Wahlkämpfen weiterhin nicht strafbar sind. Zu den Zusagen oder Vereinbarungen betreffend die Übernahme von Wahlwerbungsaufwendungen für die eigene Person zählen zB die Zusage zur Finanzierung eines eigenen Vorzugsstimmenwahlkampfs oder des Einsatzes bestimmter bereits beliebter Social-Media-Kanäle. Zusagen oder Vereinbarungen über Parteiabgaben betreffen auch Sonderparteiabgaben, etwa in Form eines Verzichts auf die (ersten) Funktions-Entschädigungen zugunsten der Partei oder eines Klubs. Die Zusage oder Vereinbarung aussichtsreicherer Listenplätze betrifft die Position unterlegener Bewerber:innen bei der nächsten Wahl.

Zu den vergleichbaren Zusagen, Vereinbarungen oder Leistungen sind insbesondere alle Vereinbarungen über einen Mandatsverzicht zu Gunsten eines nachgereihten Bewerbers zu verstehen. Dabei handelt es sich um durchaus übliche Vorgänge nach einer Wahl, um aus politischen Gründen bestimmte Personen vorziehen zu können, damit diese ein Mandat innehaben. Ebenfalls darunter fallen die schon erwähnten Konstellationen, wonach eine Person aus politischen Gründen auf eine Kandidatur oder die Annahme eines Mandats verzichtet und dafür eine Anstellung oder sonstige Position in der Partei oder einer Vorfeldorganisation bzw. eine Ausgleichszahlung erhält.

Schließlich soll zum Zwecke der Vermeidung allfälliger Konkurrenzprobleme eine ausdrückliche Subsidiaritätsklausel am Ende des zweiten Satzes in Abs. 4 eingefügt werden.

Zu Z 7, Z 8, Z 10, Z 12, Z 13 und Z 14 (§§ 304 Abs. 2, 305 Abs. 3, 306 Abs. 2, 307 Abs. 2, 307a Abs. 2, 307b Abs. 2 StGB):

Der Entwurf schlägt überdies für sämtliche Korruptionsdelikte des öffentlichen Bereichs die Einführung einer zusätzlichen Qualifikation bei 300 000 Euro übersteigendem Wert des Vorteils vor.

Angesichts des Umstands, dass in den letzten Jahren verschiedene aufsehenerregende Korruptionsfälle bekannt wurden und Gegenstand der öffentlichen Diskussion sind, scheint es – neben deren konkreter Aufarbeitung durch die Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte sowie der Legislativorgane in Bund und Ländern – angezeigt, den Unwert von Taten mit besonders hohem Wert des Vorteils hervorzuheben. Es soll daher jeweils eine neue Wertqualifikation für einen 300 000 Euro übersteigenden Wert des Vorteils eingeführt werden. Die Strafdrohungen sollen nach dem vorgeschlagenen § 304 Abs. 2 letzter Satz StGB und § 307 Abs. 2 letzter Satz StGB ein bis fünfzehn Jahre Freiheitsstrafe betragen. Für Kandidaten bzw. Kandidatinnen für ein Amt nach § 304 Abs. 1a StGB und § 307 Abs. 1a StGB sollen diese Strafdrohungen gleichermaßen gelten.

In den Tatbeständen nach § 305, § 306, § 307a und § 307b StGB sollen bei 300 000 Euro übersteigendem Wert des Vorteils Strafdrohungen von ein bis zehn Jahren Freiheitsstrafe vorgesehen werden.

Zu Z 9 (§ 305 Abs. 4 StGB):

Während bei jenen Korruptionsdelikten, bei denen es um die Erwirkung oder Belohnung pflichtwidrigen Verhaltens geht (§§ 304, 307 und 309 StGB), sowie bei der Tatbestandsvariante des Forderns sowohl nach § 305 als auch nach § 306 StGB jedweder Vorteil verpönt ist, hängt die Strafbarkeit im Übrigen davon ab, dass ein „ungebührlicher“ Vorteil im Spiel ist. Das gilt für die Tatbestandsvarianten des Annehmens und Sich-versprechen-Lassens von Vorteilen bei der Vorteilsannahme nach § 305 StGB sowie bei der Vorteilsannahme zur Beeinflussung nach § 306 StGB ebenso wie ganz allgemein für die Tatbestände der Vorteilszuwendung nach § 307a StGB sowie der Vorteilszuwendung zur Beeinflussung nach § 307b StGB. Beim Tatbestand der Verbotenen Intervention nach § 308 StGB kommt es hinwieder darauf an, dass es sich um eine „ungebührliche“ Einflussnahme handelt, wobei nach der Legaldefinition des § 308 Abs. 4 StGB eine Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung eines Amtsträgers oder Schiedsrichters dann ungebührlich ist, wenn sie auf die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts abzielt oder mit dem Anbieten, Versprechen oder Gewähren eines „ungebührlichen“ Vorteils für den Amtsträger oder für ihn an einen Dritten verbunden ist.

„Ungebührliche“ Vorteile sind solche, die nicht unter die Tatbestandseinschränkung (17 Os 10/17z) des § 305 Abs. 4 StGB fallen. Eine Strafbarkeit entfällt demnach derzeit zufolge Sozialüblichkeit (vgl. Aichinger in Leukauf/Steininger StGB4 § 305 StGB Rz 9) bei den vorstehend genannten Tatbeständen, wenn einer der in § 305 Abs. 4 StGB taxativ aufgezählten vier Alternativen vorliegt. Diese vier Alternativen liegen vor, wenn für die Vorteilsannahme eine Erlaubnisnorm besteht (Abs. 4 Z 1, 1. Fall), der Vorteil im Rahmen einer Veranstaltung gewährt wird und an der Teilnahme ein amtlich oder sachlich gerechtfertigtes Interesse besteht (Abs. 4 Z 1, 2. Fall), der Vorteil für gemeinnützige Zwecke, auf deren Verwendung der Täter keinen bestimmenden Einfluss ausübt, gewährt wird (Abs. 4 Z 2), oder es sich – in Ermangelung einer Erlaubnisnorm – um eine orts- oder landesübliche Aufmerksamkeit geringen Werts handelt und die Tat nicht gewerbsmäßig begangen wird (Abs. 4 Z 3).

Bei der Alternative des § 305 Abs. 4 Z 2 StGB gibt es Abgrenzungsschwierigkeiten, wenn Angehörige des Amtsträgers bzw. der Amtsträgerin Einfluss auf die Verwendung der für gemeinnützige Zwecke gegebenen Vorteile haben: Kommt nämlich nicht dem Amtsträger selbst, sondern ihm nahestehenden Personen Entscheidungsgewalt über die Verwendung des Vorteils zu, wird zum einen vertreten, dass – wie allgemein bei Beurteilung des bestimmenden Einflusses iSd § 305 Abs. 4 Z 2 StGB (vgl. Aichinger in Leukauf/Steininger, StGB Update 2020 § 305 [Stand 1.2.2020, rdb.at] Rz 17; Bundesministerium für Justiz, Fibel zum KorrStrÄG 2012, 43; Hauss/Komenda, SbgK StGB § 305 Rz 72; Messner, PK StGB § 305 Rz 11) – auch hier die faktischen Gegebenheiten entscheidend seien (Nordmeyer/Stricker in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 305 [Stand 3.8.2020, rdb.at] Rz 53 mwN). Es bestehe faktischer Einfluss der Amtsträgerin bzw. des Amtsträgers, wenn der nahestehenden Person „aufgrund der persönlichen Beziehung zum Amtsträger oder Schiedsrichter de facto keine Entscheidungsfreiheit bleibt“ (Aichinger in Leukauf/Steininger, StGB Update 2020 § 305 [Stand 1.2.2020, rdb.at] Rz 17). Mitunter wird aber auch eingewendet, dass allein der Umstand, dass dem Empfänger nahestehende Personen (Freunde oder Familienmitglieder) über die Verwendung entscheiden können, wohl nicht ausreicht; dies würde nicht bewältigbare Abgrenzungsschwierigkeiten und Rechtsunsicherheit bedeuten (Huber/Löff in Kert/Kodek, HB Wirtschaftsstrafrecht2 (2022) Kap 10 [Stand 1.12.2021, rdb.at] Rz 10.36).

Der Entwurf möchte die Frage hinsichtlich Angehöriger des Amtsträgers bzw. der Amtsträgerin ausdrücklich regeln. Es scheint zur Vermeidung von Missbrauchs- und Umgehungskonstruktionen (vgl. zur entsprechenden Kritik an § 305 Abs. 4 Z 2 StGB Messner, PK StGB § 305 Rz 11; Marek/Jerabek, Korruption und Amtsmissbrauch12 §§ 304–306 Rz 43c) sachgerecht auch jene Fälle aus der Tatbestandseinschränkung auszunehmen (und somit als ungebührliche Vorteile zu erfassen), in denen ein:e Person aus dem Familienkreis (§ 166 Abs. 1 StGB) des Amtsträgers bzw. der Amtsträgerin einen bestimmenden Einfluss im Sinne der vorstehenden Erwägungen auf die Verwendung des Vorteils ausübt (zu verstehen als „ausüben kann“ vgl. Hauss/Komenda, SbgK StGB § 305 Rz 70 mwN; Aichinger in Leukauf/Steininger, StGB Update 2020 § 305 [Stand 1.2.2020, rdb.at] Rz 18 mwN). Dazu zählen sohin Ehegatten, eingetragene Partner, Verwandte in gerader Linie, Geschwister und andere Angehörige, sofern der:die Amtsträger:in mit diesen in Hausgemeinschaft lebt.

Zu Art. 3 (Änderung des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes)

Seit der Einführung eines „Unternehmensstrafrechts“ durch das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz mit 1.1.2006 (BGBl. I Nr. 151/2015) sind die Sanktionierungsbestimmungen dieses Gesetzes unverändert geblieben: Diese bestehen grundsätzlich in einem Tagessatzsystem, wobei die Anzahl der Tagessätze an die im Individualstrafrecht angedrohte Freiheitsstrafe anknüpft und die Höhe des Tagessatzes an der Ertragslage (also am Gewinn des Verbandes) zu bemessen ist; allerdings ist die Höhe eines Tagessatzes mit 10 000 Euro gedeckelt.

Vorgeschlagen wird nun, die Deckelung anzuheben, und zwar auf das Dreifache, also von 10.000 auf 30.000 Euro. Analog soll auch die Obergrenze für Verbände, die gemeinnützigen, humanitären oder kirchlichen Zwecken dienen, verdreifacht werden (von 500 auf 1.500 Euro). Diese Erhöhung bedeutet, dass die maximal mögliche Geldbuße künftig 5,4 Mio Euro (180 Tagessätze à 30.000 Euro) betragen wird. Eine derartige Erhöhung erscheint nach mehr als 17-jährigem Bestehen des Gesetzes angemessen.

Zu Art. 4 (Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates) und Art. 5 (Bundesgesetz über die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments)

In Ergänzung zur Aufnahme neuer Delikte im StGB sollen auch die Bestimmungen zur Wählbarkeit in der NRWO und in der EuWO verschärft werden. Aufgrund der Verknüpfung des Amtsverlustes mit dem Verlust der Wählbarkeit während der Amtsführung werden alle hochrangingen Politikerinnen und Politiker Österreichs einem noch strengen Verhaltensstandard unterworfen, um im Falle einer Verurteilung Schaden vom Organ und von den demokratischen Institutionen fernzuhalten.

In Zukunft kann einem Mitglied des Nationalrates, des Bundesrates, eines Landtages, einem österreichischen Mitglied des Europäischen Parlaments, einem Präsidenten bzw. einer Präsidentin des Nationalrates, dem Präsidenten bzw. der Präsidentin und einem Vizepräsidenten bzw. einer Vizepräsidentin des Bundesrates, den Präsidenten bzw. Präsidentinnen und den Vizepräsidenten bzw. Vizepräsidentinnen der Landtage, dem Präsidenten bzw. der Präsidentin des Rechnungshofes, einem Mitglied der Volksanwaltschaft, dem Bundespräsidenten bzw. der Bundespräsidentin, einem Mitglied der Bundesregierung, einem Staatssekretär bzw. einer Staatssekretärin oder einem Mitglied einer Landesregierung vom Verfassungsgerichtshof auf Antrag des jeweils zur Kontrolle berufenen Vertretungskörpers das Mandat bzw. das Amt gemäß Art. 141 B-VG aberkannt werden, wenn er oder sie während der Amtsführung die Wählbarkeit verliert, weil er oder sie rechtskräftig zu einer sechs Monate übersteigenden Freiheitsstrafe wegen der Delikte Bestechlichkeit (§ 304 StGB samt dem neuen Delikt gemäß § 304 Abs. 1a StGB), Vorteilsannahme (§ 305 StGB), Vorteilsannahme zur Beeinflussung (§ 306 StGB), Bestechung (§ 307 StGB samt dem neuen Delikt gemäß § 307 Abs. 1a StGB), Vorteilszuwendung (§ 307a StGB) oder Vorteilszuwendung zur Beeinflussung (§ 307b StGB) verurteilt wird.

Im Unterschied zu den bereits bestehenden Tatbeständen, die zum Verlust der Wählbarkeit führen, ist es für die Anwendung des neuen § 41 Abs. 1 Z 3 NRWO und § 29 Abs. 1 Z 3 EuWO unbeachtlich, ob die Freiheitsstrafe bedingt oder unbedingt verhängt wurde.

Die neuen Bestimmungen sollen am 1. Juni 2023 in Kraft treten (§ 129 Abs. 14 NRWO und § 91 Abs. 17 EuWO).