Entwurf

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Mit diesem Bundesgesetz sollen das Bundes-Krisensicherheitsgesetz (B-KSG) erlassen sowie das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 (WV), das Wehrgesetz 2001 (WG 2001), BGBl. I Nr. 146/2001 (WV), und das Meldegesetz 1991 (MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992, geändert werden.

Für ein effektives und erfolgreiches Krisenmanagement ist die Koordination zwischen den betroffenen Akteuren (Bundes- und Landesbehörden, Einsatzorganisationen etc.) von entscheidender Bedeutung. Eine zentrale Rolle spielen dabei die organisatorische und strukturelle Vernetzung bereits in Normalzeiten sowie der regelmäßige Austausch im Rahmen von Gremien und die Übung definierter Ablaufprozesse. Die Bundesregierung hat sich in ihrem Regierungsprogramm für die Jahre 2020 bis 2024 („Aus Verantwortung für Österreich.“) insbesondere auf die Entwicklung umfassender rechtlicher Rahmenbedingungen für das staatliche Krisen- und Katastrophenschutzmanagement unter Beachtung der Bundes- und Landeskompetenzen verständigt. Vorgesehen sind im Kapitel „Krisen- und Katastrophenschutz“ etwa rechtliche Klarstellungen im Hinblick auf Zuständigkeiten, Befugnisse sowie Informationsübermittlungen, die Erhöhung der gesamtstaatlichen Resilienz sowie eine weitere Stärkung und Effizienzsteigerung des Krisenmanagements, die Verbesserung der Möglichkeiten des Bundesheeres, bei nichtmilitärischen Krisen Assistenz zu leisten, sowie das Treffen frühzeitiger Vorsorgemaßnahmen. Überdies hat sich die Bundesregierung zur Etablierung eines ressortübergreifenden Lagezentrums für einen gesamtheitlichen Zugang zum Thema Sicherheit, wie etwa Hochwasser, Pandemie, Blackout und hybride Bedrohungen, bekannt.

Vergangene große Krisen- und Katastrophenereignisse im In- und Ausland, wie etwa die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 oder die Flutkatastrophe in Mitteleuropa im Jahr 2002, haben bereits gezeigt, dass bei Großereignissen eine Gesamtkoordination über Verwaltungs- und Zuständigkeitsgrenzen lokaler und regionaler Gebietskörperschaften hinaus dringend erforderlich ist. Im Jahr 1986 wurde demzufolge von der Bundesregierung ein staatliches Krisenmanagement beim Bundeskanzleramt eingerichtet. Seit Mai 2003 obliegen die Koordination des staatlichen Krisen- und Katastrophenschutzmanagements (SKKM) und die internationale Katastrophenhilfe dem Bundesministerium für Inneres. Mit Ministerratsbeschluss vom 20. Jänner 2004 (TOP 33) wurde das SKKM neu organisiert. Die wichtigste Neuerung bildete dabei die Zusammenführung der in verschiedenen Ressorts angesiedelten Koordinationsgremien in einem neuen Koordinationsausschuss unter dem Vorsitz des Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit. Im Ausschuss erfolgen insbesondere der Informationsaustausch zwischen den beteiligten Stellen, eine laufende Erörterung des jeweils aktuellen Lagebildes sowie die Abstimmung der zu treffenden Maßnahmen. Im Anlassfall dient die Bundeswarnzentrale, seit Jänner 2006 organisatorischer Bestandteil des im Bundesministerium für Inneres eingerichteten Einsatz- und Koordinationscenters (EKC) bzw. nunmehr des Lagezentrums BMI, als Informationsdrehscheibe und permanent besetzte nationale Kontaktstelle; sie fungiert demnach als Kommunikations- und Informationsinstrument. Im Fall komplexer Krisen- und Katastrophensituationen ist es Aufgabe des SKKM, die rasche Koordination der Bundesbehörden untereinander sowie die Koordination und Zusammenarbeit mit den Ländern sicherzustellen.

Krisen in der jüngeren Vergangenheit haben die Frage aufgeworfen, ob die vorhandenen Strukturen und rechtlichen Möglichkeiten ausreichen, um unerwartet auftretende Krisenfälle rasch und effizient handhaben zu können. Die COVID-19-Pandemie als aktuelles Beispiel hat im Bereich des österreichischen Krisenmanagements neben verschiedenen Stärken auch Verbesserungspotenzial aufgezeigt. Darüber hinaus sind die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine in Österreich bereits spürbar (zB Versorgungsengpässe, Migrationsbewegungen) und bundesweite koordinierte Maßnahmen im Zusammenhang mit den innerstaatlichen Auswirkungen des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine erforderlich. Die neuen, von globaler Reichweite geprägten Krisenfälle bedingen eine umfassende Neuausrichtung, Verrechtlichung und Formalisierung bestehender Prozesse und Formate und besteht zunehmend ein Bedarf an einer umfangreichen, strukturierten und ressortübergreifenden Abstimmung der relevanten Akteure sowohl im Bereich der Krisenvorsorge als auch in der Krisenbewältigung.

Im Bereich der Krisen und Katastrophen besteht verfassungsrechtlich keine allgemeine Regelungskompetenz des Bundes, sondern liegt eine weitgehende Zersplitterung der Bundes- und Landeskompetenzen vor. In verschiedenen Staaten besteht schon derzeit die Möglichkeit, in Zeiten außergewöhnlicher Gefahr für den Staat und die Bevölkerung zeitlich befristet einen gesamtstaatlichen Krisenfall auszurufen und daran Anordnungen zu knüpfen. In einer solchen Krisensituation stehen den Behörden nach diesen Rechtsordnungen typischerweise besondere Maßnahmen zur Verfügung, um die drohenden oder schon eingetretenen Gefahren abzuwehren (vgl. ALES-Studie, Resilienz des Rechts in Krisenzeiten [2016]). Im Unterschied zu anderen Rechtsordnungen ist in Österreich keine explizite bzw. förmliche Feststellung des Eintritts eines Krisenfalls vorgesehen und bestehen keine allgemeinen organisatorischen Regelungen im Krisenfall, die zur effektiven Vorsorge für und Bewältigung von Krisensituationen geeignet wären. Die österreichische Bundesverfassung sieht zwar Notkompetenzen des Bundespräsidenten – sowie auf Länderebene der Landesregierung – vor, diese sind aber in einem Krisenfall nur eingeschränkt einsetzbar. Die Befugnisse des Bundesheeres sowie die in den Landeskatastrophengesetzen vorgesehenen Maßnahmen sind zwar auch geeignet, Sofortmaßnahmen sicherzustellen, diese Möglichkeiten werden jedoch als ausbaufähig angesehen. Vergangene große Elementarereignisse und Unglücksfälle außergewöhnlichen Umfangs sowie insbesondere die COVID-19-Pandemie haben dargelegt, dass die geltende Verfassungsrechtslage nicht ausreicht, um die Ressourcen des Bundesheeres bestmöglich zur Vorsorge für den Fall und zur Bewältigung von Elementarereignissen, Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfangs und Krisen einsetzen zu können.

Auch innerhalb des Bundes bestehen unterschiedliche Kompetenzregelungen. Gemäß dem Bundesministeriengesetz 1986 (BMG), BGBl. Nr. 76/1986, obliegt dem Bundesminister für Inneres etwa die „Koordination in Angelegenheiten des staatlichen Krisenmanagements und des staatlichen Katastrophenschutzmanagements“ sowie die „Mitwirkung bei anlassbezogener Krisenbewältigung“, dem Bundeskanzler hingegen die „Anlassbezogene Koordination innerstaatlicher Maßnahmen zur Bewältigung überregionaler oder internationaler Krisen oder Katastrophen“.

Aufgrund der Tatsache, dass eine weitgehende Verrechtlichung im Bereich des Krisenmanagements bisher nicht erfolgt ist, basieren die derzeitigen Koordinationstätigkeiten im Bereich des SKKM grundsätzlich auf der Grundlage der bestehenden Bestimmungen im BMG und des bereits erwähnten Ministerratsbeschlusses aus dem Jahr 2004. So wurde etwa die Gesamtstaatliche COVID-Krisenkoordination (GECKO) als Kommission gemäß § 8 BMG im Bundeskanzleramt eingerichtet.

Die Diversität der Bedrohungen bzw. Krisenszenarien und eine zunehmend von globalen Rahmenbedingungen abhängige „Gefahrenlage“ erfordern eine Anpassung des SKKM an die neuen Gegebenheiten und einen gesamtheitlichen Zugang zum Thema Krisensicherheit. Überdies hat vor allem die Bewältigung der aktuellen Pandemie gezeigt, dass es ein zwischen den relevanten Akteuren vernetztes und rechtlich verankertes Krisenmanagement benötigt. Wollen die zuständigen Behörden nicht nur auf Gefahren reagieren, sondern Bedrohungen aktiv schon im Vorfeld entgegentreten und abwehren, müssen ihnen dazu auch entsprechende Mittel und Möglichkeiten zur Verfügung gestellt werden.

Durch die einstimmig angenommene Entschließung des Nationalrats vom 14. Oktober 2020 wurde parteiübergreifend der Beschluss zur Verrechtlichung des gesamtstaatlichen Krisenmanagements mit dem Ziel der Stärkung und Effizienzsteigerung des SKKM gefasst (105/E 27. GP).

Diesen Überlegungen soll der gegenständliche Gesetzesentwurf Rechnung tragen und soll das von der Bundesregierung im Jahr 2020 beschlossene Regierungsprogramm Berücksichtigung finden. Einerseits sollen dabei bisher bewährte Strukturen rechtlich abgebildet und weiterentwickelt, andererseits soll Verbesserungsbedarf aufgegriffen werden.

Durch eine Änderung des B-VG soll der Assistenzbereich auf den Krisenfall ausgeweitet werden. Dem Bundesheer soll außerdem die zusätzliche Aufgabe zugewiesen werden, bereits Vorkehrungen zur Bewältigung von künftigen Elementarereignissen, Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfangs oder Krisen durch einzelne Maßnahmen der Vorsorge zu treffen.

Zur Steigerung der Krisensicherheit soll durch Erlassung des B-KSG auch in Anbetracht neuer und ungewisser Bedrohungsszenarien eine bundesgesetzliche Regelung über die Sicherstellung der staatlichen Resilienz und Koordination des Bundes in Krisenfällen geschaffen werden. Ausgehend von den geltenden verfassungsrechtlichen Kompetenztatbeständen ist Ziel des geplanten Organisationsgesetzes die gesetzliche Absicherung von Strukturen und Verfahren des staatlichen Krisenmanagements, die Entwicklung von umfassenden Krisenpartnerschaften bereits in Normalzeiten sowie die Steigerung der Widerstandsfähigkeit Österreichs und somit die Aufrechterhaltung bzw. rasche Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit von Staat und Gesellschaft in Krisen. Insgesamt soll ein gesamthafter Zugang zu allen Aspekten der Krisensicherheit, staatlichen Resilienz und Krisenvorsorge geschaffen werden. Beabsichtigt ist, eine gesamtstaatliche Herangehensweise und enge Abstimmung mit und zwischen sämtlichen fachlich zuständigen Akteuren sicherzustellen, ohne dabei die operative Kompetenz der einzelnen Ressorts und der Länder zu berühren.

Um nicht in den Zuständigkeitsbereich der Länder (etwa im Bereich des Katastrophenschutzes und der Katastrophenbekämpfung) einzugreifen, wurde eine klare begriffliche Definition von Bundeskrisen als notwendig erachtet. In den verfassungsrechtlichen Kompetenztatbeständen besteht nach derzeitiger Rechtslage zwar keine explizite Auflistung von Krisen. Eine nähere Analyse der Kompetenztatbestände ergibt jedoch, dass die Krisenprävention und -bewältigung wohl im untrennbaren Zusammenhang mit anderen ausdrücklich in den Kompetenztatbeständen aufgelisteten Angelegenheiten steht. Bei den Krisenmaßnahmen handelt es sich sozusagen um den „Vollzug“ von diesen Materien in „Ausnahmefällen“; die Krisenprävention und -bewältigung gehören nach ihrem (wesentlichen) Inhalt systematisch – sowohl in Gesetzgebung als auch in Vollziehung – dem jeweiligen Kompetenzgrund an, können also nicht losgelöst von der Hauptmaterie betrachtet werden. Die Prävention bzw. Abwehr sowie die Bewältigung sind verschiedenen Verwaltungsmaterien zuzuordnen, weshalb Krisen aufgrund der starken Bindung eine (materienübergreifende) Annexmaterie darstellen und sich die Zuständigkeit zur Erlassung und Vollziehung von Bestimmungen betreffend das Krisenmanagement nach der Zuständigkeit zur Regelung und Vollziehung der betreffenden Angelegenheit richtet. Je nach Materie bzw. Verwaltungszweig, auf die bzw. den sich die Regelungen beziehen, obliegt die Gesetzgebung und Vollziehung dem Bund oder den Ländern. Soweit auf Gebieten, die gemäß Art. 10 Abs. 1 B-VG in die Zuständigkeit des Bundes fallen, Krisen eintreten können, hat der Bund demnach das Recht, Krisenregelungen zu erlassen und im Krisenfall Vollzugsakte zu setzen (zur Adhäsionskompetenz vgl. auch VfSlg. 19.905/2014; 15.552/1999; 5649/1967).

Die Feststellung des befristeten Krisenfalls soll angelehnt an andere europäische Rechtsordnungen in formell-konstitutiver Weise durch eine Verordnung der Bundesregierung ausreichend publik erfolgen und soll die Krise – sobald die Voraussetzungen dafür nicht mehr vorliegen – auch wieder vorzeitig beendet werden, wobei bei Krisenfeststellung aufgrund der Sondersituation die erforderliche Einvernehmensherstellung mit dem Hauptausschuss des Nationalrats festgeschrieben wird. Sowohl die Setzung nachfolgender Koordinierungsakte zur Krisenbewältigung als auch in Materiengesetzen vorgesehene Krisenregelungen sollen (in weiterer Folge) an diese formelle Krisenfeststellung der Bundesregierung anknüpfen und soll somit eine Inanspruchnahme der für den Krisenfall materienspezifisch vorgesehenen Befugnisse von der formellen Feststellung des Vorliegens einer Krise abhängig sein.

Der Intention dieses Entwurfs zufolge sollen außerdem für strategische Belange und zur Sicherstellung eines gesamthaften strategischen Überblicks der Bundesregierung im Bundeskanzleramt die Funktion eines umfassenden Informationspflichten unterliegenden Beraters sowie eines stellvertretenden Beraters der Bundesregierung (Regierungsberater und stellvertretender Regierungsberater) eingerichtet sowie ein Beratungsgremium geschaffen werden. Damit wird erstmals festgehalten, dass die Bundesregierung gesamthaft in Fragen der Krisenvorsorge, der Krisenbewältigung, der umfassenden Landesverteidigung, der nationalen Sicherheit und der staatlichen Resilienz strategisch beraten werden soll. Darüber hinaus soll für die Bundesregierung ein permanentes ressortübergreifendes Bundeslagezentrum mit höchsten internationalen Sicherheits- und technischen Ausstattungsstandards errichtet werden. Durch die gesetzliche Verankerung der Gremienstruktur sowohl (prophylaktisch) vor als auch in Krisenzeiten und die Regelung des Koordinationsmechanismus soll die erforderliche Koordination im Hinblick auf – in die Zuständigkeit des Bundes fallende – Krisen verbessert werden. Einerseits soll eine rasche Abstimmung betroffener Behörden und Einrichtungen in Krisenfällen gewährleistet werden, andererseits auch in Normalzeiten eine Vernetzung und ein regelmäßiger Austausch sichergestellt sein. Ziel ist unter anderem, zur Gewährleistung einer größtmöglichen Akzeptanz der Entscheidungen in der Bevölkerung sämtliche relevanten Akteure einzubinden und eine Mitwirkung vor allem der Länder (im Rahmen der Landesverwaltung auf freiwilliger Basis), Einsatzorganisationen und Nichtregierungsorganisationen zu erreichen. In diesem Sinne ist es erforderlich, Aufgaben und Zuständigkeiten des Regierungsberaters (samt seinem Stellvertreter und dem Beratungsgremium), des Bundeslagezentrums und der ressortübergreifenden Gremien klar abzugrenzen sowie diesbezügliche Informations- und Mitwirkungspflichten eindeutig festzulegen, damit die Erstellung aktueller Lagebilder und die eingehende Beratung der Mitglieder der Bundesregierung mit Blick auf Krisenfälle bzw. krisenhafte Entwicklungen uneingeschränkt möglich sind. Zudem sollen etwa auch Berichts- und Auskunftspflichten an den Nationalrat sowie eine Informationsübermittlung insbesondere an Betreiber kritischer Infrastrukturen, Einsatzorganisationen und Nichtregierungsorganisationen vorgesehen werden.

Maßnahmen zur Krisenvorsorge und -bewältigung sollen ebenfalls Eingang in den Gesetzesentwurf finden. Vorgesehen ist etwa die Verpflichtung der zuständigen Mitglieder der Bundesregierung, die notwendigen Vorkehrungen und Strukturen für ein effektives Krisenmanagement zu schaffen, permanente Kontaktstellen festzulegen sowie etwa Krisenpläne zur Krisenbewältigung aufzustellen und ein ausreichendes Qualitätsmanagement sicherzustellen. Schließlich sollen – neben einigen Klarstellungen – die Vorsorgeaufgaben des Bundesheeres auf Basis der vorgesehenen verfassungsrechtlichen Grundlage einfachgesetzlich verankert werden.

Durch dieses Organisationsgesetz ist demzufolge eine wesentliche Weiterentwicklung der staatlichen Sicherheitsarchitektur beabsichtigt. Konkrete individuelle Maßnahmen zur Abwehr und Bewältigung einer Krise sollen aufgrund der unterschiedlichen materienspezifischen Gegebenheiten mit Blick auf die Systematik des gegenständlichen Organisationsgesetzes durch den jeweiligen Materiengesetzgeber geregelt werden, wobei auf die Bedürfnisse vulnerabler Gruppen besonders Bedacht zu nehmen ist.

Durch die vorgesehene verfassungsrechtliche Ausweitung des Assistenzbereichs auf Krisenfälle bedarf es zudem einer Änderung des WG 2001.

Zur Erlangung von personenbezogenen Kontaktdaten soll es künftig durch eine Änderung des MeldeG auch in Krisenfällen möglich sein, eine Verknüpfungsanfrage im Zentralen Melderegister (ZMR) durchzuführen.

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung eines diesem Entwurf entsprechenden Bundesgesetzes gründet sich hinsichtlich

-              des Artikels 1 auf Art. 10 Abs. 1 Z 1 B-VG („Bundesverfassung“),

-              des Artikels 2 auf Art. 10 Abs. 1 B-VG,

-              des Artikels 3 auf Art. 10 Abs. 1 Z 15 B-VG („militärische Angelegenheiten“) und

-              des Artikels 4 auf Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG („Meldewesen“).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Der Entwurf kann im Hinblick auf Artikel 1 (Verfassungsbestimmung) gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes)

Zu Art. 79 Abs. 2 Z 2:

Der Assistenzbereich des Bundesheeres soll neben Elementarereignissen und Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfangs gemäß Z 2 künftig auch den Krisenfall umfassen. Zur Definition einer Krise vgl. den in Artikel 2 vorgeschlagenen § 2.

Zu Art. 79 Abs. 2a:

Dem Bundesheer soll, unter Gesetzesvorbehalt und unter der Voraussetzung, dass ein entsprechender Beschluss der Bundesregierung vorliegt, künftig die zusätzliche Aufgabe zugewiesen werden, bereits Vorkehrungen für die Bewältigung künftiger Elementarereignisse, Unglücksfälle außergewöhnlichen Umfangs oder Krisen (vgl. dieselben Tatbestandselemente in Abs. 2 Z 2) – die im Falle des Eintretens primär durch die zivile Gewalt zu bewältigen sind (vgl. Abs. 2) – in Form einzelner präventiver Maßnahmen zu treffen.

Zwar kann auch die Hilfeleistung im Katastropheneinsatz in einem gewissen, sehr beschränkten Ausmaß bereits nach geltendem Recht präventiv erfolgen, wenn etwa der Einsatz so „rechtzeitig“ erfolgen muss, um die Ausdehnung der Katastrophe zu verhindern (mit dem Hinweis auf Absicherungsmaßnahmen bei Brand- oder Hochwasserkatastrophen vgl. Truppe, Art. 79 B-VG, in Kneihs/Lienbacher, Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, 9. Lfg. [2012], Rz 34 FN 182). Darüber hinaus können nach geltender Rechtslage Präventivmaßnahmen aber nicht mit Hilfe des Bundesheeres getroffen werden.

Nähere Bestimmungen, insbesondere zur Konkretisierung der einzelnen vorsorglichen Maßnahmen, sollen bundesgesetzlich erlassen werden. In den ausführungsgesetzlichen Bestimmungen soll insbesondere geregelt werden, inwieweit und welche Vorbereitungshandlungen dem Bundesheer in den genannten Angelegenheiten obliegen (vgl. den in Artikel 2 vorgeschlagenen § 11). Durch ein solches Bundesgesetz kann weder die Notwendigkeit einer Ermächtigung der Bundesregierung abbedungen werden noch eine Erweiterung der in Abs. 2 Z 2 genannten Aufgaben erfolgen (vgl. auch Art. 79 Abs. 3 B-VG).

An die Stelle der Inanspruchnahme gemäß Abs. 2 sollen im Fall des Abs. 2a sowohl ein Bundesgesetz, das abstrakt die Anwendungsfälle und Voraussetzungen der neuen Präventivfunktion definiert, als auch ein entsprechender Beschluss der Bundesregierung – auf Antrag des sachlich zuständigen Bundesministers – treten.

Die Inanspruchnahme durch die Bundesregierung hat sich auf einzelne Beiträge zur Vorsorge für den Fall künftig eintretender Elementarereignisse, Unglücksfälle außergewöhnlichen Umfangs oder Krisen zu beschränken und soll diese das Tätigwerden des Bundesheeres in dem Zusammenhang in räumlicher und zeitlicher Hinsicht konkretisieren, insbesondere im Hinblick auf den Zweck, den voraussichtlichen Umfang, die dafür nötigen personellen und sachlichen Ressourcen und die Umstände, unter denen die Aufgabe besorgt werden soll.

Die Besorgung dieser neuen Aufgabe soll – abhängig von einer gesetzlichen Ermächtigung und einem entsprechenden Beschluss der Bundesregierung auf Antrag des sachlich zuständigen Bundesministers – selbständig erfolgen und, anders als im Fall der Assistenzleistung, nicht der zivilen Gewalt zuzurechnen sein. Die Aufgabenbesorgung soll unter der Befehlsgewalt des zuständigen Bundesministers für Landesverteidigung (Art. 80 Abs. 3 B‑VG) erfolgen.

Zu Artikel 2 (Bundes-Krisensicherheitsgesetz – B-KSG)

Zu § 1 (Anwendungsbereich):

Diese Bestimmung soll den Anwendungsbereich des gegenständlichen Bundesgesetzes klar zum Ausdruck bringen. Integrale Bestandteile sind demnach das Verfahren zur Feststellung (und vorzeitigen Beendigung) einer Krise (samt Krisendefinition), die erforderliche Koordination auf Bundesebene in Normal- und Krisenzeiten (insbesondere betreffend Organisations- und Gremienstrukturen sowie Informations-, Berichts- und Mitwirkungspflichten) sowie Maßnahmen zur Krisenvorsorge und Krisenbewältigung. Dabei sollen bisher bewährte Strukturen des SKKM rechtlich abgebildet und weiterentwickelt werden. Ziel ist es, zur Sicherstellung der staatlichen Resilienz und Krisensicherheit bestehende Gremien und Prozesse auszubauen, umfassende „Krisenpartnerschaften“ bereits in Normalzeiten zu entwickeln und etwa durch ressortübergreifende Strukturen einen interministeriellen Informationsaustausch sicherzustellen. Durch die Einbeziehung der Ländervertreter soll dem Grundgedanken eines partnerschaftlichen Bundesstaates Rechnung getragen werden.

Durch das gegenständliche Organisationsgesetz sollen vor allem innerorganisatorische Koordinierungsregelungen vorgesehen und soll somit kein Sonderregime mit besonderen Behördenbefugnissen geschaffen werden (zB kein Eingriff in Grundrechte, keine Ermächtigung zur Erlassung gesetzesändernder Verordnungen). Demnach soll im Krisenfall auch nicht die Möglichkeit bestehen, von regulären Rechtserzeugungsverfahren (wie dies etwa in anderen Ländern der Fall ist) abzusehen. Mit Blick auf die Systematik soll das Gesetz lediglich den institutionellen bzw. rechtlichen Rahmen vorgeben und sollen konkrete individuelle Maßnahmen zur Abwehr und Bewältigung einer Krise aufgrund der unterschiedlichen spezialgesetzlichen Gegebenheiten durch den jeweiligen Materiengesetzgeber bereichsadäquat und weitgehend flexibel geregelt werden (siehe dazu die Erläuterungen zu § 13).

Zu § 2 (Krise):

Bisher wurden in der Literatur viele Versuche unternommen, Krisenfälle und Notstände zu definieren (vgl. etwa die ALES-Studie), wobei die Verfassung selbst kein eindeutiges Ergebnis liefert. Die Katastrophenschutzregelungen der Länder sind ebenfalls differenziert ausgestaltet; diesen ist es jedoch gemein, dass eine Katastrophe als eine durch Naturereignis oder sonstige Ursachen hervorgerufene eingetretene oder unmittelbar bevorstehende Schädigung von Menschen und Sachgütern in außergewöhnlichem Umfang definiert wird (vgl. dazu die Katastrophenschutz- bzw. die Katastrophenhilfegesetze der Länder).

Im Hinblick darauf, dass dem Bund keine umfassende Zuständigkeit, sondern aufgrund der Verzahnung und untrennbaren Verbindung mit der Hauptmaterie lediglich die verfassungsrechtliche Kompetenz zukommt, Krisen in einer der in Art. 10 Abs. 1 B-VG aufgelisteten Angelegenheiten zu regeln und in diesen Bereichen Vollzugshandlungen zu setzen (siehe die Ausführungen im Allgemeinen Teil), knüpft die Krisendefinition ausdrücklich auf Ereignisse (zB weitreichende terroristische Angriffe), Entwicklungen (zB Pandemien, massive Migrationsbewegungen) oder sonstige Umstände in Bereichen, die in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache sind, sowie auf Maßnahmen im Zuständigkeitsbereich des Bundes an. Da nicht auszuschließen ist, dass in Zukunft andere, bisher nicht vorhersehbare Phänomene auftreten, die das Potenzial haben, einen Krisenfall hervorzurufen (vgl. dazu auch die rechtswissenschaftlichen Überlegungen in der ALES-Studie), erscheint es dringend notwendig und sachgerecht, etwa durch die Bezugnahme auf „sonstige Umstände“ andere möglicherweise auftretende Erscheinungsformen mitzuumfassen. Eine zu enge und kasuistische Aufzählung der möglichen Szenarien riskiert, nicht bedachte oder bislang womöglich unbekannte Krisenfälle ungeregelt zu lassen und beschränkt somit den notwendigen Handlungsspielraum zur Bewältigung einer Krise. Die Definition ist demnach das Ergebnis einer bewussten sachgerechten und verhältnismäßigen Abwägung und soll zudem eine rasche Handlungsfähigkeit im Krisenfall sicherstellen.

Demnach soll eine (Bundes-)Krise dann vorliegen, wenn durch ein unmittelbar drohendes oder bereits eingetretenes Ereignis, eine Entwicklung oder sonstige Umstände in Bereichen, in denen dem Bund die Gesetzgebung und Vollziehung zukommt, eine außergewöhnliche Gefahr für das Leben und die Gesundheit der Allgemeinheit, die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Inneren, die nationale Sicherheit, die Umwelt oder das wirtschaftliche Wohl eintritt. Phänomene, die das Potenzial haben, eine solche Gefahr für die genannten öffentlichen Interessen zu begründen, stellen etwa Katastrophen, Terrorismus, Pandemien, aber auch massive nationale und internationale Menschenbewegungen dar. Zu denken wäre beispielsweise auch an längerfristige Folgen von Mangellagen (zB Stromausfall, Ausfall von Verkehrsträgern). Ausreichend ist zwar, dass diese Gefahr unmittelbar bevorsteht, also eine potenzielle Gefahrensituation vorliegt. Dieses „Risiko“ bedarf jedoch einer gewissen Qualität, die sich etwa aus spezifischen Anknüpfungspunkten sowie der Eintrittswahrscheinlichkeit der Gefahr ergibt.

An den nicht nur in Art. 52a und Art. 148b B-VG, sondern auch in Art. 6 Abs. 1, Art. 8 Abs. 2, Art. 10 Abs. 2 und Art. 11 Abs. 2 EMRK genannten Begriff der „nationalen Sicherheit“ wird ein besonders hoher Maßstab anzulegen sein. Demnach liegt im Sinne der Rechtsprechung des EGMR die Gefährdung der nationalen Sicherheit regelmäßig erst bei einem erheblichen Grad der Gefährdung von sicherheitspolizeilichen oder militärischen Interessen vor, etwa bei Gefährdung des Bestandes des demokratischen oder rechtsstaatlichen Systems bzw. der zu dessen Aufrechterhaltung dienenden Instrumentarien (vgl. ErläutRV 937 BlgNR 27. GP 19 f; siehe auch Hauer, Die Polizeizwecke der Grundrechtsschranken der Europäischen Menschenrechtskonvention, in Grabenwarter/Thienel, Kontinuität und Wandel der EMRK [1998], 115 [131]; Handstanger in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 5. Lfg. [2002], Art. 52a Rz 13). Eine Berufung auf die nationale Sicherheit wird daher nur in seltenen Fällen in Betracht kommen (vgl. Gusy/Ziegler, Menschenrechtsfragen elektronischer Personenüberwachung, JRP 1996, 193 [198 mwN FN 32]; Vogl, Der Rechtsschutzbeauftragte in Österreich [2004] 91).

Die Beurteilung des Ausmaßes der Gefahr spielt dabei eine bedeutende Rolle. So kann beispielsweise eine Gefahr bestehen, ohne dass von einem „echten“ Krisenfall gesprochen werden kann. Handelt es sich um eine längere Zeit andauernde Gefahr, deren Ende in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist, kann dies ein Indiz für ein außergewöhnliches Ausmaß der Gefahr sein.

Diese außergewöhnliche Gefahr muss zudem – angelehnt an die Ergebnisse der ALES-Studie – die unverzügliche Anordnung, Durchführung und Koordination von Maßnahmen im Zuständigkeitsbereich des Bundes dringend erforderlich machen („Gefahr im Verzug“), andernfalls keine Krise vorliegt. Zwar können viele Umstände eine Staatsgefahr begründen, von einer Gefahr im Sinne eines Krisenfalls kann aber nur dann gesprochen werden, wenn sie ein akutes Tätigwerden bzw. ein rasches Entgegenwirken erfordert und Bewältigungsprozesse dringend erforderlich werden. Ein rasches Handeln ist etwa dann notwendig, wenn staatliche Untätigkeit den eingetretenen oder drohenden Schaden vergrößern würde. Zu denken ist an die Abwendung einer drohenden Gefahr ebenso wie an das wirkungsvolle Management eines bereits eingetretenen Schadens. Weitreichende terroristische Angriffe, Pandemien etc. erfordern in aller Regel rasches staatliches Handeln. Die Frage, ob Gefahr im Verzug vorliegt, kann nur konkret im Beurteilungszeitpunkt festgestellt werden. Entscheidend ist, ob rasches Handeln akut geboten ist.

Unberührt davon bleiben die Fälle der militärischen Landesverteidigung (vgl. Art. 79 Abs. 1 B-VG), worunter die Abwehr von Gefahren für die Unabhängigkeit, die Existenz und die immerwährende Neutralität des Staates mit militärischen Mitteln zu verstehen ist. Diese Aufgabe kommt verfassungsrechtlich ausschließlich dem Bundesheer zu und gelten die Leitungsbefugnisse des Art. 80 B-VG uneingeschränkt. Für diesen Bereich sollen die Regelungen des gegenständlichen Gesetzes keine Anwendung finden.

Zu § 3 (Feststellung einer Krise):

Dem Entwurf zufolge soll gemäß Abs. 1 die Feststellung des Krisenfalls von der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats erfolgen. Diese starke Rückbindung an den legitimen Gesetzgeber entspricht dem demokratischen Grundprinzip der österreichischen Bundesverfassung. Eine Beschlussfassung der Bundesregierung im Umlaufweg ist zulässig (Art. 69 Abs. 3 B-VG).

Die Feststellung einer Krise in Form einer (generell abstrakten) Verordnung ergibt sich aus dem Grundsatz der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems sowie dem generellen Adressatenkreis. Die formelle „Ausrufung“ des Krisenfalls mit konstitutiver Wirkung erscheint geeignet, die erforderliche Publizität des Eintritts einer Krise zu gewährleisten. Da es jedoch denkbar ist, dass im Krisenfall durch eine Kundmachung im Bundesgesetzblatt (entsprechend den regulären Prozessen außerhalb einer Krise) faktisch keine ausreichende Publizität erreicht wird, soll neben dieser Form der Kundmachung zusätzlich eine Kundmachung in sonstiger Weise erfolgen, die geeignet scheint, einen möglichst weiten Kreis der Betroffenen zu erreichen, wie durch Verbreiten in Fernsehen oder Rundfunk. Für die Verbreitung der Informationen über Rundfunk oder Fernsehen gelten § 30a des Audiovisuelle Mediendienste-Gesetzes (AMD-G), BGBl. I Nr. 84/2001, sowie § 5 Abs. 6 Z 1 des ORF-Gesetzes (ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984 (WV). Sichergestellt werden sollte, dass verbreitete Informationen auch so bereitgestellt werden, dass sie barrierefrei und einfach verständlich zugänglich sind. Denkbar wären zudem Ankündigungen im Internet bzw. – bei Erfüllung der verfassungsrechtlichen Vorgaben – in sozialen Medien.

Im Hinblick darauf, dass die Krise durch Verordnung festgestellt (und auch vorzeitig beendet, siehe § 4) werden soll, ist jedenfalls ein umfassender Rechtsschutz garantiert und unterliegen diese Verordnungen gegebenenfalls der nachprüfenden Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof (Art. 139 B-VG).

Zudem empfiehlt es sich, den formellen Akt der Feststellung einer Krise von der Setzung nachfolgender Akte zur Bewältigung der Krise (etwa in den jeweiligen Materiengesetzen) zu trennen, und zwar sowohl inhaltlich als auch im Hinblick auf die jeweiligen Organzuständigkeiten. Erst nach Setzung dieses Formalaktes soll auf die an eine Krise anknüpfenden Regelungen als Grundlage für Maßnahmen zur Krisenbewältigung zurückgegriffen werden können (vgl. auch Erläuterungen zu § 13).

Wesentlich ist, dass Verordnungen, durch die es zur Feststellung einer Krise kommt, ausreichend zu begründen sind. Die Anforderungen an die Ausführlichkeit der Begründung dürfen aufgrund der typischerweise gebotenen Dringlichkeit nicht überspannt werden. Dennoch sollte aus der Begründung eindeutig hervorgehen, aufgrund welcher Erwägungen die Bundesregierung vom Vorliegen einer Krise ausgeht. Vor allem ist bei einer (mehrfachen) Verlängerung deutlich darzulegen, aus welchen Gründen nach wie vor von einem Krisenfall ausgegangen wird. Eine solche Begründungspflicht wirkt nicht nur einem Automatismus entgegen und fördert somit eine verantwortungsvolle Entscheidung, sondern ermöglicht auch eine effektive nachfolgende gerichtliche und parlamentarische Kontrolle.

Da das Vorliegen eines Krisenfalls eine rasche Reaktion erfordert, ist konsequenterweise aus zeitlichen Gründen von der Einhaltung der Vorgaben der §§ 17 und 18 des Bundeshaushaltsgesetzes 2013 (BHG 2013), BGBl. I Nr. 139/2009, abzusehen. Daher soll die Notwendigkeit zur Erstellung einer Wirkungsorientierten Folgenabschätzung im Zusammenhang mit dieser Verordnung entfallen.

Nach dem Vorbild des COVID-19-Maßnahmengesetzes (COVID-19-MG), BGBl. I Nr. 12/2020, soll betreffend die Einvernehmensherstellung mit dem Hauptausschuss des Nationalrats bei Feststellung des Vorliegens einer Krise in Abs. 2 eine Gefahr-im-Verzug-Regelung aufgenommen werden (vgl. § 12 Abs. 2 COVID-19-MG). Bei Gefahr im Verzug soll es möglich sein, auch ohne Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats eine Krise festzustellen; als „Sicherungsmechanismus“ ist bei einer solchen Verordnung zur demokratischen Legitimierung das Einvernehmen mit dem Hauptausschuss binnen vier Tagen nach Kundmachung herzustellen.

Zu § 4 (Beendigung einer Krise):

Durch diese Regelung soll festgelegt werden, dass die Krise nach sechs Wochen automatisch endet. Die Festlegung einer Höchstdauer hat den Vorteil, dass der einmal festgestellte Krisenfall nicht weit über das Vorliegen der realen Krisensituation hinaus bzw. unbeschränkt aufrecht bleibt und entspricht auch dem Prinzip, dass der Krisenfall eine Ausnahmesituation darstellt.

Im Hinblick darauf, dass es nicht sachlich zu rechtfertigen wäre, dass die „ausgerufene“ Krise über das Bestehen der tatsächlichen Krisensituation hinaus andauert, soll zudem ausdrücklich festgelegt werden, dass die Verordnung gemäß § 3, mit der die Krise festgestellt wird, unverzüglich von der Bundesregierung (durch Verordnung) aufzuheben ist, sobald die in § 2 normierten Voraussetzungen für eine Krise nicht mehr vorliegen. Aufgrund der Tatsache, dass durch die Aufhebung die Sondersituation beendet wird und eine Rückkehr zu den Normalzeiten erfolgt, soll für diese Verordnung (im Gegensatz zur Krisenfeststellung) kein Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats erforderlich sein. Die Verpflichtung zur Erstellung einer Wirkungsorientierten Folgenabschätzung soll aus demselben Grund ebenfalls entfallen.

Ist eine Verlängerung des Krisenfalls und somit eine nochmalige Krisenfeststellung erforderlich, ist gemäß § 3 vorzugehen und neuerlich das Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats herzustellen.

Zu § 5 (Beratung der Bundesregierung):

Zur umfassenden strategischen Beratung der Bundesregierung, Schaffung einer langfristigen und grundsätzlichen Ausrichtung sowie zur Festlegung von Zielen in Fragen der Krisenvorsorge, der Krisenbewältigung, der umfassenden Landesverteidigung, der nationalen Sicherheit und der staatlichen Resilienz soll im Bundeskanzleramt die Funktion eines Beraters der Bundesregierung (kurz: Regierungsberater) sowie eines stellvertretenden Beraters der Bundesregierung (kurz: stellvertretender Regierungsberater) eingerichtet werden. Der stellvertretende Regierungsberater ist im Verhinderungsfall (zB Ortsabwesenheit, Krankheit) oder auf Ersuchen des Regierungsberaters dazu berufen, diesen in dessen gesamten Aufgabenbereich zu vertreten (zB Vertretung bei der Teilnahme an den Sitzungen der Fachgremien).

Die neutrale und überparteiliche mit hochrangiger Verantwortung ausgestattete Rolle des Regierungsberaters soll ein von operativen Tätigkeiten bzw. Ressortaufgaben und -kompetenzen losgelöstes und unbeeinflusstes objektives Handeln sicherstellen und zu keiner Kompetenzverschiebung führen.

Demnach soll gemäß Abs. 1 vorgesehen werden, dass dem Regierungsberater (bzw. im Falle der Vertretung dem Stellvertreter) die Aufgabe zukommt, die Bundesregierung in sämtlichen mit der Krisenvorsorge, Krisenbewältigung, umfassenden Landesverteidigung, nationalen Sicherheit und staatlichen Resilienz zusammenhängenden Fragestellungen in strategischer Hinsicht gesamtheitlich zu beraten. Im Unterschied zu operativen Tätigkeiten, worunter etwa die aktive und individuelle Umsetzung im Rahmen eines Ereignisses, aber auch konkrete Vorbereitungshandlungen zur Krisenvorsorge fallen, dient die strategische Komponente der grundsätzlichen und längerfristigen Ausrichtung und erfolgen strategische Beratungen unter abstrakten Gesichtspunkten. Strategische Denkprozesse finden demnach als übergeordnete Perspektive bzw. Sichtweise auf Metaebene statt und bilden sich strategische Ziele oftmals auch in Leitbildern ab.

Aufgrund der mit der Annexmaterie verbundenen unterschiedlichen Betroffenheit der verschiedenen Ressorts in Krisenfällen sind die Bewertung der operativen Tätigkeiten (zB Arbeit in den Fachgremien, Krisenbewältigungsarbeit, laufender Informationsaustausch) und die daraus gewonnenen Erkenntnisse (Ableitung etwa strategischer Ziele, Perspektiven, Lösungen oder Verbindungen auf Metaebene) für die gesamte Bundesregierung essenziell und kann auf diese Weise etwa auch die strategische Beratung des Bundeskanzlers betreffend seine Zuständigkeit hinsichtlich der anlassbezogenen Koordination innerstaatlicher Maßnahmen zur Bewältigung überregionaler oder internationaler Krisen sichergestellt werden. Im Rahmen seiner strategischen Berater- bzw. Expertenrolle soll der Regierungsberater etwa als Experte zur Entwicklung von Strategien zur Verfügung stehen. Seine Tätigkeiten stellen demnach eine wesentliche Grundlage für unmittelbar zu treffende strategische Führungsentscheidungen dar.

Der Regierungsberater sowie dessen Stellvertreter sollen gemäß Abs. 2 seitens der Bundesregierung für die Dauer von fünf Jahren bestellt werden (Einstimmigkeitserfordernis; vgl. Art. 69 Abs. 3 B-VG). Aufgrund der Tatsache, dass dem stellvertretenden Regierungsberater die Leitung des nachrichtendienstlichen Fachgremiums (vgl. § 7 Abs. 6) obliegt, ist vorgesehen, dass die Bundesregierung hinsichtlich seiner Bestellung von den Leitern der Nachrichtendienste zu beraten ist.

Die Ausschreibung dieser beiden Funktionen soll nach den herkömmlichen Bestimmungen des Ausschreibungsgesetzes 1989 (AusG), BGBl. Nr. 85/1989, erfolgen. Um aufgrund der Sensibilität der Funktionen und ihrer Auswirkungen für den gesamten öffentlichen Dienst auch eine umfassende Beurteilung der Eignung der Bewerber für die Funktion des Regierungsberaters und des stellvertretenden Regierungsberaters sicherzustellen, soll bei der Bestellung der Mitglieder der Begutachtungskommission darauf Bedacht genommen werden, dass ein Mitglied von der oder dem für den öffentlichen Dienst gesamthaft zuständigen Bundesministerin oder Bundesminster bestellt wird.

Bei Verzicht, Abberufung (etwa bei Vorliegen von Gründen, die die Eignung in Frage stellen) oder Tod enden die Funktionen vorzeitig.

Zur Wahrnehmung seiner umfassenden objektiven Beratungsrolle soll der Regierungsberater gemäß Abs. 3 verpflichtet sein, die Lage für die Bundesregierung auf Basis der im Wege des Bundeslagezentrums übermittelten Lagebilder (vgl. die Regelung in § 8 Abs. 4) einer strategischen Gesamtbetrachtung, Bewertung und Analyse zu unterziehen und somit auf Basis eines erstellten strategischen Gesamtlagebildes strategische Ableitungen herzustellen bzw. Rückschlüsse zu ziehen. Bei Erstellung des strategischen Gesamtlagebildes sollen die anderen Mitglieder des Beratungsgremiums (vgl. die Regelung in Abs. 4) den Regierungsberater unterstützen.

Das – ebenfalls im Bundeskanzleramt einzurichtende – Beratungsgremium, bestehend aus dem Regierungsberater, den Leitern der Fachgremien gemäß § 7 Abs. 1 bis 6 und 8, den sonstigen Mitgliedern des Fachgremiums gemäß § 7 Abs. 1 sowie dem Vertreter der Präsidentschaftskanzlei, kann sich gemäß Abs. 4 eine Geschäftsordnung geben. Darin kann etwa vorgesehen werden, dass ein Vertreter des Bundeslagezentrums an den Sitzungen des Beratungsgremiums teilnehmen kann, um einen einheitlichen Informationsstand zu gewährleisten.

Zur Sicherstellung des für seine Aufgabe erforderlichen umfassenden Informationsaustausches soll der Regierungsberater berechtigt sein, sowohl an den ständigen Fachgremien (sicherheitspolitisches Fachgremium, Fachgremium für Gesundheit, Fachgremium für Energie, Fachgremium für Klima und Umwelt, Fachgremium für Wirtschaft, nachrichtendienstliches Fachgremium) als auch an den sonstigen gemäß § 7 Abs. 8 eingerichteten Fachgremien sowie an den Sitzungen des Koordinationsgremiums teilzunehmen (vgl. die Regelungen in § 7 Abs. 9 und § 9 Abs. 3). Wesentlich ist, dass mit dieser „neutralen“ Funktion weder eine Entscheidungs- noch eine Weisungsbefugnis verbunden ist und es durch die Aufgabe der strategischen Beratung zu keiner Zuständigkeitsübertragung, keiner Beschneidung von durch das BMG zugewiesenen Wirkungsbereichen und keinem Eingriff in operative Fragestellungen im Bereich des Krisenmanagements bzw. der Krisenbewältigung kommen soll. Ressortzuständigkeiten sollen demnach unberührt bleiben und soll die Letztverantwortung weiterhin beim zuständigen Bundesminister liegen.

Durch dieses Bundesgesetz soll der organisatorische Rahmen für die Beratung der Bundesregierung gestellt werden. Die Spezifikation der über den Anwendungsbereich des gegenständlichen Regelungsvorhabens hinausgehenden Aufgaben des Regierungsberaters (etwa im Zusammenhang mit der strategischen Beratung der Bundesregierung in Fragen der umfassenden Landesverteidigung sowie der nationalen Sicherheit) soll in die jeweils einschlägigen Materiengesetze aufgenommen werden. Demnach werden Anschlussbestimmungen etwa im Wehrgesetz 2001 (WG 2001), BGBl. I Nr. 146/2001 (WV), im Militärbefugnisgesetz (MBG), BGBl. I Nr. 86/2000, oder im Bundesgesetz über die Errichtung des Nationalen Sicherheitsrates, BGBl. I Nr. 122/2001, erforderlich sein.

Unter „nationale Sicherheit“ wird üblicherweise die innere und äußere Staatssicherheit (zB militärische Landesverteidigung, Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen) verstanden und gehen mit dieser Aufgabe des Regierungsberaters in Anlehnung an das Bundesgesetz über die Errichtung des Nationalen Sicherheitsrates alle grundsätzlichen strategischen Angelegenheiten der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik einher. Zur Gefährdung der nationalen Sicherheit siehe die Erläuterungen zu § 2.

Um größtmögliche Transparenz, Effizienz und Effektivität dieser Maßnahmen zu gewährleisten, soll in Abs. 5 normiert werden, dass der Regierungsberater der Bundesregierung regelmäßig mindestens einmal jährlich sowie auf deren Ersuchen über seine strategischen Tätigkeiten zu berichten hat („Jahresbericht“ sowie anlassbezogene Berichtspflichten). Zur Sicherstellung eines umfassenden Informationsflusses ist zudem vorgesehen, dass der Regierungsberater verpflichtet ist, sowohl der Bundesregierung als auch dem Bundeslagezentrum regelmäßig das vom Beratungsgremium erstellte strategische Gesamtlagebild (Evaluierung, Ausblick, Ableitungen für die Zukunft usw.) zu übermitteln.

Mit der Funktion des Regierungsberaters soll ein strategischer gesamthafter und ressortübergreifender Überblick geschaffen sowie vor allem eine Vernetzung der operativen und strategischen Ebene im Bereich des Krisenmanagements gewährleistet werden und ist – auch durch die damit verbundene maßgebliche Steigerung der Resilienz – ein erheblicher Mehrwert gegenüber der derzeitigen Situation gegeben.

Die Regelung in Abs. 6 stellt als Element einer stärkeren Einbindung des Nationalrats sicher, dass der Regierungsberater dem Nationalrat auf dessen Wunsch Auskünfte aus seinem Zuständigkeitsbereich erteilt. Vor dem Hintergrund, dass der Regierungsberater im Bundeskanzleramt angesiedelt sein soll, sollen für den Fall, dass im Rahmen des Interpellationsrechts Fragen an den Regierungsberater gerichtet werden, diese vom Bundeskanzler als oberstes Organ beantwortet werden.

Demnach unterliegt der Regierungsberater zahlreichen und umfassenden Informations-, Berichts- und Auskunftspflichten und kommt ihm deshalb auch aufgrund seiner informierenden Funktion eine strategisch herausragende Bedeutung zu.

Zur Bewältigung der administrativen Tätigkeiten des Regierungsberaters sowie seines Stellvertreters soll der Bundeskanzler gemäß Abs. 7 die notwendigen Personal- und Sachressourcen (zB Infrastruktur) bereitstellen. Daraus ergibt sich ebenfalls, dass sowohl der Regierungsberater als auch der stellvertretende Regierungsberater organisatorisch im Wirkungsbereich des Bundeskanzleramts angesiedelt werden sollen.

Aufgrund des Zugangs zu streng geheimer Information haben sich gemäß Abs. 8 sowohl der Regierungsberater und sein Stellvertreter als auch das diesen beigegebene Personal vor Beginn der Tätigkeit einer entsprechenden Sicherheitsüberprüfung (§ 55 Abs. 3 Z 3 des Sicherheitspolizeigesetzes – SPG, BGBl. Nr. 566/1991) zu unterziehen, die alle drei Jahre zu wiederholen ist. Durch den Verweis auf § 55a Abs. 4 dritter und vierter Satz SPG wird klargestellt, dass unter gewissen Voraussetzungen Sicherheitsüberprüfungen auch vor Ablauf der dreijährigen Frist durchgeführt werden können.

Zu § 6 (Bundeslagezentrum):

Durch diese Regelung soll – unter Berücksichtigung des Regierungsprogramms – für die Bundesregierung im Bundesministerium für Inneres ein permanentes ressortübergreifendes Lagezentrum eingerichtet werden, das sowohl in Normal- als auch in Krisenzeiten seine Tätigkeit ausübt. Das Bundeslagezentrum soll dabei grundsätzlich die bereits seit Jahren bestehende Praxis im Rahmen des staatlichen Krisenmanagements abbilden und als Unterstützung der Fachgremien gemäß § 7 sowie unter bestimmten Voraussetzungen des Koordinationsgremiums dienen (siehe die nachstehenden Ausführungen zu Abs. 3). Insgesamt soll das personelle, räumliche und technische Ausstattungsniveau an aktuelle Gegebenheiten und Erfordernisse sowie internationale Standards angepasst werden.

Bei der Einrichtung ist gemäß Abs. 1 darauf Bedacht zu nehmen, dass das Bundeslagezentrum den internationalen Sicherheitsstandards von Lagezentren (insbesondere Sperrbereiche, Zugangsregelungen, abhörgesicherte bzw. abhörgeschützte Räumlichkeiten) entspricht, hohes technisches Ausstattungsniveau (zB interoperable Lagedarstellungsoptionen) aufweist und über ausreichende Personal- und Raumressourcen (Anzahl, Größe etc.) verfügt. Jedenfalls soll die Möglichkeit zur Führung von bis zu drei parallelen Lagen bestehen (betreffend Stab und Call Center). Zudem soll das Vorhandensein von zur Krisenbewältigung erforderlichen und ausreichenden Ressourcen (insbesondere Raum und Technik) sichergestellt sein und somit etwa ein Ausweichquartier zur Verfügung stehen.

Festgelegt ist außerdem, dass das Bundeslagezentrum auch im Krisenfall sicher erreichbar bzw. zugänglich sein soll, was bedeutet, dass dieses eine gute örtliche Anbindung für den Zu- und Abgang (zB Personal, Regierungsmitglieder) aufzuweisen hat.

In Abs. 2 soll vorgesehen werden, dass dem Bundeslagezentrum insbesondere die Informationssammlung, die dauernde Beobachtung, Bewertung und Analyse von aktuellen Entwicklungen im Zuständigkeitsbereich des Bundes (Entwicklungen mit Auswirkungen auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Inneren, die nationale Sicherheit etc. betreffend Materien, die im Zuständigkeitsbereich des Bundes liegen; vgl. dazu die Erläuterungen im Allgemeinen Teil sowie zu § 2) sowie die Erstellung aktueller Lagebilder obliegen.

Die Informationssammlung soll einen umfassenden gesamtheitlichen Überblick über die aktuelle Situation schaffen und es ermöglichen, einzelne Bereiche zur Lagebeurteilung einer vertieften Beobachtung, Bewertung und Analyse zu unterziehen und somit – aufbauend auf den Beiträgen aus dem Wirkungsbereich unterschiedlicher Bundesminister – Lagebilder zu erstellen. Nur auf diese Weise ist es möglich, krisengeneigte Ereignisse frühzeitig zu identifizieren. Die Rechtsgrundlage zur „Informationsgewinnung“ findet sich insbesondere in § 8 Abs. 1.

Beabsichtigt ist, dass die Aufgabenerfüllung im Bundeslagezentrum im Sinne einer optimierten horizontalen Kooperation unter Mitwirkung der im Einzelfall jeweils in ihrem Wirkungsbereich betroffenen Bundesministerien erfolgt, was bedeutet, dass bei inhaltlicher Betroffenheit informierte Vertreter als „Verbindungsbeamte“ in das Bundeslagezentrum zur Mitwirkung zu „entsenden“ sind. Darüber hinaus kann es bei Bedarf und nach entsprechender Vereinbarung zu weiteren anlassbezogenen freiwilligen Teilnahmen von Vertretern von Einsatzorganisationen kommen. Darunter versteht man Organisationen, die die Vollziehung öffentlicher Aufgaben der Gefahrenabwehr und Schadensbekämpfung wahrzunehmen haben (insbesondere die Rettungsorganisationen, wie Österreichisches Rotes Kreuz, Die Johanniter, Arbeiter-Samariter-Bund Österreichs, Österreichischer Bergrettungsdienst und Österreichische Wasserrettung, sowie die Feuerwehr).

Klargestellt werden soll, dass die vom Bundesminister für Inneres im eigenen Wirkungsbereich jener Organisationseinheit (bzw. jenen Organisationseinheiten), die das Bundeslagezentrum führt (bzw. führen), übertragenen Aufgabenbereiche von den Regelungen unberührt bleiben. Das im Bundesministerium für Inneres eingerichtete Lagezentrum ist unmittelbar dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit unterstellt und dient derzeit insbesondere als zentrale Informations- und Koordinationsplattform des Bundesministers für Inneres. Die Beobachtung, Verifizierung, Bewertung und Analyse von insbesondere sicherheitspolizeilichen Entwicklungen und von Entwicklungen im Bereich des SKKM einerseits sowie die frühzeitige Identifizierung krisengeneigter Ereignisse und vorbereitende Stabsarbeit andererseits sind derzeit zentrale Aufgabenstellungen. Die diesem Lagezentrum vom Bundesminister für Inneres im eigenen Wirkungsbereich (durch Geschäftseinteilung) unabhängig von einem Krisenfall übertragenen Aufgabenbereiche (zB die Erstellung rein sicherheitspolizeilicher Lagebilder) sollen demnach nicht von gegenständlichem Gesetz berührt werden, sondern sich weiterhin nach den einschlägigen Materiengesetzen richten (zB Zentrale Datenverarbeitung zur Einsatzunterstützung nach § 58e SPG, sogenannte „Leitstellenfunktion“). Der Permanenzdienst soll (wie bisher) in einem 24/7-Betrieb besetzt sein.

Die Bundeswarnzentrale fungiert derzeit als permanent besetzte Informationsdrehscheibe des Bundes zur Koordination von Hilfsmaßnahmen bei Großschadensereignissen. Sie ist seit Anfang 2006 in das EKC bzw. nunmehr in das Lagezentrum BMI eingebunden. Als permanent besetzte Kontaktstelle ist sie im Anlassfall auch die Informationsdrehscheibe für das SKKM sowie den überregionalen und internationalen Zivil- und Katastrophenschutz. Vor dem Hintergrund der Aufgabenstellung des Bundeslagezentrums soll die Bundeswarnzentrale künftig in dieses integriert werden.

Zudem sollen gemäß Abs. 3 durch die Geschäftsstelle des Bundeslagezentrums für die Fachgremien gemäß § 7 sowie – bei Einrichtung im Bundeslagezentrum – für das Koordinationsgremium gemäß § 9 insbesondere administrative Angelegenheiten, wie die Organisation bzw. Koordination der Sitzungen, terminliche Belange (zB Einladung zu Sitzungen, Einberufung etwa im Rahmen von Stabsstrukturen bzw. Call Center-Einsätzen), die Evidenthaltung sowie Führung von Kontaktlisten und die Zurverfügungstellung von Vorlagen zur einheitlichen Gestaltung von Lagebildern, aber auch etwa die Bereitstellung von Infrastruktur (Raum, Technik) wahrgenommen werden. Im Hinblick darauf, dass für den Fall, dass das Koordinationsgremium nicht im Bundeslagezentrum eingerichtet wird, auch keine Servicierung durch dieses erfolgen kann, ist es erforderlich, eine Beschränkung der Unterstützung auf jene Fälle vorzusehen, in denen tatsächlich die Einrichtung des Koordinationsgremiums im Bundeslagezentrum erfolgt (vgl. auch die Regelung in § 9 Abs. 7).

Schließlich soll die Geschäftsstelle die Fachgremien sowie das Koordinationsgremium mit seinem Fachwissen unterstützen. Der Kenntnisstand über die aktuelle Sicherheitslage, vor allem im Hinblick auf die zahlreichen zum Teil vernetzten Detailaspekte, basiert auf einem laufenden und unverzichtbaren Fachwissen. Durch dieses – sich über einen kontinuierlichen Zeitraum aufbauende – Verlaufswissen ist die Bewertung und Analyse der Lage in einem gesamtheitlichen Ansatz möglich.

Daraus ergibt sich, dass die Geschäftsstelle für die Fachgremien und das Koordinationsgremium lediglich Unterstützungstätigkeiten übernehmen soll. Wesentlich ist, dass diese Funktion des Bundeslagezentrums keine Kompetenzverschiebung zur Folge hat. Inhaltliche Zuständigkeiten und die Letztverantwortung sollen demnach weiterhin beim federführenden Ressort bzw. beim jeweils zuständigen obersten Organ verbleiben (siehe dazu auch die Erläuterungen zu § 7). Zudem soll die Geschäftsstellenfunktion zu keiner Aushebelung des verfassungsrechtlich normierten Dienststellenvorbehalts gemäß Art. 77 B-VG führen.

Zu § 7 (Fachgremien):

Das in Abs. 1 definierte (ständige) Fachgremium, dessen Leitung auf den Bundesminister für Inneres übertragen werden soll, soll die aktuellen sicherheitspolitischen Entwicklungen im Bundesgebiet sowie ausländische Ereignisse mit Auswirkungen auf Österreich oder österreichische Staatsbürger im Ausland und somit die Sicherheitslage regelmäßig gesamthaft beobachten und das aktuelle sicherheitspolitische Lagebild bewerten und analysieren (Beispiele aus der Vergangenheit sind etwa die Terrorlage 2020, die Entwicklung und die möglichen Auswirkungen des russisch-ukrainischen Gasstreits in den Jahren 2014 und 2019 auf die innere Sicherheit, die möglichen Auswirkungen von Fukushima auf Österreich und österreichische Staatsbürger in Japan, die notwendige Evakuierung von Staatsbürgern aus Krisengebieten, zB dem Libanon im Jahr 2006). Durch dieses sicherheitspolitische Fachgremium soll grundsätzlich das bis dato langjährig bestehende und bewährte Format der „3er-Lage“, die ein Forum hochrangiger Vertreter des Bundesministers für Inneres, des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten, der Bundesministerin für Landesverteidigung und des Bundeskanzlers darstellt und in ihrer Eigenschaft einen Informationsaustausch der „Sicherheitsministerien“ in der täglichen Betrachtung aktueller Sicherheitsthemen ermöglicht, ersetzt und rechtlich verankert werden. Im Gegensatz zur „3er-Lage“ soll diesem Fachgremium zudem ein Vertreter des Vizekanzlers sowie der Bundesministerin für Justiz angehören. Naturgemäß wird davon ausgegangen, dass der Bundesminister für Inneres nicht selbst im Fachgremium teilnehmen wird, weshalb die Möglichkeit bestehen soll, einen Vertreter zu entsenden. Im Hinblick darauf, dass die derzeitige Leitung der „3er-Lage“ dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit obliegt, wird dieser wohl auch künftig die Leitung dieses ständigen Fachgremiums übernehmen. Als Vertreter der übrigen Ressorts werden ebenfalls entsprechende hochrangige Beamte, wie für die Bundesministerin für Landesverteidigung der Chef des Generalstabs, in Betracht kommen.

Darüber hinaus sollen gemäß Abs. 2 bis 5 und 7 im Bundeslagezentrum unter der Leitung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft bzw. des Regierungsberaters weitere ständige Fachgremien – in concreto ein Fachgremium für Gesundheit, ein Fachgremium für Energie, ein Fachgremium für Klima und Umwelt, ein Fachgremium für Wirtschaft sowie ein verteidigungspolitisches Fachgremium – eingerichtet werden, denen ebenfalls insbesondere die auf bestimmte Teilbereiche beschränkte Lageerörterung und demnach die Erstellung von Teillagebildern obliegen sollen. Im Hinblick auf die programmatische Bestimmung der „umfassenden Landesverteidigung“ in Art. 9a B-VG soll das verteidigungspolitische Lagebild „umfassend“ und unter Berücksichtigung der verschiedenen Politikfelder bzw. Aufgabenbereiche der betroffenen Ressorts zu erstellen sein. Wesentlich ist, dass mit Blick auf den in der Verfassung verankerten umfassenden Sicherheitsbegriff in diesem Zusammenhang die vier „Säulen“ bzw. Komponenten der umfassenden Landesverteidigung, dh. die militärische, die geistige, die zivile sowie die wirtschaftliche Landesverteidigung, in einem umfassenden Ansatz und im Querschnitt zu betrachten sind. Diese Klarstellung bedeutet jedoch nicht, dass die Lagebilder der anderen Fachgremien nicht „umfassend“ sind.

Auch mangels ausdrücklicher Erwähnung soll (wie in Abs. 1) generell die Möglichkeit des Leiters bestehen, sich vertreten zu lassen (etwa durch den Generalsekretär, den Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit bzw. die Generaldirektorin für die öffentliche Gesundheit).

Gemäß Abs. 6 soll im Bundeslagezentrum auch ein permanentes Fachgremium zur Erstellung nachrichtendienstlicher Lagebilder und zur näheren Betrachtung diesbezüglich relevanter Entwicklungen unter der Leitung des stellvertretenden Regierungsberaters und unter Mitwirkung des Leiters des Heeres-Nachrichtenamtes, des Leiters des Abwehramtes sowie des Direktors der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst eingerichtet werden. Damit folgt der Gesetzgeber internationalen Erfahrungen einer einzelne Dienste übergreifenden Betrachtung der relevanten Lage. Zu beachten ist, dass sich sowohl aus dem B-VG als auch den entsprechenden Materiengesetzen die Informationspflichten der Nachrichtendienste ergeben (vgl. etwa § 17 Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz [SNG], BGBl. I Nr. 5/2016, hinsichtlich der Übermittlungspflicht von Berichten an den Ständigen Unterausschuss). Im Hinblick darauf, dass die Nachrichtendienste zu einer besonderen Geheimhaltung verpflichtet sind, wurden spezielle nachrichtendienstliche parlamentarische Unterausschüsse eingerichtet (vgl. Art. 52a B-VG und §§ 32b ff Geschäftsordnungsgesetz 1975, BGBl. Nr. 410/1975), die grundsätzlich in geheimer Sitzung tagen (§ 32d Abs. 4 Geschäftsordnungsgesetz 1975). Überdies ist die Weitergabe von Informationen aus diesen Sitzungen mit gerichtlicher Strafe bedroht (§ 18 Abs. 1 Informationsordnungsgesetz [InfOG], BGBl. I Nr. 102/2014). Wesentlich ist, dass durch die Tätigkeit des nachrichtendienstlichen Fachgremiums weder die parlamentarischen Kontrollrechte gemäß Art. 52a B-VG noch die besonderen Geheimhaltungspflichten berührt werden.

Gemäß Abs. 8 soll im Sinne eines umfassenden Informationsflusses und Wissensstandes die Möglichkeit bestehen, unabhängig vom Vorliegen einer Krise durch Beschluss der Bundesregierung weitere Fachgremien einzurichten, die die Lage in anderen als von Abs. 1 bis 7 umfassten Bereichen einer Beobachtung, Bewertung und Analyse unterziehen (zB Fachgremium für Cyber, Fachgremium für Terror) und somit zum jeweiligen Fachthema etwa Teillagebilder erstellen. Leitung und Zusammensetzung sollen im Beschluss der Bundesregierung festgelegt werden, wobei sich die Leitung unter Bedachtnahme auf die gemäß dem BMG übertragenen Zuständigkeiten sowie die Zusammensetzung aus der benötigten Fachexpertise mit Blick auf die jeweiligen Themengebiete ergeben wird. Die Entsendung von Vertretern der Bundesminister in die Fachgremien wird in der Regel unter entsprechender Berücksichtigung auf die im eigenen Wirkungsbereich jeweils zu treffenden Entscheidungen erfolgen.

Maßgeblich ist, dass die in § 7 definierten Fachgremien – im Gegensatz zum Koordinationsgremium – unabhängig von einem Krisenfall regelmäßig tagen sollen.

Vorgesehen ist, dass die Fachgremien in organisatorischer Hinsicht in das Bundeslagezentrum eingegliedert sind, und soll etwa die Bereitstellung von Räumlichkeiten, die technische Betreuung sowie gegebenenfalls die Einladung zu den Sitzungen durch das Bundeslagezentrum in seiner Eigenschaft als Geschäftsstelle gemäß § 6 Abs. 3 erfolgen. Wesentlich ist jedoch, dass die Leitung der entsprechenden Fachgremien dem für den jeweiligen Wirkungsbereich zuständigen Bundesminister (bzw. im Fall des Abs. 6 dem stellvertretenden Regierungsberater und im Fall des Abs. 7 dem Regierungsberater) obliegen soll und die Verantwortlichkeiten der zuständigen obersten Organe des Bundes unberührt bleiben. Inhaltliche Zuständigkeiten (zB die Erstellung von Teillagebildern) und die Letztverantwortung sollen demnach beim federführenden Ressort verbleiben. Ein Durchgriffsrecht des Bundesministers für Inneres auf andere Ressorts oder eine Kompetenzverschiebung ist mit dieser Regelung – auch aus verfassungsrechtlichen Gründen – nicht beabsichtigt und sollen demzufolge auch keine diesbezüglichen (inhaltlichen) Verantwortlichkeiten auf das Bundeslagezentrum übergehen (siehe auch die Erläuterungen zu § 10 Abs. 4).

Um einen umfassenden Informationsaustausch zwischen operativer und strategischer Ebene zu gewährleisten, soll in Abs. 9 vorgesehen werden, dass der Regierungsberater mit Blick auf seine strategische Beratungsfunktion berechtigt ist, sowohl an den ständigen Fachgremien gemäß Abs. 1 bis 7 als auch an den sonstigen eingerichteten Fachgremien gemäß Abs. 8 teilzunehmen. Wesentlich ist dabei die klare Rollenzuschreibung des Regierungsberaters, die bei der Erfüllung der strategischen Aufgaben zu beachten ist. Eine über diese Beratungsrolle für die Bundesregierung hinausgehende Rollenauslegung würde zu einer Vermengung zwischen operativen und strategischen Aufgaben führen. Nicht vorgesehene operative Entscheidungen des Regierungsberaters in der strategischen Analyse würden etwa eine objektive Auseinandersetzung beeinflussen sowie somit eine neutrale bzw. unbeeinflusste strategische Betrachtung unmöglich machen.

Vor dem Hintergrund der Aufgaben des Bundeslagezentrums (Erstellung von Lagebildern für die Bundesregierung, Berichtspflichten an die Bundesregierung, Übermittlung von Lagebildern an den Regierungsberater usw.), zur Sicherstellung der erforderlichen Gesamtschau zu den Lageentwicklungen und im Hinblick auf die erforderliche Bereitstellung von fachlichem Input soll – zur Gewährleistung des Informationsflusses – auch eine Teilnahmemöglichkeit eines Vertreters des Bundeslagezentrums in den Fachgremien vorgesehen werden.

Mit diesen Teilnahmemöglichkeiten des Regierungsberaters sowie eines Vertreters des Bundeslagezentrums ist jedoch keine Änderung der Leitungsfunktion und auch sonst keine Kompetenzverschiebung verbunden.

Ergibt sich im Anlassfall (zB aus einem Tagesordnungspunkt), dass etwa Expertise aus dem Wirkungsbereich eines anderen Ressorts erforderlich ist, soll die Möglichkeit bestehen, die Fachgremien um Vertreter der sonst betroffenen Bundesminister zu erweitern.

Bei Änderungen im Wirkungsbereich der Bundesministerien gilt § 17 BMG, wonach diesfalls die Zuständigkeitsvorschriften in besonderen Bundesgesetzen als entsprechend geändert gelten. Dies bedeutet, dass die Leitung der Fachgremien immer dem für die betroffene Materie jeweils zuständigen Bundesminister obliegt (zB Leitung des Fachgremiums für Energie dem für Energie zuständigen Bundesminister, Leitung des Fachgremiums für Gesundheit dem für Gesundheit zuständigen Bundesminister).

Angesichts der Tatsache, dass bereits derzeit in verschiedenen Materiengesetzen fachspezifische Gremien vorgesehen sind, sollte zur Nutzung von Synergieeffekten, aber auch zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten bzw. Parallelstrukturen in einem weiteren Schritt eine Eingliederung bzw. Anpassung an die gegenständlichen Regelungen angedacht werden.

Zu § 8 (Informations- und Berichtspflichten):

Für die Erstellung der Lagebilder sollen dem Bundeslagezentrum gemäß Abs. 1 aufbereitete relevante Informationen seitens der zuständigen Mitglieder der Bundesregierung zeitgerecht zur Verfügung gestellt werden.

Die Einrichtung von Kontaktstellen (persönliche Kontaktdaten, Funktionspostfach) in den Ressorts wird im Sinne einer effizienten Kommunikation und Koordination erforderlich sein (etwa für die Kontaktherstellung, den Informationsaustausch, die Einberufung zu Sitzungen), wobei deren Erreichbarkeit auch über die in § 2 genannten Zeiten hinaus sichergestellt werden sollte (vgl. auch die Regelung in § 12 Abs. 1 und 3, wonach die Mitglieder der Bundesregierung im Rahmen der Verpflichtung zur Krisenvorsorge Erreichbarkeiten festzulegen und eine permanente Kontaktstelle einzurichten haben). Außerhalb von Krisenzeiten kann eine Informationsübermittlung etwa wöchentlich erfolgen. Mit Blick auf die jeweilige Lage kann eine Anpassung dieser Übermittlungsintervalle (in jede Richtung) erfolgen. Im Fall einer Krise wird wohl zumindest von einer täglichen Informationsübermittlung, die sich lageabhängig verändern kann, auszugehen sein. Die Verantwortlichkeit der zuständigen obersten Organe des Bundes soll durch diese Regelung unberührt bleiben.

Im Hinblick darauf, dass Landeshauptleute in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung dem Weisungsrecht der Bundesregierung sowie der einzelnen Bundesminister unterliegen (vgl. Art. 103 B-VG), sind diese – auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung – im Fall eines diesbezüglichen „Auftrags“ des zuständigen Bundesministers zur Informationsbereitstellung verpflichtet.

Davon unberührt bleibt die Möglichkeit, dass jedes zuständige Mitglied der Bundesregierung andere Mitglieder der Bundesregierung um Bereitstellung von Informationen aus deren Zuständigkeitsbereich ersucht, die für die Vorbereitung von Entscheidungen im eigenen Zuständigkeitsbereich erforderlich sind.

In Abs. 2 ist vorgesehen, dass das Bundeslagezentrum für die Bundesregierung regelmäßig sowie für das in § 9 geregelte Koordinationsgremium anlassbezogen (vgl. die Aufgaben in § 9 Abs. 1 und 2) Lagebilder erstellt. Im Gegensatz zum strategischen Gesamtlagebild des Regierungsberaters bzw. des Beratungsgremiums sollen sich diese vor allem auf den operativen Bereich beziehen (zB einsatztaktische Überlegungen, Gefährdungseinschätzung, Ressourcenentwicklung, Auflistung der einzelnen Vorfälle in der jeweiligen Situation) bzw. auf gewisse Bereiche beschränkte Teillagen beinhalten. Zudem erfolgt die Festlegung von laufenden Berichtspflichten des Bundeslagezentrums gegenüber der Bundesregierung über die aktuelle Lage im Hinblick auf allfällige Entwicklungen in den in § 2 genannten Bereichen (Entwicklungen mit Auswirkungen auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Inneren, die nationale Sicherheit etc. betreffend Materien, die im Zuständigkeitsbereich des Bundes liegen). Die Verpflichtung zur Übermittlung von Informationen bezieht sich dabei ausschließlich auf die zur Beurteilung der Lage erforderlichen Informationen. Die Berichterstattung wird grundsätzlich in schriftlicher Form als interministerielles Lagebild erfolgen. Im Gegensatz zu Berichten sollen Lagebilder einen komprimierten und zeitnahen Überblick über ein aktuelles Geschehen bieten und damit ein rasches und zielgerichtetes (behördliches) Handeln ermöglichen. Lagebilder dienen daher in erster Linie als Grundlage für unmittelbar zu treffende strategische und operative Führungsentscheidungen. Berichte und Lagebilder sollen daher primär eine andere Zielrichtung verfolgen und somit eine unterschiedliche inhaltliche Gestaltung aufweisen.

In Abs. 3 ist eine Berichtspflicht in Bezug auf allfällige Entwicklungen in den in § 2 genannten Bereichen durch die Bundesregierung an den Nationalrat vorgesehen. Ein derartiger Bericht soll mindestens zweimal jährlich, jedenfalls jedoch anlassbezogen (§ 3) erfolgen. Die Berichtspflicht an den Nationalrat soll diesem als zentrales Organ im parlamentarisch-demokratischen System insbesondere die Ausübung seiner Kontrollrechte ermöglichen. Zur effektiven Ausübung der nachfolgenden parlamentarischen politischen Kontrolle soll die Bundesregierung zudem verpflichtet sein, nach Beendigung des jeweiligen Krisenfalls (vgl. § 4) insgesamt unverzüglich, spätestens jedoch binnen sechs Monaten, an den Nationalrat zu berichten (zB über die während des Krisenfalls getroffenen behördeninternen, behördenübergreifenden, finanziellen oder strategischen Maßnahmen). Diese Berichtspflicht könnte insoweit als „Feedback-Mechanismus“ dienen, als damit auch eine Verbesserung der Vorbereitung auf künftige Krisen, aber auch der Resilienz insgesamt einhergehen sollte. Die Zuständigkeit zur Vorbereitung der Ministerratsvorträge für die Bundesregierung verbleibt natürlich unverändert beim jeweils zuständigen Ressort (dh. hinsichtlich des Abschlussberichts wird die Zuständigkeit wohl dem leitenden Ressort gemäß § 9 Abs. 3 zukommen; vgl. § 3 Abs. 1 Z 2 BMG).

Darüber hinaus soll das Bundeslagezentrum gemäß Abs. 4 verpflichtet sein, dem Regierungsberater die zur Wahrnehmung seiner strategischen Beratungsaufgabe erforderlichen Lagebilder regelmäßig sowie darüber hinaus auf dessen Ersuchen zu übermitteln. Diese Verpflichtung soll sich nur auf jene Lagebilder beziehen, die aufgrund der Bestimmungen dieses Gesetzes verfügbar sind (zB in den Fachgremien gemäß § 7 erstellte Teillagebilder); demnach soll nicht die Möglichkeit bestehen, dass der Regierungsberater das Bundeslagezentrum mit der Erstellung (nicht vorhandener) neuer Lagebilder „beauftragt“. Davon unberührt bleibt jedoch die Möglichkeit, dass der Regierungsberater das Bundeslagezentrum um die Übermittlung weiterer Lagebilder ersucht. Die laufende Übermittlung (wie auch die Teilnahmemöglichkeiten in den Gremien) soll dem Regierungsberater einen Überblick über die Gesamtsituation verschaffen und diesem die Vornahme strategischer Ableitungen, die in die strategischen Beratungen der Bundesregierung einfließen können, ermöglichen.

Zu § 9 (Koordinationsgremium):

Zur Erfüllung der in Abs. 1 und Abs. 2 festgelegten Aufgaben unmittelbar vor und bei Vorliegen einer Krise soll ein Koordinationsgremium eingerichtet werden. Die Einrichtung soll – auf Vorschlag eines Mitglieds der Bundesregierung – durch (einstimmigen) Beschluss der Bundesregierung erfolgen (aufgrund eines Ministerratsvortrags), wobei auch Umlaufbeschlüsse möglich sind (Art. 69 Abs. 3 B-VG).

Das Koordinationsgremium soll im Grundsatz den bisherigen SKKM-Koordinierungsstrukturen (7er-Lage bzw. Koordinationsausschuss) entsprechen. Während das Bundeslagezentrum ein permanentes ressortübergreifendes Lagezentrum darstellen soll und auch die Fachgremien gemäß § 7 unabhängig von einem Krisenfall tagen sollen, soll es sich beim Koordinationsgremium um eine Art „Krisengremium“ handeln, das anlassbezogen und nicht permanent einzurichten ist. Für den Fall des gleichzeitigen Vorliegens mehrerer Krisen besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, mehrere parallele Koordinationsgremien einzurichten.

Zu den Aufgaben des Koordinationsgremiums zählen die Koordinierung von Maßnahmen zur Minimierung der Gefahr eines drohenden Kriseneintritts sowie die Beratung der Bundesregierung im Vorfeld einer möglichen Krise. Demnach wird die Entscheidung der Bundesregierung, einen Krisenfall gemäß § 3 festzustellen, von der Expertise bzw. den Informationsinhalten des Koordinationsgremiums abhängig sein.

Zur Beratung und Unterstützung der obersten Organe des Bundes bei Vorliegen einer Krise wird insbesondere die Bereitstellung von aktuellen Lageinformationen, Lagebildern und Lagebeurteilungen erforderlich sein. Unbeschadet der jeweiligen Zuständigkeiten der obersten Organe – Entscheidungen über Maßnahmen des Krisenmanagements obliegen ausschließlich den jeweils zuständigen Organen – kann die Koordination von operativen Maßnahmen zur Krisenbewältigung durch die Steuerung des Informationsaustausches, die Einholung und Beurteilung von Entscheidungsvorschlägen und -optionen sowie die Abgabe von Empfehlungen hinsichtlich der im jeweiligen Zuständigkeitsbereich zu setzenden Maßnahmen und das Hinwirken auf eine entsprechende Vorgangsweise erfolgen. Im Hinblick darauf, dass die obersten Organe des Bundes unverzüglich und gleichzeitig eine Vielzahl sich wechselseitig beeinflussender Maßnahmen zur Krisenbewältigung ergreifen können, ist eine derartige in Abs. 2 festgelegte Koordination unbedingt erforderlich.

Die Öffentlichkeitsarbeit betrifft vor allem die laufende Kommunikation mit der Bevölkerung im Krisenfall und umfasst auch Medienarbeit, die sich etwa auf die Bereitstellung von Informationen für die Massenmedien (Presse, Fernsehen, Online-Medien etc.) sowie die Nutzung von elektronischen Medien für die gezielte Platzierung von Botschaften bezieht (zB Aussendungen, Pressekonferenzen). Sie soll vor allem den Bereich des Zivil- und Bevölkerungsschutzes abdecken sowie Maßnahmen zur Stärkung des Selbstschutzgedankens umfassen. Ziel soll es sein, die Bevölkerung in das Krisenmanagement durch die Förderung des Selbstschutzgedankens und laufende Informations- und Aufklärungsarbeit einzubeziehen. Demzufolge soll die Bevölkerung durch gezielte Krisenkommunikation im Anlassfall über Maßnahmen des Krisenmanagements informiert und vor herannahenden Gefahren gewarnt werden. Das Selbstschutzkonzept geht von der Annahme aus, dass die informierte und vorbereitete Bevölkerung durch zumutbare Eigenvorsorge und Erstmaßnahmen im Krisenfall einen großen Beitrag leisten kann. Wirksamer Selbstschutz muss daher auf einer effizienten Öffentlichkeitsarbeit aufbauen. Dem Koordinationsgremium kommt dabei die wesentliche Aufgabe zu, im Anlassfall Maßnahmen und Angebote zur vorsorglichen Information und Aufklärung zu setzen sowie zeitgerecht zu informieren.

Vorgesehen werden soll, dass auf Ersuchen des Koordinationsgremiums das Bundeslagezentrum allgemeine Informationen (zB Infektionszahlen, Sperrstundenregelungen, Impfstellen) für die Bevölkerung im Krisenfall bereitstellt, wie auf der Homepage des Bundesministeriums für Inneres. Dasselbe gilt für die Informationsweitergabe an Betreiber kritischer Infrastrukturen (zB im Bereich Energie, Verkehr, Gesundheitswesen), Einsatzorganisationen (zur Definition vgl. die Erläuterungen zu § 6 Abs. 2), Nichtregierungsorganisationen (Vereine, Stiftungen, auf Gemeinwohl ausgerichtete – auch auf internationalen Rechtsvorschriften basierende – Einrichtungen) sowie an sonstige externe Stakeholder in der Krise (zB Österreichische Bundesbahnen).

In Abs. 3 sollen die Leitung sowie die Zusammensetzung des Koordinationsgremiums geregelt werden. Grundsätzlich soll das Koordinationsgremium – mit Blick auf die ihm durch das BMG übertragene Zuständigkeit zur anlassbezogenen Koordination innerstaatlicher Maßnahmen zur Bewältigung überregionaler oder internationaler Krisen – vom Bundeskanzler geleitet werden. Es soll jedoch die Möglichkeit bestehen, dass die Bundesregierung – aufgrund des sachlichen Nahebezugs bzw. der vorwiegenden Betroffenheit (vgl. § 5 Abs. 2 BMG) – einen anderen Bundesminister mit der Leitung betraut. Ist eine Leitung durch den Bundeskanzler nicht möglich (zB im Verhinderungsfall) und wurde durch die Bundesregierung auch kein anderer Bundesminister mit der Leitung betraut, obliegt die Leitung als Auffangtatbestand dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit. Auch mangels ausdrücklicher Erwähnung soll generell die Möglichkeit des Leiters bestehen, sich vertreten zu lassen. Daraus ergibt sich, dass die Leitung grundsätzlich dem Bundeskanzler oder seinem Vertreter, sonst (sofern ein Beschluss der Bundesregierung vorliegt) dem jeweils im Anlassfall zuständigen Fachminister oder seinem Vertreter obliegen wird. Das Koordinationsgremium setzt sich zudem aus je einem (im Regelfall wohl hochrangigen und entscheidungsbefugten) Vertreter des Bundeskanzlers, des Vizekanzlers, des Bundesministers für Inneres, der Bundesministerin für Landesverteidigung, der Bundesministerin für Justiz, des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten sowie der im Anlassfall (sachlich) betroffenen sonstigen Bundesminister (abhängig von der Art der Krise und somit der Betroffenheit) zusammen. Die Entsendung wird in der Regel unter entsprechender Bedachtnahme auf die im eigenen Wirkungsbereich jeweils zu treffenden Entscheidungen erfolgen. Darüber hinaus soll vorgesehen werden, dass der Regierungsberater vor dem Hintergrund seiner strategischen Beratungsfunktion berechtigt ist, an den Sitzungen des Koordinationsgremiums teilzunehmen, wobei wesentlich ist, dass diese Teilnahme keine Kompetenzverschiebung bewirkt.

Das Koordinationsgremium soll im Einzelfall jenem Ressort zuzuordnen sein, das (aufgrund des sachlichen Nahebezugs) die Leitung übernimmt. Ein Durchgriffsrecht des Bundeskanzlers, des Bundesministers für Inneres oder des sonst leitenden Bundesministers auf andere Ressorts ist mit dieser Regelung nicht intendiert und soll es – auch aus verfassungsrechtlichen Gründen – zu keinem Eingriff in Vollzugszuständigkeiten kommen.

Im Gegensatz zu den Fachgremien erfolgt die Einrichtung des Koordinationsgremiums nicht zwangsläufig im Bundeslagezentrum. Im Hinblick darauf, dass sich im Bundeslagezentrum neben der fachlichen Expertise zur Lageführung (Lagebild) auch die erforderlichen internationalen Sicherheitsstandards entsprechenden Ressourcen (zB Raum, Technik) befinden, wäre es von Vorteil, dass unabhängig von der Leitung das Koordinationsgremium im Bundeslagezentrum (bzw. in einem Ausweichquartier des Bundeslagezentrums) lokalisiert ist.

Bei Vorliegen einer Krise soll gemäß Abs. 4 die Möglichkeit bestehen, durch Beschluss des Koordinationsgremiums Fachausschüsse einzurichten. Im Hinblick darauf, dass diese Ausschüsse lediglich in Krisenzeiten eingerichtet werden sollen, sollen sie vor allem anlassbezogene Spezialfragen behandeln bzw. ad hoc Empfehlungen abgeben. Die Leitung und Zusammensetzung ergibt sich aus der benötigten Fachexpertise mit Blick auf die jeweilige Krisensituation und wird sich nach dem Inhalt und dem Grund der Einrichtung richten (und im Beschluss festzulegen sein). Denkbar sind insbesondere wissenschaftliche Experten (zB von Universitäten), Selbstverwaltungskörper (Interessenvertretungen etc.) sowie Medien- oder Branchenvertreter (zB ORF). Darüber hinaus ist auch die Einrichtung von Unterausschüssen vorgesehen. Im Gegensatz zu Ausschüssen obliegt nach dem Begriffsverständnis einem Unterausschuss lediglich die Vorbehandlung dem jeweiligen Ausschuss zugewiesener (Teil-)Gegenstände. Demnach erarbeitet ein Unterausschuss für Öffentlichkeitsarbeit etwa Informationen für die Öffentlichkeit sowie Betreiber kritischer Infrastrukturen und ist dieser insbesondere dafür verantwortlich, dass vulnerable Bevölkerungsgruppen (Kinder, Gehörgeschädigte etc.) Informationen sachgemäß übermittelt bekommen. Ein wissenschaftlicher Experten-Unterausschuss hingegen sollte wiederum wissenschaftlichen oder technischen Input zu laufenden Krisenfällen geben (Analyse von Datensätzen, Beauftragung von Studien usw.).

Nähere Regelungen zum Zusammenwirken der Koordinationsstrukturen, insbesondere über die Einladung zu Sitzungen, die Zusammensetzung sowie deren Entscheidungsfindung samt nachvollziehbarer und transparenter Dokumentation (zB des Abstimmungsverhältnisses) im Zuge der Krisenbewältigung können gemäß Abs. 5 durch die Bundesregierung im Rahmen einer – einstimmig (vgl. Art. 69 Abs. 3 B-VG) zu beschließenden – Geschäftsordnung getroffen werden. Zur Sicherstellung der erforderlichen Gesamtschau zu den Lageentwicklungen kann darin etwa auch vorgesehen werden, dass ein Vertreter des Bundeslagezentrums berechtigt ist, an den Sitzungen des Koordinationsgremiums teilzunehmen. Vor dem Hintergrund der mangelnden Außenwirkung kommt dieser Geschäftsordnung kein Verordnungscharakter zu.

Im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Stellung der Bundesminister als oberste Organe der Vollziehung des Bundes wird in dieser Geschäftsordnung zu normieren sein, dass Entscheidungen des Koordinationsgremiums einstimmig zu treffen sind. Bei Vorliegen einer Krise hat wohl eine regelmäßige Tagung zu erfolgen. Die Frequenz soll vom Anlassfall abhängig sein und kann sich im Laufe der Lage bzw. Krise verändern.

Ist bei Vorliegen einer Krise zur Bewältigung oder bereits vorab zur Minimierung der Gefahr des Entstehens einer drohenden Krise die Abstimmung und Koordination von Maßnahmen erforderlich, soll gemäß Abs. 6 gegenüber dem jeweils im Einzelfall leitenden Ressort im Sinne des Abs. 3 vor dem Hintergrund der Optimierung der horizontalen Kooperation die Verpflichtung sämtlicher betroffener Mitglieder der Bundesregierung zur „Entsendung“ der erforderlichen Anzahl von fachkundigen Vertretern bestehen. Die Betroffenheit hängt von den Folgen einer Krise in den unterschiedlichen Bereichen ab. Die COVID-19-Krise etwa hat gezeigt, dass eine Gesundheitskrise spürbare Auswirkungen auch auf etliche sonstige Lebensbereiche haben kann (Sport, Kultur, Unternehmen, Schulen etc.). Entscheidend sind demnach die Auswirkungen in den verschiedenen im BMG gelisteten Wirkungsbereiche. Im Gegensatz zu Abs. 3, der die Teilnahme von Vertretern der Bundesregierung an den Sitzungen des Koordinationsgremiums regelt, bezieht sich die Regelung in Abs. 6 auf die längere Mitwirkung an Maßnahmen zur Krisenbewältigung, zB in Stabsstrukturen oder in einem Call Center.

Hinsichtlich der Grundzüge einer etwaig eingerichteten Stabsorganisation wird auf das langjährig bestehende und bewährte sowie in vielen Bereichen etablierte „Funktionszellen-Stabsmodell“ verwiesen. Sowohl die polizeiliche Richtlinie für das Führen in besonderen Lagen als auch die vom Bundesministerium für Inneres gemeinsam mit den Einsatzorganisationen für den zivilen Bereich entwickelte Richtlinie für das Führen im Katastropheneinsatz (2007) sowie die ÖNORM (S 2308) enthalten etwa Grundzüge zur Lagefeststellung samt Beurteilung und Anweisungen bzw. Empfehlungen betreffend die grundsätzliche Gliederung bzw. personelle Ausstattung des Stabs sowie den erforderlichen Informationsfluss samt Dokumentation. Sie dienen derzeit als Grundlage für die Führungs- und Stabsarbeit von Gebietskörperschaften und Einsatzorganisationen und sollten auch künftig als Anhaltspunkt bzw. Vorbild für mögliche Stäbe dienen. Das Wesen der Stabsarbeit zeichnet sich durch die in Sachbereichen strukturierten Aufgabenfelder (zB Personal, eigene Lage, Ressourcen, Recht) aus, wobei definierte Arbeitsprozesse die Bewältigung und zielgerichtete Verarbeitung hoher Informationseingänge bzw. -ausgänge ermöglichen. Die Koordinationsarbeit bzw. die Managementprozesse durch den Leiter der Stabsarbeit stellen die jederzeitige Verfügbarkeit eines aktuellen Lagebildes sicher und bilden damit, neben dem unverzichtbaren Informationsgehalt, das Fundament für eine Entscheidungsfindung der jeweiligen Verantwortlichen.

Darüber hinaus soll normiert werden, dass im Krisenfall die jeweils zuständigen Mitglieder der Bundesregierung verpflichtet sind, bei der Zurverfügungstellung geeigneter Informationskanäle an die Bevölkerung mitzuwirken, wie bei der Einrichtung eines Call Centers im Bundesministerium für Inneres. Die Aufgabe solcher Informationsschienen bei der Krisenbewältigung kann etwa in der Auskunftserteilung an die hilfesuchende Bevölkerung liegen. Die Erteilung von verifizierten Auskünften unterliegt deutlichen Qualitätskriterien, weshalb die Verpflichtung der zuständigen Mitglieder der Bundesregierung zur Bereitstellung der erforderlichen Informationen unerlässlich ist.

Im Hinblick darauf, dass sich im Bundeslagezentrum die erforderlichen Ressourcen (zB Raum, Technik) befinden, wäre es – unabhängig von der Leitung des Koordinationsgremiums – zweckmäßig, dass allenfalls eingerichtete Stabsstrukturen sowie Call Center im Bundeslagezentrum lokalisiert sind.

Um im Anlassfall abgestimmte Arbeit leisten zu können, sollen durch das Bundeslagezentrum für den von den Ressorts für etwaige Stabsarbeit sowie für die Auskunftserteilung (zB im Call Center) bereitgestellten Personalpool geeignete Aus- und Fortbildungsmaßnahmen durchgeführt werden.

Wird das Koordinationsgremium nicht im Bundeslagezentrum eingerichtet, sondern in einem anderen Ressort (etwa bei einer Gesundheitskrise im Bundesministerium für Gesundheit), kann das Bundeslagezentrum auch nicht die Funktion einer Geschäftsstelle übernehmen. Daher soll in Abs. 7 klargestellt werden, dass in solchen Fällen das leitende Ressort im Sinne des Abs. 3 für die Besorgung der administrativen Belange Vorsorge zu treffen hat (vgl. auch die Regelung in § 6 Abs. 3).

Zu § 10 (Gemeinsame Bestimmungen):

Zur Erfüllung der gesetzlich übertragenen Aufgaben und um einen uneingeschränkten Informationsaustausch in den Koordinationsstrukturen zu gewährleisten, ist in Abs. 1 vorgesehen, dass die Vertreter des Bundes und – in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung – der Länder von der Pflicht zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen etc. geboten ist (Amtsverschwiegenheit, vgl. Art. 20 Abs. 3 B-VG), entbunden sind. Die Entbindung soll auf Beratungen im Bundeslagezentrum (insbesondere mit Mitarbeitern anderer Ressorts), in den Fachgremien gemäß § 7 und im Koordinationsgremium beschränkt sein; nach außen soll selbstverständlich die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit gelten. Durch den Verweis auf das Koordinationsgremium sollen auch die gemäß § 9 Abs. 4 eingerichteten Ausschüsse und Unterausschüsse von dieser Regelung umfasst sein. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass die notwendigen Informationen zur Lagebewertung und Erstellung aktueller Lagebilder sowie zur Bewertung, ob ein Krisenfall eingetreten ist, vorliegen.

Die Beiziehung von Vertretern der Bundesländer, der Einsatzorganisationen, der Nichtregierungsorganisationen und sonstiger Einrichtungen („insbesondere“, zB Österreichische Bundesbahnen, Busunternehmen) in beratender Funktion in den Fachgremien sowie im Koordinationsgremium gemäß Abs. 2 erfolgt über Einladung des Bundeslagezentrums in seiner Eigenschaft als Geschäftsstelle (vgl. § 6 Abs. 3) bzw. durch das leitende Ressort (vgl. § 9 Abs. 7). Vor dem Hintergrund der Weisungsbindung der Landeshauptleute gegenüber der Bundesregierung sowie den einzelnen Bundesministern im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung (vgl. Art. 103 B-VG) ist vorgesehen, dass in diesen Bereichen eine Teilnahmepflicht der Ländervertreter besteht.

Durch die Einbeziehung der Ländervertreter soll dem Grundgedanken eines partnerschaftlichen Bundesstaates (auch im Sinne eines „kooperativen Föderalismus“) Rechnung getragen werden. Die Bundesländer stellen – vor allem durch die Bündelung zahlreicher Vollzugsaufgaben – wichtige Partner im Bereich des Krisenmanagements bzw. der Krisenkoordination dar. So vereinigen die Landeshauptleute die Position in der mittelbaren Bundesverwaltung sowie jene in der Landesregierung und somit Ressourcen des Bundes und der Länder. An der Schnittstelle zwischen Bundes- und Landesebene üben diese die ihnen verfassungsgesetzlich zugewiesene regionale Leitungs- und Koordinierungsfunktion aus. Durch die vorhandene Bürger-, Orts- und Sachnähe und die Erfahrungen im Katastrophenmanagement kann auf bisher gut funktionierende Strukturen zurückgegriffen und umfassendes Fachwissen in das Koordinationsgremium eingebracht werden. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass durch die Abstimmung auch regionale Bedürfnisse und Besonderheiten berücksichtigt werden und somit sachgerechte, effektive und effiziente Ergebnisse sowie Transparenz erzielt werden.

Abgesehen von der verpflichtenden Teilnahme von Vertretern der Bundesländer im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung kann es zu weiteren anlassbezogenen Teilnahmen auf freiwilliger Basis kommen. Betreffend die Teilnahme von Nichtregierungsorganisationen sollte gegebenenfalls darauf geachtet werden, dass auch Vertreter vulnerabler Gruppen beigezogen werden.

Dem Wesen eines Krisengremiums inhärent ist der Zugang zu geheimer Information. Daher soll sich gemäß Abs. 3 jeder Vertreter des Bundes, der Nichtregierungsorganisationen sowie sonstiger gemäß Abs. 2 in beratender Funktion beigezogener Einrichtungen einer Sicherheitsüberprüfung gemäß §§ 55 ff SPG zumindest für den Zugang zu geheimer Information oder einer Verlässlichkeitsprüfung gemäß §§ 23 f MBG aufgrund einer erweiterten Verlässlichkeitserklärung (etwa im Hinblick auf Mitarbeiter des Bundesministeriums für Landesverteidigung; vgl. Verordnung des Bundesministers für Landesverteidigung über die Verlässlichkeitserklärung, BGBl. II Nr. 195/2001) unterziehen müssen. Mit der vorgeschlagenen Formulierung („zumindest“) soll klargestellt werden, dass auch die Sicherheitsüberprüfung für den Zugang zu „streng geheimer“ Information umfasst ist und wird die Art der Sicherheitsüberprüfung von den Umständen des Einzelfalls abhängig sein. Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist es nicht zulässig, den Ländervertretern und Einsatzorganisationen (bundesgesetzlich) verpflichtend eine Sicherheitsüberprüfung vorzuschreiben. Dessen ungeachtet besteht jedoch die Möglichkeit, (gleichwertige) Überprüfungen auf freiwilliger Basis durchzuführen bzw. nachzuweisen.

Um Transparenz zu gewährleisten, soll in Abs. 4 außerdem eine Regelung zur Dokumentation aufgenommen werden. Vorgesehen ist, dass die jeweiligen Leiter der Fachgremien gemäß § 7 sowie der Leiter des Koordinationsgremiums (§ 9 Abs. 3) verpflichtet sind, dafür Vorsorge zu treffen, dass Beratungen in den entsprechenden Gremien ausreichend dokumentiert werden. Die Protokollführung hat somit seitens des leitenden Ressorts zu erfolgen. Jedenfalls ist zu beachten, dass in politischer (und auch in rechtlicher) Hinsicht die jeweils inhaltlich zuständigen Fachminister (als Leiter der jeweiligen Gremien) verantwortlich sind (zB zur Beantwortung parlamentarischer Anfragen zu den Inhalten bzw. Ergebnissen der Beratungen in den Fachgremien bzw. im Koordinationsgremium).

In Abs. 5 soll – zusätzlich zu der Ermächtigung zur Datenverarbeitung gemäß § 10 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 – normiert werden, dass der Bundesminister für Inneres ermächtigt ist, die erforderlichen Identifikations- (zB Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Titel) und Erreichbarkeitsdaten (zB Telefonnummer, Mailadresse, Wohnsitzdaten) von Mitarbeitern im Bundeslagezentrum, Mitgliedern der Gremien (Koordinationsgremium, Fachgremien) sowie Vertretern in Call Center und Stabsstrukturen (diese sind durch den Verweis auf das Koordinationsgremium umfasst) insoweit zu verarbeiten, als dies zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit (Aufrechterhaltung des Dienstbetriebs, Tagungsmöglichkeit etc.) der diversen in §§ 6, 7 und 9 geregelten Einrichtungen bzw. Organisationsstrukturen erforderlich ist. Vorgesehen ist, dass er dabei die Funktion als Auftragsverarbeiter gemäß Art. 4 Z 8 der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 74 vom 4.3.2021 S. 35, (im Folgenden: DSGVO) für die Bundesregierung als Verantwortliche gemäß Art. 4 Z 7 in Verbindung mit Art. 24 DSGVO ausübt. Da der Bundesminister für Inneres in keiner Weise die Entscheidung über die Verarbeitung der Daten trifft, kommt nicht diesem, sondern der Bundesregierung die Rolle als Verantwortliche zu. Sollten aufgrund materienspezifischer Gegebenheiten weitere Datenverarbeitungen erforderlich sein, sind diese in den einschlägigen Materiengesetzen zu regeln (vgl. § 13). Daran knüpft auch der jeweilige Instanzenzug an bzw. sind dort auch die jeweiligen Rechtsschutzmechanismen vorzusehen.

Zu § 11 (Aufgaben des Bundesheeres):

Die vorgesehenen Vorsorgeaufgaben dienen der Umsetzung der erweiterten Zuständigkeit des Bundesheeres nach Art. 79 Abs. 2a B-VG (vgl. Artikel 1), wonach das Bundesheer von der Bundesregierung für einzelne Maßnahmen der Vorsorge in Anspruch genommen werden kann, und stellt diese Regelung das einfachgesetzliche Anschlussstück dar. Es kann daher grundsätzlich auf die Erläuterungen zu dieser verfassungsrechtlichen Bestimmung verwiesen werden. Im Rahmen der Wahrnehmung von Aufgaben gemäß dieser Regelung ist die Anwendung des Einsatzzulagengesetzes (EZG), BGBl. Nr. 423/1992, sowie der Bestimmungen des Heeresgebührengesetzes 2001 (HGG 2001), BGBl. I Nr. 31/2001, über die Besoldung im Einsatz nach § 2 Abs 1 WG 2001 ausgeschlossen.

Das gemeinsame Ziel dieser Maßnahmen ist es, die vorhandenen Ressourcen des Bundesheeres auch für „zivile“ Krisen künftig bestmöglich zu nutzen, und zwar nicht in Verdrängung ziviler Behörden, sondern als Ergänzung und Unterstützung dort, wo deren spezifische Ressourcen nicht ausreichen.

Bisherige Erfahrungen mit Krisen, insbesondere der COVID-19-Krise, haben gezeigt, dass eine längerfristige Vorsorge unabdingbar ist und die Struktur des Assistenzeinsatzes, bei dem erst nach Ausbruch eines bestimmten Ereignisses eine Anforderung der „gesetzmäßigen zivilen Gewalt“ erfolgt, nicht ausreichend ist. Daher soll künftig auf der Grundlage einer Ermächtigung der gesamten Bundesregierung – dh. abhängig von einem entsprechenden Beschluss der Bundesregierung auf Antrag des sachlich zuständigen Bundesministers – dem Bundesheer eine ausreichende Rechtsgrundlage, bereits vorsorgend tätig zu werden, gegeben werden und damit ausreichende Planungssicherheit bestehen. Wesentlich ist, dass in den gelisteten Bereichen lediglich einzelne Maßnahmen der Krisenvorsorge gesetzt werden können. Nach Feststellung einer Krise (vgl. § 3) können diese Ressourcen seitens des Bundesheers nach den für Assistenzeinsätze geltenden Regelungen zur Verfügung gestellt werden (vgl. die Regelung in Art. 79 Abs. 2 Z 2 B-VG).

Gemäß Z 1 ist intendiert, autarke und resiliente Kasernen zum Zwecke der Unterstützung der Einsatzfähigkeit der Sicherheitsbehörden, der Wachkörper des Bundes und sonstiger Gebietskörperschaften einschließlich der Gemeindeverbände, ziviler Rettungsorganisationen (Bergrettung, Wasserrettung, Sanitätsdienste usw.) sowie der Feuerwehren bereitzustellen. Damit sollen über das gesamte Bundesgebiet verteilte Stützpunkte („Sicherheitsinseln“), von denen aus auch bei Zusammenbruch überlokaler Infrastruktur (Energieversorgung, Verkehrswege, IKT etc.) operiert werden kann, entwickelt werden.

In einzelnen Bereichen bestehen bereits derzeit spezielle Befugnisse zur Sicherung der Versorgung (zB im Wirkungsbereich des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft das Versorgungssicherungsgesetz – VerssG 1992, BGBl. Nr. 380/1992, das Energielenkungsgesetz 2012 – EnLG 2012, BGBl. I Nr. 41/2013, sowie das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997, BGBl. Nr. 789/1996). Diese gesetzlichen Befugnisse sollen von der Regelung gemäß Z 2 unberührt bleiben. Vielmehr soll diese Bestimmung dann greifen, wenn gegenwärtig noch keine derartigen Befugnisse eines Bundesministers bestehen. Die Regelung soll demnach bestehende Lücken schließen und somit eine gesamthafte Versorgung bei einer durch eine Krise hervorgerufenen Störung der normalen Distributionswege sicherstellen.

Die Krisenvorsorge im Bereich des Schutzes kritischer Infrastruktur von bundesweiter Bedeutung gemäß Z 3 soll bereits im Vorfeld Zusammenbrüche überlokaler Infrastruktur (vgl. die Erläuterungen zu Z 1) verhindern bzw. dessen Ausmaß möglichst gering halten.

Betreffend die Wahrnehmung der Krisenvorsorge im gemäß Z 4 umschriebenen Bereich wird auf das derzeit bestehende COVID-19-Lagergesetz (CO-LgG), BGBl. I Nr. 126/2020, das die betreffende Zuständigkeit mangels verfassungsrechtlicher Grundlage noch der Bundesministerin für Landesverteidigung und nicht dem Bundesheer zuweist, verwiesen.

Zu § 12 (Krisenvorsorge):

Wie insbesondere die die aktuellen Entwicklungen der Ukraine-Krise sowie die COVID-19-Pandemie gezeigt haben, ist es erforderlich, dass alle Mitglieder der Bundesregierung interne Vorkehrungen treffen und demnach über Strukturen für ein effizientes Krisenmanagement und somit eine adäquate Krisenvorsorge verfügen. Das betrifft insbesondere eine interne Krisenorganisation, die erforderliche Infrastruktur sowie die notwendigen Sachmittel zur Krisenbewältigung (Räumlichkeiten und Kommunikationsmittel) und ausreichendes im Krisenmanagement geschultes Personal. Durch diese Regelung haben demnach sämtliche Ressorts Maßnahmen zur Krisenvorsorge zu treffen und zusätzlich ein ausreichendes Qualitätsmanagement sicherzustellen. Die Mitglieder der Bundesregierung sollen gemäß Abs. 1 etwa verpflichtet sein, Krisenpläne zur Krisenbewältigung in verschiedenen Bereichen aufzustellen und in angemessenen Zeitabständen Übungen abzuhalten sowie diese zu evaluieren und zu dokumentieren. Die Krisenpläne sind demnach in angemessenen Zeitabständen auf ihre Aktualität sowie auf Schwachstellen zu prüfen und bei Bedarf zu aktualisieren, wobei insbesondere auch Erfahrungen aus vergangenen Krisen und aus Krisenübungen zu berücksichtigen sein werden.

Mitarbeiter, denen in Bezug auf Krisenfälle Verantwortlichkeiten übertragen wurden, haben über die erforderlichen Fähigkeiten bzw. Eignungen zur wirksamen Wahrnehmung der ihnen zugewiesenen Aufgaben zu verfügen, weshalb geeignete und spezifische aufgabenbezogene Schulungen zu absolvieren sind. Im Hinblick darauf, dass jeweils auch die ressortspezifischen Inhalte zu berücksichtigen sein werden, sollen die fachspezifischen Schulungen grundsätzlich in der Verantwortung der jeweiligen Bundesminister liegen. Um im Anlassfall ein effektives und effizientes Krisenmanagement zu gewährleisten, sollen zudem – unabhängig von den fachspezifischen Schulungen – durch das Bundeslagezentrum für den von den Ressorts für Stabsarbeit sowie für die Auskunftserteilung (zB im Call Center) bereitgestellten Personalpool geeignete Aus- und Fortbildungsmaßnahmen durchgeführt werden (vgl. auch die Erläuterungen zu § 9 Abs. 6). Diese Schulungen sollen im Hinblick auf einheitliche Ablaufprozesse und etwa die Bedienung technischer Geräte durch das Bundeslagezentrum erfolgen, da nur dieses über das erforderliche Know-how verfügt und gerade in einer Krise die sofortige Handlungsfähigkeit aller Beteiligten gegeben sein muss.

Zudem soll die Verpflichtung der zuständigen Mitglieder der Bundesregierung bestehen, Erreichbarkeiten sowohl in als auch außerhalb von Krisenzeiten festzulegen, damit insbesondere eine Kommunikation und rasche Koordination mit dem Bundeslagezentrum sowie dem Koordinationsausschuss sichergestellt ist.

Vor allem die COVID-19-Pandemie, aber auch die Ukraine-Krise haben vor Augen geführt, dass in Krisenfällen in sämtlichen Bereichen sehr rasch Störungen von Lieferketten, Produktionsausfälle sowie Versorgungsengpässe (zB bei Lebensmitteln, Energie) auftreten können. Aus der Regelung gemäß Abs. 1 ergibt sich zwar, dass seitens der jeweils zuständigen Bundesminister bereits vor der Krise Vorbereitungshandlungen zu ergreifen sind und insbesondere Beschaffungen getätigt werden können (vgl. auch § 3 Abs. 1 Z 3 BMG), in Abs. 2 soll jedoch aufgrund der Bedeutsamkeit die ausdrückliche Klarstellung erfolgen, dass jedenfalls dafür zu sorgen ist, dass – entsprechend den aufgestellten Krisenplänen – erforderliche Hilfsmittel zur Krisenbewältigung (Wohncontainer, Feldbetten, winterfeste Zelte, technische Hilfsausrüstung, Hygieneartikel, Schutzausrüstung etc.) sowie systemrelevante Güter (zB medizinische und medizintechnische Güter, wie Impfstoffe, aber auch Treibstoffe) im stets einsatzbereiten Zustand zur Verfügung stehen und demnach bei Bedarf eine laufende Ergänzung erfolgt.

Zur Sicherstellung einer schnellen Reaktionsfähigkeit und raschen Koordination ist in Abs. 3 explizit vorgesehen, dass von jedem Mitglied der Bundesregierung für das Bundeslagezentrum eine permanente Kontaktstelle als direkte Kommunikationsschiene einzurichten ist (zB laufend gesichtetes Funktionspostfach, 24/7 Bereitschaftsdienst).

Zu § 13 (Krisenabwehr und -bewältigung):

Krisen können in verschiedensten Bereichen (Epidemie, Reaktorunfall, massive Migrationsbewegung, Naturkatastrophe, Cyberkrise etc.) auftreten. Aus diesem Grund sind die denkbaren Krisen mit themenspezifischen bereichsadäquaten Maßnahmen bzw. Befugnissen unter unterschiedlichen Voraussetzungen und von den jeweils zuständigen Behörden zu „bekämpfen“. Im Hinblick darauf, dass das gegenständliche Gesetz (unabhängig von der fehlenden allgemeinen Bundeskompetenz) auch aus einfachgesetzlichen Erwägungen jedenfalls keine allgemein gültigen materienübergreifenden Regelungen beinhalten kann, die auf jeden möglichen Krisenfall anwendbar sind, soll mit dieser Regelung zum Ausdruck gebracht werden, dass spezifische Maßnahmen zur Krisenabwehr und -bewältigung durch die jeweils im Einzelfall einschlägigen spezialgesetzlichen Bestimmungen geregelt werden. Krisenbewältigungsmaßnahmen werden dabei wohl an die Feststellung einer Krise gemäß § 3 anknüpfen. Über dieses Gesetz hinausgehende materielle und auch formelle Regelungen sollen demzufolge aufgrund der materienspezifischen Gegebenheiten und unter Berücksichtigung der unterschiedlichen unionsrechtlichen Vorgaben in die jeweiligen bestehenden Bundesmateriengesetze aufgenommen werden bzw. sollen allenfalls nach entsprechender Prüfung diesbezügliche Anpassungen (samt Regelungen der jeweiligen Rechtsschutzmechanismen) erfolgen.

Auf die Bedürfnisse vulnerabler Gruppen (wie etwa Kinder oder Menschen mit Behinderung) soll bei der Festlegung dieser krisenbezogenen Maßnahmen besonders Bedacht genommen werden. Dabei ist insbesondere darauf zu achten, dass die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie Kindern entsprechend gewahrt und geschützt werden. Maßnahmen, die in diesen Bereichen getroffen werden, dürfen nicht unverhältnismäßig sein oder zu unzumutbaren Härtefällen führen. Zudem sollte bei der Kommunikation über die getroffenen Maßnahmen etwa darauf geachtet werden, dass diese in verschiedenen Sprachen zugänglich gemacht werden (zB in den Sprachen der anerkannten Minderheiten sowie der am stärksten vertretenen Drittstaatsangehörigen und in Englisch als anerkannte Weltsprache) und dass Informationen in entsprechender barrierefreier Form (für seh- und hörbeeinträchtigte Personen sowie Personen, die auf einfache Sprache angewiesen sind) vorliegen und abrufbar sind.

Zu § 14 (Verwaltungshelfer):

Bei dieser Regelung handelt es sich lediglich um eine Klarstellung für Fallkonstellationen, in denen Private zur Setzung von unselbständigen Teilakten für Maßnahmen zur Krisenabwehr und -bewältigung im Bereich der Hoheitsverwaltung berufen werden. Durch eine solche Beiziehung Privater als Verwaltungshelfer aufgrund eines konkreten Auftrags (mittels Bescheid oder Vertrag) erhalten diese keine selbständige Organstellung; insbesondere sind sie mangels jeglicher selbständiger Entscheidungsbefugnis auch nicht als Beliehene anzusehen. Ihr Handeln ist der betreffenden Behörde zuzurechnen; im Rechtssinn wird in diesen Fällen allein die betreffende Behörde tätig. Danach richtet sich demnach auch der Rechtsschutz.

Die Voraussetzungen, unter denen eine derartige Heranziehung möglich ist, finden sich in den jeweiligen Materiengesetzen (siehe auch § 13). Sieht das jeweilige Materiengesetz die Möglichkeit einer Beleihung vor, geht dieses als lex specialis vor. Bei Übertragung hoheitlicher Tätigkeiten sind jedenfalls die verfassungsrechtlichen Grenzen zu beachten.

Zu Artikel 3 (Änderung des Wehrgesetzes 2001)

Zu § 2 Abs. 1 lit. c:

Die vorgeschlagene Maßnahme dient der einfachgesetzlichen Abbildung der erweiterten Zuständigkeit des Bundesheeres nach Art. 79 Abs. 2 Z 2 B-VG. Es wird daher auf die einschlägigen Erläuterungen zu dieser Bestimmung verwiesen (vgl. Artikel 1).

Zu Artikel 4 (Änderung des Meldegesetzes 1991)

Zu § 16a:

Während die Auswählbarkeit aus den Datensätzen des ZMR nach Abs. 2 grundsätzlich nur nach dem Namen möglich ist, ist gemäß Abs. 3 für Zwecke der Sicherheitspolizei, der Strafrechtspflege, im Katastrophenfall sowie für andere gesetzlich geregelte Fälle die Auswählbarkeit auch nach anderen Kriterien statthaft (Verknüpfungsanfrage). Verknüpfungsanfragen ermöglichen demnach eine Abfrage aus den Datensätzen des ZMR nicht nur nach Namen des Betroffenen, sondern auch nach anderen Suchkriterien.

Die jüngste COVID-19-Pandemie hat gezeigt, dass auch in Krisenfällen ein Bedarf an Verknüpfungsanfragen besteht und nicht nur in Katastrophenfällen etwa eine Abfrage nach dem Geburtsdatum eine wertvolle Unterstützung bietet und letztendlich auch Bürgern sowie vor allem vulnerablen Gruppen zugutekommt. Aus diesem Grund wurde durch eine Novelle des Bundesgesetzes, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, BGBl. I Nr. 135/2020, eine entsprechende Rechtsgrundlage für die Vornahme von Verknüpfungsanfragen zum Zweck der Verteilung von FFP2-Masken an Personen mit Wohnsitz im Inland, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, geschaffen (vgl. BGBl. I Nr. 147/2020). Um sicherzustellen, dass in jeder Krise die Möglichkeit derartiger Verknüpfungsanfragen besteht, ist vorgesehen, die Regelung in Abs. 3 zu erweitern. Wird demnach ein Krisenfall gemäß § 3 B-KSG festgestellt, sollen Abfragen aus dem ZMR auch nach anderen Suchkriterien (zB Straßenbezeichnungen) möglich sein.