Bundesgesetz über die Einführung einer Versorgerverpflichtung für Gas aus erneuerbaren Quellen (Erneuerbares-Gas-Gesetz – EGG)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Unmittelbare Bundesvollziehung

§ 1. (Verfassungsbestimmung) Die in diesen Vorschriften geregelten Angelegenheiten können unmittelbar von den in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Einrichtungen versehen werden.

Ziel

§ 2. Als Beitrag zur Verwirklichung der Ziele des Pariser Klimaschutzübereinkommens 2015 und des Ziels der Europäischen Union, die Treibhausgase bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber 1990 zu vermindern, den Bruttoendenergieverbrauch der Union bis 2030 zu einem Anteil von mindestens 40 % durch erneuerbare Energie zu decken, sowie im Ziel, die Klimaneutralität Österreichs bis 2040 zu erreichen, ist es das Ziel dieses Bundesgesetzes, den Absatz von erneuerbarenen Gasen am österreichischen Gasmarkt bis 2030 auf 7,5 TWh zu erhöhen, den Inlandsverbrauch von fossilem Erdgas zu verringern und bis 2040 eine Versorgung mit erneuerbarem Gas sicherzustellen.

Umsetzung von Unionsrecht

§ 3. Dieses Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/2001 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung), ABl. Nr. L 328 vom 21.12.2018 S. 82, in der Fassung der Delegierten Verordnung (EU) 2022/759 zur Änderung des Anhangs VII der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich einer Methode zur Berechnung der Menge der für die Kälteversorgung und die Fernkälteversorgung genutzten erneuerbaren Energie, ABl. Nr. L 139 vom 18.5.2022 S. 1.

Begriffsbestimmungen

§ 4. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes bezeichnet der Ausdruck

           1. „Biogas“ gasförmige Kraft- und Brennstoffe, die aus Biomasse hergestellt werden.

(2) Im Übrigen gelten die Definitionen des Gaswirtschaftsgesetzes 2011 (GWG 2011), BGBl. I Nr. 107/2011 und des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG), BGBl. I Nr. 150/2021, in der jeweils geltenden Fassung.

(3) Regulierungsbehörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die gemäß § 2 Abs. 1 des Energie-Control-Gesetzes, BGBl. I Nr. 110/2010, eingerichtete Energie-Control Austria für die Regulierung der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (E-Control).

Pflicht der Versorger zur Erreichung einer Grün-Gas-Quote

§ 5. (1) Ab dem 1. Jänner 2024 haben Versorger, die Endverbraucher in Österreich entgeltlich beliefern, zumindest folgende Anteile der von ihnen im Vorjahr an Endverbraucher im Bundesgebiet verkauften Gasmengen durch erneuerbare Gase zu substituieren:

Jahr

2024

2025

2026

2027

2028

2029

2030

 

0,7 %

1,05 %

1,75 %

2,8 %

4,2 %

5,95 %

7,7 %

jedoch insgesamt mindestens 7,5 TWh

(2) Wird die Substitutionsverpflichtung eines Jahres nicht erfüllt, ist die Fehlmenge bis zum 31. Dezember des nächsten Jahres durch entsprechende zusätzliche Gasmengen zu substituieren. Die in einem Jahr entstehende Fehlmenge darf einen Anteil von 20 % der Substitutionsverpflichtung desselben Jahres gemäß Abs. 1 nicht überschreiten.

(3) Bis zum 31. Dezember 2030 haben Versorger insgesamt zumindest 7,5 TWh der von ihnen in diesem Jahr an Endverbraucher verkauften Gasmengen durch erneuerbare Gase zu substituieren.

(4) Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft und dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft mit Verordnung die Höhe der jährlich einzuhaltenden Grün-Gas-Quote (Abs. 1) erhöhen. Dabei sind insbesondere die Entwicklung des Anteils an erneuerbarem Gas am Bruttoinlandsverbrauch, die technische Machbarkeit und der technische Fortschritt zu berücksichtigen.

(5) Wenn erkennbar ist, dass die Substitutionsverpflichtung gemäß Abs. 1 nicht erreicht wird, insbesondere auf Grundlage des Marktberichts der Servicestelle gemäß § 65 Abs. 1 Z 4 EAG und darauf gestützter Prognosen, hat die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft und dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft die Höhe der jährlich einzuhaltenden Grün-Gas-Quote (Abs. 1) mit Verordnung so zu erhöhen, dass die Erreichung des Substitutionsziels gewährleistet wird. Dabei sind insbesondere die Entwicklung des Anteils an erneuerbarem Gas am Bruttoinlandsverbrauch, die technische Machbarkeit und der technische Fortschritt zu berücksichtigen.

(6) Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft und dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft mit Verordnung die Höhe der jährlich einzuhaltenden Grün-Gas-Quote für den Zeitraum vom 1. Jänner 2031 bis zum 31. Dezember 2040 festzulegen. Die Höhe der Quote ist dabei so festzulegen, dass im Zeitraum vom 31. Dezember 2035 bis zum 31. Dezember 2040 zumindest 15 TWh der an Endverbraucher verkauften Gasmengen durch erneuerbare Gase substituiert werden, die gemäß §§ 85 bis 87 EAG zu belegen sind.

(7) Der Bilanzgruppenkoordinator hat der Regulierungsbehörde bis zum letzten Tag im Februar jeden Jahres die von Versorgern an Endverbraucher in Österreich im Vorjahr verkauften Gasmengen und die auf deren Basis zu berechnende und von den Versorgern zu erreichende Grün-Gas-Quote zu melden. Die Versorger haben dem Bilanzgruppenkoordinator alle Unterlagen vorzulegen, die erforderlich sind, um die Richtigkeit der Angaben überprüfen zu können.

(8) Abweichend von § 87 Abs. 3 Z 1 EAG ist für die Zwecke dieses Bundesgesetzes erneuerbares Gas, welches in bis zum 31. Dezember 2023 in Betrieb befindlichen Anlagen erzeugt wurde, im maximalen Ausmaß von 0,14 TWh auf die Grün-Gas-Quote anzurechnen.

Nachweis der Erreichung der Grün-Gas-Quote

§ 6. (1) Für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2030 haben Versorger der Regulierungsbehörde bis zum letzten Tag im Februar jeden Jahres die von ihnen zu erreichende Grün-Gas-Quote des vergangenen Jahres mittels Herkunftsnachweisen mit Grüngassiegel oder Grünzertifikaten mit Grüngassiegel gemäß §§ 85 bis 87 EAG zu belegen.

(2) Für den Zeitraum vom 1. Jänner 2031 bis zum 31. Dezember 2040 haben Versorger der Regulierungsbehörde bis zum letzten Tag im Februar jeden Jahres die von ihnen zu erreichende Grün-Gas-Quote des Jahres 2030 mittels Herkunftsnachweisen mit Grüngassiegel oder Grünzertifikaten mit Grüngassiegel gemäß §§ 85 bis 87 EAG zu belegen. Für diesen Zeitraum sind in die Verordnung nach § 5 Abs. 6 Vorgaben zur Art des Nachweises der Einhaltung der Grün-Gas-Quote aufzunehmen.

(3) Die Regulierungsbehörde hat der Servicestelle für erneuerbare Gase und der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf Anfrage die nach § 5 Abs. 7 eingereichten Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

(4) Die Regulierungsbehörde bestätigt bis zum letzten Tag im Juni jeden Jahres die Erfüllung der Grün-Gas-Quote des vergangenen Jahres durch den Versorger. Bei Nichterfüllung der Grün‑Gas‑Quote ist ein Bescheid gemäß § 8 Abs. 1 zu erlassen.

Zuweisung im Bedarfsfall für Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Gasen

§ 7. (1) Betreiber von Anlagen zur Erzeugung und Aufbereitung von erneuerbaren Gasen auf Erdgasqualität aus nationaler Aufbringung und deren Einspeisung in das öffentliche Erdgasnetz haben unter den Voraussetzungen des Abs. 2 gegenüber dem jeweiligen Bilanzgruppenverantwortlichen einen Anspruch auf eine garantierte Abnahme der erzeugten Gasmengen für ein Jahr.

(2) Die garantierte Abnahme gemäß Abs. 1 gilt unter folgenden Voraussetzungen:

           1. Bei erstmaliger Inanspruchnahme der garantierten Abnahme ist das Bestehen eines Abnahmevertrags mit einer Laufzeit von zumindest fünf Jahren und einem Vertragsbeginn vor dem 31. Dezember 2028 nachzuweisen und

           2. der Betreiber der Anlage muss einen schriftlichen Nachweis darüber erbringen, dass zumindest drei Versorger, die diese Tätigkeit im Inland ausüben dürfen, den Abschluss eines Abnahmevertrags zu den Bedingungen des Abs. 4 Z 2 abgelehnt haben.

(3) Versorger, die den Abschluss eines Abnahmevertrags ablehnen, haben darüber eine schriftliche Bestätigung auszustellen.

(4) Verträge über eine garantierte Abnahme gemäß Abs. 1 haben jedenfalls folgende Inhalte vorzusehen:

           1. eine monatliche Abrechnung;

           2. eine Vergütung der eingespeisten Gasmengen zu einem von der Regulierungsbehörde festgelegten Preis; dieser hat sich an den effizientesten 10 % der Anlagen, die mit Reststoffen Biomethan erzeugen, zu orientieren und ist jährlich von der Regulierungsbehörde gutachterlich zu ermitteln, wobei zwischen Neuanlagen und Bestandsanlagen, die erweitert wurden, zu differenzieren ist.

Im Übrigen gelten für Verträge gemäß Abs. 1 die Bedingungen des Abnahmevertrags gemäß Abs. 2 Z 1, soweit nicht anders vereinbart.

(5) Sollte eine garantierte Abnahme mehrmals in Folge in Anspruch genommen werden, ist im dritten und vierten Jahr der garantierten Abnahme gemäß Abs. 1 die für das erste Jahr vereinbarte Vergütung um 2 % zu reduzieren. Ab dem fünften Jahr ist die vereinbarte Vergütung um 2,5 % zu reduzieren. Die garantierte Abnahme endet auf jeden Fall mit dem 20. Betriebsjahr der erstmaligen Einspeisung erneuerbarer Gase in das öffentliche Gasnetz.

(6) Die an den Bilanzgruppenverantwortlichen nach Abs. 1 gelieferten Mengen an erneuerbarem Gas sind von diesem täglich aliquot an alle Versorger im Verhältnis ihrer im Vorjahr an Endkunden abgegebenen Gasmengen zuzuweisen und gemeinsam mit der Ausgleichsenergie zu verrechnen.

Ausgleichsbetrag

§ 8. (1) Erreicht ein Versorger die Grün-Gas-Quote nicht, wird für die berechnete Fehlmenge durch die Regulierungsbehörde ab dem Jahr 2025 per Bescheid ein Ausgleichsbetrag gemäß Abs. 3 festgesetzt. Dieser ist vom Versorger binnen einer von der Regulierungsbehörde festzusetzenden, vier Wochen nicht überschreitenden, Frist zu entrichten.

(2) Sind im Jahr 2025 Biogasanlagen, die über eine Förderung nach dem Ökostromgesetz 2012, BGBl. I Nr. 75/2011 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 150/2021 (ÖSG 2012), oder nach dem EAG verfügen, aus technischen oder rechtlichen Gründen nicht in Betrieb oder nicht ans Gasnetz angeschlossen, reduziert sich die gemäß Abs. 1 berechnete Fehlmenge für einen Versorger um jenen Anteil, welcher dem Verhältnis der nicht ans Gasnetz angeschlossenen und nicht in Betrieb befindlichen Biogasanlagen zur Gesamtleistung der bestehenden Biogasanlagen, die über eine Förderung nach dem ÖSG 2012 oder EAG verfügen, entspricht, wobei nicht in Betrieb befindliche oder nicht ans Gasnetz angeschlossene Biogasanlagen maximal im Ausmaß von 90 MW berücksichtigt werden.

(3) Die Höhe des Ausgleichsbetrages beträgt zunächst 18 Cent pro kWh und ab dem Jahr 2027 20 Cent pro kWh. Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft und dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft mit Verordnung die Höhe des Ausgleichsbetrages anheben. Dabei hat sie insbesondere die Marktentwicklung für erneuerbare Gase und sonstige ökonomische Aspekte zu berücksichtigen.

(4) Ausgleichsbeträge werden ergänzend als Fördermittel für Förderungen gemäß §§ 60 und 61 EAG verwendet und zu diesem Zweck von der Regulierungsbehörde quartalsweise an die EAG-Förderabwicklungsstelle abgeführt.

Transparenz und Evaluierung

§ 9. (1) Die Regulierungsbehörde hat die mit diesem Bundesgesetz geschaffene Substitutionsverpflichtung unter Heranziehung externer Fachexperten drei Jahre nach dessen Inkrafttreten zu evaluieren und der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft sowie dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft spätestens im Dezember 2026 einen Bericht über das Ergebnis der Evaluierung vorzulegen. Nach der erstmaligen Evaluierung hat eine Evaluierung und Berichterstattung über die Ergebnisse alle fünf Jahre zu erfolgen. Die Berichte über die Ergebnisse der Evaluierung sind von der Regulierungsbehörde in geeigneter Weise zu veröffentlichen. Die Servicestelle für erneuerbare Gase, die Bilanzgruppenverantwortlichen und die Netzbetreiber haben der Regulierungsbehörde sowie den beigezogenen Fachexperten die zu diesem Zweck notwendigen Daten zu übermitteln.

(2) Die Regulierungsbehörde hat bis zum 31. Juli jeden Jahres einen Bericht über die Erfüllung der Grün-Gas-Quote gemäß § 6 Abs. 4 zu veröffentlichen. Der Bericht muss Angaben zur insgesamt abgesetzten Gasmenge, zum Absatz von erneuerbarem Gas und detaillierte Informationen zum Anteil der Versorger samt Absatzmenge, die die Substitutionsverpflichtung gemäß § 5 Abs. 1 erfüllen sowie zur Anzahl der Versorger samt Absatzmenge, die diese Verpflichtung nicht erfüllen, enthalten. Der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sowie der Servicestelle für erneuerbare Gase ist der Bericht einschließlich der Angabe jener Versorger, welche die Substitutionsverpflichtung gemäß § 5 Abs. 1 nicht erfüllen, samt der Zielverfehlung und der insgesamt abgesetzten Gasmenge, zu übermitteln.

Vollziehung

§ 10. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut:

           1. Hinsichtlich § 5 Abs. 4, 5 und 6 sowie § 8 Abs. 3 die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft und dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft;

           2. im Übrigen die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.

Inkrafttreten

§ 11. (Verfassungsbestimmung) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.