Erläuterungen

Zu Artikel 1:

Zu Z 1 (§ 5a Apothekengesetz):

Die Einführung des e-Rezeptes führte zu einer Vereinfachung der Weiterleitung von ärztlichen Rezepten. Mit der gegenständlichen Regelung soll verhindert werden, dass Vereinbarungen zur Zuweisung von Verschreibungen getroffen werden bzw. ärztliche Verschreibungen aus wirtschaftlichen Motiven unmittelbar an bestimmte Apotheken übermittelt werden. Derartige Vereinbarungen stehen der freien Wahl der Patient:innen, bei welcher Apotheke sie ihre Arzneimittel beziehen, entgegen und führen zu einer Gefährdung der etablierten Versorgungsstrukturen durch öffentliche Apotheken. Das Prinzip der „freien Apothekenwahl“ wird daher auch im Apothekengesetz verankert (vgl. dazu § 350 Abs. 4 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 in der Fassung BGBl. I Nr. 179/2022).

Zudem wird mit dieser Bestimmung sämtlichen Geschäftsmodellen entgegengetreten, die im wirtschaftlichen Interesse ärztliche Verschreibungen verschiedener Personen sammeln und an bestimmte Apotheken weiterleiten bzw. übermitteln. Damit soll verhindert werden, dass die insbesondere der Bedarfsprüfung zugrunde liegenden Zwecke (insbesondere Sicherung einer bestmöglichen Heilmittelversorgung der Bevölkerung sowie Gewährleistung eines gewissen Existenzschutzes von bestehenden öffentlichen Apotheken, vgl. dazu VfGH G 37/97 VfSlg 15.103) unterlaufen werden, wenn die Verteilung von Patient:innen aus sachfremden Motiven auf einzelne Apotheken konzentriert wird. Die Gewährleistung der flächendeckenden Versorgung mit Arzneimitteln durch wohnortnahe Standorte von Apotheken soll nicht durch eine sachfremde Konzentration auf bestimmte Apotheken gefährdet werden.

In Abs. 1 Z 1 wird die freie Apothekenwahl durch die gesetzliche Verankerung eines Zuweisungsverbots sichergestellt. Das Verbot gilt für sämtliche Vereinbarungen und sonstige abgestimmte Verhaltensweisen, die die Zuweisung von Verschreibungen an Apotheken zum Gegenstand haben.

Abs. 1 Z 2 flankiert das Zuweisungsverbot mit dem Verbot einer darauf bezogenen Vorteilsgewährung oder -annahme, das sowohl die Geber- als auch die Nehmerseite adressiert.

In Abs. 1 Z 3 wird der unsachlichen Konzentration von Patient:innen auf einzelne Apotheken durch das Verbot des gewerbsmäßigen Sammelns von Verschreibungen sowie die Übermittlung und Weiterleitung an Apotheken entgegengetreten. Mit der Regelung soll insbesondere die Verteilung von ärztlichen Verschreibungen im eigenen kommerziellen Interesse durch Personen, die nicht unmittelbar in die Patientenversorgung eingebunden sind, verhindert werden.

Abs. 2 normiert Ausnahmen von den umfassenden Verbotsnormen des Abs. 1. Diese erfassen im Wesentlichen Einrichtungen und Personen, die Verschreibungen im Rahmen ihrer gesetzlichen oder vertraglichen Aufgaben vor allem zu Zwecken der Arzneimittelversorgung Hilfsbedürftiger zuweisen, sammeln oder weiterleiten. Wenngleich hier schon der Tatbestand der „Zuweisung“ oder der „Gewerbsmäßigkeit“ im Sinne des Abs. 1 nicht erfüllt sein wird, wird ausdrücklich klargestellt, dass in diesem Fällen kein Verstoß vorliegt. Ausnahmen bestehen demgemäß für die Arzneimittelversorgung von Patienten oder Bewohnern im Rahmen institutioneller Betreuung wie insbesondere die Krankenanstalten und Alters- und Pflegeheimen (Z 1), Betreuer:innen von Personen, die vom Patienten oder von der Patientin im Rahmen eines Pflege- oder Betreuungsverhältnisses mit der Einlösung von Verschreibungen beauftragt werden (Z 2), die Sozialversicherungsträger und den Dachverband der Sozialversicherungsträger im Rahmen der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben (Z 3) und Hilfeleistungen im Rahmen der Nachbarschafts-, Familien- und Freundschaftshilfe (Z 4).

Die gegenständliche Bestimmung differenziert nicht zwischen verschiedenen Arten der Verschreibung, sodass davon selbstredend auch Verschreibungen in elektronischer Form und elektronische Zugangsdaten zu Verschreibungen in elektronischer Form erfasst sind.

Zu Z 2 (§ 68a Abs. 13 Apothekengesetz):

Das Inkrafttreten wird mit dem der Kundmachung folgenden Tag festgelegt.

Zu Artikel 2:

Zu Z 1 bis 3 (§ 2 Abs. 7c, § 59 Abs. 5 und 7 Arzneimittelgesetz):

Erfahrungen aus der Praxis in anderen Geschäftsbereichen haben gezeigt, dass durch sogenannte „Abholstationen“ flexible Möglichkeiten zur Übergabe von (vor)bestellten Produkten geschaffen werden können. Kund:innen können dabei die Ware jederzeit (beispielsweise durch Eingabe von Passcodes oder durch Scannen von Bar- bzw. QR-Codes) kontaktlos abholen.

Durch gegenständliche Novelle wird es ermöglicht, dass auch öffentliche Apotheken derartige Abholfächer einrichten dürfen. Aus arzneimittelrechtlicher Sicht macht es keinen Unterschied, ob rezeptfreie Arzneimittel nach Abschluss eines Fernabsatzvertrages an Letztverbraucher:innen versendet oder für diese hinterlegt werden. Unter gleichheitsrechtlichen Erwägungen ist daher auch die Hinterlegung von rezeptfreien Arzneimittel rechtlich zu ermöglichen. Mit Blick auf das besondere Beratungsbedürfnis in Bezug auf rezeptpflichtige Arzneispezialitäten soll die Hinterlegung – aus den auch dem Fernabsatz zugrunde liegenden Erwägungen – lediglich für rezeptfreie Arzneispezialitäten gelten (zur Beratung s insbesondere VfGH 03.03.2021, V 75/2019 ua, G 207/2019 ua).

Durch die Aufnahme des § 2 Abs. 7c wird die „Abgabe im Wege des Fernabsatzes“ als Begriffsbestimmung rechtlich definiert. Sohin wird konkretisiert, dass die Abgabe im Fernabsatz sowohl die Versendung als auch die Hinterlegung eines Arzneimittels an Letztverbraucher:innen nach Abschluss eines Vertrages gemäß Abs. 7a umfasst. Apotheken, die derartige Hinterlegungsmöglichkeiten anbieten, haben die Voraussetzungen des § 59a einzuhalten (Meldung beim BASG, Einhaltung bestimmter Erfordernisse hinsichtlich der betriebenen Website).

Die gegenständlichen Bestimmungen sind lex specialis zu § 8 Apothekengesetz und § 11 ABO 2005 sind.

Zu Z 4 (§ 95 Abs. 20 Arzneimittelgesetz):

Das Inkrafttreten wird mit dem der Kundmachung folgenden Tag festgelegt.