VerbotsG-Novelle 2023

 

Vereinfachte wirkungsorientierte Folgenabschätzung

 

Einbringende Stelle:

Bundesministerium für Justiz

Vorhabensart:

Bundesgesetz

Laufendes Finanzjahr:

2023

 

Inkrafttreten/

Wirksamwerden:

2023

 

Vorblatt

 

Problemanalyse

Das VerbotsG trat in seiner Stammfassung am 6. Juni 1945 in Kraft, seither sind - mit Ausnahme der VerbotsG-Novelle 1992 - keine wesentlichen inhaltlichen Änderungen an dem Gesetz vorgenommen worden. Die Strafbestimmungen gehören daher großteils seit mehr als 75 Jahren dem österreichischen Rechtsbestand an und haben nur geringfügige Weiterentwicklungen und Anpassungen an gesellschaftliche, politische und technische Veränderungen erfahren.

 

Ziel(e)

Bessere Rechtsgrundlage für die Bekämpfung nationalsozialistischer (Wieder-)Betätigung

Bekämpfung nationalsozialistischer (Wieder-)Betätigung auf Ebene des Strafrechts mit Blick auf die seit 1992 veränderten gesellschaftlichen und technischen Gegebenheiten; modernere, praktikablere und effizientere Gestaltung des VerbotsG mit Blick auf die seit 1992 geänderten gesellschaftlichen und technischen Gegebenheiten.

Anpassung des Art. III Abs. 1 Z 4 EGVG an die Änderungen im VerbotsG, Erhöhung der Geldstrafe für die Begehung der Übertretung nach dieser Bestimmung.

 

Inhalt

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahme(n):

1. Stärkere Differenzierung der Tatbestände der §§ 3g und 3h VerbotsG und punktuelle Verschärfung der Strafdrohungen

Stärkere Differenzierung der beiden Tatbestände im Hinblick auf die unterschiedlichen Erscheinungsformen der von diesen Bestimmungen erfassten Straftaten und Aufteilung jeweils in ein niederschwelliges Grunddelikt und zwei Qualifikationen; Verschärfung der nunmehr zweiten Qualifikation durch Einführung einer Untergrenze von zehn Jahren

2. Ausdehnung der österreichischen Strafrechtsgewalt auf im Ausland gesetzte Verhaltensweisen

Ausweitung der inländischen Gerichtsbarkeit für die Tatbestände der §§ 3a, 3b, 3g und 3h VerbotsG

3. Einführung eines zwingenden Amtsverlustes für Beamte und Vertragsbedienstete

Einführung eines zwingenden Amtsverlustes für österreichische Beamten bei rechtskräftiger Verurteilung wegen einer unter einen Tatbestand des VerbotsG fallenden strafbaren Handlung; korrespondierende Bestimmung für Vertragsbedienstete (Änderung des Vertragsbedienstetengesetzes 1948)

4. Einführung einer Möglichkeit, NS-Propagandamaterial einzuziehen

NS-Propagandamaterial soll künftig auch ohne Zusammenhang mit einer konkreten mit Strafe bedrohten Handlung eingezogen werden können.

5. Anpassung des Art. III Abs. 1 Z 4 EGVG an die Änderungen im VerbotsG, Erhöhung der Geldstrafe für die Begehung der Übertretung nach dieser Bestimmung.

 

Beitrag zu Wirkungsziel oder Maßnahme im Bundesvoranschlag

 

Das Vorhaben trägt zur Maßnahme "Erarbeitung legistischer Maßnahmen im Bereich des Straf- und Zivilrechts" für das Wirkungsziel "Gewährleistung der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens, insbesondere durch Vorschläge zur Anpassung und Weiterentwicklung des Rechtssystems im Hinblick auf die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnisse" der Untergliederung 13 Justiz im Bundesvoranschlag des Jahres 2023 bei.

 

Finanzielle Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und andere öffentliche Haushalte:

 

Das Verbotsgesetz trat in seiner Stammfassung am 6. Juni 1945 in Kraft. Mit dem Bundesverfassungsgesetz vom 6. Februar 1947 über die Behandlung der Nationalsozialisten (Nationalsozialistengesetz), BGBl. Nr. 25/1947, wurden die meisten der heute noch geltenden Straftatbestände, nämlich §§ 3a – 3g VerbotsG, eingeführt. Mit der VerbotsG-Novelle 1992 (Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Verbotsgesetz geändert wird; BGBl. I Nr. 148/1992) schließlich wurde § 3h VerbotsG als neuer Tatbestand in das Gesetz aufgenommen und § 3g VerbotsG wesentlich überarbeitet. Im Übrigen sind seit dem Jahr 1992 keine Änderungen an dem Gesetz vorgenommen worden. Die Strafbestimmungen gehören daher großteils seit mehr als 75 Jahren dem österreichischen Rechtsbestand an und haben nur geringfügige Weiterentwicklungen und Anpassungen an gesellschaftliche, politische und technische Veränderungen erfahren.

Die Bundesregierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, das VerbotsG zu evaluieren und den Bedarf nach einer Überarbeitung auszuloten. Das aktuelle Regierungsprogramm für die Jahre 2020 bis 2024 enthält dazu folgenden Arbeitsauftrag:

„Kampf gegen den Antisemitismus – Überarbeitung des Verbotsgesetzes:

- Evaluierung und allfällige legistische Überarbeitung des VerbotsG unter dem Aspekt der inländischen Gerichtsbarkeit, insbesondere in Hinblick auf die Äußerungsdelikte der §§ 3g und 3f VerbotsG und Schließen weiterer Lücken (z.B. Teilleugnung).

- Prüfung einer Möglichkeit der Einziehung von NS-Devotionalien unabhängig von der Verwirklichung einer mit Strafe bedrohten Handlung und Evaluierung des Abzeichengesetzes“.

In Umsetzung dieses Arbeitsauftrags hat das Bundesministerium für Justiz im Jahr 2021 eine Arbeitsgruppe zur Evaluierung des VerbotsG eingerichtet, in deren Rahmen der Überarbeitungsbedarf diskutiert, die Bedürfnisse der Praxis ausgelotet und die historischen und verfassungsrechtlichen Grundlagen angesprochen werden sollten. Der vorliegende Gesetzesvorschlag dient der Umsetzung der Empfehlungen der Arbeitsgruppe und soll in seiner Gesamtheit zu einem modernen, praktikableren und damit effizienteren VerbotsG führen, das nationalsozialistischer (Wieder-)Betätigung auf Ebene des Strafrechts weiterhin und mit Blick auf die seit 1992 veränderten gesellschaftlichen, aber auch technischen Gegebenheiten (Stichwort neue Medien) wirksam entgegenzutreten vermag.

 

Finanzierungshaushalt für die ersten fünf Jahre

in Tsd. €

2023

2024

2025

2026

2027

Nettofinanzierung Bund

‑247

‑503

‑513

‑524

‑534

 

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Beim VerbotsG handelt es sich um ein Bundesverfassungsgesetz. Es kann gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.


Anhang

 

Detaillierte Darstellung der finanziellen Auswirkungen

 

Bedeckung

 

in Tsd. €

2023

2024

2025

2026

2027

Auszahlungen/ zu bedeckender Betrag

247

503

513

524

534

 

in Tsd. €

Betroffenes Detailbudget

Aus Detailbudget

2023

2024

2025

2026

2027

gem. BFRG/BFG

13.

 

247

503

513

524

534

 

Erläuterung der Bedeckung

Die aus der Umsetzung des Gesetzesvorhabens resultierenden Mehrkosten werden im Rahmen der Budgetverhandlungen für den BVA 2024 berücksichtigt.

 

Laufende Auswirkungen – Personalaufwand

 

 

2023

2024

2025

2026

2027

Körperschaft

Aufw.

(Tsd. €)

VBÄ

Aufw.

(Tsd. €)

VBÄ

Aufw.

(Tsd. €)

VBÄ

Aufw.

(Tsd. €)

VBÄ

Aufw.

(Tsd. €)

VBÄ

Bund

182,71

1,50

372,72

3,00

380,18

3,00

387,78

3,00

395,53

3,00

 

Es wird darauf hingewiesen, dass der Personalaufwand gem. der WFA-Finanziellen Auswirkungen-VO valorisiert wird.

 

 

 

 

2023

2024

2025

2026

2027

Maßnahme / Leistung

Körpersch.

Verwgr.

VBÄ

VBÄ

VBÄ

VBÄ

VBÄ

VZK Staatsanwalt bzw. Staatsanwältin

Bund

RS-Höh. Dienst 3 R 1a, R 1b, St 1; Ri I, Sta I; Richter d.BG/GH1; Staatsanw.

1,00

2,00

2,00

2,00

2,00

VZK Richter:in

Bund

RS-Höh. Dienst 3 R 1a, R 1b, St 1; Ri I, Sta I; Richter d.BG/GH1; Staatsanw.

0,50

1,00

1,00

1,00

1,00

 

Das aktuelle Regierungsprogramm sieht folgenden Arbeitsauftrag vor:

„Kampf gegen den Antisemitismus – Überarbeitung des Verbotsgesetzes:

- Evaluierung und allfällige legistische Überarbeitung des VerbotsG unter dem Aspekt der inländischen Gerichtsbarkeit, insbesondere in Hinblick auf die Äußerungsdelikte der §§ 3g und 3f VerbotsG und Schließen weiterer Lücken (z.B. Teilleugnung).

- Prüfung einer Möglichkeit der Einziehung von NS-Devotionalien unabhängig von der Verwirklichung einer mit Strafe bedrohten Handlung und Evaluierung des Abzeichengesetzes“.

Der vorliegende Entwurf enthält die nach der Evaluierung als erforderlich erachtete legistische Überarbeitung des VerbotsG.

 

In Hinblick auf die finanziellen Auswirkungen ist ein Mehraufwand auf Seiten der Staatsanwaltschaften und Gerichte insbesondere durch die Ausdehnung der österreichischen Strafrechtsgewalt auf im Ausland gesetzte Verhaltensweisen und die Einführung einer Möglichkeit, NS-Propagandamaterial auch unabhängig von einer konkreten mit Strafe bedrohten Handlung einzuziehen, zu erwarten.

Der Mehraufwand durch die Ausdehnung der österreichischen Strafrechtsgewalt wird dabei vor allem die Tatbestände der §§ 3g und 3h VerbotsG betreffen, hier ist vor allem damit zu rechnen, dass auf Seiten der Staatsanwaltschaften, sohin im Ermittlungsverfahren, vermehrt Rechtshilfeverfahren zu führen sein werden, die zu erhöhtem Arbeitsaufwand führen werden. Gleichzeitig ist in diesem Bereich mit einer Steigerung der verfolgbaren Fälle und damit mit einer Steigerung der Ermittlungsverfahren um geschätzte 5% zu rechnen. Die Ausdehnung der österreichischen Strafrechtsgewalt bei den Tatbeständen der §§ 3a und 3b VerbotsG wird hingegen keinen bedeutenden Mehraufwand mit sich bringen.

In Hinblick auf die Einführung einer Möglichkeit, NS-Propagandamaterial auch ohne Konnex zu einer konkreten strafbaren Handlung einzuziehen, wird es ebenfalls zu einem Mehraufwand kommen; dieser wird sowohl auf Seiten der Staatsanwaltschaften als auch auf Seiten der Gerichte vermutet. Derzeit kommen derartige Konstellationen in Verfahren nach § 3g VerbotsG in etwa 20% der Fälle vor, das wären im Jahr 2022 etwa 486 Fälle (20% von 2.432 angefallen Verfahren insgesamt) oder 2021 419 Fälle (20% von 2.095 angefallenen Verfahren insgesamt) gewesen.

In Hinblick auf die Umstrukturierung der §§ 3g und 3h VerbotsG ist mit mehr Anklagen und mehr diversionellen Erledigungen zu rechnen, die Anzahl der Verfahren an sich wird im Wesentlichen gleichbleiben. Es ist damit zu rechnen, dass hierbei in rund 15% der Fälle, die nach der derzeitigen Rechtslage zu Einstellungen oder Anklagen geführt haben, eine diversionelle Erledigung versucht werden wird. Eine diversionelle Erledigung ist dabei im Vergleich zu einer Einstellung mit erhöhtem Arbeitsaufwand verbunden, gleichzeitig würden aber durch die neue Regelung auch Hauptverhandlungen verhindert, sodass sich die durch die vorgeschlagenen Änderungen ergebenden Ent- und Belastungsszenarien wohl die Waage halten würden.

In Hinblick auf die Streichung des Wortes "gröblich" und die Senkung der Publizitätsschwelle in § 3h VerbotsG ist mit einem Anstieg an Verfahren zu rechnen. Hierzu ist festzuhalten, dass die Verfahren nach § 3h VerbotsG seit 2015 2 von 6 grundsätzlich im Steigen begriffen sind (angefallene Verfahren 2015: 45, 2016: 73, 2017: 64, 2018: 60, 2019: 35, 2020: 51, 2021: 225, 2022: 235), wobei es durch Verhaltensweisen in Zusammenhang mit Corona-Maßnahmen-Demonstrationen bzw. von Corona-Maßnahmen-Gegnern in den Jahren 2021 und 2022 zu einem eklatanten Anstieg, der sich in den kommenden Jahren angesichts der geänderten gesellschaftlichen Entwicklungen wohl nicht fortsetzen wird, gekommen ist. Dennoch ist auch weiterhin mit einem Anstieg der Fallzahlen nach § 3h VerbotsG zu rechnen, dieser wird durch die vorgeschlagenen Änderungen noch weiter vorangetrieben werden.

 

Insgesamt ist damit zu rechnen, dass der aufgezeigte Mehraufwand das Ausmaß von zumindest drei VZK (2 staatsanwaltschaftliche und eine richterlicher) erreichen wird, wobei es sich um eine bloße Schätzung handelt.

 

Laufende Auswirkungen – Arbeitsplatzbezogener betrieblicher Sachaufwand

 

Körperschaft (Angaben in €)

2023

2024

2025

2026

2027

Bund

63 947,31

130 452,51

133 061,55

135 722,79

138 437,24

 

Diese Folgenabschätzung wurde mit der Version 5.12 des WFA – Tools erstellt (Hash-ID: 2000880599).