Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Verbotsgesetz (Verfassungsgesetz vom 8. Mai 1945 über das Verbot der NSDAP, BGBl. Nr. 13/1945, in der Folge kurz: VerbotsG), trat in seiner Stammfassung mit 6. Juni 1945 in Kraft. Mit dem Bundesverfassungsgesetz vom 6. Februar 1947 über die Behandlung der Nationalsozialisten (Nationalsozialistengesetz), BGBl. Nr. 25/1947, wurden die meisten der heute noch geltenden Straftatbestände, nämlich die §§ 3a bis 3g VerbotsG, eingeführt. Mit der VerbotsG-Novelle 1992 (Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Verbotsgesetz geändert wird, BGBl. Nr. 148/1992) schließlich wurde § 3h VerbotsG als neuer Tatbestand in das Gesetz aufgenommen und § 3g VerbotsG wesentlich überarbeitet. Seit dem Jahr 1992 sind keine Änderungen an dem Gesetz mehr vorgenommen worden. Die Strafbestimmungen gehören also großteils seit mehr als 75 Jahren dem Rechtsbestand an und haben nur geringfügige Weiterentwicklungen und Anpassungen an gesellschaftliche, politische und technische Veränderungen erfahren.

Die Bundesregierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, das VerbotsG zu evaluieren und den Bedarf nach einer Überarbeitung auszuloten. Das Regierungsprogramm für die Jahre 2020 bis 2024 enthält dazu folgenden Arbeitsauftrag:

„Kampf gegen den Antisemitismus – Überarbeitung des Verbotsgesetzes

–      Evaluierung und allfällige legistische Überarbeitung des VerbotsG unter dem Aspekt der inländischen Gerichtsbarkeit, insbesondere in Hinblick auf die Äußerungsdelikte der §§ 3g und 3f VerbotsG und Schließen weiterer Lücken (z. B. Teilleugnung)

–      Prüfung einer Möglichkeit der Einziehung von NS-Devotionalien unabhängig von der Verwirklichung einer mit Strafe bedrohten Handlung und Evaluierung des Abzeichengesetzes“

Die am 21. Jänner 2021 präsentierte Nationale Strategie gegen Antisemitismus enthält in ihren Maßnahmen Nr. 4 und 5 ähnlich formulierte Aufträge.

In Durchführung dieses Arbeitsauftrags hat das Bundesministerium für Justiz im Jahr 2021 eine Arbeitsgruppe zur Evaluierung des VerbotsG eingerichtet, in deren Rahmen der Überarbeitungsbedarf diskutiert, die Bedürfnisse der Praxis ausgelotet und die historischen und verfassungsrechtlichen Grundlagen angesprochen werden sollten. Die Arbeitsgruppe nahm ihre Tätigkeit im Herbst 2021 auf und setzte sich aus Vertreter:innen der Zivilgesellschaft (Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands, Israelitische Kultusgemeinde, Mauthausenkomitee), Praktikern (Vereinigung der Österreichischen Richterinnen und Richter, Vereinigung der Österreichischen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Österreichischer Rechtsanwaltskammertag) und Wissenschaftlern (Zentrale Österreichische Forschungsstelle Nachkriegsjustiz, Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren für Verfassungs- und Rechtsgeschichte, für öffentliches Recht und für Strafrecht) zusammen. Die Arbeitsgruppe hielt vier Sitzungen ab; sie schloss ihre Arbeiten im September 2022 ab. Der Abschlussbericht wurde am 14. November 2022 der Öffentlichkeit präsentiert; er verortet folgenden legistischen Handlungsbedarf in Bezug auf das VerbotsG:

1.     Inländische Gerichtsbarkeit: Die Arbeitsgruppe bejahte die Notwendigkeit einer Ausdehnung der österreichischen Strafgewalt auf bestimmte, im Ausland gesetzte Verhaltensweisen, die unter das VerbotsG fallen, lehnte aber gleichzeitig eine weltweite Zuständigkeit Österreichs ab.

2.     Strafrahmen, diversionelle Erledigung: Die Arbeitsgruppe sah die durchwegs hohen Strafrahmen des VerbotsG kritisch und erachtete eine Differenzierung zur Erhöhung der Effizienz und Praktikabilität als sinnvoll. Dazu wurde in die Arbeitsgruppe ein Vorschlag zur Differenzierung der Strafrahmen der §§ 3g und 3h VerbotsG eingebracht, die mit einer Präzisierung der Tatbestände einhergehen sollte. Die Ermöglichung der diversionellen Erledigung von Strafverfahren nach dem VerbotsG insbesondere im niederschwelligen Bereich der Äußerungsdelikte wurde durchwegs befürwortet.

3.     Schließen von Strafbarkeitslücken: Die Arbeitsgruppe verortete keine wesentlichen Strafbarkeitslücken, erachtete aber Präzisierungen und Klarstellungen in Zusammenhang mit den §§ 3g und 3h VerbotsG als sinnvoll. § 3h VerbotsG sollte durch die Streichung des Wortes „gröblich“ klarer gestaltet werden.

4.     Einziehung von NS-Devotionalien: Die Arbeitsgruppe hielt fest, dass NS-Devotionalien auch ohne Zusammenhang mit einer Wiederbetätigungshandlung eingezogen werden können sollten.

Der vorliegende Gesetzesvorschlag dient der Umsetzung der Empfehlungen der Arbeitsgruppe und soll in seiner Gesamtheit zu einem modernen, praktikableren und damit effizienteren VerbotsG führen, das nationalsozialistischer (Wieder-)Betätigung auf Ebene des Strafrechts weiterhin und mit Blick auf die seit 1992 veränderten gesellschaftlichen, aber auch technischen Gegebenheiten (Stichwort neue Medien) wirksam entgegenzutreten vermag. Zu diesem Zweck werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen:

1.     Umstrukturierung der Tatbestände der §§ 3g und 3h VerbotsG durch stärkere Differenzierung im Hinblick auf die unterschiedlichen Erscheinungsformen der von diesen Bestimmungen erfassten Straftaten und Aufteilung jeweils in ein niederschwelliges Grunddelikt (Strafdrohung: sechs Monate bis fünf Jahre) und zwei Qualifikationen (Strafdrohung: ein bis zehn Jahre und zehn bis zwanzig Jahre), deutliche Verschärfung der nunmehr zweiten Qualifikation durch Einführung einer Untergrenze von zehn Jahren;

2.     Ausdehnung der österreichischen Strafgewalt auf im Ausland gesetzte Verhaltensweisen, die unter die Tatbestände der §§ 3a, 3b, 3g und 3h VerbotsG fallen;

3.     Einführung eines zwingenden Amtsverlustes für Beamtinnen und Beamte bei rechtskräftiger Verurteilung wegen einer unter einen Tatbestand des VerbotsG fallenden strafbaren Handlung samt korrespondierender Bestimmung für Vertragsbedienstete (Änderung des Vertragsbedienstetengesetzes 1948);

4.     Einführung einer Möglichkeit, NS-Propagandamaterial auch ohne Zusammenhang mit einer konkreten mit Strafe bedrohten Handlung einzuziehen.

Neben diesen Maßnahmen soll auch die Strafbestimmung in Art. III Abs. 1 Z 4 EGVG an die vorgeschlagenen Änderungen des VerbotsG angepasst werden. Darüber hinaus soll die Strafdrohung für die Übertretung dieser Bestimmung erhöht werden.

Auswirkungen auf die Beschäftigungslage und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 1 B-VG („Bundesverfassung ...“), Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG („Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit ...“) und Art. 10 Abs. 1 Z 16 B-VG („Dienstrecht und Personalvertretungsrecht der Bundesbediensteten“).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Beim VerbotsG handelt es sich um ein Bundesverfassungsgesetz. Es kann gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Verbotsgesetzes 1947):

Zu Z 1 (Titel):

Durch das Nationalsozialistengesetz, BGBl. Nr. 25/1947, wurde die ausdrückliche Bezeichnung des VerbotsG als Verfassungsgesetz, die in der Stammfassung in seinem Titel enthalten war, nach hL beseitigt (vgl. dazu Z 7 des Abschnitts II des I. Hauptstücks des genannten Gesetzes; hierzu eingehend Wiederin, Das Verbotsgesetz und die Meinungsfreiheit, in: Lichtenwagner/Reiter-Zatloukal [Hrsg.], … um alle nazistische Tätigkeit und Propaganda in Österreich zu verhindern [2018], 67 [69 f]). Diese Vorgehensweise hat – in Zusammenhalt mit anderen Umständen – in der Vergangenheit zu Diskussionen über den Verfassungsrang des Gesetzes geführt (eine Übersicht des Meinungsstandes findet sich bei Wiederin aaO). Die vorgeschlagene Neufassung des Titels soll diesbezüglich Klarheit schaffen und das VerbotsG ausdrücklich als Bundesverfassungsgesetz bezeichnen. Um Missverständnisse zu vermeiden, sei jedoch ausdrücklich hervorgehoben, dass es sich beim VerbotsG auch bisher schon um ein (Bundes‑)Verfassungsgesetz gehandelt hat.

Zu Z 2 (§§ 3g und 3hVerbotsG samt Überschriften):

1. Die §§ 3g und 3h VerbotsG sind die in der Praxis quantitativ mit Abstand wichtigsten Strafbestimmungen des Gesetzes; sie machen weit über 90 % des Anfalls nach dem VerbotsG aus.

Vorgeschlagen wird, beide Bestimmungen zwar in den Umschreibungen des strafbaren Verhaltens gänzlich (§ 3g VerbotsG) oder weitgehend (§ 3h VerbotsG) unverändert zu lassen; sie sollen aber durch eine Untergliederung in einen Grundtatbestand und zwei Qualifikationen stärker differenziert und an die jüngsten praktischen Erfahrungen mit aktuellen Erscheinungsformen nationalsozialistischer Betätigung angepasst werden.

2. § 3g VerbotsG ist als Auffangtatbestand konzipiert und erfasst damit jedes Verhalten, das auch nur abstrakt geeignet ist, irgendeine der spezifischen und vielfältigen Zielsetzungen der NSDAP zu neuem Leben zu erwecken (RIS-Justiz RS0079776). Dadurch will die Bestimmung die propagandistische Verwendung bzw. Aktualisierung der verpönten Zielsetzungen und Wertevorstellungen des Nationalsozialismus (der NSDAP) verhindern und dient dem allgemeinen Zweck des VerbotsG, jedes Wiederaufleben nationalsozialistischer Aktivitäten schon im Keim zu ersticken (RIS-Justiz RS0079776). Den nach § 3g VerbotsG tatbildlichen Handlungen ist somit eine Propagandawirkung inhärent (Öner/Schön in Leukauf/Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze3, § 3g VerbotsG Rz 2).

Durch die Ausgestaltung als Auffangtatbestand setzt § 3g VerbotsG bereits durchaus niederschwellig an. So sind etwa bereits das Zeigen des Hitlergrußes oder das Versenden von Bildern von Personen beim Ausführen des Hitlergrußes, das Versenden von Portraits von Adolf Hitler uÄ (12 Os 12/19k; 13 Os 93/19d; zu einer Aufzählung weiterer Beispiele siehe Öner/Schön in Leukauf/Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze3, § 3g VerbotsG Rz 9) – einen entsprechenden Vorsatz vorausgesetzt, der auch die dem Tatbestand inhärente Propagandawirkung umfassen muss – strafbar.

Die Propagandawirkung bringt mit sich, dass die nationalsozialistische Betätigung nach außen treten muss, um den Tatbestand zu erfüllen. Das ist bereits dann der Fall, wenn sie gegenüber einer einzigen vom Täter verschiedenen Person gesetzt wird: Hebt der Täter daher gegenüber etwa einem Polizisten die Hand zum Hitlergruß oder versendet er ein Bild von einer Person beim Ausführen des Hitlergrußes an eine einzige Person, so ist er bereits nach § 3g VerbotsG strafbar; ihm droht nach der derzeitigen Rechtslage eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren, die nur in außergewöhnlichen Konstellationen unterschritten werden kann (vgl. dazu § 41 StGB). Eine diversionelle Erledigung des Strafverfahrens scheidet auf Grund der Höhe der Strafdrohung bei erwachsenen Tätern von vornherein aus (§ 198 Abs. 2 Z 1 StPO).

3. Die von § 3g VerbotsG für jeden Fall, somit auch für Fälle der aufgezeigten niederschwelligen Betätigung, vorgeschriebene Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe wurde von der Arbeitsgruppe zur Evaluierung des VerbotsG als zu hoch eingestuft und senkt – so die Erfahrungen der Praxis aus den vergangenen Jahrzehnten – die Anklage- und Verurteilungswahrscheinlichkeit. Zudem schneidet sie andere Wege der Erledigung von einschlägigen Strafverfahren, insbesondere jenen der diversionellen Erledigung, die den Täter von seiner Gesinnung bzw. derartigen Verhaltensweisen nachhaltig abbringen und damit auf die Gesellschaft als Ganzes positive Auswirkungen haben könnte, von vornherein ab.

Um diesem Problem zu begegnen, wird vorgeschlagen, die Strafdrohungen des § 3g VerbotsG umzugestalten, indem der Bereich der niederschwelligen Kriminalität eine eigene, niedrigere Strafdrohung erhält, mit der niederschwelliger nationalsozialistischer Betätigung angemessen und sinnvoll begegnet werden kann. Dieser niederschwellige Bereich soll die oben dargestellten Fälle erfassen können, nicht aber Tathandlungen unter Einbeziehung eines größeren Kreises an Personen oder mit einer entsprechenden Öffentlichkeitswirkung. Ebenso wenig sollen einschlägig beschriebene und als entsprechend gefährlich eingestufte Personen in den Genuss der geringeren Strafdrohung kommen. Für diese Fälle soll § 3g VerbotsG, anschließend an das Grunddelikt, Qualifikationen enthalten, die hohe und den bisherigen Strafdrohungen entsprechende Freiheitsstrafen androhen bzw. über die bisherigen Strafdrohungen sogar hinausgehen. § 3g VerbotsG soll also künftig drei eigenständige Strafsätze enthalten, und zwar:

–      ein Grunddelikt mit einer Strafdrohung von sechs Monaten bis fünf Jahren Freiheitsstrafe für die nationalsozialistische Betätigung an sich (Abs. 1),

–      eine erste Qualifikation mit einer Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe für die nationalsozialistische Betätigung auf eine Art und Weise, dass sie vielen Menschen zugänglich wird (Abs. 2), und

–      eine zweite Qualifikation für besonders gefährliche Täter oder besonders gefährliche Tathandlungen mit einer Strafdrohung von zehn bis zu zwanzig Jahren Freiheitsstrafe (Abs. 3).

Mit der geringeren Strafdrohung für das Grunddelikt soll auch eine diversionelle Erledigung eines Verfahrens ermöglicht werden, um Tätern einen gangbaren Weg zur Abkehr von ihren Verhaltensweisen und ihren Einstellungen zu eröffnen. Dabei bietet sich vor allem die Erteilung von Weisungen und die Betreuung durch Bewährungshelfer im Rahmen der Einstellung eines Verfahrens unter Setzung einer Probezeit (§ 203 Abs. 2 StPO) als adäquates Mittel an. Eine Weisung sollte dabei zumindest in der Absolvierung eines umfassenden Kurses zur Sensibilisierung für das Thema Nationalsozialismus, in einer entsprechend begleiteten und vor- und nachbereiteten und -betreuten Führung durch eine Gedenkstätte oder in einer anderweitigen sonstigen adäquaten Auseinandersetzung mit dem Thema, etwa im Rahmen des bereits für Jugendliche und junge Erwachsene bestehenden Programms „Dialog statt Hass“ des Vereins Neustart oder in einem neu zu entwickelnden Programm, das auf die nunmehr erfassten Täterinnen und Täter zugeschnitten ist, bestehen.

Begleitete und vor- und nachbereitete Rundgänge durch die Gedenkstätte Mauthausen finden bereits derzeit im Rahmen der diversionellen Erledigung von Strafverfahren nach dem VerbotsG gegen Jugendliche und junge Erwachsene statt, die kein gefestigtes nationalsozialistisch-ideologisches Fundament haben, also etwa bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die nationalsozialistische Symbole in sozialen Netzwerken liken oder weiterleiten oder derartige Symbole auf andere Art und Weise verwenden, etwa durch Tragen einschlägiger Kleidung oder Sprayen. Bei der künftig möglichen diversionellen Erledigung von Strafverfahren nach dem VerbotsG bei Erwachsenen wird dabei in Hinblick auf die Eignung einer Person für eine alternative Erledigung des Strafverfahrens ähnliche Vorsicht geboten sein, sodass – insbesondere unter dem im Rahmen der Diversion zu beachtenden Aspekt der Spezial- und Generalprävention (§ 198 Abs. 1 StPO) – eine diversionelle Erledigung bei gefestigter Ideologie jedenfalls auszuscheiden hat. Die Weisung, einen Rundgang durch die Gedenkstätte Mauthausen zu absolvieren und als Beleg dafür der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht eine Eintrittskarte vorzulegen, wird dabei jedenfalls nicht ausreichend sein: Bei derartigen Weisungen kann nicht von einer ausreichenden Auseinandersetzung des Beschuldigten bzw. Angeklagten mit dem Thema Nationalsozialismus ausgegangen werden, die – entsprechend der in § 198 Abs. 1 StPO normierten Zielsetzung der diversionellen Erledigung – dazu geeignet ist, diesen nachhaltig von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

Als Alternative zu Rundgängen durch eine Gedenkstätte bietet sich – wie bereits erwähnt – die Absolvierung des Programms „Dialog statt Hass“ des Vereins Neustart an, das auch für Personen, die sich nach dem VerbotsG strafbar gemacht haben, zur Verfügung steht, dabei aber ebenso Personen mit ideologischer Verhärtung ausschließt. Das Programm kann nur bei Begehung eines Delikts über soziale Medien in Anspruch genommen werden und besteht aus verschiedenen Modulen zur Normverdeutlichung, Medienkompetenz, Perspektivenwechsel u.Ä., wodurch es ein tiefgreifendes und sozialkonstruktives Programm u.a. für Personen, gegen die ein Strafverfahren wegen der Äußerungsdelikte des VerbotsG (§ 3g, § 3h) geführt wird, bietet.

Zur Auswahl der geeigneten Maßnahme im Einzelfall steht den Staatsanwaltschaften und Gerichten im Übrigen nach § 208 Abs. 1 StPO ein sogenanntes „Clearing“ zur Verfügung: In dessen Rahmen kann die Staatsanwaltschaft oder das Gericht die beim Verein Neustart eingerichtete Clearingstelle in Anspruch nehmen, die nicht nur mit dem Beschuldigten bzw. Angeklagten (u.a. zur Abklärung seiner Bereitschaft und seines Einverständnisses zur Übernahme von Verpflichtungen im Rahmen der Probezeit; vgl. dazu auch § 203 Abs. 2 StPO) Kontakt aufnehmen, sondern auch geeignete Einrichtungen und Maßnahmen erheben und den Strafverfolgungsbehörden empfehlen kann (Schroll/Kert in Fuchs/Ratz, WK StPO § 208 Rz 1). Eine derartige Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft bzw. des Gerichts scheint insbesondere in Verfahren nach dem VerbotsG zur Sicherung der Wirksamkeit der in Aussicht genommenen Maßnahmen in spezial- wie generalpräventiver Hinsicht sinnvoll.

Die erste Qualifikation soll dem bisherigen ersten Strafsatz der Bestimmung entsprechen und auf die Begehung auf eine Art und Weise, dass sie vielen Menschen zugänglich wird, abstellen. Unter vielen Menschen wird eine größere Zahl von Menschen verstanden, die etwa durch die Begriffe „unüberschaubar“ oder „Menschenmenge“ charakterisiert wird; es handelt sich also nicht um eine bestimmte Zahl, wobei als Richtwerte 20 oder 30 Personen angeführt werden (vgl. dazu etwa Tipold in Leukauf/Steininger, StGB4 § 169 Rz 27; Murschetz, WK StGB2 § 169 Rz 13). Zugänglich wird eine nationalsozialistische Betätigung, wenn die konkrete Gefahr bestanden hat, dass sie viele Menschen erreicht; das tatsächliche Erreichen dieser vielen Menschen ist hingegen nicht notwendig (vgl. dazu etwa Plöchl, WK2 StGB § 283 Rz 15). Die erste Qualifikation soll den im Vergleich zum Grunddelikt höheren Unrechtsgehalt der Betätigung aufgreifen und unter eine angemessene Strafdrohung stellen.

Die zweite Qualifikation soll die bereits bisher im Gesetzestext enthaltene besondere Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung aufgreifen und unter eine Strafdrohung von zehn bis zu zwanzig Jahren Freiheitsstrafe stellen. Die besondere Gefährlichkeit des Täters und der Betätigung ist dabei auf Basis sämtlicher Erkenntnisse über die Gesinnung und das Verhalten eines Täters zu beurteilen, die zur verfahrensgegenständlichen nationalsozialistischen Betätigung in einem konkreten Bezug stehen, sich aber nicht in den nach § 3g VerbotsG inkriminierten Tathandlungen und dem diesbezüglichen Vorleben des Täters erschöpfen (OLG Wien 20.10.2022, 18 Bs 186/22t [nicht veröffentlicht]; Näheres zur besonderen Gefährlichkeit des Täters und der Betätigung siehe bei Öner/Schön in Leukauf/Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze3, § 3a VerbotsG Rz 19). Im Vergleich zur derzeitigen Rechtslage wird vorgeschlagen, eine Untergrenze für die zu verhängende Freiheitsstrafe von zehn Jahren einzuführen; dies dient einerseits dazu, die Strafdrohung an die im StGB gebräuchlichen Stufen anzupassen, ist aber andererseits auch eine nicht unbeträchtliche Verschärfung für den schwersten Bereich der nationalsozialistischen Betätigung.

4. Durch die Aufgliederung der Strafdrohungen des § 3g VerbotsG in ein Grunddelikt und zwei Qualifikationen soll zudem klargestellt werden, dass die Bestimmung drei eigenständige Strafsätze enthält und nicht (bloß) – wie von der Rsp zur geltenden Rechtslage vertreten (vgl. dazu 12 Os 82/13w; RIS-Justiz RS0123150; Lässig, WK2 Vor VerbotsG Rz 7) – einen einzigen Strafsatz und eine wie die §§ 39 und 313 StGB einzuordnende Strafrahmenbestimmung oder – wie von der früheren Rsp vertreten (RIS-Justiz RS0079708) – einen einheitlichen, gleitenden Strafsatz (zur Darstellung dieser Problematik siehe auch Öner/Schön in Leukauf/Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze3, § 3a VerbotsG Rz 20 f). Damit soll die Bestimmung an das im Strafgesetzbuch und im Nebenstrafrecht allgemein übliche System angeglichen und so für die Praxis leichter handhabbar und klarer gestaltet werden.

5. In § 3g Abs. 4 soll die Subsidiarität gegenüber anderen Bestimmungen – die im geltenden Recht sowohl für den ersten Strafsatz als auch für die an diesen anschließende Strafrahmenbestimmung gilt – für alle drei Deliktsstufen gemeinsam geregelt werden. Inhaltlich tritt dadurch keine Änderung ein.

6. In § 3h VerbotsG soll zunächst von der Tathandlung des „gröblichen Verharmlosens“ abgegangen und künftig nur mehr auf das bloße Verharmlosen abgestellt werden, ohne Anforderungen an dessen Intensität oder dessen Art und Umfang zu stellen. Damit soll ein neuer, niederschwelligerer Tatbestand geschaffen werden und eine wesentliche Hürde für die Strafbarkeit der Verharmlosung des Holocaust entfallen, die die Strafverfolgungsbehörden in der Vergangenheit immer wieder vor praktische Herausforderungen gestellt hat. Gleichzeitig soll auch den Anforderungen an die Bestimmtheit strafrechtlicher Vorschriften Rechnung getragen werden, indem der Begriff „gröblich“, dem es vor allem in Zusammenhang mit der hier gegenständlichen Verharmlosung an Bestimmtheit mangelt, entfällt.

Künftig soll sohin das bloße Verharmlosen des Holocaust ausreichen, um zu einer Strafbarkeit nach dem (Grund-)Tatbestand des § 3h VerbotsG zu gelangen. An der Tathandlung selbst soll sich dadurch nichts ändern, es entfallen bloß die – rechtlich schwer fassbaren – Anforderungen an die Intensität des Verharmlosens. Tathandlungen, die bereits nach der bisherigen Rechtslage nicht vom Begriff des Verharmlosens iSd § 3h VerbotG erfasst waren, wie etwa Vergleiche aktueller Politiker mit Adolf Hitler („Putin ist wie Hitler.“), Warnungen vor aktuellen politischen Entwicklungen („Wehret den Anfängen“) oder Darstellungen in Form der Satire oder der Karikatur, sollen nach wie vor nicht unter den Tatbestand fallen, weil ihre fehlende Tatbestandsmäßigkeit nach der aktuellen Rechtslage nicht mit dem Wort „gröblich“, sondern mit der Tathandlung des Verharmlosens des nationalsozialistischen Völkermords bzw. anderer nationalsozialistischer Verbrechen in Zusammenhang steht. So können etwa Darstellungen in den Kunstformen der Satire oder der Karikatur ohne Zweifel rein objektiv betrachtet verharmlosen; sie sind aber bereits auf Tatbestandsebene unter den Kriterien des Art. 10 EMRK zu prüfen, der nach der Rsp des EGMR auch die Kunstfreiheit schützt (vgl. zur politischen Satire und ihrer rechtlichen Einordnung OGH 8.5.2008, 15 Os 6/08h; Öner, Die politische Satire im österreichischen Straf- und Medienrecht – Ein Vergleich mit den Vorgaben der MRK/der EGMR, JBl 2011, 742). Ähnliches gilt auch bei § 188 StGB („Herabwürdigung religiöser Lehren“) und bei den Äußerungsdelikten im Allgemeinen. Eine eigene Ausnahmeregelung für derartige Ausdrucksformen ist dabei nicht erforderlich, die Kriterien des Art. 10 EMRK sind in die Prüfung des Tatbestands miteinzubeziehen. Zu den erwähnten Vergleichen von Politikern mit Adolf Hitler ist festzuhalten, dass durch einen solchen Vergleich zwar unter Umständen eine Verharmlosung der Person Adolf Hitlers eintreten kann, nicht aber zwangsläufig eine Verharmlosung des nationalsozialistischen Völkermords bzw. anderer nationalsozialistischer Verbrechen. Für eine derartige Schlussfolgerung ist zumindest die isolierte Aussage „Putin ist wie Hitler“ nicht geeignet, sie ist in Bezug auf die von § 3h VerbotsG geschützten historischen Ereignisse zu unbestimmt. Die Streichung des Wortes „gröblich“ ändert an dieser Einschätzung nichts. Dasselbe hat im Übrigen für die ebenfalls bereits erwähnten Kommentare, die sich unter dem Satz „Wehret den Anfängen“ zusammenfassen lassen, zu gelten: Die in ihnen allenfalls zu verortende Verharmlosung bezieht sich auf den Vergleich aktueller politischer Entwicklungen mit den Entwicklungen vor der Installation des Schreckensregimes der Nationalsozialisten, nicht auf eine Verharmlosung des Regimes an sich. Eine tatbestandsmäßige Verharmlosung des nationalsozialistischen Völkermords bzw. anderer nationalsozialistischer Verbrechen kann in derartigen Äußerungen daher nicht erblickt werden. Auch in diesem Zusammenhang ändert die Streichung des Wortes „gröblich“ nichts an diesen Umständen.

Der Tatbestand des § 3h VerbotsG soll durch die Streichung des Wortes „gröblich“ eine deutliche Erweiterung erfahren, die zur Bekämpfung nationalsozialistischer Wiederbetätigung geboten erscheint. Mit dieser Erweiterung soll auch das Problem der sogenannten „Teilleugnung“, also der Leugnung „bloß“ eines Teiles des Holocaust, etwa der Existenz einzelner Konzentrationslager, der Zwangsenteignungen oder der Medizinverbrechen während des Dritten Reichs, geklärt werden: Nach der Rechtsprechung zum derzeit in Geltung stehenden Wortlaut des § 3h VerbotsG erfüllt den Tatbestand nämlich nur derjenige, der die von den Nationalsozialisten unbestreitbar begangenen Verbrechen überhaupt („schlechthin“) in Abrede stellt, leugnet oder (nicht bloß in Randbereichen, sondern in ihrem Kern) gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen versucht, somit die Verwerflichkeit dieser nationalsozialistischen Untaten infrage stellt (RIS-Justiz RS0131756; 14 Os 24/96; Öner/Schön in Leukauf/Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze3, § 3h VerbotsG Rz 5 mwN). Durch die Anforderung der Rechtsprechung, die Tathandlungen müssten die nationalsozialistischen Verbrechen in ihrem Kern betreffen, entstanden dabei in der Anwendung der Bestimmung in der Vergangenheit Unsicherheiten, etwa dahingehend, ob die Leugnung der Existenz einzelner Konzentrationslager bereits tatbestandsmäßig sei. Diese Unsicherheiten sollen nun durch die Streichung des Wortes „gröblich“ behoben werden; die Leugnung der Existenz einzelner Teile des Holocaust, etwa einzelner Konzentrationslager, kann nach dem nunmehr vorgeschlagenen Wortlaut jedenfalls unter die Tathandlung des Verharmlosens subsumiert werden, da eine teilweise Leugnung stets auch eine Verharmlosung mit sich bringt. Der Entfall der Gröblichkeit der Verharmlosung erleichtert diese Subsumtion nunmehr deutlich.

7. Die im geltenden § 3h VerbotsG enthaltene Begehungsweise „sonst öffentlich auf eine Weise, daß es vielen Menschen zugänglich wird“ soll durch die öffentliche Begehung ohne Anforderungen an die Zugänglichkeit ersetzt werden. Damit sollen bereits niedrigere Publizitätsanforderungen genügen; diese Erweiterung der Strafbarkeit soll aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung tragen. Künftig sollen dadurch im Vergleich zur geltenden Rechtslage auch Äußerungen bei kleineren Zusammenkünften bei Vorliegen der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen strafbar sein: Die öffentliche Begehung setzt gemäß § 69 StGB die unmittelbare Wahrnehmbarkeit durch einen größeren Personenkreis voraus; für diesen Personenkreis wird ein Richtwert von zehn Personen angenommen (Tipold in Leukauf/Steininger, StGB4 § 69 Rz 3). Nach der derzeit geltenden Rechtslage gelten demgegenüber höhere Anforderungen an die Publizität, indem erst dann, wenn die Äußerung etwa 20 bis 30 Personen zugänglich gemacht wird, von der Erfüllung des Tatbestands ausgegangen werden kann.

8. Neben diesen inhaltlichen Präzisierungen des Tatbestands soll das Delikt nach § 3h VerbotsG dieselbe Struktur erhalten, wie sie der Entwurf für § 3g VerbotsG vorschlägt, also ein Grunddelikt und zwei Qualifikationen; dazu wird auf die Ausführungen zu § 3g VerbotsG (oben 3. und 4.) verwiesen. Die Einführung eines geringer bestraften Grunddelikts (Abs. 1) soll dabei auch die vorgeschlagenen strengeren Ausgestaltungen des Tatbestands (wie dargestellt, Streichung des Wortes „gröblich“ in Zusammenhang mit dem Verharmlosen; Senkung der Publizitätsanforderungen) ausgleichen. Auch hier bedeutet die Einführung einer Untergrenze von zehn Jahren Freiheitsstrafe bei der zweiten Qualifikation eine erhebliche Verschärfung.

Zu Z 3 (§ 3k, § 3l, § 3m und § 3n VerbotsG samt Überschriften):

Die vorgeschlagenen Neuerungen betreffen

–      die Einführung des Amtsverlustes nach rechtskräftiger Verurteilung nach dem VerbotsG (§ 3k VerbotsG),

–      die Erweiterung der österreichischen Strafgewalt für die Tatbestände der §§ 3a, 3b, 3g und 3h VerbotsG (§§ 3l und 3m VerbotsG) und

–      die Einführung einer Bestimmung über die Einziehung von NS-Propagandamaterial (§ 3n VerbotsG).

Zu § 3k VerbotsG:

Beamtinnen und Beamte, die wegen einer strafbaren Handlung nach dem VerbotsG rechtskräftig verurteilt wurden, sollen künftig keinesfalls – und zwar unabhängig von einem allenfalls dem Strafverfahren nachfolgenden Disziplinarverfahren – weiter im Bundesdienst verbleiben. Es wird daher vorgeschlagen, in § 3k VerbotsG die Rechtsfolge des Amtsverlustes bei Verurteilung durch ein inländisches Gericht vorzusehen. Die vorgeschlagene Bestimmung soll grundsätzlich der Bestimmung des § 27 StGB über den Amtsverlust nachgebildet sein, dabei aber nicht auf die Höhe der verhängten Freiheitsstrafe oder die Frage der Gewährung bedingter Strafnachsicht abstellen, sondern – wie auch im Falle der Verurteilung einer Beamtin oder eines Beamten wegen des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses (§ 212 StGB; vgl. dazu § 27 Abs. 1 Z 3 StGB) – absolut gelten. Wird daher eine Beamtin oder ein Beamter wegen einer strafbaren Handlung nach dem VerbotsG verurteilt, so soll dies ex lege zum Verlust ihres bzw. seines Amtes führen. Eine Anordnung durch ein Gericht soll dabei nicht erforderlich sein.

Die Rechtsfolge des Amtsverlustes soll dem System des § 27 StGB folgen und lediglich bei rechtskräftiger Verurteilung in Betracht kommen. Daraus folgt, dass es bei diversioneller Erledigung des Strafverfahrens gegen einen Beamten, die auf Grund der Umstrukturierung der Straftatbestände der § 3g und § 3h VerbotsG künftig im niederschwelligeren Kriminalitätsbereich auch für das VerbotsG zur Verfügung stehen soll, nicht zu einem Amtsverlust kommt. Darüber hinaus kann der Amtsverlust nach § 44 Abs. 2 StGB bedingt nachgesehen werden.

Die Bestimmung soll – wie auch § 27 StGB (vgl. dazu Ratz, WK2 StGB § 27 Rz 2) – nur Beamtinnen und Beamte im dienstrechtlichen Sinn erfassen. Das gleiche Regelungsziel wird aber auch für Vertragsbedienstete angestrebt; siehe dazu die in Art. 2 vorgeschlagene Änderung des Vertragsbedienstetengesetzes 1948.

Zu § 3l und § 3m VerbotsG:

1. Das VerbotsG enthält derzeit keine Regelungen über den räumlichen Geltungsbereich der Straftatbestände („inländische Gerichtsbarkeit“). Es gelten daher die allgemeinen Regeln der §§ 62 ff StGB. Damit ist das VerbotsG nur in folgenden Fällen anwendbar:

1.     bei inländischem Tatort (§ 67 Abs. 2 StGB);

2.     bei Begehung der strafbaren Handlung an Bord österreichischer Schiffe oder Luftfahrzeuge (§ 63 StGB);

3.     bei Begehung der strafbaren Handlung im Ausland, wenn diese auch im Ausland gerichtlich strafbar ist und weitere Voraussetzungen vorliegen (§ 65 StGB).

Strafbare Handlungen nach dem VerbotsG, die im Ausland gesetzt werden, können damit häufig in Österreich nicht strafrechtlich verfolgt werden. Die Voraussetzungen des § 65 StGB, nach dem die österreichischen Strafgesetze auch dann gelten, wenn die strafbare Handlung im Ausland gesetzt wurde, liegen in Hinblick auf das VerbotsG meist nicht vor, sehen doch nur vereinzelte andere Staaten dem VerbotsG ähnliche gerichtlich strafbare Handlungen vor. Dies ist vor allem im Bereich des § 3g VerbotsG relevant, der kaum Entsprechung in ausländischen Rechtsordnungen findet. Selbst Deutschland weist in diesem Zusammenhang keine exakt entsprechenden Bestimmungen auf, denkbar ist aber eine Subsumtion mancher Tathandlungen, die § 3g VerbotsG erfüllen, unter § 130 dStGB („Volksverhetzung“). Dagegen steht die Leugnung des Holocaust (§ 3h VerbotsG entsprechend) in einigen anderen Staaten unter gerichtlicher Strafe (etwa in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Israel, Liechtenstein, Litauen, Lettland, Luxemburg, Polen, Rumänien, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik), dies aber teilweise nur unter der Prämisse, dass die nationalsozialistischen Verbrechen, die gegenüber dem jeweiligen Staat selbst begangen wurden, geleugnet werden. Andere Staaten wiederum, wie etwa Schweden, haben überhaupt keine vergleichbaren Bestimmungen. Die in den §§ 3a und 3b VerbotsG festgeschriebenen Organisationsdelikte haben mit ihrem spezifischen nationalsozialistischen Bezug – soweit ersichtlich – überhaupt lediglich in Deutschland ein Pendant (§ 84 des deutschen Strafgesetzbuches). In zahlreichen Staaten gibt es darüber hinaus überhaupt keine dem VerbotsG vergleichbare Regelungen, so etwa in Kanada, Kroatien, Malta, Schweden, dem Vereinigten Königreich und den USA.

Betätigt sich daher eine Person im Ausland im nationalsozialistischen Sinne (§ 3g VerbotsG), leugnet oder verharmlost sie den Holocaust (§ 3h VerbotsG) oder verbindet sie sich mit anderen Personen zu einer nationalsozialistischen Organisation oder nimmt an einer solchen teil, so kann dies idR in Österreich nicht verfolgt werden, und zwar auch dann nicht, wenn die jeweilige strafbare Handlung Auswirkungen auf Österreich hat, indem sie etwa im Falle einer nach § 3g oder § 3h VerbotsG tatbestandsmäßigen Äußerung an einen Adressaten in Österreich verschickt wird (13 Os 105/18t, JBl 2019, 187 [Tipold] = EvBl 2019/35, 233), in Österreich im Internet abrufbar ist oder im Rundfunk übertragen wird. Dieser beschränkten Verfolgbarkeit soll mit Blick auf die dadurch eintretende Beeinträchtigung des österreichischen Rechtsfriedens und den Einfluss derartiger Verhaltensweisen auf die österreichische Gesellschaft durch die Einführung eigener Regelungen über die inländische Gerichtsbarkeit für die Delikte des VerbotsG entgegengewirkt werden.

2. Der Entwurf schlägt daher vor, in Hinblick auf die Organisationsdelikte der §§ 3a und 3b VerbotsG und in Hinblick auf nach den §§ 3g und 3h VerbotsG tatbildliche Handlungen jeweils eigene Regelungen über die inländische Gerichtsbarkeit in das VerbotsG einzufügen, die die Regeln der §§ 62 ff StGB, die weiterhin auch für das VerbotsG gelten, ergänzen sollen. Die neuen Regeln sollen an das Personalitätsprinzip anknüpfen und damit nur dann zur Geltung der angeführten Bestimmungen für im Ausland gesetzte Verhaltensweisen führen, wenn der Täter zum Zeitpunkt der Tat Österreicher war oder wenn er die österreichische Staatsbürgerschaft später erworben hat und zur Zeit der Einleitung des Strafverfahrens noch besitzt oder er zum Zeitpunkt der Tat zwar Ausländer war, sich aber in Österreich aufhält und nicht ausgeliefert (oder aufgrund eines Europäischen Haftbefehls übergeben) werden kann. Diese Kriterien entsprechen jenen des § 65 Abs. 1 StGB.

Auf die Einführung von zusätzlichen Anforderungen an die Auswirkungen der jeweiligen Tathandlungen auf Österreich wurde dabei mit Blick auf § 51 MedienG, der für die vorgeschlagene Bestimmung als Vorbild diente, bewusst verzichtet: § 51 MedienG sieht als eines der Kriterien für die inländische Gerichtsbarkeit in bestimmten medienrechtlichen Verfahren die Verletzung schwerwiegender österreichischer Interessen vor (§ 51 Z 2 MedienG). Diese werden alternativ zur österreichischen Staatsbürgerschaft des Verletzten bzw. Betroffenen als Anknüpfungspunkte zur Verfügung gestellt. Die Materialien führen dazu aus, dass das Kriterium der Verletzung schwerwiegender österreichischer Interessen bei rassistischen, antisemitischen oder neonazistischen Äußerungen, „an deren Verfolgung Österreich auf Grund seiner Geschichte ein besonderes Interesse hat,“ erfüllt sein soll. Folgt man diesem Ansatz des Gesetzgebers, so kann bei den Regelungen zur inländischen Gerichtsbarkeit in Zusammenhang mit dem VerbotsG auf das zusätzliche Kriterium der Verletzung schwerwiegender österreichischer Interessen verzichtet werden, da dieses ohnedies immer erfüllt wäre. Die zusätzliche Aufnahme dieses Kriteriums in die Regelung wäre daher redundant. Durch das bereits dargestellte Personalitätsprinzip wird der Zusammenhang der Tathandlungen mit Österreich ausreichend hergestellt – nichts Anderes regelt auch der bereits im Rechtsbestand enthaltene § 51 MedienG.

Die Beschränkungen der inländischen Gerichtsbarkeit durch das Personalitätsprinzip soll verhindern, dass Österreich für strafbare Handlungen, die einen der betroffenen Tatbestände des VerbotsG erfüllen, weltweit zuständig wird, ohne dass ein konkreter Konnex zu Österreich besteht. Eine derartige weltweite Zuständigkeit würde nicht nur die Strafverfolgungsbehörden überfrachten, sondern sie auch vor tiefgreifende praktische Schwierigkeiten stellen und hohen, häufig frustrierten Aufwand verursachen. Zudem ist eine derartige universelle Zuständigkeit auch zur Erreichung der Ziele des VerbotsG nicht erforderlich.

Die neuen Regelungen sollen ausschließlich für ausgewählte Delikte des VerbotsG gelten.

3. § 3l VerbotsG soll die inländische Gerichtsbarkeit für die Tatbestände der §§ 3a und 3b VerbotsG regeln. Die beiden Tatbestände enthalten für Organisationsdelikte typische Tathandlungen, die auch in § 287a und § 278b StGB zu finden sind. Für diese beiden Organisationsdelikte finden sich in § 64 Abs. 1 Z 4 und 9 StGB eigene Regelungen über die inländische Gerichtsbarkeit, während die beiden erwähnten Tatbestände des VerbotsG über keine entsprechende Regelung verfügen. Dadurch entsteht eine Schieflage, die angesichts der Schwere und der Bedeutung von den §§ 3a und 3b VerbotsG entsprechenden Verhaltensweisen für Österreich nicht gerechtfertigt werden kann. Es soll damit eine Regelung geschaffen werden, die die Kriterien der Ziffern 4 und 9 des § 64 Abs. 1 StGB vereint und so eine den spezifischen Anforderungen der beiden Tatbestände und des VerbotsG im Allgemeinen Rechnung tragende Anknüpfungsmöglichkeit für die inländische Gerichtsbarkeit vorsieht.

4. § 3m VerbotsG soll die inländische Gerichtsbarkeit für mit Strafe bedrohte Handlungen nach § 3g und § 3h VerbotsG regeln. Die Kriterien des § 3m VerbotsG entsprechen den Kriterien des § 3l VerbotsG, hinzu kommen jedoch für die beiden hier erfassten Tatbestände, die vorrangig bzw. nur als Äußerungsdelikte konzipiert sind, spezifische Ergänzungen: Zum einen muss es sich um Mitteilungen oder Darbietungen in einem Medium handeln, die im Inland abgerufen oder empfangen werden konnten, zum anderen müssen die Taten die Eignung aufweisen, den öffentlichen Frieden zu verletzen. Mit beiden Kriterien soll zusätzlich zum Personalitätsprinzip sichergestellt werden, dass die inkriminierten Äußerungen eine gewisse Schwere und insbesondere eine Relevanz für Österreich und dessen Rechtsfrieden aufweisen. Da es sich bei den angesprochenen Verhaltensweisen idR um Äußerungen und nicht – wie bei den §§ 3a und 3b VerbotsG – um andere, schwerwiegendere Verhaltensweisen handelt, erscheint eine zusätzliche Beschränkung der inländischen Gerichtsbarkeit aus Gründen der Verhältnismäßigkeit sinnvoll.

Das Kriterium der Abrufbarkeit bzw. der Möglichkeit des Empfangs im Inland ist § 51 MedienG nachgebildet und bezieht sich auf Webseiten und den Rundfunk. Damit soll die Bestimmung auch dem Ziel der Erfassung von Veröffentlichungen im Internet bzw. in Rundfunkmedien entsprechen, während eine eigene Regelung für Printmedien mangels entsprechender Reichweite bzw. mangels nachhaltigen Einflusses in geringer Zahl nach Österreich gelangender Medienstücke auf die österreichische Gesellschaft bzw. den österreichischen Staat nicht erforderlich erscheint. Anders bei Online-Ausgaben von Printmedien: Diese weisen eine entsprechende Reichweite auf und sind zudem auf einfachem Weg in Österreich abrufbar, Veröffentlichungen in ihrem Rahmen soll daher über die hier vorgeschlagene Bestimmung entgegengesteuert werden können. Eine Ausdehnung der Regelung auf Verhaltensweisen, die nicht in einem Medium gesetzt wurden, würde auf Grund ihrer bloß lokalen Wirkung im Ausland, die keinen ausreichenden Bezug zu österreichischen Interessen aufweist, die Grenzen der Verhältnismäßigkeit überschreiten. Österreich soll daher nach wie vor nicht für die Führung von Verfahren gegen Personen, die etwa im Ausland Transparente mit nationalsozialistischen Parolen hochhalten oder den Hitlergruß zeigen, zuständig sein. Werden derartige Verhaltensweisen jedoch aufgezeichnet und in Österreich abrufbar gemacht, so werden die jeweiligen strafbaren Handlungen durch ein Medium begangen, wofür die österreichische Strafgewalt greifen soll. Zeitungsberichte über derartige Vorkommnisse hingegen erfüllen diese Voraussetzungen freilich nicht – hier liegt das Kriterium der Mitteilung oder Darbietung in einem Medium nicht vor, es wird lediglich im Nachhinein über diese Sachverhalte berichtet.

Die Äußerungen nach den §§ 3g und 3h VerbotsG müssen zudem dazu geeignet sein, den öffentlichen Frieden zu verletzen. Der Begriff des öffentlichen Friedens ist der Überschrift des 20. Abschnitt des StGB („Strafbare Handlungen gegen den öffentlichen Frieden“) entnommen. Er löste ältere Begriffe wie insbesondere jenen der „öffentlichen Ruhe und Ordnung“ und jenen der „Sicherheit und des Schutzes des Staates“ ab und meint den durch die Rechtsordnung gewährleisteten Frieden, sohin einen „Zustand des friedlichen Zusammenlebens der Bevölkerung… gekennzeichnet durch allgemeine Rechtssicherheit und das Vertrauen der Bürger in deren Bestand und Fortbestand“ (Plöchl, WK2 StGB Vor §§ 274-287 Rz 6). Durch die inkriminierten Äußerungen muss dabei keine tatsächliche Verletzung des Friedens entstanden sein, die inländische Gerichtsbarkeit setzt hier bloß eine entsprechende Eignung zur Verletzung voraus.

Zu § 3n VerbotsG:

Nach der geltenden Rechtslage können NS-Devotionalien, NS-Propagandamaterial, aber auch Replika, T-Shirts mit Abbildungen von Hakenkreuzen oder Ähnliches nur dann eingezogen werden, wenn die Voraussetzungen des § 26 StGB vorliegen. Diese bedingen, dass eine Einziehung nur dann möglich ist, wenn die Gegenstände vom Täter zur Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung verwendet wurden oder von ihm dazu bestimmt waren, bei Begehung dieser Handlung verwendet zu werden, oder sie durch diese Handlung hervorgebracht wurden und die Einziehung zudem nach der besonderen Beschaffenheit der Gegenstände geboten erscheint, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen entgegenzuwirken. Die Einziehung kann demnach nur dann ausgesprochen werden, wenn ein Konnex zu einer konkreten mit Strafe bedrohten Handlung besteht. Können die angeführten Gegenstände hingegen keiner konkreten mit Strafe bedrohten Handlung zugeordnet werden, so können sie auch nicht eingezogen werden (Öner/Schön in Leukauf/Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze3, § 3g VerbotsG Rz 25 f mwN), sind also – im Falle vorheriger Sicherstellung durch die Strafverfolgungsbehörden im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens – dem Besitzer wieder auszufolgen und dessen Verwendung zu überlassen. Auch ein Verfall nach Art. III Abs. 1 letzter Satz des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 (EGVG), BGBl. I Nr. 87/2008, kommt in einer derartigen Konstellation nicht in Betracht, sofern mit den Gegenständen nicht eine Verwaltungsübertretung nach Art. III Abs. 1 Z 4 EGVG begangen wurde.

Diese Situation erscheint angesichts des Ziels des VerbotsG, jedes Wiederaufleben nationalsozialistischer Aktivitäten im Keim zu ersticken, (RIS-Justiz RS0079776) nicht tragbar. Es wird daher eine Bestimmung nach dem Vorbild des § 5 des Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetzes (NPSG), BGBl. I Nr. 146/2011, vorgeschlagen, die auch im Falle des fehlenden Konnexes eines zur Begehung einer strafbaren Handlung nach dem VerbotsG geeigneten Gegenstands zu einer konkreten strafbaren Handlung nach dem VerbotsG eine Einziehung ermöglichen soll. Dazu soll auf Gegenstände abgestellt werden, die auf Grund ihrer besonderen Beschaffenheit die Eignung aufweisen, zur Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen nach dem VerbotsG herangezogen zu werden. Darunter sollen neben historischem Propagandamaterial (also Materialien, die im nationalsozialistischen deutschen Reich der Propaganda gedient haben) und historischen NS-Devotionalien (ua. Orden, Uniformen, Bilder, Fotos, das [unkommentierte] Buch „Mein Kampf“) auch Material aus der Zeit nach dem Dritten Reich und damit auch Replika von NS-Propagandamaterial oder NS-Devotionalien, aber auch Neubildungen wie Kleidungsstücke mit Abbildungen von Hakenkreuzen, Portraits von Adolf Hitler, der Wolfsangel, der Aufschrift „C 18“, einer Triskele, der doppelten Sig-Rune „SS“, der „Schwarzen Sonne“, der „Odalrune“, des „SS-Zeichens“ u.v.m., sohin sämtliche Materialien, die als nationalsozialistisch und damit zur Begehung strafbarer Handlungen nach dem VerbotsG geeignet eingestuft werden, fallen.

Die vorgeschlagene Bestimmung soll – wie § 26 StGB – nur körperliche Gegenstände erfassen. Für die Einziehung (Löschung) von Stellen einer Website steht wie schon bisher § 33 MedienG zur Verfügung, der auch die Möglichkeit eines selbstständigen Einziehungsverfahrens eröffnet, wenn der objektive Tatbestand einer strafbaren Handlung hergestellt worden ist und die Verfolgung einer bestimmten Person nicht durchführbar, nicht beantragt oder nicht aufrechterhalten wird oder die Verurteilung aus Gründen nicht möglich ist, die eine Bestrafung ausschließen (§ 33 Abs. 2 MedienG).

Diese Gegenstände sollen grundsätzlich auch dann eingezogen werden können, wenn sie keiner konkreten mit Strafe bedrohten Handlung zugeordnet werden können. Um Personen, die derartige Gegenstände nicht zur Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen nach dem VerbotsG verwenden wollen, den weiteren Besitz derselben zu ermöglichen, soll die Bestimmung eine Ausnahme vorsehen: Demnach soll der über derartige Gegenstände Verfügungsberechtigte dafür Gewähr bieten können, dass die Gegenstände nicht zur Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen verwendet werden, und die Gegenstände dann trotz ihrer Eignung behalten können. „Gewähr bieten“ soll dabei keine besondere Form der Garantie ansprechen, sondern lediglich eine durch die Strafverfolgungsbehörden zu beurteilende Erklärung des Verfügungsberechtigten zur weiteren Verwendung der Gegenstände. Der Verfügungsberechtigte kann daher etwa erklären, die Gegenstände aus wissenschaftlichen Gründen oder zum Zweck der Ausstellung in einem (anerkannten) Museum behalten zu wollen. In der Regel wird damit schon das Auslangen gefunden werden können, wenn die dargetanen Gründe plausibel erscheinen und auch aus der Person des Verfügungsberechtigten nichts Gegenteiliges ableitbar ist. In anderen Konstellationen können weitere Ausführungen des Verfügungsberechtigten zur Verhinderung mit Strafe bedrohter Handlungen erforderlich werden, beispielsweise kann ihm zur Beurteilung des Vorliegens der Ausnahme die Erklärung abverlangt werden, wie und wo er die Gegenstände aufzubewahren beabsichtigt, dass er sie anderen nicht zugänglich machen wird oder in welcher Form er sie der Öffentlichkeit präsentieren möchte. So kann etwa die Ausstellung des Buches „Mein Kampf“ ohne nähere Erklärungen oder nähere Aufbereitung den Anforderungen an die vorgeschlagene Ausnahme nicht gerecht werden, würde dadurch doch schon ein Wiederbetätigungsvorsatz indiziert werden (vgl. dazu Öner/Schön in Leukauf/Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze3, § 3g VerbotsG Rz 11) und damit gerade nicht der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung entgegengesteuert. Bei Personen, die einschlägig bekannt sind, werden all diese Erklärungen demgegenüber nicht ausreichen, um Gewähr dafür zu bieten, dass die Gegenstände nicht zur Begehung strafbarer Handlungen verwendet werden. Ihnen soll die vorgeschlagene Ausnahme daher grundsätzlich nicht zukommen.

Die Einziehung nach dem vorgeschlagenen § 3n VerbotsG soll nach den für die Einziehung nach § 26 StGB geltenden Regeln der StPO erfolgen (Abs. 2). Dabei soll auch das selbstständige Einziehungsverfahren nach § 445a StPO zur Verfügung stehen. Die von Abs. 1 der vorgeschlagenen Regelung erfassten Gegenstände sollen zu diesem Zwecke für das selbstständige Verfahren als verbotene Gegenstände eingeordnet werden (Abs. 2).

Zu Z 4 (§ 28 VerbotsG samt Überschrift):

Es wird vorgeschlagen, dass die neuen Bestimmungen mit 1. Dezember 2023 in Kraft treten.

Zu Artikel 2 (Änderung des Vertragsbedienstetengesetzes 1948):

Zu Z 1 (§ 34 Abs. 3 Z 1 VBG) und Z 2 (§ 100 Abs. 112 VBG):

Das Vertragsbedienstetengesetz 1948 (VBG), BGBl. Nr. 86/1948, ordnet in § 34 Abs. 3 Z 1 die Auflösung des Dienstverhältnisses des Vertragsbediensteten an, wenn dieser rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt wurde und diese Verurteilung bei einer Beamtin oder einem Beamten gemäß § 27 StGB den Amtsverlust zur Folge hätte. Die Auflösung des Dienstverhältnisses tritt mit Eintritt der Rechtskraft des strafgerichtlichen Urteils ein, sofern es nicht bereits nach § 34 Abs. 2 VBG vorzeitig aufgelöst wurde. Vertragsbedienstete sind daher von der Bestimmung über den Amtsverlust in § 27 StGB gleichermaßen betroffen wie Beamtinnen und Beamte. Dies soll auch für die mit diesem Entwurf vorgeschlagene Bestimmung über den „automatischen“ Amtsverlust für Beamtinnen und Beamte bei Verurteilung nach dem VerbotsG gelten. § 34 Abs. 3 Z 1 VBG soll daher um den Verweis auf den vorgeschlagenen § 3k VerbotsG erweitert werden.

Es wird vorgeschlagen, dass diese Änderung mit 1. Dezember 2023 in Kraft tritt.

Zu Artikel 3 (Änderung des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008):

Zu Z 1 (Art. III Abs. 1 Z 4 EGVG) und Z 2 (Art. III Abs. 9 EGVG):

Um Strafbarkeitslücken zu vermeiden, soll die Strafbestimmung des Art. III Abs. 1 Z 4 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 (EGVG), BGBl. I Nr. 87/2008, an die in Art. 1 vorgeschlagenen Änderungen des VerbotsG angepasst werden.

Art. III Abs. 1 Z 4 EGVG soll ein alternatives Mischdelikt mit drei rechtlich gleichwertigen Begehungsweisen statuieren:

–      Betätigung im nationalsozialistischen Sinn auf andere als die in den §§ 3a bis 3g des VerbotsG bezeichnete Weise: Unter diesen Tatbestand wird insbesondere die bloß fahrlässige (§ 5 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991) Verwirklichung eines Sachverhalts zu subsumieren sein, der einem in diesen Bestimmungen umschriebenen Tatbild entspricht (sofern eine solche fahrlässige Begehung nach dem gesetzlichen Tatbestand in Betracht kommt);

–      Leugnung, Verharmlosung, Gutheißung oder Rechtfertigung des nationalsozialistischen Völkermords oder anderer nationalsozialistischer Verbrechen: Unter diesen Tatbestand wird einerseits die bloß fahrlässige Verwirklichung eines Sachverhalts zu subsumieren sein, der einem in § 3h VerbotsG umschriebenen Tatbild entspricht (sofern eine solche fahrlässige Begehung nach dem gesetzlichen Tatbestand in Betracht kommt), andererseits die vorsätzliche oder fahrlässige Begehung einer Handlung, die nur deswegen nicht nach § 3h VerbotsG strafbar ist, weil sie nicht öffentlich (Abs. 1) oder nicht in einer Art und Weise begangen wurde, dass sie vielen Menschen zugänglich wird (Abs. 2);

–      sonstige Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts: Die Umschreibung des gesetzlichen Tatbilds entspricht der derzeitigen Rechtslage. Auch diese Übertretung kann bloß fahrlässig begangen werden (§ 5 Abs. 1 VStG). Letzteres ist deswegen besonders hervorzuheben, weil in der Vergangenheit in der Praxis verschiedentlich in Verkennung der Rechtslage „Vorsatzprüfungen“ durchgeführt worden sind (vgl. Merli, „Unfug“ im Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen, in: Lichtenwagner/Reiter-Zatloukal [Hrsg.], … um alle nazistische Tätigkeit und Propaganda in Österreich [2018], 35 [39 ff]).

Die Strafdrohung für die Übertretung dieser Bestimmung soll auf 4 000 Euro erhöht werden.

§ 22 Abs. 1 VStG, wonach eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar ist, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, soll unberührt bleiben.

Es wird vorgeschlagen, dass diese Änderung ebenfalls mit 1. Dezember 2023 in Kraft tritt.