Bundesgesetz, mit dem die Vergütung der Gerichtsvollzieher geändert wird (Gerichtsvollzieher-Vergütungs-Novelle 2023)

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkt des Entwurfs

Die letzte Anpassung der Vergütung der Gerichtsvollzieher:innen erfolgte mit der Exekutionsordnungs-Novelle 2014. Insbesondere die zuletzt erfolgten massiven Preissteigerungen machen eine Anpassung – auch im Bereich der Fahrtkosten – unbedingt erforderlich. Zudem sollen die Anpassungen der Hervorhebung des Grundsatzes einer erfolgsbasierten Entlohnung dienen, aber auch zeitaufwändige Tätigkeiten höher vergütet werden. Im Zuge der Digitalisierungsbemühungen der Justiz soll nunmehr auch im Bereich des Gerichtsvollzuges ein eigenes Programm (Applikation Mobiler Vollzug) zum Einsatz kommen, welches die Gerichtsvollzieher:innen bei ihrer Tätigkeit wesentlich unterstützen soll.

Inhalte des Entwurfs

- Erfolgs- und leistungsbasierte Erhöhung der Vergütungen der Gerichtsvollzieher:innen

- Erhöhung der Fahrtkosten aufgrund der steigenden Kosten

Besonderer Teil

Änderung der Exekutionsordnung

Zu Z 1 (§ 25a Abs. 3):

Mit Einführung der Applikation Mobiler Vollzug soll nunmehr die Berechtigung der Gerichtsvollzieher:innen zur Entgegennahme von bargeldlosen Zahlungen – soweit technisch möglich – geschaffen werden.  Es wird daher die Ergänzung des § 25 Abs. 3 vorgeschlagen. Unter bargeldlose Zahlungen fallen nicht nur Zahlungen mit der Bankomat- oder Kreditkarte, sondern auch die bisher bereits in dieser Bestimmung vorgesehene Zahlung mittels Scheck. Diese Änderung soll auch zu einem größeren Erfolg bei der Einbringlichmachung der Forderung führen. Die Kosten für die Transaktionsgebühren trägt der Bund.

Zu Z 2 (§ 457 Abs. 3):

§ 457 regelt die Entstehung des Anspruches auf Vergütung. Mit der Gesamtrechtsreform des Exekutionsrechts (GREx), BGBl. I Nr. 86/2021, wurde in Abs. 3 eine spezielle Regelung hinsichtlich der Vergütungen nach § 466 Abs. 3 und 4 aufgenommen, um die Tatsache, dass oft das Exekutionsverfahren nur scheinbar beendet ist, weil Zahlungen erst später einlangen, besser zu berücksichtigen. Mit der geplanten Einführung der Applikation Mobiler Vollzug wird die derzeitige Bestimmung nicht mehr benötigt, da die Berechnung der Vergütung bei Eingabe der jeweiligen Tätigkeit automationsunterstützt erfolgt. Der letzte Satz des Abs. 3 kann daher ersatzlos entfallen.

Zu Z 3 (§ 459 Abs. 2):

Die Vergütung bei mehreren Handlungen in einem Verfahren ist in § 459 geregelt. Abs. 2 Z 3 sieht vor, dass die Vergütung für den Nachweis der Zahlung ab dem zweiten Vollzugsversuch neben der Vergütung für die Pfändung und Verwertung zusteht. Da bei Vollzahlung nunmehr ein zusätzlich zur Vergütung gebührender Abschlussbonus bereits in § 462 vorgesehen ist, kann die bisherige Regelung in Z 3 entfallen.

Zu Z 4 (§ 461):

In § 461 wird die Vergütung für die Aufnahme eines Vermögensverzeichnisses geregelt. Diese Vergütung soll verdoppelt werden.

Zu Z 5 (§ 462):

§ 462 regelt die Vergütung der Gerichtsvollzieher:innen bei Zahlung der Forderung durch die verpflichtete Partei. Die Vergütung bemisst sich an dem an den:die Gerichtsvollzieher:in insgesamt gezahlten oder von ihm:ihr weggenommenen Betrag. Derzeit hängt die Vergütung von Prozentsätzen ab; die Mindestvergütung beträgt 6 Euro. Der Entwurf sieht vor, dass dem:der Gerichtsvollzieher:in eine Sockelvergütung von 5 Euro gebührt, sobald er:sie insgesamt 10 Euro erhalten hat. Bei Erhalt weiterer Beträge erhöht sich die Vergütung jeweils bei Erreichen bestimmter Betragsstufen. Dadurch soll eine Vereinfachung bei der Berechnung der zustehenden Vergütung erreicht werden. Bei Beträgen von über 200 000 Euro ist keine weitere Vergütung vorgesehen.

Um den Grundsatzes einer erfolgsbasierten Entlohnung zu unterstreichen, sieht der Entwurf zusätzlich zur Vergütung in Abs. 2 einen Abschlussbonus vor (Abs. 4).

Zu Z 6 (§ 464):

Die Bestimmung sieht bisher eine Gebühr für die Einführung eines Zwangsverwalters in der Höhe von 20 Euro vor. Die Gebühr soll auf 25 Euro erhöht werden.

Zu Z 7 (§ 465):

§ 465 sieht einen Gebührenanspruch der Gerichtsvollzieher:innen für Tätigkeiten im Rahmen einer Zwangsversteigerung einer Liegenschaft vor. Die Gebühr für die Tätigkeiten nach Z 1 bis 3 soll nunmehr einheitlich 25 Euro betragen.

Zu Z 8 (§ 466):

§ 466 regelt den Vergütungsanspruch der Gerichtsvollzieher:innen für Tätigkeiten im Rahmen der Fahrnisexekution. Für die Verwertung soll die neue Vergütung nach § 462 und für die Pfändung zusätzlich 7,50 Euro zustehen.

Hingegen bleibt die Vergütung mangels Auffinden pfändbarer Gegenstände gleich. Um das Prinzip der erfolgsbasierten Entlohnung zu unterstreichen, wird die Vergütung bei Handlungen der Gerichtsvollzieher:innen nach Ablauf der Frist des § 249 Abs. 3, die keine Pfändung oder Zahlung zur Folge haben, von 0,70 Euro auf 0,50 Euro gesenkt.

Zu Z 9 (§ 467):

Für die pfandweise Beschreibung von Vermögensrechten und die Einführung von Pächter:innen oder Verwalter:innen solcher Rechte soll die Vergütung von 4,50 Euro auf 7 Euro und von 20 Euro auf 25 Euro erhöht werden.

Zu Z 10 (§ 468):

§ 468 regelt die Vergütung bei Exekutionen zur Herausgabe beweglicher Sachen. Die Gebühr soll auf 7,50 Euro erhöht werden.

Zu Z 11 (§ 469):

Die Räumung erweist sich in der Praxis als zeitintensiv und mitunter aufgrund der zumeist emotional belastenden Situation für die verpflichtete Partei als schwierig. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, soll bei der Vergütung auch die zeitliche Komponente berücksichtigt werden. Wie bisher beträgt die Vergütung 30 Euro, für jede weitere angefangene Stunde sollen jedoch nunmehr jeweils 20 Euro mehr zustehen. Bei der nicht beendeten Räumung soll ebenfalls der zeitliche Aufwand bei der Vergütung mitberücksichtigt werden. Die Vergütung für die erste Stunde wird daher erhöht und 20 Euro für jede weitere Stunde vorgesehen. Allerdings soll – im Sinne einer erfolgsbasierten Vergütung – im Unterschied zur abgeschlossenen Räumung diese nur für jede weitere volle Stunde zustehen.

Zu Z 12 (§ 470):

§ 470 regelt die Vergütung im Zusammenhang mit Tätigkeiten im Insolvenzverfahren. Die Vergütung für diese Tätigkeiten soll auf 7,50 Euro erhöht werden.

Zudem besteht derzeit nur ein Vergütungsanspruch für Ermittlungen, wenn sie im Insolvenzeröffnungsverfahren erfolgen. Allerdings sieht die Insolvenzordnung auch Handlungen der Gerichtsvollzieher:innen während des laufenden Insolvenzverfahrens vor (vgl. § 189a Z 4 IO). Da es sich hierbei um eine Tätigkeit handelt, die mit den Ermittlungen im Insolvenzeröffnungsverfahren vergleichbar ist, wird vorgeschlagen, für diese ebenfalls eine Vergütung von 7,50 Euro vorzusehen.

Zu Z 13 (§ 471):

Die Vergütung für die in § 471 geregelte pfandweise Beschreibung soll von 6 Euro auf 7,50 Euro erhöht werden.

Zu Z 14 (§ 472):

Die Übergabe eines Kindes oder einer sonstigen schutzberechtigten Person gehört zu den anspruchsvollsten Tätigkeiten der Gerichtsvollzieher:innen, die eine sorgfältige Planung unter Einbeziehung aller handelnden Personen, sowie ein sensibles und professionelles Vorgehen vor Ort voraussetzt. Neben der bisherigen Vergütung von 30 Euro soll für jede weitere angefangene Stunde zusätzlich 20 Euro zustehen. Weiters haben sich eine gute Vorbereitung und die Vorbesprechung als essentiell für die schonende Übergabe erwiesen. Es soll daher künftig auch für die Vorbesprechung eine Vergütung in der Höhe von 80 Euro zustehen.

Zudem soll auch die Vergütung für die Verhaftung oder Vorführung um 50% erhöht werden.

Zu Z 15 (§ 473):

In § 473 wird die Vergütung für die Zustellung und den Anschlag im Haus geregelt. Da in der Praxis der Anschlag auch an anderen Orten erfolgt und dies mit einem entsprechenden Zeitaufwand verbunden ist, wird vorgeschlagen, für diese Tätigkeit eine – reduzierte – Vergütung von einem Euro pro Anschlag an einem weiteren Ort vorzusehen.

Zu Z 16 (§ 474 Abs. 1):

Viele Gerichtsvollzieher:innen sind auf die Benützung ihres PKW angewiesen, um in der gesetzlich vorgesehenen Zeit ihre Arbeit bewältigen zu können. Durch besondere Kostenfaktoren (Ausweitung der gebührenpflichtigen Kurzparkzonen, Erhöhung der Kurzparktarife, massiv gestiegene Treibstoffpreise) können die Gerichtsvollzieher:innen ihre tatsächlich entstehenden Kosten mit dem derzeit festgesetzten Fahrtkostenersatz nicht mehr decken. Die letzte Erhöhung des Fahrtkostenersatzes erfolgte mit der EO-Novelle 2014. Der Entwurf schlägt daher vor, die Beträge entsprechend der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes anzuheben.

Zu Z 17 (§ 504):

In § 504 wird das Inkrafttreten der oben angeführten Bestimmungen mit 1. Jänner 2024 geregelt.

Da die Fahrtkosten auch zustehen, wenn kein vergütungsauslösender Sachverhalt nach §§ 461 ff EO verwirklicht wird (Angst/Jakusch/Mohr, EO15 Anh 14 § 4 VGebG), ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Neubemessung die Erteilung des Vollzugsauftrages.

Für die Berechnung der Vergütungen ist hingegen ausschließlich der Zeitpunkt des vergütungsrelevanten Sachverhaltes maßgeblich. Liegt dieser vor dem Inkrafttreten, erfolgt die Entlohnung nach den bisherigen Vergütungssätzen. Alle Sachverhalte nach diesem Zeitpunkt werden nach den neuen Bestimmungen entlohnt.

Dies gilt auch für die neue Vergütungsregelung in § 462. Wurden bereits Entlohnungsstufen des neuen Systems vor Inkrafttreten erreicht, werden diese nach Inkrafttreten nicht erneut vergütet. Vielmehr wird erst bei Erreichen der nächsten Vergütungsstufe der dafür vorgesehene Betrag ausbezahlt. Für die bis Inkrafttreten der neuen Bestimmungen erhaltenen Beträge gilt die derzeitige Vergütungsregelung.

Hat ein:e Gerichtsvollzieher:in beispielsweise vor dem Inkrafttreten einen Betrag von 250 Euro erhalten und erhält nach Inkrafttreten einen weiteren Betrag von 100 Euro, so gebührt die Vergütung nach dem bisher geltenden Recht bis zum Betrag von 250 Euro. Für den weiters erhaltenen Betrag von 100 Euro steht lediglich der für die Belohnungsstufe 300 Euro maßgebliche Betrag, nämlich 2 Euro, zu. Die Sockelvergütung steht dann ebenso wenig zu, wie die Vergütungen bei Erreichen von 100 und 200 Euro. Mit dieser Übergangsregelung soll eine Doppelvergütung vermieden werden.