Erläuterungen

Allgemeiner Teil:

Mit der vorliegenden Novelle sollen Erleichterungen im Rahmen der Verordnungserlassungsverfahren für Behörden geschaffen werden, sowie notwendige Adaptierungen in unterschiedlichen Bereichen vorgesehen werden. Für den Straßenerhalter sollen im Rahmen der Abwicklung von kurz dauernden Baustellen ebenfalls Erleichterungen vorgesehen werden.

Weiters enthält die Novelle einige Bestimmungen, die die mit der 33. StVO-Novelle neu eingeführten Regelungen für den Fuß- und Radverkehr abrunden und ergänzen.

Weiters wird eine einer gesetzlichen Grundlage geschaffen, die es Gemeinden ohne Gemeindewachkörper ermöglicht, im Wege und auf Grundlage einer Verordnung des jeweiligen Landes punktuelle Geschwindigkeitsmessungen auf Gemeindestraßen vorzunehmen. Damit soll eine verstärkte Kontrolle der Einhaltung der Geschwindigkeitsbeschränkungen im Ortsgebiet ermöglicht werden.

Automationsunterstützte Verkehrsüberwachung hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Kontrolldichte, Entlastung der Exekutive, Kosten- und Verwaltungseffizienz, Beweiswert, Objektivität und vor allem die Erhöhung der Verkehrssicherheit sind Gründe, die – unter Berücksichtigung der entsprechenden Datenschutzanforderungen – für eine Automatisierung in der Verkehrsüberwachung sprechen.

In der Vergangenheit haben auch einige Gemeinden die neuen Technologien und die damit verbundene Möglichkeit, effizient und präzise Verkehrsüberwachungen durchzuführen, aufgegriffen und aufgrund der zunehmenden Raserei im Ortsgebiet und des damit verbundenen Sicherheitsrisikos vor allem im Bereich von Schulen, Kindergärten und Spitälern automationsunterstützte Geschwindigkeitsmessgeräte aufgestellt.

Im Jahr 2008 stellte die Datenschutzkommission fest [K121.359/0016-DSK/2008; K121.359/0009-DSK/2010], dass die Durchführung von automationsunterstützten Geschwindigkeitsüberwachungen durch Gemeinden bzw. von ihnen beauftragten Dritten mangels gesetzlicher Grundlage nicht zulässig ist.

Auch die Datenschutzkommission verkannte in ihren Entscheidungen jedoch nicht, dass die Gemeinden an einer Überwachung der Einhaltung der Geschwindigkeitsbestimmungen zur Eindämmung der verkehrsbedingten Belästigungen ein besonderes Interesse haben.

Neben höheren Strafen als eine Maßnahme gegen überhöhte Geschwindigkeit ist es auch notwendig, die Kontrolle der Einhaltung der Geschwindigkeitsbeschränkungen insbesondere im Ortsgebiet, wo sich viele ungeschützte Verkehrsteilnehmer wie FußgängerInnen, RadfahrerInnen und Kinder bewegen, zu verstärken. Es soll daher im Sinne der Entscheidung der Datenschutzkommission eine eindeutige gesetzliche Grundlage geschaffen werden, die es Gemeinden ermöglicht, im Wege und auf Grundlage einer Verordnung des jeweiligen Landes punktuelle Geschwindigkeitsmessungen (§ 98b) auf Gemeindestraßen vorzunehmen.

Nicht von der Verordnungsermächtigung betroffen ist die automatisierte Geschwindigkeitsüberwachung im Zuständigkeitsbereich einer Landespolizeidirektion.

Da es sich bei der automatisierten Geschwindigkeitsüberwachung infolge der Übertragungsverordnung um eine Aufgabe im Rahmen des übertragenen Wirkungsbereiches handelt, wird den Ländern ermöglicht, mittels Erlässen einheitliche Kriterien für die Standortbeurteilung sowie für die automatisierte Verkehrsüberwachung aufzustellen. Darüber hinaus sind die Gemeinden an die Weisungen der zuständigen Organe des Landes gebunden.

Aufgrund der Verordnungsermächtigung obliegt es den Ländern, ob und inwieweit ihre Gemeinden automatisierte Überwachungen durchführen dürfen. Durch die Verordnungsermächtigung wird den Ländern überdies die Möglichkeit gegeben, die Überwachungstätigkeit der Gemeinden mit den jeweiligen Verkehrssicherheitskonzepten, Einsatzplanungen und Verkehrsüberwachungsplänen der Länder abzustimmen und so eine größtmögliche Verkehrssicherheit zu gewährleisten.

Der Gesetzesentwurf stützt sich in kompetenzrechtlicher Hinsicht auf Art. 11 Abs. 1 Z 4 B-VG („Straßenpolizei“).

Besonderer Teil:

Zu Z 1 (§ 24 Abs. 1 lit. o): 

Mit dem Austausch der Begriffe soll eine Anpassung des Wortlautes an § 89a Abs. 2a lit. e erreicht werden.

Zu Z 2 (§ 26a Abs. 1):

Fahrzeuge des Rettungsdienstes sollen in Ausübung des Dienstes, auch wenn es sich nicht um eine Einsatzfahrt handelt, da die Verwendung der Warnsignale aus im Einsatz gelegenen Gründen nicht möglich ist, von den Ausnahmen des § 26a Abs. 1 erfasst sein.

Zu Z 3 (§ 38 Abs. 6a):

Im Rahmen mehrerer wissenschaftlicher Versuche wurde zur Vermeidung von Stau eine Zuflussregelung auf Autobahnen erprobt, die die zielgerichtete Steuerung der Verkehrsströme zum Inhalt hatte. Zu diesem Zweck wurde durch Verordnung die Verkürzung der Gelbphase und der Entfall der Grünblinkphase für zulässig erklärt. Da sich diese Form der Zuflussregelung bestens bewährt hat, soll diese Möglichkeit durch die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage generell bestehen.

Zu Z 4 (§ 43 Abs. 2):

Anstelle der bisher vorgeschriebenen, in der Praxis aber nur schwer durchführbaren Interessenabwägung soll in Zukunft ausdrücklich auf den Zweck der Verordnung und die Verkehrserfordernisse Bedacht genommen werden, d.h., der Verordnungsgeber muss sich mit diesen Aspekten bewusst auseinandersetzen und darf sie nicht außer Acht lassen.

Zu Z 5 (§ 43 Abs. 4a):

Neben den bereits bestehenden Möglichkeiten für die Verordnung von Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung soll gezielt die Möglichkeit geschaffen werden, eine geringere als die gesetzlich erlaubte Höchstgeschwindigkeit in Bereichen mit besonderem Schutzbedürfnis, etwa vor bestimmten Gebäuden und Einrichtungen, auch dann zu verordnen, wenn diese geeignet ist, die Verkehrssicherheit insbesondere für Fußgänger und Radfahrer zu erhöhen. Insgesamt soll es durch die Setzung dieser Maßnahmen zu einer deutlichen Erhöhung der Sicherheit der schutzbedürftigen Personen und damit einhergehend der Aufenthaltsqualität in Ortsgebieten kommen.

Hinsichtlich der Gebäude und Einrichtungen wird eine demonstrative Aufzählung gewählt, es sind daher auch weitere Einrichtungen und Bereiche denkbar, für die ein solches, besonderes Schutzbedürfnis besteht. Ein besonderes Schutzbedürfnis für Gebäude und Einrichtungen ist vor allem dann gegeben, wenn sie vorrangig von Kindern, Jugendlichen, alten Menschen oder Menschen mit Behinderungen frequentiert werden.

Die in der gesetzlichen Aufzählung genannten Freizeiteinrichtungen kommen für eine Verordnung im Sinne der Regelung daher nur dann in Frage, wenn es eine Freizeiteinrichtung mit besonderem Schutzbedürfnis ist; das können etwa Spielplätze oder sportliche Einrichtungen sein, die vorrangig von den genannten Personengruppen frequentiert werden. Vereinslokale oder sonstige Freizeiteinrichtungen, auf die diese Voraussetzungen nicht zutreffen, sind nicht Gegenstand dieser Regelung.

Zu Z 6 (§ 44b Abs. 5):

Werden Verkehrsbeschränkungen aufgrund von bewilligungsfreien Arbeiten i.S. des § 90 Abs. 2 StVO notwendig, die nicht als Maßnahme gemäß § 44b Abs. 1 (unvorhersehbare Ereignisse) gelten oder als Arbeitsfahrt i.S. des § 27 i.V.m. § 48 Abs. 3 abgewickelt werden können, sind diese Verkehrsbeschränkungen von den Behörden zu verordnen. Da aber für diese Arbeiten ex lege keine straßenpolizeibehördliche Bewilligung erforderlich ist, erlangt die Behörde oft auch keine oder nicht rechtzeitige Kenntnis davon.

Da etwa 15.000 solcher Arbeiten jährlich alleine auf dem hochrangigen Straßennetz anfallen, kann es aufgrund des damit verbundenen Verwaltungsaufwands zur Beeinträchtigung der Flexibilität des Straßenbetriebes und letztlich auch der Verkehrssicherheit kommen. Hinzu kommt, dass derartige Arbeiten ihrer Natur nach in der Regel auch in kurzer Zeit abgeschlossen sind (sog. „Tagesbaustellen“). In Zukunft sollen daher – ähnlich wie bei unvorhersehbaren Ereignissen – die Organe des Straßenerhalters befugt sein, in eigener Verantwortung eine allenfalls erforderliche Verkehrsregelung zu treffen. Lediglich, wenn von vornherein absehbar ist, dass die Arbeiten – wenngleich bewilligungsfrei – längere Zeit in Anspruch nehmen werden, oder wenn die Arbeiten aufgrund unvorhergesehener Umstände länger als 24 Stunden dauern, besteht die Verpflichtung des Straßenerhalters, der Behörde unverzüglich alle Umstände mitzuteilen, die erforderlich sind, damit die Behörde eine entsprechende Verordnung erlassen kann.

Zu Z 7 und 8 (§ 52 lit. b Z 18 und § 53 Abs. 1 Z 2d):

Im Rahmen der 33. StVO-Novelle wurde die Benutzungspflicht für Fußgängerunterführungen aufgehoben; das Straßenverkehrszeichen, mit dem die Benutzungspflicht angeordnet wurde, kann daher entfallen. Um jedoch weiterhin auf eine Fußgängerunterführung hinweisen zu können, soll ein entsprechendes Hinweiszeichen geschaffen werden.

Zu Z 9 und 11 (§ 94c Abs. 3 und § 97 Abs. 1):

Die Angelegenheiten der Verkehrspolizei und damit die Überwachung der Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften fallen, soweit sich nicht die Zuständigkeit der Landespolizeidirektion ergibt, gemäß § 94b Abs. 1 lit. a StVO grundsätzlich in die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörden.

Derzeit sieht die StVO die Möglichkeit der Übertragung der Verkehrspolizei für jene Gemeinden vor, die über einen Gemeindewachkörper verfügen. Nunmehr soll allen Gemeinden, auch jenen, die über keinen Gemeindewachkörper verfügen, die Möglichkeit gegeben werden, im Wege und auf Grundlage einer Übertragungsverordnung des jeweiligen Landes punktuelle Geschwindigkeitsmessungen, die Teil der Verkehrspolizei sind, auf Gemeindestraßen durchzuführen. Umfasst ist ausschließlich die punktuelle Geschwindigkeitsmessung und nicht die Verkehrsüberwachung insgesamt, die weit mehr als nur die Überwachung der Geschwindigkeiten umfasst.

Bei der punktuellen Geschwindigkeitsüberwachung handelt es sich um eine automationsunterstützte Feststellung einer Überschreitung einer ziffernmäßig festgesetzten zulässigen Höchstgeschwindigkeit mittels bildverarbeitender technischer Einrichtungen, mit denen die Fahrgeschwindigkeit eines Fahrzeuges an einem Punkt gemessen werden kann. Die technischen Einrichtungen umfassen die klassischen Radargeräte baulich errichtete und eichamtlich genehmigte Standorte (sogenannte Radarboxen ), aber auch den Einsatz von die sogenannten Multaboxen für flexible Schwerpunkteinsätze. Nicht darunter fallen hingegen Radar- oder Laserpistolen, diese sind keine bildverarbeitenden technischen Einrichtungen.

Der Einsatz von Geschwindigkeitsmessgeräten hat nur dort zu erfolgen, wo dies aus Gründen der Erhöhung oder Gewährleistung der Verkehrssicherheit oder zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesondere durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe und zum Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt oder aus anderen wichtigen Gründen erforderlich erscheint (§ 98b StVO). Gemeinden wissen aufgrund ihrer Erfahrungswerte und Beobachtungen, wo Kontrollen auf ihren Gemeindestraßen notwendig sind.

Aufgrund der Verordnungsermächtigung wird den Ländern die Möglichkeit geboten, die Überwachungstätigkeit der Gemeinden mit den jeweiligen Verkehrssicherheitskonzepten der Länder abzustimmen und mittels Erlässen einheitliche Kriterien für die Standortbeurteilung sowie für die automatisierte Verkehrsüberwachung aufzustellen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereichs grundsätzlich nur „im Auftrag und nach den Weisungen“ des Bundes bzw. des Landes besorgt werden dürfen (Art. 119 B-VG).

Gleichzeitig soll sichergestellt werden, dass eine Übertragung nur dann erfolgen soll, wenn die Gemeinde auch in der Lage ist, Geschwindigkeitsmessungen sowie die damit verbundene Abwicklung auch entsprechend durchzuführen.

Als zu erfüllende Kriterien für eine Übertragungsverordnung kommen in Betracht:

           a. gutachterliche Standortbeurteilung iSd Notwendigkeit für die Verkehrssicherheit unter Prüfung der Nichtanwendbarkeit von alternativen Maßnahmen durch die Gemeinde;

           b. Mindestanforderungen an die eingesetzten Messgeräte;

           c. Nachkontrolle der ermittelten Beweismittel durch geschultes Personal der Gemeinde vor Übermittlung der Anzeigen an die Strafbehörde;

           d. Automatischer digitaler direkter Versand der Anzeigen nach Bearbeitung nach Vorgaben der Bezirksverwaltungsbehörde an diese;

           e. Verständigung der Bezirksverwaltungsbehörde vor Betriebsaufnahme (2 Monate vor Betriebsaufnahme im Falle eines Standortes, an dem eine Verordnung der Gemeinde die Geschwindigkeit festlegt und Übermittlung einer Applikationsbeschreibung der Datenanwendung iSd DSG;

           f. Verständigung der örtlich zuständigen Polizeidienststelle über Betriebsaufnahme und Beendigung der Überwachung.

Nicht von der Verordnungsermächtigung umfasst ist – dies gilt grundsätzlich gemäß § 94c Abs. 1 für den gesamten übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinde – die automatisierte Geschwindigkeitsüberwachung im Zuständigkeitsbereich einer Landespolizeidirektion. Weiters klargestellt ist auch, dass bei jeder Art der Übertragung (wie bisher die Verkehrspolizei bei Vorhandensein eines Wachkörpers oder, neu, lediglich die punktuelle Geschwindigkeitsmessung auch ohne Wachkörper) neben der Gemeinde und ihren Organen auch die übrigen Organe der Straßenaufsicht weiterhin ermächtig bleiben, die Verkehrspolizei zu handhaben.

Da die Gemeinden die punktuelle Geschwindigkeitsüberwachung im übertragenen Wirkungsbereich ausüben sollen auch nicht die Organe der Bundespolizei für die Auswertung der Bilddaten oder weitergehende Ermittlungen herangezogen werden können.

Zu Z 10 (§ 94d Z 8d):

Die Erlassung von Schulstraßen fällt derzeit in den Zuständigkeitsbereich der Bezirksverwaltungsbehörden; die Zuständigkeit soll nunmehr den Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich zugewiesen werden. Da es sich um lokal und zeitlich sehr eingeschränkte Maßnahmen handelt, über deren Hintergründe die Gemeinde die besten Informationen hat, sind diese i.S. des Art. 118 Abs. 2 B-VG im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden.

Zu Z 12 (§ 100 Abs. 10a):

Der neue § 100 Abs. 10a StVO entspricht der Forderung der Länder nach einer Abgeltung des Verwaltungsmehraufwandes. Die Durchführung abgekürzter Verfahren ist aufgrund der nunmehrigen Schaffung einer klaren, gesetzlichen Grundlage möglich.