Erläuterungen
Allgemeiner Teil
Trotz des stetigen Anstiegs der Zahl der Benannten Stellen, deren Benennung gemäß der Verordnung (EU) Nr. 2017/745 erfolgt ist, reicht die Gesamtkapazität der Benannten Stellen noch immer nicht aus, um die Konformitätsbewertung der zahlreichen Produkte, für die Bescheinigungen gemäß der Richtlinie 90/385/EWG oder der Richtlinie 93/42/EWG vorliegen, vor dem 26. Mai 2024 zu gewährleisten.
Es ist davon auszugehen, dass viele Produkte, die gemäß den Übergangsbestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 2017/745 rechtmäßig in Verkehr gebracht werden können, vor Ablauf des Übergangszeitraums nicht gemäß der genannten Verordnung zertifiziert werden, was zu einem Risiko von Engpässen bei Medizinprodukten in der Europäischen Union führt.
Angesichts der Berichte von Angehörigen der Gesundheitsberufe über unmittelbar drohende Engpässe bei Produkten ist es dringend erforderlich, die Gültigkeit der gemäß den Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG ausgestellten Bescheinigungen und den Übergangszeitraum zu verlängern, in dem Produkte, die diesen Richtlinien entsprechen, rechtmäßig in Verkehr gebracht werden können.
Die Verlängerung sollte ausreichend lang sein, um den Benannten Stellen die nötige Zeit für die Durchführung der von ihnen geforderten Konformitätsbewertungen zu geben. Ziel der Verlängerung ist es, ein hohes Maß an Schutz der öffentlichen Gesundheit zu gewährleisten, einschließlich der Patientensicherheit und der Vermeidung von Engpässen bei Medizinprodukten, die für das reibungslose Funktionieren der Gesundheitsdienste erforderlich sind, ohne die derzeitigen Qualitäts- oder Sicherheitsanforderungen zu senken.
Durch die Verordnung (EU) Nr. 2023/607 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 2017/745 und (EU) Nr. 2017/746 hinsichtlich der Übergangsbestimmungen für bestimmte Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika werden die genannten Änderungen bzw. Verlängerungen normiert.
Durch die vorliegende Novelle des Medizinproduktegesetzes 2021 wird den Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 2023/607 Rechnung getragen; darüber hinaus werden noch Änderungen auf Grund der aus der Vollzugspraxis gewonnenen Erfahrungen vorgenommen, insbesondere die Vereinheitlichung der Bestimmungen über die Vigilanz.
Um Unklarheiten bzw. Regelungslücken zu beseitigen, werden ferner Bestimmungen betreffend das weitere Bereitstellen von bereits in Betrieb genommenen Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika auf dem Markt vorgesehen; redaktionelle Berichtigungen ergänzen die vorliegende Novelle.
Besonderer Teil
Zu Z 1, 3, 13, 14, 16, 18 und 19 (Inhaltsverzeichnis, § 1 Abs. 1, § 40 Abs. 6, § 41 Abs. 3, Überschrift des 8. Abschnitts, § 49 Abs. 1a und 2):
Das weitere Bereitstellen auf dem Markt von bereits in Betrieb genommenen Produkten, z.B. im Zusammenhang mit dem Verkauf oder der Vermietung gebrauchter Produkte, wird durch die Verordnungen (EU) Nr. 2017/745 und (EU) Nr. 2017/746 nicht geregelt. Der Anwendungsbereich des MPG 2021 wird daher im Sinne der Sicherstellung eines hohen Sicherheitsstandards über den gesamten Produktlebenszyklus erweitert.
Zu Z 2, 5, 15, 17 und 20 (Inhaltsverzeichnis, § 5 Abs. 1, § 44 Abs. 1 Z 1, § 49 Abs. 1 Z 5 und Überschrift des § 50):
Da es sich bei den in dieser Bestimmung enthaltenen Anforderungen an Medizinprodukte um das Betreiben und nicht die Inbetriebnahme, die im Übrigen durch die beiden EU-Verordnungen geregelt wird, handelt, wird eine Klarstellung vorgenommen.
Zu Z 4 (§ 3 Z 5):
Enthält die Begriffsdefinition „weitere Bereitstellung auf dem Markt“. Dies gilt auch für In-vitro-Diagnostika (vgl. dazu § 1 Abs. 2).
Zu Z 6 (§ 8):
Da die Inbetriebnahme durch die Verordnung (EU) Nr. 745/2017 und Verordnung (EU) Nr. 746/2017 geregelt ist, wird eine Streichung vorgenommen.
Zu Z 7 (§ 17 Abs. 1):
Es erfolgt eine Verweisanpassung.
Zu Z 8, 9 und 12 (§ 38 Abs. 1, 2, 5 und 8):
Es erfolgen Anpassungen betreffend die Überwachung, da sich die nationale Überwachung nur auf die in Abs. 1 angeführten Tätigkeiten von Gesundheitseinrichtungen und Personen, die berufs- oder gewerbsmäßig Medizinprodukte anwenden oder betreiben, beziehen kann, da die Überwachung der Wirtschaftsakteure in Art. 93 der Verordnung (EU) Nr. 745/2017 und Art. 88 der Verordnung (EU) Nr. 746/2017 geregelt wird. Zudem erfolgt eine Klarstellung betreffend die Beauftragung von Sachverständigen durch das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen bei Überwachungstätigkeiten.
Zu Z 10 und 11 (§ 38 Abs. 7 und 8):
Es erfolgt eine Verweisanpassung, da die Überwachungsmaßnahmen in Abs. 6 geregelt sind.
Zu Z 21 (§ 78 Abs. 3 Z 2):
Korrektur eines Schreibfehlers.
Zu Z 22 (§ 80 Abs. 1 Z 1 und 43):
Adaptierung der Straftatbestände im Hinblick auf Verstöße gegen die Anforderungen an das weitere Bereitstellen auf dem Markt von Medizinprodukten.
Zu Z 23 (§ 82 Abs. 6):
Im Bereich der Vigilanz kommen für die Meldepflichtigen auf Grund des rechtlichen Status von Medizinprodukten unterschiedliche medizinprodukterechtliche Vorschriften zur Anwendung.
Medizinprodukte, die vor Inkrafttreten des MPG 2021 bereits in Betrieb waren oder zur Anwendung oder Implantation bereitgehalten wurden, dürfen nach der geltenden Rechtslage weiter betrieben, angewendet oder implantiert werden; für diese Produkte sollen künftig auch die Bestimmungen des 5. Abschnitts des MPG 2021 und die Art. 87 bis 89 der Verordnung (EU) Nr. 2017/745 über die Vigilanz gelten.
Dies deshalb, um einheitliche Regelungen sicherzustellen und den verschiedenen Akteuren Klarheit über die anzuwendenden Rechtsnormen zu verschaffen sowie auch den Vollzug durch das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen zu vereinfachen.
Ferner hat die Vollzugspraxis gezeigt, dass im Bereich der weiteren Bereitstellung auf dem Markt von bereits in Betrieb genommenen Medizinprodukten, Unklarheiten bzw. Regelungslücken bestehen, da diesbezüglich keine speziellen gesetzlichen Anforderungen gelten.
Für die unter diese Übergangsbestimmung fallenden Produkte sollen daher grundsätzlich auch die Anforderungen dieses Bundesgesetzes an die weitere Bereitstellung auf dem Markt von Medizinprodukten gelten.
Zu Z 24 (§ 83 Abs. 2 bis 4):
Die geänderten Regelungen des § 83 ergeben sich auf Grund der Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 2023/607 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 2017/745 und (EU) Nr. 2017/746 hinsichtlich der Übergangsbestimmungen für bestimmte Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika.
§ 83 Abs. 2 erster Satz gilt für Bescheinigungen, die von Benannten Stellen gemäß den Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG ausgestellt wurden, und die zum Zeitpunkt des Geltungsbeginns der Verordnung (EU) Nr. 2017/745 am 26. Mai 2021 – sofern sie nicht zurückgezogen wurden – noch gültig waren.
Diese behalten ihre Gültigkeit auch nach dem Ende des auf der Bescheinigung ausgestellten Zeitraums bis zu den in Abs. 4 genannten Zeitpunkten; dabei hängt die Dauer der Übergangsfrist von der Risikoklasse ab, sodass der Zeitraum für Produkte einer höheren Risikoklasse kürzer und für Produkte einer niedrigeren Risikoklasse länger ist.
§ 83 Abs. 2 zweiter Satz gilt für Bescheinigungen, die von Benannten Stellen gemäß den Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG ausgestellt wurden, die zum Zeitpunkt des Geltungsbeginns der Verordnung (EU) Nr. 2017/745 noch gültig waren, und die vor dem Geltungsbeginn der Verordnung (EU) Nr. 2023/607 bereits abgelaufen sind; diese gelten bis zu den in § 83 Abs. 4 angeführten Zeitpunkten, jedoch nur unter Einhaltung der in Z 1 und 2 des Abs. 2 genannten Bedingungen.
Gemäß § 83 Abs. 3 dürfen Medizinprodukte die unter der Richtlinie 93/42/EWG in die niedrigste Risikoklasse I eingestuft waren, für die eine Konformitätserklärung vor dem 26. Mai 2021 ausgestellt wurde und für die das Konformitätsbewertungsverfahren gemäß der Verordnung (EU) Nr. 2017/745 die Mitwirkung einer Benannten Stelle erfordert bis zum 31. Dezember 2028 unter den in § 83 Abs. 4a genannten Bedingungen in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden.
Zu Z 25 (§ 83 Abs. 4a):
Die Verlängerung des Zeitraums für das Inverkehrbringen oder die Inbetriebnahme von Medizinprodukten gemäß § 83 Abs. 3 und 4 wird an bestimmte Bedingungen geknüpft, um sicherzustellen, dass die zusätzliche Zeit nur für Produkte gilt, die sicher sind und für die der Hersteller bestimmte Schritte zum Übergang zur Einhaltung der Verordnung (EU) Nr. 2017/745 unternommen hat.
Zu Z 26 (§ 83 Abs. 5 und 6):
Diese Regelung betrifft Medizinprodukte, die auf Grund einer nach den Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG ausgestellten Bescheinigung einer Benannten Stelle und den Herstellerpflichten in der Konformitätsbewertung gemäß den Übergangsbestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 2017/745 in einem Übergangszeitraum noch rechtmäßig in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden können (sog. „Legacy Devices“).
Wie bei den unter die Übergangsbestimmung des § 82 Abs. 6 fallenden Medizinprodukte sollen auch für diese Produkte künftig die Bestimmungen des 5. Abschnitts des MPG 2021 über die Vigilanz gelten, um einheitliche Regelungen sicherzustellen.
Für diese sog. „Legacy Devices“ sollen grundsätzlich auch die Anforderungen dieses Bundesgesetzes an die weitere Bereitstellung auf dem Markt gelten, um Unklarheiten bzw. Regelungslücken zu beseitigen.
Abs. 6 normiert die weitere Verantwortlichkeit der Benannte Stelle, die eine Bescheinigung gemäß den Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG ausgestellt hat, für Überwachung aller geltenden Anforderungen an die von ihr zertifizierten Produkte, sofern nicht der Hersteller mit einer anderen Benannten Stelle, deren Benennung gemäß Art. 42 der Verordnung (EU) Nr. 2017/745 erfolgt ist, übereingekommen ist, dass diese eine derartige Überwachung durchführt.
Zu Z 27 (§ 83 Abs. 6a, bis 6c):
Um einen schrittweisen Übergang zur Verordnung (EU) Nr. 2017/745 zu gewährleisten, sollte die angemessene Überwachung von Produkten, für die der Übergangszeitraum gilt, letztendlich von der Stelle, die die Bescheinigung gemäß der Richtlinie 90/385/EWG oder der Richtlinie 93/42/EWG ausgestellt hat, an eine Benannte Stelle, deren Benennung gemäß der Verordnung (EU) Nr. 2017/745 erfolgt ist, übertragen werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte die gemäß der Verordnung (EU) Nr. 2017/745 Benannte Stelle nicht für die Konformitätsbewertungs- und Überwachungstätigkeiten verantwortlich sein, die von der Benannten Stelle, die die Bescheinigung ausgestellt hat, durchgeführt werden.
Im Gegensatz zu den Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG ist nach der Verordnung (EU) Nr. 2017/745 die Mitwirkung einer Benannten Stelle an der Konformitätsbewertung von implantierbaren Sonderanfertigungen der Klasse III vorgeschrieben.
Aufgrund der unzureichenden Kapazitäten der Benannten Stellen und der Tatsache, dass es sich bei den Herstellern von Sonderanfertigungen häufig um kleine oder mittlere Unternehmen handelt, die keinen Zugang zu einer Benannten Stelle gemäß den Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG hatten, wird ein Übergangszeitraum vorgesehen werden, in dem implantierbare Sonderanfertigungen der Klasse III ohne eine von einer Benannten Stelle ausgestellte Bescheinigung rechtmäßig in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden können.
Zu Z 28 (§ 83 Abs. 7 und 8):
Um die unnötige Entsorgung sicherer Medizinprodukte, die sich noch in der Lieferkette befinden, zu vermeiden, wodurch das unmittelbare Risiko von Engpässen noch mehr erhöht würde, wurde durch die Verordnung (EU) Nr. 2023/607 eine weitere Bereitstellung auf dem Markt oder Inbetriebnahme solcher Produkte zeitlich unbegrenzt ermöglicht.
Was die Regelungen über den Sicherheitsbeauftragten betrifft, bleibt diese bis auf den geänderten Verweis auf bestimmte in Verkehr gebrachte Medizinprodukte inhaltlich unverändert.
Zu Z 29 (§ 84 Abs. 5):
Um einheitliche Regelungen im Bereich der Vigilanz sicherzustellen, insbesondere den verschiedenen Akteuren Klarheit über die anzuwendenden Rechtsnormen zu verschaffen und somit auch den Vollzug durch das BASG zu vereinfachen, sollen auch für In-vitro-Diagnostika, die vor Inkrafttreten des Medizinproduktegesetzes 2021 bereits in Betrieb waren oder zur Anwendung bereitgehalten wurden und die weiter betrieben oder angewendet werden dürfen, die Bestimmungen des 5. Abschnitts des Medizinproduktegesetzes 2021 und die Art. 82 bis 84 der Verordnung (EU) Nr. 2017/746 über die Vigilanz gelten.
Darüber hinaus wird normiert, dass für die unter diese Übergangsbestimmung fallenden Produkte auch die Anforderungen dieses Bundesgesetzes an die weitere Bereitstellung auf dem Markt gelten, um Unklarheiten zu beseitigen und bestehende Regelungslücken zu schließen.
Zu Z 30 (§ 85 Abs. 4 und 5):
Die in Abs. 4 genannten In-vitro-Diagnostika dürfen weiterhin in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn sie die Anforderungen des Medizinproduktegesetzes, BGBl. Nr. 657/1996 erfüllen und keine wesentlichen Veränderungen der Auslegung oder Zweckbestimmung vorliegen.
Die Regelung des Abs. 5 betrifft diejenigen In-vitro-Diagnostika, die auf Grund einer nach der Richtlinie 98/79/EG ausgestellten Bescheinigung einer Benannten Stelle und den Herstellerpflichten in der Konformitätsbewertung gemäß den Übergangsbestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 2017/746 in einem Übergangszeitraum noch rechtmäßig in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden können (sog. „Legacy Devices“).
Wie bei den unter die Übergangsbestimmung des § 83 Abs. 5 fallenden Medizinprodukte sollen auch für diese In-vitro-Diagnostika künftig die Bestimmungen des 5. Abschnitts des MPG 2021 über die Vigilanz gelten, um einheitliche Regelungen sicherzustellen.
Darüber hinaus sollen auch für diese „Legacy Devices“ grundsätzlich die Anforderungen dieses Bundesgesetzes an die weitere Bereitstellung auf dem Markt gelten, um Unklarheiten bzw. Regelungslücken zu beseitigen.
Zu Z 31 und 32 (§ 85 Abs. 7 und 8):
Um die unnötige Entsorgung sicherer In-vitro-Diagnostika, die sich noch in der Lieferkette befinden, zu vermeiden, wodurch das unmittelbare Risiko von Engpässen noch mehr erhöht würde, wurde durch die Verordnung (EU) Nr. 2023/607 eine weitere Bereitstellung auf dem Markt oder Inbetriebnahme solcher Produkte zeitlich unbegrenzt ermöglicht.
Zu Z 33 (§ 91 Abs. 4):
Enthält das Inkrafttreten.