Entwurf

Erläuterungen

I. Allgemeiner Teil

Zum Einkommensteuergesetz 1988:

Das mit dem Jahressteuergesetz 2018 – JStG 2018, BGBl. I Nr. 62/2018, eingeführte Regelungsregime des § 107 hat sich in der Praxis bewährt. Bei der Errichtung und dem Betrieb von Hochwasserschutzanlagen, insbesondere für Retentionsanlagen und Retentionsflächen, werden regelmäßig Abgeltungszahlungen geleistet, wie sie auch bei der Einräumung von Leitungsrechten anfallen. Das Abzugsteuermodell des § 107 soll daher auf derartige Zahlungen ausgeweitet werden. Da das Wasserrechtsgesetz 1959 – WRG 1959, BGBl. Nr. 215/1959, den Rechtsrahmen für derartige Maßnahmen absteckt, soll dabei an die Gestaltungsformen und Begrifflichkeiten des Wasserrechtsgesetzes angeknüpft werden.

Zum Gebührengesetz 1957:

Aufgrund der Erweiterung des Abzugsteuermodells des § 107 EStG 1988 soll eine entsprechende Anpassung der Gebührenbefreiung erfolgen.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 4 B-VG (Bundesfinanzen und Monopolwesen) und aus § 7 F-VG 1948 sowie hinsichtlich des Art. 10 dieses Bundesgesetzes auch aus Art. 14b B-VG.

II. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988)

Zu Z 1 (§ 107)

Wie bei Entgelten aus Anlass der Einräumung von Leitungsrechten ist die steuerliche Behandlung von Zahlungen in Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb von Hochwasserschutzanlagen deswegen komplex, weil im Entgelt mehrere Komponenten enthalten sind, die steuerlich unterschiedlich zu behandeln sind: Das Entgelt für die Einräumung einer Dienstbarkeit ist im Rahmen betrieblicher Einkünfte oder von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung steuerpflichtig. Die Abgeltung einer aus einer Hochwasserschutzmaßnahme resultierenden Bodenwertminderung ist gemäß § 3 Abs. 1 Z 33 steuerfrei, wenn der Bodenwertminderung eine Maßnahme im öffentlichen Interesse zugrunde liegt. Die in derartigen Fällen ebenfalls regelmäßig erfolgende Abgeltung von land- und forstwirtschaftlichen Ertragsausfällen und Wirtschaftserschwernissen ist grundsätzlich steuerpflichtig. Bei vollpauschalierten Land- und Forstwirten erhöht dieser Teil des Entgelts nur dann den pauschalierten Gewinn, wenn es aufgrund der Maßnahme zu einer Verminderung des Einheitswertes gekommen ist. Bei Teilpauschalierung sind 70% der Betriebseinnahmen vom Betriebsausgabenpauschale erfasst, sodass 30% als steuerpflichtiger Anteil verbleiben. Bei Buchführung oder regulärer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ist das Entgelt voll steuerpflichtig.

In Bezug auf Maßnahmen zum Hochwasserschutz sollen von der Abzugsteuer Sachverhalte erfasst sein, die mit der Einräumung des (Servituts-)Rechtes verbunden sind, Grund und Boden zur Abwehr von Wasserschäden durch Schutz- und Regulierungswasserbauten iSd § 41 WRG 1959 und durch Retentionsflächen zu nutzen.

Eine Maßnahme zur Abwehr von Hochwasserschäden kann im allgemeinen Interesse liegen oder sich bloß auf den Schutz eines Einzelobjektes beziehen. In diesem Fall stellt sie keine „Maßnahme im öffentlichen Interesse“ dar, die für das Vorliegen der Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z 33 erforderlich ist. In Abs. 3a soll daher das „öffentliche Interesse“ in Anknüpfung an die Rechtslage nach dem WRG 1959 präzisiert werden: § 63 WRG 1959 (Enteignung von Liegenschaften und Bauwerken) lässt u. a. die zwangsweise Einräumung von Dienstbarkeiten für Wasserbauvorhaben durch die Wasserrechtsbehörde zu, wenn die Maßnahme überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse erwarten lässt. Demensprechend muss die Maßnahme auf eine Schutzwirkung für eine größere Anzahl von Flächen ausgerichtet sein. Eine bloß auf ein Einzelobjekt abzielende Maßnahme wäre daher nicht im „allgemeinen Interesse“ iSd § 63 WRG 1959 gelegen. Für die Anwendung des § 107 soll das erforderliche „öffentlichen Interesse“ daher im Sinne der Anforderungen des WRG 1959 an die Zulässigkeit einer zwangsweisen Rechtsbegründung präzisiert werden.

Das notwendige öffentliche Interesse soll auch den Kreis der Rechtssubjekte eingrenzen, die als Zahler in Betracht kommen und damit zur Einbehaltung und Abfuhr der Abzugsteuer verpflichtet sind. Es sollen dies Gebietskörperschaften, Wasserverbände (§§ 73 ff WRG 1959) und Wassergenossenschaften (§§ 87 ff WRG 1959) sein. Nach dem WRG 1959 können zum Schutz von Grundeigentum und Bauwerken gegen Wasserschäden, der Regulierung des Laufes oder der Regelung des Abflusses (Wasserstandes) eines Gewässers, der Vorkehrungen gegen Wildbäche und Lawinen, der Instandhaltung von Ufern und Gerinnen einschließlich der Räumung, Wassergenossenschaften (§ 74) oder Wasserverbände (§ 87) gebildet werden. Im Unterschied zu Wassergenossenschaften können Wasserverbände dann gebildet werden, wenn sich die vorgesehenen Maßnahmen über den Bereich mehrerer Gemeinden erstrecken. Mitglieder eines Wasserverbandes können Gebietskörperschaften, Wassergenossenschaften, zur Erhaltung öffentlicher Verkehrswege (Eisenbahn, Straße, Wasserwege) Verpflichtete sowie alle sein, die Gewässer nicht bloß geringfügig beeinträchtigen oder in Anspruch nehmen. Sowohl Wassergenossenschaften als auch Wasserverbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts.

Eine Maßnahme, der die Einräumung einer Dienstbarkeit an eine Gebietskörperschaft (insbesondere Gemeinde), eine Wassergenossenschaft oder einen Wasserverband zu Grunde liegt, begründet aufgrund des Umfangs ihrer Schutzwirkung regelmäßig ein allgemeines Interesse und kann daher als im öffentlichen Interesse gelegen betrachtet werden.

Die schon bisher für die Einräumung von Leitungsrechten vorgesehenen Regelungen sollen auf die erfassten Sachverhalte gleichermaßen anzuwenden sein:

-       Als Zahlungsempfänger kommen natürliche Personen in Betracht. Da § 107 gemäß § 24 Abs. 7 Körperschaftsteuergesetz 1988 – KStG 1988, BGBl. Nr. 401/1988, auch für Körperschaften iSd § 1 Abs. 2 und Abs. 3 Z 1 KStG 1988 gilt, wirkt die Änderung in § 107 unmittelbar auch für die davon erfassten Körperschaften ohne dass es einer diesbezüglichen gesetzlichen Änderung bedarf. Dementsprechend ist Abzugsteuer von 7,5% einzubehalten, wenn inländische juristische Personen des privaten Rechts und diesen vergleichbare ausländische Rechtsgebilde, Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen sowie ausländische beschränkt steuerpflichtige Körperschaften Einkünfteempfänger sind. Körperschaften öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 3 Z 2 KStG 1988) und befreite Körperschaften (§ 1 Abs. 3 Z 3 KStG 1988) sind als Einkünfteempfänger nicht erfasst. Eine Gemeinde unterliegt daher als Schuldnerin der Einkünfte der Verpflichtung zum Einbehalt und zur Abfuhr der Abzugsteuer, als Empfängerin der Einkünfte ist die Zahlung außerhalb eines Betriebes gewerblicher Art bei ihr nicht steuerpflichtig.

-       Bei jeder Auszahlung soll eine Abzugsteuer iHv (unverändert) 10% (bei Körperschaften 7,5%) einzubehalten sein. Es ist unerheblich, ob der Zahlung ein Vertrag oder eine zwangsweise Rechtseinräumung zu Grunde liegt.

-       Als Empfänger sollen – wie bereits bisher – die von der Rechtseinräumung unmittelbar betroffenen Grundstückseigentümer oder Grundstücksbewirtschafter betroffen sein. Nicht erfasst sind daher Dritte, die Zahlungen erhalten, für die die Hochwasserschutzmaßnahme zwar ursächlich ist, die aber von der Rechtseinräumung selbst nicht unmittelbar betroffen sind (z. B. von der Maßnahme nicht selbst betroffene Grundstückseigentümer, die einen Lagerplatz zur Verfügung stellen).

-       Zu den Einkünften zählen das Entgelt für die Rechtseinräumung, die steuerfreie Bodenwertminderung und sonstige Zahlungen aus Anlass der Hochwasserschutzmaßnahme, wie Entschädigungen für Ertragsausfälle und Wirtschaftserschwernisse (z. B. Entschädigungen für die Wegebenützung, für eine temporäre Nutzung einer Liegenschaft des Grundstückseigentümers oder Grundstücksbewirtschafters als Lagerplatz oder für die Abgeltung von Räumungskosten und Folgeschäden). Enteignungsentschädigungen sind gemäß § 4 Abs. 3a Z 1 und § 30 Abs. 2 Z 3 steuerfrei und von der Regelung nicht erfasst.

-       Die bestehenden Regelungen über die Haftung (Abs. 6), die Einbehaltung und Abfuhr (Abs. 7), die Anmeldung (Abs. 8), die Abgeltungswirkung (Abs. 9), die ausnahmsweise zulässige Vorschreibung an den Steuerschuldner (Abs. 10) und die Regelbesteuerungsoption (Abs. 11) sollen in gleicher Weise auch für Zahlungen zur Abwehr von Hochwasserschäden gelten. In Abs. 7 soll im Hinblick auf die Erweiterung des Kreises der Abzugsverpflichtete klargestellt werden, dass die Abzugsteuer an das Finanzamt abzuführen ist, das für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständig ist oder zuständig wäre.

Zu Z 2 (§ 124b Z 449)

Die Neuregelung soll auf Zahlungen anzuwenden sein, die nach dem 31. Dezember 2024 erfolgen.

Zu Artikel 2 (Änderung des Gebührengesetzes 1957)

Zu Z 1 (§ 35 Abs. 7)

Da der Anwendungsbereich des § 107 EStG 1988 auf Einkünfte in Zusammenhang mit Maßnahmen zur Abwehr von Hochwasserschäden erweitert wird, soll die Befreiung des § 35 Abs. 7 entsprechend angepasst werden. Zudem soll zukünftig auf das Entgelt und nicht auf das Rechtsgeschäft abgestellt werden, um schwierige Abgrenzungsfragen bei jenen Rechtsgeschäften zu vermeiden, die nur zum Teil die Grundlage für die Abzugsteuer gemäß § 107 Abs. 1 EStG 1988 bzw. § 24 Abs. 7 des KStG 1988 bilden.

Zu Z 2 (§ 37 Abs. 48)

§ 35 Abs. 7 in der Fassung des BGBl. I Nr. xx/202x soll – korrespondierend zum Inkrafttreten gemäß den Bestimmungen im EStG 1988 – mit 1. Jänner 2025 in Kraft treten und auf Rechtsgeschäfte angewendet werden, deren Gebührenschuld nach dem 31. Dezember 2024 entsteht oder entstehen würde.