Erläuterungen
Allgemeiner Teil
Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:
Das seit 1. April 2021 geltende Homeoffice-Maßnahmenpaket 2021 wurde im Rahmen der Covid-19-Pandemie seitens der Bundesregierung unter Einbindung der Sozialpartner und der Industriellenvereinigung geschaffen. Durch die zunehmende Digitalisierung und die damit verbundene Vereinfachung der Bedingungen für die Ausweitung von Telearbeit nimmt die Arbeit im Homeoffice mittlerweile einen bedeutenden Stellenwert ein.
Im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) wurde daher im Jahr 2023 eine Evaluierung der gesetzlichen Regelungen zum Thema Homeoffice durch das Forschungsinstitut L&R Sozialforschung in Auftrag gegeben. Im Kern der Evaluierung stand die Frage, inwiefern sich durch das Homeoffice-Maßnahmenpaket 2021 die arbeitsrechtlichen Bedingungen für die Erbringung der Arbeitsleistung im Homeoffice verbessert haben und ob im Hinblick auf die praktischen Erfahrungswerte mit den bestehenden gesetzlichen Grundlagen das Auslangen gefunden werden kann. Wesentliches Ergebnis dieser Studie war unter anderem das Vorliegen eines Bedarfs an der Ausweitung von Homeoffice auf ortsungebundene Telearbeit außerhalb der Wohnung.
In Folge dessen fanden auf Einladung des BMAW unter Einbindung des Finanzministeriums, des Sozialministeriums, von Trägern der Unfallversicherung sowie der Sozialpartner und der Industriellenvereinigung Gespräche zur Überarbeitung der gesetzlichen Regelungen zum Homeoffice statt. Als Ergebnis dieser Besprechungen sieht die vorliegende Novelle insbesondere Folgendes vor:
- Schaffung der arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Vereinbarung von Telearbeit auch außerhalb der Wohnung im Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und Landarbeitsgesetz 2021.
- Anpassung der sozialversicherungsrechtlichen Regelungen zur Telearbeit im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (B‑KUVG) und Notarversorgungsgesetz (NVG 2020).
- Durch eine Anpassung des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988) sollen auch für den Bereich des Steuerrechts harmonisierte Begrifflichkeiten und Grundtatbestände der Telearbeit gelten.
- Anpassung der Terminologie im Arbeitsverfassungsgesetz, Arbeitsinspektionsgesetz 1993, Dienstnehmerhaftpflichtgesetz und Heimarbeitsgesetz.
Kompetenzgrundlage:
Die Zuständigkeit des Bundes zur Regelung gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 4 B-VG (Bundesfinanzen und Monopolwesen) und § 7 F-VG, Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG („Arbeitsrecht“ und „Sozialversicherungswesen“) und Art. 11 Abs. 1 Z 9 („Arbeiterrecht sowie Arbeiter- und Angestelltenschutz, soweit es sich um land- und forstwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte handelt“).
Besonderer Teil
Zu Art. 1 (Änderung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes):
Zu § 2h AVRAG:
Im Unterschied zur bislang geltenden Bestimmung lautet die Überschrift zu dieser Bestimmung „Telearbeit“ und verdeutlicht damit, dass die arbeitsrechtlichen Bestimmungen zum Homeoffice nunmehr auch auf Arbeiten außerhalb von Wohnungen/Wohnhäusern Anwendung finden.
§ 2h Abs. 1 definiert den Begriff „Telearbeit“. Telearbeit liegt demnach vor, wenn regelmäßig Arbeitsleistungen insbesondere unter Einsatz der dafür erforderlichen Informations- und Kommunikationstechnologie erbracht werden und dies entweder in der Wohnung bzw. im Wohnhaus der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers oder in einer von ihr oder ihm selbst gewählten, nicht zum Unternehmen gehörenden Örtlichkeit erfolgt.
Somit kommen als Örtlichkeiten für die Telearbeit im Sinne des § 2h neben der Wohnung/dem Wohnhaus am Haupt- oder Nebenwohnsitz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und einer Wohnung von deren Angehörigen etwa auch Räumlichkeiten von Coworking-Spaces (das sind organisatorisch eingerichtete, von der Arbeitnehmerin oder vom Arbeitnehmer angemietete Büroräumlichkeiten) oder andere von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gewählte Orte (wie etwa Internet-Cafés) in Betracht. Zu beachten ist, dass im Zusammenhang mit dem Unfallversicherungsschutz nach dem ASVG und B-KUVG zwischen Telearbeit im engeren Sinn und Telearbeit im weiteren Sinn differenziert wird und sich daraus Unterschiede beim unfallversicherungsrechtlichen Wegeschutz ergeben.
Nach der Bestimmung des Abs. 2 ist die Telearbeit an sich sowie die Orte, an denen diese erbracht werden kann, zwischen der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer und der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber aus Beweisgründen schriftlich zu vereinbaren, da die Verlagerung des Ortes der Erbringung der Arbeitsleistung in der Regel eine grundlegende Abweichung von der bisherigen arbeitsvertragsrechtlichen Vereinbarung darstellt. Dementsprechend kann Telearbeit nur im Einvernehmen zwischen den Arbeitsvertragsparteien vereinbart werden. Weder soll Telearbeit einseitig durch die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber angeordnet werden können, noch soll die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf Telearbeit haben. Das Fehlen der Schriftlichkeit führt entsprechend der bisherigen Rechtslage zu den Bestimmungen des Homeoffice nicht zur Nichtigkeit der Telearbeitsvereinbarung. Eine Unterschrift ist nicht zwingend erforderlich, die Vereinbarung kann auch im elektronischen Weg (betriebliche IT-Tools, Handy-Signatur, E-Mail) zustande kommen. Entsprechend der bisherigen gesetzlichen Bestimmungen zu den Rahmenbedingungen der Vereinbarung von Homeoffice ist die Vereinbarung eines einseitigen Weisungsvorbehalts des Arbeitgebers, ob Telearbeit ausgeübt wird, nicht zulässig, da dies dem Grundsatz der einvernehmlichen Festlegung der Telearbeit widerspricht.
Wesentlich für die Telearbeit gemäß § 2h ist, dass die Arbeitsleistung im Rahmen der Telearbeit regelmäßig und damit wiederholt in bestimmten Zeitabständen erbracht werden soll. Soll die Arbeitsleistung lediglich im Anlassfall außerhalb der Örtlichkeiten des Unternehmens erfolgen, ohne dass von den Arbeitsvertragsparteien weitere regelmäßige auswärtige Einsätze beabsichtigt wären, so liegt keine Telearbeit im Sinne des § 2h vor.
Die Voraussetzung des Einsatzes der erforderlichen Informations- und Kommunikationstechnik bedeutet nicht, dass die Arbeitsleistung im Rahmen der Telearbeit ausschließlich über Verwendung dieser technischen Mittel erfolgen muss. Wesentlich ist, dass die Arbeitsleistung in einem groben Zusammenhang mit der Verwendung der Informations- und Kommunikationstechnologie steht. Die Erbringung von Arbeitsleistungen mit anderen Mitteln wie z.B. die Bearbeitung oder Durchsicht von Papierunterlagen kann z.B. im Rahmen der Telearbeit erbracht werden, wenn diese Unterlagen zuvor (etwa in den Räumlichkeiten des Unternehmens) ausgedruckt wurden.
Abs. 3 und 4 entsprechen – abgesehen von redaktionellen Anpassungen – den bisherigen Homeoffice-Regelungen.
Gemäß Abs. 3 ist die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber grundsätzlich zur Bereitstellung der im Zusammenhang mit regelmäßigen Arbeiten im Rahmen der Telearbeit stehenden erforderlichen digitalen Arbeitsmittel verpflichtet. Davon kann durch Vereinbarung abgewichen werden. Werden digitale Arbeitsmittel entsprechend dieser Vereinbarung von der oder dem Beschäftigten bereitgestellt, hat die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber einen angemessenen und erforderlichen Kostenersatz zu leisten. Die Kosten können auch pauschaliert abgegolten werden. Unter digitalen Arbeitsmitteln sind die erforderliche IT-Hardware und Software, die tatsächlich notwendige Datenverbindung und erforderlichenfalls ein Diensthandy zu verstehen. Unter einer abweichenden Vereinbarung im Sinne des Abs. 3 ist sowohl eine Einzelvereinbarung als auch eine Betriebsvereinbarung zu verstehen.
Abs. 4 sieht entsprechend der bisherigen Rechtslage eine vorzeitige Auflösungsmöglichkeit der Telearbeitsvereinbarung aus wichtigem Grund unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zum Letzten eines Kalendermonats vor. Dieser kann etwa in wesentlichen Veränderungen der betrieblichen Erfordernisse oder wesentlichen Veränderungen der Situation der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers (z.B. der Wohnsituation oder Verfügbarkeit eines Coworking-Spaces ...) gelegen sein, die die Erbringung der Arbeitsleistung in Telearbeit nicht mehr erlauben. Darüber hinaus können in der Vereinbarung Befristungen oder Kündigungsregelungen enthalten sein.
In der Telearbeit gelten die gleichen datenschutzrechtlichen Bestimmungen wie im Büro (insbesondere DSGVO und DSG). In der Vereinbarung können folgende datenschutzrechtliche Fragestellungen berücksichtigt werden: Festlegung der datenschutzrechtlichen Verantwortung für die Datenverarbeitung und die Datensicherheit bei Telearbeit, insbesondere, wenn mit digitalen Arbeitsmitteln der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers gearbeitet wird; Auflagen zur sicheren Verwahrung von Zugangsdaten und Passwörtern zu digitalen Geräten bei Telearbeit; Vorgaben für die sichere Verwahrung des digitalen Gerätes sowie von Datenträgern und Ausdrucken; sichere Löschung von personenbezogenen Daten auf den digitalen Geräten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers; Verwendung von externen Datenträgern und deren Absicherung (z.B. Verschlüsselung); Hinweise auf die ebenso bei Telearbeit geltende Meldepflicht für Datenschutzverletzungen (Data Breach) sowie die Haftung für Schäden durch Datenschutzverletzungen.
§ 2h samt Überschrift tritt mit 1. Jänner 2025 in Kraft und ist auf ab diesem Zeitpunkt neu geschlossene Telearbeitsvereinbarungen sowie auf bestehende Vereinbarungen gemäß § 2h Abs. 2 in der Fassung vor dieser Novelle anzuwenden. Damit ist klargestellt, dass bisherige Homeoffice-Vereinbarungen ihre Gültigkeit behalten und nicht insbesondere hinsichtlich der Örtlichkeit neu vereinbart werden müssen. Sollen neue „Telearbeits-Örtlichkeiten“ dazukommen, sind diese zwischen den Arbeitsvertragsparteien zu vereinbaren.
Zu den Art. 2, 3 und 4 (Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes, Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 und des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes):
In diesen Bestimmungen wird das Wort „Homeoffice“ durch „Telearbeit“ ersetzt.
Mit der Erweiterung des Begriffs „Telearbeit“ in § 2h AVRAG ist auch § 4 Abs. 10 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 (ArbIG) dahingehend anzupassen, dass das Arbeitsinspektorat kein Betretungsrecht von Wohnungen, in denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Telearbeit leisten, besitzt.
Ein Betreten mit Zustimmung der Betroffenen ist weiterhin zulässig. Arbeitsinspektionsorgane dürfen daher auf Verlangen einer Arbeitnehmerin bzw. eines Arbeitnehmers einen Telearbeit-Arbeitsplatz vor Ort besichtigen. Eine Einschränkung dieses Rechts der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würde den verfassungsrechtlich geschützten Grundrechten der in den Privathaushalten lebenden Personen widersprechen (Recht der Achtung des Privat- und Familienlebens, Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, Art. 7 der Charta der Grundrechte der europäischen Union, und die Unverletzlichkeit des Hausrechts, Art. 9 des Staatsgrundgesetzes).
Die Einschränkung des Betretungsrechts kommt nur in Zusammenhang mit Telearbeit zur Anwendung. Es gilt insbesondere nicht, wenn eine Wohnung gewerblich genützt wird, ebenso nicht, wenn es sich um einen Wohnraum oder eine Unterkunft nach § 4 Abs. 1 handelt oder wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Unternehmen andere Arbeiten als Homeoffice in Wohnungen durchführen (z.B. Bauarbeiten).
Zu den Art. 5 und 6 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes und des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes)
Mit der Neufassung des § 2h AVRAG wurde auch eine Novellierung der sozialversicherungsrechtlichen Regelungen betreffend den Unfallversicherungsschutz im Zusammenhang mit Homeoffice in § 175 Abs. 1a und 1b ASVG und in § 90 Abs. 1a und 1b B-KUVG sowie des § 49 Abs. 3 Z 31 ASVG notwendig.
Zu § 49 Abs. 3 Z 31 ASVG
Im Hinblick auf die Änderung der Begrifflichkeiten im Einkommensteuerrecht ist auch § 49 Abs. 3 Z 31 ASVG dahingehend anzupassen, dass der Ausdruck „Homeoffice-Pauschale“ durch das Wort „Telearbeitspauschale“ ersetzt wird.
Zu § 175 Abs. 1a Z 1 ASVG, § 90 Abs. 1a Z 1 B-KUVG
Aus unfallversicherungsrechtlicher Sicht hat sich die bisherige Definition des Begriffs Homeoffice, die auf die Definition in § 2h AVRAG Bezug nimmt, als zu eng erwiesen und konnte nicht alle Lebensrealitäten abbilden. Aus diesem Grund wird nun eine eigene Definition der Telearbeit mit einer Unterscheidung in Telearbeit im engeren Sinn und Telearbeit im weiteren Sinn in den einschlägigen unfallversicherungsrechtlichen Bestimmungen vorgenommen.
Konkrete Örtlichkeiten an denen Telearbeit ausgeübt werden kann, waren bisher nicht gesetzlich normiert, sondern konnten nur teilweise aus den Gesetzesmaterialien zur bisherigen Regelung abgeleitet werden. Nunmehr wird in § 175 Abs. 1a Z 1 lit. a und b ASVG sowie in § 90 Abs. 1a Z 1 lit. a und b B-KUVG festgelegt, dass Telearbeit im engeren Sinn in der Wohnung an der ein Haupt- oder Nebenwohnsitz des/der Versicherten besteht (Homeoffice), oder einer Wohnung eines/einer nahen Angehörigen des/der Versicherten ausgeübt werden kann. Der Angehörigenkreis wird im Gesetz abschließend geregelt und geht über die bisher umfassten Personen hinaus, womit den üblichen Lebensrealitäten entsprochen wird. Außerdem werden in der jeweiligen lit. c Räumlichkeiten eines Coworking-Spaces als Örtlichkeiten der Telearbeit im engeren Sinn festgelegt. Dabei handelt es sich um organisatorisch eingerichtete, vom/von der Dienstnehmer/Dienstnehmerin angemietete Büroräumlichkeiten. Nicht davon umfasst sind vom/von der Dienstgeber/Dienstgeberin angemietete und dem/der Dienstnehmer/Dienstnehmerin zur Verfügung gestellte Büroräumlichkeiten, weil diese ohnehin als Arbeits- bzw. Dienststätte zu qualifizieren sind.
Wohnungen von nahen Angehörigen und Räumlichkeiten eines Coworking-Spaces sollen aber nur als Örtlichkeiten von Telearbeit im engeren Sinn gelten, wenn sich diese in der Nähe zur Wohnung nach lit. a oder Arbeits- bzw. Dienststätte befinden oder die Entfernung von der Wohnung nach lit. a zu Wohnungen und Räumlichkeiten nach lit. b und c dem sonst üblichen Arbeitsweg entspricht. Trifft dies auf mehrere Örtlichkeiten nach lit. b und c zu, kann zwischen diesen Örtlichkeiten gewählt werden. Ist jedoch keine der in der Z 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, können diese als Örtlichkeiten von Telearbeit im weiteren Sinn gelten.
Zu § 175 Abs. 1a Z 2 ASVG, § 90 Abs. 1a Z 2 B-KUVG
Da Arbeitsverrichtungen zunehmend an beliebigen – primär vom/von der Dienstnehmer/Dienstnehmerin gewählten – Orten stattfinden, soll diesem Umstand mit der Definition von Telearbeit im weiteren Sinn Rechnung getragen werden. Schon bisher ist die Ausübung der die Versicherung begründenden Tätigkeit auch an diesen Orten aufgrund der allgemeinen Bestimmungen des § 175 Abs. 1 ASVG und des § 90 Abs. 1 B-KUVG geschützt.
Zu § 175 Abs. 1b ASVG, § 90 Abs. 1b B-KUVG
Der Wegeschutz im Zusammenhang mit der Arbeitsausübung in Form von Telearbeit wird – wie bisher im Zusammenhang mit Homeoffice – in § 175 Abs. 1b ASVG und in § 90 Abs. 1b B-KUVG geregelt. Dieser folgt der bestehenden Systematik der Risikoverteilung beim Wegeschutz, nach welcher gemischte Wege (d.h. sowohl betrieblich als auch eigenwirtschaftlich bedingte Wege) geschützt sind, wenn das betriebliche Interesse überwiegt. Auch der kausale Zusammenhang folgt den allgemeinen Prinzipien der gesetzlichen Unfallversicherung und erfährt durch die Neuregelung der Telearbeit keine Erweiterung.
Aufgrund der Möglichkeit Telearbeit von unterschiedlichsten Örtlichkeiten aus zu verrichten, kommt es jedoch zu einer Erweiterung des örtlichen Zusammenhangs mit der die Versicherung begründenden Tätigkeit und damit zu einer Ausweitung des Wegeschutzes im Vergleich zur bisherigen Rechtslage. Da sich dadurch eine Risikoerhöhung bei Wegen ergibt, wurde mit der Unterscheidung zwischen Örtlichkeiten von Telearbeit im engeren Sinn und Örtlichkeiten von Telearbeit im weiteren Sinn im Hinblick auf den Wegeschutz eine Abwägung getroffen und das Wegerisiko entweder dem/der Dienstgeber/Dienstgeberin oder dem/der Dienstnehmer/Dienstnehmerin zugeordnet, um eine lebensnahe und sachgerechte Verteilung beruflicher und privater Risiken beim Wegeschutz zu erreichen.
Grundsätzlich sollen die in § 175 Abs. 1a Z 1 ASVG und in § 90 Abs. 1a Z 1 B-KUVG genannten Örtlichkeiten von Telearbeit im engeren Sinn privilegiert werden. Die Wohnung eines/einer nahen Angehörigen (lit. b) und Räumlichkeiten eines Coworking-Spaces (lit. c) müssen sich dafür jedoch in der Nähe zur Wohnung nach lit. a (Haupt- oder Nebenwohnsitz des/der Versicherten) oder Arbeits- bzw. Dienststätte befinden oder die Entfernung von der Wohnung nach lit. a zu Wohnungen und Räumlichkeiten nach lit. b und c muss dem sonst üblichen Arbeitsweg entsprechen. Die Bezugnahme auf die „Nähe zur Wohnung nach lit. a oder Arbeitsstätte“ bzw. „Dienststätte“ soll es insbesondere Wochenpendlerinnen und Wochenpendlern ermöglichen Telearbeit im engeren Sinn auch in unmittelbarer Nähe zu ihrem ständigen Aufenthalt (iSd Mittelpunkts der privaten Lebensinteressen) auszuüben. Ein Abstellen auf den „sonst üblichen Arbeitsweg“ wäre in diesem Fall nicht zweckmäßig. Eine Entfernung entspricht dem „sonst üblichen Arbeitsweg“, wenn der Weg zur Wohnung eines/einer nahen Angehörigen (lit. b) oder zu Räumlichkeiten eines Coworking-Spaces (lit. c) dem Weg zur Arbeits- bzw. Dienststätte in zeitlicher und örtlicher Distanz vergleichbar ist. Ist eine dieser Voraussetzungen erfüllt, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass nicht ausschließlich eigenwirtschaftliche, sondern betriebliche Interessen im Vordergrund stehen. Als Maßstab für diese Beurteilung können etwa der tatsächliche individuelle Tagespendelbereich und die damit verbundenen Fahrtkosten der jeweiligen unselbständig erwerbstätigen Person herangezogen werden. Wege zum Nebenwohnsitz (lit. a) sind unabhängig von der Entfernung privilegiert, sofern ein ursächlicher Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Tätigkeit gegeben ist.
Bei einer ausschließlichen Verrichtung der die Versicherung begründenden Beschäftigung mittels Telearbeit im engeren Sinn ist auch der betriebsbedingte ausnahmsweise Weg von einer dieser Örtlichkeiten der Telearbeit im engeren Sinn zur Arbeitsstätte/Dienststätte und von der Arbeitsstätte/Dienststätte zu einer dieser Örtlichkeiten nach den allgemeinen Grundsätzen des Wegeschutzes der gesetzlichen Unfallversicherung geschützt.
Bei Wegen zu weiter entfernten oder anderen Örtlichkeiten der Telearbeit (Örtlichkeiten der Telearbeit im weiteren Sinn) stehen zwangsläufig eigenwirtschaftliche Interessen im Vordergrund. Darunter fallen etwa die Fahrt zum Park, in das Freibad oder in das Kaffeehaus, um dort zu arbeiten, die (stundenweise) Verrichtung von Telearbeit im Hotelzimmer oder einer Ferienwohnung während eines Urlaubsaufenthalts, aber auch die Fahrt zu, im Vergleich zum üblichen Arbeitsweg, weit entfernt wohnenden Eltern. In diesen Fällen steht zwar die konkrete Verrichtung der Arbeitstätigkeit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, die Auswahl der konkreten Örtlichkeiten liegt jedoch überwiegend im eigenwirtschaftlichen Interesse des/der Dienstnehmers/Dienstnehmerin. Deshalb ist der Weg zu und von diesen Örtlichkeiten unfallversicherungsrechtlich nicht geschützt.
Zu Art. 7 (Änderung des Notarversorgungsgesetzes):
Zu § 2 Z 2 NVG 2020:
Im Zuge der Ausarbeitung des Kommentars zum NVG 2020 sind erhebliche Schutzdefizite bezüglich der Unfallversicherung der in die Vorsorge nach dem NVG 2020 einbezogenen Personen aufgefallen. Diese Schutzdefizite, die z. B. Unfälle im Homeoffice oder auf Kinderbetreuungswegen betreffen, sind zu beseitigen.
Durch die Ausweitung des Begriffes des Dienstunfalles soll die Privilegierung von Unfällen bei der Berechnung der Versorgungsleistung auch auf diese Situationen ausgeweitet und die Versicherten nach dem NVG 2020 diesbezüglich mit jenen nach dem ASVG gleichgestellt werden. Eine Einbeziehung von Unfällen nach § 176 ASVG ist nicht erforderlich, weil die in Frage kommenden Tätigkeiten (vgl. § 176 Abs. 1 Z 2, 3, 6 bis 8, 10 und 13 ASVG) auch dann von der gesetzlichen Unfallversicherung geschützt sind, wenn die betreffende Person selbst nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert ist (vgl. § 176 Abs. 3 Satz 1 ASVG).
Zu Art. 8 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988):
Zu Z 1 und Z 3 bis Z 5 (§ 16 Abs. 1 Z 7, § 26 Z 9, § 41 Abs. 1 Z 13 EStG 1988)
Vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie, aber auch in Anerkennung der rezenten Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung und Modernisierung von Arbeitsverhältnissen, wurde mit § 26 Z 9 EStG 1988 idFd 2. COVID-19-Steuermaßnahmengesetzes, BGBl. I Nr. 52/2021, vorgesehen, dass eine Arbeitgeberin oder ein Arbeitgeber der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer für die Ausübung der beruflichen Tätigkeit im „Homeoffice“ ein betraglich gedeckeltes, nicht steuerbares Pauschale auszahlen kann. Gemäß lit. a idgF ist „Homeoffice“ eine ausschließlich in der Wohnung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung ausgeübte Tätigkeit.
Mit der gegenständlichen Änderung soll der materielle Anwendungsbereich des § 26 Z 9 EStG 1988 erweitert werden, indem auf den geänderten § 2h AVRAG verwiesen wird. In Zukunft soll daher unter Zugrundelegung des Begriffs der „Telearbeit“ iSd zitierten Bestimmung ein Telearbeitspauschale ausgezahlt werden können. Gleichzeitig wird dadurch ein einheitlicher Telearbeitsbegriff eingeführt, der sowohl im Arbeits- als auch im Steuerrecht Geltung haben soll. Allerdings soll § 2h AVRAG insofern sinngemäß anzuwenden sein, als die Regelung in § 26 Z 9 EStG 1988 nicht nur für privatrechtliche Arbeitsverhältnisse, sondern für sämtliche Dienstverhältnisse gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 zur Anwendung kommen soll.
Die Voraussetzungen für die nicht steuerbare Inanspruchnahme eines Telearbeitspauschales sollen gegenüber der bisherigen Rechtslage unverändert bleiben, d.h. das Pauschale beträgt bis zu drei Euro pro ausschließlichem Telearbeitstag und steht für höchstens 100 Tage im Kalenderjahr zu. Dass die berufliche Tätigkeit der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers wie bisher ausschließlich in der Wohnung selbst ausgeübt wird, ist nicht mehr nötig. Es kommt insoweit zu einer Ausweitung der zulässigen Örtlichkeiten für die Gewährung des Telearbeitspauschales, als die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer ihre/seine Arbeit auch an anderen Örtlichkeiten absolvieren kann, die jedoch nicht zum Unternehmen der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers gehören dürfen.
Ein allenfalls den Höchstbetrag von 300 Euro übersteigender Betrag stellt weiterhin steuerpflichtigen Arbeitslohn dar, der im Wege der Veranlagung nachversteuert wird. Die Telearbeitstage und das gewährte Telearbeitspauschale sind von der Arbeitgeberin oder von dem Arbeitgeber – wie bisher die Homeoffice-Tage und das Homeoffice-Pauschale – im Lohnkonto zu erfassen sowie am Lohnzettel anzugeben. Ein Telearbeitspauschale soll nur dann nicht steuerbar zuerkannt werden können, wenn die Telearbeitstage durch die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber am Lohnzettel ausgewiesen sind.
In § 26 Z 9 lit. b EStG 1988 soll die Bezugnahme auf mehrere Arbeitgeberinnen oder Arbeitgeber entfallen, weil im Rahmen der Pflichtveranlagung nicht differenziert wird, ob der Maximalbetrag von 300 Euro durch einen oder mehrere Arbeitgeberinnen oder Arbeitgeber überschritten wird.
Zu Z 2 (§ 16 Abs. 1 Z 7a EStG 1988):
Aufgrund der Übernahme des Begriffs „Telearbeit“ iSd § 2h AVRAG in § 26 Z 9 EStG 1988 sollen die entsprechenden Verweise der Regelungen betreffend Homeoffice und Homeoffice-Pauschale in den §§ 16 Abs. 1 Z 7 und Z 7a sowie 41 Abs. 1 Z 13 EStG 1988 angepasst werden.
Die Geltendmachung von Ausgaben für ergonomisch geeignetes Mobiliar als Werbungskosten soll – wie bisher – unter der Voraussetzung möglich sein, dass kein steuerlich anerkanntes Arbeitszimmer vorliegt und das Mobiliar für einen in der Wohnung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers eingerichteten Arbeitsplatz angeschafft wurde. Weiters muss die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer zumindest 26 Telearbeitstage gemäß § 26 Z 9 lit. a EStG 1988 im Kalenderjahr geleistet haben. Es soll daher ausreichend sein, wenn die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber – entsprechend den Vorgaben des § 26 Z 9 EStG 1988 – Telearbeitstage im Lohnkonto erfasst und am Lohnzettel ausweist. Damit sollen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bürokratisch entlastet und Doppelgleisigkeiten (Erfassung von „Homeoffice-Tagen“ für Zwecke des § 16 Abs. 1 Z 7a EStG 1988 und von Telearbeitstagen nach § 26 Z 9 EStG 1988) vermieden werden.
Das Telearbeitspauschale – statt bisher „Homeoffice-Pauschale“ – soll weiterhin für ausschließliche Telearbeitstage zustehen (siehe Ausführungen zu Z 1). Auch die übrigen Voraussetzungen (insb. Höchstbetrag von 300 Euro pro Kalenderjahr und Geltendmachung eines Überschreitungsbetrages sowie Anrechnung des Differenzbetrages) sollen unverändert bleiben.
Zu Z 6 (§ 124b Z 453 EStG 1988):
Die geänderten Fassungen der §§ 16 Abs. 1 Z 7 und Z 7a, 26 Z 9 und 41 Abs. 1 Z 13 EStG 1988 sollen erstmals für Lohnzahlungszeiträume ab Jänner 2025 bzw. ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2025 anwendbar sein.
Zu Art. 9 (Änderung des Heimarbeitsgesetzes):
Hier erfolgt die Berichtigung eines Redaktionsversehens.
Zu Art. 10 (Änderung des Landarbeitsgesetzes 2021):
Mit den vorgeschlagenen Bestimmungen werden die Änderungen des AVRAG, des ArbIG und des ArbVG im Bereich des LAG 2021 nachvollzogen. Dazu wird auf die Erläuterungen zu Art. 1, 2 und 3 verwiesen. In § 345 Abs. 3 LAG 2021 wird ein Redaktionsversehen beseitigt, das in engem Zusammenhang mit den Änderungen zum Arbeiten im Homeoffice steht, sodass die Beseitigung dieses Versehens unumgänglich ist.