Erläuterungen

I. Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Zum Einkommensteuergesetz 1988:

Spiegelbildlich zur bereits bestehenden Regelung der Übertragungen von Wirtschaftsgütern des Privat- oder Sonderbetriebsvermögens in das Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft („Einlage“) soll eine Regelung für den umgekehrten Vorgang der Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft in das Privat- oder Sonderbetriebsvermögen („Entnahme“) des Steuerpflichtigen vorgesehen werden.

Zum Körperschaftsteuergesetz 1988:

Es soll sichergestellt werden, dass innerhalb von Unternehmensgruppen das Abzugsverbot von Teilwertabschreibungen und Veräußerungsverluste bei der Gewinnermittlung nicht umgangen wird. Außerdem soll im Rahmen der Gruppenbesteuerung soll Möglichkeit eines Verzichts auf die Zurechnung von ausländischen Verlusten geschaffen werden, die zu einer Verwaltungsvereinfachung führen soll. Weiters soll vor dem Hintergrund der international fortschreitenden Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung klargestellt werden, dass im Bereich der Körperschaftsteuer für Zwecke des § 10a und des § 12 Abs. 1 Z 10 auch anerkannte nationale Ergänzungssteuern bei der Beurteilung des Vorliegens einer Niedrigbesteuerung zu berücksichtigen sind.

Zum Mindestbesteuerungsgesetz 1988:

Es sollen Anpassungen beim temporären CbCR-Safe-Harbour erfolgen, Redaktionsversehen beseitigt und Klarstellungen vorgenommen werden.

Zum Investmentfondsgesetz 2011:

Es soll im Sinne der Rechtssicherheit klargestellt werden, dass unter „Einkünften im Sinne des § 27 des Einkommensteuergesetzes 1988“ ausschließlich jene Einkünfte zu verstehen sind, auf die ein besonderer Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1988 anwendbar ist.

Zum Immobilien-Investmentfondsgesetz:

Es sollen klarstellende Anpassungen in § 14 zum Gewinnausweis von Immobilienfonds vorgenommen werden.

Zum Umsatzsteuergesetz 1994:

In Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/542 soll bei sonstigen Leistungen iSd § 3a Abs. 11 lit. a, wenn diese virtuell verfügbar gemacht werden, der Leistungsort klar geregelt und – in Anlehnung an die elektronisch erbrachten Leistungen – das Empfängerortprinzip vorgesehen werden.

Es soll von der in Richtlinie (EU) 2022/542 vorgesehenen Möglichkeit, eine Steuerbefreiung für Lebensmittelspenden vorzusehen, Gebrauch gemacht werden.

In Umsetzung der Richtlinie (EU) 2020/285 soll die Kleinunternehmerbefreiung auch von Unternehmern angewandt werden können, die ihr Unternehmen nicht in Österreich, sondern in einem anderen Mitgliedstaat betreiben, sofern der unionsweite Jahresumsatz des Unternehmers 100 000 Euro im vorangegangen Jahr nicht und im laufenden Jahr noch nicht übersteigt.

Die Anwendung der Differenzbesteuerung soll in Umsetzung von Art. 316 der Richtlinie 2006/112/EG idF Richtlinie (EU) 2022/542 nicht mehr möglich sein, wenn die Lieferung an einen Wiederverkäufer oder die Einfuhr durch einen Wiederverkäufer einem ermäßigten Steuersatz unterliegt.

Zum Gebührengesetz 1957:

Im Interesse der Verwaltungsvereinfachung soll die Gebührenpauschalierung für Verfahren des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) aufkommensneutral zu einer reinen Antragsgebühr transformiert werden.

Für Beilagen und Zeugnisse, die auf elektronischem Wege übermittelt bzw. ausgestellt werden, sollen Begünstigungen geschaffen werden. Darüber hinaus sollen Redaktionsversehen behoben werden und Klarstellungen erfolgen.

Zur Bundesabgabenordnung:

Mit den vorgeschlagenen Bestimmungen sollen technische Anpassungen von verfahrensrechtlichen Bestimmungen erfolgen.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 4 B-VG (Bundesfinanzen und Monopolwesen) und aus § 7 F-VG 1948.

II. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988)

Zu Z 1 und Z 15 (§ 4a Abs. 4 Z 1 lit. b und § 124b Z 453):

Mit dieser Änderung soll es Organisationen ermöglicht werden, in einem unwesentlichen Umfang auch nicht spendenbegünstigte, aber abgabenrechtlich begünstigte kirchliche Zwecke (§ 38 BAO) zu verfolgen.

Zu Z 1 (§ 4a Abs. 7 Z 5a):

Begleitend zur Einführung einer Umsatzsteuerbefreiung für Lebensmittelspenden an durch Bescheid begünstigte mildtätige Einrichtungen soll sichergestellt werden, dass auch im Bereich der Einkommen- und Körperschaftsteuer solche Zuwendungen neutral für den zuwendenden Steuerpflichtigen sind. Durch die einmalige Abzugsfähigkeit des Restbuchwerts (und somit der gesamten Einstandskosten, die der Steuerpflichtige trägt) hat die Zuwendung für den Steuerpflichtigen weder Vor- noch Nachteile und im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung wird vermieden, dass der gemeine Wert der zugewendeten Lebensmittel ermittelt werden muss. Die sonstigen Regelungen der Z 5 (insbesondere kein Ansatz des Teilwerts als Betriebseinnahme) sollen auch für solche Lebensmittelspenden gelten.

Zu Z 2 und Z 15 (§ 4c Abs. 1 Z 3 und § 124b Z 453):

Der Verweis auf die Anwendung der Regelung des § 4b Abs. 1 Z 3 (Zuwendungsvortrag) soll dahingehend präzisiert werden, dass diese Regelung bei der Innovationsstiftung für Bildung und deren Substiftungen ebenfalls nur auf Vermögensstockzuwendungen anzuwenden ist, sodass eine Gleichbehandlung in § 4b und § 4c in Bezug auf derartige Zuwendungen gewährleistet ist.

Zu Z 3 (§ 18 Abs. 1 Z 7, 8 und 9):

Mit der Änderung des ersten Satzes in Z 7 soll ein Redaktionsversehen bereinigt werden: Der maßgebende Spendendeckel von 10% des Gesamtbetrages der Einkünfte ist vor Berücksichtigung von Zuwendungen gemäß Z 8 (Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen) und Z 9 (Zuwendungen an die Innovationsstiftung für Bildung und deren Substiftungen) zu ermitteln.

In Z 7 und Z 8 soll zusätzlich klargestellt werden, dass lohnsteuerlich begünstigt behandelte nichtselbständigen Einkünfte, die entsprechend § 41 Abs. 4 erster Satz im Rahmen der Veranlagung nicht dem Einkommensteuertarif unterworfen werden, bei Ermittlung des Sonderausgabenhöchstbetrages außer Ansatz bleiben. Derartige begünstigte Bezugsteile werden damit gleichbehandelt wie sondersteuersatzbegünstigte Kapital- und Grundstückseinkünfte, die gemäß § 27a Abs. 1 bzw. § 30a Abs. 1 bei Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte auch nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sie – auf Grund einer Regelbesteuerungsoption – im tarifsteuerpflichtigen Gesamtbetrag der Einkünfte enthalten sind. In der Vollzugspraxis tritt dadurch keine Änderung ein.

Mit der Änderung der Z 9 (Zuwendungen an die Innovationsstiftung für Bildung und deren Substiftungen) soll zusätzlich ein Redaktionsversehen bereinigt werden: Mit dem GemRefG 2023, BGBl. I Nr. 188/2023, wurde für betriebliche Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen (§ 4b) und an die Innovationsstiftung für Bildung und deren Substiftungen (§ 4c) ein Zuwendungsvortrag eingeführt. Während für Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen eine entsprechende Regelung auch im Rahmen der Sonderausgaben umgesetzt wurde (Z 8), ist dies für die Innovationsstiftung für Bildung sowie deren Substiftungen (Z 9) unterblieben. Diese ungeplante Lücke soll geschlossen werden.

Die Regelung in Z 9 entspricht inhaltlich grundsätzlich der Z 8. Vom Zuwendungsvortrag sollen im Rahmen der Z 9 aber nur Zuwendungen zur ertragsbringenden Vermögensausstattung erfasst sein, um Stiftungen gemäß § 4b und § 4c gleich zu behandeln; für betriebliche Zuwendungen soll das in § 4c Abs. 1 Z 3 ausdrücklich klargestellt werden. Korrespondierend dazu soll daher auch in Z 9 lit. b ausdrücklich verankert werden, dass nur Zuwendung zur ertragsbringenden Vermögensausstattung, nicht aber andere freigebige Zuwendungen, vortragsfähig sind.

Zu Z 4 und Z 15 (§ 24 Abs. 7 und § 124b Z 455):

Aufgrund der Erweiterung des § 32 Abs. 3 auf Überführungen von Wirtschaftsgütern aus dem Gesellschaftsvermögen in das Privat- oder Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen soll nunmehr auch § 24 Abs. 7 angepasst und auf den spiegelbildlichen Vorgang erweitert werden. Vor diesem Hintergrund soll im letzten Satz des § 24 Abs. 7 die sinngemäße Anwendung des § 32 Abs. 3 auch für die Übertragung von (Teil)Betrieben oder Mitunternehmeranteilen durch Personengesellschaften zum Ausgleich untergehender Gesellschafterrechte an der Personengesellschaft vorgesehen werden. Künftig soll es daher nicht nur bei sogenannten „verunglückten“ Zusammenschlüssen, sondern auch bei sogenannten „verunglückten“ Realteilungen nur noch zu einer anteiligen Realisierung hinsichtlich der in der „Fremdquote“ enthaltenen stillen Reserven kommen.

Fällt die gesellschaftsrechtliche Übertragung von (Teil)Betrieben oder Mitunternehmeranteilen nicht unter Art. V UmgrStG („verunglückte“ Realteilung), soll es der allgemeinen ertragsteuerlichen Regelung des § 32 Abs. 3 Z 2 entsprechend nur insoweit zur Aufdeckung der stillen Reserven einschließlich eines allfälligen Firmenwertes und stiller Lasten kommen, als das Vermögen den übrigen Gesellschaftern nachfolgend steuerlich nicht mehr zuzurechnen ist. Folglich kommt es im Rahmen der Tauschbesteuerung (nur) zu einem Veräußerungsgewinn in Höhe der sog. „Fremdquote“. Im Ausmaß der sog. „Eigenquote“, d.h. insoweit das begünstigte Vermögen dem Übernehmenden vor wie nach der Übertragung weiterhin steuerlich zuzurechnen ist, sollen die bisherigen Buchwerte fortgeführt werden.

Aufgrund der analogen Anwendung von § 32 Abs. 3 Z 2 soll auch im Anwendungsbereich des § 24 Abs. 7 sichergestellt sein, dass die Versteuerung des anteiligen Entnahme- bzw. Veräußerungsgewinnes nur beim entnehmenden bzw. bei den übrigen Steuerpflichtigen erfolgt.

Beispiel:

A und B sind an der AB-OG zu jeweils 50% beteiligt, die den Teilbetrieb 1 (BW 100; gemeiner Wert 200) und den Teilbetrieb 2 (BW 20; gemeiner Wert 200) führt. A und B kommen überein, die Personengesellschaft zu liquidieren, wobei A den Teilbetrieb 1 und B den Teilbetrieb 2 erhält. Art. V UmgrStG kommt wegen einer Fristverletzung ohne Sanierung nicht zur Anwendung.

-       Die stillen Reserven des TB 1 betragen 100 und fallen zu jeweils 50% auf A und B:

Indem B seinen 50%igen Anteil an TB 1 (BW 50; gemeiner Wert 100) aufgibt, hat er iSd § 24 Abs. 7 letzter Satz in Verbindung mit § 32 Abs. 3 Z 2 einen Tausch gem. § 6 Z 14 lit. a iHv 50 zu versteuern („Fremdquote“). Weil im Ausmaß von 50% der TB 1 dem A bereits zuzurechnen war, kommt es insoweit zur Buchwertfortführung in Höhe von 50 („Eigenquote“). Die Anschaffungskosten der erhaltenen 50%igen Beteiligung des von B abgetretenen Anteils am TB 1 betragen daher 100. Die Anschaffungskosten des gesamten TB 1 betragen bei A folglich 150.

-       Die stillen Reserven des TB 2 betragen 180 und fallen zu jeweils 50% auf A und B:

Indem A seinen 50%igen Anteil an TB 2 (BW 10; gemeiner Wert 100) aufgibt, hat er iSd § 24 Abs. 7 letzter Satz in Verbindung mit § 32 Abs. 3 Z 2 einen Tausch gem. § 6 Z 14 lit. a iHv 90 zu versteuern („Fremdquote“). Weil im Ausmaß von 50% der TB 2 dem B bereits zuzurechnen war, kommt es insoweit zur Buchwertfortführung in Höhe von 10 („Eigenquote“). Die Anschaffungskosten der erhaltenen 50%igen Beteiligung des von A abgetretenen Anteils am TB 2 betragen daher 100. Die Anschaffungskosten des gesamten TB 2 betragen bei B folglich 110.

Aufgrund des Verweises in § 29 Abs. 1 Z 2 UmgrStG auf § 24 Abs. 2 letzter Satz UmgrStG, der wiederum auf § 24 Abs. 7 letzter Satz verweist, soll es auch künftig bei einer Vorsorgeverletzung im Rahmen einer unter das Umgründungssteuergesetz fallenden Realteilung nur mehr zu einer anteiligen Realisierung der stillen Reserven hinsichtlich der „Fremdquote“ kommen.

§ 24 Abs. 7 idF BGBl XX/2024 soll erstmals für Übertragungen mit einem Stichtag nach dem 30. Juni 2024 anwendbar sein.

Zu Z 5 und Z 15 (§ 32 Abs. 3 und § 124b Z 456):

Mit dem AbgÄG 2023 wurde eine ausdrückliche Rechtsgrundlage zur steuerlichen Behandlung der Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Privat- oder Sonderbetriebsvermögen in das Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft geschaffen („Einlage“). Im Sinne der Rechtssicherheit soll nunmehr auch der spiegelbildliche Vorgang („Entnahme“) ausdrücklich gesetzlich geregelt werden und daher § 32 Abs. 3 nunmehr in zwei Ziffern gegliedert werden: Z 1 regelt unverändert die Einlage von Wirtschaftsgütern, während die neue Z 2 den umgekehrten Vorgang der Entnahme von Wirtschaftsgütern aus dem Gesellschaftsvermögen von Personengesellschaften in das Privat- oder Sonderbetriebsvermögen eines Steuerpflichtigen regeln soll.

Dabei sollen die Rechtsfolgen für die Entnahme von Wirtschaftsgütern an jene für die Einlage von Wirtschaftsgütern in Personengesellschaften angelehnt werden. Folglich soll auch der Entnahmevorgang differenziert zwischen Fremd- und Eigenquote behandelt und in einen Veräußerungs- und einen Entnahmevorgang aufgespalten werden. Daher soll die Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft in das Privat- oder Sonderbetriebsvermögen nur insoweit eine Veräußerung darstellen, als die Wirtschaftsgüter den übrigen Gesellschaftern nach der Übertragung nicht mehr zuzurechnen sind („Fremdquote“). Insoweit die Wirtschaftsgüter dem entnehmenden Steuerpflichtigem vor wie nach der Übertragung zuzurechnen sind („Eigenquote“), soll eine Entnahme gem. § 6 Z 4 (Übertragung aus einer Mitunternehmerschaft in das Privatvermögen) oder ein steuerneutraler Vorgang (Übertragung aus einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft oder Übertragungen in das Sonderbetriebsvermögen) vorliegen. War demnach der entnehmende Steuerpflichtige bereits vor der Überführung in sein Privat- oder Sonderbetriebsvermögen zu 100% an der Personengesellschaft substanzbeteiligt, liegt kein (anteiliger) Veräußerungsvorgang vor.

Wie auch bei Übertragungen gem. Z 1 soll die gespaltene Betrachtungsweise auch bei Übertragungen nach Z 2 unabhängig davon zur Anwendung kommen, auf welcher rechtsgeschäftlichen Grundlage der Entnahmevorgang basiert. Somit soll die Regelung sowohl zur Anwendung kommen, wenn das Wirtschaftsgut aufgrund eines Kaufvertrages von der Personengesellschaft an den Gesellschafter (fremdüblich) veräußert wird, die Entnahme lediglich das variable Kapitalkonto vermindert (insb im Rahmen einer „Gewinnentnahme“) als auch, wenn die Entnahme gegen Aufgabe von Gesellschafterrechten (Gesellschaftsanteilen) erfolgt. Im Übrigen soll die bereits zu Einlagen bestehende Verwaltungspraxis weiter aufrechterhalten und auf Entnahmen sinngemäß übertragen werden. Dies gilt insbesondere für die Behandlung von nahen Angehörigen und die Bündelung mehrerer identer Wirtschaftsgüter in einer Personengesellschaft.

Der anlässlich der Übertragung entstehende Veräußerungsgewinn hinsichtlich der Fremdquote wird dabei auf Ebene der Personengesellschaft realisiert. Z 2 letzter Satz soll jedoch – analog zur Vorsorge gegen eine Steuerlastverschiebung bei der Einlage – ausdrücklich vorsehen, dass dieser Gewinn nur bei jenen Gesellschaftern zu erfassen ist, denen die Wirtschaftsgüter nach der Übertragung nicht mehr zugerechnet werden („Fremdquote“). Kommt es anlässlich der Übertragung zu einer Entnahme zum Teilwert, soll durch den zweiten Satz ebenso sichergestellt werden, dass auch dieser Entnahmegewinn ausschließlich bei jenem Gesellschafter zu erfassen ist, dem das Wirtschaftsgut auch nach der Übertragung zuzurechnen ist („Eigenquote“). Erfolgt die Entnahme zu Buchwerten bzw. liegt ein steuerneutraler Übertragungsvorgang vor, gehen die stillen Reserven der „Eigenquote“ im Wege der anteiligen Buchwertfortführung auf den entnehmenden Gesellschafter über.

Im neuen Schlussteil der Regelung soll aus systematischen Gründen eine bereits bisher bestehende Regelungslücke geschlossen werden, indem der Anwendungsbereich der Bestimmung erweitert wird. Die Regelungen sollen folglich auch dann anwendbar sein, wenn die Beteiligung an einer Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft oder vermögensverwaltende Personengesellschaft) zum Betriebsvermögen eines Betriebes eines Gesellschafters gehört und es zu Wirtschaftsgutübertragungen zwischen diesem (Eigen)Betrieb des Gesellschafters und dem Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft kommt. Somit sollen auch bei Übertragungen von Wirtschaftsgütern aus dem (Eigen)Betrieb des Steuerpflichtigen in das Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft eine anteilige Einlage und eine anteilige Veräußerung vorliegen (Z 1). Ebenso soll – spiegelbildlich – die Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft in den (Eigen)Betrieb des Steuerpflichtigen eine anteilige Entnahme und eine anteilige Veräußerung darstellen (Z 2). Dies gilt auch für Übertragungen zwischen dem Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft und dem Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft, deren Anteile von der Kapitalgesellschaft gehalten werden.

§ 32 Abs. 3 idF BGBl I Nr. xx/2024 soll erstmalig für Übertragungen von Wirtschaftsgütern nach dem 30 Juni 2024 anwendbar sein.

Zu Z 6 (§ 33 Abs. 3a Z 3):

In § 33 Abs. 3a Z 3 soll betreffend den Familienbonus Plus eine verfahrensrechtliche Ergänzung erfolgen. In Fällen, in denen der Familienbonus Plus bescheidmäßig gewährt wurde und dann festgestellt wird, dass kein Anspruch oder nur Anspruch auf den halben Familienbonus Plus besteht, soll dies nach Eintritt der Rechtskraft ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO darstellen und der Bescheid insoweit von Amts wegen abgeändert werden können.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist § 295a BAO nur der Verfahrenstitel zur Durchbrechung der materiellen Rechtskraft von vor Eintritt eines rückwirkenden Ereignisses erlassenen Bescheides. § 295a BAO ist nur anwendbar, wenn ein solches Ereignis nachträglich (nach Erlassung des Bescheids) eintritt (vgl. VwGH 1.3.2022, Ra 2021/13/0134). Es ist eine Frage des Inhalts bzw. der Auslegung der materiellrechtlichen Abgabenvorschriften, welchen Ereignissen Rückwirkung zukommt (vgl. VwGH 26.4.2023, Ra 2022/15/0057; VwGH 8.3.2021, Ra 2018/16/0109, mwN). Der VwGH hat den Antrag eines Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, auf Zuerkennung des Familienbonus Plus als rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO betreffend einen bereits an die Familienbeihilfenberechtigte ergangenen Bescheid, mit dem der Familienbonus Plus zur Gänze zuerkannt worden war, beurteilt (VwGH 19.10.2023, Ro 2023/13/0017). Der VwGH hat die Anwendbarkeit des § 295a BAO jedoch verneint, wenn ein Steuerpflichtiger von vornherein keinen Anspruch auf den Familienbonus Plus hat, wie dies zB häufig bei einem Stiefelternteil der Fall ist. Da eine Unterscheidung dieser Fälle erst im Nachhinein möglich ist, soll als Verfahrenstitel einheitlich § 295a BAO herangezogen werden können. Dies soll für alle offenen Verfahren gelten.

Beispiel:

Die Eltern von H sind geschieden. H lebt bei ihrer Mutter (M), welche die Familienbeihilfe für H bezieht. M hat erneut geheiratet (S). Da S mehr verdient als M beantragt S den ganzen Familienbonus Plus für H im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung und dieser wird antragsgemäß berücksichtigt. Zwei Jahre später beantragt der Vater von H (V) im Rahmen seiner Arbeitnehmerveranlagung ebenfalls den ganzen Familienbonus Plus für H, da er seine Unterhaltsverpflichtung für H zur Gänze erfüllt hat und ihm für 12 Monate der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht. V steht der Familienbonus Plus zu. S steht hingegen kein Familienbonus Plus für H zu (da er weder Familienbeihilfenbezieher noch Unterhaltsabsetzbetragsberechtigter ist) und sein Bescheid ist gemäß § 295a BAO von Amts wegen zu ändern.

Zu Z 6 und Z 15 (§ 33 Abs. 10 und 11 sowie § 124b Z 457):

§ 33 sieht derzeit in Abs. 10 und Abs. 11 unterschiedliche Regelungen für die Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes vor. Bei der Berechnungsmethode nach Abs. 10 wirken sich die Absetzbeträge nur aliquot aus. Aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Bedenken und der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens wurde mit dem AbgSiG 2007 Abs. 11 angefügt, der eine Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes vor Abzug der Absetzbeträge mit anschließendem Abzug der Absetzbeträge vorsieht.

Nach dem derzeitigen Wortlaut muss ein Progressionsvorbehalt aus der Anwendung eines DBA anzuwenden sein, um die Berechnung nach Abs. 11 auszulösen. Der Progressionsvorbehalt hat nach der VwGH-Judikatur (vgl. VwGH 7.9.2022, Ra 2021/13/0067) seine Rechtsgrundlage jedoch im innerstaatlichen Recht und ist anzuwenden, wenn unbeschränkte Steuerpflicht besteht und Einkünfte erzielt werden, die in Österreich nicht besteuert werden dürfen. Dann sind die in Österreich freigestellten Einkünfte in den Progressionsvorbehalt einzubeziehen.

Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung sollen daher ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2024 Abs. 10 und Abs. 11 zu einer einheitlichen Regelung in Abs. 10 zusammengeführt werden, wonach (wie im bisherigen Abs. 11) der Durchschnittssteuersatz aus der Tarifsteuer ohne Absetzbeträge zu ermitteln ist. Die Absetzbeträge sind erst nach Anwendung des Durchschnittssteuersatzes auf das Einkommen abzuziehen und wirken sich so in voller Höhe aus.

Zu Z 7 und Z 15 (§ 41 und § 124b Z 457):

§ 41 soll einerseits neu strukturiert werden. Dies soll vor dem Hintergrund erfolgen, dass künftig eine antragslose Veranlagung auch dann möglich sein soll, wenn ein Pflichtveranlagungstatbestand vorliegt – vorausgesetzt, dass sämtliche Erfordernisse für eine antragslose Veranlagung erfüllt sind. Aus diesem Grund sollen die Regelungen zur antragslosen Veranlagung aus § 41 Abs. 2 herausgelöst und in Abs. 2a geregelt werden. In Abs. 2 Z 1 wird nämlich darauf abgestellt, dass die Voraussetzungen gemäß Abs. 1 nicht vorliegen – also kein Pflichtveranlagungstatbestand vorliegen darf. Indem die Regelungen zur antragslosen Veranlagung aus Abs. 2 herausgelöst und in Abs. 2a geregelt werden, soll diese auch in Pflichtveranlagungsfällen möglich sein.

Andererseits soll bei nachträglicher Datenübermittlung die Voraussetzung entfallen, dass die Steuergutschrift höher werden muss und soll ein neuer Bescheid auch dann möglich sein, wenn die Gutschrift dadurch geringer wird.

Die Änderungen dienen der Verwaltungsvereinfachung und sollen ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2024 anzuwenden sein.

Zu Z 8 (§ 42):

Es soll ein Redaktionsversehen beseitigt werden, da die Änderung des § 42 im Gemeinnützigkeitsreformgesetz 2023 versehentlich durch die Änderung des § 42 mit dem Start-Up-Förderungsgesetz überschrieben wurde (§ 124b Z 442 und Z 445).

Zu Z 9 und Z 15 (§ 63 und § 124b Z 458):

Von den rund 480 000 jährlich erstellten Freibetragsbescheiden werden durchschnittlich bloß rund 4 Prozent dem Arbeitgeber zur Berücksichtigung am Lohnzettel vorgelegt. Um jene Mehrheit der Steuerpflichtigen, die diese Möglichkeit nicht in Anspruch nimmt, administrativ zu entlasten, sollen Freibetragsbescheide zukünftig nur auf Antrag erlassen werden.

Zudem soll § 63 Abs. 1 Z 2 vereinfacht werden, indem auf § 18 Abs. 1 Z 1 und 1a verwiesen wird, statt die entsprechenden Sonderausgaben-Tatbestände gesondert zu wiederholen.

Hinsichtlich der Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen, die in einem Freibetragsbescheid Berücksichtigung finden können, soll keine Änderung eintreten.

Die Neuregelung soll erstmals für Freibetragsbescheide anzuwenden sein, die mit einem Veranlagungsbescheid für das Kalenderjahr 2024 erstellt werden.

Zu Z 10 und Z 11 (§ 66 Abs. 1 und § 70 Abs. 2 Z 1):

Da § 33 Abs. 4 Z 4 durch BGBl. I Nr. 135/2022 entfallen ist, sollen auch die Verweise auf diese Bestimmung gestrichen werden.

Zu Z 12 lit. a (§ 84 Abs. 1 Z 4):

Durch die Zuordnung gewisser Zahlungen, insbesondere der Nachzahlung von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, zum Anspruchs- statt zum Zuflusszeitpunkt, kommt es häufiger zur Ausstellung von Lohnzetteln, die sich auf länger zurückliegende Zeiträume auswirken.

Um sicherzustellen, dass die Steuerberechnung zeitnah korrigiert und etwaige Steuerrückzahlungen veranlasst werden können, sollen derartige Lohnzettel zukünftig in jenem Kalendermonat zu übermitteln sein, das dem Quartal der Zahlung folgt statt wie bisher gemäß den allgemeinen Regelungen bis Ende Februar des folgenden Kalenderjahres.

Die Regelung soll für Zahlungen und Rückzahlungen gelten, die ab 1. Jänner 2024 geleistet werden, wobei die erstmalige Übermittlung von Lohnzetteln betreffend Zahlungen und Rückzahlungen im Zeitraum 1. Jänner 2024 bis 30. September 2024 bis spätestens 31. Oktober 2024 erfolgen soll.

Zu Z 12 lit. b (§ 84 Abs. 3):

Die Korrektur eines Lohnzettels stellt nach ständiger Rechtsprechung keinen Wiederaufnahmegrund nach § 303 BAO dar. Die Anwendbarkeit des § 295a BAO bei der nachträglichen Übermittlung von Lohnzetteln ist derzeit auf Berichtigungen nach einer Lohnsteuerprüfung eingeschränkt und soll künftig für sämtliche nachträglich übermittelte bzw. berichtigte Lohnzettel anzuwenden sein. Daher soll ausdrücklich normiert werden, dass die nachträgliche Übermittlung eines (korrigierten) Lohnzettels ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO darstellt. Durch die gesetzliche Verankerung eines ausdrücklichen Verfahrenstitels können der personelle sowie finanzielle und zeitliche Aufwand sowohl für die betroffenen Arbeitgeber als auch für die Finanzverwaltung erheblich reduziert werden.

Zu Z 13 (§ 108h):

Die nunmehr geltenden steuerlichen Zurechnungsregelungen in § 32 Abs. 4 sollen nicht (etwa bei echten Pensionsgeschäften iSd § 50 Abs. 2 BWG) auf die Berechnung der Aktienquote einer Zukunftsvorsorgeeinrichtung durchschlagen, weshalb künftig auf den Ausweis der Wertpapiere in der unternehmensrechtlichen Bilanz abgestellt werden soll.

Zu Z 14 (§ 124 Z 5):

Die in § 124 vorgesehenen Sonderregelungen für die Übertragung von Anwartschaften und Leistungsverpflichtungen aus Pensionszusagen und direkten Leistungszusagen auf Pensionskassen sind nur für Übertragungsstichtage bis 31. Dezember 2023 anwendbar. Um eine weitergehende Anwendung zu gewährleisten, soll die Regelung für Übertragungsstichtage bis 31. Dezember 2025 verlängert werden.

Zu Z 15 (§ 124b Z 459):

In den letzten Jahren haben virtuelle Gesellschaftsanteile („phantom shares“) als Form der Mitarbeiterbeteiligung an Bedeutung gewonnen, um Arbeitnehmer langfristig an das Unternehmen zu binden. Dies ist insbesondere auch im Bereich von Start-Up Unternehmen erfolgt, die mangels entsprechender liquider Mittel statt höheren Gehältern „virtuelle“ Mitarbeiterbeteiligungsprogramme entwickelten. Die virtuellen Gesellschaftsanteile basieren auf einer schuldrechtlichen Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und den Arbeitnehmern. Im Hinblick auf den Gewinn sind Arbeitnehmer mit virtuellen Anteilen aus wirtschaftlicher Sicht den Gesellschaftern gleichgestellt und erwerben auf Grundlage des bloß fiktiven Gesellschaftsanteils auf einen schuldrechtlichen Anspruch auf Teilhabe am Gewinn, der steuerlich als Prämie zu qualifizieren ist. Allerdings erhalten die Arbeitnehmer keine Gesellschafterstellung oder die dazugehörigen Gesellschafterrechte.

Seit 1. Jänner 2024 ist die steuerliche Regelung für Start-Up-Mitarbeiterbeteiligungen gemäß § 67a in Kraft. Wenn nun Arbeitnehmer mit virtuellen Anteilen von Start-Ups diese neue Regelung in Anspruch nehmen wollen und aus diesem Grund statt der virtuellen Anteile unter § 67a fallende Kapitalanteile (zB Unternehmenswertanteile oder vergleichbare Genussrechte) erhalten, müsste eine Bewertung und Versteuerung des geldwerten Vorteils aus der dadurch stattfindenden Einlösung der virtuellen Gesellschaftsanteile erfolgen.

Aus diesem Grund soll bis Ende 2025 die Möglichkeit geschaffen werden, die bisherige in Form von virtuellen Anteilen erfolgte Vergütung auf Start-Up-Mitarbeiterbeteiligungen umzustellen, ohne dass es zu einer Bewertung und Versteuerung des geldwerten Vorteils kommen muss. Dies soll nur möglich sein, wenn sämtliche Voraussetzungen für eine Start-Up-Mitarbeiterbeteiligung gemäß § 67 Abs. 2 Z 1 bis 6 vorliegen.

Zu Artikel 2 (Änderung des Körperschaftsteuergesetzes 1988)

Zu Z 1 lit. a und Z 4 (§ 9 Abs. 6 Z 4a und § 26c Z 93):

Gemäß § 9 Abs. 7 sind Teilwertabschreibungen und Veräußerungsverluste innerhalb der Unternehmensgruppe bei der Gewinnermittlung steuerlich nicht abzugsfähig, um eine unsystematische doppelte Verwertung ein und desselben Verlustes zu vermeiden (einmal bei der beteiligten Körperschaft und einmal durch Abzugsfähigkeit der Teilwertabschreibung bzw. des Veräußerungsverlustes an der Beteiligungskörperschaft bei der beteiligten Körperschaft). Die Regelung soll sicherstellen, dass die Anwendung dieser Regelung nicht durch gezielte Konstruktionen umgegangen wird, indem die Unternehmengruppe stufenweise nach oben erweitert wird. Derartige auf die mehrfache Nutzung des wirtschaftlich ein und desselben Verlustes gerichtete Konstruktionen im Zusammenhang mit der Gruppenbildung sollen durch die neu eingefügte Z 4a vermieden werden: Danach sollen vortragsfähige Verluste des (nunmehrigen) Gruppenträgers aus Zeiten vor Wirksamwerden der Unternehmensgruppe (Vorgruppenverluste) nicht verrechnet werden können, soweit darin – vormals abzugsfähige – Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert und Veräußerungsverluste hinsichtlich von Beteiligungen an Körperschaften enthalten sind, die bereits im Zeitpunkt der Abschreibung oder Veräußerung Mitglied einer anderen Unternehmensgruppe waren. Die Regelung soll auch für noch nicht berücksichtigte, dh. noch nicht abgereifte Siebentelbeträge gemäß § 12 Abs. 3 Z 2 gelten; auch diese sollen folglich in der neuen Unternehmensgruppe nicht für eine Verrechnung zur Verfügung stehen, weil ansonsten ebenfalls eine doppelte Verwertung dieser Verluste möglich wäre. Die Regelung soll am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.

Zu Z 1 lit. b und Z 4 (§ 9 Abs. 6 Z 6 und § 26c Z 94):

Es soll die Möglichkeit des Verzichts auf die Zurechnung von Verlusten eines ausländischen Gruppenmitglieds geschaffen werden. Der Verzicht kann für jedes Wirtschaftsjahr neu ausgeübt werden und bezieht sich auf den gesamten Verlust des ausländischen Gruppenmitglieds des jeweiligen Wirtschaftsjahres.

Der Verzicht auf die Zurechnung des ausländischen Verlustes ist insbesondere für Unternehmensgruppen relevant, die auch in den Anwendungsbereich des Mindestbesteuerungsgesetzes (MinBestG) fallen. Dadurch soll eine gänzliche Berücksichtigung dieses Steueraufwands bei Ermittlung des Effektivsteuersatzes sichergestellt werden. Bei Zurechnung des Verlustes eines ausländischen Gruppenmitglieds wäre im Falle einer nicht erfolgten Nachversteuerung innerhalb von drei Jahren nach der Verlustzurechnung hingegen § 40 Z 5 MinBestG zu beachten. Die Regelung dient damit auch der Verwaltungsvereinfachung.

Wird die Möglichkeit des Verzichts nicht in Anspruch genommen, soll sich hinsichtlich der weiteren Behandlung zuzurechnender Verluste ausländischer Gruppenmitglieder nach Z 6 und 7 keine Änderung ergeben.

Der Verzicht auf die Zurechnung der Verluste eines ausländischen Gruppenmitglieds soll erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2024 ermöglicht werden.

Zu Z 1 lit. c (§ 9 Abs. 8 fünfter Teilstrich):

Eine zulässige Form der Einbringung des Gruppenantrags soll auch dann vorliegen, wenn die amtlichen Vordrucke von den gesetzlichen Vertretern des Gruppenträgers und aller einzubeziehenden inländischen Körperschaften jeweils mittels qualifizierter elektronischer Signatur unterfertigt sind und vom Gruppenträger unter Verwendung der dafür vorgesehenen Funktion in FinanzOnline hochgeladen werden.

Zu Z 2 und 3 lit. a (§ 10a Abs. 3, Abs. 9 Z 3, Abs. 9 Z 4 und § 12 Abs. 1 Z 10):

Im Zuge der international fortschreitenden Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung haben zahlreiche Staaten neben einer Primär-Ergänzungssteuer und einer Sekundär-Ergänzungssteuer auch nationale Ergänzungssteuern eingeführt (zB neben Österreich gemäß § 6 MinBestG auch die meisten EU-Mitgliedstaaten sowie auch die Schweiz und Liechtenstein). Eine nationale Ergänzungssteuer soll ergänzend zur nationalen Körperschaftsteuer eine Anhebung des effektiven Steuersatzes auf 15 % von gebietsansässigen Geschäftseinheiten sicherstellen, die in den Anwendungsbereich der globalen Mindestbesteuerung fallen.

International wurde dabei bereits im Rahmen des OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS akkordiert, dass die Erhebung einer nationalen Ergänzungssteuer durch den Ansässigkeitsstaat einer niedrigbesteuerten Geschäftseinheit Vorrang gegenüber der Erhebung einer Hinzurechnungsbesteuerung eines anderen Staates auf Ebene der beteiligten Muttergesellschaft haben soll (vgl. OECD, Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy – Administrative Guidance on the Global Anti-Base Erosion Model Rules (Pillar Two), OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS, July 2023, Pkt. 4, Rz 44).

Vor diesem Hintergrund soll – wie bereits in den Erläuterungen zu § 44 Abs. 5 MinBestG (ErlRV 2322 BlgNR XXVII. GP,85) ausgeführt – für Zwecke der nationalen Anti-BEPS-Maßnahmen des § 10a (Hinzurechnungsbesteuerung und Methodenwechsel) und § 12 Abs. 1 Z 10 (Abzugsverbot für Zinsen und Lizenzen an niedrigbesteuerte Empfänger) eine anerkannte nationale Ergänzungsteuer eines anderen Staates in die Beurteilung der ausländischen Steuerbelastung miteinfließen. Eine anerkannte nationale Ergänzungssteuer muss hierbei die in § 2 Z 28 MinBestG vorgesehenen Voraussetzungen erfüllen.

In § 10a Abs. 3 soll daher ergänzt werden, dass bei der Ermittlung der tatsächlichen Steuerbelastung einer ausländischen Körperschaft auch eine auf diese nachweislich entfallende anerkannte nationale Ergänzungssteuer mit zu berücksichtigen ist. Dies soll unabhängig davon gelten, ob nach ausländischem Recht die ausländische Körperschaft selbst Steuerschuldnerin einer anerkannten nationalen Ergänzungssteuer ist oder die Steuerschuldnerschaft bei einer einzigen Geschäftseinheit für die gesamte Unternehmensgruppe liegt (wie etwa in Österreich gemäß § 6 iVm § 76 MinBestG). Bei einer Konzentration der Steuerschuld für die anerkannte nationale Ergänzungssteuer soll es allerdings der inländischen beherrschenden bzw. beteiligten Körperschaft obliegen, die auf die ausländische Körperschaft anteilig entfallende nationale Ergänzungsteuer entsprechend nachzuweisen (zB anhand eines gesetzlich oder gesellschaftsrechtlich festgelegten Verteilungsschlüssels).

Sollte die effektive Steuerbelastung auch unter Berücksichtigung einer nationalen Körperschaftsteuer und einer anerkannten nationalen Ergänzungssteuer nicht mehr als 12,5 % betragen und die Hinzurechnungsbesteuerung bzw. der Methodenwechsel zur Anwendung kommen, soll durch die Ergänzung der Verweise in § 10a Abs. 9 Z 3 und Z 4 auf die tatsächliche Steuerbelastung „gemäß Abs. 3“ klargestellt werden, dass auch die anerkannte nationale Ergänzungssteuer zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung angerechnet werden kann.

Auch beim Abzugsverbot für Zinsen und Lizenzgebühren an niedrigbesteuerte Empfänger gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 soll eine anerkannte nationale Ergänzungssteuer im Sinne des § 2 Z 28 MinBestG bei der Beurteilung des Vorliegens einer Niedrigbesteuerung mitberücksichtigt werden können. Wird bereits durch eine anerkannte nationale Ergänzungssteuer die effektive Steuerbelastung der empfangenden Körperschaft, die einer von der globalen Mindestbesteuerung betroffenen Unternehmensgruppe angehört, über die Niedrigbesteuerungsschwelle gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 von 10 % hochgeschleust, bedarf es keiner Anwendung des Abzugsverbotes bei der zahlenden Körperschaft im Inland mehr. Auch hier soll allerdings der zahlenden Körperschaft der Nachweis obliegen, dass die empfangende Körperschaft unter Berücksichtigung der auf diese entfallenden anerkannten nationalen Ergänzungssteuer nicht niedrigbesteuert iSd des § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c ist.

Zu Z 3 lit. b (§ 12 Abs. 2):

Es soll ein Redaktionsversehen beseitigt werden, indem auch Einkünfte aus Kryptowährungen vom Abzugsverbot des § 12 Abs. 2 mitumfasst werden sollen.

Zu Artikel 3 (Änderung des Mindestbesteuerungsgesetzes)

Zu Z 2, 3, 4, 5, 6, 8, 10, 11, 13 (§ 9 Abs. 2, § 13 Abs. 5, § 17 Abs. 2, § 18 Abs. 2, § 35 Abs. 1, § 40 Z 3, § 71 Abs. 2, § 74 Abs. 3, § 76 Abs. 7):

Mit diesen Änderungen sollen Redaktionsversehen beseitigt und Verweisanpassungen vorgenommen werden.

Zu Z 8 (§ 55):

Mit der vorgeschlagenen Ergänzung in Abs. 2 soll im Einklang mit den vom OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS am 15. Dezember 2023 beschlossenen Verwaltungsleitlinien die Anwendung des temporären CbCR-Safe-Harbour auch auf multinationale Unternehmensgruppen ausgedehnt werden, die zwar in den Anwendungsbereich des MinBestG fallen, jedoch nicht zur Stellung eines länderbezogenen Berichts verpflichtet sind (vgl. OECD (2023), Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy – Administrative Guidance on the Global Anti-Base Erosion Model Rules (Pillar Two), December 2023, OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS, Pkt. 2.3.4 Rz 23). Inländische und multinationale Unternehmensgruppen, die nicht zur Erstellung eines länderbezogenen Berichts gemäß § 3 Abs. 1 VPDG verpflichtet sind, sollen daher den temporären CbCR-Safe-Harbour auf Basis einer qualifizierten Finanzberichterstattung in Anspruch nehmen können.

In Abs. 3 Z1 soll ein Redaktionsversehen beseitigt werden.

In Abs. 6 soll eine Anpassung der vereinfachten Berechnungen im Rahmen des temporären CbCR-Safe-Harbour im Falle von hybriden Gestaltungen vorgesehen werden. Damit soll vermieden werden, dass Unternehmensgruppen durch hybride Gestaltungen den temporären CbCR-Safe-Harbour in Anspruch nehmen könnten, insbesondere aufgrund einer unterschiedlichen Qualifikation einer Gestaltung für steuerliche und rechnungslegungsrechtliche Zwecke. Die Ergänzung dieser Regelung erfolgt im Einklang mit den vom OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS am 15. Dezember 2023 beschlossenen Verwaltungsleitlinien (vgl. OECD (2023), Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy – Administrative Guidance on the Global Anti-Base Erosion Model Rules (Pillar Two), December 2023, OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS, OECD, Pkt. 2.6. Treatment of hybrid arbitrage arrangements under the transitional CbCR Safe Harbour).

Die Bestimmung soll vorsehen, dass im Rahmen der vereinfachten Berechnungen für Zwecke des temporären CbCR-Safe-Harbour der im qualifizierten länderbezogenen Bericht auszuweisende Vorsteuergewinn und der in der qualifizierten Finanzberichterstattung auszuweisende Ertragsteueraufwand um Aufwendungen im Zusammenhang mit hybriden Gestaltungen zu neutralisieren sind. Die Regelung soll lediglich jene hybriden Gestaltungen betreffen, die nach der internationalen Einigung über den temporären CbCR-Safe-Harbour am 15. Dezember 2022 im Rahmen des OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS vereinbart wurden.

Als hybride Gestaltungen im Sinne dieser Bestimmung sollen die im zweiten Satz aufgezählten Gestaltungen gelten, die entweder zu einem Abzug von Aufwendungen ohne korrespondierende Erfassung von Erträgen, zu einem doppelten Abzug von Aufwendungen oder zu einer doppelten steuerlichen Berücksichtigung von Aufwendungen führen.

Der Bundesminister für Finanzen soll ermächtigt werden, im Einklang mit den internationalen Vereinbarungen im Rahmen des OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS mit Verordnung näher festzulegen, unter welchen Voraussetzungen diese hybriden Gestaltungen vorliegen und wie die Neutralisierung der damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen im Rahmen der vereinfachten Berechnungen für die Safe-Harbour-Tests zu erfolgen hat.

Zu Z 9 (§ 61):

Die Änderungen in Abs. 2 sollen der Klarstellung dienen. Die Bestimmung der in Österreich gelegenen abgabepflichtigen Einheit hinsichtlich der NES für eine Joint-Venture-Gruppe soll klarer gefasst werden. Die dreistufige Prüfreihenfolge zur Bestimmung der abgabepflichtigen Einheit für die NES innerhalb einer Joint-Venture-Gruppe geht insoweit der allgemeinen Regelung gemäß § 76 Abs. 2 vor. Es soll aber klargestellt werden, dass die sonstigen Bestimmungen des § 76 hinsichtlich der NES für die in Österreich gelegenen Mitglieder einer Joint-Venture-Gruppe sinngemäß anzuwenden sind.

In Abs. 3 soll eine Verweisanpassung vorgenommen werden.

Zu Z 12 (§ 75 Abs. 1):

Mit der vorgeschlagenen Änderung soll klargestellt werden, dass beim Zusammentreffen strafbarer Handlungen im Zusammenhang mit der Übermittlung des Mindeststeuerberichts die allgemeinen Konkurrenzvorschriften anzuwenden sind.

Zu Artikel 4 (Änderung des Investmentfondsgesetzes 2011)

Zu § 186:

In § 186 Abs. 1 soll im Sinne der Rechtssicherheit klargestellt werden, dass unter „Einkünften im Sinne des § 27 des Einkommensteuergesetzes 1988“ ausschließlich jene Einkünfte zu verstehen sind, auf die ein besonderer Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1988 anwendbar ist. Dabei ist § 27a Abs. 2a EStG 1988 zu berücksichtigen, weshalb auch solche Einkünfte erfasst sind, die nur aufgrund der öffentlich begebenen Anteile und Anteilsscheine unter den besonderen Steuersatz fallen. Diese Einkünfte umfassen insb. auch Ausgleichzahlungen aus Wertpapierleihegeschäften und Erträge aus Subfonds, die dem besonderen Steuersatz unterliegen sowie ausschüttungsgleichen Erträge aus Immobiliensubfonds, die gem. § 40 Abs. 1 zweiter Satz ImmoInvFG als Einkünfte aus Kapitalvermögen gelten.

Ebenso wird im Anwendungsbereich von Abs. 5 klargestellt, dass dieser nun ausdrücklich auf sämtliche Erträge zur Anwendung kommen soll, die keine sondersteuersatzbesteuerten Kapitaleinkünfte darstellen. Sprachlich sollen damit Einkünfte im Sinne des § 27 EStG 1988, die keinem besonderen Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 EStG 1988 unterliegen, mitumfasst werden.

Zudem soll für die Berechnung der Bagatellregelung in Abs. 5 Z 2 lit. c ausdrücklich geregelt werden, dass die 20% von den sondersteuersatzbesteuerten Kapitaleinkünften inklusive der Erträge, die Bewirtschaftungs- und Aufwertungsgewinnen im Sinne des § 14 Abs. 2 Z 1 und 2 des Immobilieninvestmentfondsgesetzes entsprechen, zu berechnen sind.

Zu Artikel 5 (Änderung des Immobilien-Investmentfondsgesetzes)

Zu Z 1 (§ 14):

In § 14 Abs. 2 zweiter Satz soll klargestellt werden, dass Ausschüttungen von inländischen Grundstücks-Gesellschaften als Bewirtschaftungsgewinne im Sinne der Z 1 gelten.

In § 14 Abs. 2 dritter Satz soll ein Redaktionsversehen (Tippfehler) ausgebessert werden.

In § 14 Abs. 2 vierter Satz soll ein Redaktionsversehen beseitigt werden. Da durch das STS-Verbriefungsvollzugsgesetz, BGBl. I Nr. 76/2018, der Anwendungsbereich des § 40 auf Bewirtschaftungs- und Aufwertungsgewinnen im Sinne des § 14 Abs. 2 Z 1 und 2 eingeschränkt wurde, unterliegen andere Einkünfte (insb. Wertpapier- und Liquiditätsgewinne) der unmittelbaren Besteuerung nach § 186 InvFG 2011 und können im Rahmen dieser Bestimmung auch verrechnet und vorgetragen werden. Daher muss auch die Verlustverrechnung in § 14 auf Immobilienerträge (Bewirtschaftungs- und Aufwertungsgewinne) eingeschränkt werden.

Die Änderung in Abs. 5 soll eine Gleichstellung vom „unternehmensrechtlichen“ Gewinnausweis mit dem steuerlichen Gewinnausweis erreichen, in dem nunmehr neben Zinsen sämtliche Erträge aus Vermögen gemäß den §§ 32 und 33 – somit insb. auch Substanzgewinne – auch unternehmensrechtlich als Wertpapier- und Liquiditätsgewinne zu erfassen sind. Der steuerliche Gewinn wird dadurch nicht erweitert, weil dieser seit dem STS-Verbriefungsvollzugsgesetz, BGBl. I Nr. 76/2018, bereits nach § 186 InvFG 2011 zu ermitteln ist.

Zu Z 2 (§ 40):

Im Gleichklang mit den Anpassungen in § 186 InvFG 2011 soll auch die Formulierung in § 40 Abs. 6 Z 1 auf Einkünfte im Sinne des § 27 des Einkommensteuergesetzes 1988, auf die ein besonderer Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1988 anwendbar ist, eingeschränkt werden.

Zu Artikel 6 (Änderung des Umsatzsteuergesetzes 1994)

Zu Z 1, Z 8 und Z 9 (§ 3a Abs. 13, § 28 Abs. 64 und Art. 3a Abs. 5 Z 1):

In Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/542 soll bei sonstigen Leistungen im Sinne des § 3a Abs. 11 lit. a UStG 1994 eine Besteuerung im Mitgliedstaat des Verbrauchs sichergestellt werden, wenn diese Leistungen virtuell verfügbar gemacht werden. Bei diesen Leistungen ergaben sich in der Vergangenheit Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Leistungsortes, wenn diese Leistungen virtuell verfügbar gemacht wurden (zB aufgrund von Abgrenzungsschwierigkeiten zu elektronisch erbrachten Leistungen iSd § 3a Abs. 13 erster Satz UStG 1994 sowie bei der Bestimmung des für den Leistungsort relevanten „Tätigkeitsortes“). Dementsprechend soll der Leistungsort bei den in § 3a Abs. 11 lit. a UStG 1994 genannten Leistungen, wenn diese virtuell verfügbar gemacht werden, klar geregelt werden und – in Anlehnung an die elektronisch erbrachten Leistungen – an dem Ort liegen, an dem der Empfänger seinen Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Umfasst sollen insbesondere Streaming-Leistungen sein, die nicht bereits unter § 3a Abs. 13 erster Satz UStG 1994 fallen (zB interaktive Online-Sprachkurse).

Aufgrund der Erweiterung der Leistungsortregelung in § 3a Abs. 13 UStG 1994 soll eine Anpassung des Verweises in Art. 3a Abs. 5 Z 1 UStG 1994 erfolgen. Die Änderungen sollen ab 1.1.2025 in Kraft treten.

Zu Z 2 lit. a und Z 8 (§ 6 Abs. 1 Z 5a und § 28 Abs. 64):

Bisher sind Lebensmittelspenden als umsatzsteuerliche Entnahme zu versteuern. Durch die Richtlinie (EU) 2022/542 ist es nunmehr möglich, eine Steuerbefreiung vorzusehen, die das Recht auf Vorsteuerabzug nicht ausschließt. Um Lebensmittelspenden zu erleichtern, soll für Lebensmittelspenden an bestimmte begünstigte Einrichtungen eine Steuerbefreiung eingeführt werden, die das Recht auf Vorsteuerabzug nicht ausschließt. Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, sollen nur Lebensmittelspenden an Einrichtungen begünstigt sein, die mildtätige Zwecke verfolgen. Aus Praktikabilitäts-, Rechtssicherheits- und Transparenzgründen soll dabei auf die durch Bescheid begünstigten Einrichtungen im Sinne des § 4a Abs. 1 erster Gedankenstrich Einkommensteuergesetz 1988 iVm § 4a Abs. 2 Z 2 Einkommensteuergesetz 1988 abgestellt werden. Die Änderung soll ab 1.1.2025 in Kraft treten.

Zu Z 2 lit. b und Z 8 (§ 6 Abs. 1 Z 27 und § 28 Abs. 64):

Mit der Richtlinie (EU) 2020/285 wurden umfassende Änderungen der Sonderregelung für Kleinunternehmer in Art. 284 der Richtlinie 2006/112/EG beschlossen. Einerseits sollen Unternehmer, die ihr Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat betreiben, künftig auch die Steuerbefreiung in § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 in Anspruch nehmen können. Andererseits wurden mit der Richtlinie bestimmte Modalitäten für die Inanspruchnahme der Sonderregelung für Kleinunternehmer generell harmonisiert. Daher soll § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 auch diesbezüglich angepasst werden. Die Änderungen sollen ab 1.1.2025 in Kraft treten.

Unternehmer, die ihr Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat betreiben

In Umsetzung der Richtlinie (EU) 2020/285 soll die Kleinunternehmerbefreiung auch von Unternehmern angewandt werden können, die ihr Unternehmen nicht in Österreich, sondern in einem anderen Mitgliedstaat betreiben. Unternehmer, die ihr Unternehmen in einem Drittland betreiben, sollen die Kleinunternehmerbefreiung nicht in Anspruch nehmen können.

Ein Unternehmer betreibt sein Unternehmen dort, wo der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit liegt. Eine Betriebsstätte im Gemeinschaftsgebiet soll hingegen für die Anwendung der Kleinunternehmerbefreiung nicht ausreichen.

Beispiel 1:

Der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit von Unternehmer A liegt in Deutschland. Weiters hat A eine Betriebsstätte in Österreich. Unternehmer A betreibt somit sein Unternehmen in Deutschland, nicht jedoch in Österreich.

Anders als bei Unternehmern, die ihr Unternehmen im Inland betreiben, sollen für Unternehmer, die ihr Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat betreiben, neben der nationalen Umsatzgrenze noch weitere Voraussetzungen gelten. Um in den Genuss der Befreiung nach § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 zu kommen, soll für diese Unternehmer zusätzliche Voraussetzung sein, dass der unionsweite Jahresumsatz 100 000 Euro weder im vorangegangenen Kalenderjahr, noch im laufenden Kalenderjahr überschreitet. Der Begriff „unionsweiter Jahresumsatz“ soll Art. 280a Z 2 der Richtlinie 2006/112/EG entsprechen. In diese Berechnung sollen alle Umsätze miteinzubeziehen sein, die in Art. 288 der Richtlinie 2006/112/EG aufgelistet sind. Sie soll somit die Berechnung der Kleinunternehmergrenze auf unionsweiter Ebene widerspiegeln. Überschreitet der unionsweite Jahresumsatz 100 000 Euro, soll die Befreiung in § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 bei Unternehmern, die ihr Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat betreiben, ab dem Umsatz entfallen, mit dem die Grenze überschritten wurde.

Weiters soll Voraussetzung für die Befreiung für Kleinunternehmer sein, dass der Unternehmer die Anwendung der Kleinunternehmerbefreiung beantragt. Die Beantragung soll über ein Verfahren im Sinne des Art. 6a UStG 1994 in dem Mitgliedstaat erfolgen, in dem der Unternehmer sein Unternehmen betreibt (siehe Art. 284 Abs. 3 der Richtlinie 2006/112/EG).

Beispiel 2:

Ein Versandhändler betreibt sein Unternehmen in Deutschland. Im Vorjahr erzielte er dort Umsätze durch den Verkauf von Waren iHv 40 000 Euro sowie zusätzlich 5 000 Euro durch innergemeinschaftliche Versandhandelslieferungen nach Österreich. Im laufenden Jahr erzielte er bereits einen Umsatz iHv 50 000 Euro in Deutschland und iHv 10 000 Euro in Österreich. Der unionsweite Jahresumsatz des Unternehmers beträgt im Vorjahr 45 000 Euro und im laufenden Jahr 60 000 Euro. Da weder der unionsweite Jahresumsatz, noch die nationale Umsatzgrenze überschritten werden, kann der Unternehmer die Kleinunternehmerbefreiung in Österreich in Anspruch nehmen. Hierzu muss der Unternehmer die Inanspruchnahme der Befreiung über das in Deutschland hiefür vorgesehene Verfahren beantragen.

Beispiel 3:

Ein Sprachlehrer betreibt sein Unternehmen in Deutschland. Im Vorjahr erzielte er durch die Erbringung von Online-Sprachkursen in Deutschland einen Jahresumsatz iHv 80 000 Euro, in den Niederlanden einen Jahresumsatz iHv 40 000 Euro und in Österreich einen Jahresumsatz iHv 10 000 Euro. Der Unternehmer kann die Kleinunternehmerbefreiung in Österreich nicht in Anspruch nehmen, weil sein unionsweiter Jahresumsatz im Vorjahr über 100 000 Euro liegt.

Beantragt ein Unternehmer die Befreiung in § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 über ein Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat und steht dem Unternehmer die Befreiung zu, so soll ihm aufgrund von Art. 284 Abs. 3 der Richtlinie 2006/112/EG von diesem Mitgliedstaat eine Identifikationsnummer mit dem Suffix „-EX“ erteilt werden (Kleinunternehmer-Identifikationsnummer). Die Befreiung soll ab dem Zeitpunkt anwendbar sein, ab dem dieser Mitgliedstaat dem Unternehmer die Kleinunternehmer-Identifikationsnummer mitteilt. Verfügt der Unternehmer jedoch bereits aus anderen Gründen über eine Kleinunternehmer-Identifikationsnummer und beantragt dann die Befreiung in § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994, soll die Befreiung ab jenem Zeitpunkt anwendbar sein, ab dem der andere Mitgliedstaat die Nummer infolge der Aktualisierung (hinsichtlich der österreichischen Befreiung) bestätigt.

Beispiel 4:

Ein Unternehmer betreibt sein Unternehmen in Deutschland und überschreitet nicht die Umsatzgrenzen für die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerbefreiung in Österreich. Der Unternehmer beantragt über das Portal in Deutschland die Inanspruchnahme einer Kleinunternehmerbefreiung für Frankreich. Daraufhin erteilt Deutschland dem Unternehmer nach dem dort geltenden Recht eine Kleinunternehmer-Identifikationsnummer mit dem Suffix „-EX“. Im nächsten Jahr möchte er auch in Österreich die Kleinunternehmerbefreiung in Anspruch nehmen. Nach der Beantragung für Österreich im deutschen Portal bestätigt Deutschland gegenüber dem Unternehmer die Gültigkeit der Kleinunternehmer-Identifikationsnummer hinsichtlich der österreichischen Befreiung. Die Befreiung ist ab dem Zeitpunkt anwendbar, ab dem Deutschland dem Unternehmer die Kleinunternehmer-Identifikationsnummer hinsichtlich der österreichischen Befreiung bestätigt.

Gemeinsame Bestimmungen für Unternehmer, die ihr Unternehmen im Inland betreiben sowie für Unternehmer, die ihr Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat betreiben

Neben der Ausweitung der Kleinunternehmerbefreiung auf Unternehmer, die ihr Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat betreiben, ergeben sich aufgrund der Richtlinie (EU) 2020/285 zusätzliche Änderungen, die auch Unternehmer betreffen, die ihr Unternehmen im Inland betreiben.

Die Berechnung der Umsatzgrenze des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 stellte nach der bisherigen Judikatur des VwGH auf die Bemessungsgrundlage bei unterstellter Steuerpflicht ab (VwGH 28.10.1998, 98/14/0057). Dies hatte zur Folge, dass die Kleinunternehmergrenze bei unterstellter Anwendung des Normalsteuersatzes bisher tatsächlich 42 000 Euro betragen hat. Aufgrund der nunmehr unionsrechtlich gebotenen Rechtslage und um Diskrepanzen bei den in Art. 6a Abs. 5 genannten kalendervierteljährlichen Meldungen und der Berechnung des unionsweiten Jahresumsatzes zu vermeiden, soll es bei der Berechnung der Umsatzgrenze und des unionsweiten Jahresumsatzes auf die Bemessungsgrundlage bei unterstellter Steuerpflicht im Sinne des VwGH Erkenntnisses vom 28.10.1998, 98/14/0057, nicht mehr ankommen. Damit die Höhe der Kleinunternehmergrenze unverändert bleibt, soll der Betrag iHv 35 000 Euro durch 42 000 Euro ersetzt werden.

Weiters soll die Steuerbefreiung bei Überschreiten der Kleinunternehmergrenze mit dem Zeitpunkt entfallen, ab dem die Grenze überschritten wurde, wobei eine 10% Toleranzregelung eingeführt werden soll. Die Neuregelung soll die alte Toleranzregelung, nach der ein Überschreiten der Umsatzgrenze innerhalb von 5 Jahren um nicht mehr als 15% unschädlich war, ersetzen. Nach der alten Toleranzregelung wirkte das Überschreiten der Umsatzgrenze auf den Jahresbeginn zurück. Aufgrund der Neuregelung soll bei Überschreiten der Kleinunternehmergrenze um nicht mehr als 10% die Steuerbefreiung nunmehr – anders als bisher – noch bis zum Ende des Kalenderjahres in Anspruch genommen werden können. Wird die Kleinunternehmergrenze zB zunächst um 9% überschritten und im Laufe des Jahres schließlich um mehr als 10%, so entfällt die Befreiung mit dem Umsatz, mit dem die 10% Toleranzgrenze überschritten wurde. Für jenen Umsatz, mit dem die 10% Toleranzgrenze überschritten wird sowie für alle danach ausgeführten Umsätze, ist die Befreiung nicht mehr anwendbar.

Beispiel 5:

Unternehmer B betreibt sein Unternehmen im Inland und ist als Kleinunternehmer gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 von der Steuer befreit. Im Jahr 2025 erzielte er von Jänner bis Oktober Umsätze iHv 41 800 Euro. Im November verkauft er eine weitere Ware um 500 Euro. Bis Ablauf des Kalenderjahres erzielt er noch Umsätze im Dezember iHv insgesamt 200 Euro und somit einen Jahresumsatz iHv 42 500 Euro. Der Unternehmer kann die Steuerbefreiung für alle im Jahr 2025 erzielten Umsätze in Anspruch nehmen. Für ab 1.1.2026 ausgeführte Umsätze kann er die Befreiung in § 6 Abs. 1 Z 27 nicht mehr anwenden.

Beispiel 6:

Unternehmer C betreibt sein Unternehmen im Inland und ist als Kleinunternehmer gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 von der Steuer befreit. Im Jahr 2025 erzielte C von Jänner bis Oktober Umsätze iHv 41 800 Euro. Am 1. November verkauft C eine Ware iHv 7 000 Euro. Für den Verkauf der Ware am 1. November sowie für alle danach ausgeführten Umsätze kann die Steuerbefreiung in § 6 Abs. 1 Z 27 nicht angewandt werden.

Zu Z 2 lit. c und Z 8 (§ 6 Abs. 3 und § 28 Abs. 64):

Aufgrund der Ausweitung der Kleinunternehmerbefreiung in § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 auf Unternehmer, die ihr Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat betreiben, sollen auch diese Unternehmer die Möglichkeit haben, auf die Anwendung der Kleinunternehmerbefreiung zu verzichten. Entsprechend Art. 284 Abs. 4 der Richtlinie 2006/112/EG idF Richtlinie (EU) 2020/285 soll der Verzicht über den Mitgliedstaat erfolgen, in dem der Unternehmer ein Verfahren im Sinne des Art. 6a UStG 1994 in Anspruch nimmt.

In Ausübung der Option in Art. 290 der Richtlinie 2006/112/EG idF Richtlinie (EU) 2020/285 soll der Verzicht auf die Kleinunternehmerbefreiung nur mit Beginn eines Kalenderjahres möglich sein und kann frühestens nach fünf Kalenderjahren widerrufen werden. Hierdurch sollen insbesondere der durch einen unterjährigen Wegfall der Kleinunternehmerbefreiung entstehende Verwaltungsaufwand sowie Steuervermeidungspraktiken vermieden werden. Die Änderung soll ab 1.1.2025 in Kraft treten.

Zu Z 3 und Z 8 (§ 11 Abs. 6 und § 28 Abs. 64):

In Umsetzung von Art. 220a der Richtlinie 2006/112/EG idF Richtlinie (EU) 2020/285 sollen Kleinunternehmer die Möglichkeit der vereinfachten Rechnungsausstellung unabhängig vom in der Rechnung ausgewiesenen Betrag haben. Kommt die Kleinunternehmerbefreiung nicht mehr zur Anwendung (bspw. aufgrund des Überschreitens der Kleinunternehmergrenze) soll auch die vereinfachte Rechnungsausstellung nur mehr für Rechnungen möglich sein, deren Gesamtbetrag 400 Euro nicht übersteigt. Die in der Rechnung gemäß § 11 Abs. 6 UStG 1994 anzuführenden Angaben sollen hiervon unberührt bleiben. Die Änderung soll ab 1.1.2025 in Kraft treten.

Zu Z 4, Z 5, Z 10 und Z 12 sowie Z 8 (§ 12 Abs. 10 und 11, § 18 Abs. 5, Art. 6 Abs. 2 Z 4, Art. 12 Abs. 5 sowie § 28 Abs. 64):

Aufgrund der Änderungen der Kleinunternehmerregelung soll mit Art. 12 Abs. 5 UStG 1994 ein neuer Tatbestand für den Ausschluss vom Vorsteuerabzug eingeführt werden. Daher soll eine Anpassung der Bestimmungen hinsichtlich der Vorsteuerberichtung (§ 12 Abs. 10 und 11 UStG 1994) und den Aufzeichnungspflichten (§ 18 Abs. 4 UStG 1994) erfolgen.

Aufgrund der Änderungen der Richtlinie 2006/112/EG durch die Richtlinie (EU) 2022/542 können Unternehmer, die in Österreich zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, ab 1.1.2025 die Kleinunternehmerbefreiung in anderen Mitgliedstaaten in Anspruch nehmen. In solchen Fällen soll die Steuer vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sein, soweit diese mit Umsätzen im Zusammenhang steht, die in einem anderen Mitgliedstaat ausgeführt werden und nach der Sonderregelung für Kleinunternehmer (Art. 284 der Richtlinie 2006/112/EG idF Richtlinie (EU) 2022/542) steuerfrei sind. Weiters soll klargestellt werden, dass der Vorsteuerabzug generell ausgeschlossen ist, wenn der Unternehmer die Befreiung in § 6 Abs. 1 Z 27 in Anspruch nimmt. Hierbei ist unerheblich, ob der Unternehmer sein Unternehmen im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat betreibt ist. Die Änderung soll ab 1.1.2025 in Kraft treten.

Beispiel 1:

Ein Unternehmer betreibt sein Unternehmen im Inland und ist steuerpflichtig. Er nimmt das Verfahren nach Art. 6a UStG 1994 in Anspruch und ist in Deutschland nach der dort geltenden Sonderregelung für Kleinunternehmer von der Steuer befreit. Der Unternehmer kauft einen Computer bei einem österreichischen Händler, den er ausschließlich für seine steuerfreien Umsätze in Deutschland verwendet. Aufgrund von Art. 12 Abs. 5 UStG 1994 kann der Unternehmer die österreichische Umsatzsteuer, die ihm bei dem Kauf des Computers in Rechnung gestellt wurde, nicht als Vorsteuer abziehen.

Beispiel 2:

Ein Beratungsunternehmer betreibt sein Unternehmen in Deutschland und ist dort als Kleinunternehmer von der Steuer befreit. In Österreich hat er außerdem steuerpflichtige Umsätze aus der Vermietung eines Grundstücks. Aufgrund eines Beratungsgesprächs mit einer österreichischen Privatperson fährt er mit seinem Kleinbus im Sinne des § 5 der VO BGBl II Nr. 193/2002 nach Wien und betankt diesen dort. Der Kleinbus wird ausschließlich für die steuerfreien Umsätze in Deutschland verwendet. Aufgrund von Art. 12 Abs. 5 UStG 1994 kann der Unternehmer die österreichische Umsatzsteuer, die in Rechnung gestellt wurde, nicht als Vorsteuer abziehen.

Zu Z 6 und Z 8 (§ 21 Abs. 6 und § 28 Abs. 64):

Aufgrund der Änderung des Betrags in § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 soll auch eine Anpassung für Zwecke der Abgabe einer Steuererklärung erfolgen. Die Änderung soll ab 1.1.2025 in Kraft treten.

Zu Z 7 und Z 8 (§ 24 Abs. 1, 2, und 4 Z 3 sowie § 28 Abs. 64):

In Umsetzung des Art. 316 der Richtlinie 2006/112/EG idF Richtlinie (EU) 2022/542 soll die Differenzbesteuerung nicht mehr anwendbar sein, wenn die Lieferung an einen Wiederverkäufer oder die Einfuhr durch den Wiederverkäufer einem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Kommt der ermäßigte Steuersatz für Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten nicht zur Anwendung, ist die Anwendung der Differenzbesteuerung nach Art. 316 der Richtlinie 2006/112/EG idF (EU) 2022/542 hingegen möglich. Die Begriffe Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten sollen ausschließlich die in Anhang IX der Richtlinie 2006/112/EG genannten Gegenstände umfassen. Im Lichte des Art. 316 und des Anhang IX der Richtlinie 2006/112/EG soll daher eine entsprechende Anpassung in § 24 Abs. 2 UStG 1994 erfolgen. Die Änderung soll ab 1.1.2025 in Kraft treten.

Beispiel:

Eine Galerie verkauft die von einem Künstler aufgenommen Photographien (Teil A Z 7 des Anhangs IX der Richtlinie 2006/112/EG) an den Kunsthändler A und wendet für diesen Umsatz nicht die Differenzbesteuerung an. Da es sich bei den Fotos nicht um Gegenstände handelt, die in Anlage 2 Z 10 UStG 1994 aufgelistet sind, kommt der ermäßigte Steuersatz für den Verkauf durch die Galerie iSd § 10 Abs. 3 Z 1 lit. c UStG 1994 nicht zur Anwendung. Verkauft der Kunsthändler A die Fotos weiter, kann dieser daher die Differenzbesteuerung nach § 24 Abs. 2 UStG 1994 in Anspruch nehmen.

Z 11 und Z 8 (Art. 6a und § 28 Abs. 64):

Abs. 1:

Spiegelbildlich zu § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 sollen Unternehmer, die ihr Unternehmen im Inland betreiben, die Möglichkeit haben, über ein eigens hiefür eingerichtetes Portal die Kleinunternehmerbefreiung in anderen Mitgliedstaaten in Anspruch zu nehmen und die hiefür notwendigen laufenden Meldungen zu übermitteln. Voraussetzung für die Registrierung zu diesem Portal ist, dass der unionsweite Jahresumsatz des Unternehmers 100 000 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr nicht und im laufenden Kalenderjahr noch nicht überstiegen hat und die Befreiung in zumindest einem anderen Mitgliedstaat aufgrund einer Bestätigung durch diesen Mitgliedstaat in Anspruch genommen werden kann. Lehnt der Mitgliedstaat die Anwendung der Befreiung innerhalb von 35 Werktagen ab Übermittlung der Vorabmitteilung nicht ab, gilt dies in der Regel als Bestätigung (siehe Art. 6a Abs. 3 UStG 1994).

Beispiel:

Ein Händler betreibt sein Unternehmen im Inland und ist ausschließlich in Österreich tätig. Im Kalenderjahr 2025 erzielt er hierdurch Umsätze iHv 50 000 Euro in Österreich. Er plant sein Geschäftsfeld im Jahr 2026 auf Kunden in Deutschland zu erweitern. Der Unternehmer kann sich für das Verfahren nach Art. 6a UStG 1994 registrieren, um die Sonderregelung für Kleinunternehmer in Deutschland nach dem dort geltenden Recht in Anspruch zu nehmen.

Abs. 2:

Um die Kleinunternehmerbefreiung in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch zu nehmen, soll der Unternehmer über das hiefür eingerichtete Portal eine Vorabmitteilung übermitteln. Die Vorabmitteilung soll die in Art. 284a der Richtlinie 2006/112/EG idF Richtlinie (EU) 2022/542 genannten Informationen enthalten (zB Name, Adresse). Zur Reduzierung des Verwaltungsaufwandes für die Steuerbehörden und die Unternehmer, soll die Vorabmitteilung neben den in Art. 284a der Richtlinie 2006/112/EG idF Richtlinie (EU) 2022/542 genannten Informationen auch die E-Mail-Adresse des Unternehmers sowie umsatzsteuerliche Identifikationsnummern die dem Unternehmer erteilt wurden enthalten. Zu den Identifikationsnummern zählen etwa UID-Nummern, die dem Unternehmer in anderen Mitgliedstaaten erteilt wurden, Identifikationsnummern, die dem Unternehmer im Rahmen der Registrierung zu einem One-Stop-Shop erteilt wurden, oder Kleinunternehmer-Identifikationsnummern. Unerheblich soll sein, ob die Identifikationsnummer noch gültig ist.

Abs. 3:

Die Kleinunternehmer-Identifikationsnummer soll dem Unternehmer bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 binnen 35 Werktagen ab Eingang der Vorabmitteilung erteilt werden. Benötigt der Mitgliedstaat, in dem die Kleinunternehmerbefreiung angewandt werden soll, jedoch zur Verhinderung von Steuerhinterziehung oder Steuervermeidung mehr Zeit, um die Inanspruchnahme der Befreiung zu überprüfen, soll der Zeitraum verlängert werden können.

Abs. 4:

Der Unternehmer soll verpflichtet sein, Änderungen der Angaben in der Vorabmitteilung (Art. 6a Abs. 2 UStG 1994) über das für diese Zwecke beim Bundesministerium für Finanzen eingerichtete Portal zu melden. Darunter sollen auch Änderungen hinsichtlich des oder der Mitgliedstaaten fallen, in denen der Unternehmer beabsichtigt, eine Steuerbefreiung in Anspruch zu nehmen oder nicht mehr in Anspruch zu nehmen.

Abs. 5:

Ab Registrierung soll der Unternehmer verpflichtet sein, quartalsweise Meldungen über seine Umsätze einzureichen. Die Verpflichtung zur Einreichung der Meldung soll auch bestehen, wenn der Unternehmer im betreffenden Kalendervierteljahr keine Umsätze ausgeführt hat (Nullmeldung). Die Meldung soll binnen eines Monats ab Ende des Kalendervierteljahres einzureichen sein.

Wird der Schwellenwert in Art. 6a Abs. 1 UStG 1994 überschritten, soll der Unternehmer verpflichtet sein, das Überschreiten des Schwellenwertes binnen 15 Werktagen bekannt zu geben. Hierbei soll der Unternehmer auch den Betrag der Lieferungen und sonstigen Leistungen, die seit Beginn des laufenden Kalendervierteljahres bis zum Zeitpunkt des Überschreitens des Schwellenwertes bewirkt wurden, melden müssen.

Abs. 6:

Der Unternehmer soll die Teilnahme an dem Verfahren jederzeit freiwillig beenden können. Weiters ist die Teilnahme am Verfahren zu beenden, wenn der Unternehmer die Voraussetzungen für die Teilnahme nicht mehr erfüllt oder er seine Tätigkeit eingestellt hat. Eine Einstellung der Tätigkeit kann angenommen werden, wenn der Unternehmer die Abgabe der quartalsweisen Meldungen mehrfach unterlässt oder mehrfach keine Umsätze in den quartalsweisen Meldungen angibt.

Im Falle der freiwilligen Beendigung soll die Beendigung vom Verfahren ab dem ersten Tag des nächsten Kalendervierteljahres nach Eingang der Informationen des Unternehmers wirksam sein. Wenn die Informationen jedoch erst im letzten Monat eines Kalendervierteljahres eingehen, soll die Beendigung vom Verfahren am ersten Tag des zweiten Monats des nächsten Kalendervierteljahres wirksam werden.

Liegen die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vor, soll der Ausschluss vom Verfahren ab dem Zeitpunkt wirksam werden, an dem die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Wird die Tätigkeit eingestellt, soll der Ausschluss vom Verfahren ab dem Zeitpunkt wirksam werden, ab dem die Tätigkeit eingestellt wurde.

Abs. 7:

Betreibt ein Unternehmer sein Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat und nimmt die Befreiung in § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 über ein Verfahren im Sinne des Art. 6a UStG 1994 in Anspruch, hat der Unternehmer nach dem dortigen Recht quartalsweise Meldungen über seine Umsätze einzureichen. Unterlässt der Unternehmer die Einreichung der quartalsweisen Meldung pflichtwidrig oder erweist sich diese als unvollständig oder unrichtig, soll das Finanzamt die Steuer festzusetzen, soweit es sich um im Inland ausgeführte Umsätze handelt. Die Änderung soll ab 1.1.2025 in Kraft treten.

Zu Z 13 (Art. 18 Abs. 1):

Es erfolgt eine Beseitigung eines redaktionellen Versehens.

Zu Artikel 7 (Änderung des Gebührengesetzes 1957)

Zu Z 1 (§ 14 Tarifpost 5 Abs. 3 Z 4 und 5):

In § 14 Tarifpost 5 Abs. 3 Z 5 soll eine Befreiung für jene Beilagen geschaffen werden, die auf elektronischem Wege der Behörde übermittelt werden, wenn diese schon im selben Verfahren in Papierform der Behörde vorgelegt wurden. In der Praxis werden von den Behörden vermehrt Beilagen zusätzlich zur Papierform digital abverlangt. Da aufgrund der digitalen Übermittlung allerdings weitere Gebühren anfallen, soll eine Befreiung für jene digitalen Beilagen geschaffen werden, die bereits in Papierform der Behörde übermittelt wurden.

Zu Z 2 (§ 14 Tarifpost 6 Abs. 5 Z 9):

Durch die Änderung in § 14 Tarifpost 6 Abs. 5 Z 9 soll dem Inkrafttreten des ORF-Beitrags-Gesetzes 2024, BGBl. I Nr. 112/2023, mit 1. Jänner 2024 Rechnung getragen werden. Die Einführung des ORF-Beitrages, welcher die GIS-Gebühr ersetzen soll, soll zum Anlass genommen werden, die bereits überholte Formulierung der Gebührenbefreiung an die aktuelle Rechtslage anzupassen. Im Rahmen dieser Anpassung soll die Befreiung auch auf andere Eingaben (Anträge auf Zuschuss zum Fernsprechentgelt gemäß § 4 Fernsprechentgeltzuschussgesetz; Anträge um Kostenbefreiung für einkommensschwache Haushalte gemäß § 72 Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) und um Kostendeckelung für Haushalte gemäß § 72a EAG) ausgeweitet werden, die in direktem Zusammenhang mit der Befreiung vom ORF-Beitrag stehen. Zudem sollen Eingaben an das Bundesverwaltungsgericht (Rechtsmittelverfahren) in bestimmten Angelegenheiten befreit werden.

Zu Z 3 (§ 14 Tarifpost 6 Abs. 5 Z 9 lit. a und d):

Durch die Änderung in § 14 Tarifpost 6 Abs. 5 Z 9 lit. a und d soll die bereits beschlossene neue Rechtslage (Ersatz des § 4a ORF-Beitrags-Gesetz 2024 durch § 5 ORF-Beitrags-Gesetz 2024 ab dem 1. Jänner 2026) auch im Gebührengesetz 1957 angepasst werden.

Zu Z 4 (§ 14 Tarifpost 6 Abs. 5 Z 28 lit. b):

In § 14 Tarifpost 6 Abs. 5 Z 28 lit. b soll ein Redaktionsversehen behoben werden.

Zu Z 5 (§ 14 Tarifpost 12):

Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022 (AbgÄG 2022), BGBl. I Nr. 110/2023, wurde in § 14 Tarifpost 12 eine Gebührenpauschalierung für verschiedene Verfahren des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 geschaffen. Diese Pauschalierung wurde so ausgestaltet, dass sowohl Gebühren für den Antrag (Antragsgebühr) als auch für die (positive) Erledigung durch das Arbeitsmarktservice (AMS) anfallen. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass sich durch diese Zweiteilung der Aufwand nicht im erwarteten Ausmaß reduziert, weshalb zukünftig die Gebühren zu Beginn des Verfahrens eingehoben werden sollen.

Durch die Änderungen in § 14 Tarifpost 12 soll die Erledigungsgebühr aufkommensneutral in die Antragsgebühr integriert werden, um den Verwaltungsaufwand weiter zu reduzieren.

Wird ein gebührenpflichtiger Antrag nach der TP 12 mittels Eingabe geringfügig abgeändert (zB Erhöhung der Wochenstunden des Arbeitnehmers), ohne dass ein neuerlicher Antrag gemäß Abs. 1 gestellt wird, ist diese Eingabe nach § 14 Tarifpost 6 Abs. 5 Z 17 als ergänzende Begründung gebührenbefreit.

Bei amtswegigen Verfahren (Abs. 2) sollen demgegenüber keine Änderungen vorgenommen werden. Diese Verfahren sollen weiterhin mittels Erledigungsgebühr vergebührt werden.

Gebührenschuldner für die Antragsgebühr soll weiterhin jene Person sein, in deren Interesse der Antrag gestellt wird. Dies ist im Falle eines Antrages auf Ausstellung einer Beschäftigungsbewilligung jedenfalls das Unternehmen, das um Beschäftigungsbewilligung zur Aufnahme von Arbeitskräften ansucht.

Zu Z 6 (§ 14 Tarifpost 14 Abs. 1a):

Wie auch bei der Beilagengebühr nach § 14 Tarifpost 5 berechnet sich die Höhe der Zeugnisgebühr nach der Anzahl der Bogen. Nach der Definition des § 5 Abs. 2 ist unter Bogen Papier zu verstehen, dessen Seitengröße das Ausmaß von zweimal 210 mm X 297 mm nach einer oder nach beiden Richtungen nicht überschreitet. Diese Definition kann allerdings nicht auf digitale Zeugnisse (zB PDF-Datei) übertragen werden, sodass es zu unterschiedlichen Auslegungen bei der Gebührenberechnung durch die vollziehenden Behörden kommt.

Analog zur vereinfachten Gebührenberechnung in Form einer Pauschalgebühr für digital beigelegte Beilagen, die bereits durch das AbgÄG 2022 eingeführt wurde, soll eine solche Pauschalgebühr auch für Zeugnisse gemäß § 14 Tarifpost 14 geregelt werden. Zeugnisse, die auf elektronischem Wege ausgestellt werden, sollen daher künftig mit einer begünstigten Pauschalgebühr in Höhe von 14,30 Euro je Zeugnis – unabhängig von dessen Größe – vergebührt werden.

Zu Z 7 (§ 14 Tarifpost 24 Abs. 6):

In § 14 Tarifpost 24 Abs. 6 soll ein Redaktionsversehen behoben werden.

Zu Z 8 (§ 37 Abs. 49):

Inkrafttretensbestimmung.

Zu Artikel 8 (Änderung der Bundesabgabenordnung):

Zu Z 1 und 8 (§ 27a und § 323 Abs. 83):

Mit der neu geschaffenen Bestimmung soll die Vollziehung des Abgabenrechts gegenüber Körperschaften mit Sitz im Ausland und Ort der Geschäftsleitung in Österreich erleichtert werden. Insbesondere soll damit sichergestellt werden, dass Erledigungen an eine Körperschaft mit Sitz im Ausland und Ort der Geschäftsleitung im Inland selbst zu richten sind, soweit diese nach materiellem Recht Abgabenschuldner ist. Dies ist etwa für jene ausländischen Rechtsgebilde, die mit einer inländischen juristischen Person des privaten Rechts vergleichbar sind, der Fall, weil diese unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften gemäß § 1 Abs. 2 KStG 1988 sind (z. B. private company limited by shares (Limited) nach dem Recht des Vereinigten Königreichs). Die für juristische Personen geltenden Bestimmungen der BAO, der AbgEO usw. sollen sinngemäß anzuwenden sein.

Die Anwendung des Abs. 1 dieser Bestimmung setzt voraus, dass die Körperschaft in ihrem Sitzstaat rechtlich existiert. Die Rechtsfähigkeit einer britischen Limited bzw. ihrer im österreichischen Firmenbuch eingetragenen Zweigniederlassung (die über keine eigene Rechtsfähigkeit verfügt) endet nach Maßgabe des englischen Gesellschaftsrechts (Gründungsrecht) konstitutiv mit ihrer Löschung im ausländischen Gesellschaftsregister (vgl. z. B. OGH 13. 9. 2007, 6 Ob 146/06y). In diesem Fall soll die spezifische Regelung zur Haftung (Abs. 3) eine unmittelbare Inanspruchnahme der Gesellschafter ermöglichen, sofern die Gesellschaft ihren Sitz in einem Drittstaat hat. Die Inanspruchnahme im Haftungsweg kann ohne vorherige Festsetzung des Abgabenanspruchs gegenüber der Limited erfolgen. Die Frage ob und in welcher Höhe ein Abgabenanspruch entstanden ist, ist als Vorfrage im Haftungsverfahren zu beantworten (z. B. VwGH 17. 1. 2024, Ro 2021/13/0019, 22. 3. 2022, Ra 2020/13/0100 und viele weitere).

Die neue Bestimmung des § 27a soll auf alle offenen Besteuerungsverfahren angewendet werden. Dies ist deshalb angezeigt, weil für im Vereinigten Königreich gegründete Limiteds in mehreren Aussendungen vor Ablauf der Übergangsfristen auf die Rechtsfolgen einer unterlassenen Umwandlung in eine in Österreich zulässige Gesellschaftsform, womit auch die persönliche Haftung drohe, hingewiesen wurde (siehe dazu etwa Information des BMJ https://www.bmj.gv.at/themen/EU-und-Internationales/brexit.html).

Eine ähnliche Regelung findet sich bereits in § 14b der deutschen Abgabenordnung, die mit 1. Jänner 2024 in Kraft getreten ist.

Zu Z 2 lit. a und 8 (§ 61 Abs. 1 Z 1 lit. b und § 323 Abs. 83):

Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022, BGBl. I Nr. 108/2022, wurde in § 61 Abs. 1 Z 1 BAO für unterschiedliche Konstellationen von Insolvenzfällen vorgesehen, dass die Zuständigkeit des Finanzamtes für Großbetriebe auch bei Unterschreiten der maßgeblichen Umsatzgrenzen bestehen bleibt. Im Falle einer Liquidation gilt dies aber bisher nur für Fälle innerhalb eines Insolvenzverfahrens. Mit dem Entfall der Einschränkung sollen zukünftig auch Liquidationen außerhalb einer Insolvenz – insbesondere nach § 89 GmbHG – mitumfasst sein und damit nicht zu einem Zuständigkeitswechsel hin zum Finanzamt Österreich führen.

Zu Z 2 lit. b und c sowie 8 (§ 61 Abs. 1 Z 3 und Z 12 sowie § 323 Abs. 83):

Derzeit ist die Zuständigkeit des Finanzamtes für Großbetriebe für einen bestimmten Abgabepflichtigen im Zusammenhang mit dem Verrechnungspreisdokumentationsgesetz – VPDG, BGBl. I Nr. 77/2016, davon abhängig, dass ein länderbezogener Bericht gemäß § 2 Z 6 VPDG übermittelt worden oder eingegangen ist, in dem dieser Abgabepflichtige angeführt ist. Diese Bestimmung verursachte in der Praxis in jenen Fällen Probleme, in denen die Berichte nicht rechtzeitig, nicht vollständig oder qualitativ mangelhaft eingetroffen sind. Um die sich daraus ergebenden Probleme (z. B. häufige Zuständigkeitswechsel) zu vermeiden, soll die zuständigkeitsbegründende Bestimmung allgemeiner gefasst werden.

Um für die Mindestbesteuerung ein mit der Zuständigkeitsregelung im Zusammenhang mit dem VPDG abgestimmtes Ergebnis zu erzielen, soll auch die Zuständigkeitsregelung im Zusammenhang mit dem Mindestbesteuerungsgesetz – MinBestG, BGBl. I Nr. 187/2023, entsprechend angepasst werden.

Zu Z 3 und 8 (§ 64 Abs. 2 Z 6 und § 323 Abs. 83):

Im Sinne der Nutzung von Synergien von Dienstleistungsprozessen soll die Möglichkeit geschaffen werden, Dienstleistungen, die von der gesamten Bundesfinanzverwaltung im Sinn des § 49 genutzt werden, im Rahmen eines oder verschiedener nach Handlungsfeldern strukturierten Shared Services Centers (SSC) gesamthaft und einheitlich zu erbringen. Solche SSC sollen in den Zentralen Services angesiedelt sein.

Zu Z 4 und 8 (§ 111 Abs. 1 und § 323 Abs. 83):

Die Abgabenbehörden sollen unter Berücksichtigung des Legalitäts- und Rechtstaatlichkeitsprinzips auf Grundlage von Gesetzen und Verordnungen Zwangsstrafen androhen und festsetzen können, um die Befolgung ihrer Anordnungen zu erzwingen. Mit der vorgeschlagenen Änderung wird der Inhalt des § 111 Abs. 1 an jenen des § 5 Abs. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991, BGBl. I Nr. 53/1991, angenähert.

Zu Z 5 und 8 (§ 134 Abs. 2 und § 323 Abs. 83):

Anträge zur Verlängerung von Abgabenerklärungsfristen können derzeit innerhalb offener (Nach-)Frist unbegrenzt gestellt werden, weil die Nachfrist eine verlängerbare behördliche Frist darstellt (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 134 Anm. 10). Da diese Vorgehensweise dem Gesetzeszweck des § 134 Abs. 2 widerspricht und zu Verfahrensverzögerungen führt, soll mit der vorgeschlagenen Änderung die Möglichkeit für Fristverlängerungsanträge eingeschränkt werden. Wird ein Antrag auf Fristverlängerung abgewiesen, soll zukünftig für die Einreichung der Abgabenerklärung lediglich eine einmalige Nachfrist gewährt werden können.

Mit der terminologischen Änderung von „nicht stattgeben“ auf „abgewiesen“ soll die bereits bestehende langjährige Verwaltungspraxis abgebildet werden. Eine Verschlechterung für den Rechtsanwender tritt dadurch nicht ein (vgl. dazu näher Tanzer in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-Handbuch § 134, 413).

Zu Z 6 und 8 (§ 205c Abs. 2 und § 323 Abs. 83):

Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022, BGBl. I Nr. 108/2022, wurde in § 205c BAO eine Umsatzsteuerverzinsung eingeführt. Damit erfolgte die Umsetzung des EuGH Urteils vom 12. Mai 2021 (Rechtssache C-844/19) bzw. der VwGH Erk vom 30. 6. 2021, Ro 2017/15/0035, und vom 7. 9. 2021, Ro 2018/15/0026. Nach der Rechtsprechung ist zum Ausgleich eines Zinsnachteiles eine Verzinsung zu gewähren. Wurden die zugrundeliegenden „Vorsollbeträge“ nicht entrichtet, etwa aufgrund einer aufrechten Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO, erscheint eine Verzinsung von Unterschiedsbeträgen zu Gunsten des Abgabepflichtigen nicht sachgerecht. Mit der Änderung soll daher diese Lücke geschlossen und eine ähnliche Regelung wie in § 205 Abs. 5 BAO eingeführt werden.

Kommt es zu einer Abänderung des Abgabenbescheides hat von Amts wegen ein weiterer Zinsenbescheid zu ergehen, ohne dass eine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides zu erfolgen hat (VwGH vom 28. 5. 2009, 2006/15/0316). In einer verfassungskonformen Auslegung der Neuregelung ist dafür Sorge zu tragen, dass der Ausgleich der ursprünglich festgesetzten Nachforderungszinsen nach Abänderung des Abgabenbescheides durch einen weiteren Zinsenbescheid (Gutschriftzinsen) erfolgt.

Beispiel 1: Die X GmbH reicht am 13. 12. 2024 die UVA für Oktober 2024 mit einem Überschuss von 20 000 Euro ein. Die UVA für Oktober 2024 wird unmittelbar und entsprechend der Voranmeldung verbucht. Im Rahmen einer Außenprüfung ergeht am 14. 4. 2025 ein Festsetzungsbescheid für Oktober 2024, aus dem eine Nachforderung von 12 000 Euro resultiert. Gemäß § 205c Abs. 1 Z 2 lit. b BAO werden Umsatzsteuerzinsen für den Zeitraum 17. 3. 2025 bis 14. 4. 2025 für die Nachforderung festgesetzt. Gegen den Festsetzungsbescheid wird Beschwerde erhoben, gleichzeitig mit der Beschwerde wird auch die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO beantragt. Die Aussetzung der Einhebung wird bewilligt und das BFG gibt am 10. 9. 2025 der Beschwerde vollumfänglich statt, woraus sich eine Gutschrift von 20 000 Euro ergibt. Der sich aus dem Festsetzungsbescheid vom 14. 4. 2025 ergebende Nachforderungsbetrag von 12 000 Euro wurde nie entrichtet, daher kommt es gemäß § 205c Abs. 2 letzter Satz BAO lediglich zu einer Gutschriftverzinsung in der Höhe der festgesetzten Nachforderungszinsen.

Beispiel 2: Die Y GmbH reicht am 4. 9. 2023 die Umsatzsteuerjahreserklärung für 2022 mit einer Gutschrift von 1 000 Euro ein. Der Veranlagungsbescheid ergeht am 25. 10. 2023, aus dem eine Nachforderung von 10 000 Euro resultiert, welche nicht entrichtet wird. Gemäß § 205c Abs. 1 Z 2 lit. c BAO werden für den Zeitraum zwischen 1. 10. 2023 und 25. 10. 2023 Umsatzsteuerzinsen vorgeschrieben. Am 24. 11. 2023 kommt es zu einer Berichtigung des Umsatzsteuerjahresbescheides gemäß § 293 BAO. Aus dem berichtigten Bescheid ergibt sich eine Gutschrift von 10 000 Euro. Der sich aus dem Veranlagungsbescheid vom 25. 10. 2023 ergebende Nachforderungsbetrag von 10 000 Euro wurde nie entrichtet, allerdings wurden dafür Nachforderungszinsen festgesetzt. In einer verfassungskonformen Auslegung ist daher der Unterschiedsbetrag zugunsten des Abgabepflichtigen gemäß § 205c Abs. 2 Z 1 lit. b iVm § 205c Abs. 2 letzter Satz BAO zu verzinsen, soweit Nachforderungszinsen angefallen sind.

Bei einer Zusatzverzinsung gemäß § 205c Abs. 3 BAO ist ebenfalls zu berücksichtigen, ob die betreffenden Beträge entrichtet oder zuvor Nachforderungszinsen festgesetzt wurden.

Zu Z 7 und 8 (§ 262 Abs. 5 und § 323 Abs. 83):

Der Ausnahmenkatalog des § 262 Abs. 2 BAO soll um Verfahren nach dem EU-BStbG erweitert werden.

In Fällen einer Beschwerde gegen einen Bescheid des Finanzamtes für Großbetriebe (§ 61 Abs. 4 Z 7) mit dem Inhalt, dass

-       die Streitbeilegungsbeschwerde zurückgewiesen wird (§ 15 Abs. 2 EU-BStbG),

-       darüber abgesprochen wird, dass aus österreichischer Sicht kein Zugang zum schiedsgerichtlichen Verfahren betreffend die Zulassung der Streitbeilegungsbeschwerde durch den Beratenden Ausschuss besteht (§ 18 Abs. 1 EU-BStbG) oder

-       darüber abgesprochen wird, dass aus österreichischer Sicht der Antrag auf Einsetzung eines Schiedsgerichtes nicht zulässig oder nicht fristgerecht eingebracht worden ist (§ 33 Abs. 1 EU-BStbG)

hat die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zu unterbleiben, um der unterschiedlichen Verfahrenskonzeption der Richtlinie (EU) 2027/1852 über Verfahren zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten in der Europäischen Union im Vergleich zum innerstaatlichen Verfahren (zwischenstaatlich ist nur eine einmalige Entscheidung der Behörde üblich) Rechnung zu tragen, den vorgesehenen Fristenlauf zu wahren und eine Verfahrensbeschleunigung zu erreichen.