Erläuterungen
Allgemeiner Teil
Die vorliegende Novelle enthält weitere Umsetzungsschritte für das am 12. Mai 2022 von der Bundesregierung im Ministerrat beschlossene umfassende Pflegereformpaket. Ziel auch der vorliegenden Novelle ist eine nachhaltige Verbesserung der medizinisch-pflegerischen Versorgung und der berufsrechtlichen Rahmenbedingungen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe.
Die Umsetzung der zentralen berufs- und ausbildungsrechtlichen Maßnahmen im Rahmen des Pflegereformprozesses seit 2022 erfolgte in einem zeitlichen Stufenprozess.
So wurden berufsrechtliche Maßnahmen (Kompetenzerweiterungen bzw. Anpassung der Tätigkeitsbereiche der Pflegeassistenzberufe an die Anforderungen der Praxis, Entfristung der Pflegeassistenz in Krankenanstalten, Erleichterung von Nostrifikationen) bereits im Rahmen der GuKG-Novelle BGBl. I Nr. 82/2022, der GuKG-Novelle 2022, BGBl. I Nr. 128, und der GuKG-Novelle 2023, BGBl. I Nr. 108, umgesetzt.
Zur Erleichterung der Nostrifikationen wurden durch die GuKG-Novelle BGBl. I Nr. 82/2022 sowie die GuKG-Novelle 2023 für Berufsangehörige eines Gesundheits- und Krankenpflegeberufs mit ausländischem Ausbildungsabschluss schon während eines Anerkennungs- bzw. Nostrifikationsverfahrens Maßnahmen in Form einer befristeten Berufsausübungsmöglichkeit in einem niederschwelligeren Pflegeberuf (PA oder PFA) umgesetzt. Weiters wurde die Nostrifikationsbestimmung für Pflegeassistenzberufe dahingehend umgestaltet, dass sich der Bewertungsmaßstab nicht mehr auf einen 1:1-Vergleich der Ausbildungsinhalte, sondern auf die erforderlichen Kompetenzen ausrichtet. Mit diesen Maßnahmen soll ein schnellerer und leichterer Berufszugang von im Ausland ausgebildeten qualifizierten Pflegekräften realisiert werden.
Weiters sind bereits folgende ausbildungsrechtliche Maßnahmen im Rahmen des Pflegereformprozesses umgesetzt worden:
- Für die Lehrlingsausbildung in den Pflegeassistenzberufen (PA-/PFA-Lehre) wurden die rechtlichen Grundlagen im Berufsausbildungsgesetz (BAG-Novelle BGBl. I Nr. 62/2023) und im GuKG gemeinsam mit dem führend zuständigen Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft und dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung vorbereitet und 2023 der parlamentarischen Behandlung zugeführt. Die Ausbildungsordnungen für den Lernort Betrieb sind ebenfalls bereits erlassen und unter BGBl. II Nr. 244/2023 und BGBl. II Nr. 245/2023 kundgemacht. Als Unterstützung für die Ausbildung in den Lehrbetrieben ist die Bereitstellung eines Ausbildungshandbuches inklusive einer Ausbildungsdokumentation für Lehrlinge vorgesehen, diese ist noch in Erarbeitung. Die Übergangslehrpläne für die Berufsschulen wurden vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung ebenfalls bereits veröffentlicht. Erste Ausbildungsversuche in der PA- bzw. PFA-Lehre sind in einigen Bundesländern mit Herbst 2023 bereits gestartet.
- Bezüglich der Überführung der Schulversuche im berufsbildenden Schulwesen in das Regelschulwesen wurden mit dem Schulrechtspaket BGBl. I Nr. 165/2022 die Rechtsgrundlagen für die Einführung neuer Schulformen, die Höhere Lehranstalt für Pflege und Sozialbetreuung (HLPS) und die Fachschule für Sozialberufe mit Pflegevorbereitung, geschaffen. Damit wurden die Schulversuche im berufsbildenden Schulwesen, die eine Qualifikation in der Pflegeassistenz bzw. Pflegefachassistenz vermitteln, in das Regelschulwesen überführt. Die erforderliche Lehrpläne wurden ebenfalls bereits unter BGBl. II Nr. 150/2023 erlassen.
Durch die vorliegende Novelle werden weitere berufs- und ausbildungsrechtliche Reformmaßnahmen auf den Weg gebracht.
Die im Herbst 2023 abgeschlossene Evaluierung der GuKG-Novelle 2016, die von der Gesundheit Österreich GmbH im Auftrag des Gesundheitsministeriums durchgeführt worden ist, hat eine klare Entscheidungsgrundlage zugunsten des Auslaufens der Sekundarausbildung für den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege und für die vollständige Überführung der DGKP-Ausbildung in den Fachhochschulbereich gebracht. Demzufolge sind mit 1. Jänner 2024 die Rechtsgrundlagen für die DGKP-Ausbildung auf Sekundarstufe im GuKG außer Kraft getreten, die bis Ende 2023 noch begonnenen DGKP-Ausbildungen auf Sekundarstufe laufen daher bis Ende 2026 aus. Somit ist mit Beginn 2024 die Ausbildung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege auch in Österreich – entsprechend der internationalen Entwicklung und den gestiegenen Anforderungen an diesen zentralen Beruf im Gesundheitswesen – ausschließlich dem tertiären Bildungssektor zuzuordnen. Diese Entwicklung ist als unabdingbare Voraussetzung für das künftige Gefüge innerhalb der drei Gesundheits- und Krankenpflegeberufe zu sehen wie auch als notwendige Voraussetzung für die Weiterentwicklung der Rolle des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege im österreichischen Gesundheits- und Pflegewesen.
Die Ergebnisse der Evaluierung liefern weiters weitere aussagekräftige und evidenzbasierte Grundlagen für zukunftsweisende Maßnahmen für alle drei Pflegeberufe (Gehobener Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, Pflegefachassistenz, Pflegeassistenz). Als Schlussfolgerung der Evaluierung ergibt sich, dass eine Weiterentwicklung des GuKG hinsichtlich der berufsrechtlichen Handlungsspielräume wesentlich ist, um langfristig die Grundlagen für eine qualitätsvolle Versorgung zu schaffen und Pflegeberufe als attraktive Berufswahl zu verankern.
Eine Online-Präsentation zu den Ergebnissen der Evaluierung der GuKG-Novelle 2016 erfolgte seitens der Gesundheit Österreich GmbH am 8. November 2023. Im Zusammenhang mit der Zielsetzung nach einer Weiterentwicklung der berufsrechtlichen Handlungsspielräume der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe hat am 29. November 2023 das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz eine Online-Veranstaltung zum Thema „Neugestaltung der Kompetenzen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe“ abgehalten.
Dementsprechend werden nunmehr im Rahmen der vorliegenden Novelle die Kompetenzen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe neu gestaltet und für den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, einer akademisierten Berufsgruppe adäquat geregelt.
Auch wird der im Rahmen der GuKG-Novelle 2016 begonnene erste Schritt der Neugestaltung der Regelungen hinsichtlich der Spezialisierungen und ihrer Zuordnung zum tertiären Ausbildungsbereich als logischer Schritt der Tertiärisierung der Ausbildung fortgesetzt. Der gesamte Bereich der Spezialisierungen bzw. Höherqualifizierungen wird damit dem tertiären Bereich zugeordnet. Dies trägt auch der Schaffung eines einheitlichen Europäischen Hochschulraums, dem Bologna-Prozess bzw. der Bologna Architektur, Rechnung. Die eingeräumten Übergangsfristen für die bestehenden Ausbildungsangebote für Spezialisierungen, die bisherigen – teilweise noch auf Sekundarstufe angesiedelten – Sonderausbildungen, sollen für die betroffenen Einrichtungen ausreichende Planungs- und Umsetzungszeiträume bieten.
Zielsetzung der in der Novelle vorgesehenen Reformmaßnahmen ist auch, dass diese zeitnah in Umsetzung gebracht werden. In der Folge sollen in einem weiteren nächsten Reformschritt die im Berufsfeld und Ausbildungsbereich der Pflege bereits laufenden Entwicklungen neuer Rollen der diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger:innen, die zukünftig einen wichtigen Beitrag zur gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung der Bevölkerung leisten können, berufsrechtlich abgebildet werden (z.B. Community Health Nurse, School Nurse, ANP).
Finanzielle Auswirkungen:
Die vorliegende Novelle beinhaltet weitere berufsrechtliche Maßnahmen, die auf eine nachhaltige Verbesserung der medizinisch-pflegerischen Versorgung und der berufsrechtlichen Rahmenbedingungen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe abzielen und kostenneutral in Umsetzung gebracht werden können. Es wird daher von keinen finanziellen Mehraufwendungen für den Bund, die Länder und die Sozialversicherung ausgegangen.
Verhältnismäßigkeitsprüfung:
Durch die vorgeschlagenen Regelungen wird der Zugang zu den und die Ausübung der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe gegenüber den bestehenden Regelungen nicht beschränkt, sondern im Sinne der angestrebten Kompetenzerweiterung und Öffnung von Vorbehaltsbereichen und des Abbaus berufsrechtlicher Schranken zwischen und innerhalb der gesetzlich geregelten Gesundheitsberufe erleichtert. Diese Regelungen fallen somit nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/958 und erfordern keine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach den Bestimmungen des Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetzes (VPG), BGBl. I Nr. 67/2021.
Kompetenzgrundlage:
In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das vorliegende Bundesgesetz auf Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG („Gesundheitswesen“).
Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:
Keine.
Besonderer Teil
Zu Artikel 1 Z 1, 15, 17 und 47 sowie Artikel 2 (Inhaltsverzeichnis, §§ 13, 15b und 117 Abs. 43 GuKG und RezeptpflichtG):
In den Jahren 2010 bis 2012 fanden mehrere Arbeitssitzungen zur Frage der Durchführung ärztlicher Tätigkeiten durch den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege mit dem Schwerpunkt Arzneimittel und Medizinprodukte statt. Ziel der Arbeitsgruppen war es, einen den Bedürfnissen der Praxis entsprechenden Konsens hinsichtlich der Möglichkeit der Übernahme von Tätigkeiten durch diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:innen im Bereich der Anordnung und Verordnung von Arzneimitteln und Medizinprodukten zu erzielen. Je nach Handlungsfeld (Krankenanstalten, Pflegeheime, Hauskrankenpflege etc.) soll diese Ermächtigung durch organisations- und dienstrechtliche Vorgaben unterschiedlich gehandhabt bzw. ausgeschöpft werden. Die Verordnungskompetenz der Ärzt:innen soll davon unberührt bleiben.
Das Ergebnis der Arbeitsgruppen, an der Vertreter:innen des Gesundheitsministeriums, der Ärzteschaft und der Gesundheits- und Krankenpflege teilnahmen, waren gemeinsam erarbeitete Konsenspapiere zur Frage, ob und welche Medizinprodukte und Arzneimittel unter welchen Voraussetzungen auch vom gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege verordnet bzw. weiterverordnet und angewendet werden könnten.
Im Rahmen der GuKG-Novelle 2016, BGBl. I Nr. 75/2016, wurde die gesetzliche Grundlage für die Weiterverordnung von ärztlich verordneten Medizinprodukten in bestimmten Bereichen geschaffen. Da sich diese Regelung in der Folge in der Praxis als schwer umsetzbar erwiesen hat, wurde im Rahmen der GuKG-Novelle 2023, BGBl. I Nr. 108/2023, eine mit der Sozialversicherung abgestimmte Erweiterung auf die Möglichkeit der Erstverordnung von bestimmten Medizinprodukten durch diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:innen geschaffen, die seit 1. Jänner 2024 durch die entsprechenden sozialversicherungsrechtlichen Begleitmaßnahmen wirksam geworden ist.
Was die Umsetzung der im Konsenspapier zu den Arzneimitteln festgelegten fachlichen Grundlagen betrifft, so ist dafür bis dato keine berufsrechtliche Grundlage im GuKG geschaffen worden. Daher wird im Sinne der durch diese Novelle angestrebten Erweiterung der Kompetenzen auch diese Bereich umgesetzt. Im Gegensatz zur Verordnung von Medizinprodukten sollen allerdings für Arzneimittel diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:innen nur zur Weiterverordnung ärztlich verordneter Arzneimittel in den genannten Bereichen ermächtigt werden. Bei den in Frage kommenden Produkten handelt es sich um Arzneimittelgruppen, die im Rahmen der pflegerischen Versorgung anfallen und nicht sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähig sind. Die Entscheidung über die Möglichkeit der Weiterverordnung erfolgt nach Maßgabe der ärztlichen Anordnung, die neben dem Produkt auch eine allfällige Befristung der Weiterverordnung bzw. Modalitäten der Rückkoppelung mit dem/ der Arzt/Ärztin enthalten kann., Eine Abänderung der ärztlichen Verordnung durch den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege ist nicht zulässig.
Für die Abgabe von durch DGKP weiterverordneten Arzneimitteln in der Apotheke wird im Rezeptpflichtgesetz eine entsprechende Änderung umgesetzt (Artikel 2).
Zu Artikel 1 Z 2 bis 7, 13, 14, 18 bis 33, 38 bis 40, 42, 46 und 47 (Inhaltsverzeichnis, §§ 11, 17, 20, 22, 22, 22a, 22c, 23 bis 25, 5. Abschnitt des 2. Hauptstücks, § 116c und § 117 Abs. 43 und 44 GuKG):
Bereits im Rahmen der GuKG-Novelle 2016 wurde der erste Schritt zur Neugestaltung der Regelungen hinsichtlich der Spezialisierungen gesetzt. Die damals drei neugeschaffenen setting- und zielgruppenspezifischen Spezialisierungen wurden bereits ausschließlich dem tertiären Ausbildungsbereich zugeordnet. Im Rahmen der vorliegenden Novelle wird diese Entwicklung für alle Spezialisierungen fortgesetzt. Auch ist die Tertiärisierung der Spezialisierungen im Sinne des Bologna-Prozesses und der Bologna-Architektur als logische Folge und als notwendiger Schritt der erfolgten vollständigen Tertiärisierung der Grundausbildung erforderlich. Der gesamte Bereich der Spezialisierungen bzw. Höherqualifizierung wird somit dem tertiären Bereich zugeordnet (siehe Allgemeiner Teil).
Als Grundlage für die Adaptierung und Neugestaltung der Regelungen betreffend Spezialisierungen werden die fachlichen Vorarbeiten der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) herangezogen. Ein Arbeitspapier der Gesundheit Österreich GmbH „Aktualisierung der Spezialisierungen in der GuK – Setting‐ und zielgruppenspezifische Spezialisierungen (ausgenommen OP‐Pflege)“ vom Dezember 2020, das unter Hinzuziehung externer Expert:innen ausgearbeitet worden ist, dient hiebei als zentrales Fachkonzept, das in der Folge auch bei der Ausarbeitung der Durchführungsverordnungen für die Spezialisierung eine wertvolle Grundlage bieten wird. Die Spezialisierung OP-Pflege war im Rahmen dieser Arbeiten aufgrund der parallel laufenden Arbeiten zur Operationstechnischen Assistenz ausgenommen.
Die GÖG hat weiters im Jahr 2023 im Auftrag des Gesundheitsministeriums fachliche Vorarbeiten zur künftigen tertiären Ausbildungsarchitektur der Spezialisierungen geleistet, die ebenfalls in die Konzeption der vorliegenden Novelle eingeflossen sind.
Aus den fachlichen Vorarbeiten ergibt sich zunächst für die Adaptierung der derzeit vorgesehenen Spezialisierungen ein Anpassungsbedarf im Hinblick auf die Änderung der Bezeichnung und des Anwendungsbereichs der Spezialisierung „Krankenhaushygiene“ auf die alle Settings umfassende „Infektionsprävention und Hygiene“, weiters ergibt sich die Notwendigkeit der Änderung der Spezialisierung „Wundmanagement und Stomaversorgung“ in „Wund-, Stoma- und Kontinenzmanagement“.
Zu der im Rahmen der GuKG-Novelle 2016 neu aufgenommenen Spezialisierung „Psychogeriatrische Pflege“ haben die fachlichen Vorarbeiten gezeigt, dass sich die erarbeiteten Qualifikationsprofile und die notwendigen Kompetenzen der Spezialisierungen „Psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege“ und „Psychogeriatrische Pflege“ nicht unterscheiden. Folglich sollten diese nicht als getrennte Spezialisierungen normiert werden, sondern der Bereich Psychogeriatrische Pflege kann vielmehr im Rahmen der Spezialisierungsausbildungen der Psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege durch Schwerpunktsetzungen vermittelt werden.
Weiters wird die Spezialisierung Kinderintensivpflege, die bisher unsystematisch in § 68a GuKG geregelt war, in die §§ 17 und 20 GuKG aufgenommen.
Im Sinne einer dynamischen Regelung der setting- und zielgruppenspezifischen Spezialisierungen, die auch künftigen Bedarfen gerecht werden soll, wird im § 17 GuKG von der taxativen Aufzählung der Spezialisierungen zugunsten einer demonstrativen Aufzählung abgegangen und die Möglichkeit geschaffen, im Verordnungsweg nach Anhörung der beruflichen Vertretung der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe und der Österreichischen Ärztekammer weitere über die Auflistung hinausgehende setting- und zielgruppenspezifische Spezialisierungen festzulegen, für die ebenfalls die in § 65b GuKG festgelegten Vorgaben gelten werden. Für alle (auch künftigen) setting- und zielgruppenspezifischen Spezialisierungen werden insbesondere die zu vermittelnden Qualifikationsprofile, die Mindestanforderungen an die Ausbildung und die Zugangsvoraussetzungen in den gesundheitsrechtlichen Durchführungsbestimmungen festzulegen sein.
Aus den Ergebnissen der GÖG-Arbeiten im Jahr 2023 zur tertiären Ausbildungsarchitektur sowie aufgrund der Tertiärisierung des Berufs und der damit verbundenen Neugestaltung des § 15 GuKG werden nunmehr auch die setting- und zielgruppenspezifischen Spezialisierungen auf tertiärem Niveau als Höherqualifizierung von diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger:innen geregelt.
Anstelle der derzeit in § 17 Abs. 3 GuKG vorgesehenen Verpflichtung, innerhalb von fünf Jahren die entsprechende Spezialisierung absolvieren zu müssen, die sowohl im Hinblick auf die Inkompatibilität mit den strukturellen Vorgaben (z.B. ÖSG) als auch im Hinblick auf die schwierigen Abgrenzbarkeit der Spezialisierungsvorbehalte zu Problemen in der Praxis geführt hat, wird nunmehr in § 65b GuKG normiert, dass Spezialisierungsausbildungen für die setting- und zielgruppenspezifische Höherqualifizierung angeboten werden müssen. Wie bei der Neugestaltung zu § 15 GuKG ausgeführt, ist vom Berufs- und Tätigkeitsvorbehalt auch der Bereich der Spezialisierungen mitumfasst und es bedarf daher keiner gesonderten Vorbehaltsregelung für Spezialisierungen. Zur Konkretisierung und Spezifizierung eines qualitätsgesicherten Personaleinsatzes in Spezialbereichen sind organisationsrechtliche Strukturqualitätskriterien, z.B. im Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG), zu verankern. Mit den neuen Regelungen wird auch den Zielsetzungen des Artikel 8 der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens Rechnung getragen (siehe unten zu § 15 GuKG).
Die für die Erlangung der erforderlichen Qualifikationen von den Hochschulen anzubietenden Spezialisierungsausbildungen müssen einen Mindestumfang von 60 ECTS-Anrechnungspunkten aufweisen und können nach den unterschiedlichen hochschulrechtlichen Möglichkeiten des Universitätsgesetzes 2002, des Fachhochschulgesetzes und des Privathochschulgesetzes absolviert werden, wobei auch ein modulares Angebot denkbar ist.
Um für die betroffenen Einrichtungen ausreichende Planungs- und Umsetzungszeiträume zu ermöglichen und zwischenzeitlich insbesondere auch den diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger:innen, die die Grundausbildung an einer Gesundheits- und Krankenpflegeschule absolviert haben, ein ausreichendes Ausbildungsangebot im Bereich der setting- und zielgruppenspezifischen Spezialisierungen anbieten zu können, wird im Rahmen der Übergangs- und Inkrafttretensbestimmungen geregelt, dass in den nächsten Jahren Sonderausbildungen nach dem bisherigen Regelungsregime noch parallel zu den neugestalteten Spezialisierungsausbildungen durchgeführt werden können. Erst mit dem Auslaufen der Sonderausbildungen werden daher auch die entsprechenden Änderungen bzw. der Entfall der Bestimmungen betreffend Sonderausbildungen mit dieser Legisvakanz wirksam.
Zu Artikel 1 Z 8 und 41 (Inhaltsverzeichnis und § 65a GuKG):
Die Regelung über die Qualifikation für Lehr- und Führungsaufgaben in der Pflege ist einerseits an die für die setting- und zielgruppenspezifischen Spezialisierungen geschaffene Zuordnung als Höherqualifizierung anzupassen und andererseits im Rahmen des seit 20 Jahren bestehenden bewährten Systems weiterzuentwickeln.
Im Gegensatz zu den setting- und zielgruppenspezifischen Spezialisierungen besteht im Bereich der Ausbildungen für Lehr- und Führungsaufgaben bereits seit den 1990er-Jahren ein umfassendes Ausbildungsangebot im Hochschulbereich. Demzufolge wurde bereits damals eine Gleichhaltung für diesen Bereich rechtlich verankert und durch die GuKG-Novelle 2005 ein Anerkennungssystem durch den damaligen GuK-Akkreditierungsbeirat, nunmehr Gesundheits- und Krankenpflege-Beirat, implementiert. Im Rahmen der GuKG-Novelle 2016 wurde das zeitnahe Auslaufen der Sonderausbildungen für Lehr- und Führungsaufgaben festgelegt, zumal sowohl in quantitativer als aus qualitativer Hinsicht das hochschulische Ausbildungsangebot in diesem Bereich in der Praxis umgesetzt war.
Was die Anerkennung von hochschulischen Ausbildungen als für Lehr- und Führungsaufgaben in der Gesundheits- und Krankenpflege qualifizierend betrifft, so hat der Gesundheits- und Krankenpflege-Beirat kompetenzorientierte Qualifikationsprofile entwickelt und darauf basierende Prüfungsrichtlinien erarbeitet, die eine transparente, nachvollziehbare und qualitätsgesicherte Grundlage für die Schaffung eines entsprechenden Ausbildungsangebots und deren berufsrechtliche Anerkennung darstellt. Im Sinne der Rechtsklarheit soll dieses bewährte Prozedere in der gesetzlichen Grundlage des § 65a GuKG rechtlich verankert werden.
Darüber hinaus ist die Regelung des § 65a GuKG an die jüngsten hochschulrechtlichen Entwicklungen, insbesondere im Bereich der hochschulischen Weiterbildung, anzupassen, um sicherzustellen, dass eine berufsrechtliche Anerkennung den aktuellen breiten hochschulrechtlichen Möglichkeiten eines einschlägigen Studienangebots offen steht.
Zu Artikel 1 Z 11 (§ 3a GuKG):
Im Sinne der Maßnahme 328 des Nationalen Aktionsplans Behinderung 2022–2030 (NAP-Behinderung II) „Schaffung von Rechtsklarheit hinsichtlich Delegationsmöglichkeiten an das Personal in Behinderteneinrichtungen sowie Überprüfung der Einschränkung betreffend Gruppengröße gemäß GuKG“ soll die derzeit in § 3a Abs. 3 GuKG normierte starre Festlegung einer Gruppengröße von 12 betreuten Menschen im Behinderteneinrichtungen für die Möglichkeit der Durchführung von unterstützenden Tätigkeiten der Basisversorgung durch die betreuenden Berufsangehörigen im Behindertenbereich zugunsten einer flexibleren Regelung („in einer kleinen Gruppe“) geändert werden. Dabei soll jedenfalls das von dieser Regelung erfasste Setting der Betreuung von behinderten Menschen in kleinen Gruppen, wie dies ohnehin im Sinne einer anzustrebenden De-Institutionalisierung von behinderten Menschen Standard sein sollte, weiterhin bestehen bleiben. Als Maßstab dieser kleinen Gruppen sollte entsprechend der bisherigen Regelung eine Gruppengröße von ca. 12 Personen herangezogen werden, die in Einzelfällen unter Wahrung der Qualitätssicherung und der Zielrichtung dieser Regelung geringfügig (maximal 15 Personen) überschritten werden könnte.
Zur Auslegung der unterstützenden Tätigkeiten bei der Basisversorgung (UBV) im Sinne des § 3a GuKG wird auf die einschlägigen Informationen des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministeriums betreffend „Abgrenzung von Laientätigkeiten und Vorbehaltstätigkeiten der Pflege und Medizin“ vom 2.3.2011, BMG-92251/0013-II/A/2/2011, sowie „Durchführung pflegerischer Tätigkeiten im Behindertenbereich“ vom 21.12.2016, BMGF-92251/0095-II/A/2/2016, hingewiesen. In diesem Sinne liegt die Grenze der Laientätigkeit dort, wo medizinisches bzw. pflegerisches Fachwissen Voraussetzung für die fachgerechte Durchführung der Tätigkeit ist bzw. auf Grund dieses Fachwissens Selbst- und Fremdgefährdung vermieden werden kann.
Zu Artikel 1 Z 12 (§ 5 GuKG):
Derzeit steht aufgrund des § 5 Abs. 3 GuKG den Patient:inen und Klient:innen die Möglichkeit der Herstellung einer Kopie der Pflegedokumentation „gegen Kostenersatz“ zu. Der vorgesehene Kostenersatz steht im Widerspruch zu Artikel 15 DSGVO, wonach der/die Verantwortliche eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung stellt und für alle weiteren Kopien, die die betroffene Person beantragt, ein angemessenes Entgelt verlangen kann. Es erfolgt daher eine Anpassung an die unionsrechtliche Vorgabe.
Zu Artikel 1 Z 16 (§ 15 GuKG):
Entsprechend den Ausführungen im Allgemeinen Teil zur Weiterentwicklung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege werden im Rahmen dieser Novelle dessen Kompetenzen neu gestaltet und einer akademisierten Berufsgruppe adäquat geregelt. Dabei wird insbesondere auch folgenden Vorgaben Rechnung getragen:
GuKG-Evaluierung:
Wesentlichen Ergebnisse der Evaluierung und davon abgeleiteten Empfehlungen in Hinblick auf die Weiterentwicklung des Berufsrechts sind:
- vollständige Tertiärisierung der DGKP-Ausbildung;
- Weiterentwicklung der professionellen Handlungsspielräume;
- weitere Professionalisierung;
- Schaffung neuer Rollen für den gehobenen Dienst in allen Settings;
- kritische Prüfung der Vorbehaltstätigkeiten;
- Stärkung der interprofessionellen und interdisziplinären Zusammenarbeit.
Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens:
Die am 13.12.2023 vom Nationalrat beschlossene Regierungsvorlage dieser Vereinbarung, BlgNR 2317 27. GP, sieht in Artikel 8 hinsichtlich des Gesundheitspersonals u.a. vor, berufsrechtliche Regelungen an geänderte Anforderungen mit dem Ziel der Versorgungswirksamkeit anzupassen, und zwar mit folgenden Zielen:
- flexiblere und erweiterte Formen der Arbeitsteilung und Delegation von Aufgaben zwischen ärztlichen und anderen Gesundheitsberufen;
- multiprofessionelle, teambasierte und interdisziplinäre Zusammenarbeitsformen;
- Öffnung der Vorbehaltsbereiche zwischen und innerhalb der Gesundheitsberufe;
- verstärkte Kompetenzorientierung unter Berücksichtigung der erworbenen Ausbildungen und Spezialisierungen;
- Verbesserung der inter- und intraprofessionellen Zusammenarbeit.
Forderungen der Länder:
Im Rahmen der Landesgesundheitsreferent:innen- und Landessozialreferent:innenkonferenz wurden in den letzten Jahren Forderungen zu Kompetenzerweiterungen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe an den Bund herangetragen, die im Rahmen der jüngsten GuKG-Novellen zum Teil bereits umgesetzt wurden. Hinsichtlich des gehobenen Dienstes war die Umsetzung einiger Forderungen bis zur Entscheidung über die vollständige Tertiärisierung der Ausbildung noch nicht möglich, diese betreffen insbesondere Fragen der Entscheidung hinsichtlich medizinisch-diagnostischer Maßnahmen und der Weiterverweisung von Patient:innen insbesondere an andere gehobene nicht-ärztliche Gesundheitsberufe.
Bei der Neugestaltung der Kompetenzen des gehobenen Dienstes waren die derzeit geltenden berufsrechtlichen Regelungen hinsichtlich der Kompatibilität mit den o.a. Zielvorgaben zu analysieren und ein Änderungsbedarf mit folgenden Ergebnissen zu prüfen.
Berufsbild (§ 12 GuKG):
Mit der GuKG-Novelle 2016 wurde ein neues zukunftsweisendes Berufsbild für den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege geschaffen, das eine geeignete Grundlage für die professionellen Handlungsspielräume dieses Berufs bildet.
Pflegerische Kernkompetenzen (§ 14 GuKG):
Diese wurden bereits durch die Stammfassung des GuKG im Jahr 1997 kompetenzorientiert gestaltet und durch die GuKG-Novelle 2016 zukunftsweisend weiterentwickelt.
Kompetenzen im multiprofessionellen Versorgungsteam (§ 16 GuKG):
Diese wurden erstmalig in einem Berufsgesetz im Gesundheitsbereich bereits in der Stammfassung des GuKG im Jahr 1997 geregelt und ebenfalls durch die GuKG-Novelle 2016 weiterentwickelt.
(Weiter)Verordnung von Medizinprodukten (§ 15a GuKG:
Durch die GuKG-Novelle 2016 wurde die Ermächtigung zur Weiterverordnung von Medizinprodukten in bestimmten Bereichen berufsrechtlich geschaffen und durch die GuKG-Novelle 2023 auf die Erstverordnung erweitert und gleichzeitig umsetzbare sozialversicherungsrechtliche Regelungen geschaffen, diese sind seit 1.1.2024 wirksam.
Kompetenzen in der medizinischen Diagnostik und Therapie (§ 15 GuKG):
Die derzeitige Regelung zeigt sich in folgenden Punkten als nicht ausreichend zukunftsorientiert bzw. den o.a. Zielvorgaben noch nicht Rechnung tragend:
- Der derzeitige § 15 GuKG regelt die Kompetenzen der medizinischen Diagnostik und Therapie tätigkeitsorientiert, durch die umfangreiche demonstrative Aufzählung ergibt sich eine Kleinteiligkeit und Kasuistik, die der neuen Rolle des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege nicht Rechnung trägt.
- Es besteht Rechtsunsicherheit in Bezug auf nicht vom demonstrativen Katalog erfasste Tätigkeiten bzw. Maßnahmen.
- Die derzeitige Regelung bringt Rechtsunsicherheit hinsichtlich des möglichen Umfangs der ärztlichen Anordnung.
- Der berufsrechtliche Grundsatz der schriftlichen ärztlichen Anordnung, von dem nur unter den berufsrechtlich definierten Voraussetzungen abgegangen werden kann, bringt einen hohen bürokratischen Aufwand mit sich, die den Bedürfnissen der Praxis nicht Rechnung trägt und sowohl beim ärztlichen als auch Pflegepersonal unverhältnismäßige Zeitressourcen in Anspruch nimmt.
Um diesen Problemen im Sinne der o.a. Zielsetzungen zu begegnen, sind die Kompetenzen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege als für die nunmehr akademisierten Berufsgruppe adäquat unter folgenden Prämissen neu zu regeln:
Die neue Regelung folgt nunmehr auch für die Kompetenzen der medizinischen Diagnostik und Therapie anstelle der derzeitigen Tätigkeitsorientierung einer Kompetenzorientierung, die sich aus den in der Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege vermittelten Qualifikationsprofil (siehe FH-GuK-AV) sowie in Weiterbildungen und gegebenenfalls im Rahmen von Höherqualifizierungen erworbenen Kenntnissen und Fertigkeiten ergibt. Damit sind auch die im Rahmen von Spezialisierungen erworbenen Qualifikationen bereits mitgedacht.
Die derzeitige Kleinteiligkeit des demonstrativen Katalogs soll einer generellen Regelungslösung weichen, die den Handlungsspielraum in der Praxis erweitern kann.
Dieser regulatorische Paradigmenwechsel bedeutet allerdings nicht, dass damit eine grundlegende Erweiterung der Kompetenzen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege im Bereich der medizinischen Diagnostik und Therapie verbunden ist. Die Kompetenzen werden sich in der Praxis zunächst wohl an dem vor dieser Novelle in § 15 Abs. 4 GuKG demonstrativ umschriebenen Katalog orientieren. Die kompetenzorientierte Umschreibung soll sowohl fachlichen Weiterentwicklungen als auch der persönlichen Erweiterung der Kompetenzen durch Höherqualifizierung bzw. Weiterbildungen der Berufsangehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege Rechnung tragen. Die dynamische Regelung soll für die Praxis einen erweiterten Gestaltungsspielraum für den Einsatz von diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger:innen in den verschiedenen Settings und Einrichtungen bieten und die individuellen Bildungs- und Karrierewege sowohl für die Berufsangehörigen als auch für die Organisation besser nutzbar machen. Dementsprechend erweitern sich auch die Möglichkeiten für die Organisation und die Rolle der Pflegedienstleitung, indem die konkrete Umsetzung der in § 15 GuKG eingeräumten berufsrechtlichen Ermächtigung in Zusammenspiel mit der ärztlichen Leitung hinsichtlich Prozedere, Delegation und Zusammenarbeit einrichtungsspezifisch festgelegt werden kann.
Hinsichtlich der Gewährleistung einer qualitätsgesicherten Umsetzung der Kompetenzen in der medizinischen Diagnostik und Therapie ist festzuhalten, dass ausgehend von der in § 4 Abs. 1 und 2 GuKG festgelegten allgemeinen Verpflichtung zur lege-artis-Berufsausübung für die Übernahme und Durchführung von Maßnahmen entscheidend ist, dass der/die jeweilige Berufsangehörige über die entsprechenden Kompetenzen verfügt, dies unabhängig, ob diese im Rahmen der Grundausbildung, von Fort- oder Weiterbildungen, von Höherqualifizierungen oder durch informelles Lernen erworben worden sind. Die Verantwortung der diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger:in im Hinblick auf den Umfang und die Grenzen der Übernahme von medizinischen Maßnahmen kann dazu beitragen, die Verbesserung der Qualität der Versorgung sicherzustellen, und trägt auch der Professionalisierung des Berufs Rechnung.
Auch wenn die Ziele der o.a. Art. 15a-Vereinbarung erweiterte Formen der Delegation von Aufgaben zwischen ärztlichen und anderen Gesundheitsberufen und die Öffnung der Vorbehaltsbereiche zwischen und innerhalb der Gesundheitsberufe vorsehen, soll weiterhin eine qualitätsvolle Gesundheitsversorgung durch die jeweils qualifizierten Berufsgruppen erfolgen. Daher werden in § 15 Abs. 3 GuKG die Grenzen der Delegierbarkeit medizinischer Maßnahmen an den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege klargestellt. Auch wenn die Delegierbarkeit grundsätzlich mit den in der Ausbildung bzw. Höherqualifizierung erworbenen Kompetenzen positiv definiert ist, ist angesichts des breiten Aufgaben- und Einsatzgebietes des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege und des Wegfalls der beispielhaften Aufzählung der delegierbaren medizinisch-diagnostischen und medizinisch-therapeutischen Tätigkeiten eine Abgrenzung hinsichtlich nicht delegierbarer Tätigkeiten erforderlich.
In diesem Sinne sollen weiterhin Maßnahmen, deren fachgerechte Durchführung einer Qualifikation als Arzt/Ärztin bedarf, wie beispielsweise die medizinische Anamnese, Diagnose und Aufklärung sowie nicht vom Berufsbild und Qualifikationsprofil des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege umfasste medizinische Maßnahmen, nicht an diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:innen delegiert werden können. Ebenso können Maßnahmen, für deren fachgerechte Durchführung die berufsspezifische Qualifikation in einem anderen Gesundheitsberuf (z.B. MTD, Hebammen, Psychotherapeut:innen etc.) erforderlich ist, nicht an diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:innen delegiert werden. Klargestellt wird, dass eine Mitwirkung und Zusammenarbeit durch diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:innen im Rahmen ihrer Kompetenzen in diesen Bereichen nicht ausgeschlossen wird, sondern sich die Regelung über die Grenzen der Delegierbarkeit auf die eigenverantwortliche Durchführung und damit die Übernahme der gesamten Maßnahme bezieht.
Für eine berufsrechtskonforme Vollziehung des in § 15 GuKG vorgegebenen Handlungsrahmens wirken sowohl der/die delegierende Arzt/Ärztin im Rahmen seiner/ihrer Anordnungsverantwortung als auch der/die durchführende diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:in im Rahmen seiner/ihrer Durchführungsverantwortung, aber auch Einlassungs- und Übernahmsverantwortung mit.
Die ärztliche Anordnung für die medizinische Diagnostik und Therapie wird im Sinne des § 49 Abs. 3 Ärztegesetz 1998 beibehalten. Hinsichtlich bestimmter standardisierter diagnostischer Maßnahmen, die zur Vorbereitung des medizinischen Behandlungspfads oder als Überwachungsmaßnahme einer laufenden bzw. bereits umgesetzten medizinischen Behandlung durchzuführen sind, wie beispielsweise Harnstreifentests oder Blutzuckerkontrolle, ist es bereits derzeit gelebte Praxis, dass diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:innen im Sinne eines reibungslosen Prozedere ohne ausdrückliche vorhergehende ärztliche Anordnung im Einzelfall tätig werden. Diese bewährte Vorgehensweise, die ohne Qualitätsverlust den Behandlungsablauf erleichtert und beschleunigt, soll nunmehr auch zur Rechtssicherheit berufsrechtlich abgebildet werden. Für die konkrete Umsetzung dieser Regelung werden entsprechende organisationsrechtliche Vorgaben festzulegen sein.
Die Vorgabe der Schriftlichkeit der ärztlichen Anordnung soll im Sinne einer Entbürokratisierung und eines zielgerichteten Ressourceneinsatzes nicht mehr berufsrechtlich normiert werden, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die Rechtssicherheit und Nachvollziehbarkeit durch die weiterhin bestehende Dokumentationsverpflichtung sowohl für die Ärzt:innen als auch die Gesundheits- und Krankenpfleger:innen gewährleistet wird. Es wird der Praxis im jeweiligen Setting und in der jeweiligen Einrichtung obliegen, das konkrete organisationsrechtliche Prozedere festzulegen, insbesondere auch im Hinblick auf die Beweissicherung sowie haftungsrechtliche Aspekte.
Die Regelung über Zusammenarbeit mit anderen nichtärztlichen Gesundheitsberufen im Bereich der medizinischen Diagnostik und Therapie legt einerseits bereits derzeit die mögliche Weiterdelegation an Assistenzberufe sowie Auszubildende und andererseits die Möglichkeit der Weiterverweisung an andere Gesundheitsberufe für Fallkonstellationen, in denen die weitere Betreuung der Qualifikation eines anderen gehobenen Gesundheitsberufs bedarf, fest.
Schließlich wird wie bisher die Weiterdelegation und Anleitung von Laien in der medizinischen Diagnostik und Therapie im Rahmen der Personenbetreuung, der Persönlichen Assistenz sowie hinsichtlich medizinische Laien im Anwendungsbereich des § 50a ÄrzteG 1998 geregelt.
Zu Artikel 1 Z 34 bis 37 (§ 28 GuKG):
Aufgrund der nunmehr vollzogenen vollständigen Überführung der Ausbildung im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege an die Fachhochschulen (siehe Allgemeiner Teil) sind die Regelungen über die inländischen Qualifikationsnachweise anzupassen.
Zu Artikel 1 Z 43 und 44 (§ 83 GuKG):
Was den Tätigkeitsbereich der Pflegeassistenz betrifft, so besteht für diesen unter der Prämisse, dass im Rahmen des Ausbildungsumfangs von einem Jahr keine weiteren Inhalte und Kompetenzen mehr vermittelbar sind und dass sämtliche Forderungen der Landesgesundheits- und -sozialreferent:innen durch die letzten GuKG-Novellen bereits umgesetzt wurden, kein weiterer Handlungsbedarf.
Hinsichtlich der Form der Anordnung erfolgt eine Anpassung an die für § 15 GuKG vorgesehenen flexibleren berufsrechtlichen Vorgaben, womit auch die nicht mehr datenschutzkonforme und den Reglungen des Gesundheitstelematikgesetzes widersprechende Möglichkeit der Übermittlung mittels Telefax wegfällt.
Zu Artikel 1 Z 45 (§ 83a GuKG):
Der durch die GuKG-Novelle 2016 neu geschaffenen Gesundheits- und Krankenpflegeberuf der Pflegefachassistenz, der in den letzten sieben Jahren sukzessive bundesweit in allen Settings implementiert wurde und in die Praxis Eingang gefunden hat, war ursprünglich derart geregelt, dass auf den Tätigkeitsbereich der Pflegeassistenz unter Hinweis darauf, dass die Pflegefachassistenz ohne Aufsicht tätig wird, verwiesen und um einige Tätigkeiten der medizinischen Diagnostik und Therapie erweitert wird. Aus dieser derzeitigen Regelungslösung ergibt sich für die Praxis das nicht erwünschte Bild, dass es sich bei der Pflegefachassistenz um eine erweiterte Pflegeassistenz handelt und nicht um einen eigenständigen Gesundheits- und Krankenpflegeberuf.
Durch die Neugestaltung des Tätigkeitsbereichs der Pflegefachassistenz soll nunmehr die Pflegefachassistenz, die über eine doppelt so lange Ausbildung wie die Pflegeassistenz und dementsprechend auch über ein umfassenderes Qualifikationsprofil verfügt, als eigenständiger Pflegeassistenzberuf dargestellt werden. Durch die klaren Regelungen, welche pflegerischen Tätigkeiten und Tätigkeiten der medizinischen Diagnostik und Therapie an die Pflegefachassistenz angeordnet bzw. weiterdelegiert und von dieser eigenverantwortlich durchgeführt werden können, wird Rechtsklarheit hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten der Pflegefachassistenz geschaffen.
Neben der Abgrenzung zur Pflegeassistenz wird klargestellt, dass dem gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege weiterhin die Gesamtverantwortung für den Pflegeprozess einschließlich der Delegation von pflegerischen Tätigkeiten und der Weiterdelegation von medizinisch-diagnostischen Tätigkeiten zukommt.
Im Sinne der Rechtssicherheit der Delegationsmöglichkeiten an die Pflegefachassistenz wird der Tätigkeitsbereich im Bereich der medizinischen Diagnostik und Therapie weiterhin durch taxative Aufzählung geregelt. Diese umfasst den bereits durch die GuKG-Novellen 2022 und 2023 erweiterten Katalog sowie hinsichtlich der von den Länderforderungen noch nicht umgesetzten Maßnahmen zusätzlich die Verabreichung von Infusionen ohne medikamentösen Wirkstoff zur Hydration bei liegendem periphervenösen Gefäßzugang sowie die Assistenz bei der chirurgischen Wundversorgung.
Hinsichtlich der Form der Anordnung erfolgt eine Anpassung an die für § 15 GuKG vorgesehenen flexibleren berufsrechtlichen Vorgaben, womit auch die nicht mehr datenschutzkonforme und den Reglungen des Gesundheitstelematikgesetzes widersprechende Möglichkeit der Übermittlung mittels Telefax wegfällt.
Zu Artikel 1 Z 47 (§ 117 GuKG):
Die von dieser Novelle umfassten Regelungen sollen stufenweise wirksam werden:
Abs. 42: Jene Regelungen, die ohne Legisvakanz umgesetzt werden können, insbesondere die Neugestaltung der Kompetenzen, sollen bereits mit Kundmachung wirksam werden.
Abs. 43: Jene Regelungen, die noch weiterer Umsetzungsschritte bedürfen, wie die Implementierung der Weiterverordnung bestimmter Arzneimittel durch diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:innen sowie der neuen Regelungen für Spezialisierungen, die noch die Erlassung von Durchführungsbestimmungen im Verordnungsweg bedürfen, sollen mit einer einjährigen Legisvaskanz mit 1.9.2025 in Kraft gesetzt werden.
Abs. 44: Mit dem Auslaufen der Sonderausbildungen, die noch parallel zu den neugestalteten Spezialisierungsausbildungen bis Ende 2029 durchgeführt werden können, werden die entsprechenden Änderungen bzw. der Entfall der entsprechenden Bestimmungen betreffend Sonderausbildungen mit 1.1.2030 wirksam.