Entwurf

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Maßnahmen zum Schutz der Nutzer auf Kommunikationsplattformen erlassen wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Bundesgesetz über Maßnahmen zum Schutz der Nutzer auf Kommunikationsplattformen (Kommunikationsplattformen-Gesetz – KoPl-G)

1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen und Definitionen

Gegenstand und Anwendungsbereich

§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes dienen der Förderung des verantwortungsvollen und transparenten Umgangs mit Meldungen der Nutzer über nachfolgend genannte Inhalte auf Kommunikationsplattformen und der unverzüglichen Behandlung solcher Meldungen.

(2) In- und ausländische Anbieter von Kommunikationsplattformen (§ 2 Z 4) unterliegen nicht den Regelungen dieses Bundesgesetzes, wenn

           1. die Anzahl der mittels Registrierung für die Kommunikationsplattform zugangsberechtigten Nutzer in Österreich im vorangegangenen Quartal im Durchschnitt 100 000 Personen nicht überschritten hat und

           2. der mit dem Betrieb der Kommunikationsplattform im vorangegangenen Jahr in Österreich erzielte Umsatz nicht mehr als 500 000 Euro beträgt.

(3) Anbieter von Kommunikationsplattformen, die nur der Vermittlung oder dem Verkauf von Waren oder Dienstleistungen dienen, oder deren Hauptzweck in der Bereitstellung nicht gewinnorientierter Online-Enzyklopädien zur Wissensvermittlung liegt, sind, selbst wenn für einen größeren Personenkreis zugängliche Kommunikationsfunktionen bereitgestellt werden, unabhängig von der Anzahl der Nutzer der Kommunikationsplattform und der Höhe des mit ihrem Betrieb erzielten Umsatzes von den Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz ausgenommen. Ebenso sind Medienunternehmen (§ 1 Abs. 1 Z 6 MedienG), soweit sie in unmittelbarem Zusammenhang mit ihren journalistisch gestalteten Inhaltsangeboten Kommunikationsplattformen bereitstellen, ausgenommen.

(4) Auf Verlangen eines Diensteanbieters hat die Aufsichtsbehörde festzustellen, ob dieser unter den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fällt. Diensteanbieter von Kommunikationsplattformen haben der Aufsichtsbehörde (§ 8 Abs. 1) alle für diese Feststellung relevanten Auskünfte zu erteilen.

Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeutet

           1. Betriebsstätte: eine feste Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Diensteanbieters ganz oder teilweise ausgeübt wird;

           2. Dienst der Informationsgesellschaft: ein in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz auf individuellen Abruf des Empfängers bereitgestellter Dienst (§ 1 Abs. 1 Z 2 Notifikationsgesetz 1999 – NotifG 1999, BGBl. I Nr. 183/1999), insbesondere der Online-Vertrieb von Waren und Dienstleistungen, Online-Informationsangebote, die Online-Werbung, elektronische Suchmaschinen und Datenabfragemöglichkeiten sowie Dienste, die Informationen über ein elektronisches Netz übermitteln, die den Zugang zu einem solchen vermitteln oder die Informationen eines Nutzers speichern (§ 3 Z 1 E-Commerce-Gesetz – ECG, BGBl I Nr. 52/2001);

           3. Diensteanbieter (Anbieter): die natürliche oder juristische Person, die eine Kommunikationsplattform betreibt;

           4. Kommunikationsplattform (Plattform): ein Dienst der Informationsgesellschaft, bei dem der Hauptzweck oder eine wesentliche Funktion darin besteht, im Wege der Massenverbreitung den Austausch von Mitteilungen oder Darbietungen mit gedanklichem Inhalt in Wort, Schrift, Ton oder Bild zwischen Nutzern mit einem größeren Personenkreis anderer Nutzer zu ermöglichen;

           5. Mutterunternehmen: ein Unternehmen, das ein oder mehrere Tochterunternehmen im Sinne von § 244 UGB, dRGBl. S 219/1897, kontrolliert;

           6. Rechtswidrige Inhalte: Inhalte, die einen der folgenden Tatbestände objektiv verwirklichen und nicht gerechtfertigt sind: Nötigung (§ 105 StGB, BGBl. Nr. 60/1974), Gefährliche Drohung (§ 107 StGB), Beharrliche Verfolgung (§ 107a StGB), Fortdauernde Belästigung im Wege einer Telekommunikation (§ 107c StGB), Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung (§ 113 StGB), Beleidigung (§ 115 StGB), Unbefugte Bildaufnahmen (§ 120a StGB), Erpressung (§ 144 StGB), Herabwürdigung religiöser Lehren (§ 188 StGB), Pornographische Darstellungen Minderjähriger (§ 207a StGB), Anbahnung von Sexualkontakten zu Unmündigen (§ 208a StGB), Terroristische Vereinigung (§ 278b StGB), Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat (§ 278f StGB), Aufforderung zu terroristischen Straftaten und Gutheißung terroristischer Straftaten (§ 282a StGB), Verhetzung (§ 283 StGB), § 3d, § 3g, § 3h des Verbotsgesetzes, StGBl. Nr. 13/1945;

           7. Tochterunternehmen: ein Unternehmen, das von einem Mutterunternehmen im Sinn des § 244 UGB unmittelbar oder mittelbar beherrscht wird;

           8. Unternehmensgruppe: ein Mutterunternehmen eines Diensteanbieters, alle seine Tochterunternehmen und alle anderen mit ihnen wirtschaftlich und rechtlich verbundenen Unternehmen.

2. Abschnitt

Anforderungen an Kommunikationsplattformen

Melde- und Überprüfungsverfahren

§ 3. (1) Diensteanbieter müssen ein wirksames und transparentes Verfahren für den Umgang mit und die Erledigung von Meldungen über auf der Plattform verfügbare, behauptetermaßen rechtswidrige Inhalte einrichten.

(2) Ein derartiges Verfahren muss jedenfalls so ausgestaltet sein, dass Nutzer der Plattform mittels leicht auffindbarer, ständig verfügbarer und einfach handhabbarer Funktionalitäten auf der Plattform

           1. Inhalte mitsamt den für eine Beurteilung erforderlichen Angaben dem Diensteanbieter melden können und

           2. eine Erklärung erhalten, wie mit ihrer Meldung verfahren wird und was das Ergebnis des betreffenden Verfahrens war und

           3. unverzüglich über die wesentlichen Entscheidungsgründe zur Erledigung der betreffenden Meldung einschließlich des allfälligen Zeitpunkts einer Entfernung oder Sperre in Kenntnis gesetzt werden, wobei diese Information auch jener Nutzer, der den betreffenden Inhalt hochgeladen hat, erhalten muss.

(3) Zusätzlich haben Diensteanbieter durch die Ausgestaltung der inneren Organisation des Meldeverfahrens

           1. dafür zu sorgen, dass gemeldete Inhalte,

                a. soweit deren Rechtswidrigkeit bereits für einen juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen offenkundig ist, unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Meldung, entweder entfernt werden oder der Zugang dazu gesperrt wird;

                b. soweit sich deren Rechtswidrigkeit erst nach einer detaillierten Prüfung herausstellt, unverzüglich nach Abschluss dieser Prüfung, spätestens aber binnen sieben Tagen gerechnet ab dem Eingang der Meldung entfernt werden oder der Zugang dazu gesperrt wird;

           2. zu gewährleisten, dass der eine Meldung erstattende Nutzer sowie jener Nutzer, der den betreffenden Inhalt hochgeladen hat, unverzüglich über die Möglichkeit der Teilnahme an einem Beschwerdeverfahren (§ 7) sowie eines Antrags auf Durchführung eines Überprüfungsverfahren (Abs. 4) informiert werden;

           3. im Falle einer Sperrung oder Löschung den davon betroffenen Inhalt, den Zeitpunkt seiner Erstellung sowie die zur Identifikation des Urhebers erforderlichen Daten zu Beweiszwecken, einschließlich zu Zwecken der Strafverfolgung, zu sichern und für die Dauer von längstens zehn Wochen zu speichern; diese Frist darf im Falle eines ausdrücklichen Ersuchens einer Strafverfolgungsbehörde im Einzelfall überschritten werden, wenn anderenfalls die Beweissicherung vereitelt wäre.

(4) Diensteanbieter müssen darüber hinaus dafür sorgen, dass ein wirksames und transparentes Verfahren zur Überprüfung ihrer Entscheidung über die Sperrung oder Löschung eines gemeldeten Inhalts (Abs. 3 Z 1) eingerichtet ist. Eine Überprüfung hat stattzufinden, wenn

           1. im Falle der Unterlassung der Sperrung oder Löschung eines Inhalts, jener Nutzer, der die Meldung erstattet hat, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Entscheidung einen auf Überprüfung dieser Entscheidung gerichteten Antrag (Abs. 3 Z 2) stellt;

           2. im Falle einer Sperrung oder Löschung eines Inhalts, der Nutzer, der den Inhalt auf die Kommunikationsplattform hochgeladen hat, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Entscheidung einen auf Überprüfung dieser Entscheidung gerichteten Antrag (Abs. 3 Z 2) stellt.

Die in Z 1 und 2 genannten Nutzer sind über das Ergebnis der Überprüfung unverzüglich vom Diensteanbieter zu informieren. Das Überprüfungsverfahren ist innerhalb von zwei Wochen ab Antragstellung abzuschließen.

(5) Personenbezogene Daten, die vom Diensteanbieter in Erfüllung der in Abs. 2 bis 4 vorgesehenen Pflichten verarbeitet werden, sind mit Ausnahme der gemäß Abs. 3 Z 3 zu sichernden Inhalte unverzüglich nach Ablauf der in Abs. 4 Z 1 und 2 festgelegten Fristen, im Falle einer Überprüfung gemäß Abs. 4 nach Abschluss des Überprüfungsverfahrens zu löschen. Die nach Abs. 3 Z 3 zu sichernden Inhalte sind spätestens nach zehn Wochen zu löschen.

(6) Personenbezogene Daten über die die Meldung erstattende Person dürfen ausschließlich gegenüber dieser Person beauskunftet werden.

(7) Der Diensteanbieter ist nicht zur Durchführung eines Melde- oder Überprüfungsverfahrens verpflichtet, wenn er insbesondere auf Grund der Art oder der Häufigkeit der eingelangten Meldungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass die Meldungen entweder automatisiert oder sonst auf missbräuchliche Art veranlasst wurden.

Berichtspflicht

§ 4. (1) Diensteanbieter sind verpflichtet, jährlich, im Fall von Kommunikationsplattfomen mit über einer Million registrierten Nutzern vierteljährlich, einen Bericht über den Umgang mit Meldungen über behauptete rechtswidrige Inhalte zu erstellen und der Aufsichtsbehörde spätestens einen Monat nach Ende des im Bericht erfassten Kalenderjahres zu übermitteln. Der Bericht ist überdies gleichzeitig mit der Übermittlung auf der eigenen Website ständig und leicht auffindbar bereitzustellen.

(2) Der Bericht hat jedenfalls folgende Punkte zu beinhalten:

           1. Allgemeine Ausführungen, welche Anstrengungen ein Diensteanbieter unternimmt, um rechtswidrige Inhalte auf der Plattform hintanzuhalten;

           2. Darstellungen über die Ausgestaltung und die Benutzerfreundlichkeit des Meldeverfahrens (§ 3 Abs. 1 bis 3) sowie über die Entscheidungskriterien für die Löschung oder Sperrung von rechtswidrigen Inhalten einschließlich der dabei vorgenommenen Prüfungsschritte, ob ein rechtswidriger Inhalt vorliegt oder ob gegen vertragliche Regelungen zwischen Diensteanbieter und Nutzer verstoßen wurde;

           3. Darstellungen über Anzahl der im Berichtszeitraum eingegangenen Meldungen über behauptete rechtswidrige Inhalte;

           4. Übersicht über Anzahl der Meldungen über behauptete rechtswidrige Inhalte, die im Berichtszeitraum zur Löschung oder Sperrung des beanstandeten Inhalts geführt haben, einschließlich der Information, welcher Schritt der Prüfung (Z 2) zur Löschung oder Sperrung geführt hat sowie eine zusammenfassende Beschreibung der Art der Inhalte;

           5. Übersicht über Anzahl, Inhalt und Ergebnis der Überprüfungsverfahren (§ 3 Abs. 4);

           6. Darstellung über Organisation, personelle und technische Ausstattung, fachliche Kompetenz des für die Bearbeitung von Meldungen sowie für die Überprüfungsverfahren zuständigen Personals sowie Ausbildung, Schulung und Betreuung der für die Bearbeitung von Meldungen und Überprüfungen zuständigen Personen;

           7. Übersicht über die Zeiträume zwischen Meldungseingang beim Diensteanbieter, Beginn der Überprüfung und Löschung oder Sperrung eines rechtswidrigen Inhalts, aufgeschlüsselt nach den Zeiträumen „innerhalb von 24 Stunden“, „innerhalb von 72 Stunden“, „innerhalb von sieben Tagen“ und „zu einem späteren Zeitpunkt“;

           8. Übersicht über Anzahl und Art jener Fälle, in denen der Diensteanbieter von der Durchführung eines Melde- und Überprüfungsverfahrens abgesehen hat (§ 3 Abs. 7). 

(3) Die Aufsichtsbehörde (§ 8 Abs. 1) hat durch Verordnung nähere Bestimmungen zur Ausgestaltung der Berichte und zum Umfang der Berichtspflicht zu erlassen, um die Aussagekraft und Vergleichbarkeit der Berichte sicherzustellen.

Verantwortlicher Beauftragter

§ 5. (1) Zur Sicherstellung der Erreichbarkeit und für die Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes sowie für behördliche und gerichtliche Zustellungen haben Diensteanbieter eine Person zu bestellen, die die Voraussetzungen gemäß § 9 Abs. 4 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, erfüllt. Diese Person muss insbesondere über eine für die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderliche Anordnungsbefugnis sowie über die auch für die Zusammenarbeit mit Behörden und Gerichten erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache und die für die Besorgung seiner Aufgaben erforderliche Ressourcenausstattung verfügen.

(2) Die Kontaktdaten des verantwortlichen Beauftragten sind für die Nutzer ständig leicht und unmittelbar auffindbar zur Verfügung zu stellen. Der verantwortliche Beauftragte muss für die Aufsichtsbehörde jederzeit erreichbar sein.

(3) Der verantwortliche Beauftragte hat sich für eine Zustellung durch einen Zustelldienst iSd §§ 28b und 35 des Zustellgesetzes – ZustG, BGBl. Nr. 200/1982, anzumelden, und bei der Anmeldung mitzuteilen, dass es keine Zeiträume gibt, innerhalb derer die Zustellung ausgeschlossen sein soll.

(4) Die Aufsichtsbehörde ist unverzüglich über die Bestellung des verantwortlichen Beauftragten zu informieren.

Durchsetzung

§ 6. (1) Kommt ein Diensteanbieter seiner Verpflichtung zur Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten von sich aus nicht nach, so hat ihn die Behörde schriftlich zur Bestellung binnen einer Frist von sieben Tagen aufzufordern. Sofern ein Diensteanbieter über keinen Sitz, keine Zweigniederlassung oder auch sonst keine Betriebsstätte im Inland verfügt, und erweist sich, dass eine rechtswirksame Zustellung dieser Aufforderung ins Ausland nicht oder in nicht angemessener Zeit durchführbar ist, ist die Aufforderung durch Veröffentlichung auf der Website der Aufsichtsbehörde bekannt zu machen. Die Aufforderung gilt mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung als dem Diensteanbieter zugestellt. Die Veröffentlichung hat auch den Hinweis zu enthalten, dass weitere Verfügungen der Behörde durch Hinterlegung bei der Behörde und Bereitstellung zur Abholung als zugestellt gelten.

(2) Kommt der Diensteanbieter der auf Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gerichteten Aufforderung der Aufsichtsbehörde nicht nach, so hat diese über ihn eine Geldbuße (§ 10 Abs. 1 Z 8) zu verhängen. Sofern der Diensteanbieter über keinen Sitz, keine Zweigniederlassung oder auch sonst keine Betriebsstätte im Inland verfügt und auch keinen verantwortlichen Beauftragten bestellt hat, an den rechtswirksam zugestellt werden könnte, sind Bescheide oder sonstige Verfügungen der Aufsichtsbehörde bei der Aufsichtsbehörde zu hinterlegen. Die Verständigung des Diensteanbieters von der Hinterlegung erfolgt auf der Website der Aufsichtsbehörde. Sie hat auch den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung (Abs. 3) hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag der Veröffentlichung der Verständigung auf der Website. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.

(4) Die Vollstreckbarkeit von Bescheiden im Fall von Diensteanbietern mit Sitz im Inland bestimmt sich nach den Regelungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 – VVG, BGBl. Nr. 53/1991. Sofern der Diensteanbieter über keinen Sitz, keine Zweigniederlassung oder auch sonst keine Betriebsstätte im Inland verfügt, können Bescheide der Aufsichtsbehörde über die Verhängung von Geldbußen gemäß Abs. 2 auch in der Weise vollstreckt werden, dass den bekannten Schuldnern des Diensteanbieters und der mit ihm verbundenen Unternehmen (Abs. 5), mittels Bescheid untersagt wird, an den Diensteanbieter oder an ein mit ihm verbundenes Unternehmen zu bezahlen. Als Schuldner im Sinne des vorangegangenen Satzes gelten Unternehmen, die in regelmäßiger Geschäftsbeziehung mit dem Diensteanbieter oder mit diesem verbundenen Unternehmen (Abs. 5) zu Zwecken der Vermarktung oder des Verkaufs kommerzieller Kommunikation in Österreich stehen. Eine auf diese Weise mit einem Zahlungsverbot belegte Geldforderung ist der Aufsichtsbehörde mit der Wirkung, dass der Schuldner gegenüber dem Diensteanbieter oder dem betreffenden verbundenen Unternehmen von der Zahlung befreit ist, zu überweisen. Die so eingelangten Beträge sind auf einem eigenen Konto zu erfassen. Übersteigt die Summe der eingelangten Beträge den Betrag der vollstreckbaren Geldbuße, so ist der verbleibende Betrag dem Diensteanbieter oder dem verbundenen Unternehmen zu überweisen. Dem Diensteanbieter und den verbundenen Unternehmen selbst ist durch einen nach Abs. 2 iVm Abs. 3 erlassenen Bescheid jede Verfügung über ihre Forderung und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen.

(5) Als mit einem Diensteanbieter im Sinne von Abs. 4 verbunden gilt

           1. dessen Mutterunternehmen;

           2. jedes Tochterunternehmen;

           3. jedes andere Unternehmen aus der Unternehmensgruppe des Diensteanbieters sowie

           4. jedes Unternehmen, das im Inland eine regelmäßige Geschäftstätigkeit ausübt, dh. über eine stabile und effektive Verbindung mit der Wirtschaft im Inland verfügt und in einer derartigen Geschäftsbeziehung mit einem Diensteanbieter oder einem mit diesem im Sinne der Z 1 bis 3 verbundenen Unternehmen steht, insbesondere indem es kommerzielle Kommunikation für die Veröffentlichung auf der Kommunikationsplattform vermarket oder verkauft.

Beschwerdeverfahren

§ 7. (1) Nutzer können sich bei Beschwerden über die Unzulänglichkeit des Meldeverfahrens nach § 3 Abs. 2 Z 1 bis 3, über die Unterlassung einer Information nach § 3 Abs. 3 Z 2 oder die Unzulänglichkeit des Überprüfungsverfahrens nach § 3 Abs. 4 an die Beschwerdestelle wenden. Für die Anrufung der Beschwerdestelle ist Voraussetzung, dass sich der Nutzer zuvor an den Diensteanbieter gewandt hat und entweder von diesem keine Antwort erhalten hat oder die beiden Streitteile keine Beilegung der Streitigkeit erreichen konnten. Die Beschwerdestelle hat eine einvernehmliche Lösung durch Erarbeitung eines Lösungsvorschlags herbeizuführen oder dem Nutzer und dem Diensteanbieter ihre Ansicht zum herangetragenen Fall mitzuteilen.

(2) Die Beschwerdestelle hat nach Anhörung der Aufsichtsbehörde Richtlinien für die Durchführung dieses Verfahrens festzulegen, wobei insbesondere der jeweiligen Sachlage angepasste Fristen für die Beendigung des Verfahrens zu bestimmen sind. Die Richtlinien haben sich an den Grundsätzen des § 6 Abs. 2 und Abs. 6 Z 1, § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 2 des Alternative Streitbeilegung-Gesetzes – AStG, BGBl. I Nr. 105/2015, zu orientieren und sind in geeigneter Form zu veröffentlichen.

(3) Die Beschwerdestelle hat über die anhängig gemachten Fälle jährlich einen Bericht zu erstellen, der im Rahmen des Tätigkeitsberichts nach § 19 Abs. 2 KommAustria-Gesetz – KOG, BGBl. I Nr. 32/2001, zu veröffentlichen ist. Darüber hinaus hat die Beschwerdestelle der Aufsichtsbehörde monatlich eine Zusammenfassung über Anzahl, Art und Inhalt der von ihr erledigten und der neuen Beschwerdefälle zur Verfügung zu stellen.

3. Abschnitt

Aufsicht und Durchsetzung

Aufsichtsbehörde, Beschwerdestelle, Finanzierung, Sanktionen

§ 8. (1) Mit den in diesem Bundesgesetz der Aufsichtsbehörde übertragenen Aufgaben ist die gemäß § 1 KOG eingerichtete Kommunikationsbehörde Austria betraut.

(2) Die administrative Unterstützung der KommAustria in Angelegenheiten dieses Bundesgesetzes und die Funktion der Beschwerdestelle obliegt der RTR-GmbH unter der Verantwortung des Geschäftsführers für den Fachbereich Medien.

(3) Zur Finanzierung des in Erfüllung der in diesem Bundesgesetz geregelten Aufgaben der KommAustria und der RTR-GmbH entstehenden Aufwands dienen im Verhältnis von 2:1 einerseits Finanzierungsbeiträge der nach diesem Bundesgesetz erfassten Diensteanbieter und andererseits Mittel aus dem Bundeshaushalt. Hierzu ist aus dem Bundeshaushalt ein Zuschuss in der Höhe von 80 000 Euro aus den Einnahmen aus den Gebühren nach § 3 Abs. 1 Rundfunkgebührengesetz – RGG, BGBl. I Nr. 159/1999, zusätzlich zum nach § 35 Abs. 1 KOG zu leistenden Beitrag jährlich per 30. Jänner zu überweisen. § 35 Abs. 1 dritter und letzter Satz KOG sind anzuwenden.

(4) Die Höhe des Finanzierungsbeitrags wird berechnet, indem alle Dienstanbieter im Verhältnis ihrer aus kommerzieller Kommunikation erzielten Umsätze im Inland zur Finanzierung des durch Finanzierungsbeiträge zu bestreitenden Teils des geschätzten Aufwands beitragen. Auf das Verfahren zur Festsetzung und Vorschreibung der Finanzierungsbeiträge sind die Bestimmungen des § 35 Abs. 4 bis 14 KOG sinngemäß anzuwenden. Sofern der Diensteanbieter über keinen Sitz, keine Zweigniederlassung oder auch sonst keine Betriebsstätte im Inland verfügt, bestimmt sich das Verfahren zur Durchsetzung der Zahlung des Finanzierungsbeitrags nach § 6 Abs. 4.

Aufsichtsverfahren

§ 9. (1) Die Aufsichtsbehörde hat bei mehr als fünf begründeten Beschwerden (§ 7) während eines Monats über die Unzulänglichkeit der von einem Diensteanbieter ergriffenen Maßnahmen ein Verfahren zur Überprüfung der Angemessenheit dieser Maßnahmen zur Erfüllung der in § 3 normierten Anforderungen einleiten.

(2) Gelangt die Aufsichtsbehörde aufgrund der Häufigkeit und Art der Beschwerden oder aufgrund der Ergebnisse bisheriger Aufsichtsverfahren zur Ansicht, dass die vom Diensteanbieter ergriffenen Maßnahmen mangelhaft sind oder kommt sie unabhängig von Beschwerden entweder aufgrund einer Mitteilung der Beschwerdestelle oder aufgrund eigener vorläufiger Einschätzung zur Auffassung, dass die in diesem Bundesgesetz normierten Pflichten schwerwiegend verletzt werden, hat die Aufsichtsbehörde

           1. außer in den Fällen der Z 2 dem Diensteanbieter mit Bescheid aufzutragen, den rechtmäßigen Zustand herzustellen und geeignete Vorkehrungen zu treffen, um künftige Rechtsverletzungen zu vermeiden; der Diensteanbieter hat diesem Bescheid binnen der von der Aufsichtsbehörde festgesetzten, längstens vierwöchigen Frist zu entsprechen und im Wege des verantwortlichen Beauftragten darüber der Aufsichtsbehörde zu berichten;

           2. in den Fällen, in denen gegen einen Diensteanbieter bereits mehr als einmal ein Bescheid gemäß Z 1 ergangen ist oder, wenn der Diensteanbieter einem Bescheid gemäß Z 1 nicht entspricht, in einem Verfahren nach § 10 eine Geldbuße zu verhängen.

(3) Bei ihrer Beurteilung der Angemessenheit und beim Auftrag zu geeigneten Vorkehrungen hat die Aufsichtsbehörde zu berücksichtigen, dass die dem Diensteanbieter nach diesem Bundesgesetz abverlangten Maßnahmen nicht in einer allgemeinen Vorabkontrolle der Inhalte resultieren dürfen. Die Maßnahmen wie auch die aufgetragenen Vorkehrungen müssen für die Erreichung der beabsichtigten Ziele – wie insbesondere der Effizienzsteigerung der Schutzmechanismen für die Nutzer dem Schutz der Allgemeinheit vor rechtswidrigen Inhalten und der Wahrung der Interessen der von solchen Inhalten individuell betroffenen Personen – unter Berücksichtigung der rechtlichen Interessen der Diensteanbieter geeignet und verhältnismäßig sein.

Geldbußen

§ 10. (1) Die Aufsichtsbehörde hat nach Maßgabe des § 9 Abs. 2 über einen Diensteanbieter je nach Schwere des Verstoßes eine Geldbuße in der Höhe von bis zu zehn Millionen Euro zu verhängen, wenn dieser

           1. entgegen den Anforderungen nach § 3 Abs. 2 Z 1 bis 3 kein Meldeverfahren bereitstellt oder zwar ein solches System bereitstellt, dieses aber nicht alle Funktionalitäten nach § 3 Abs. 2 Z 1 bis 3 aufweist;

           2. entgegen § 3 Abs. 3 Z 1 keine Maßnahmen zur Beurteilung und darauf beruhender Sperrung oder Entfernung von rechtswidrigen Inhalten ergreift;

           3. entgegen § 3 Abs. 3 Z 3 nicht dafür sorgt, dass ein von einer Löschung oder Sperrung betroffener Inhalt zu Beweiszwecken gesichert und gespeichert wird;

           4. entgegen § 3 Abs. 4 kein Überprüfungsverfahren bereitstellt oder zwar ein solches System bereitstellt, dieses aber nicht gemäß § 3 Abs. 4 wirksam und transparent ausgestaltet ist;

           5. sofern die Tat nicht einen Tatbestand nach Art. 83 DSGVO verwirklicht, entgegen § 3 Abs. 5 den Löschpflichten regelmäßig nicht nachkommt;

           6. entgegen § 3 Abs. 6 anderen Personen Auskünfte erteilt;

           7. der in § 4 geregelten Berichtspflicht nicht oder nicht rechtzeitig oder nur unvollständig (§ 4 Abs. 2 Z 1 bis 6) nachkommt;

           8. der Pflicht zur Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 5 Abs. 1 trotz Aufforderung der Aufsichtsbehörde (§ 6 Abs. 1) nicht nachkommt oder

           9. die erforderlichen Auskünfte gemäß § 1 Abs. 4 nicht oder nicht vollständig erteilt;

(2) Bei der Bemessung der Höhe der Geldbuße sind insbesondere folgende Umstände zu berücksichtigen:

           1. Finanzkraft des Diensteanbieters, wie sie sich beispielweise aus dessen Gesamtumsatz ablesen lässt;

           2. Anzahl der registrierten Nutzer der Plattform;

           3. frühere Verstöße;

           4. das Ausmaß und die Dauer der Nachlässigkeit des Diensteanbieters bei der Einhaltung der aufgetragenen Verpflichtung;

           5. der Beitrag zur Wahrheitsfindung sowie

           6. das Ausmaß der getroffenen Vorkehrungen zur Verhinderung eines Verstoßes oder der Anleitung der Mitarbeiter zu rechtstreuem Verhalten.

(3) Beschwerden gegen Entscheidungen über Geldbußen und gegen Entscheidungen nach § 9 Abs. 2 Z 1 kommt abweichend von § 13 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, keine aufschiebende Wirkung zu. Das Bundesverwaltungsgericht kann die aufschiebende Wirkung im betreffenden Verfahren auf Antrag zuerkennen, wenn nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides für den Beschwerdeführer ein schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden verbunden wäre.

Geldstrafen

§ 11. (1) Wer als verantwortlicher Beauftragter

           1. entgegen § 5 Abs. 2 erster Satz nicht dafür sorgt, dass seine Kontaktdaten ständig leicht und unmittelbar auffindbar zur Verfügung stehen oder

           2. entgegen § 5 Abs. 2 zweiter Satz für die Aufsichtsbehörde nicht jederzeit erreichbar ist oder

           3. der in § 5 Abs. 3 geregelten Verpflichtung nicht entspricht,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10 000 Euro zu bestrafen.

(2) Wer als verantwortlicher Beauftragter nicht mit der von einem Beauftragten zu erwartenden ordentlichen Sorgfalt dafür eintritt, dass der Diensteanbieter die erforderlichen Anforderungen nach § 3 und § 4 erfüllt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 50 000 Euro zu bestrafen.

(3) Die Aufsichtsbehörde hat in den Fällen des Abs. 2 von der Bestrafung des verantwortlichen Beauftragten abzusehen, wenn für denselben Verstoß bereits eine Geldbuße über die juristische Person verhängt wurde und keine besonderen Umstände vorliegen, die einem Absehen von der Bestrafung entgegenstehen.

5. Abschnitt

Schlussbestimmungen

Verweisungen und Bezeichnungen

§ 12. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz auf andere Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anders bestimmt, bleiben die Bestimmungen des Audiovisuelle Mediendienste-Gesetzes – AMD-G, BGBl. I Nr. 84/2001, und des ECG unberührt.

(2) Alle in diesem Bundesgesetz verwendeten personenbezogenen Bezeichnungen gelten gleichermaßen für Personen weiblichen als auch männlichen Geschlechts.

(3) Die nach diesem Bundesgesetz verhängten Geldbußen und Geldstrafen fließen dem Bund zu und sind vorbehaltlich der Regelungen in § 6 Abs. 4 nach den Bestimmungen über die Eintreibung von gerichtlichen Geldstrafen einzubringen. Rechtskräftige Bescheide sind Exekutionstitel. Von den Geldbußen sind jeweils jährlich 50vH als finanzieller Beitrag zu dem durch die Erfüllung der in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Aufgaben der Aufsichtsbehörde und der Beschwerdestelle (§ 7 iVm § 9) entstehenden Aufwands.

Vollziehung

§ 13. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundeskanzler betraut.

Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen

§ 14. Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. XXXX 2021 in Kraft. Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes von dessen Bestimmungen erfassten Diensteanbieter müssen die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verpflichtungen bis zum 31. [XXXX + 3 Monate] 2021, später hinzutretende Diensteanbieter innerhalb von drei Monaten ab der Aufnahme der Tätigkeit umgesetzt haben.