Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie-Umsetzungsgesetz – RIRL-UG

 

Vereinfachte wirkungsorientierte Folgenabschätzung

 

Einbringende Stelle:

Bundesministerium für Justiz

Vorhabensart:

Bundesgesetz

Laufendes Finanzjahr:

2021

 

Inkrafttreten/

Wirksamwerden:

2021

 

Vorblatt

 

Problemanalyse

Die Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 (Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie (RIRL) ist bis 17. Juli 2021 umzusetzen. Sie setzt sich zum Ziel, Unternehmen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, zu retten und deren Bestandfähigkeit wiederherzustellen. Dadurch sollen Arbeitsplätze gesichert, notleidende Kredite europaweit abgebaut und die Wirtschaft gefördert werden. Außerdem soll die Entschuldung gescheiterter Unternehmer erleichtert und diesen ein Neustart ermöglicht werden; redlichen Unternehmensschuldnern soll die Möglichkeit der Entschuldung innerhalb von drei Jahren zukommen.

 

Ziel(e)

Es besteht ein europaweit harmonisierter präventiver Restrukturierungsrahmen, der es Schuldnern ermöglicht, sich zu restrukturieren, um so die unnötige Liquidation bestandfähiger Unternehmen zu begrenzen. Bestandfähigen Unternehmen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, steht ein gerichtliches vorinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren zur Verfügung.

 

Redliche Schuldner erhalten durch die Möglichkeit einer vollen Entschuldung nach drei Jahren eine zweite Chance.

 

Inhalt

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahme(n):

Es wird ein Verfahren für die präventive Restrukturierung von Unternehmen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, eingeführt (Restrukturierungsverfahren). Damit können Schuldner geeignete Maßnahmen treffen, um eine Insolvenz abzuwenden und die Bestandfähigkeit des Unternehmens sicherzustellen. Durch die Änderung der Zusammensetzung, der Bedingungen oder der Struktur ihrer Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten oder anderer Teile ihrer Kapitalstruktur, einschließlich des Verkaufs von Vermögenswerten oder des Unternehmens als Ganzem, sowie durch operative Maßnahmen sollte die Restrukturierung Schuldnern in finanziellen Schwierigkeiten in die Lage versetzen, ihre Geschäftstätigkeit ganz oder teilweise fortzusetzen.

 

Die derzeitigen Bestimmungen des Abschöpfungsverfahrens mit einer Dauer von fünf Jahren – als Abschöpfungsplan bezeichnet – werden um die zur Umsetzung der RIRL erforderlichen Regelungen – wie in der RIRL als Tilgungsplan bezeichnet – ergänzt. Der Tilgungsplan, der eine Laufzeit von drei Jahren hat, steht Einzelunternehmern und aufgrund der COVID-Pandemie auch Konsumenten (diesen jedoch nur bis Mitte 2026) zur Entschuldung zur Verfügung. Aufgrund dieser Änderungen ist auch der Zeitrahmen für den Zahlungsplan anzupassen.

 

Aus der gegenständlichen Maßnahme ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen auf den Bund, die Länder, die Gemeinden oder auf die Sozialversicherungsträger.

 

Anmerkungen zu sonstigen, nicht wesentlichen Auswirkungen:

Finanzielle Auswirkungen auf Unternehmen:

 

Es liegen keine verlässlichen Schätzungen vor, wieviele Unternehmen die Möglichkeit einer frühzeitigen Restrukturierung im Rahmen eines Restrukturierungsverfahrens nach der ReO in Anspruch nehmen werden, die sonst später eine Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens angestrebt hätten. Da die Kosten- und Erlösstruktur der beiden Verfahren in etwa gleich sind, ergeben sich daraus keine wesentlichen Einsparungen oder Belastungen für Unternehmen. Aufgrund der insgesamt gleichbleibenden Anzahl an Gerichtsverfahren entsteht auch weder ein besonderer zusätzlicher Aufwand noch eine Entlastung für die Gerichte.

 

Künftig ist jährlich in etwa 500 Verfahren mit einer verkürzten Dauer des Abschöpfungsverfahrens von drei Jahren, statt bisher fünf Jahren, zu rechnen (siehe § 199 idF dieses Entwurfs, sowie die Erläuterungen zu "Konsumentenschutzpolitische Auswirkungen" unten). Es wird daher zu Lasten der Gläubiger im Abschöpfungsverfahren - die zu einer überwiegenden Mehrheit Unternehmer sind - zu einer Verringerung der erreichten Quote kommen.

 

Auswirkungen auf Phasen des Unternehmenszyklus:

 

Das Restrukturierungsverfahren nach der ReO steht als "vorinsolvenzliches" Verfahren Unternehmen im Fall einer wahrscheinlichen Insolvenz zur Verfügung. Es ist ein Instrument, das dem Schuldner ermöglicht, eine Insolvenz abzuwenden und die Bestandfähigkeit seines Unternehmens sicherzustellen. Je früher ein Schuldner seine finanziellen Schwierigkeiten erkennen und geeignete Maßnahmen treffen kann, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Insolvenz abgewendet wird oder – im Fall eines Unternehmens mit dauerhaft verminderter Bestandfähigkeit – desto geordneter und effizienter würde der Abwicklungsprozess sein

 

Es ist zu erwarten, dass das Restrukturierungsverfahren nach der ReO dem Aufbau notleidender Kredite vorbeugt, weil Maßnahmen ergriffen werden können, bevor Unternehmen ihre Kredite nicht mehr bedienen können. Dies verringert das Risiko, dass Kredite bei Konjunkturabschwüngen zu notleidenden Krediten werden. Durch präventive Restrukturierung könnte ein erheblicher Prozentsatz von Unternehmen und Arbeitsplätzen bewahrt werden. Es liegen keine belastbaren Daten vor, die eine Abschätzung dieser Entwicklungen ermöglichen würden.

 

 

Auswirkungen auf die finanzielle Position von Konsumentinnen und Konsumenten:

 

Derzeit kommt es jährlich zu etwa 2000 Abschöpfungsverfahren mit einer Dauer von fünf Jahren. Künftig ist in den nächsten fünf Jahren in etwa 25% der Fälle – somit in etwa 500 Verfahren – mit einer verkürzten Dauer des Abschöpfungsverfahrens von drei Jahren zu rechnen (Quelle: Schätzung von Experten; eigene Berechnungen). Durch die Verkürzung kommt es zu einer Verringerung der von diesen Schuldnern im Abschöpfungsverfahren zu leistenden Quote; dieser Ausfall geht zu Lasten der Gläubiger, die weit überwiegend Unternehmer sind. Es liegen keine belastbaren Daten vor, die eine Darstellung der Verringerung der bis zur Restschuldbefreiung zu leistenden Beträge ermöglichen würden. Erst mit dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2017 – IRÄG 2017 (BGBl. I Nr. 122/2017) kam es - bei gleichzeitigem Entfall der Mindestquote - zur Verkürzung des Abschöpfungsverfahrens von sieben auf fünf Jahre. Zuvor war zur Restschuldbefreiung eine Mindestquote von 10% zu erreichen, sodass die Daten nicht vergleichbar sind.

 

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Das Vorhaben dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 (Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie (RIRL).

 

Diese Folgenabschätzung wurde mit der Version 5.6 des WFA – Tools erstellt (Hash-ID: 673722110).