18.19

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Zuseher! Vielleicht ganz kurz: Es ist schon erschütternd an einem Tag wie heute, an dem wir fast die ganze Zeit über Corona gesprochen haben, dass es – wenn Sie einmal links und rechts auf die Regierungsbank schauen – kein Mitglied unserer Regierung wert findet, uns hier im Parlament die Aufwartung zu machen und da zu sein. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Es gibt ja auch andere Minister, Staatssekretäre, aber dass gar keiner da ist, das kann man hinterfragen.

Vielleicht noch einmal ganz kurz auch Richtung ÖVP: Die ÖVP war ja heute vom Start weg uns gegenüber sehr, sehr aggressiv. Die Freiheitlichen seien an allem schuld, hieß es von einem Redner nach dem anderen. Da ich schon länger dabei bin, weiß ich, immer wenn die ÖVP auf die Freiheitlichen schimpft, hat das meistens zwei Gründe: erstens ein schlechtes Gewissen (Beifall bei der FPÖ – Heiterkeit bei der ÖVP) und zweitens spürt ihr, dass die Freiheitlichen recht haben. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Zarits: Na bist du narrisch! – Abg. Weidinger hält eine Tafel mit der Aufschrift „Laut schimpfen, geheim impfen!“ in die Höhe.)

Das war im Übrigen schon so beim Thema Asyl, Zuwanderung, Migration. Ich bin ja gespannt, wann die ÖVP dann unsere Coronaposition endgültig übernimmt. Aber ich sehe den Bundeskanzler schon stehen: Er hat Corona besiegt. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Das werde ich noch erleben, wahrscheinlich, dass der Bundeskanzler sich hinstellt und sagt, er hat Corona besiegt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich persönlich schwanke ja seit eineinhalb Jahren immer zwischen Tragödie und Komödie. (Abg. Michael Hammer: Du bist eher die Tragödie.) Die Tragödie, glaube ich, ist klar: Was hier an Verletzungen von Bürgerrechten, Verfassungsbrüchen und sonsti­gen Dingen passiert ist, auch, was den psychischen Schaden, vor allem bei unseren Kindern, betrifft, ist ganz dramatisch. Bei den Erwachsenen, würde ich einmal sagen, haben Hunderttausende einen schweren Schaden von dieser Angst- und Todesangst­politik davongetragen.

Komödie ist es immer dann, wenn ich mir die Leute anschaue, die mit der Maske allein im Auto sitzen oder beim Spazierengehen mit der Maske herumlaufen, das ist dann eher die Komödiengeschichte. Aber das hat ja alles Ursachen, und die Ursache ist, dass ihr wirklich vom Start weg diese Philosophie von Todesangst und Panik massiv verbreitet habt.

Ihr habt Corona hingestellt, als wäre es die Pest. Jetzt war aber schon vor einem Jahr klar: Corona ist nicht die Pest, nicht ein Drittel der Bevölkerung stirbt aus oder Ähnliches mehr. Das war schon im Frühjahr 2020 für jeden klar. Ihr aber habt die Kurbel gedreht und gedreht und gedreht und ganz, ganz viele kommen aus der Spirale nicht mehr heraus, und die Bevölkerung, die Menschen sind die Leidtragenden.

Jetzt ist Folgendes passiert, und das ist schon auch dramatisch, und zwar – das geht auch in Richtung sozialdemokratischer Block – habt ihr wirklich die Arbeitnehmer in dieser Frage komplett im Stich gelassen. Das ist der Vorwurf an die Kammerfunktionäre, an die Gewerkschafter. Noch einmal: Ihr müsst ja auch diese Anrufe und Mails von Arbeitnehmern bekommen, die so unter Druck gesetzt werden, wie sie es noch nie erlebt haben. (Zwischenruf des Abg. Silvan.) Früher habt ihr euch für sie eingesetzt, jetzt sind wir Freiheitlichen die Einzigen, die versuchen, diesen Arbeitnehmern noch Hilfe anzu­bieten, denn wenn der Arbeitgeber sagt: Du musst das machen!, hat der Arbeitnehmer keine Chance, sich zu wehren. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieser Druck, der da von der Regierung aufgebaut wird, der hat bald – und ich sage es einmal ganz deutlich, und ich bin gespannt, ob ich einen Ordnungsruf kriege – dikta­torische Züge. Das hat wirklich diktatorische Züge. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Silvan.) Das kann man nicht abstreiten, denn es gibt ja keine Diskussion, man darf ja nicht einmal darüber diskutieren. (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner.) Jeder, der ein anderes Argument anführt, wird sofort hingestellt: Fakenews, alles Lüge, alles unwahr. So kann es nicht sein!

Ich möchte nur ein Beispiel erwähnen: Es wird immer von den Vollimmunisierten gesprochen; sobald einer zwei Stiche hat, ist er voll immunisiert. Es soll bitte einer hier ans Rednerpult kommen und das wissenschaftlich begründen, nach allem, was wir wissen. Da brauche ich gar nicht nach Israel zu schauen, denn die haben schon lange erkannt, dass nach zwei Stichen niemand voll immunisiert ist. (Abg. Höfinger: Das ist ja eine Schmierenkomödie!) Ihr aber kurbelt diese Lügenmaschinerie weiter und weiter an. Was mich bei diesem Zug in Richtung diktatorischer Entwicklung bedenklich stimmt, ist, dass 95 Prozent aller Journalisten und Medienmacher bei all dem mitspielen. (Zwischen­rufe der Abgeordneten Baumgartner und Schallmeiner. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist das Gefährliche, das Brandgefährliche, das uns die Geschichte lehrt: Wenn nicht nur die Regierung, sondern auch die Medien mitspielen, dann wird es gefährlich.

Noch ein kleines Beispiel: mein Ausflug letzte Woche im Gesundheitsausschuss. Nur ein einziger Journalist hat es der Mühe wert gefunden, mich am nächsten Tag zu kontak­tieren und zu fragen, was wirklich vorgefallen ist. Alle anderen haben am selben Abend deckungsgleich den gleichen Text abgeschrieben, von der „Kleinen Zeitung“ über den „Kurier“, die „Presse“, den „Standard“. So wird also Politik gemacht. (Abg. Gabriela Schwarz: Das war ein ...!) Das sind ganz, ganz dramatische Entwicklungen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Zeit reicht jetzt nicht für alles aus. Ich möchte nur auf Folgendes hinweisen: Wir waren die Einzigen und die Ersten, die vom Start weg vor diesen Kollateralschäden gewarnt haben, und die Kollateralschäden sind da. Ich rede noch gar nicht von den 100 Milliarden Euro – 100 Milliarden Euro! – an Geld. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Leute spüren jetzt schon, dass sie es zurückzahlen: steigende Energiepreise, steigende Lebensmittelpreise. Die Leute werden es zurückzahlen müssen. 100 Milliarden Euro – das ist aber nur das Geld, sage ich einmal. Das viel Dramatischere ist, was in der Psyche und im generellen Zusammenhalt der Bevölkerung passiert ist. Es ist eine gespaltene Bevölkerung. Man merkt das – die Trennlinie läuft zwischen Familien, zwischen Ehepartnern, und diese Entwicklung müsst ihr euch als Regierung umhängen.

Um versöhnlich zu bleiben, zum Abschied noch einmal: Ich habe ja verstanden, dass sich die NEOS und die Sozialdemokraten aus Machtinteresse da irgendwie eingehängt haben, das mag schon sein. Mein Rat an die Sozialdemokratie ist aber: Bitte befreit euch von der Geiselhaft eurer Vorsitzenden, die offensichtlich diesen Kurs vorgibt, denkt wieder an die Menschen, an die Arbeitnehmer, an die Angestellten, seid wieder für sie da! Bei den NEOS habe ich heute interessanterweise bei den Reden schon die ersten Anzeichen gehört, dass sie große Teile unseres Programms, unseres Coronapro­gramms übernommen haben – das freut mich. Wenn Frau Meinl-Reisinger ihre unterirdische Be­leidigung zurücknimmt, freue ich mich auf eine konstruktive Zusammenarbeit. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.26