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Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Herr Präsident, es tut mir leid, dass ich jetzt der Letzte bin – ich habe es übersehen, weil die Wortmeldungsliste so kurz war. Das ist, glaube ich, nicht üblich, dass man als Regierungsmitglied als Letzter redet, aber ich habe dafür nur wenige Punkte.
In erster Linie zielen der Antrag der freiheitlichen Fraktion und ein Teil der Debattenbeiträge ja darauf ab, was in den österreichischen Museen und Kultureinrichtungen passiert. Dazu kann ich gerne kurz Auskunft geben.
Ich möchte mich unbedingt dem Abgeordneten Engelberg anschließen, nämlich insofern, dass wir, gerade in Österreich, es so verstehen – und da wollen wir sogar noch mehr tun –, dass Kultureinrichtungen und besonders auch Museen fast Begegnungsorte, jedenfalls Orte der Begegnung mit Kunst und Kultur sein sollten und dass sie eine gewisse Grundoffenheit vermitteln sollten, und zwar ab dem Betreten des Eingangsbereichs.
Das konfligiert jetzt natürlich mit den Herausforderungen, die beschrieben wurden. Damit es da kein Missverständnis gibt: Ich finde das auch nicht nur witzig.
Wohl ist es so, dass von der Motivlage her nicht Kunst- und Kulturgüter per se beschädigt werden sollen – die Aktivist:innen informieren sich schon, dazu haben wir ja auch ein paar Berichte von den Sicherheitsstellen einholen können –, aber natürlich kann man sozusagen eine gewisse Restgefahr durch das, was sonst vielleicht Vandalismus heißt, nicht leugnen. Das will ich hier ganz offen sagen. Insofern sind auch die Vorkehrungen darauf zu richten, und das passiert auch.
Eine Abgeordnete – war es Kollegin Yildirim? – hat angesprochen, dass dazu ja aus den Ausschussberatungen kommend in Aussicht gestellt wurde, dass auch gemeinsam mit den Museen auf weitere Sicherheitskonzepte gedrängt wird. Ich darf Ihnen sagen, dass unter der Federführung unseres Hauses, also eigentlich von Kollegin Mayer, die gerade erkrankt ist, ein Minigipfel stattgefunden hat und dass da einige weitere Verbesserungsvorschläge gekommen sind. Es geht da um versicherungsrechtliche Fragen sowie um Fragen zu weiteren Schutzformen ohne Beeinträchtigung der öffentlichen Zugänglichkeit – das ist eben der Spannungsbogen. Insgesamt ist man diesbezüglich in Österreich sehr entspannt und relativ gut vorbereitet. Die Details sollte ich Ihnen aus Sicherheitsgründen aber dann doch nicht mitteilen. Wir haben uns aber davon überzeugt, und so läuft das.
Jetzt noch zum Grundsätzlichen: Ja, es bleibt zunächst ein Spannungsfeld – ich argumentiere heute ja aus der Sicht von Kunst und Kultur. Was die Motive und den Begriff Terrorismus betrifft: Ich glaube, ich habe – damals bin ich allerdings dort drüben gesessen, so kann man es leicht auseinanderhalten, es ist eh auf allen möglichen Videos zu sehen – eindeutig Stellung dazu bezogen, was ich von der Unterstellung halte, dass es sich da um Terrorismus handeln würde.
Das ist jetzt gar nicht mein Punkt, sondern es ist genau umgekehrt: Ich möchte sagen, dass man bei aller Motivlage, die dahintersteht – Herr Abgeordneter Weratschnig hat das ja auch ausgeführt –, schon auch hinschauen muss, ob es dann auch die richtige Aktion ist, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf. Denn ich könnte ja auch einmal spitzfindig werden und sagen: Na ja, von einem Klimt und einem van Gogh oder einem ihrer Gemälde geht nun einmal keine Gefahr für das Weltklima aus.
Das ist natürlich in die andere Richtung polemisch, weil es um Aufmerksamkeitserregung geht, das ist doch völlig klar. Für mich ist die Grenzziehung aber spätestens da, wo es darum geht, dass in Kauf genommen wird, dass eine Beschädigung entstehen könnte. Das geht einfach nicht, sorry guys, das geht nicht! (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Und ob das immer so genau absehbar ist, ist dann die Frage, obwohl das Bemühen da ist, das hatte ich ja schon gesagt. – Das ist das eine.
Das Zweite ist, dass natürlich insgesamt die Erhalter und Betreiber dieser Kultureinrichtungen – gerade habe ich es ja gesagt – sich jetzt mit zusätzlichen Dingen herumschlagen müssen, um diese Sicherheiten zu gewährleisten. Das kann dann in der Abwägung schon einmal dazu führen, dass man dem ursprünglichen Gedanken, dass eigentlich immer mehr Leute zu immer günstigeren Preisen in die Museen gehen sollen et cetera, nun ein bisschen entgegensteht: Jetzt haben wir das vielleicht geschafft, aber plötzlich muss man dann fünfmal die Taschen kontrollieren – das sind wirkliche Probleme, das muss man einfach ansprechen.
Es ist vielleicht ganz gut, wenn man – bei allem Verständnis für die Motivlage und für die beabsichtigte Erregung von Aufmerksamkeit, die ja damit in Wahrheit verbunden ist – das einmal dorthin kanalisiert, wo vielleicht das Anliegen auch naheliegender nachvollziehbar ist.
Jetzt gibt es dazu nämlich auch Aussagen – bei Weitem nicht nur von mir, wo das ja nicht einleuchten will – wie etwa jene des großartigen Pianisten Igor Levit, der mit diesen Dingen eh sehr großzügig umgeht, der aber zuerst einmal sagt – das muss schon einmal in die Birne hinein –: „Wenn Du etwas Schönes“ – wie die Welt an sich, so gut sie halt schön sein kann – „bewahren willst, warum verletzt / zerstörst Du etwas Schönes“, nämlich die Kunstwerke?
Ich kann dazu eh nicht mehr beitragen, als diesen da zum Ausdruck gebrachten Spannungsbogen nachzuvollziehen. In der Sache selber gehen wir so vor, wie ich das vorhin ausgeführt habe.
Ein Letztes noch; es muss eh nicht zum Ceterum-censeo werden, aber weil die Aussage heute wieder gefallen ist – zwar viel moderater, zugegeben, aber trotzdem –, möchte ich darauf eingehen: Wissen Sie, den Trennstrich zum Terrorismus sollte man schon ziehen können, auch in diesem Haus, darauf möchte ich noch einmal hinweisen. Terrorismus ist nämlich zumindest bisher ein Begriff gewesen – wenn wir an dieser Stelle die Sprache nicht verhunzen wollen –, bei dem es um bewusste Verletzung und Ermordung – fast Massenermordung – von Menschen geht, und dass davon Irritation und Gefahr, in der Regel für das Staatsganze, ausgehen sollen.
Wenn man den Begriff so interpretiert, wie ich meine, dass es zulässig ist – und das ist auch der Ursprungskern des Begriffs, wenn wir uns zurückerinnern –, dann ist es völlig unangebracht, im Zuge dieser Aktionen von Terrorismus zu sprechen. Diese Trennschärfe sollten wir schon anwenden, denn sonst weht nämlich der Wind aus einer ganz anderen Richtung, wobei ich der Meinung beziehungsweise zumindest der Hoffnung bin, dass das nicht die Mehrheit hier im Hause ist – dann sollte das aber auch oft genug so gesagt werden. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
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