17.12

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Hohes Haus! Kollegin Becher hat heute in ihrer Rede einleitend zu dieser kurzen Debatte sehr viel Richtiges ausgeführt. Es ist tat­sächlich so: Wohnen ist für das Funktionieren der Gesellschaft ein ganz essenzielles Element. Und genau deshalb ist auch, glaube ich, in der Zeit der Ersten Republik schon in die Bundesverfassung geschrieben worden – Art. 11 Abs. 1 Z 3 –, dass das „Volkswohnungswesen“ Bundessache ist. Das heißt, es ist klar als politische Aufgabe definiert, ähnlich wie eben auch im Bereich Bildung – auch ein zentrales Bedürfnis –, wo es eine öffentliche Versorgung gibt und daneben ein privates Angebot, wie auch im Be­reich der Gesundheit.

Was mir beim Bereich Wohnen auffällt, ist, dass offenbar die Regierungsparteien da in den vergangenen Jahren, ich möchte fast sagen: Jahrzehnten, wirklich sehr versagt haben und eigentlich dazu tendieren, das ganze Problem auf die privaten Vermieter abzuwälzen. Dazu eine Zahl: Es gibt in Österreich circa 1,6 Millionen Mietwohnungen, davon sind 275 000 Gemeindewohnungen, 670 000 Genossenschaftswohnungen und der Rest sind private Wohnun­gen. Das heißt also, der Mietwohnmarkt wird ungefähr halbe-halbe von der öf­fentlichen Hand, von gemeinnützigen Bauträgern, die der Gemeinnützig­keit unterliegen, oder von Gemeinden, die auch das Gemeinwohl im Vorder­grund haben, und – die andere Hälfte – von privaten Vermietern, die ihr Kapital, ihr erworbenes Kapital zur Verfügung stellen, damit auch ein Beitrag zur Wohnversorgung geleistet wird, bedient.

Wenn wir von der Politik nun gefordert sind, für das leistbare Wohnen – Volks­wohnungswesen ist ja nichts anderes als leistbares Wohnen, wie der moder­ne Begriff dafür lautet – Maßnahmen zu setzen, so müssen wir das als Erstes im eigenen Bereich tun, das heißt, im gemeinwohlorientierten Bereich der Ge­meindewohnungen, im Bereich der Genossenschaftswohnungen, und nicht im­mer nur auf die privaten Vermieter schauen. (Beifall bei Abgeordneten von NEOS und ÖVP.)

Wie war die Entwicklung in den letzten 20 Jahren? – Wenn man sich anschaut, wie sich der Verbraucherpreisindex entwickelt hat, auf den auch im priva­ten Bereich die meisten Mietzinse indexiert sind, wie sich die Löhne in den letz­ten 20 Jahren entwickelt haben und wie sich die Immobilienpreise in den letzten 20 Jahren entwickelt haben, dann zeigt sich, dass sich der Verbraucher­preisindex am flachsten entwickelt hat. Da hat nie jemand gesagt, dass das eigentlich ungerecht ist, dass der Wert der Immobilie steigt, aber der Ertrag für den Vermieter nicht, weil der Index so flach ist. Jetzt, wo wir einmal eine Phase einer hohen Inflation haben, wo der Verbraucherpreisindex steigt, wäre man sofort da und würde sagen: Wir müssen die Indexe aussetzen, auch zulasten der privaten Vermieter – das ist im höchsten Maß ungerecht.

Da würde ich mir auch von der ÖVP, die ja früher einmal gesagt hat, sie ist die Partei des Eigentums, wirklich viel deutlichere Worte erwarten, dass die Aufgabenteilung klar definiert wird: Wofür ist die öffentliche Hand zuständig –die kann mit den Mieten unten bleiben, die muss gemeinwohlorientiert sein –, und was machen die Privaten? Nur dann, wenn diese Aufgabenteilung gelingt, wird es auch gelingen, das Problem des leistbaren Wohnens in einer funktionierenden Weise in den Griff zu bekommen.

Kollege Schrangl hat für das, was er ausgeführt hat, natürlich meine volle Unterstützung. Der gesamte Wohnraum, der mit öffentlichen Mitteln gebaut worden ist, mit öffentlichen Mitteln geschaffen worden ist, muss zur öf­fentlichen Wohnversorgung bleiben. (Abg. Schrangl nickt.) Es geht nicht an, dass solche Wohnungen in das Privateigentum ausgeschieden werden und dann Private profitieren. Das ist also die Kehrseite – man sieht, ich bin also bei Weitem nicht ganz ein böser Neoliberalist, sondern ich sage: Dort, wo öffentliches Geld drinnen ist, sollen Private keinen Schnitt machen! Was aber privat geschaffen ist, soll privat bleiben, und da soll die Mietzinsbildung frei bleiben. Da wäre es eine grobe Ungerechtigkeit, die Mietzinserhöhung, die Indexanpassung auszusetzen. Letztlich würde das nur dazu führen, dass der Gebäudebestand verfällt und wir eine ähnliche Situation haben wie bei der Parteizentrale der SPÖ in der Löwelstraße, wo aufgrund mangelnder Miet­zinsanpassung kein Geld da ist, das Gebäude instand zu setzen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.17