10.29

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln zu Beginn nun einige Volksbegehren. Das erste Volksbegehren ist eines, mit dem ich einmal sehr kritisch ins Gericht gehen möchte.

Normalerweise ist es mir als Verfassungssprecher immer ein ganz wichtiges Anliegen, Initiatoren und Unterstützern von Volksbegehren für ihre Arbeit, für ihr Engagement zu danken. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Führen wir uns aber einmal vor Augen: Wofür gilt denn ein Volksbegehren? – Ein Volksbe­gehren ist ein Teil eines Gesetzeserzeugungsprozesses. Das heißt, man ver­sucht, damit ein Gesetz neu zu initiieren, etwas Sachliches zu verbessern: sagen wir im Steuerrecht, sagen wir im Pensionsrecht, sagen wir in einem x-belie­bigen Bereich, in dem man wirklich konkret etwas für die Menschen verbessern möchte, zum Beispiel im Wohnungsrecht et cetera. – All das liegt nicht vor. Die Initiatoren haben sich des Mittels des Volksbegehrens, eines Mit­tels der direkten Demokratie bedient, um politische Agitation zu betreiben. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Und das, meine Damen und Herren, lehnen wir eindeutig ab. Es ist ein Missbrauch. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn ich Ihnen noch erzählen darf, wie das im Verfassungsausschuss abgelau­fen ist: Es war ungefähr so, dass die Initiatoren nach dem Motto gehandelt haben: Sollte ich jemanden vergessen haben, zu beschimpfen, dann sagen Sie es mir, ich beschimpfe den Nächsten auch noch! – Meine Damen und Herren, das ist nicht die Art und Weise, wie wir uns Demokratie, das ist nicht die Art und Weise, wie wir uns Respekt und Menschenachtung vorstellen. Das ist etwas, das wir ganz konkret ablehnen. (Beifall bei der ÖVP.)

All den 170 000 Unterzeichnern dieses Volksbegehrens muss ich leider sagen, dass sie missbraucht wurden. Sie wurden nämlich mit dem Thema Corona missbraucht. Sie dachten, dass es vielleicht eine Änderung der damaligen Coro­namaßnahmen geben könnte, aber darum ging es den Initiatoren nicht. Es war dann auch nur eine Partei, die im Verfassungsausschuss diesen Initiatoren wirklich huldigte und sie unterstützte – welche Überraschung: Sie waren alle FPÖ-nahe, aus der FPÖ Vöcklabruck. (Abg. Kassegger: Das ist kei­ne Überraschung!) – Keine Überraschung. (Abg. Kassegger: Keine Überraschung, richtig!) Ganz klar: Da spielen die einen FPÖler den anderen FPÖlern den Ball zu. Aber, liebe Menschen, Sie sollen wissen, dass Sie da missbraucht werden, dass Sie für eine Machtpolitik missbraucht werden, in der nur vorgegeben wird, für die Menschen zu sein. (Abg. Kassegger: Genau, der Herr Gerstl weiß, was für die Menschen gut ist!)

Den einzigen konkreten Vorschlag, den Sie nämlich in diesem Volksbegehren gemacht haben, war der der direkten Demokratie: dass man mehr auf die Menschen hören sollte. Was macht aber die FPÖ? – Die FPÖ hat überhaupt kein Interesse, den Menschen noch mehr Kraft oder noch mehr Mittel zu geben, sondern ihr einziges Interesse ist, dass sie selber an die Macht kommt, meine Da­men und Herren, und da sollen Sie ganz genau wissen, dass Sie missbraucht werden. Sie hat nämlich alles unterstützt. Sie hat Demonstrationen unterstützt, bei denen sogar der Judenstern dafür hergenommen worden ist. Herr Kickl stand in der ersten Reihe und hat sich dieser Demonstration angeschlos­sen. (Abg. Kickl: Vorsicht mit der rechten Hand, Herr Gerstl! Vorsicht!) Er hat keine Maske dazu verwendet. Er war der Erste, der die Spaltung in diesem Land forciert hat, und das lehnen wir ab. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schroll: Das ist euer Koalitionspartner in Niederösterreich!)

Um die Worte des Kollegen Schnedlitz herzunehmen – er verwendet immer so gerne das Wort „abenteuerlich“ (Abg. Kickl: Mir wäre es auch peinlich, wenn ich überall danebengelegen wäre so wie Sie!) –: Ja, es war wirklich abenteuerlich, als die Initiatoren des Volksbegehrens auf einmal von der GIS-Gebühr ge­sprochen haben, obwohl alle, die unterschrieben haben, gegen Corona waren. Da sehen Sie also, meine lieben Unterstützer dieses Volksbegehrens, wie Sie missbraucht wurden: Auf einmal waren sie schon bei einem ganz anderen Thema.

Und dann wundert es einen, dass diese Partei, die hier von direkter Demokratie redet, auf einmal einen Herrn Putin unterstützt (Abg. Meinl-Reisinger: Auf einmal?), einen Herrn Putin unterstützt, obschon sie in der Coronazeit (Ruf bei der FPÖ: Wird euch das nicht selber schon zu blöd?) noch von totalitärer Macht in Österreich gesprochen hat, und heute ist es die Partei, die Menschen ein­fach einsperrt, 16 000 Kinder deportiert. (Ruf bei der ÖVP: Unglaublich! – Ruf bei der FPÖ: ... die ÖVP! – Abg. Stöger: Und was machts ihr in Niederösterreich? Entschuldigung! ...!)

Meine Damen und Herren, ich zeige Ihnen etwas, das gestern erst bekannt geworden ist (eine Tafel in die Höhe haltend, auf der eine Kinderzeichnung zu sehen ist, die zwei Raketen über einer russischen Flagge zeigt, die auf eine Frau und ein Kind, die Hand in Hand neben einer ukrainischen Flagge stehen, zufliegen), stel­len Sie sich das vor: Ein 13-jähriges Mädchen in Russland hat in der Schule diese Zeichnung gemacht, diese Zeichnung, in der sie den Krieg darstellen sollte – den Krieg, aber aus der Sicht des Mädchens waren das Raketen gegen die Ukraine. (Ruf bei der FPÖ: Zur Sache!) Was passierte mit ihrem Vater? – Er wurde festgenommen und zwei Jahre in ein Straflager gesteckt. Das ist die Politik, die die FPÖ unterstützt! (Abg. Stöger: Und ihr gehts mit ihr in Koalition in Niederösterreich! Gratuliere! – Abg. Amesbauer: So ein Unfug! – Ruf bei der FPÖ: Das ist wirklich unterste Schublade!)

Nein, meine Damen und Herren, solche Personen, die Menschen so men­schenverachtend behandeln (Abg. Amesbauer: ... ist schon vorbei ...! – Zwischenruf des Abg. Lausch) und die die Neutralität dafür hernehmen, um Menschen ins Gefängnis zu bringen, brauchen wir in der österreichischen Politik nicht. Nein, danke! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Sie sind ein schamloser Lüg­ner! – Abg. Lausch: Er ist ein Märchenonkel! – Abg. Kickl: ... Sie sind auch ein solcher! – Abg. Lausch: ... Märchenonkel, er ist ein Märchenerzähler! – Ruf: Busenfreunde! – Rufe und Gegenrufe zwischen FPÖ und ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: ... Niederösterreich ist noch peinlicher!)

10.35

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