11.02

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines ist für mich schwer verständlich: Alle Parteienvertreter haben hier ganz klargemacht, dass niemand die Neutralität in Österreich infrage stellt. (Abg. Belakowitsch: Na ja!) Wer das immer wieder versucht (Abg. Belakowitsch: Na ja!), ist die Freiheitliche Partei. (Abg. Belakowitsch: Für euch ist das ...! – Zwischenruf des Abg. Wurm.) – Sie sagen Nein. Ich sage Ihnen etwas: Wenn jemand die Neutralität infrage stellt, dann sind Sie es! (Abg. Wurm: Aha!) Ich werde Ihnen jetzt sagen, warum. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Sie haben mit Jedinaja Rossija, mit Einiges Russland, einen Vertrag abgeschlossen, mit einer Partei, die in Russland alles bestimmt, denn wer nicht in dieser Partei ist, kann so enden wie Nawalny, das wissen Sie. Sie haben diesen Vertrag (ein Blatt Papier in die Höhe haltend) 2016 abgeschlossen. Sie hätten 2021 die Möglichkeit gehabt, ihn zu kündigen. Sie haben es nicht gemacht. Daher meine Frage: Machen Sie es 2027? Da haben Sie wieder die Möglichkeit, diese Vereinbarung aufzukündigen. (Ruf bei der ÖVP: Ja!) Das hätte mich interessiert!

Sie haben da nämlich vereinbart (das Blatt neuerlich in die Höhe haltend), dass Sie in Österreich gemeinsam mit Russland die junge Generation im Geist des Patriotismus und der Arbeitsfreude erziehen werden. – Welche Maßnahmen haben Sie da gemeinsam mit Russland gesetzt, in Zeiten des Krieges (Abg. Kassegger: Gar keine! Das ist eine Absichtserklärung!), in denen nicht Arbeitsfreude an der Front herrscht, sondern die Leute in den Tod getrieben werden?

Die Freude, sage ich Ihnen, ist in Russland am Ende für die dortige junge Generation! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Das ist der Vertrag, den Sie abgeschlossen haben!

Ist das (das Blatt neuerlich in die Höhe haltend) mit unserer Neutralität vereinbar? Darauf hätte ich gerne eine Antwort von Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Ja, das hören sie nicht gerne. (Zwischenruf des Abg. Lausch.)

Dieser Vertrag, abgeschlossen am 19. Dezember 2016, verlängert 2021, nach fünf Jahren: Was tun sie, wenn die nächsten fünf Jahre vorbei sind? Das hätte mich interessiert.

Wir stehen zur österreichischen Neutralität! Die österreichische Neutralität, meine Damen und Herren, dieser Status der Neutralität, ist von uns in einem sehr prägnanten Gesetz festgelegt worden, mit nur zwei Artikeln. Und was sagen diese zwei Artikel? – Dass Österreich niemals einem Militärbündnis beitreten wird – das ist der eine Punkt –, und der zweite ist, dass wir es nicht zulassen, dass auf unserem Territorium Militärstützpunkte errichtet werden. (Zwischenruf des Abg. Lausch.) – Das ist unsere Neutralität, meine Damen und Herren. (Ruf bei der FPÖ: Ja, scheinheilig! – Abg. Wurm: Aha! – Zwischenruf des Abg. Lausch.) –Sehen Sie, wie nervös sie sind bei der Freiheitlichen Partei? (Abg. Steinacker: „Scheinheilig“ erfordert einen Ordnungsruf! Das ist überhaupt nicht scheinheilig, wenn man ein Gesetz zitiert!)

Man muss das aber sagen (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ): Meine Damen und Herren, bis zum Beitritt zur Europäischen Union war es ausschließlich unsere Verpflichtung, diese Neutralität zu schützen. Durch den Beitritt zur Europäischen Union hat sich unser Status geändert. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wir haben auch unsere Bundesverfassung geändert. (Abg. Wurm: Das habt ihr aber der Bevölkerung nicht gesagt! Angelogen!) Die Mitgliedstaaten sind nämlich verpflichtet, meine Damen und Herren – das wissen manche in Österreich nicht –, im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung zu leisten. (Abg. Wurm: Ahhh!) Sollte Österreich also jemals angegriffen werden, was niemand von uns hofft, aber sollte es der Fall sein, so haben seit unserem Beitritt zur Europäischen Union alle anderen Mitgliedstaaten diese Verpflichtung,

Der Beitritt zur Europäischen Union hat uns gestärkt, weil gleichzeitig die Europäische Union anerkannt hat, dass wir neutral bleiben können. (Abg. Wurm: Auf was bereiten Sie uns vor, Herr Kollege?) Wir sind neutral und durch den Beitritt zur Europäischen Union gestärkt. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie zeichnen hier immer ein Feindbild von der Europäischen Union. Mein Standpunkt ist jener: Wir haben Freunde gewonnen. (Abg. Wurm: Ich habe es gehört!) Ich habe ein Freundbild. Das ist der große Unterschied (Abg. Wurm: Wir haben es gehört!) zwischen mir und der Freiheitlichen Partei. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Amesbauer: Von der Leyen ist eine Freundin?)

Das heißt, meine Damen und Herren, Sie mögen Ihre Feindbilder pflegen und Ihren Freundschaftsvertrag mit Putin aufrechterhalten (Zwischenrufe bei Grünen und NEOS), aber wir sehen unsere Freunde in der Europäischen Union – ein fundamentaler Unterschied zu Ihnen, ich gebe Ihnen recht. (Abg. Belakowitsch: Gut so! Gut, dass Sie uns recht geben!)

Daher – Schlusssatz, meine Damen und Herren (Abg. Lausch: Das ist gut!) –: Die immerwährende Neutralität ist für alle Parteien hier im Parlament eine klare Sache. (Abg. Lausch: Dann sind wir quitt! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Der Kollege von der SPÖ gibt mir kopfnickend seine Zustimmung, und ich sehe es auch bei den anderen Parteien so, Kollege Stögmüller hat es klar gesagt. Hören sie auf, die Bevölkerung zu verunsichern! Beenden Sie endlich diesen Vertrag mit dem Regime von Putin! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS. – Abg. Kassegger: Der nächste Beweis, dass bei euch Reden und Tun auseinanderklafft!)

11.06