17.13

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Werte Zuseher! Ob wir einen Pflegenotstand haben oder nicht, dazu hätten wir diese Diskussion heute wahrscheinlich nicht gebraucht. Die Bürger draußen, die Zuschauer werden es selber bemerkt haben: Natürlich haben wir einen Pflegenotstand.

Das ist im Übrigen nicht der einzige Notstand, den wir in Österreich haben: Wir haben ein Dutzend Baustellen und Notstände. Das heißt, es kracht in Wahrheit an allen Ecken und Enden.

Natürlich ist der Bereich Pflege ein komplexer Bereich – wir haben es heute ge­hört. Wir haben unterschiedliche Zuständigkeiten: Pflege an sich ist Län­derzuständigkeit, aber natürlich hat der Bundesminister auch gewisse Kompe­tenzen. Wir haben es in den letzten zehn, 15 Jahren nicht geschafft, da wirklich eine Linie hineinzubekommen. Dieser Notstand besteht ja schon wesentlich länger, wie wir in der Diskussion heute auch erkannt haben.

Wir haben bei der Pflege grundsätzlich den Bereich der Krankenhäuser, sage ich jetzt einmal, und dann haben wir den Bereich der alten Menschen, der pflegebedürftigen Menschen – also auch unterschiedliche Aufgabengebiete. Was man vielleicht feststellen kann: Was grundsätzlich schon vorhan­den ist, ist die Hardware. Das heißt, wir haben genügend Krankenhäuser, ge­nügend Krankenhausbetten, wir haben in Wahrheit auch ausreichend Alten- und Pflegeheime. Was uns fehlt, ist die Software, das Personal. Das ist ganz klar ein Zustand, der jetzt schon über Jahre nicht ausreichend ist, um wirklich alle in Österreich zufriedenzustellen. Das fängt bei Operationstermi­nen an, und auch bei der Pflege danach und im Altenbereich sind das Zu­stände, die man nicht haben will.

Es gibt natürlich einige Maßnahmen, die schon getroffen worden sind. Ich darf noch einmal darauf hinweisen: Die Pflegelehre ist von uns initiiert wor­den, von der FPÖ. Weil ja beim Antrag der Sozialdemokratie auch immer gesagt wurde, die Freiheitlichen haben da keine Ideen: Also dass wir diese Pfle­gelehre haben, ist ein Verdienst der Freiheitlichen – darauf darf ich auch einmal hinweisen. Dagegen haben sich ÖVP und SPÖ sehr lange gewehrt.

Jetzt ist die Frage, was man gegen diesen Pflegenotstand tun kann. Da gibt es kurzfristige und langfristige Maßnahmen. Kurzfristig, glaube ich, muss man einfach schauen, dass man die Löcher stopft, so gut es geht, weil es in Wahrheit ja auch um Patienten geht, und denen muss man eine Pflege zukommen lassen.

Da gibt es natürlich kurzfristige Möglichkeiten, und eine davon ist, liebe Sozialdemokratie – das haben auch die Pflegekräfte sehr wohl gefordert –, dass man Überstunden in diesem Bereich lukrativer macht. Das ist ja nichts Schlechtes, denn es nützt ja nichts – noch einmal –: Wenn der Bedarf da ist, muss man die Pflege machen, und dann ist es ja gar kein Thema, dass man diesen Leuten auch finanziell ein bisschen helfen muss. (Abg. Kucher: Dass sie ausbrennen, die Leute! Und die Staatssekretärin behauptet, die Leute wollen nix ha­ckeln!) Das Finanzielle war ja auch immer ein Thema, vom Grundsatz her.

Dann war natürlich auch ein Fehler – das können Sie ja zugeben –: Wir waren immer gegen die berühmte Akademisierung auch in diesem Bereich. Das ist ja auch in anderen Bereichen vollkommen danebengegangen. Über Jahrzehn­te war immer das Credo: Wir brauchen eine höhere Akademikerquote! – Das war der falsche Weg. Wir hatten in Österreich die sogenannten Diplomier­ten Krankenschwestern, Krankenpfleger. Das war eigentlich das beste System, das wir hatten. Das habt ihr mehr oder weniger mit Ansage zerstört, und jetzt muss man versuchen, das wieder aufzubauen.

Was wir auch vorgeschlagen haben – ich sage es bewusst dazu –: Nicht alle in der Pflege sind ausgebrannt, ich kenne genügend Menschen, die im Pfle­gebereich tätig waren und in Pension sind, die durchaus in der Lage und auch willens wären, vielleicht ein, zwei Dienste pro Woche zu übernehmen. Das ist unsere Aktion 60 plus, auf freiwilliger Basis. Auch dieses Potenzial sollte und könnte man nützen.

Worauf ich schon auch hinweisen möchte, ganz grundsätzlich noch ein­mal: Wir haben in Österreich jetzt neun Millionen Einwohner, 1,5 Millionen Nichtösterreicher, die auch eine Pflege brauchen, die ins Krankenhaus kommen, und dadurch ist natürlich auch mehr Bedarf da. Das wird immer ein wenig übersehen.

Da komme ich gleich zur nächsten Geschichte. Wir haben immer schon gesagt, diese berühmten Sozialtöpfe sind leer. Kleiner Querverweis: Das heurige Budgetdefizit beträgt 20 Milliarden Euro. Tun Sie also bitte nicht so, als ob Geld da wäre! Das Geld ist einfach nicht da. Wir leben ja auf Pump, und auch der Minister lebt auf Pump – das muss man immer sagen. Es ist ja ein Wunsch­konzert, zu glauben, dass alles gehen wird. Noch einmal: Das solidarische System funktioniert nur, wenn es nicht überstrapaziert wird. Das wurde über Jahre und Jahrzehnte, auch durch eine falsche Zuwanderungspolitik, leer geräumt.

Auch ein kleiner Hinweis, was aktuell ja ganz wichtig ist: Alle jammern zurzeit wegen Lohnnebenkosten, die Wirtschaft hat steigende Preise. Die Lohn­nebenkosten – auch Richtung ÖVP – resultieren aber vor allem aus den Sozial­abgaben. Wenn Sie diese senken wollen, also das berühmte „mehr Netto vom Brutto“, dann wird auch weniger Geld genau für diesen Bereich, für Pflege und Krankenversorgung, überbleiben, und das kann natürlich auch nicht funktionieren.

Pflegekräfte aus dem Ausland, das ist sehr nett, das ist auch keine neue Idee. Ich kann mich erinnern, wir hatten in meiner Heimatgemeinde schon vor 30 Jahren, glaube ich, Pflegekräfte von den Philippinen, das ist ja nichts Neues. Das würde aber das Problem nicht lösen, sondern das ist nur ein Verschie­ben von Problemstellungen in die Zukunft. Das kann es ja nicht sein. Wir müssen unsere Dinge in Österreich selbst lösen. Das geht sehr wohl und es ist nicht, wie Minister Rauch gesagt hat – ideologisch natürlich –, unlösbar. Natür­lich können wir in Österreich unsere Probleme am Arbeitsmarkt in allen Bereichen auch selber lösen, wenn wir eine vernünftige Familienpolitik machen würden und man nicht dauernd ideologische Verblendung betreiben würde.

Ganz am Schluss beziehungsweise fast am Schluss – vielleicht für die Zuseher noch einmal –: Der Grund, warum auch Polizeikräfte so massiv gesucht wurden und sie während der Ausbildung bezahlt werden, ist ein einfacher: weil die Kriminalität in Österreich explodiert ist. Die Ursachen dafür sind klar, die brauche ich nicht zu wiederholen. Wir haben auch immer gesagt: Explodie­rende Kriminalität braucht mehr Polizei, und für die Ursachen sind Sie verantwortlich.

Last and least, Herr Minister und alle vier Parteien dieser berühmten Einheits­front: In der Coronazeit haben Sie das Problem, den Pflegenotstand, ohne Not nochmals verschärft, das kann ich Ihnen aus eigener Erfahrung und aus erster Hand berichten. Bei unseren Zusammentreffen in der Coronazeit waren Tausende aus der Pflege dabei – Tausende Krankenschwestern, Tausende Pfleger aus allen Bereichen –, die Sie aus diesem Berufsfeld vertrieben haben, wirklich vertrieben haben.

Ich darf an die berühmte Impfflicht für die Pflegekräfte erinnern; Sie haben sie mit Auflagen schikaniert, mit täglichen Tests und sonstigen Dingen, und so haben wir alle miteinander Tausende Fachkräfte verloren. Diese Schuld – ich wiederhole es ganz ruhig und sachlich –, diese Schuld tragen ÖVP, die Grünen, selbstverständlich die Sozialdemokratie – ihr wart mit Kollegin Rendi-Wagner immer dabei; diese hat ja jetzt auch die Früchte geerntet und ist nun die oberste Epidemiebekämpferin in Schweden geworden – und leider Gottes ein Großteil der NEOS, mit ganz wenigen rühmlichen Ausnahmen.

Der Pflegenotstand hat also sehr wohl auch – noch einmal – etwas mit dieser Coronazeit zu tun, in der Sie die Pflegekräfte dann einmal mehr quasi aus diesem Berufsfeld wirklich verdrängt haben.

Wir haben Ihnen das alles angekündigt und so wie in fast allen Dingen – ich muss fast sagen: leider Gottes; mir fällt jetzt gar nichts Gegenteiliges ein – immer recht behalten. Wir haben auf allen Ebenen recht behalten, auch in diesem Bereich, der die Pflege betrifft, und deshalb, glaube ich, ist klar, dass die Menschen draußen uns vertrauen, und wir werden dieses Vertrauen dementsprechend auch nicht missbrauchen. Wir werden Österreich besser machen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.22