11.10
Abgeordnete Pia Philippa Beck (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Parlamentsgäste! Das Arbeitsmarktservice spielt eine unangefochtene, zentrale Rolle bei der Unterstützung von Arbeitsuchenden, aber auch von potenziellen Arbeitgebern.
Natürlich: In einer Welt, die zunehmend digitaler wird, ist die Möglichkeit, diverse Anträge online zu stellen, ein wichtiger Schritt in Richtung Zukunft. Der vorliegende Entwurf zielt darauf ab, die Digitalisierung des Arbeitsmarktservice maßgeblich voranzutreiben. Durch die nunmehr vorrangig elektronische Abwicklung von Antragstellungen, die digitale Kommunikation zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des AMS und den Kundinnen und Kunden wird die Verwaltung zudem effizient gestaltet.
Aktuell können arbeitssuchende Personen das Arbeitslosengeld auf zwei Arten beantragen: online über das sogenannte E-AMS-Konto oder persönlich vor Ort in jeder regionalen Geschäftsstelle. Nun soll diese Antragstellung weiter digitalisiert werden, und Behördenwege sollen somit reduziert werden. Doch ist das tatsächlich kunden- oder benutzerfreundlich? Darf Fortschritt, darf Zukunft zulasten von Menschen in der Gegenwart passieren? Dürfen Menschen, die sich bereits sehr unsicher fühlen, durch eine digitale Welt weiter verunsichert werden, gerade in der prekären Lage, in der sie sich befinden?
Ja, natürlich, auf der einen Seite ist der Schritt, die Digitalisierung im AMS auszubauen, ein notwendiger Schritt in Richtung Zukunft und auch nicht aufzuhalten. Niemand hier im Hohen Haus hat Angst vor Digitalisierung, aber sie muss so gestaltet sein, dass sich kein Mensch durch eine digitale Beratung in dieser ohnehin sehr sensiblen Lebensphase überfordert fühlt.
Hat es zu Beginn geheißen, die neue Regelung unterstützt beim AMS gemeldete Personen hinsichtlich der Vermeidung von Wegzeiten, aber eben nicht hinsichtlich zwingend erforderlicher Vorsprachen, so ist nun vage von einer generellen Umstellung die Rede.
Ja, es ist ein Bonus, denn dabei werden auch die AMS-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter entlastet, und sie können somit mehr Zeit für nachhaltige Beratung und Vermittlung aufbringen.
Zudem müssen sich Jobsuchende quasi dazu verpflichten, ihr Onlinekonto mindestens jeden dritten Tag auf neue Eingänge zu prüfen. Auch da sehe ich Schwierigkeiten, weil es eben auch Menschen gibt, die nach wie vor keinen regelmäßigen Zugang zur digitalen Welt haben. Sollten wir nicht gerade in einer Situation, die für viele Menschen sehr herausfordernd und vor allem verunsichernd ist, alles tun, um ihnen ein Gefühl der Stabilität und der Sicherheit zu geben, damit sie möglichst rasch wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen können?
Ja, Digitalisierung bietet viele Vorteile. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass die persönliche Beratung weiterhin von zentraler Bedeutung ist. Gerade bei Menschen, die ihre Arbeit verloren haben, ist der persönliche Kontakt, die persönliche Ansprache auch weiterhin unerlässlich, denn Jobsuchende befinden sich in einer sehr komplexen Lebenssituation, die ein persönliches Gespräch und eine ganzheitliche Betrachtung erfordern. Es ist die persönliche Beratung, die persönliche Ansprache, die es ermöglicht, den Menschen und seine Geschichte zu erfassen, um danach eine umfassende Unterstützung anbieten zu können, die über eine reine Arbeitsvermittlung hinausgeht. Das Persönliche ist eben ein wichtiges Asset in unserer schnelllebigen Welt, gerade wenn es um die Vermittlung in einen passenden Job geht.
Zudem ist der Prozess der Onlinebeantragung von Arbeitslosengeld für viele Menschen oft mit viel Stress und sehr vielen Unsicherheiten verbunden. Ebenso darf man neben den Vorteilen durch Digitalisierung die Gefahren nicht außer Acht lassen. Auch da sehe ich, ähnlich wie beispielsweise in den medizinischen Bereichen, die bereits digitalisiert wurden, Datenschutz als potenzielle offene Flanke des AMS.
Abschließend kann man sagen: Bei all dem Fortschritt auf dem Weg, die Welt digitaler zu machen, muss der Mensch im Vordergrund stehen. Er muss gehört werden, gerade in einer herausfordernden Situation wie der Eingliederung in die Berufswelt. Sowohl für zukünftige Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber sehe ich darin nur Vorteile. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)
11.14