12.19

Abgeordnete Pia Philippa Beck (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Parla­mentsgäste! Ein Volksbegehren, das sich mit dem Thema Pflege auseinander­setzt, unterzeichnet von rund 132 000 Menschen, zeigt die Dringlichkeit, denn die Pflege befindet sich in keiner Krise, sondern eigentlich schon längst in einer Katastrophe.

Was ist bei der Pflege niemals zu vergessen? – Im Zentrum der Debatte steht der Mensch: der Mensch, der pflegt, und der Mensch, der gepflegt wird. Alleine der emotionale Aspekt im Bereich der Pflege ist ein Punkt, der enorm viel Kraft kostet. Im österreichischen Pflegesystem gibt es grob gesagt drei unerlässliche Stützpfeiler: die Menschen in den Gesundheitspflegeberufen, die Angehörigen, die Pflege zu Hause leisten, und die zu Pflegenden selbst.

Blicken wir, wie im Volksbegehren erwähnt, auf das Jahr 2020 zurück. Damals hat die WHO dazu aufgerufen, einen besonderen Fokus auf Gesundheitsberufe zu legen – auf eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, der Entlohnung –, um sicherzustellen, dass es künftig noch beruflichen Nachwuchs in diesem System gibt. 2020, da war eigentlich schon lange klar, dass die Pflege selbst ein einziger Pflegefall ist, dass Applaus alleine eben nicht reicht, dass Wertschätzung für ein System, das tagtäglich Übermenschliches leistet, eigentlich eine Selbstver­ständlichkeit sein sollte und nichts, woran man erinnert werden muss.

Wer spätestens seit der Coronakrise nicht verstanden hat, dass der Pflege viel zu wenig Achtung entgegengebracht wird, der wird es womöglich erst verstehen, wenn er einmal selbst darauf angewiesen ist oder einmal erlebt hat, was diese Berufsgruppen Tag für Tag an Leistung erbringen. So sehr die Pflege in der Coronapandemie als systemrelevant beschworen wurde, so fast schon unbedeu­tend ist sie im politischen Diskurs der Gegenwart.

Dabei ist eigentlich seit dem 19. Jahrhundert klar, dass es neben einem ärzt­lichen Bereich auch einen nicht weniger unerheblichen Pflegebereich geben muss. Tragischerweise ignoriert man politisch seit Jahren erhebliche Probleme. Eines dürfte nämlich immer noch nicht im Bewusstsein vieler angelangt sein, nämlich dass Pflege keine Assistenz für Ärztinnen und Ärzte ist, sondern ein eigener Faktor im Gesundheitswesen, der endlich die dringend notwendige Beachtung als ein solcher Faktor verdient.

Die Realität in Österreich für pflegebedürftige und pflegende Menschen sieht anders aus. Ein Blickpunkt, den man beachten sollte, liegt in der Versorgung, in der Heimpflege pflegebedürftiger Menschen. Da wird die Hauptverantwortung einmal mehr von Frauen getragen – eine erhebliche Mehrarbeit, die kaum anerkannt oder unterstützt wird. Es ist eben so, dass Fürsorglichkeit als eine angeborene Sache der Frauen verstanden wird – das ist in diesem Punkt schlicht eine Geschlechterfrage –, dabei ist es gerade ihrem Beitrag zu verdanken, dass dieses System in der Form überhaupt noch machbar ist.

Private Pflege – die Pflege zu Hause – ist in Wahrheit als größter Pflegedienst­leister des Landes zu sehen, wenn man so will. Politisch wird seit Jahren nicht genügend getan, um diese mehrheitlich von Frauen getragene Arbeit der Ange­hörigen, die Pflege zu Hause, zu entlasten und zu unterstützen. Pflegende Angehörige, das sind fast eine Million Menschen, dürfen in diesem Bereich bitte nicht vergessen werden.

Ein sehr wichtiges Thema wäre dabei eventuell auch der Ausbau von Kurzzeit- und Tagespflegeplätzen. Besonders wichtig wäre auch die umfassende Beratung von pflegenden Angehörigen und natürlich der Pflegebedürftigen selbst.

Das Thema Pflege, der Inhalt dieses Volksbegehrens, ist ein Thema, das jeder relevant finden muss – denn früher oder später werden wir alle einmal Pflege brauchen oder pflegen dürfen. Ich möchte allen in dieses Volksbegehren Involvierten danken, denn unser Gesundheitswesen, in diesem Fall die Pflege, braucht einfach mehr Gerechtigkeit und Aufmerksamkeit für alle Beteiligten. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

12.23