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Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich war ein wenig überrascht, dass – bis auf Kollegin Prammer ein wenig und jetzt die Frau Bundesministerin – aus meiner Sicht fast ein bisschen zu wenig Euphorie im Zusammenhang mit diesem Gesetzesbeschluss aufgekommen ist, denn man muss sich überlegen, dass das, was bis jetzt in Österreich gegolten hat, eigentlich eines Rechtsstaates unwürdig ist.
Es geht der Staat auf jemanden zu, in Gestalt der Polizei und der Staatsanwaltschaft – jemand wurde davor angezeigt –, und beginnt mit Ermittlungen oder erhebt Anklage. Das heißt, unter Umständen ist jemand vollkommen Unbescholtener, der vielleicht gar nichts gemacht hat, Ewigkeiten damit konfrontiert, dass die Staatsgewalt ihm entgegentritt und sagt: Na ja, aber ich vermute zumindest, dass du etwas gemacht hast! – Es ist gut, dass der Staat das macht, denn selbstverständlich muss man einem Verdacht nachgehen und schauen, ob da wirklich eine Straftat begangen wurde; aber was ist denn, wenn sich am Schluss herausstellt, dass gar nichts gewesen ist und es davor eine Einstellung gibt oder danach ein Freispruch erfolgt?
Der große Unterschied zum Zivilrecht, was Frau Kollegin Jachs angesprochen hat, ist eben, dass da nicht irgendein anderer Bürger quasi den Konflikt mit mir sucht, sondern der Staat in seiner vollen Staatsgewalt auftritt. Das Ergebnis, wozu das am Schluss führt, wenn ich dann unter Umständen freigesprochen werde: Es sind insbesondere wir Politikerinnen und Politiker leider Gottes auch immer wieder mit falschen Anschuldigungen konfrontiert. Eines der besten Beispiele – Kollege Schrangl hat es angesprochen – ist der ehemalige grüne Landtagsabgeordnete Chorherr, der aufgrund eines Verfahrens, bei dem er am Schluss freigesprochen wurde, nahezu vor den Trümmern seiner Existenz gestanden ist.
Es geht nicht darum, ob ich das irgendwie werten will, sondern es geht darum, dass jemand von einem unabhängigen Gericht freigesprochen worden ist. Ich glaube, Christoph Chorherr hat danach gesagt, er hat sich bei seiner Mutter Geld ausborgen müssen und zum Glück hat er sich deswegen die Prozesskosten leisten können.
Der ehemalige Vizekanzler Strache – ich bin denkbar unverdächtig, diesem irgendwie das Wort zu reden – musste sich auch mit vielen Prozessen auseinandersetzen, hatte extrem viele Kosten und dann sogar um Spenden gebeten, damit er sich die Prozesskosten leisten kann. Also ich erachte es als nur logisch in einem Rechtsstaat, dass wir sagen: Ja, wir ersetzen jemandem, der zu Unrecht – und das ist ja nichts anderes, wenn am Schluss ein Freispruch erfolgt – mit einem Strafverfahren konfrontiert wurde, natürlich die Verteidigerkosten! Alles andere wäre verrückt und führt eben dazu, dass Menschen über die letzten Jahre leider Gottes teilweise wirklich vor den Trümmern ihrer Existenz gestanden sind.
Ein bisschen ein Schmerz bleibt dabei – selbst mit den 60 000 Euro wird man in sehr komplexen Verfahren nicht das Auslangen finden; wir kennen alle die Tierschützerprozesse, bei denen man noch viel mehr Verteidigerkosten hatte, weil sich die Prozesse über viele Jahre gezogen haben –, aber nichtsdestotrotz: Frau Bundesministerin, ich war die letzten Jahre sehr oft sehr kritisch mit Ihrer Arbeit, aber ich glaube, in diesem Zusammenhang ist Ihnen wirklich etwas gelungen, was über viele Jahrzehnte diskutiert wurde, was niemandem davor gelungen ist. Ich glaube, das ist ein wesentlicher Schritt für einen Rechtsstaat. Ich bin daher sehr froh, dass wir das heute auch beschließen können. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
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