111/PET XXVII. GP

Eingebracht am 21.02.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Petition

Abgeordnete/r zum Nationalrat

Abg. z. NR Christian Hafenecker, MA

An Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Mag. Wolfgang Sobotka

Parlament

1017 Wien, Österreich

                                    Wien, am   21.02.2023             

Sehr geehrter Herr Präsident!

In der Anlage überreiche ich/ überreichen wir Ihnen gem. §100 (1) GOG-NR die Petition betreffend

„Aktive Friedens- und Neutralitätspolitik statt Kriegstreiberei!“

Seitens der EinbringerInnen wird das Vorliegen einer Bundeskompetenz in folgender Hinsicht angenommen:

Neutralitätsgesetz

Dieses Anliegen wurde bis zur Einbringung im Nationalrat von                       BürgerInnen unterstützt.

Mit der Bitte um geschäftsordnungsmäßige Behandlung dieser Petition verbleibe ich/verbleiben wir

mit freundlichen Grüßen

Anlage

Hinweis: Ggf, vorgelegte Unterschriftenlisten werden nach dem Ende der parlamentarischen Behandlung datenschutzkonform vernichtet bzw. gelöscht, soweit diese nicht nach den Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes zu archivieren sind.

Petition: „Aktive Friedens- und Neutralitätspolitik statt Kriegstreiberei!“

Nahezu ein Jahr ist vergangen, seit die Russische Föderation völkerrechtswidrig die Ukraine angriff. Seit fast zwölf Monaten tobt der unerbittliche Krieg zwischen den beiden osteuropäischen Staaten. Und es ist kein Ende der Kriegshandlungen in Sicht. Während die Bürger der europäischen Nationalstaaten berechtige Sorge vor einer Ausweitung des Krieges haben, überbieten einander ihre Regierungen in Versprechungen von Waffenlieferungen – ohne deren Konsequenzen in all ihren Eventualitäten zu bedenken. Rufe nach einem Waffenstillstand oder nach Friedensverhandlungen sind kaum zu vernehmen.

Angeführt von den Vereinigten Staaten von Amerika taumelt die westliche Staatengemeinschaft in eine Eskalationsspirale, deren potenzielles Ende die verheerendsten Folgen für Europa seit 1945 bedeuten könnte.

Doch es muss nicht so weit kommen! Gerade jetzt, zu einem Zeitpunkt der militärischen Pattsituation, wäre es dringend notwendig, die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch zu bringen. Nur so kann der Krieg schnell und ohne weitere zigtausende Todesopfer beendet werden. Es braucht jetzt eine Stimme für den Frieden!

Ein neutrales Österreich sollte dieser Stimme Kraft verleihen, sich als Vermittler zwischen den kriegführenden Parteien einbringen und so einen Beitrag zu Friedensverhandlungen und einer Konfliktbeilegung leisten. Die bisherige Politik der schwarz-grünen Bundesregierung wurde bedauerlicherweise in keinem Moment dieser einstigen außenpolitischen Richtschnur unserer Republik gerecht.

Österreich ist verfassungsrechtlich zur Verteidigung und Aufrechterhaltung seiner immerwährenden Neutralität verpflichtet. Trotz dieses Neutralitätsgebotes brachte es die Bundesregierung tatsächlich zuwege, die seit Jahrzehnten als außenpolitisches Leitprinzip fungierende Neutralität Österreichs binnen weniger Wochen völlig abzumontieren.

Bundeskanzler Karl Nehammer persönlich diskreditierte die verfassungsrechtlich verankerte Neutralität Österreichs als „aufgezwungen– gleichzeitig schickte er ÖVP- Wehrsprecher Friedrich Ofenauer aus, die Neutralität „ernsthaft' diskutieren zu wollen. Ex-Nationalratspräsident Andreas Khol plädierte indessen gleich für einen NATO- Beitritt.[1] Außenminister Alexander Schallenberg verkündete gar: „Neutralität ist keine Option vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs.“ Laut Schallenberg gibt es keine Neutralität, wenn es um die Verteidigung der Menschenrechte geht.[2]

Dieser verfassungsrechtlichen Ignoranz entsprechend, finanzierte die Republik Österreich sowohl bilateral als auch über diverse EU-Töpfe die Ukraine – und somit eine Kriegspartei. Bereits im Mai 2022 verkündete die Bundesregierung, der Ukraine mit zusätzlichen 46 Millionen Euro die „größte Auszahlung aus dem AKF [Auslandskatastrophenfonds] aller Zeiten" zur Verfügung gestellt zu haben.[3] Schon zuvor wurden aus dem Auslandskatastrophenfonds 17,5 Millionen Euro in die Ukraine transferiert.[4]

Außerdem nahm das vormals neutrale Österreich sogar den eigenen österreichischen Soldaten ihre Helme und somit militärische Ausrüstung – ab, um diese der Ukraine zur Verfügung stellen zu können.

Gesteigert werden diese Transfers durch Zahlungen im Rahmen jener Finanzhilfen, welche mit österreichischer Beteiligung – über die Europäische Union Kiew erreichen. Mittels der sogenannten Europäischen Friedensfazilität und der Makrofinanzhilfen unterstützt die Republik Österreich die Ukraine und ihre Streitkräfte in Millionenhöhe. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Europäische Friedensfazilität dafür herangezogen wird, schwere Waffensysteme für die ukrainischen Truppen zu finanzieren. 3,6 Milliarden Euro(!) wurden aus dieser Fazilität der Ukraine bereits bereitgestellt. Dass Österreich, verfassungsrechtlich zur Neutralität verpflichtet, einen millionenschweren Beitrag zu dieser Fazilität leistet, welche der EU als Kriegskasse dient, ist völlig inakzeptabel. Ein Stopp dieser Zahlungen wäre längst überfällig.

Die Bundesregierung greift direkt und aktiv in einen Krieg zwischen zwei Drittstaaten ein, indem sie Milliardenzahlungen an die Ukraine mitträgt, die Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte und deren Sold finanziert[5] sowie Milliarden Euro der sogenannten Europäischen Friedensfazilität überweist, welche schwere Waffensysteme für die Ukraine bereitstellt.

Angesichts der massiven Involvierung der EU in diesen Krieg ist die Beteiligung Österreich an EU-Projekten im Bereich der Verteidigungspolitik schnellstens zu beenden. Dies betrifft sowohl die Beteiligung Österreichs und seiner Soldaten sowie militärischer Logistik an der militärischen Formation der „Krisenreaktionskräfte der Europäischen Union (EU-Battlegroups)“ als auch die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit (EU-SSZ/PESCO) sowie die bisher eingegangenen SSZ- Rüstungsprojekte. PESCO ist eine Vorstufe zu einer EU-Armee[6] und daher aus Sicht des neutralen Österreichs klar abzulehnen.

Darüber hinaus erlaubt die Republik Österreich der NATO zur Unterstützung der Ukraine die Durchfuhr militärischer Ausrüstung durch ihr Hoheitsgebiet, einschließlich ihres Luftraums. Es bedarf daher eine Überarbeitung des Kriegsmaterialgesetzes sowie des Truppenaufenthaltsgesetzes. Überfluggesuche und Durchfahrtsgesuche von Konfliktparteien und anderen Staaten, welche den Zweck haben, Konfliktparteien militärisch zu unterstützen, insbesondere mit Kriegsmaterial, sind nicht zu genehmigen.

Österreich hätte als neutraler Staat niemals in diese Kriegstreiberei einstimmen dürfen. Es wäre nicht nur verfassungsrechtlich geboten, sondern auch aus außenpolitischer Perspektive dringend notwendig, den neutralen Status Österreichs wiederherzustellen. Nur so kann sich Österreich, seiner außenpolitischen Tradition entsprechend, als glaubwürdiger Vermittler zwischen den Kriegsparteien einbringen und Wien als Verhandlungsort anbieten, um einen Beitrag für die Wiederherstellung des Friedens in Europa leisten zu können.

Konkret wird daher gefordert:

·         Wiederherstellung einer dem Neutralitätsgebot entsprechenden Außenpolitik

·         Aktiver Einsatz Österreichs für Friedensverhandlungen und einen Waffenstillstand zwischen der Ukraine und Russland

·         Angebot Wiens als Verhandlungsort für Friedensgespräche

·         Einstellung von Finanztransfers an die Kriegspartei Ukraine, sowohl bilateral als auch über Finanzierungsmechanismen der Europäischen Union

·         Stopp der Einzahlungen an die sogenannte Europäische Friedensfazilität

·        Kein Beitritt Österreichs zu einem Militärbündnis

·         Ausstieg Österreichs aus EU-Militärformationen wie Battlegroups und PESCO

·         Stopp von Militärtransporten durch Österreich in Kriegs- und Krisengebiete

 



[1] APA 06.03.2022: Neutralität - ÖVP stellt Neutralität zur Diskussion

[2] theeuropean.de 21.04.2022: Alexander Schallenberg: „Neutralität ist keine Option“

[3] https://www.bmeia.gv.at/ministerium/presse/aktuelles/2022/05/oesterreich-leistet-weitere-46-millionen-an-humanitaerer-hilfe-fuer-die-ukraine/

[4] https://www.bmeia.gv.at/ministerium/presse/aktuelles/2022/02/oesterreich-unterstuetzt-die-ukraine-mit-weiteren-15-millionen-euro-humanitaerer-hilfe-aus-dem-auslandskatastrophenfonds/

[5] FAZ 25.10.2022: EU will schon jetzt mit Wiederaufbau der Ukraine beginnen; Ö1 Mittagsjournal 18.10.2022: EU-Ausbildungsmission für Ukraine: Österreich nimmt Sonderrolle ein

[6] https://www.spiegel.de/politik/ausland/eu-verteidigungsunion-wie-ursula-von-der-leyen-an-der-euro-armee-bastelt-a-1180000.html