113/PET XXVII. GP

Eingebracht am 28.02.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Petition

Abgeordnete zum Nationalrat Eva-Maria Holzleitner, BSc Abgeordnete zum Nationalrat Mag.a Andrea Kuntzl

 

An Herrn

Präsidenten des Nationalrats

Mag. Wolfgang Sobotka Parlament

1017 Wien, Österreich

Wien, am 28. Februar 2023

Sehr geehrter Herr Präsident!

In der Anlage überreichen wir Ihnen gem. § 100 (1) GOG-NR die Petition betreffend

„Fachhochschulentwicktungs- und Finanzierungsplan neu verhandeln!"
Seitens der Einbringer*innen wird das Vorliegen einer Bundeskompetenz in folgender Hinsicht angenommen:

Gefordert werden echte Verhandlungen mit den Fachhochschulen, den Sozialpartner*innen, der Österreichischen Hochschüler*innenschaft sowie den Bundesländern und die Entwicklung eines gemeinsamen Plans mit den Akteur*innen, der seinen Namen auch verdient!

Zuständigkeit durch: Fachhochschulgesetz, FH EF-Plan

Mit der Bitte um geschäftsordnungsmäßige Behandlung dieser Petition verbleiben wir

mit freundlichen Grüßen





Anlage

Hinweis: Ggf, vorgelegte Unterschriftenlisten werden nach dem Ende der parlamentarischen Behandlung datenschutzkonform vernichtet bzw. gelöscht, soweit diese nicht nach den Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes zu archivieren sind.

PETITION

Fachhochschulentwicklungs- und Finanzierungsplan neu verhandeln!

Der aktuell vom zuständigen Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, ao. Univ.-Prof. Dr. Martin Polaschek, vorgelegte Fachhochschulentwicklungs- und Finanzierungsplan 2023/24- 2025/26(FH-EF-Plan) wurde von allen österreichischen Fachhochschulen einhellig und zur Gänze zurückgewiesen und von den Bundesländern sowie vielen weiteren Institutionen, wie den Sozialpartnern, dem Rat für Forschungs- und Technologieentwicklung (RFTE) oder der Österreichischen Hochschüler*innenschaft, lautstark kritisiert.

Und das zu Recht. Denn der vorgelegte Plan sieht nicht weniger als einen Frontalangriff auf diesen erfolgreichen Hochschulsektor vor: Der Bundesminister tritt dafür ein, die Mittel für die Fachhochschulen de facto in den nächsten Jahren zu kürzen. Dies ist - noch dazu in Zeiten von enorm hoher Teuerung, dringendem Fachkräftebedarf und kompetitiven Herausforderungen für den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort - absolut inakzeptabel!

Die Fachhochschul-Konferenz sieht – nach einstimmigem Beschluss – die permanente Unterfinanzierung daher auch als zentralen Kritikpunkt im rückschrittlichsten Entwicklungsplan in der nunmehr 30-jährigen Geschichte des Hochschulsektors.

1.   Keine neuen Studienplätze trotz eklatantem Mangel an Arbeitskräften.

Die Einrichtung und Ausschreibung neuer Studienplätze ist unumgänglich, um dem Fachkräftemangel in allen Disziplinen zu begegnen. Notwendig wäre zudem eine echte Flexibilisierung bei der Umschichtung von Studienplätzen (ohne Einschränkung auf den MINT-Bereich), um rasch auf sich ändernde Bedarfe reagieren zu können. Die Entscheidung, in welchen Disziplinen Studienplätze an den jeweiligen Hochschulen optimal eingesetzt werden können, soll daher auch weitestgehend an die hochschulische Selbstverwaltung übertragen werden.

2.   Die jahrelange Unterfinanzierung gefährdet die Qualität der Ausbildung.

Mit dem derzeit vorliegenden FH-EF-Plan ist der Studienbetrieb massiv gefährdet, da die geplante Erhöhung der Finanzierung bereits jetzt (!!!) von der Teuerung komplett aufgesogen wird. Die Fachhochschulen erwarten daher auch im Sinne ihrer Studierenden eine verbraucherpreisgebundene, dauerhafte Finanzierungslösung, damit die Akademia den im Fachhochschulgesetz verankerten Aufgaben ohne Qualitätseinbußen nachkommen kann, laufende Studiengänge ressourcenadäquat ausgestattet sind und Student*innen auch weiterhin ein qualitätsvolles Studium ermöglicht wird. Das ständige Betteln beim Ministerium um eine adäquate finanzielle Ausstattung des FH-Sektors muss ein Ende haben!

3.   Die Weiterentwicklung von Lehre, Forschung und Internationalisierung wird unmöglich.

Die im Gesetz verankerte Weiterentwicklung von Lehre, angewandter Forschung und Internationalisierung kann mit dem vorliegenden Plan nicht erreicht werden. Es fehlt jede Perspektive, in welche Richtung sich die Fachhochschulen entwickeln (können) sollen.

Insbesondere die Einschränkungen auf regionale Studienangebote und der Fokus auf die Bachelorausbildung schränken die Attraktivität der Fachhochschule für Studierende und internationale Partner massiv ein.

Die Leistungen, die Fachhochschulen in der angewandten Forschung erbringen, sind bemerkenswert - auch mit Spitzenergebnissen aus den Forschungsbereichen Sozialwissenschaften,

 

Gesundheitswissenschaften oder der klinischen Forschung, die maßgeblich der Evidenzbasierung in den Gesundheitswissenschaften dient. Fraglich bleibt, warum lediglich Produktentwicklung und die Entwicklung von Prototypen mit angewandter Forschung in Verbindung gebracht werden.

 

4.   Trotz gesetzlichem Auftrag wird die Forschungsfinanzierung ignoriert.

Die Akademia ist nahezu schockiert, dass sowohl in der Vision, Mission als auch in der Ausrichtung dieses FH-EF-Plans das Wort „Forschung" vollkommen ausgespart wird. Oie starke Verankerung der Kolleg*innen in der Scientific Community wird nicht wertgeschätzt, sondern sogar massiv negativ beeinträchtigt. Eine Institution, die nicht forscht, ist keine Hochschule!

5.   Angewandte Forschung wird eingeschränkt.

Die Akademia sieht es als besonders kritisch, dass durch diesen Planentwurf die Perspektiven für die angewandte Forschung praktisch zum Erliegen gebracht werden sollen:

Das gänzliche Fehlen einer Forschungsfinanzierung führt dazu, dass Lehrende und Forschende übergebührlich in deren akademischer Freiheit eingeschränkt und unmittelbar und nachhaltig in ihren akademischen Karrieren beschnitten werden. Durch hohe Eigenmittelanteile, die bei nahezu allen großen nationalen wie internationalen Forschungsschienen notwendig sind, werden Einreichungen von Fachhochschulen nur noch sehr schwer möglich sein und oftmals überhaupt ganz unterbleiben. Dadurch wird Kontinuität in der Forschung praktisch unmöglich, da immer wieder forschungsstarkes Personal die Fachhochschulen verlassen muss.

Insbesondere das Fehlen von Doktoratsstudien ist für die Aufgaben der Forschung, aber auch der Lehre, ein wesentlicher Hemmschuh. Bekanntermaßen werden in Deutschland sukzessive eigenständige Doktoratsprogramme an den Fachhochschulen etabliert, in Irland und Portugal sind derartige Programme schon lange eine Selbstverständlichkeit und seit kurzem ist es auch den Fachhochschulen in den Niederlanden möglich, eigenständige Dokotratsprogramme anzubieten. Dass diese Möglichkeit den Fachhochschulen in Österreich immer noch verschlossen ist, wirkt sich einerseits negativ auf die Entwicklung der Forschenden, andererseits auf den nachhaltigen Aufbau des wissenschaftlichen Nachwuchses und die nationale und internationale Konkurrenzfähigkeit der Fachhochschulen als Arbeitgeberinnen aus. Generell fehlt in diesem Plan jegliche Entwicklungsperspektive für den Bereich der angewandten Forschung an Fachhochschulen. Es werden nur bereits vorhandene (zu gering dotierte) Förderschienen dargestellt, die Verantwortung für die angewandte Forschung zur Gänze an andere (Ministerien, Länder, Erhalter) abgeschoben und Forschung auf Produktentwicklungsaspekte reduziert. Das ist ein unwürdiges Verhalten für ein Wissenschafts- und Forschungsministerium!

In Summe würde mit der Umsetzung des vorliegenden FH-EF-Plans nicht nur der FH-Sektor degradiert und in weiterer Folge ruiniert, sondern damit der Wirtschaftsstandort Österreich massiv geschwächt.

Die Petition greift daher die Forderung der Fachhochschul-Konferenz auf:

Herr Bundesminister, starten Sie umgehend echte Verhandlungen mit den Fachhochschulen, den Sozialpartner*innen, der Österreichischen Hochschüler*innenschaft sowie den Bundesländern und entwickeln Sie mit den Akteur*innen gemeinsam einen Plan, der seinen Namen auch verdient!