141/PET XXVII. GP
Eingebracht am 20.03.2024
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Petition
Abgeordnete/r zum Nationalrat
Mag. Christian Ragger
An Herrn
Präsidenten des Nationalrates
Mag. Wolfgang Sobotka
Parlament
1017 Wien, Österreich
Wien , am 20. März 2024
Sehr geehrter Herr Präsident!
In der Anlage überreiche ich/ überreichen wir Ihnen gem. §100 (1) GOG-NR die Petition betreffen
Pflege daheim darf nicht finanzielle Strafe sein!
Seitens der EinbringerInnen wird das Vorliegen einer Bundeskompetenz in folgender Hinsicht angenommen:
Bundespflegegeldgesetz, Hausbetreuungsgesetz, etc.
Dieses Anliegen wurde bis zur Einbringung im Nationalrat von BürgerInnen unterstützt.
Mit der Bitte um geschäftsordnungsmäßige Behandlung dieser Petition verbleibe ich/verbleiben wir
mit freundlichen Grüßen
Anlage
Hinweis:
Ggf. vorgelegte Unterschriftenlisten werden nach dem Ende der parlamentarischen
Behandlung datenschutzkonform vernichtet bzw. gelöscht, soweit diese nicht
nach den Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes zu archivieren sind.
Ein Hilferuf Angehöriger pflegebedürftiger Eltern und Großeltern an die Bundespolitik:
Pflege daheim darf nicht finanzielle Strafe sein!
Die „Pflege daheim“ ist über die Jahre für betreuungsbedürftige Senioren und ihre Familien zur Armutsfalle geworden. Die Betreuung zuhause – unverzichtbar und wertvoll – ist unbezahlbar geworden und treibt die Menschen in die Verzweiflung.
„Pflege daheim statt im Heim!“ Mit Slogans wie „betreut in den eigenen vier Wänden“ und „alt werden im gewohnten Umfeld“ hat man uns dieses Pflegemodell schmackhaft gemacht. Wer strebt das nicht an – zu Hause alt zu werden, selbst wenn Betreuung notwendig wird?
Was auf den ersten Blick erstrebenswert und positiv erscheint, entpuppt sich in der Realität für Hunderttausende als Kostenfalle sowie als physische und psychische Belastungsprobe.
Dem eigenen Vater, der Mutter, den Großeltern – ihnen allen wünscht man von ganzem Herzen, dass sie ihren Lebensabend zu Hause verbringen können. Denn das „Zuhause“ ist für viele ein wichtiger, oft der letzte Ankerpunkt im Leben. Wer jedoch versucht, diesen Wunsch zu erfüllen, sieht sich unerwarteten Problemen gegenüber, die jeden überfordern: Einem Spießrutenlauf von der Organisation der Versorgung über den Versuch, die unerwartet hohen Kosten zu tragen, bis hin zur kompletten Umstellung des Familienlebens.
„Pflege daheim statt im Heim“ hat sich für viele als eines der größten Belastungspakete erwiesen, das von Bund und Ländern geschnürt wurde. „Samtpfötig“ und mit wohlklingenden Worten wurde die Betreuung pflegebedürftiger Menschen effektiv privatisiert. Die Verlagerung von Kosten und Belastungen auf die Familien wurde zum politischen Programm der Zukunft erklärt.
Die öffentliche Hand, die sich gewisse Leistungen nicht leisten will oder kann, hat die Verantwortung einfach den Senioren und ihren Angehörigen übertragen. Familien, die durch einen Betreuungsfall ohnehin meist in einer Ausnahmesituation stecken, müssen:
Denn rund 3.000 Euro pro Monat an Fixkosten allein für die 24-Stunden-Betreuung – noch ohne Strom, Heizung, Essen, Kleidung, Reparaturen – wer kann sich das auf Dauer privat leisten? Und selbst wenn Angehörige tief in die eigene Tasche greifen und Pflegegeld sowie Förderung erhalten, reicht es vorne und hinten nicht.
Wer in diese Situation gerät, erkennt spätestens dann, dass das soziale Netz in Österreich nicht so robust ist, wie Minister und Ministerinnen, Landesmütter und Landesväter es uns glauben machen möchten.
Es ist kein Ruhmesblatt für einen Sozialstaat und beschämend, wenn man bedenkt, wie gern sich unsere Politiker für ihre vermeintlichen Erfolge im sozialen Bereich feiern lassen.
Wir Angehörigen haben keine gutbezahlte Interessenvertretung, keine finanzstarke Lobby, die unsere Anliegen politisch vorantreibt. Doch wir können und müssen unsere Stimme erheben – für uns und für die uns so lieben und wichtigen Menschen, um deren Wohl wir uns täglich kümmern. Deren Sorgen sind unsere Sorgen – und wir fordern, dass die Politik diese endlich ernst nimmt.
Es ist untragbar:
Wir Angehörigen fordern Fairness! Wir leisten bereits unseren Beitrag, um unsere Lieben gut betreut zu wissen, aber der Staat darf dies nicht unbillig ausnutzen. Was der Staat einspart, darf nicht Hunderttausende in die Armut treiben! Betreuungsbedürftige Senioren können den Mindestlebensstandard über der Armutsgrenze nicht halten. Wer es nicht glaubt, soll mit Betroffenen und ihren Angehörigen sprechen. Wer´s nicht glaubt, soll mit Betroffenen und ihren Angehörigen reden – und sie fragen, ob sie
- unerwartete Ausgaben in Höhe von 1.300 € leisten können?
- einmal im Jahr auf Urlaub fahren können?
- Miete, Kreditkosten oder Kredite pünktlich zahlen können?
- die Wohnung angemessen warm halten können?
- abgenützte Möbel ersetzen können?
Die Antworten erschüttern – denn davon können Hunderttausende nur träumen, trotz finanzieller Unterstützung ihrer Kinder und Enkel.
Der Staat darf nicht weiterhin wegschauen! Es darf nicht sein, dass die zu Hause Gepflegten finanziell diskriminiert werden. Ein würdevolles Altern muss jedem vergönnt sein!
Was wir fordern, fordern wir nicht für uns selbst – wir tun es für die Menschen, die wir pflegen und betreuen. Unsere Eltern- und Großelterngeneration, die diesen Staat und seinen Sozialstaat erst möglich gemacht hat.
Es ist an der Zeit, ihnen im Sinne der Generationengerechtigkeit etwas zurückzugeben. Sie sollen im Alter, wenn sie es am meisten brauchen, nicht zu den sozialen Verlierern gehören!
Sparen bei Menschen in Not ist Sparen am falschen Ende! Pflege daheim darf kein Stiefkind in einem modernen Sozialstaat sein!
Nur wenn der Staat die Gleichstellung der „Pflege daheim“ sichert, kann auch in Zukunft auf dieses unverzichtbare System gesetzt werden.
„Lasst uns nicht länger im Stich!“
Wir fordern ein Ende der Diskriminierung der „Pflege daheim“!
® Finanzielle Gleichstellung mit der Heimpflege!
® Österreichweit Unterstützung aus einer Hand!
® Staatliche Kontrolle der Betreuungsagenturen!
(1) Finanzielle Gleichstellung bei Pflege und Betreuung daheim!
· Von der Pension muss Betroffenen genausviel bleiben wie bei Heimpflege
· Zuschuss bis max. zur Höhe der Unterbringung in stationärer Einrichtung
(2) Anpassung der Förderung der 24h-Betreuung an die Lebensrealitäten!
· Anhebung der Einkommensgrenze auf 3.500 € + jährliche Valorisierung
· Erhöhung der Förderung auf 1.200 € + jährliche Valorisierung
(3) Kein Förder- und Pflegegeldstopp bei Reha und kurzen Spitalsaufenthalten!
· Sofortiger monatlicher 1.000 € Steuerfreibetrag ab 24h-Betreuungsbedarf
· Kein Entzug von Pflegegeld bei Reha und kurzfristigen Spitalsaufenthalten
(4) Qualität der 24h-Betreuung sichern – Agenturgewerbe reglementieren!
· Nur ÖQZ-zertifizierte Agenturen in Österreich zulassen und offiziell „listen“
· Übernahme der Zertifizierungskosten durch die öffentliche Hand
(5) Fairness bei der Pflegegeldeinstufung
· Begutachtung durch einschlägig qualifizierte Pflegekräfte und Ärzte
· Anrechnung des Erschwerniszuschlags ab mittelschwerer Demenz
(6) Bundesweit Hilfe und Unterstützung „aus einer Hand“
· EIN durchgängiges Leitsystem vom Akutspital bis hin zur Pflege
· EIN one-stop-shop für alle Anträge und Unterstützungen österreichweit
Jeder von uns kann der nächste Pflegefall sein! Schon morgen!
Und dann brauchen wir ein soziales Netz,
das uns auffängt und wirklich hält!
Auch daheim!
Die Initiatorinnen: Dr. Sabine Rödler, Andrea Schaller