Eingebracht von: Schön, Stefan
Eingebracht am: 21.05.2021
An das
Bundesministerium
für Bildung, Wissenschaft und Forschung Abteilung IV/9, Legistik
legistik-wissenschaft@bmbwf.gv.at
An das
Präsidium des Nationalrats begutachtungsverfahren@parlament.gv.at
Wien, am 21. Mai 2021
Betrifft: Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002, das Fachhochschulgesetz, das Privathochschulgesetz, das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz und das Hochschulgesetz 2005 geändert werden. Begutachtungsverfahren 115/ME.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Der Verband des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals der österreichischen Universitäten (ULV, ZVR 066489821) übermittelt hiermit seine Stellungnahme zu dem im Betreff angegebenen Gesetzesentwurf unter Berücksichtigung der Novelle 324/SN-79/ME.
Wir ersuchen um Berücksichtigung unserer Anregungen und Einwände.
Mit freundlichen Grüßen
ULV- Verband des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals der österr. Universitäten
Vorsitzener Dr. Christian Cenker,
Universität Wien, CSLearn-Educational Technologies Informatik
1090 Wien, Währingerstraße 29/6.491090 Wien, https://www.ulv.at
Pressesprecher Dr. Stefan Schön
mailto:schoen@mdw.ac.at
ZVR 0664898
Zu den geplanten Änderungen durch die UG Novelle 324/SN-79/ME
Die akademischen Grade (§ 51ff UG)
Die Novellierung geht unseres Erachtens in die falsche Richtung, weil statt eines gesetzlich verordneten Wildwuchses von neuen Bezeichnungen eine übersichtliche Vereinheitlichung anzustreben wäre. Dies wäre für die internationale Vergleichbarkeit und die Kooperationen im Bologna-Raum dringend wünschenswert und erforderlich.
Universitätslehrgänge (§ 56 UG)
Die Zulassungstatbestände sind unausgewogen und interpretationsbedürftig bzw. unklar. Quereinsteiger*innen werden zusätzlich Steine in den Weg gelegt und das erklärte Ziel der „Weiterbildung" wird durch unsachliche ECTS-Grenzen für ambitionierte Studierende zum Hürdenlauf abseits des eigentlichen Ziels der Fortführung des konsequenten Studiums. Gemessen an der intendierten komplexen Neuregelung mit der Einführung neuer Termini fehlt die Klarstellung, dass curriculare Änderung uneingeschränkt für alle Studienänderungen der Kompetenz der Senate gem. § 25 Abs 1 Z 10 UG unterliegen. Zu klären wäre auch, ob die im Abs 4 neu formulierte „Zusammenarbeit mit einem außeruniversitären Rechtsträger" ausländische Bildungseinrichtungen mit einschließt und dass Sorge getroffen wird, die Standards des Meldeverfahrens gem. § 27 HS-QSG nicht umgehen zu können.
Inkrafttreten und Außerkrafttreten (§ 143 Abs 42 UG)
Die Abfrage des Bildungshintergrunds der Eltern von Studierenden wird aus datenschutzrechtlichen Gründen entschieden abgelehnt. Weiters protestieren wir mit allem Nachdruck dagegen, dass zu den Evaluationsschwerpunkten bei den Auswirkungen der Zugangsregelungen das Bekenntnis zu einem allfälligen Migrationshintergrund hinzukommen soll. Dieses Ansinnen greift in persönliche Bereiche ein, deren Vorliegen oder Nichtvorliegen an Universitäten als transnationale und transkulturelle Lehr- und Forschungseinrichtungen explizit keine Rolle spielt. Wir halten schon die bisherigen Evaluierungsziele in diesem Zusammenhang für überschießend und übertrieben. Mit der geplanten Erweiterung ließe der Gesetzgeber jedoch jegliche Sensibilität vermissen und begäbe sich seiner Verantwortung in seiner nationalen Rolle als Vertretungsorgan unseres Staates, dessen soziodemografische Zusammensetzung leider auch Verbrechen während einer der dunkelsten geschichtlichen Epochen mitgetragen hat. Deshalb hat Migrationsforschung bei der Erforschung der Zusammensetzung von Studienwerber*innen nichts verloren.
Zu den geplanten Änderungen durch die UG Novelle 324/SN-79/ME
Erlassung und Änderung von Curricula (§ 22 Abs 1 Z 12 UG)
Die neuerlichen Änderungspläne werden den Aufwand bei curricularen Änderungen massiv erhöhen. Umso mehr fordern wir daher die Fristsetzung von sechs Monaten zurückzunehmen.
Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen (§ 42 Abs 2 UG)
Die behauptete Unvereinbarkeit von Senats- und Arbeitskreismitgliedschaft liegt sachlich nicht vor und wäre im Wege des Entsendungsrecht vom Senat selbst zu beurteilen.
Sondervorschrift für die Durchführung von Prüfungen auf elektronischem Weg (§ 76a Z 1 UG)
Diese legistische Aufforderung ist weltfremd, weil die Informationen als Bringschuld der Universitäten im autonomen Wirkungsbereich ad hoc zu leisten sind.
Berufungsbeauftragte und Fristen (§ 98 Abs 4a, 5 und 7 UG)
Die Schaffung solcher Kontrollfunktionär*innen wäre systemwidrig und brüskiert die als einzige zu entscheidenden Mitglieder der Berufungskommissionen. Die einmonatige Frist zur Sichtung von Bewerbungen ist weltfremd und würde nur zur Vermeidung eines Formalfehlers zu weit schwerwiegenderen materiellen Fehlern bei der Suche nach geeigneten Kandidat*innen führen. Das gleiche gilt für die Frist zur Erstellung eines Besetzungsvorschlags.
Ausschreibung und Aufnahme (§ 107 Abs 1 UG)
Ausschreibungen mit alternativen Zuordnungen zu einer Personalgruppe sind schon auf Grund der unterschiedlichen Auswahlverfahren (Professor*innen, Qualifizierungsstellen, etc.) abzulehnen.
Dauer der Arbeitsverhältnisse – Kettenverträge (§ 109 UG)
Die Neufassung wird von uns komplett abgelehnt, da praktisch sämtliche Regelungsziele verfehlt wurden. Die Beseitigung der EU-Rechtswidrigkeit wurde verfehlt. Die Sozialverträglichkeit und die Arbeitnehmer*innenschutzinteressen wurden verfehlt. Ein Beitrag zur Rechtssicherheit wurde verfehlt. Eine Legitimation für ein vom privaten Arbeitsrecht komplett abweichendes Sonderrecht mit überbordenden Befristungsmöglichkeiten wurde verfehlt. Demgegenüber sollte den Universitäten besser das vorgesehene Instrumentarium zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen zugänglich gemacht werden. Zu diesem Zweck wären weitgehende Einschränkungen von Befristungen angebracht und erforderlich.