Eingebracht von: Sausgruber, Rupert
Eingebracht am: 14.07.2021
Stellungnahme des Departments Volkswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien zum Entwurf, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000 und das Forschungsorganisationsgesetz geändert werden
Sehr geehrte Abgeordnete zum Nationalrat!
Das Department Volkswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien ersucht Sie, der vorliegenden Änderung des Bundesstatistik- und des Forschungsorganisationsgesetzes zuzustimmen. Wir bekräftigen mit Nachdruck die Notwendigkeit, wissenschaftlichen Einrichtungen einen geregelten Zugang zu den öffentlichen Datenregistern in Österreich zu ermöglichen. Allen voran wollen wir folgende Argumente nennen:
- Absicherung des Wissenschaftsstandorts Österreich: Der wissenschaftliche Fortschritt wird heute mehr denn je durch die Verfügbarkeit von Daten bestimmt. Um den Anschluss an die internationale Forschung nicht zu verlieren, ist es notwendig, Datenzugänge entsprechend den internationalen Standards zu ermöglichen. In anderen EU-Staaten, die den gleichen Datenschutzregelungen unterliegen wie Österreich, hat die Forschung seit vielen Jahren die Möglichkeit zur Nutzung öffentlicher Registerdaten. Österreich bietet aufgrund seiner Geschichte und spezifischen Merkmale ein enormes wissenschaftliches Potential. Um dieses zu nutzen, ist es essentiell, eigenständige Forschung mit österreichischen Daten durchführen zu können.
- Schaffung von Entscheidungsgrundlagen: Hochqualifizierte akademische Forschung unter Verwendung von statistischen Individualdaten leistet einen wesentlichen Beitrag zu einer evidenzbasierten Entscheidungsfindung mit immensen Vorteilen für den öffentlichen Bereich und das österreichische Gemeinwesen. Welche Effekte haben arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, wie wirkt sich eine Steuerreform auf das Budget aus, wie wirken sich Interventionen im Bildungsbereich langfristig aus, welche gesundheitspolitischen Maßnahmen sind effektiv und welche nicht? Solche Fragen lassen sich mit der bisherigen Datenlage nur unter erheblichen Einschränkungen beantworten, und die Erkenntnisse aus anderen Ländern sind nur sehr bedingt auf Österreich übertragbar. Neben unmittelbaren Risiken im Zusammenhang mit unvollständigen Entscheidungsgrundlagen sind derzeit erhebliche Nachteile im Vergleich zu „Best-Practice“ Ländern gegeben.
- Resilienz: Als eine „kleine, offene Volkswirtschaft“ ist Österreich in hohem Maße internationalen Krisen und Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Ein geregelter Zugang zu statistischen Individualdaten verbessert die Möglichkeiten im Land, Risiken zu identifizieren, passgenaue Vorbereitungen zu treffen und Krisen kosteneffizient zu bewältigen.
- Innovationskraft: Der Zugang zu Registerdaten für Forschungszwecke ermöglicht die Behandlung von neue Fragen mit unmittelbarem praktischen Wert für die öffentliche Hand und den Wirtschaftsstandort Österreich. Wissenschaftliche Erkenntnisse im österreichischen Kontext schaffen wichtige Grundlage für Innovation und tragen dazu bei, Arbeitsplätze im Land zu sichern.
- Datenschutz: Die Nutzung der Daten erfolgt unter vollständiger Wahrung des Datenschutzes. Die Wahrung des Datenschutzes liegt im ureigenen Interesse aller wissenschaftlichen Einrichtungen Österreichs, die wesentlich von ihrer wissenschaftlichen Reputation abhängig sind.
Wir bitten Sie aus diesen Gründen um entsprechende Unterstützung.
Mit freundlichen Grüßen
Rupert Sausgruber
Vorstand, Department für Volkswirtschaft, Wirtschaftsuniversität Wien