Eingebracht von: Weber, Stefan

Eingebracht am: 15.04.2021

 

Stellungnahme von Privatdozent Mag. Dr. Stefan Weber

zum geplanten Informationsfreiheitsgesetz (IFG)

 

Die ablehnenden Positionen der Bundesländer und des Österreichischen Gemeindebunds zum neuen Informationsfreiheitsgesetz sind nicht nachvollziehbar, ist doch das geplante Gesetz erkennbar zu wesentlichen Teilen an das bereits 2006 in Deutschland in Kraft getretene Informationsfreiheitsgesetz (IFG) „angelehnt“, von den zentralen Begriffsbestimmungen (z.B. der Begriff „Information“ im Sinne des Gesetzes) bis zur Liste der Einschränkungen der Informationsfreiheit. – Warum sollte in Österreich nicht möglich sein, was in Deutschland seit 15 Jahren möglich ist?

 

Am Beispiel des Rekurrierens auf das Amtsgeheimnis durch österreichische Universitäten möchte ich die Unterschiede zwischen Österreich und Deutschland in Bezug auf Verfahrenstransparenz darlegen. Sowohl Österreich als auch Deutschland haben bekanntlich ein Verwaltungsverfahrensgesetz, an das auch die Universitäten gebunden sind.

 

In Deutschland sieht eine Muster-Verfahrensordnung zum Umgang mit Verdachtsfällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens seit1997 die Einbindung des Informanten auf dessen Wunsch vor:

https://www.mpg.de/229489/Verfahrensordnung.pdf [13.04.2021]

 

Diese Verfahrungsordnung, die in den Folgejahren von fast allen bundesdeutschen Universitäten übernommen wurde, kollidiert in Deutschland offenbar weder mit dem (später eingeführten) Informationsfreiheitsgesetz, das unter § 4 den Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses vorsieht noch mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz.

 

In Österreich ist eine solche Einbindung des Informanten (Hinweisgebers, „Whistleblowers“) bislang unter Verweis auf das AVG und die Amtsverschwiegenheit nicht möglich.

 

Auch nach beendeten Verfahren berufen sich Universitäten auf das Amtsgeheimnis. Wird zumindest dieser Zustand durch das neue Informationsfreiheitsgesetz abgeschafft?

 

In einigen Punkten geht das österreichische IFG sogar eher zu wenig weit als zu weit, wie es Länder und Gemeindebund meinen:

 

1.         § 10 des Ministerialentwurfs sieht vor, dass ein Dritter „vom zuständigen Organ tunlichst zu hören“ sei, wenn die Erteilung einer Information in seine Rechte eingreift. Allerdings findet sich hier keine Ausführung zum Schutz des um Information Ansuchenden. Meines Erachtens gehört der um Information Ansuchende ebenso aus datenschutz- und persönlichkeitsrechtlichen Gründen geschützt. Ich empfehle daher eine Ergänzung von § 10 durch den Satz: „Die Identität des um Information Ansuchenden bleibt bei dieser Anhörung in jedem Fall geschützt.“

 

2.         Nach § 4 Abs 2 des deutschen IFG soll der Antragsteller „über den Abschluss des jeweiligen Verfahrens informiert werden“, wenn die abgefragte Information einen aktuellen behördlichen Entscheidungsprozess betrifft, also etwa ein Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. Der um Information Ansuchende erfährt so den Zeitpunkt, ab welchem er eine Information abfragen kann. – Der österreichische Gesetzesentwurf sieht dies nicht vor. Angeregt wird von mir daher eine Ergänzung von § 9 um einen Abs 4: „Wenn eine Information im Interesse der unbeeinträchtigten Vorbereitung einer Entscheidung zunächst nicht erteilt werden konnte, so ist der um die Information Ansuchende nach der Entscheidungsfindung, etwa nach Abschluss eines Verfahrens, zu informieren.“

3.         Das bundesdeutsche IFG installierte einen Bundesbeauftragten für die Informationsfreiheit, der mit dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz zusammengelegt wurde. Warum ist ein solcher Bundesbeauftragter im österreichischen Gesetzesentwurf nicht vorgesehen?

 

 

Doz. Dr. Stefan Weber

 

Salzburg, 15.04.2021