|
gleichbehandlungsanwaltschaft.gv.at Mag.a Sandra Konstatzky Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft
+43 1 53 20 244, Nulltarif: 0800 206 119 Taubstummengasse 11, 1040 Wien |
An das Präsidium des Nationalrates Stellungnahmen.Petitionsausschuss@parlament.gv.at
|
|
Geschäftszahl: 89/PET vom 20.4.2022 (XXVII. GP) |
|
Petition betreffend „Für eine Verfassung, die ALLE schützt – Art 7 B-VG ausweiten“
Wien, 28. November 2022
Guten Tag!
Die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme zur Petition betreffend „Für eine Verfassung, die ALLE schützt – Art 7 B-VG ausweiten“ und darf wie folgt ausführen:
Die Gleichbehandlungsanwaltschaft unterstützt das in der Petition dargelegte inhaltliche Ziel, den Diskriminierungsschutz in Österreich zu stärken, insbesondere, wenn es um den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, Sozialschutz, soziale Sicherheit, Bildung, soziale Vergünstigungen, Gesundheitsdienste und Wohnraum – und damit die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben - geht.
Die gesetzliche Materie, welche Menschen, die solche Ausschlüsse in diskriminierender Weise erfahren, Rechte einräumen und zur Chancengerechtigkeit beitragen sollte, ist dabei das Gleichbehandlungsgesetz. In den bereits vom Gleichbehandlungsgesetz umfassten Bereichen, die zum jetzigen Zeitpunkt vor allem die Arbeitswelt betreffen, können sich Betroffene zur Wehr setzen, Schadenersatz- oder Erfüllungsansprüche geltend machen und werden von der Gleichbehandlungsanwaltschaft unterstützt.
Im gesellschaftlichen Zusammenleben, welches die Petition anspricht, und wo es in Teilbereichen bereits Vorschriften zur Bekämpfung von Diskriminierung gibt (Teil III des Gleichbehandlungsgesetzes), bestehen aber große Schutzlücken.
Diese betreffen beim Geschlecht die Bereiche
- Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste
- sozialen Vergünstigungen und
- den Bereich Bildung.
Gänzlich fehlt der Schutz vor Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung, des Alters – aber auch der Religion oder Weltanschauung - in Teil III des GlBG, also auch beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleitungen, einschließlich Wohnraum.
Ein Diskriminierungsverbot umfasst ebenfalls ein Verbot der Belästigungen und bietet damit auch Schutz vor Hass.
Alle diese Schutzlücken sind aus Sicht der GAW dringend zu schließen, wobei im Sinne des effektiven Rechtsschutzes und des Zugangs zum recht eine entsprechende Änderung des Gleichbehandlungsgesetzes dringend geboten ist.
Das GlBG ist immer noch in weiten Teilen binär formuliert. Auch wenn es Klarstellungen durch die Judikatur gibt, wäre eine umfassende Sicht auf das Merkmal Geschlecht und sohin die Aufnahme der Begriffe Geschlechtsidentität, Geschlechtsausdruck und Geschlechtsmerkmale zu begrüßen.
Abschließend dürfen wir auf unseren aktuellen Bericht an den Nationalrat verweisen, welcher die in der Petition genannte Zielsetzung des umfassenden Diskriminierungsschutzes aufgreift und anhand von Fallbeispielen aus der Beratung der GAW umfassend darstellt, wie sich der mangelnde Schutz des Gleichbehandlungsgesetzes auf Betroffene auswirkt. Der Bericht wird am 30.11.2022 in der Sitzung des Gleichbehandlungsausschusses behandelt werden und kann dann auch auf unserer Website eingesehen werden.
Freundliche Grüße
Mag.a Sandra Konstatzky
Leiterin
der Gleichbehandlungsanwaltschaft