V-20 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

Beratungen des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Donnerstag, 29. Juni 2023

 

 

 

 


 


Beratungen des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten der
Europäischen Union

(Auszugsweise Darstellung)

XXVII. Gesetzgebungsperiode   Donnerstag, 29. Juni 2023

Tagesordnung

1.) COM(2023) 241 final

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit

(138973/EU XXVII.GP)

 

2.) COM(2023) 242 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2011/85/EU des Rates über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten

(138972/EU XXVII.GP)

 

3.) COM(2023) 240 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die wirksame Koordinierung der Wirtschaftspolitik und die multilaterale haushaltspolitische Überwachung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates

(138970/EU XXVII.GP)

 

4.) COM(2020) 590 final

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen/Eine Kapitalmarktunion für die Menschen und Unternehmen – neuer Aktionsplan

(32246/EU XXVII.GP)

 

5.) COM(2021) 420 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung

(74025/EU XXVII.GP)

Neugestaltung der EU-Fiskalregeln

 

Das Legislativpaket der Europäischen Kommission umfasst Verordnungsvorschläge zur Koordinierung der Wirtschaftspolitik und zum Verfahren bei einem übermäßigen Defizit sowie einen Richtlinienvorschlag zum haushaltspolitischen Rahmen, um die Schuldentragfähigkeit zu verbessern.

 

Das wesentliche Element der Neuregelung der präventiven Komponente der EU-Fiskalregeln besteht aus nationalen mittelfristigen strukturellen finanzpolitischen Plänen, in denen die Mitgliedstaaten innerhalb vorgegebener Grenzen einen Nettoausgabenpfad für einen Zeitraum von vier Jahren bzw. bei entsprechenden Reformen und Investitionen von bis zu sieben Jahren festlegen.

 

Als weitreichendste Änderung der korrektiven Komponente der EU-Fiskalregeln soll die bisherige Zwanzigstel-Regel zur Reduktion der Schuldenquote in Richtung 60 % des BIP entfallen und der Fokus auf die Einhaltung des in der präventiven Komponente festgelegten Nettoausgabenpfads gelegt werden. Die Referenzwerte für das Defizit (3 % des BIP) und die Schuldenquote (60 % des BIP) sollen unverändert bleiben. Überschreitet das Defizit den Referenzwert von 3 %, so wäre eine jährliche Mindestanpassung von 0,5 % des BIP erforderlich.

 

Die Rolle der Fiskalräte soll gestärkt und Mindestanforderungen an deren Zusammensetzung, Mandat und Ausstattung definiert werden. Die Beratungen auf EU-Ebene dazu wurden aufgenommen, wobei ein Abschluss der legislativen Arbeiten noch dieses Jahr angestrebt wird, sodass die überarbeiteten Fiskalregeln ab 2024 zur Anwendung kommen könnten. Laut Finanzminister Magnus Brunner sei dieser Zeitplan durchaus realistisch, beantwortete er eine Frage von Karin Doppelbauer (NEOS). Sofern es zu keiner Einigung komme, würden die alten Regeln erneut zur Anwendung kommen, die aufgrund der Krisensituation noch bis Ende 2023 ausgesetzt sind.

 

Klarheit und Transparenz bei der Anwendung von Fiskalregeln sind Brunner wichtig. Es gehe darum, sie einfacher, effektiver und nachhaltiger zu gestalten, um auf Herausforderungen reagieren zu können. Immerhin habe sich das Zinsumfeld im Euroraum geändert. Die Zielwerte würden einen wichtigen Anker darstellen. Bei Regelmissachtung sollten Sanktionen bestehen bleiben, meinte der Minister zu einer von Andreas Hanger (ÖVP) und Karin Doppelbauer (NEOS) aufgeworfenen Diskussion rund um deren Durchsetzbarkeit. Die Strafen würden laut Kommissionsvorschlag eher gering ausfallen, seien dadurch aber auch umsetzbarer, sprach der Finanzminister von einer "Abwägungsfrage". Dem widersprach Hubert Fuchs (FPÖ). Die Kriterien seien bisher nicht eingehalten worden, kein einziger Mitgliedstaat habe jemals eine Strafe gezahlt. An der Durchsetzbarkeit werde sich wohl auch in Zukunft nichts ändern, meinte er.

 

Die FPÖ lehnt den Vorschlag wie auch eine gemeinsame Schuldenaufnahme der EU-Mitgliedstaaten strikt ab und forderte den Finanzminister mittels eines Antrags auf Stellungnahme dazu auf, sich auf EU-Ebene für den Erhalt der festgelegten Fiskal-Referenzwerte einzusetzen. Ihre Fraktion würde bereits seit Jahren die Schuldenpolitik der EU kritisieren, sagte Petra Steger (FPÖ), die den Kommissionsvorschlag überdies als Einschnitt in die Souveränität der Mitgliedstaaten wertete. Sie hätten die Hoheit über ihr Budget abzugeben. Der Antrag wurde abgelehnt.

 

Die Darstellung von klimabedingten Implikationen in den EU-Fiskalregeln und den Investitionsbedarf in den grünen und digitalen Wandel, betonte Jakob Schwarz (Grüne). Kai Jan Krainer (SPÖ) sprach sich dafür aus, dass notwendige Klimainvestitionen nicht in das Maastricht-Defizit miteingerechnet werden sollten.


 

Neue Kapitalmarktunion

 

Diskutiert wurde ferner über eine Mitteilung der Kommission zum Maßnahmenpaket für die neue Kapitalmarktunion (CMU), um die Kapitalmärkte und die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken. Dazu soll einerseits der Zugang von Unternehmen zu Kapital und Liquidität und andererseits von Investoren und Privatkund:innen zu Investitionsmöglichkeiten verbessert werden. Außerdem sind der Ausbau der Finanzbildung sowie der Abbau grenzüberschreitender Hindernisse und die Senkung von Verwaltungskosten vorgesehen, führte Finanzminister Magnus Brunner aus. Rechtssicherheit und Konsumentenschutz sollen verbessert und bestehende Schwächen behoben werden, demnach unterstütze Österreich die Ziele der CMU.

 

Martin Engelberg (ÖVP), Michel Reimon (Grüne) und Karin Doppelbauer (NEOS) informierten sich in diesem Zusammenhang über die Kleinanleger-Strategie, um ihnen den Weg zum Kapitalmarkt zu erleichtern. Damit werde das Ziel verfolgt, das Vertrauen in die Kapitalmärkte zu stärken und somit die Partizipation zu steigern, sagte Brunner. Ein Provisionsverbot sollte sich seiner Meinung nach nur auf sogenannte "Execution Only" Aufträge beschränken. Gegenüber der NEOS-Mandatarin hielt der Finanzminister zudem fest, dass das Wagniskapitalfondsgesetz Start-Ups dabei unterstütze, ihr Eigenkapital zu stärken. Eva Maria Holzleitner (SPÖ) brachte das Thema "Greenwashing" zur Sprache. Auf EU-Ebene würde derzeit an einem Vorschlag einer einheitlichen Definition gearbeitet. Bezüglich einer einheitlichen Einlagensicherung sei seine Position zurückhaltend bis skeptisch, beantwortete Brunner eine weitere Frage der SPÖ-Abgeordneten.


 

Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

 

Ein Verordnungsvorschlag liegt außerdem zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung vor. Vorgesehen sind einheitliche EU-Standards mitsamt einer Verschärfung der Maßnahmen gegen die Verwendung von Krypto-Assets, was von Seiten der österreichischen Bundesregierung ebenso begrüßt wird wie die Errichtung einer neuen europäischen Geldwäsche-Behörde , der "Anti-Money-Laundering Authority" (AMLA). Österreich habe sich für dessen Sitz beworben, ließ Finanzminister Magnus Brunner wissen. Das Verfahren zur Listung von Drittstaaten als Länder mit hohem Risiko für Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung soll neu geregelt werden. Als Teil des Legislativpakets schlägt die Kommission eine Barzahlungsobergrenze von 10.000 € vor. Jeder Mitgliedstaat könne allerdings selbstständig über die Einführung einer entsprechenden Meldepflicht entscheiden, erklärte Brunner. Österreich wolle sich diese Wahlfreiheit beibehalten.

 

Die FPÖ thematisierte ihre Befürchtung einer möglichen Einschränkung von Bargeld als Zahlungsmittel. Große Veränderungen würden klein und unauffällig beginnen, meinte Hubert Fuchs (FPÖ) angesichts des Wegfalls des 500 €-Scheins, der geplanten Einführung des digitalen Euros und Barzahlungsobergrenzen. Seiner Meinung nach handle es sich um Schritte, um den Bargeldverkehr abzuschaffen. Die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus sei ihm zufolge nur ein Deckmantel dafür. Ein FPÖ-Antrag auf Stellungnahme zur Ablehnung einer Obergrenze zur Nutzung von Bargeld wurde nur noch von Karin Doppelbauer (NEOS) unterstützt und blieb somit in der Minderheit.

 

Georg Strasser (ÖVP) und Elisabeth Götze (Grüne) begrüßten die Präventionsmaßnahmen vor dem Hintergrund, dass Krypto-Assets zu zunehmend beliebten Geldwäscheinstrumenten avancieren würden. Kai Jan Krainer (SPÖ) wies darauf hin, dass Geldwäsche nach wie vor, etwa im Drogenhandel, über Bargeld stattfinde. Prüfungsmechanismen ab gewissen Summen machen in seinen Augen daher durchaus Sinn, er schlug eine Schwelle von 15.000 € vor. Außerdem meinte er, dass man Verdachtsmeldungen effektiver nachgehen können sollte. Brunner erachtete die Systeme als ausreichend.


 

Abgelehnt wurde folgender Antrag (Zustimmung: FPÖ):

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

der Abgeordneten Petra Steger, MMag. DDr. Hubert Fuchs

und weiterer Abgeordneter

 

betreffend Punkt 1 der Tagesordnung COM (2023) 241 final Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (138973/EU XXVII.GP)

 

eingebracht in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 29. Juni 2023

 

Schutz der fiskalpolitischen Referenzwerte und vor einer weiteren Vertiefung der Schuldenunion

 

Der Vertrag von Maastricht regelt einige maßgebliche Normen im Rechtsgefüge der Europäischen Union. Wesentlicher Bestandteil des Vertrages ist das No-Bailout-Prinzip, welches in Artikel 125 AEUV geregelt ist und ausschließt, dass die Europäische Union oder einzelne Mitgliedstaaten für die Schulden anderer Mitgliedstaaten Haftungen übernehmen. Von nicht geringerer Bedeutung ist das Protokoll Nr. 12 über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit, welches dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügt ist. In diesem werden zwei essenzielle Referenzwerte festgehalten. Zweck dieser Referenzwerte ist es, die EU-Mitgliedstaaten zu einer soliden Haushalts- und Schuldenpolitik zu verpflichten. Die Haushaltsdisziplin wird dabei zum einen anhand des Kriteriums überprüft, ob das Verhältnis des geplanten oder tatsächlichen öffentlichen Defizits zum Bruttoinlandsprodukt 3 Prozent überschreitet. Als zweiter Referenzwert wird herangezogen, ob das Verhältnis zwischen dem öffentlichen Schuldenstand und dem Bruttoinlandsprodukt mehr als 60 Prozent beträgt.

Neben der No-Bailout-Klausel und den Referenzwerten für einen ausgeglichenen Haushalt bildet die Verpflichtung zu gesunden öffentlichen Finanzen (Artikel 119 Absatz 3 AEUV) ein weiteres Leitprinzip des Unionsrechts. Ohne diese drei Grundpfeiler wäre eine fiskalpolitische Integration der EU-Mitgliedstaaten, sowie die Schaffung einer gemeinsamen Währung, undenkbar gewesen.

Bedauerlicherweise verfolgt die Europäische Union seit Jahren eine Politik vorbei an diesen fiskalpolitischen Grundprinzipien, wobei die Corona-Krise als Katalysator für die Etablierung einer Schuldenunion gedient hat. Denn das „Krisenmanagement“ der EU führte zur Errichtung des sogenannten Wiederaufbaufonds und in dessen Schatten zur Vergemeinschaftung der Schulden. Wesentliches Element desselben ist die Aufbau- und Resilienzfazilität, welche mit einer Gesamthöhe von unfassbaren 723,8 Milliarden Euro (davon Kredite in der Höhe von 385,8 Milliarden Euro und Zuschüsse in der Höhe von 338 Milliarden Euro) das No-Bailout-Prinzip aus den Angeln gehoben hat.

Der Verordnungsvorschlag COM(2023) 241 der Europäischen Kommission spricht von der „Notwendigkeit, die Schulden in hoch verschuldeten Ländern abzubauen“ und möchte „die hohen öffentlichen Schuldenstände auf realistische und nachhaltige Weise allmählich“ absenken. So soll die „Sicherung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen in allen Mitgliedstaaten[1] gewährleistet werden. Eine weitere Vergemeinschaftung der Schulden ist diesen Zielen abträglich.

Im EU-Hauptausschuss am 24. März 2022 versicherte die Bundesministerin für EU und Verfassung Mag. Karoline Edtstadler, dass der Wiederaufbaufonds ein einmaliges Instrument gewesen sei. Bundeskanzler Karl Nehammer unterstrich diese Position und sagte wörtlich im Ausschuss: „Wir sind gegen eine Schuldenunion.“ Auch im Rahmen der Sitzung des EU-Hauptausschusses am 30. Mai 2022 versprach der Kanzler, immer klar gegen eine Vergemeinschaftung der Schulden aufzutreten. Am 2. Februar 2023 äußerste sich Bundeskanzler Nehammer im EU-Hauptausschuss zum sogenannten „Green Deal Industrial Plan“ und legte sich fest, in Fragen der Finanzierung nicht aufseiten der Kommission zu stehen. Es sei ein anderer Weg als eine erneute gemeinsame Schuldenaufnahme notwendig. Am 22. März 2023 bekräftigte Nehammer diesen Standpunkt in einer weiteren Sitzung des EU-Hauptausschusses und führte aus, dass er einen neuen Schuldenfonds „dezidiert“ ablehne.

Dennoch wurde sehr rasch nach der Errichtung der Schuldenunion im Rahmen des Wiederaufbaufonds eine Vertiefung derselben gefordert und vorangetrieben. Die Befürworter dieser weitergehenden Vergemeinschaftung der Schulden haben seitdem Morgenluft gewittert und nutzen nun, ganz im Sinne des berühmten Zitates von Winston Churchill „Never let a good crisis go to waste“, jede erdenkliche – auch vermeintliche – Krisensituation aus, um ihrem Ziel einen beträchtlichen Schritt näher zu kommen.

Alle erdenklichen Begründungen wurden mittlerweile für einen Ausbau der Schuldenunion herangeführt, vom Resilienzfonds, über den Verteidigungsfonds, bis nun eben hin zum Souveränitätsfonds. Der von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gemachte Vorschlag den Wiederaufbau der Kriegspartei Ukraine durch gemeinsame Schulden zu finanzieren ist der bislang riskanteste und absurdeste Vorschlag in der gesamten Debatte.[2] Aus guten Gründen ist schon die Haftungsübernahme für einen anderen EU-Mitgliedstaat vertraglich untersagt, die gemeinsame Verschuldung zugunsten eines im Krieg befindlichen und korruptionsanfälligen Drittstaates sprengt allerdings die Vorstellungskraft jedes vernünftigen Denkens. Nach aktuellen Schätzungen würde solch ein Wiederaufbau rund 411 Milliarden US-Dollar kosten, demnach mehr als das Vierfache des österreichischen Jahresbudgets.[3]

Gemeinsam haben all diese Pläne, dass sie äußerst vage gehalten sind. Wirklich konkret sind sie nur in der Frage, welcher Art die Gelder beschafft werden sollen: Nämlich über weitere gemeinsame Schuldenaufnahmen der EU-Mitgliedstaaten. Die logische Konsequenz wäre eine Vertiefung der EU-Schuldenunion.

Das Versprechen, dass es sich bei dem Wiederaufbaufonds um eine einmalige Ausnahme der gemeinsamen Schuldenaufnahme handeln sollte, entlarvte sich mittlerweile als Täuschung, welche dem Ziel diente, eine EU-Schulden- und Transferunion zu schaffen. Diese Schuldenunion soll nun zu Ungunsten der Nettozahler vertieft werden. Diesem Ansinnen muss konsequent gegengesteuert werden.

Auch die Fiskalregeln kamen im Verlauf der Corona-Krise massiv unter Beschuss, sie wurden sogar ausgesetzt. Seitdem steht eine Reform im Raum, wobei auch hier gefährliche Entwicklungen abzusehen sind. Denn eine Abschwächung der Referenzwerte, insbesondere des 60-Prozent-Ziels, hätte eine verheerende Signalwirkung an die massive verschuldeten EU-Mitgliedstaaten.[4] Eine Aufweichung dieser Referenzwerte würde den fatalen Impuls an die Mitgliedstaaten ausstrahlen, dass zu hohe Schuldenquoten nachträglich legitimiert werden. Notwendige strukturelle Reformen und eine Rückbesinnung zu einer stabilen Haushaltspolitik würden in weiterer Folge ins Hintertreffen geraten.

Darüber hinaus würden die diesbezüglich von der EU-Kommission gemachten Vorschläge der Kommission selbst viel zu viel Spielraum in nationalstaatlichen Budgetangelegenheiten einräumen.[5]

Da bereits vielfach in Österreich gemachte Versprechungen – Stichwort Schuldenunion – ihren Wert auf den Verhandlungstischen in Brüssel eingebüßt haben, soll dieser Antrag eine klare Position Österreichs zur Haushaltspolitik der Europäischen Union sicherstellen.

 

Der unterfertigte Abgeordnete stellt daher folgenden

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

„Die österreichische Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, eine neuerliche gemeinsame Schuldenaufnahme der EU-Mitgliedstaaten vehement abzulehnen.

 

Des Weiteren wird die österreichische Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, aufgefordert, sich konsequent im Rahmen der Institutionen der Europäischen Union für den Erhalt der festgelegten Referenzwerte in den Fiskalregeln der EU einzusetzen.“

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.


 

Abgelehnt wurde folgender Antrag (Zustimmung: FPÖ, NEOS):

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

der Abgeordneten Petra Steger, MMag. DDr. Hubert Fuchs

und weiterer Abgeordneter

 

betreffend Punkt 5 der Tagesordnung COM (2021) 420 final Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung (Text von Bedeutung für den EWR) (074025/EU XXVII.GP)

 

eingebracht in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 29. Juni 2023

 

Gegen die Einschränkung von Bargeld als Zahlungsmittel

 

Der Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission „zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung“ vom 20. Juli 2021 beinhaltet „eine Bestimmung zur eingeschränkten Nutzung von Bargeld.“[6]

Dementsprechend ist in Art. 59 Abs. 1 des Verordnungsvorschlages festgehalten:

Personen, die mit Gütern handeln oder Dienstleistungen erbringen, dürfen Barzahlungen nur in Höhe von maximal 10 000 EUR oder dem entsprechenden Gegenwert in der nationalen oder einer Fremdwährung entgegennehmen oder tätigen, unabhängig davon, ob die Transaktion in einem einzigen Vorgang oder in mehreren Vorgängen, zwischen denen eine Verbindung zu bestehen scheint, getätigt wird.[7]

Dem Europäischen Parlament geht selbst dieser beträchtliche Einschnitt nicht weit genug, es fordert eine Obergrenze von 7.000 Euro.[8] Diese Pläne der EU-Institutionen sind als Teil eines schrittweisen Prozesses anzusehen, an dessen Ende die Abschaffung des Bargeldes stehen soll. Diesem Vorhaben gilt es eine klare Absage zu erteilen.

Bargeld ist nicht nur das einzige Zahlungsmittel, welches ohne jedes technische Hilfsmittel – selbst in Krisenzeiten – verwendet werden kann. Es schützt den Bürger auch vor dem Verlust von Freiheiten und vor einer, von der EU angestrebten, totalen Überwachung. Außerdem trägt es zur Wahrung der Privatsphäre bei. Ohne Zweifel würde zudem eine Obergrenze für die Verwendung von Bargeld keine effiziente Maßnahme zur Bekämpfung krimineller Organisationen darstellen, da selbige problemlos auf alternative Tauschmittel zurückgreifen könnten.

Laut einem Zeitungsbericht der „Kronen Zeitung“ hätte Finanzminister Dr. Magnus Brunner (ÖVP) bereits vor einiger Zeit betont, dass er prinzipiell gegen Obergrenzen sei. „Das ist und bleibt die österreichische Position“, zitiert der Bericht das Finanzministerium.[9]

 

Der unterfertigte Abgeordnete stellt daher folgenden

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

„Die österreichische Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, jedwede von Institutionen der Europäischen Union vorgeschlagene Obergrenze zur Nutzung von Bargeld abzulehnen.

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.



[1] COM(2023) 241, S. 1-2

[2] ARTE 18. Mai 2022: Von der Leyen stellt Ukraine bis zu neun Milliarden Euro Soforthilfe in Aussicht

[3] Kurier 22.03.2023: Wiederaufbau der Ukraine kostet Hunderte Milliarden

[4] Tagesspiegel 25.04.2023: Stabilitätspakt als Grundlage: EU-Kommission will am Mittwoch Vorschläge für neue Schuldenregeln vorlegen

[5] Euractiv 15.06.2023: Lindner mobilisiert vor EU-Debatte über Schuldenregeln Gleichgesinnte

[6] COM(2021) 420 final, S. 3

[7] COM(2021) 420 final, S. 86

[8] https://www.krone.at/2973968

[9] https://www.krone.at/2973968