Rede des Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka anlässlich des 80. Geburtstags von Nationalratspräsident a.D. ao. Univ.-Prof. Dr. Andreas Khol

Montag, 8. November 2021 

Lieber Andreas! Liebe gnädige Frau! Liebe große Familie! Es sind noch nicht alle hier oder es können nicht alle hier sein. Wir freuen uns ganz besonders, dass so viele – und einen zu begrüßen, hieße, andere zurückzusetzen – unserer Einladung Folge geleistet haben.

Dr. Andreas Khol zu seinem 80. Geburtstag zu gratulieren, ist ein ganz besonderes Unterfangen. Es ist ein Geburtstag, der schon im Juli stattgefunden hat, dessen Begehung vielmals verschoben wurde, jetzt aber endlich auch in seiner Wirkungsstätte, dem Palais Epstein, gefeiert werden kann.

Wir wollten noch etwas zuwarten, der Herr Bundeskanzler ist noch bei der Ehrung von Kurt Tutter für seinen Einsatz für die Shoah Namensmauer. Ich darf darum den Herrn Bundeskanzler erst später in unserer Runde begrüßen.

Wir wurden mit dem „Reiterquartett“ von Joseph Haydn, op. 74, begrüßt. Musik ist etwas, was die Menschen zusammenbringt. Joseph Haydn, der typisch österreichischste aller Komponisten, der vieles auf den Weg gebracht hat, wird dann am Ende mit Poulenc ergänzt. Und diese Spannbreite zeigt vielleicht auch den besonderen Lebensweg, den Dr. Andreas Khol genommen hat.

Er wurde am 14. Juli 1941 geboren, und heute, nach 80 Jahren, dürfen wir der Öffentlichkeit eine besondere Festschrift vorstellen. Was macht man einem Jubilar zum Geschenk, der durchmessen in seinem Lebensalter vieles erreicht hat, vieles bekommen hat? Die Zeit, die man ihm widmet – daher ein herzliches Dankeschön für Ihr Hiersein –, ist ein Geschenk. Das Zweite ist, etwas geschrieben zu haben, sich Gedanken zu Themen gemacht zu haben, die ihm ein Anliegen gewesen sind, Themen, die Österreich ein Anliegen sind, Themen, die unsere Gesellschaft ganz einfach bewegen. Köhler und Mertens sind die Herausgeber dieser Festschrift, die wir heute vorstellen dürfen. Sie stehen zu meiner Linken und werden sie dann auch kurz präsentieren.

Sie müssen bei der Laudatio mit mir vorliebnehmen. Ich zähle nicht zu jenen Weggefährten, die in den letzten 40 Jahren an der Seite Andreas Khols arbeiten durften. Ich hatte nicht dieses Glück. Ich hatte vielleicht die Möglichkeit, ihn ein wenig aus dem föderalen Fenster zu beobachten. Ich bin vielleicht gerade in diesen letzten Monaten und Jahren ein indirekter Adept geworden. Es ist mir aber ein großes Anliegen, ihn uns heute doch in einzelnen Aspekten seiner Breite noch einmal in Erinnerung zu rufen. Sie können das ja dann – wenn ich in die Runde sehe, sind seine Weggefährten ja sonder Zahl hier anwesend – im Tischgespräch noch vertiefen beziehungsweise mich auch dort korrigieren, wo ich vielleicht nicht richtiggelegen bin.

Andreas Khol hat eine Haltung, eine besondere Eigenschaft, die bei Männern des öffentlichen Lebens sehr selten anzutreffen ist, vor allem dann, wenn sie aus dem aktiven Politikerleben ausgeschieden sind. Er hat die Eigenschaft, den Fraktionskollegen – und das geht quer über alle Parteien – nichts über die Medien auszurichten –; im Gegenteil, er lobt sie gar noch. Und das ist eine Eigenschaft, lieber Andreas, die man nur mehr selten findet. Manche finden das sogar in dieser Form besonders erwähnungswürdig.

Ich darf mich jedenfalls bedanken, dass du, der du dieses Amt des Präsidenten des Nationalrates bekleidet hast, mich in allen Facetten unterstützt hast und mich auch dort, wo es dir ein Anliegen war, mir etwas persönlich zu sagen, im Vieraugengespräch in besonderer Art und Weise unter die Fittiche genommen hast.

Andreas Khol – und das können Sie alle letzten Endes mehrfach bestätigen – ist eine äußerst vielschichtige Persönlichkeit, und ihn zu würdigen verlangt, das mit großem Respekt anzugehen. Es wird sicherlich unvollständig bleiben. Bevor ich auf fünf Aspekte eingehe, hat mich bei der Vorbereitung die Herkunft der Familie doch sehr zu interessieren begonnen: eine Familie, die schon im 9. Jahrhundert urkundlich belegt ist, eine Familie, die in Südtirol am Ritten, dem Hausberg der Bozener, als Freibauern durch Jahrhunderte gewirkt hat. Sie hatte auf der einen Seite ein richterliches Amt in Erbpacht und repräsentierten ihn auf der anderen Seite gleichzeitig durch Abgeordnete im Landtag. Da kann man vielleicht schon epigenetisch vermuten, dass dir etwas von deinem Bezug zum Recht und von deinem Bezug zur Politik in die Wiege gelegt worden ist.

Der Geburtsort macht einen stutzig: Wenn man bedenkt, dass Andreas Khol 1941 in Bergen auf Rügen geboren wurde, dann zeigt das die wechselvolle Geschichte, die Österreich und die Länder um Österreich in dieser Zeit des 20. Jahrhunderts genommen haben. Übrigens ist ein berühmter Wiener ebenfalls in Bergen geboren, es ist der Arzt Billroth, der dann über Zürich nach Wien gekommen ist. Du hast die Station über Innsbruck genommen, es gibt aber immerhin mehrere, die den Weg aus Bergen nach Wien gefunden haben.

Wie das zugeht und wie es sich erklärt, wirst du noch viel besser zu erklären wissen. Der Vater, der wohl als Leutnant ausgemustert hat, war 1935 aber nicht bereit, in den Abessinienkrieg Mussolinis zu ziehen und hat sich nach Deutschland begeben. Man könnte sagen, er ist gewissermaßen nicht fahnenflüchtig geworden, aber er hat seinen Eid nicht darauf abgelegt, sich in Abessinien als Soldat zu verdingen.

So ging er nach Deutschland, hat dort gearbeitet, studiert, hat dort Eva, eine Tochter aus der Familie Hoerder-Credé, geheiratet, eine Arztfamilie, die im Norden Deutschlands besonders angesehen war. Dein Großvater ist wohl als bemerkenswerter Arzt und Sozialethiker auch in die Geschichte eingegangen. Er war es, der ein Sommerhaus in Bergen hatte, das man offenbar genutzt hat, um dort die Niederkunft deiner Person zu erwarten.

Dass der Großvater zuerst ein Corpsstudent war und dann zum Sozialismus konvertiert ist, hat er in seinen Schriften niedergelegt, was den Wandel dieser Persönlichkeit zeigt. Das ist auch etwas, was dich in deiner genetischen Haltung vielleicht da und dort beeinflusst hat. Das Preußische, das Akkurate später zu beginnen, ist schon etwas schwierig. Ich danke für dein Verständnis, aber diese Akkuratesse hat vielleicht auch deine Herkunft aus dem Norden Deutschlands nach sich gezogen.

Die Reise geht weiter nach Südtirol, dort in die Volksschule nach Sterzing, dann nach Innsbruck. Dort zeigt sich, dass Andreas Khol 1945 kein österreichischer Staatsbürger gewesen ist und er erst 1949 Staatsbürger unseres Landes geworden ist. Vielleicht hat damit auch zu tun, dass er sich in der Frage der Menschenrechte besonders mit dieser Thematik auseinandergesetzt hat.

Lassen Sie mich dabei kurz als ersten Aspekt den Wissenschafter Andreas Khol erwähnen! Dass am Akademischen Gymnasium maturiert wurde, dass er in kürzester Zeit das Jusstudium in Innsbruck und in Paris absolvierte, lag quasi klar vor. Dass er sich dann aber sehr schnell 1969 bei seinem Lehrer Felix Ermacora, dem er letzten Endes auch in den österreichischen Nationalrat nachgefolgt ist, habilitiert hat, zeigt schon seinen besonderen Zugang zum Verfassungsrecht und zum Recht der internationalen Organisationen.

1980 als außerordentlicher Universitätsprofessor berufen war ihm das wissenschaftliche Arbeiten immer ein Anliegen. Es ging um eine Wissenschaft, die nicht nach dem Motto l’art pour l’art stattfand, sondern immer einen Nutzen haben musste, die dem Menschen und dem Zusammenleben des Menschen diente; eine Wissenschaft, die sich der Wahrheit verpflichtet fühlte, Wahrheit im Sinne vieler Subjektivitäten, die insgesamt ein Bild ergeben, und nicht einer Wahrheit, die ex officio als solche festgestellt wurde. Es ist Andreas Khol als Autor, als Kommentator mit Sicherheit bis heute ein Anliegen, immer wieder sein Wissen nicht unter Beweis zu stellen, sondern es in Anwendung zu bringen, es in den Dienst der Menschen zu stellen.

„Durchbruch zur Bürgergesellschaft“ – die Bürgergesellschaft war dir immer ein ganz besonderes Anliegen, und das zeigt deine Herkunft als Konservativer. Damit komme ich zum zweiten Aspekt, dem Politiker insgesamt: Du bist sicherlich, wie man heute sagen würde, ein Homo politicus durch und durch, vom Scheitel bis zur Sohle, und du bist es bis heute geblieben. Du hast dich ganz besonders mit der Frage der Christdemokraten auseinandergesetzt: Ist das Christliche eigentlich noch das, was diese bürgerliche Partei trägt? Und du hast festgestellt, dass eigentlich gerade die Religion aus der Parteigeschichte mehr denn je verschwindet und das Konservative das tragende Element geworden ist.

Du hast dich immer neben diesen Polen des linken, des dialektischen, materialistischen, marxistischen Lagers und des nationalen Lagers definiert. Du hast dich als bürgerlich-konservativer Politiker verstanden, ohne die anderen geringzuschätzen. Das zeigt die Anwesenheit derer, die aus anderen Parteien kommen. Du hast den intellektuellen Diskurs gerade mit den anderen Parteien gesucht und in dieser Auseinandersetzung auch deine Positionen geschärft.

Du warst ein Politiker, der stets offen für Neues war. – Wenn wir heute sehen, wie er damals Kirchenpolitik gesehen hat, dass er für die Diakonatsweihe der Frauen und für die Auflösung des Zölibats eingetreten ist, dann zeugt das auch vom Weitblick eines Andreas Khol. Das war in einer Zeit, in der die Kirche – nicht nur unsere, die katholische – lange noch nicht die großen Probleme wie heute hatte. Es wird wohl noch einige Zeit dauern, aber ich bin mir sicher, dass vieles, was du vorgedacht hast, auch auf den Weg zu bringen sein wird.

Deine politische Agenda wurde mit der Berufung zum Direktor der Politischen Akademie im Springer Schlössl in ganz besonderer Art und Weise ausgezeichnet. Du standest dieser Akademie von 1974 bis 1993 vor. Du hast sie wie kaum ein Direktor zuvor und danach geprägt. Du hast ihr ein Profil gegeben, das auf der einen Seite den politischen Nachwuchs adressiert hat – das weiß ich noch aus der eigenen Erfahrung zu berichten –, und du hast mit den Partnerorganisationen aber auch aus Eigenem heraus vor allem die wissenschaftliche Befassung mit einer bürgerlichen Parteibewegung in ganz besonderer Art und Weise vorangetrieben.

Die Gründung und die Etablierung des Politischen Jahrbuches, das seither ungebrochen unter deiner Herausgeberschaft erschienen ist, erfolgte im Jahre 1976. Du hast viele Beiträge selbst geliefert und immer darauf geachtet, dass ein breites Spektrum an Meinungen und politischen Positionen darin Widerhall findet. Das trägt deine Handschrift, das verdanken wir dir, und es ist heute eines der wesentlichsten Nachschlagewerke geworden, wenn man sich mit der politischen Geschichte unseres Landes auseinandersetzt.

Du warst dann, als du deine offizielle politische Funktion als Mandatar aufgegeben hast – wenn viele sagen, jetzt reicht es eigentlich in diesem Alter –, noch bereit, in den politischen Dienst einer Parteiorganisation zu treten. Du hast dich als Obmann des Seniorenbundes in besonderer Art und Weise verdient gemacht und über zehn Jahre diese Organisation geführt. Ich werde noch darauf zu sprechen kommen. Dass du sie so verändert hast, dass sie heute von deiner Nachfolgerin auch als eine ganz dynamische Organisation weitergetrieben wird, verdanken wir dir. Deine Treue zu deiner Haltung hat sich letzten Endes auch dadurch ausgezeichnet, dass du dort, wo es darum gegangen ist, sich für ein Amt zur Verfügung zu stellen, nicht lange überlegt hast, sondern dich dieser Sache immer wieder gestellt hast.

Ein dritter Punkt, der mir in deiner Vita in besonderem Maße ins Auge gestochen ist, ist vielleicht etwas, was die Enkelkinder noch nicht in diesem Maße mitbekommen haben, nämlich deine außenpolitische Profilierung. Obwohl er außer als Universitätsassistent als Sekretär im Verfassungsgerichtshof – ich darf den Präsidenten in unserer Mitte herzlich begrüßen – seine ersten beruflichen Erfahrungen gemacht hat, hat er sich sehr bald als Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Außenpolitik einen Namen gemacht.

Er ist dann 1969 bis 1973 zum Europarat gestoßen und hat dort – wie wäre es anders möglich? – sofort begonnen, auch im Interesse der Mitarbeiter zu wirken. Damals gab es in den internationalen Organisationen nie eine Personalvertretung. Aus deiner Haltung heraus, für deine Mitmenschen etwas zu tun, hast du letzten Endes ein eigenes Gesetz verfasst, das diese Personalvertretung im Europarat etabliert hat, und du warst auch der erste Personalvertreter.

Deine Verdienste liegen aber vor allem bei den internationalen Organisationen. Bei der EDU, die 1978 in Salzburg im Schloss Kleßheim auf der einen Seite durch Kanzler Kohl, Chirac und Thatcher aus der Taufe gehoben wurde, bist du Gründungsexekutivsekretär gewesen. Auf österreichischer Seite war es Taus, der da federführend agiert hat, um schlussendlich auch ein Gegengewicht zu den christlichen Parteien in der EVP zu schaffen, wo konservative Parteien nicht aufgenommen wurden. Dieser Streit in der internationalen Gruppierung hat zu dieser neuen Gründung geführt, die letzten Endes mit der EVP sehr viel dazu beigetragen hat, dass wir in der Vorbereitung des Beitritts zur Europäischen Union in ein Fahrwasser gekommen sind, in dem breite Bevölkerungsgruppierungen diesen Schritt auch mitgetragen haben.

Dass du für die europäische Integration dann an der Seite des Außenministers und Bundesparteiobmanns Alois Mock Enormes geleistet hast und auch federführend inhaltlich gearbeitet hast – das Sekretariat war ja in Wien angesiedelt und hat es dir möglich gemacht, hier deine politischen Funktionen auszuüben –, zeichnet dich bis zum heutigen Tag aus. Vielen herzlichen Dank für diesen Weg nach Europa, den du gezeichnet hast und den wir heute mehr denn je nicht nur mitzugehen, sondern neu zu definieren haben.

Die Themen, die damals angestanden sind, sind heute andere. Heute geht es darum, dieses vereinte Europa nicht wieder in zwei Teile zerfallen zu lassen und nicht wieder in unterschiedliche Geschwindigkeiten zurückfallen zu lassen.

Der vierte Aspekt deiner Arbeit war der als Abgeordneter: 23 Jahre, von 1983 bis 2006, dem österreichischen Nationalrat in unterschiedlichsten Funktionen anzugehören, ist eine ungeheure Leistung. Ein paar Reden, die jetzt schon online auf unserer Parlamentshomepage veröffentlicht sind, die ich mir in der Vorbereitung durchgelesen habe, zeigen, dass du das geschliffene Wort und letzten Endes auch die grammatikalisch richtige, pointierte Feststellung enorm geschätzt hast.

Du hast als Abgeordneter nicht nur zahlreiche Reden gehalten, wenn es darum ging, hast du gewusst, dich auch inhaltlich zu positionieren. Du warst einer der federführenden Unterstützer der Gründung des Nationalfonds und hast dich – und das möchte ich heute auch herausgreifen – als Redner im Nationalrat ganz stark für die Restitution eingesetzt. Du warst der, der in die Breite gegangen ist, der die Bundesländer motiviert hat, ihre Museen zu durchforsten und ihre Kunstgegenstände, die sie unrechtmäßig in ihren Sammlungen hatten, wieder zurückzugeben. Davon weiß ich deshalb, weil Liese Prokop gerade in der Diskussion mit dir auch den Auftrag in Niederösterreich gegeben hat, sich dieser Sache anzunehmen, und ich das als damaliger Finanzreferent an ihrer Seite auch vehement betreiben konnte.

Du warst aber ein Abgeordneter, der natürlich auch ganz besonders als Klubobmann ein Zuchtmeister gewesen ist. Wenn ich mich mit dem derzeitigen geschäftsführenden Klubobmann Gust Wöginger unterhalte, dann weiß der einiges zu berichten, wie damals mit jungen Abgeordneten im Klub verfahren wurde. Da hat sich doch einiges verändert, tempora mutantur, aber es hat immerhin dazu beigetragen, dass auch heute noch im Klub Krawatte getragen wird und dass auch heute noch auf äußere Form Wert gelegt wird.

Es ist aber vielleicht auch dir zu verdanken, dass sich der Klub inhaltlich mit den Themen auseinandersetzt, die es zu diskutieren gilt. Damals wie heute ist es auch ein Anliegen der Abgeordneten, sich in die Themen zu vertiefen, in den Workshops, in den diversen Symposien, in den eigenverantwortlichen Recherchen, sodass die Leistungsfähigkeit und die Kapazität des Klubs ein ganz wesentliches Merkmal sind, das du als Klubobmann angestoßen hast und das deine Nachfolger auch gelebt haben.

Du warst auch jener Mann – das ist auch immer wieder zum Ausdruck gekommen –, der statt einer großen Koalition, die Österreich Jahre und Jahrzehnte hindurch bestimmt hat, dann gemeinsam mit deinen Freunden Schüssel, Gehrer, Molterer Österreich auf einen anderen Weg gebracht und eine kleine Koalition unterstützt hat. Die Fama sagt, wo überall Verhandlungen geführt worden sind. Ich kann nicht aus dem Nähkästchen plaudern, ich war nicht dabei, ich weiß nur, dass du an der Architektur dieser ersten schwarz-blauen Koalition federführend beteiligt gewesen bist. Vielleicht hat dir deine aus Kärnten stammende Frau dabei geholfen, das Kärntner Wesen etwas zu verstehen oder einen Zugang zu finden.

Jedenfalls, denke ich, hat das auch die politische Geschichte Österreichs ganz wesentlich belebt und dazu beigetragen, dass wir aus diesem Fahrwasser ausbrechen konnten. Schlussendlich muss es möglich sein, mit allen im österreichischen Nationalrat vertretenen Parteien immer wieder Abmachungen zu treffen, Gespräche zu führen und auch Koalitionen einzugehen.

Du warst als Klubobmann nicht nur ein strenger Klubobmann, du hast dich auch vor den Klub gestellt.

Ich darf den Herrn Bundeskanzler recht herzlich begrüßen, der, wie ich schon eingangs erwähnt habe, bei der Ehrung Kurt Tutters war und deshalb wirklich freundlichst entschuldigt ist.

Ich komme zur letzten deiner Funktionen, die in diesem Haus natürlich etwas Besonderes ist: Du warst von 2002 bis 2006 Präsident des österreichischen Nationalrates.

Dass wir dieses Haus, dieses Palais Epstein heute als unseren repräsentativen Bau nutzen können, ist dir und deinem Kollegen Kostelka zu verdanken. Ihr habt verhindert, dass Wirtschaftsminister Farnleitner das noch mit einem Irxenakt an jemand anderen verscherbelt hat, wie du mir noch mitgeteilt hast. Ein herzliches Dankeschön also diesen beiden für diese Großtat!

Wir wissen dieses Palais zu schätzen, und wenn wir wieder in unser angestammtes Haus zurückziehen, soll ja hier auch die Parlamentarische Gesellschaft Einzug finden. Das Palais hat damit eine dauernde Bestimmung im österreichischen Parlament gefunden, und zwar für Nationalrat und Bundesrat.

Dir war es ein Anliegen, das Haus öffentlich und präsenter zu machen. In deiner Zeit haben sich die Besucherzahlen des Hauses verdreifacht. Dir war es ein Anliegen, diese Öffnung auch deutlich zu machen. Ein neues Eingangselement, ein neues Medienzentrum, ein neues Besucherzentrum haben vor allem den Besucherinnen und Besuchern bis heute einen ganz besonderen Zugang zu diesem Haus ermöglicht – und wir nutzen ihn.

Wir haben auch jetzt im Zuge der Renovierung diesen Besucherzugang mit viel Aufwand renoviert. Es war durchaus eine sehr gelungene Arbeit, die es zu festigen gegolten hat. Du warst der, der mit der BIG ein intensives Paket geschnürt hat, um die Renovierungen auch finanziell unter Dach und Fach bringen zu können. Du hast die Quadrigen renoviert und du hast vor allem eines gemacht: Du hast dieses Haus in der Öffentlichkeit als Haus der Österreicherinnen und Österreicher positioniert.

So sehen Sie, dass Andreas Khol in all seinen Positionen, die er eingenommen hat, immer seinen ganzen Einsatz gezeigt hat. Er wurde nie müde, sich mit Neuem auseinanderzusetzen, er wurde nie müde, wieder von vorne zu beginnen, er hat sich immer in den Dienst der Sache gestellt.

Ich nenne nicht das Zitat mit der Wahrheit, sondern: Ein Tiroler in Wien hat es leichter als ein Wiener in Tirol. – Auch das stammt von dir. Das geschliffene Wort, die Rede, das Zitat waren dein Florett, manchmal hast du auch den Säbel ausgepackt.

Dein politisches Denken ist im Sinne von Hannah Arendt insofern repräsentativ, als du immer die Meinung der anderen mitgedacht hast. Es überrascht uns in diesem Denken, dass du den Familienbegriff ganz neu gedacht hast. Wer hätte von einem konservativen Politiker gedacht, dass er auch eine Familie sieht, wenn sich zwei Väter um Kinder kümmern, und das seinen Begrifflichkeiten entspricht, weil es um die Liebe zu den Kindern geht? Du hast gerade auch in unserer Partei vieles vorgedacht und weiterentwickelt.

Seine Überlegungen waren bestechend. Im Buch „Fressen die Alten den Kuchen weg?“ hast du ein ganz neues Altersbild gezeigt, und deine Nachfolgerin lebt das von früh bis spät. Ich denke, dass es dabei darum geht, auch einen anderen Bezug der Gesellschaft unter Beweis zu stellen.

Deine Haltung entspricht einem englischen Sir, ist diszipliniert und immer wieder auf Korrektheit bedacht. Dein Auftritt ist markant. Man muss dich nicht sehen, man spürt dich, man hört dich und man weiß, dass du da bist. Du verleugnest dein Alter nicht, du stehst zu ihm, du bist weise geworden, vielleicht auch manchmal nachsichtig, bist umtriebig wie eh und je: Ad multos annos, lieber Andreas Khol!