Transkript der Veranstaltung:

20 Jahre Österreichische Freunde von Yad Vashem

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(Es folgt ein Musikstück.)

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Ursula Arthofer (Generalsekretärin, Österreichische Freunde von Yad Vashem): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Mitglieder und Förderer der Österreichischen Freunde von Yad Vashem! Als Generalsekretärin der Organisation darf ich Sie heute durch das Programm führen. Es freut mich sehr, dass so viele Gäste an dieser Festveranstaltung teilnehmen. Ich heiße jeden Einzelnen von Ihnen von ganzem Herzen willkommen! Herzlich begrüßen möchte ich aber auch alle, die nicht persönlich an dieser Veranstaltung teilnehmen, sondern diese via Livestream mitverfolgen. Eine ganz besondere Freude ist es für mich, wenn ich die mehr als 200 Schüler:innen und Pädagog:innen sehe, die heute bei uns im Parlament sind – eine Klasse ist sogar mit dem Zug aus Oberösterreich gekommen. (Beifall.)

Herr Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen kann aus Termingründen leider nicht an der Veranstaltung teilnehmen, hat uns jedoch seine Grußworte in Form einer Videoaufzeichnung zukommen lassen, die später eingespielt wird.

Ganz herzlich begrüßen und mich bei ihm im Namen des Vorstandes der Österreichischen Freunde bedanken möchte ich nun den Gastgeber der heutigen Veranstaltung, den Präsidenten des Nationalrates Mag. Wolfgang Sobotka. Danke schön. (Beifall.)

Die Bundesministerin für Landesverteidigung, Frau Mag.a Klaudia Tanner, ist heute ebenfalls zu Gast. Herzlich willkommen! (Beifall.)

Als Nächstes begrüße ich einen besonderen Ehrengast der heutigen Veranstaltung, den Holocaustüberlebenden und Zeitzeugen Herrn Heinrich Ehlers. (Beifall.) Er wird uns an seinen Erfahrungen als Kleinkind während der schrecklichen Zeit der Verfolgung durch das Naziregime teilnehmen lassen.

Der Staat Israel ist durch Herrn Botschafter Mordechai Rodgold vertreten, den ich ebenfalls herzlich begrüße. (Beifall.)

Als Vertreter von Yad Vashem in Jerusalem ist der Direktor für Internationale Angelegenheiten, Herr Dr. Haim Gertner, angereist. (Beifall.) Ich heiße ihn mit einem herzlichen Schalom willkommen!

Gleichzeitig begrüße ich die Gründer – der Gründer ist leider heute aus Gesundheitsgründen verhindert –, die Gründerin der Österreichischen Freunde von Yad Vashem, Frau Ulrike Schuster – schön, dass du da bist (Beifall), und den Vorsitzenden Ing. Gustav Arthofer. (Beifall.)

Mit großer Freude grüße ich auch alle Vertreterinnen und Vertreter des Diplomatischen Corps. Es ist schön, dass Sie heute anwesend sind. (Beifall.)

Herzlich willkommen heißen darf ich alle Vertreter:innen der in Österreich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften und begrüße stellvertretend den Oberrabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien, Jaron Engelmayer. (Beifall.) Mit ihm begrüße ich auch die Vizepräsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Frau Claudia Prutscher (Beifall), die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Linz, Frau Dr.in Charlotte Herman (Beifall), sowie den Generalsekretär für jüdische Angelegenheiten, Herrn Benjamin Nägele. (Beifall.) Herzlich willkommen!

Der Nationalfonds der Republik Österreich ist durch Frau Generalsekretärin Mag.a Judith Pfeffer vertreten. – Schön, dass Sie heute hier sind. (Beifall.)

Ich nenne jetzt mehrere Namen nacheinander, vielleicht applaudieren wir nach der Aufzählung:

Ein besonderer Gruß geht auch an die Vertreter des Zukunftsfonds der Republik Österreich, Herrn Vorsitzenden und Bundesratspräsidenten a. D. Prof. Herwig Hösele, der mit Generalsekretärin Mag.a Anita Dumfahrt und Herrn Mag. Paul Rachler angereist ist. Herzlich willkommen! (Beifall.)

Ich weiß nicht, ob sie jetzt da ist, aber begrüßen tue ich sie. Begrüßen darf ich auch die Vorstandsvorsitzende des Wiener Wiesenthal Instituts für Holocaust-Studien, Frau Ministerialrätin Mag.a Terezija Stoisits. (Beifall.)

Eine besondere Ehre und Freude ist es uns, dass auch in diesem Jahr Holocaustüberlebende und Zeitzeugen sowie Nachkommen von Gerechten unter den Völkern unserer Einladung Folge leisten konnten. Jedem Einzelnen von ihnen auch ein herzliches Willkommen! (Beifall.)

Ich begrüße außerdem alle anwesenden aktiven und ehemaligen Abgeordneten zum Nationalrat und Mitglieder des Bundesrates, die Vertreter der Ministerien und der Justiz, die Repräsentanten der Wirtschaft, der Ärzteschaft und aller anderen Bildungseinrichtungen. Willkommen heiße ich auch die Gäste aus dem Kunst- und Kulturbereich, die Vertreter aller jüdischen sowie aller anderen gemeinnützigen Organisationen und die Vertreter der Presse. (Beifall.)

Last, but keineswegs least darf ich auch das Kammerensemble der Wiener Philharmoniker willkommen heißen, das, wie wir ja schon zu Beginn beim ersten Satz des Divertimento in D-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart hören konnten, die heutige Veranstaltung virtuos umrahmt. (Beifall.)

Ich darf jetzt den Präsidenten des Nationalrates, Herrn Mag. Wolfgang Sobotka, um seine Eröffnungsworte bitten. – Bitte schön. (Beifall.)

Wolfgang Sobotka (Präsident des Nationalrates): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Schülerinnen und Schüler! Sehr geehrte Ehren- und Festgäste, die heute zur Veranstaltung 20 Jahre Österreichische Freunde von Yad Vashem gekommen sind! Sehr geehrte Frau Ministerin für Landesverteidigung! Lieber Herr Gertner von Yad Vashem!

Lieber Herr Ehlers als Zeitzeuge! Für uns sind Zeitzeugen, von denen wir in den letzten Jahren so vieles mitnehmen durften, die aber leider Gottes immer weniger werden, ganz wichtig. Danke, dass Sie es immer wieder auf sich nehmen, sich diesem Thema zu stellen, und uns heute mit Ihrer Anwesenheit beehren.

Liebes Ehepaar Rodgold! Es ist uns eine Freude – es ist eine Premiere für Frau Rodgold, sie ist heute das erste Mal bei uns im Parlament –, zu sehen, dass hier immer wieder viele Diplomaten zugegen sind, um den Austausch über die Parlamente hinaus mit ihren Ländern und mit dem österreichischen Parlament zu pflegen.

Werte Musikerinnen und Musiker der Wiener Philharmoniker!

Es ist für uns eine Freude, dass wir diese Veranstaltung als Ort des Möglichen, was sich durch ein 20-jähriges freiwilliges Engagement so hervorragend herauskristallisiert hat, beheimaten dürfen. Ein herzliches Danke dafür, dass Sie den österreichischen Nationalratssaal, das österreichische Parlament als Austragungsort gewählt haben.

Es ist mehr denn je der Fokus, Herr Arthofer, hier zusammenzukommen und gerade dieses Thema, das Sie als zivilgesellschaftliche Organisation schon 20 Jahre betreiben, auch zu präsentieren. Es ist für uns auf der einen Seite Freude, dass Sie das tun, und gleichzeitig Auftrag, was wir insbesondere mit dem Nationalfonds auch erreichen wollen, die Zivilgesellschaft intensiv daran zu beteiligen. Daher gilt Ihnen unser großes Dankeschön für 18 Jahre Obmannschaft und Trägerschaft, und wir schicken Ihrem Mann, der heute unpässlich ist und leider nicht bei uns sein kann, die besten Grüße und Wünsche zur Genesung, Frau Schuster. Es ist letzten Endes Ihr Vorbild gewesen, das viele in Österreich animiert hat. Es hat auch viel zu den Beziehungen zum Staate Israel beigetragen und hat das, was wir im Gemeinsamen ausrichten können, unterstützt, begleitet und intensiviert.

Wir dürfen durchaus mit Freude und auch mit Genugtuung feststellen, dass sich gerade die Kooperation mit Yad Vashem –der Direktor für Internationale Beziehungen ist heute hier – in den letzten Jahren ungeheuer vertieft hat. Wir haben gerade auch eine Kooperation mit dem Parlament beschlossen, insbesondere was die Ausrichtung unserer Ausstellung, aber auch die Kooperation mit unserer Demokratiewerkstatt betrifft, denn es gilt nicht nur zurückzublicken, sondern für uns ist es ein Auftrag, immer nach vorne zu sehen.

Der Rückblick ist ganz wichtig, uns dieses Gedenken bewusst zu machen und das Gedenken auch immer wieder mit einer Ausrichtung zu verbinden: Was haben wir heute? Was ist eine heutige Verpflichtung? Da heute so viele Schülerinnen und Schüler hier sind: Es ist nicht nur eine Verpflichtung, einmal in das Konzentrationslager Mauthausen zu gehen und dort an diesem Ort des Grauens zu sehen, was die Vernichtungsmaschinerie des Naziregimes angerichtet hat, wie viel Mord und Totschlag dort passiert ist, sondern es geht auch darum, dass wir heute all das tun, was notwendig ist, um insbesondere dem Antisemitismus entgegenzutreten.

Das österreichische Parlament hat seit mehreren Jahren – nunmehr im Abstand von zwei Jahren – immer wieder eine Studie beauftragt, die das österreichische Sentiment festhalten möchte, wie es in der Bevölkerung darum steht. Wir sehen heute in ganz Europa, ja weltweit ein Ansteigen von antisemitischen Äußerungen, insbesondere im Internet. Wir sehen das in einem erschreckenden Maße, weil es mit einem Antiisraelismus und mit einem Antizionismus einhergeht. Und der Antisemitismus ist nicht nur, so wie wir es seit Jahren kennen, aus der rechten Ecke zu vernehmen, sondern wir haben es heute auch mit einem Antisemitismus von links zu tun. Dort manifestiert er sich als Antizionismus und Antiisraelismus und hat in der Wortwahl dieselbe Struktur wie jener von rechts.

Wir sehen leider Gottes – das zeigt auch die Untersuchung der Anti-Defamation-League, die weltweit antisemitische Strömungen untersucht –, dass Menschen, die aus Ländern kommen, wo Antiisraelismus zur Staatsräson gehört, mit dieser Einstellung auch zu uns kommen. Es ist unsere Aufgabe, sie hier mit unserer Kultur, mit unserer Geschichte, auch mit unserer Verantwortung zu konfrontieren. Daher ist es für uns in allererster Linie eine Bildungsaufgabe, denn all diese Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen, junge Menschen, die gut gebildet sind, die darum wissen, die auch erfahrenes Wissen haben, weniger antisemitisch sind als nicht gebildete.

Wir sehen das leider Gottes jetzt gerade nach Corona auch im Zusammenhang mit diesen Verschwörungstheorien und mit einem Antiamerikanismus. Wir sehen, dass es fast ein Agglomerat von Einstellungen geworden ist, das für uns in der normalen Diskussion schwer zu durchbrechen ist.

Wir setzen auf zwei Dinge: Das eine ist, alles zu tun, um die jungen Menschen dahin gehend zu bilden und sie heranzuführen. Da gab es schon davor viele Initiativen; ich erinnere nur an das Projekt erinnern.at des Unterrichtsministeriums. – Wenn heute Sie, gnädige Frau, hier sind, dann weiß ich, dass das auch weiterhin in dieser Form geführt wird, wie notwendig es ist, es auch in die Zukunft zu führen.

Wir haben viele Initiativen, die sich in den Gedenkstätten etabliert haben, und wir haben vor allem eines, was Sie als Zivilgesellschaft getan haben: Sie haben mit diesem privaten Verein wirklich eine Fülle von Menschen gerade in ihrer Lebensmitte erreicht.

Das ist das zweite Ziel, das wir heute verfolgen, vor allem mit dem Simon-Wiesenthal-Preis, den das österreichische Parlament auslobt. Dabei geht es nicht um die Auszeichnung von Institutionen, sondern um die Auszeichnung von Menschen, die sich aus ihrer inneren Haltung, aus der Mitte der Gesellschaft herauskommend, dem verschrieben haben: Antisemitismus in allen Lagen zu bekämpfen und das auch deutlich zu machen. So sehe ich auch diese Veranstaltung als ein klares Signal aus der Zivilgesellschaft heraus, dass es unsere gesamtheitliche Verpflichtung ist, das zu tun.

In diesem Sinne: Vielen herzlichen Dank für 20 Jahre intensive Arbeit, für die vielen Projekte, die Sie initiiert haben, die Sie unterstützt haben und die Sie auch gemeinsam mit Yad Vashem begleitet haben. Vielen herzlichen Dank auch für Ihr persönliches Engagement, dass das auch weitergegeben wird und weiterlebt, dass es nicht ein Engagement ist, das von einer Familie abhängig ist, sondern in guten Händen weitergeführt werden kann. Ein herzliches Dankeschön den vielen Kooperationspartnern! Ad multos annos! Machen Sie bitte so weiter! (Beifall.)

Ursula Arthofer: Vielen Dank, Herr Präsident, für Ihr klares, engagiertes und unmissverständliches Statement.

Nun ersuche ich den Vorsitzenden der Österreichischen Freunde von Yad Vashem, Herrn Ing. Gustav Arthofer, uns seine Grußworte zu übermitteln.

Gustav Arthofer (Vorsitzender, Österreichische Freunde von Yad Vashem): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Ehlers! Werte Festgäste! Auch mich freut es, so viele junge Gesichter hier herinnen zu sehen. Als Vorsitzender der Österreichischen Freunde von Yad Vashem heiße auch ich Sie ganz herzlich willkommen. Ich freue mich, dass wir dieses 20-Jahr-Jubiläum gemeinsam feiern dürfen.

Zu Beginn unserer Arbeit war die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit noch ein zartes Pflänzchen. Dieses zarte Pflänzchen kämpfte hart darum, das Unkraut und Gestrüpp des Zudeckens zu durchdringen. Viel zu lange hat es sich unser Land bequem gemacht in der Erzählung, Österreich sei das erste Opfer Hitler-Deutschlands gewesen. Heute wissen wir, es war anders.

Dasselbe gilt für das typisch österreichische Achselzucken: Man hat da nichts machen können! – Auch das war anders. Dank Yad Vashem wissen wir heute, dass das eben nicht stimmt. Man konnte sehr viel machen, wie das Beispiel von mehr als 20 000 Gerechten zeigt.

Menschen, die während des Holocaust den Mut hatten, Juden zu retten – und zwar ohne etwas dafür zu bekommen. Auch hierzulande gab es solche Menschen. Unsere Ausstellung „Die Gerechten“ holt diese mutigen Lebensretter:innen vor den Vorhang.

Unsere Organisation hat jetzt 20 Jahre Bewusstseinsarbeit geleistet, um beim Aufklären dieser bequemen Irrtümer mitzuhelfen. Nicht mit dem Entgegenhalten einer kollektiven Schuld, denn Schuld ist immer etwas Persönliches, aber mit dem beharrlichen Hinweisen darauf, dass wir unsere Vergangenheit ansehen müssen, dass wir für den Umgang mit der Geschichte verantwortlich sind und dass wir es im Heute um jeden Preis besser machen müssen.

Traurigerweise gibt es bis heute in manchen Kreisen die Tendenz, den Holocaust zu verharmlosen, die österreichische Verantwortung herunterzuspielen oder gar die Schoah im Reich der Märchen anzusiedeln.

Das Recht auf Dummheit gehört zur Entfaltung der freien Persönlichkeit, meinen manche. Ich finde das nicht. Ich finde nicht, dass jede Form der Dummheit zulässig ist, insbesondere dann nicht, wenn sie Völkermord leugnet und Judenhass pflegt.

Gegen Dummheit helfen Fakten. Jene Fakten, die Yad Vashem seit Jahrzehnten durch akribische Forschungsarbeit zutage fördert. Unsere Aufgabe ist es, diese Fakten bekannt zu machen, denn sie zeigen, was passiert, wenn eine Mehrheit wegsieht, schweigt oder mit dem Strom mitschwimmt. Es ist eine Einladung an gewalttätige Machthaber, noch mehr zu wagen.

Wir haben heute in Österreich keine solchen autoritären Verhältnisse. Wir sind ein wohlhabendes und freies Land. Viel wird bei uns über Mut geredet, aber oftmals ist es Gratismut, der nichts kostet.

Wenn aber Menschen bedroht und in ihrer Existenz gefährdet sind, dann braucht es wirklichen Mut, und dessen müssen wir uns bewusst sein. Ein solcher Mut ist nicht gratis, sondern er kostet etwas, zum Beispiel Nachteile in Kauf zu nehmen, den guten Ruf zu verlieren, allein gegen eine Mehrheit zu stehen. Das kann sehr beängstigend sein, doch was hilft, sind Fakten.

Was kann uns heute schon passieren, wenn wir nicht mit dem Strom mitschwimmen? Ächtung? – vielleicht; persönliche Nachteile – schon möglich; aber der Tod droht uns heute in diesem Land beileibe nicht mehr, wenn wir etwa gegen Judenhass oder Verleumdung protestieren!

Wirksamer Mut setzt auch voraus, dass man zwischen richtig und falsch unterscheiden kann. Was richtig ist und was falsch ist, wird heute gerne zur Gefühlssache erklärt: Richtig ist, was sich richtig anfühlt! – Das ist aber kein Maßstab, denn Gefühle können heute so und morgen schon ganz anders sein. Auch hier helfen, Sie ahnen es schon, Fakten.

Fakten gegeneinander abzuwägen ist oft schwierig, aber notwendig. Meinungen gibt es viele und nicht jeder hat recht, sonst gäbe es keine erbitterten Konflikte.

Aber man braucht Argumente und Argumente brauchen Fakten, belastbare Fakten. Gefühle helfen in der Diskussion nicht weiter, auch wenn Empörung und Wut durchaus ihre Berechtigung haben mögen.

Der Nationalsozialismus war auch deshalb so erfolgreich, weil er die Menschen in einem kollektiven Gefühl der Ohnmacht abgeholt und zu einem anderen kollektiven Gefühl geführt hat: Wir können wieder bedeutsam werden, wenn wir die Schuldigen an unserer Misere benennen und ausmerzen.

Wohin hat diese Gefühlsmanipulation eines ganzen Volkes geführt? – Zu Millionen Toten, zu Millionen Entwurzelten, zu zerrissenen Familien und zu unfassbarem Leid. Das ist ein Faktum!

Wir brauchen Fakten, um Haltung zu zeigen, Fakten, wie sie in Yad Vashem erforscht werden. Über 18 Millionen Originalakten aus dem Dritten Reich werden dort durchleuchtet. Es gibt mehr als genug Beweise dafür, dass der Holocaust kein Märchen ist. Es gibt mehr als genug Beweise dafür, wohin Verhetzung führt und wohin sich Menschen manipulieren lassen, wenn sie sich benachteiligt fühlen.

Es liegt an uns allen, die richtigen Schlüsse aus diesen Fakten zu ziehen. Es liegt in unserer Hand, wie sich Österreich weiterentwickelt. Haben wir den Mut, Klartext zu reden! Dann dürfen Antisemitismus, Rassismus, Spaltung, Verhetzung, Ausgrenzung, Unrecht und Lügen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben.

Es liegt auch an uns, Yad Vashem in der Faktensuche zu unterstützen. Da ist noch so viel zu tun, das kostet, aber es ist die Kosten wert.

Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung in der Vergangenheit und ich appelliere an Sie, mit Ihrer Unterstützung Yad Vashems nicht nachzulassen, denn auch die kommenden Generationen werden Fakten brauchen. – Vielen Dank. (Beifall.)

Ursula Arthofer: Vielen Dank für diese aufrüttelnden Grußworte.

Als nächsten Sprecher bitte ich den Direktor für Internationale Beziehungen der Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem, Herrn Dr. Haim Gertner, an das Rednerpult. – Bitte. (Beifall.)

Haim Gertner (Direktor für Internationale Beziehungen, Yad Vashem) (in deutscher Simultanübersetzung): Sehr geehrter Herr Mag. Wolfgang Sobotka, Präsident des Nationalrates! Frau Bundesministerin Tanner, Bundesministerin für Landesverteidigung! Exzellenz Mordechai Rodgold, Botschafter des Staates Israel in Österreich! Geschätzte Mitglieder des Parlaments! Mitglieder des Diplomatischen Corps! Zeitzeuginnen und Zeitzeugen! Herr Arthofer, Frau Arthofer, die den Freundeskreis derzeit führen! Mitglieder und Freude des Freundeskreises! Geschätzte Gäste!

Jacob Klipper emigrierte aus der Bukowina nach Österreich vor dem Ersten Weltkrieg. Er heiratete Klara und die beiden hatten zwei Kinder, Heinz und Gaby. Im Jänner 1939, als sich die Lage für die Juden in Österreich weiter verschlechterte, beschlossen die Klippers über Polen und Rumänien nach Israel zu fliehen.

Jacob ging zuerst nach Krakau und versuchte eine Möglichkeit zu finden, seine Familie nachzuholen, sobald Klara das Familienunternehmen verkauft hätte. Während dieser Zeit wurden einige der Familiengegenstände bereits verpackt und nach Israel verschifft. Dann allerdings brach der Krieg aus.

Nach vielen Schwierigkeiten kam Jacob schließlich in Israel an, allerdings ohne seine Familie. Von Israel aus war er weiterhin mit Klara in Kontakt. In ihren letzten Briefen an ihn verleiht sie der Hoffnung Ausdruck, dass alles gut enden würde. In einem ihrer Briefe schreibt sie: Mein Geliebter, ich flehe dich an, bitte verliere nicht die Hoffnung! Uns geht es wirklich gut und ich bin gewiss, dass wir uns wiedersehen werden. Ich kann es fühlen. Das Wichtigste ist, dass du am Leben bist. Es ist so ein wunderbares Gefühl, zu wissen, dass mein Ehemann, mein lieber, talentierter Ehemann irgendwo am Leben ist.

Tragischerweise haben die beiden sich nie wiedergesehen. Klara und ihr Sohn Heinz wurden auf dem Transport Nummer 45 nach Theresienstadt deportiert, der am 9. September 1942 Wien verließ. Die kleine Gaby, damals nur sieben Jahre alt, wurde allein zurückgelassen. Sie wurde auf Transport Nummer 46f, sechs Monate später, am 30. März 1943 ebenfalls nach Theresienstadt deportiert. Im September desselben Jahres wurden die drei dann nach Auschwitz-Birkenau transportiert und dort bei ihrer Ankunft ermordet.

Jacob behielt die persönlichen Gegenstände seiner geliebten, verstorbenen Familie für sein ganzes Leben, verwendete sie nie. Erst nachdem er verstorben war, fand sein Neffe, Menasche Klipper diese persönlichen Gegenstände wieder, die Klara, Heinz und Gaby geschickt hatten. Darunter waren auch die letzten Briefe von Klara und ein kleines Mädchenkleid, das Kleid, das Gaby getragen hatte.

Menasche Klipper beschloss, dass diese Gegenstände, einst einfache Gegenstände, die heute einen besonderen Wert haben, für immer in Yad Vashem aufgehoben werden sollten.

Einen schönen guten Nachmittag, meine Damen und Herren! Es ist für mich, als Direktor für Internationale Beziehungen von Yad Vashem und ehemaliger Direktor des Archivs von Yad Vashem eine große Ehre, heute in diesem schön renovierten Gebäude des Österreichischen Parlaments das 20-jährige Bestehen des Freundeskreises in Österreich zu begehen.

Wir sind heute am Scheideweg. Leider – aber unveränderbar – werden die Zeitzeuginnen und Zeitzeugen immer weniger. Jene, die den Holocaust leugnen und verzerren, freuen sich wohl darüber, aber für unsere gemeinsame Arbeit stellen sich dafür immer größere Herausforderungen.

Jeder Gegenstand, den wir von den Opfern haben, ist vor diesem Hintergrund ein mächtiges Zeugnis. Eine greifbare Verbindung zu deren Geschichten. Jeder Gegenstand hat das Potenzial, ein Instrument für die Erinnerungen, ein Hüter der Erinnerungen zu sein, in einer Welt, in der es keine Überlebenden mehr gibt.

Die Internationale Gedenkstätte Yad Vashem ist in dieser Herausforderung an vorderster Front. Wir möchten der historischen Wahrheit weiterhin Relevanz verleihen.

Wir möchten diese Gegenstände, wie das Kleid von Gaby oder Briefe, weiterhin bewahren, und obwohl diese vielleicht in Jerusalem aufbewahrt sind, sind sie dennoch Teil der österreichischen Geschichte. Sie verleihen uns die Möglichkeit, uns mit Menschen und mit der Geschichte in einem historischen Zusammenhang zu verbinden. Sie können die Auseinandersetzung mit dieser offenen Wunde erleichtern, die erfordert, dass wir mutig und ehrlich die Erfahrungen von Jüdinnen und Juden, von Opfern des Holocaust angehen, uns damit konfrontieren und unsere Verantwortung wahrnehmen.

In unseren Anstrengungen sind wir sehr dankbar, die unbeirrte und loyale Partnerschaft der österreichischen Politik und der Bürgerinnen und Bürger auf unserer Seite zu wissen. Die Regierung, das Parlament, der Fonds, das Wiesenthal-Institut, die KZ-Gedenkstätte in Mauthausen gehören zu unseren Partnern.

Gemeinsam haben wir unsere Kooperationen in ungeahnter Weise stärken und erweitern können. Die österreichische Regierung ist ein aktiver Partner bei der Errichtung des neuen Sammelzentrums, das bald in Jerusalem eröffnet wird und wo all diese Gegenstände bewahrt werden. Über Vereinbarungen, die vor Kurzem mit dem Herrn Bundeskanzler und mit Ihnen, Herr Sobotka, mit dem Bildungsminister unterzeichnet wurden, können wir unsere gemeinsame Arbeit massiv erweitern. Diese Vereinbarungen öffnen Türen für bedeutsame neue Initiativen wie zum Beispiel aktuellere Forschungsstudien zum Holocaust in Österreich, Fortbildungsmaßnahmen für Journalisten und Meinungsbildner, für Forschung zu den österreichischen Gerechten unter den Völkern. Eine erste Ausstellung, die gemeinsam organisiert wird, wird nächstes Jahr hier im Parlament stattfinden.

Unsere Aufgabe geht aber darüber hinaus. Wir müssen sicherstellen, dass auch die Öffentlichkeit eingebunden wird, dass das Wissen über den Holocaust überall vorhanden ist. Dankenswerterweise hatten wir das Privileg, die außergewöhnlichen Anstrengungen der Österreichischen Freunde von Yad Vashem auf unserer Seite zu wissen, und es bewegt mich sehr, so viele von Ihnen hier heute zu sehen und zu sehen, dass Yad Vashem so viele Freundinnen und Freunde und Unterstützer in Österreich hat. Über zwei Jahrzehnte haben Sie sich der Verbreitung der Erinnerung, des Gedenkens an den Holocaust in der Öffentlichkeit gewidmet, Sie haben Bildungsmaßnahmen organisiert, Gedenkveranstaltungen, Ausstellungen, Reisen nach Israel. Sie haben zivilgesellschaftliches Engagement für das Gedenken gefördert, und ich bin zuversichtlich, dass Ihr Einfluss in den nächsten Jahren noch steigen wird. Ich danke auch den Führungskräften des Freundeskreises hier in Österreich und ich freue mich, dass Frau Schuster hier ist, und wünsche ihrem Ehemann baldige Besserung. Insbesondere möchte ich auch meinem großen Dank im Namen von Yad Vashem Ursula und Gustav Arthofer gegenüber Ausdruck verleihen, die derzeit den Freundeskreis leiten und die unermüdlich und selbstlos für Yad Vashem gearbeitet haben. Ihr Bemühen, sicherzustellen, dass das Gedenken an den Holocaust bewahrt wird, ist wirklich inspirierend.

Ein persönliches Wort zum Abschluss: Ich habe, als ich hier ankam, viele junge Menschen gesehen. Ich bin Sohn eines Holocaustopfers. Mein Vater hat nie über seine Erfahrungen gesprochen, und erst vor einigen Jahren, aufgrund eines Wunsches meiner Kinder, konnte ich ihn überzeugen, seine Geschichte den Mitgliedern von Yad Vashem zu erzählen, und nur deshalb habe nun auch ich und hat der Rest der Welt Zugang zu dieser Geschichte. Nur durch diese jungen Menschen können wir die Geschichte weitertragen. Es ist die Verantwortung der jungen Generation, Fragen zu stellen. Es ist ihre Aufgabe, diese Geschichte weiterzugeben. – Ich danke Ihnen. (Beifall.)

Ursula Arthofer: Bevor ich nun Botschafter Rodgold herausbitte, möchte ich noch etwas nachholen. Ich habe soeben erfahren, dass der IKG-Vizepräsident, Herr Galibov, anwesend ist. – Herzlich willkommen! (Beifall.)

Darf ich jetzt den israelischen Botschafter in Österreich, Herrn Mordechai Rodgold, um die Grußworte bitten. (Beifall.)

S.E. Mordechai Rodgold (Botschafter des Staates Israel in Österreich): Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sobotka! Sehr geehrte Verteidigungsministerin Tanner! Sehr geehrter Herr Vorsitzender Arthofer und Frau Generalsekretärin Arthofer! Geschätzter Direktor Dr. Haim Gertner! Oberrabbiner Jaron Engelmayer und Repräsentanten der jüdischen Gemeinden in Österreich! Sehr geehrter Herr Ehlers! Liebe Ulrike Schuster, mit unseren besten Wünschen der Genesung an Herrn Günther Schuster! Werte Ehrengäste! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Exzellenzen! Liebe Freundinnen und Freunde! Es freut mich sehr, dass ich auch heuer wieder an der Generalversammlung der Österreichischen Freunde von Yad Vashem teilnehmen kann. Gleich zu Beginn möchte ich Ihnen allen, dem Vorstand und den Mitgliedern, sehr herzlich zum 20. Jubiläum gratulieren. Das sind 20 Jahre professioneller und engagierter Einsatz in Verbundenheit mit Yad Vashem. Sie haben vor dem Hintergrund des schmerzvollsten Kapitels unserer Geschichte eine tragfähige Brücke der Freundschaft gebaut – von Linz und ganz Österreich nach Jerusalem, nach Israel. Masel tov bis 120!, wie man bei uns sagt. (Beifall.)

Yad Vashem ist, wie Sie wissen, Israels nationaler Gedenkort in Erinnerung an die Schoah und dient als zentrale Gedenkstätte des jüdischen Volkes an die sechs Millionen jüdischen Männer, Frauen und Kinder, die von den Nazis und ihren Mittätern ermordet wurden. Yad Vashem ist auch die weltweit führende Einrichtung für Holocaustforschung, -bildung und -aufklärung, an der Juden und Nichtjuden wichtige Erinnerungsarbeit leisten, darunter auch jedes Jahr Zivildiener und Freiwillige aus Österreich, deren Engagement wir sehr zu schätzen wissen. Im August werden wir den neuen Jahrgang vor der Abreise nach Israel an der Botschaft empfangen, wie wir es jedes Jahr tun. Dani Dayan, der Vorsitzende von Yad Vashem, war letztes Jahr zum ersten Mal in seinem Leben hier in Österreich auf einem durchaus historischen Besuch. Er traf Bundespräsident Van der Bellen, Nationalratspräsident Sobotka, Bundeskanzler Nehammer, Ministerin Edtstadler, Minister Polaschek, die jüdische Gemeinde und junge, engagierte Österreicher, die wichtige Gedenkarbeit leisten. Dani Dayan unterzeichnete auch mehrere Abkommen, wie Sie schon gehört haben, zwei davon mit Nationalratspräsident Sobotka, die Österreichs Bekenntnis für Holocausterinnerung, -dokumentation und –bildung weiter festigen. Heuer nahm Dani Dayan auch zum ersten Mal an der Zeremonie zur Befreiung von Mauthausen teil.

Leider sehen wir auch in unserer Zeit jeden Tag weltweit die verschiedenen Formen des Antisemitismus, von links, von rechts, von der Mitte, von Islamisten und Radikalen. Dazu kommen Versuche, die Schoah zu leugnen oder zu relativieren. Es gibt den sichtbaren Hass und die Hetze der Extremisten, aber es gibt auch die gefährliche Ignoranz, die nicht sofort sichtbar ist. Laut der aktuellen Antisemitismusstudie des österreichischen Parlaments wissen nur 45 Prozent der in Österreich lebenden Menschen, dass sechs Millionen Juden im Holocaust ermordet wurden. Fast ein Viertel wollte oder konnte keine Angaben machen. Das zeigt, wie wichtig und wertvoll das Engagement jedes Einzelnen von Ihnen und von uns allen ist, besonders auch die Ausstellungen, die Sie als Freunde von Yad Vashem organisieren.

Ich bin überzeugt davon, dass die Jugend im Zentrum unserer Bemühungen für Bildung und Aufklärung über die Schoah und Antisemitismus stehen muss. Erst vor drei Wochen waren Schülerinnen und Schüler aus dem Stift Admont sowie die Holocaust-Überlebenden Elisabeth Scheiderbauer und Dirk Adler bei mir in der Residenz hier in Wien zu einem Zikaron BaSalon – Erinnerung im Wohnzimmer. Die beiden Zeitzeugen erzählten und beantworteten Fragen der Schüler.

Herr Nationalratspräsident Sobotka, ich danke Ihnen für Ihre Verdienste, dieses israelische Gedenkformat, Zikaron BaSalon, das auch den Wiesenthal-Preis erhalten hat, in Österreich bekannt zu machen. Und selbstverständlich danke ich Ihnen auch dafür, dass wir uns heute hier im Hohen Haus versammeln können. Wir werden später noch das Privileg haben, die persönliche Geschichte von Heinrich Ehlers zu hören. Überlebende wie Sie, Herr Ehlers, können den Jugendlichen die Katastrophe der Schoah unmittelbar vermitteln. Danke, dass Sie Ihre Geschichte mit uns teilen. Es ist unsere Verpflichtung, Ihr Zeugnis weiterzutragen.

Meine Damen und Herren, nach einigem Auf und Ab in der Vergangenheit sind die Beziehungen zwischen Israel und Österreich heute so gut wie nie zuvor. Hier, im wunderschön renovierten und beeindruckenden Parlament, das Außenminister Eli Cohen erst vor zehn Tagen besucht hat, ist zu meiner großen Freude auch ein wichtiger Meilenstein unserer Beziehungen verewigt: In der Ausstellung im neuen Besucherzentrum können Sie ein Foto vom historischen Besuch von Bundeskanzler Vranitzky 1993 bei Premierminister Rabin in Jerusalem sehen. Ein weiterer Meilenstein ist die strategische Partnerschaft, die beim Besuch von Bundeskanzler Nehammer in Israel letztes Jahr unterzeichnet wurde und die wir in vielen Bereichen mit Leben füllen: in Politik, in Wirtschaft, in Wissenschaft, in Kultur und im Jugendaustausch, um nur ein paar zu nennen. Das moderne Österreich geht verantwortungsvoll mit seiner Geschichte um, und das wissen wir zu schätzen. Das moderne Österreich hat sich der Erinnerung an die Schoah verpflichtet und bekennt sich zum Kampf gegen jede Form des Antisemitismus. Das ist das Fundament, auf dem die enge Freundschaft zwischen Israel und Österreich erst möglich wurde, und das wird auch immer das notwendige, verantwortungsvolle Fundament bleiben.

Liebe Festgäste, ich möchte mich sehr herzlich bei Vorsitzendem Gustav Arthofer, Generalsekretärin Ursula Arthofer, bei den Gründern Ulrike und Günther Schuster und allen österreichischen Freunden von Yad Vashem für ihr jahrelanges und beispielgebendes Engagement bedanken. Es ist schön, zu wissen, solche verlässlichen Freunde zu haben. Niemals vergessen!, und: Niemals wieder!, ist unser gemeinsamer Auftrag. Toda raba, vielen Dank und schalom! (Beifall.)

Ursula Arthofer: Vielen Dank, Herr Botschafter, für Ihre zu Herzen gehenden Worte.

Der nächste Programmpunkt ist die Einspielung der Videogrußbotschaft von Herrn Bundespräsidenten Dr. Alexander Van der Bellen, der, wie ich schon sagte, heute leider nicht persönlich anwesend sein kann.

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Es folgt eine Videoeinspielung:

Alexander Van der Bellen (Bundespräsident): Meine Damen und Herren! Liebe Freunde von Yad Vashem! Mehrmals war ich in Yad Vashem, um der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken. Yad Vashem ist ein Ort der Erinnerung an die Millionen ermordeten Jüdinnen und Juden. Diese Erinnerung gilt es wachzuhalten. Das ist wichtiger denn je, da nun immer weniger Menschen als Zeitzeugen von den Gräueltaten erzählen können. Danke, dass Sie sich seit 20 Jahren durch Aufklärung und Informationsarbeit, durch Einladung von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, durch Ausstellungen, Israelreisen und vieles mehr in diesem Sinne einsetzen und besonders die jüngere Generation informieren und sensibilisieren. Ich weiß, wie viel Ihrer eigenen Zeit und Energie Sie diesem ehrenamtlichen Engagement widmen, und dafür spreche ich Ihnen meinen ausdrücklichen Dank aus. Wir werden dem Andenken der Opfer der Schoah nur gerecht, wenn wir dafür sorgen, dass Menschenverachtung, Rassismus und Antisemitismus niemals wieder als politisches Instrument eingesetzt werden können.

Sie, meine Damen und Herren, tragen dazu bei, die Erinnerung an das Geschehene wachzuhalten. Ich wünsche Ihnen allen, den mittlerweile 900 Freunden von Yad Vashem hier in Österreich, alles Gute zum 20-jährigen Jubiläum! (Beifall.)

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Ursula Arthofer: Mit großer Freude darf ich Ihnen nun den Höhepunkt der heutigen Veranstaltung ankündigen, nämlich den Zeitzeugen und Holocaustüberlebenden Herrn Heinrich Ehlers. Er wird uns seine Erfahrungen aus der Zeit des Nationalsozialismus, die er als Baby und Kleinkind gemeinsam mit seiner Familie als U-Boot im Keller eines Mehrfamilienhauses in Wien verbracht hat, in Form eines Interviews schildern. Seine Interviewpartnerin ist die bekannte Redakteurin, Filmemacherin, Moderatorin und mehrfache Preisträgerin Frau Mag.a Renata Schmidtkunz. – Ich bitte Sie nun zum Interview. (Beifall.)

Renata Schmidtkunz: Herzlich willkommen! Vielen Dank für die Einladung, dieses Gespräch mit Herrn Ehlers zu führen. Wie haben uns schon vorbesprochen und haben schon herausgefunden, dass wir uns gut leiden können, und daher denke ich, dass auch das Gespräch dementsprechend sein wird.

Herr Ehlers, Sie haben sich eine Aufgabe ausgesucht, die gar nicht so einfach ist, weil Sie ja, als Sie ein kleines Kind waren, in diese Situation der Verfolgung von Juden durch den Nazistaat hineingeboren wurden. Ihr Vater, Heinrich, war jüdisch, Ihre Mutter, Adele, war christlich, ist später dann – also nach 1945, nach der Schoah – gemeinsam mit den Kindern zum Judentum übergetreten. Sie sind 1939 geboren, und da haben Ihre Eltern schon in einer Kellerwohnung im 2. Bezirk in einem Mietshaus gewohnt.

Heinrich Ehlers (Zeitzeuge): Meine Mutter hat sie gerade vorher gemietet.

Renata Schmidtkunz: Genau, und zwar zu dem Zweck, sich dort zu verstecken. Haben Sie denn so ganz erste Erinnerungen?

Heinrich Ehlers: Na ja, von Anfang an nicht, da war ich noch zu klein, aber gleich nach meiner Geburt sind wir dort rein in diesen Keller. Meine Mutter hat das gemietet, weil sie schon gewusst hat, dass irgendetwas passieren wird, und das ist dann auch eingetroffen. Mein Vater war an und für sich Musiker, aber seine ganze Familie – Onkel, Tanten und Cousins – war in Lederwarenbranche, also die haben Lederwaren erzeugt. Er war erster Geiger in einem Orchester und wurde dann gefeuert, also rausgeschmissen, und da hat er dann noch kurze Zeit mitgearbeitet mit der Familie, mit den Tanten, aber die kamen dann alle ins Konzentrationslager. Einige konnten flüchten – eine in die Schweiz, ein paar woandershin –, aber der Großteil wurde dann nach Maly Trostinec und Auschwitz deportiert und ermordet.

Renata Schmidtkunz: Wann hat man Ihnen das erzählt? Wie alt waren Sie da, als Sie das erfahren haben?

Heinrich Ehlers: Na ja, das hat man uns erst erzählt, nachdem das Ganze aus war.

Renata Schmidtkunz: Nachdem der Krieg vorbei war?

Heinrich Ehlers: Ja, als es vorbei war. Wir wussten nur eines: Wir waren ja dort in diesem Keller, und das ganze Haus hat eigentlich davon gewusst, sogar eine Nationalsozialistin, deren Mann in Berlin im Führerhauptquartier gearbeitet hat, der auch hin und wieder auf Besuch war und auch davon gewusst hat, dass wir dort versteckt sind – aber er hat Gott sei Dank nichts verraten, und auch sie nicht.

Renata Schmidtkunz: Sie haben zu mir gesagt, Herr Ehlers, die Frau war unfreundlich, aber sie hat nichts gemacht.

Heinrich Ehlers: Sie war nicht sehr nett, sie hat sich auch hin und wieder bedient an einigen Sachen, die wir noch hatten, aber sonst ließ sie uns leben.

Renata Schmidtkunz: Herr Ehlers, wie haben sich denn Ihre Eltern, Ihr Vater und Ihre Mutter, überhaupt kennengelernt?

Heinrich Ehlers: Meine Mutter kam aus Niederösterreich. Sie stammt aus einer polnischen Familie, die um die Jahrhundertwende nach Österreich kam. Da waren zwölf Kinder; sie war das zwölfte und war die Einzige, die in Österreich – in Niederösterreich – geboren wurde. Sie ist dann nach Wien gekommen, zu einer jüdischen Familie, und die haben sie sehr gut behandelt, sie war dort wie in einer eigenen Familie.

Renata Schmidtkunz: Wie eine Tochter?

Heinrich Ehlers: Wie eine Tochter, ja. Sie hat die ganzen Bräuche und alles gelernt und hat sich sehr für das Judentum interessiert. Sie war hin und wieder aus, und da hat sie meinen Vater kennengelernt, in einem Orchester, als er noch gespielt hat – ich weiß nicht genau, wann das war; das war um 1937 oder so; vielleicht auch früher, ich weiß es nicht –, und sie wollten heiraten.

Es gab Schwierigkeiten vonseiten meiner Großmutter, weil die eine sehr strenggläubige Jüdin war.

Renata Schmidtkunz: Der väterlichen Großmutter?

Heinrich Ehlers: Bitte?

Renata Schmidtkunz: Der väterlichen Großmutter?

Heinrich Ehlers: Ja, von der väterlichen Großmutter. Auch die anderen waren nicht begeistert, aber vor allem meine Großmutter hat große Schwierigkeiten gemacht. Jedenfalls wollte meine Mutter dann übertreten, hat schon begonnen – und dann war es schon zu spät. 1939 kam dann ich auf die Welt.

Renata Schmidtkunz: Ganz kurz: Aber sie, die Mutter, hat auf jeden Fall gefühlt, dass es wichtig ist, dass der Vater sich versteckt?

Heinrich Ehlers: Sicher, ja. Und dann vor allem auch die Großmutter. Sie hat ja auch die Großmutter - - Ohne sie wären die nicht davongekommen.

Renata Schmidtkunz: Sie haben ja auch erzählt, dass Ihr Vater einmal verhaftet wurde und zum Morzinplatz kam, in das Hotel Metropol - -

Heinrich Ehlers: Ja, in das Hotel Metropol.

Renata Schmidtkunz: - - genau, und dass ihm dort ein Freund, den er zufällig getroffen hat, der auch ein Sportler war, gesagt hat: Schau, dass du wegkommst.

Heinrich Ehlers: Das war ein Arzt, ja. Der hat ihm auch einen Passierschein gegeben, also damit er zu einem anderen Arzt geht, denn er hat eine Verletzung gehabt und hätte dann wieder dorthin zurückkommen müssen, und er hat gesagt: Komm nie wieder zurück, denn du kommst nicht lebend davon!

Renata Schmidtkunz: Aber das heißt ja, wenn man eins und eins zusammenzählt, dass es sehr viele Leute – oder doch einige – gegeben haben muss, die gewusst haben, dass es nicht nur Verhaftungen, sondern auch Deportationen geben wird, obwohl es diese ja 1939 noch nicht in dem Ausmaß gegeben hat.

Heinrich Ehlers: Ja.

Renata Schmidtkunz: War Ihr Vater denn, so wie seine Mutter, ein religiöser Mensch oder war für ihn das Judentum das, wo er hineingeboren wurde? Was bedeutete das ihm?

Heinrich Ehlers: Das war nicht wichtig für ihn. Er war nicht religiös. Er hat sich nur für die Musik, für Sport interessiert – er war ein sehr guter Sportler –, fürs Judentum weniger. Seine Mutter war sehr, sehr strenggläubig – noch von ihren Eltern; die kamen aus Prag, die waren sehr gläubig, sehr religiös. Das hat ihn nicht interessiert.

Renata Schmidtkunz: Er war auch Sozialdemokrat – oder sogar eher Kommunist?

Heinrich Ehlers: Eher Kommunist. Er war Kommunist. Meine Mutter war Sozialdemokratin. Und durch meine Mutter - - Wir hätten uns ja nicht verstecken müssen, aber meine Mutter hat Angst gehabt, wenn wir da rausgehen, dass man fragt: Wer sind die?

Renata Schmidtkunz: Dass die Kinder etwas verraten könnten.

Wenn Sie „wir“ sagen, dann meinen Sie die Kinder. Es gibt drei Kinder: Heinrich, geboren 1939, dann Ihren Bruder Ariel, geboren 1940, und Ihre Schwester Hermine, 1944 geboren, die dann später nach Israel ausgewandert ist – wie eigentlich Sie alle, nur: Ihr Bruder, Ihre Eltern und Sie sind zurückgekommen. Hermine aber lebt bis heute in Israel.

Wenn wir kurz einmal über diese Situation in dieser Kellerwohnung sprechen, Herr Ehlers: Wie war denn dieser Alltag? Wovor hatte man Angst? Wie hat man Lebensmittel bekommen? Wer hat einem geholfen und wer hat Ihnen eher Angst gemacht oder hätte Ihnen schaden können?

Heinrich Ehlers: Schauen Sie, als Kinder wussten wir ja nicht, was da los ist. Von der Gefahr haben nur die Eltern gewusst, und das hat sich auf uns übertragen. Das war auch sehr tief.

Renata Schmidtkunz: Es war sehr tief?

Heinrich Ehlers: Ich habe 1980 dann ein psychisches Problem bekommen und war zwei Jahre in - - Ich habe vorher nichts gehabt. Das Einzige, was ich nicht konnte, war: Ich konnte nicht in einer geschlossenen Wohnung, konnte nicht in einem Zimmer schlafen, dessen Fenster geschlossen waren.

Renata Schmidtkunz: Also mit 41 Jahren ist sozusagen das Trauma dieses Eingesperrtseins rausgekommen.

Heinrich Ehlers: Ich wusste aber auch nicht, wieso, was los ist. Ich war dann zwei Jahre in Behandlung. Zufällig hat sich dann herausgestellt, dass diese Psychiaterin, die mich behandelt hat, mit mir zur gleichen Zeit in der Haschomer Hatzair, in der jüdischen Jugendbewegung war. Das hat sich aber erst später herausgestellt. Wir haben uns nicht gekannt, obwohl wir zur gleichen Zeit dort waren.

Renata Schmidtkunz: Das war ja zu der Zeit, als dann überhaupt – so Anfang der Achtzigerjahre – auch klar wurde, dass man für Holocaustüberlebende auch psychische Hilfe anbieten muss. Bis dahin hat man eher gesagt: Na ja, du musst halt irgendwie mit deiner Vergangenheit zurechtkommen.

Heinrich Ehlers: Ja.

Renata Schmidtkunz: Vielleicht reden wir noch über die Zeit 1945: Der Krieg ist zu Ende. Gott sei Dank haben alle überlebt. Ihr Vater war sehr krank, Ihre Mutter war sehr krank. Was ist denn nun mit diesen drei Kindern passiert? Was haben denn die gemacht? Wer hat denn die erzogen? Wer hat denn auf die aufgepasst? Wie war denn dieser erste Gang in die Natur? Haben Sie überhaupt alle Tiere gekannt, alle Bäume gekannt? Haben Sie Wien gekannt?

Heinrich Ehlers: Na ja, wir haben gar nichts gekannt, außer einer Katze, die immer dort herumgeschlichen ist, die zu uns in die Wohnung, also in diesen Keller gekommen ist. Ja, wir wussten gar nichts. Unser Vater hat uns hin und wieder etwas von einem Baum erzählt, und er hat uns aus Holz irgendwelche Spielzeuge gemacht. Er hat uns auch vorgesungen und auch -gespielt, aber das musste er leise machen. Da gibt es etwas, das man auf eine Geige, auf den Steg raufgibt, damit es leiser ist.

Renata Schmidtkunz: Einen Dämpfer.

Heinrich Ehlers: Da hat er uns jüdische Lieder vorgespielt. Unser Spielplatz war neben dem Kohlenkeller. Das möchte ich noch sagen: Wenn wir von diesem Keller rausgesehen haben – da gibt es so Eisentüren mit so Luftschlitzen –, da konnte man – circa fünf Meter von uns war eine HJ-Kaserne, und die haben dort, genau auf diesem Platz, in dieser Gasse, exerziert – die Füße von denen und die Stutzen, also diese weißen Socken, sehen. Die Eltern haben immer geschaut, dass wir ja nicht zu nahe kommen, dass wir uns nicht irgendwie durch Reden verraten. Wir sind schon so erzogen worden, dass wir still sind.

Renata Schmidtkunz: Haben Sie Angst in Erinnerung?

Heinrich Ehlers: Jetzt habe ich keine Angst, und ich habe auch nie Angst gehabt. Im Gegenteil, ich habe mich ja dann später noch mit Neonazis beschäftigt.

Renata Schmidtkunz: Sie wollten das verstehen?

Heinrich Ehlers: Ja, nachdem ich von Israel zurückgekommen bin. – Ich wollte eigentlich nicht zurückkommen, das muss ich auch noch sagen, aber meine Eltern waren krank. Ich bin als dann israelischer Staatsbürger nach dem Militär nach Wien auf Besuch gekommen. Ich habe dann um ein Visum angesucht und bin hiergeblieben. Dann habe ich meine Frau kennengelernt, eine Christin. Ich habe dann noch ungefähr zehn Jahre lang auf Koffern gelebt, damit ich wieder nach Israel zurückfahre.

Renata Schmidtkunz: Also man kann schon sagen, dass Sie in einer Art Zerrissenheit gelebt haben?

Heinrich Ehlers: Ja.

Renata Schmidtkunz: Sie waren nicht wirklich Wiener und Sie waren nicht wirklich Israeli. Sie haben in der israelischen Armee gedient, sind nach Wien zurückgekommen und haben acht Jahre lang keine Staatsbürgerschaft gehabt. Als Ihr Sohn geboren wurde, hat auch er noch die israelische Staatsbürgerschaft bekommen. Sie waren hier also offensichtlich nicht willkommen, oder es hat halt lange gedauert, bis Sie wieder Wurzeln schlagen konnten.

Heinrich Ehlers: Das hat sehr lange gedauert. Mein Sohn ist in Mürzzuschlag auf die Welt gekommen und war gleich israelischer Staatsbürger. Bis ich dann gesehen habe, dass meine Frau nicht bereit ist, nach Israel zu gehen – denn ich habe ja gehofft, dass sie geht –, habe ich dann um die österreichische Staatsbürgerschaft angesucht.

Renata Schmidtkunz: Das war natürlich damals ein großer Traum für viele, die die Schoah überlebt haben, diesen jungen Staat Israel zu unterstützen, dorthin zu gehen und ein Leben real zu machen. In Ihrem Leben hat es sich halt nicht verwirklicht.

Als Sie nach Wien zurückgekommen sind, Herr Ehlers, haben Sie da Antisemitismus gespürt? Haben Sie das erlebt? Wir können ja auch noch über den Wahlkampf des späteren Bundespräsidenten Waldheim reden. Auch das war Ihnen wahrscheinlich ja ganz präsent – das war in Ihren späten Vierzigerjahren.

Heinrich Ehlers: Sicher, ja. Na ja, das habe ich erlebt, da habe ich schon bei meinem Bruder im 8. Bezirk gearbeitet. Wenn ich zum Postamt ging, hörte man nur: Waldheim und die Juden und so weiter. Ich hatte ein großes Problem, denn wenn ich das gehört habe, habe ich mich nicht versteckt, sondern ich habe mit den Leuten, na ja - -

Renata Schmidtkunz: Sind Sie wütend geworden?

Heinrich Ehlers: Ja, ich war wütend. Da habe ich dann beschlossen – oder ich habe das eigentlich schon vorher beschlossen –, dass ich schaue, wie die - - Ich war ziemlich beschäftigt mit Nazis, mit Neonazis.

Ich musste dann aufhören. Das war bei einem Treffen – ich weiß nicht, ob das interessant ist –, bei dem sich Neonazis aus ganz Europa getroffen haben, auch ein Kriegsverbrecher, der zum Tod verurteilt war, Jan Verbelen. Dort hat mich einer entdeckt, der mich vorher gesehen hat, er war Rabbiner in Wien und hat mich dort gesehen. Da durfte ich dort dann nichts mehr machen.

Renata Schmidtkunz: Also Sie mussten sich zurückziehen. Wir haben ja leider nur so wenig Zeit, lieber Herr Ehlers, wir machen das alles hier ja nicht nur im Galopp, sondern noch mehr.

Aber wir reden ja von Yad Vashem. Als Sie nach Israel kamen, das war 1957, da war Yad Vashem fünf Jahre alt, Yad Vashem war aufgebaut. Haben Sie damals Yad Vashem besucht?

Heinrich Ehlers: Ja, das war einer der ersten - - Vom Kibbuz sind wir dorthin gefahren. Das war, glaube ich, ein oder zwei Jahre später. Inzwischen, danach, war ich wieder zweimal dort.

Renata Schmidtkunz: Haben Sie damals, als Sie nach Yad Vashem kamen, das Gefühl gehabt, dass Sie dort auch präsent sind oder Ihre Geschichte erzählt wird? Oder haben Sie Ihre eigene Geschichte, im Vergleich zu dem, was man dort sieht und erfährt, vielleicht gar nicht so wichtig genommen?

Heinrich Ehlers: Na ja, ich habe es nicht so - - Wir waren verfolgt, wenn man uns erwischt hätte, hätten wir dasselbe Schicksal gehabt wie die anderen. Auch meine ganze Familie – Onkel, Tanten –, alle sind umgekommen.

Es hat mich sehr mitgenommen. Aber wie gesagt, wir haben Glück gehabt. Es hätte innerhalb von Sekunden auch sein können. Wir hatten zum Beispiel in den zwei Räumen, in denen wir gewohnt haben, einen Kasten, da haben sich meine Großmutter und der Vater immer versteckt, wenn jemand über die Stiegen in den Keller heruntergekommen ist. Gott sei Dank waren das immer nur Leute vom Haus, die das auch gewusst haben.

Da waren einige, die dann zum Schluss, in der letzten Zeit, als Bombenangriffe waren, sogar bei uns gesessen sind. Es gab ein oder zwei, die uns auch geholfen haben – auch ein Hausbesorger dort –, die uns auch mit Essen unterstützt haben. Sie haben meiner Mutter geholfen. Als meine Schwester auf die Welt gekommen ist, ist es ihr nicht gut gegangen, und da haben sie auch das Kind ein bisschen betreut.

Renata Schmidtkunz: Das heißt, für Sie ist auch wichtig, dass diese Geschichten erzählt werden.

Heinrich Ehlers: Selbstverständlich, ja.

Renata Schmidtkunz: Dass Ihre Geschichte erzählt wird, von Menschen, die Ihnen geholfen haben, aber dass auch die anderen Geschichten erzählt werden.

Ruth Klüger, die österreichisch-amerikanische Literaturwissenschaftlerin, die als Kind in Auschwitz war, hat immer gesagt: Es war purer Zufall, dass ich überlebt habe. – So ist es wahrscheinlich auch bei Ihnen.

Heinrich Ehlers: Ja, zum Beispiel meine Tante war in drei Konzentrationslagern. Das war die Cousine meines Vaters. Sie ist noch sehr jung zurückgekommen, und sie wollte nie erzählen, was sie erlebt hatte. Sie hat gesehen, wie ihre beste Freundin neben ihr aufgehängt wurde. Sie hatten etwas versteckt gehabt, Sprengpulver haben sie von draußen ins Lager zurückgebracht, das hat man gefunden und gefragt, wer das organisiert hat. Dann hat diese Freundin gesagt, sie war es, die das organisiert hat, und sie ist vor ihr gehängt worden. Das hat uns natürlich sehr getroffen, denn das hätte auch uns passieren können.

Bis zu meinem sechsten Lebensjahr habe ich davon nichts gewusst. Wir wussten nur, wir dürfen nicht reden, wir dürfen nicht laut sein. Am besten war, irgendwo zu sitzen. Darum hatten wir nachher einen Drang, zu rennen und in der Natur zu sein.

Renata Schmidtkunz: Lieber Herr Ehlers, trotz eines gelungenen Lebens bleibt die Wunde offen – kann man das so sagen?

Heinrich Ehlers: Ja, schon. Ich habe mich auch mit Nazis beschäftigt. Ich musste da irgendwie abschalten, sonst hätte ich das nicht machen können. Ich wundere mich jetzt noch, dass ich dort so unter Leute gegangen bin. Jetzt könnte ich es nicht mehr machen.

Renata Schmidtkunz: Dann danke ich Ihnen sehr herzlich für dieses eigentlich ganz kurze Gespräch – finden Sie nicht? Es ist so schnell vergangen.

Heinrich Ehlers: Ja, es wäre viel zu erzählen.

Renata Schmidtkunz: Ich danke Ihnen sehr, dass Sie mir vertraut haben – danke schön. (Beifall.)

Ursula Arthofer: Ich bedanke mich sehr bei Heinrich Ehlers und Frau Renata Schmidtkunz – ich denke, das tue ich hier im Namen aller Versammelten – für das bewegende und einprägsame Interview, das uns sicher noch länger beschäftigen wird.

Wir hören jetzt das „Andante espressivo“ aus dem Streichquartett Nummer 3 in D-Dur von Felix Mendelssohn Bartholdy.

*****

(Es folgt ein Musikstück.)

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(Beifall.)

Ursula Arthofer: Wenn jemand einen runden Geburtstag feiert, ist es allgemein üblich, eine kleine Rückschau zu halten. Sie sehen nun einen kurzen Filmbeitrag, der Sie über die Anfänge, die Entwicklung und einige Aktivitäten unserer Organisation in den letzten 20 Jahren informiert.

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(Es folgt eine Videoeinspielung.)

Sprecher: Aller Anfang ist klein. Zehn engagierte Österreicherinnen und Österreicher fassten zum Jahreswechsel 2003 den Plan, eine Freundschaftsorganisation für die Jerusalemer Holocaustgedenkstätte Yad Vashem aufzubauen. Der Anstoß dazu kam von Dr. Yosef Govrin, einem ehemaligen Botschafter des Staates Israel in Österreich. Dem Holocaustüberlebenden war es wichtig, einen Zugang zu den Herzen der Menschen in Österreich zu finden, um sie für die Anliegen Yad Vashems zu gewinnen. Govrin, Mitglied des Rates von Yad Vashem, wollte insbesondere die Jugend ansprechen.

Mit Günther und Ulrike Schuster fand der Diplomat die richtigen Initiatoren für ein solches Vorhaben. Die beiden Pädagogen und ihr wachsendes Team setzen alles daran, um Ausstellungen aus Yad Vashem in Österreich zu vermitteln, an Schulen und an öffentliche Institutionen. Der Verein unterstützte zudem Lehrerfortbildungen, Exkursionen nach Yad Vashem und vieles mehr.

Von Anfang an war auch der Austausch mit Holocaustüberlebenden zentral für den Freundeskreis. Ihre Lebensberichte und ihre Offenheit motivierten das Team, nicht nur Zeitzeugenvorträge zu organisieren, sondern insgesamt das Geschehen für die Nachgeborenen greifbarer zu machen.

Der junge Verein fand rasch Gehör in der Landes- und Bundespolitik. Bestens vernetzte Förderinnen und Förderer eröffneten dem Freundeskreis ihre Möglichkeiten. Die Zahl der Mitglieder wuchs rasch und stetig.

Eine unermüdliche Unterstützerin gewannen die Österreichischen Freunde von Yad Vashem in Nationalratspräsidentin Mag.a Barbara Prammer. Sie öffnete dem Freundeskreis die Tore des Parlaments und unternahm viele Anstrengungen, um die Anliegen Yad Vashems in Österreich zu fördern – eine Herzenssache für die viel zu früh verstorbene Politikerin, die bis zuletzt Ehrenpräsidentin für den Freundeskreis war.

Dem Diplomaten Yosef Govrin war auch klar: Mit der Moralkeule sind die Herzen der Österreicherinnen und Österreicher nicht für die Anliegen Yad Vashems zu gewinnen. Er schlug dem Freundeskreis einen anderen Weg vor, nämlich eine Ausstellung über Österreichs Gerechte unter den Völkern zu gestalten. Die mutigen Taten dieser Lebensretterinnen und Lebensretter während der Schoah zeigen, dass es immer und überall Möglichkeiten gab, sich zu entscheiden, entweder mit dem Strom mitzuschwimmen oder sich dem Bösen in den Weg zu stellen.

Die Wanderausstellung „Die Gerechten. Courage ist eine Frage der Entscheidung“ wurde 2013 eröffnet und seither in vielen Städten Österreichs gezeigt, zuletzt im Heeresgeschichtlichen Museum in Wien und im Haus der Geschichte in Sankt Pölten.

Innerhalb des Freundeskreises entwickelten sich Arbeitsbereiche für engagierte Mitglieder. Eine Mediathek wurde gegründet, deren Bestand inzwischen über die Pädagogische Hochschule der Diözese Linz zugänglich ist. Eine Kulturabteilung organisiert Exkursionen zu Schauplätzen jüdischen Lebens in Europa oder Studienreisen nach Israel mit Besuchen in Yad Vashem. Junge Mitglieder des Freundeskreises engagieren sich ehrenamtlich in der Medienarbeit oder in der Verwaltung.

Während die Zahl der Mitglieder auf inzwischen fast 900 anwuchs, waren Günther und Ulrike Schuster stets darum bemüht, neue Zugänge zu den Menschen zu finden, insbesondere zur Jugend. Maßstäbe setzte der Freundeskreis während der Pandemie, als die Gedenkstunde zum Internationalen Holocaustgedenktag online aus einem Fernsehstudio gesendet wurde, unter Beteiligung Tausender Schülerinnen und Schüler aus ganz Österreich.

Selbstverständlich haben die Österreichischen Freunde von Yad Vashem in all den Jahren ihre Möglichkeiten dafür genützt, um Yad Vashem, Jerusalem und Projekte dieser bedeutenden Holocaustgedenk- und -forschungsstätte mit Spenden zu unterstützen. Dabei kamen nicht nur beträchtliche Summen aus eigenen Mitteln zusammen, sondern der Freundeskreis vermittelte auch Spendengelder in Millionenhöhe, ohne den Umweg über das Vereinskonto.

Nach 18 Jahren übergaben Günther und Ulrike Schuster die Leitung der Österreichischen Freunde von Yad Vashem an ihre bisherigen Stellvertreter:innen Gustav und Ursula Arthofer.

Mit Blick auf die Zukunft steht die solide Organisation vor zwei herausfordernden Fragen: Wie gelingt es, die nachfolgenden Generationen zu erreichen, wenn die Zeitzeugen immer weniger werden? Und damit in Zusammenhang: Wie kann Yad Vashem in Zukunft so unterstützt werden, dass die Gedenk- und Forschungsarbeit dieser auch für Österreich so bedeutenden Institution weitergehen kann? – Diese Zukunftsfragen zu lösen liegt in unser aller Hände.

*****

(Beifall.)

Ursula Arthofer: Im soeben gezeigten Film haben Sie ja nun die Gründer der Österreichischen Freunde von Yad Vashem, Direktor Günther und Frau Ulrike Schuster, kennengelernt, die heute für ihr herausragendes Engagement und ihre unermüdliche Arbeit für den Verein als Ehrenpräsident und Ehrenpräsidentin geehrt werden. Wie ich schon gesagt habe, ist Herr Direktor Schuster leider krankheitsbedingt verhindert, aber seine Gattin wird die Ehrung für beide gerne entgegennehmen. Die Laudatio wird Gründungsmitglied Frau Mag.a Melanie Helm-Arthofer halten. – Bitte. (Beifall.)

Melanie Helm-Arthofer: Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist eine Seltenheit, dass sich zwei Menschen so für eine Sache verausgaben, wie das Günther und Ulrike Schuster zwei Jahrzehnte lang für Yad Vashem und den Österreichischen Freundeskreis getan haben.

Oft wird in solchen Reden unermüdliches Engagement hervorgehoben, doch in eurem Fall ist das wörtlich zu verstehen, denn oft haben wir anderen uns gefragt: Wann schlaft ihr eigentlich? Dieses Arbeitspensum, das ihr vorgelegt habt, war übermenschlich, und trotzdem habt ihr jederzeit für jedermann ein offenes Ohr gehabt und wart in jedem Augenblick voll bei der Sache. Mit Fleiß, Hingabe und Charisma habt ihr die Österreichischen Freunde von Yad Vashem aufgebaut.

Der Freundeskreis fing ja klein und – Verzeihung – ziemlich unbedeutend an, mit zehn Mitgliedern in Linz, weit abseits der Bundeshauptstadt Wien. Als wir damals starteten – und ich durfte ja von Anfang an dabei sein –, war die jetzige Größe noch gar nicht zu erahnen.

Botschafter Yosef Govrin hatte euch gesagt, dass es überall auf der Welt Freundeskreise für Yad Vashem gebe, nur in Österreich nicht. Auf eure Frage, was denn dafür zu tun sei, hat er gemeint: Na ja, einmal im Jahr macht ihr eine Benefizveranstaltung. – Doch dabei ist es selbstverständlich nicht geblieben. Das musste jedem klar sein, der das Ehepaar Schuster kennt.

Als studierte Pädagogen habt ihr alle Register gezogen, um die Anliegen Yad Vashems in Österreich bekannt zu machen, die Jugend anzusprechen, Holocaustüberlebende zu besuchen – meist ohne Freizeit und Wochenende. Ihr habt Ausstellungen vermittelt, Gedenkveranstaltungen organisiert und, wie gesagt, Holocaustüberlebende besucht: Ihr habt ihnen zugehört, ihr habt sie auch stellvertretend für unser Land um Vergebung gebeten. Und ihr habt Menschen zusammengeführt und ihnen zu verstehen gegeben, dass ihr an sie glaubt. Ihr habt immer wieder eine Aussage Lügen gestraft, nämlich dass etwas unmöglich sei. Stets habt ihr einen Weg gefunden, etwas möglich zu machen.

Mit den ersten Erfolgen wuchs auch der Mut.

Noch war der Freundeskreis ein kleiner Verein, als der Vorstand die damalige Innenministerin Liese Prokop zur Generalversammlung nach Linz einlud. Und sie kam tatsächlich! Dann – noch verwegener –: die Einladung an Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer. Auch er kam nach Linz. Auch der Bürgermeister der Landeshauptstadt Oberösterreichs unterstützte das Ehepaar Schuster fast von Anfang an. Nationalratspräsidentin Mag.a Barbara Prammer wurde euch eine engagierte und herzlich verbundene Freundin.

Lag es daran, dass Oberösterreicher besonders gut zusammenhalten? – Bestimmt nicht nur. Da war einerseits das Brennen für eine gemeinsame Sache und andererseits eine starke Freundschaft und Sympathie füreinander, die nichts mit Politik oder Meinungen zu tun hatte – Charisma eben.

Barbara Prammer war auch die treibende Kraft dahinter, dass dem Ehepaar Schuster das Goldene Ehrenzeichen der Republik Österreich verliehen wurde. Dank ihrer prominenten Unterstützung wuchs die Mitgliederzahl des Freundeskreises stark an. Es wären hier noch so viele Persönlichkeiten zu nennen, die seither mit Leib und Seele dabei sind.

Euer Lebenswerk ist aber nicht nur der Aufbau der Organisation, eure positive, respektvolle und wertschätzende Art hat eine tragfähige Brücke für die Anliegen Yad Vashems nach Österreich gebaut. Euch ist es dabei immer um die Sache gegangen und nicht darum, im Rampenlicht zu stehen. Es gelang euch, Herzen anzusprechen – hierzulande und auch in Israel. In beiden Ländern habt ihr viele Freunde und Unterstützer für das Werk gewonnen.

Ihr Schusters konntet in eurer unnachahmlichen Weise auch euer ganzes Umfeld für das Vorhaben begeistern und dabei mitnehmen. Auch für uns war und ist es eine Ehrensache, mit dabei zu sein.

Es ist wahrlich imposant, was ihr in den 20 Jahren seit der Gründung der Österreichischen Freunde von Yad Vashem geleistet und auch erreicht habt. Die zahllosen Projekte, die ihr initiiert und umgesetzt habt, haben Maßstäbe gesetzt, aber viel wichtiger ist, dass die Österreichischen Freunde von Yad Vashem unter eurer Führung enorm an Breite und gesellschaftlicher Relevanz gewonnen haben.

Als ihr schließlich die Leitung des Vereins in andere Hände gelegt habt, habt ihr wiederum Größe gezeigt. Jederzeit darf euch der Vorstand um Rat fragen, ihr ermutigt die Mitglieder weiterhin, aber ihr drängt euch niemals auf und vertraut euren Nachfolgern voll und ganz. Damit zeigt ihr einmal mehr, dass es euch um die Sache und um die engagierten Menschen in diesem Land geht.

Für den heutigen Vorstand ist eines klar: Nachahmen kann man euch nicht, aber nacheifern, das schon. Als Zeichen für unsere Dankbarkeit hat der Vorstand beschlossen, euch die Ehrenpräsidentschaft der Österreichischen Freunde von Yad Vashem zu verleihen, denn: Was wäre der Freundeskreis ohne euch? – Vielen Dank. (Beifall.)

*****

(Es erfolgt die Übergabe der Auszeichnung.)

*****

(Beifall.)

Ulrike Schuster (Gründerin der Österreichischen Freunde von Yad Vashem): Die Ansprache kommt natürlich von mir. Sie sehen mich fast sprachlos nach diesen überschwänglichen, anerkennenden, wertschätzenden Worten von Meli.

Mein Mann verfolgt die Veranstaltung via Livestream. Ich hoffe, dass alles klappt. Ich muss ihn leider entschuldigen, Sie haben es eh schon vielfach gehört, aus gesundheitlichen Gründen kann er heute an dieser Festveranstaltung leider nicht teilnehmen. Dass er bei diesem 20-Jahr-Jubiläum nicht live dabei sein kann, tut ihm natürlich besonders leid, aber auf ärztlichen Rat hat er sich jetzt doch dazu entschlossen, zu Hause zu bleiben – aber wie gesagt: Er ist mit dabei, er hört zu.

Zurück zu dieser Ehrung und zu dieser ruhmreichen Laudatio: Zunächst einmal vielen herzlichen Dank für all eure Investitionen in uns, auch für alle Liebe und Anerkennung, die wir von euch bekommen haben und immer noch bekommen. Wir nehmen diese Ehrenpräsidentschaft natürlich sehr gerne an, da kann ich auch im Namen von Günther reden, und unterstützen weiterhin, so gut wir können, in allen Bereichen des Freundeskreises.

Es ist mir aber trotzdem schon sehr wichtig festzuhalten, dass uns beim Aufbau dieses Freundeskreises viele Freunde unterstützend und helfend zur Seite gestanden sind, und zwar von Anfang an.

Der ganze Vorstand ist auch heute noch aus tiefer Überzeugung in die Arbeit für Yad Vashem involviert. Wo immer die Vorstandsmitglieder jetzt sitzen: Gustav und Uschi Arthofer haben uns auf dem ganzen Weg begleitet und in allen Bereichen bis hin zu den organisatorischen Aufgaben tatkräftig unterstützt. Sie besuchen auch Holocaustüberlebende im In- und Ausland, sie organisieren Israelreisen und vieles mehr. Nachdem sie in allen Bereichen verantwortlich mitgearbeitet haben, übernahmen sie dann, wie Sie schon gehört haben, vor zwei Jahren die Leitung des Freundeskreises.

Unser Sohn Georg hat den Mediendienst in unserer Organisation aufgebaut, die Bild- und Tontechnik, sodass wir alle Veranstaltungen auch streamen können. Georg macht auch alle Filme, die wir bei unseren Veranstaltungen zeigen, er bildet diesbezüglich junge Leute aus, und darüber hinaus schreibt er auch die meisten Texte und Berichte. Zusammen mit seiner Frau organisiert auch er immer wieder Bildungsreisen nach Israel.

Christa Raab vermittelt in unserer Organisation die Ausstellungen, und zwar die selbst produzierten, aber auch solche in Yad Vashem Jerusalem. Sie pflegt viele herzliche Kontakte zu den Mitgliedern und hat mit ihrem Mann zahlreiche neue Kontakte aufgebaut, beispielsweise zur Wirtschaft, zur Politik, zur Kulturszene, im Bildungsbereich und in den letzten Jahren auch ganz besonders zu den Schulen und jungen Leuten.

Gerlinde Malzner ist für die Kultur zuständig. Alle Exkursionen zu Gedenkorten und zu ehemaligen Wirkungsstätten jüdischen Lebens, alle Veranstaltungen dieser Art gehen auf ihre Initiative zurück. Gemeinsam mit ihrem Mann organisiert sie jedes Jahr solche Events.

Edith Zwieb – die gehören alle zum Vorstand – hat mit ihren Mitarbeiter:innen eine umfangreiche Mediathek zur Thematik des Holocaust, zum Judentum, über jüdische Kultur aufgebaut. Sie betreut und erweitert alles regelmäßig. Die Bücher und Materialien sind, wie wir schon gehört haben, in der Bibliothek der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz untergebracht, und so haben auch die Professoren und Studenten Zugang.

Stefan Raab arbeitet leitend in der Mediathek mit und hat als Musiker schon mehrmals unsere Veranstaltungen musikalisch bereichert.

Natalie Steiner, nicht zu vergessen, ist nicht nur eine tragende Säule im Mediendienst – ich finde sie jetzt gerade nirgends, wahrscheinlich steht sie an einer Kamera –, sie ist auch sehr erfolgreich und macht mit großer Sorgfalt auch die Buchhaltung des Freundeskreises, die zuvor Melanie Helm-Arthofer sehr akribisch und professionell betreut hat.

Seit zwei Jahren gibt es dankenswerterweise auch einen neuen Stellvertreter des Obmanns und eine Stellvertreterin der Generalsekretärin, nämlich Manfred und Sigrid Wetzlmair, die sich schon sehr gut eingearbeitet haben und ohnehin über die Jahre schon aktiv im Freundeskreis waren sowie mitgearbeitet und unterstützt haben.

Unverzichtbar, das muss ich an dieser Stelle auch sagen, ist seit jeher die Arbeit unserer umsichtigen, emsigen, sehr gut organisierten und verantwortungsbewussten Sekretärin Marianne Jobst, die uns immer sehr viel Arbeit im Vorfeld abnimmt. Ich finde sie gerade auch nicht, aber sie ist wirklich unverzichtbar.

Es gibt auch seit den Anfängen eine ganze Reihe von aktiven Mitarbeitern, die durch ihre vielseitige Hilfe die Arbeit des Freundeskreises mittragen. Außerdem haben wir immer viel Unterstützung und Ermutigung durch die Mitglieder der Österreichischen Freunde von Yad Vashem aus ganz Österreich erfahren.

Ich möchte auch betonen, dass wir von Anfang an die Unterstützung der Bundespolitik hatten, über Parteigrenzen hinweg, und heute hat uns eben Herr Präsident Sobotka ins Parlament eingeladen, wofür wir uns herzlich bedanken.

Viele unserer Projekte sind in enger Zusammenarbeit mit Holocaustüberlebenden entstanden und so haben sich auch ganz besondere Beziehungen und Freundschaften im In- und Ausland entwickelt. Was ich mit meinen Ausführungen sagen möchte, ist, dass viele Menschen bei der Entwicklung unserer Organisation mitgeholfen haben und dass mein Mann und ich bei der Gründung der Österreichischen Freunde von Yad Vashem auf tatkräftige Unterstützung engagierter Mitarbeiter zurückgreifen konnten.

Ich bedanke mich auch sehr herzlich bei Yad Vashem Jerusalem für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren.

Mein Mann und ich sind uns unserer Verantwortung als Österreicher bewusst, die Erinnerung an die Schoah wachzuhalten, und so wird unser diesbezügliches Engagement mit dem heutigen Tag nicht enden.

Nochmals vielen Dank für die Auszeichnung und auch für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall.)

Ursula Arthofer: Jetzt haben Sie auch das Wesen der Familie Schuster kennengelernt: immer dankbar für alles, was wir machen. Darum arbeiten wir auch so gerne für die Organisation.

Bevor wir nun die Veranstaltung schließen und Ihnen die Musiker vorstellen, hören wir noch den dritten Satz des Divertimento in D-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart.

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(Es folgt ein Musikstück.)

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(Beifall.)

Ursula Arthofer: Ich darf Ihnen nun, wie schon gesagt, die Musiker vorstellen: Frau Alina Pinchas an der ersten Violine (Beifall), Frau Lara Kusztrich an der Violine (Beifall), Herr Sebastian Führlinger an der Viola (Beifall) und am Violoncello Herr David Pennetzdorfer. (Beifall.) – Vielen Dank.

Sehr geehrte Festgäste, wir nähern uns dem Ende unserer Festveranstaltung. Ich bedanke mich nochmals sehr herzlich bei Herrn Präsident Sobotka – er hat leider aus Termingründen schon wegmüssen – für die Einladung ins Parlament zum 20-jährigen Jubiläum und für die Kooperation.

Ich danke Herrn David Pinchasov und dem Veranstaltungsmanagement des Parlaments sowie allen fleißigen Helfern der Österreichischen Freunde von Yad Vashem für ihr großes Engagement.

Hiermit verabschiede ich mich von den Zuschauern, die via Livestream mit dabei waren. Alle anderen Gäste ersuche ich höflichst, noch kurz auf ihren Plätzen zu verweilen.