Montag, 12. Juni 2023
Es gilt das gesprochene Wort.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Schülerinnen und Schüler! Sehr geehrte Ehren- und Festgäste, die heute zur Veranstaltung 20 Jahre Österreichische Freunde von Yad Vashem gekommen sind! Sehr geehrte Frau Ministerin für Landesverteidigung! Lieber Herr Gertner von Yad Vashem!
Lieber Herr Ehlers als Zeitzeuge! Für uns sind Zeitzeugen, von denen wir in den letzten Jahren so vieles mitnehmen durften, die aber leider Gottes immer weniger werden, ganz wichtig. Danke, dass Sie es immer wieder auf sich nehmen, sich diesem Thema zu stellen, und uns heute mit Ihrer Anwesenheit beehren.
Liebes Ehepaar Rodgold! Es ist uns eine Freude – es ist eine Premiere für Frau Rodgold, sie ist heute das erste Mal bei uns im Parlament –, zu sehen, dass hier immer wieder viele Diplomaten zugegen sind, um den Austausch über die Parlamente hinaus mit ihren Ländern und mit dem österreichischen Parlament zu pflegen.
Werte Musikerinnen und Musiker der Wiener Philharmoniker!
Es ist für uns eine Freude, dass wir diese Veranstaltung als Ort des Möglichen, was sich durch ein 20-jähriges freiwilliges Engagement so hervorragend herauskristallisiert hat, beheimaten dürfen. Ein herzliches Danke dafür, dass Sie den österreichischen Nationalratssaal, das österreichische Parlament als Austragungsort gewählt haben.
Es ist mehr denn je der Fokus, Herr Arthofer, hier zusammenzukommen und gerade dieses Thema, das Sie als zivilgesellschaftliche Organisation schon 20 Jahre betreiben, auch zu präsentieren. Es ist für uns auf der einen Seite Freude, dass Sie das tun, und gleichzeitig Auftrag, was wir insbesondere mit dem Nationalfonds auch erreichen wollen, die Zivilgesellschaft intensiv daran zu beteiligen. Daher gilt Ihnen unser großes Dankeschön für 18 Jahre Obmannschaft und Trägerschaft, und wir schicken Ihrem Mann, der heute unpässlich ist und leider nicht bei uns sein kann, die besten Grüße und Wünsche zur Genesung, Frau Schuster. Es ist letzten Endes Ihr Vorbild gewesen, das viele in Österreich animiert hat. Es hat auch viel zu den Beziehungen zum Staate Israel beigetragen und hat das, was wir im Gemeinsamen ausrichten können, unterstützt, begleitet und intensiviert.
Wir dürfen durchaus mit Freude und auch mit Genugtuung feststellen, dass sich gerade die Kooperation mit Yad Vashem –der Direktor für Internationale Beziehungen ist heute hier – in den letzten Jahren ungeheuer vertieft hat. Wir haben gerade auch eine Kooperation mit dem Parlament beschlossen, insbesondere was die Ausrichtung unserer Ausstellung, aber auch die Kooperation mit unserer Demokratiewerkstatt betrifft, denn es gilt nicht nur zurückzublicken, sondern für uns ist es ein Auftrag, immer nach vorne zu sehen.
Der Rückblick ist ganz wichtig, uns dieses Gedenken bewusst zu machen und das Gedenken auch immer wieder mit einer Ausrichtung zu verbinden: Was haben wir heute? Was ist eine heutige Verpflichtung? Da heute so viele Schülerinnen und Schüler hier sind: Es ist nicht nur eine Verpflichtung, einmal in das Konzentrationslager Mauthausen zu gehen und dort an diesem Ort des Grauens zu sehen, was die Vernichtungsmaschinerie des Naziregimes angerichtet hat, wie viel Mord und Totschlag dort passiert ist, sondern es geht auch darum, dass wir heute all das tun, was notwendig ist, um insbesondere dem Antisemitismus entgegenzutreten.
Das österreichische Parlament hat seit mehreren Jahren – nunmehr im Abstand von zwei Jahren – immer wieder eine Studie beauftragt, die das österreichische Sentiment festhalten möchte, wie es in der Bevölkerung darum steht. Wir sehen heute in ganz Europa, ja weltweit ein Ansteigen von antisemitischen Äußerungen, insbesondere im Internet. Wir sehen das in einem erschreckenden Maße, weil es mit einem Antiisraelismus und mit einem Antizionismus einhergeht. Und der Antisemitismus ist nicht nur, so wie wir es seit Jahren kennen, aus der rechten Ecke zu vernehmen, sondern wir haben es heute auch mit einem Antisemitismus von links zu tun. Dort manifestiert er sich als Antizionismus und Antiisraelismus und hat in der Wortwahl dieselbe Struktur wie jener von rechts.
Wir sehen leider Gottes – das zeigt auch die Untersuchung der Anti-Defamation-League, die weltweit antisemitische Strömungen untersucht –, dass Menschen, die aus Ländern kommen, wo Antiisraelismus zur Staatsräson gehört, mit dieser Einstellung auch zu uns kommen. Es ist unsere Aufgabe, sie hier mit unserer Kultur, mit unserer Geschichte, auch mit unserer Verantwortung zu konfrontieren. Daher ist es für uns in allererster Linie eine Bildungsaufgabe, denn all diese Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen, junge Menschen, die gut gebildet sind, die darum wissen, die auch erfahrenes Wissen haben, weniger antisemitisch sind als nicht gebildete.
Wir sehen das leider Gottes jetzt gerade nach Corona auch im Zusammenhang mit diesen Verschwörungstheorien und mit einem Antiamerikanismus. Wir sehen, dass es fast ein Agglomerat von Einstellungen geworden ist, das für uns in der normalen Diskussion schwer zu durchbrechen ist.
Wir setzen auf zwei Dinge: Das eine ist, alles zu tun, um die jungen Menschen dahin gehend zu bilden und sie heranzuführen. Da gab es schon davor viele Initiativen; ich erinnere nur an das Projekt erinnern.at des Unterrichtsministeriums. – Wenn heute Sie, gnädige Frau, hier sind, dann weiß ich, dass das auch weiterhin in dieser Form geführt wird, wie notwendig es ist, es auch in die Zukunft zu führen.
Wir haben viele Initiativen, die sich in den Gedenkstätten etabliert haben, und wir haben vor allem eines, was Sie als Zivilgesellschaft getan haben: Sie haben mit diesem privaten Verein wirklich eine Fülle von Menschen gerade in ihrer Lebensmitte erreicht.
Das ist das zweite Ziel, das wir heute verfolgen, vor allem mit dem Simon-Wiesenthal-Preis, den das österreichische Parlament auslobt. Dabei geht es nicht um die Auszeichnung von Institutionen, sondern um die Auszeichnung von Menschen, die sich aus ihrer inneren Haltung, aus der Mitte der Gesellschaft herauskommend, dem verschrieben haben: Antisemitismus in allen Lagen zu bekämpfen und das auch deutlich zu machen. So sehe ich auch diese Veranstaltung als ein klares Signal aus der Zivilgesellschaft heraus, dass es unsere gesamtheitliche Verpflichtung ist, das zu tun.
In diesem Sinne: Vielen herzlichen Dank für 20 Jahre intensive Arbeit, für die vielen Projekte, die Sie initiiert haben, die Sie unterstützt haben und die Sie auch gemeinsam mit Yad Vashem begleitet haben. Vielen herzlichen Dank auch für Ihr persönliches Engagement, dass das auch weitergegeben wird und weiterlebt, dass es nicht ein Engagement ist, das von einer Familie abhängig ist, sondern in guten Händen weitergeführt werden kann. Ein herzliches Dankeschön den vielen Kooperationspartnern! Ad multos annos! Machen Sie bitte so weiter! (Beifall.)