Eröffnung der neuen Ausstellung in der Bibliothek „Tacheles reden. Antisemitismus – Gefahr für die Demokratie“

Dienstag, 19. März 2024
Es gilt das gesprochene Wort.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie heute alle recht herzlich begrüßen. Es ist für mich ein freudiger, aber zugleich auch trauriger Tag. Es ist deshalb ein trauriger Tag, weil wir überhaupt noch eine solche Ausstellung brauchen. Es ist traurig, dass wir den Antisemitismus gerade im Parlament zu einem Thema machen müssen.

Es ist aber ein sehr freudiger Tag, weil es gelungen ist, eine Ausstellung zu präsentieren, die sich vor allem aufgrund ihrer Interaktivität und auch weil sie von Jugendlichen gemacht worden ist, gerade auch an die Jugend richtet. Das ist unsere Hoffnung, denn wir wissen gerade durch unsere Untersuchungen, dass die Jugend, die gut gebildet ist, die davon weiß, ganz einfach weniger antisemitisch als die ungebildete ist.

Es ist für mich eine große Freude, dass es eine Ausstellung ist, von der Sie auch emotional etwas mitnehmen. Es war nicht möglich, diese Eröffnung unten in der Ausstellung selbst vorzunehmen, daher sind wir hier im Empfangssalon. Was Sie mitnehmen können, ist die Musik, von Musikern von Exilarte, dem Ehepaar Hausknecht und Cristina Basili dargebracht. Das ist Musik, die von Jüdinnen und Juden in der Zeit ihrer Verfolgung geschrieben wurde – auch in der Zeit ihrer Lebensbedrohung; manche starben in den Konzentrationslagern –, die diese Zeit überdauert hat. Oder es ist Musik, die danach entstanden ist, noch immer im Bewusstsein, was die Menschen mit sich getragen haben, die die Zeit des Nationalsozialismus durchgemacht haben. Das ist vielleicht auch jener Moment, in dem Sie emotional begreifen können, was das für einen Künstler bedeutet. Die Kunst kann man nie von dem trennen, was eigentlich hinter der Person steht. Das ist auch das Ziel dieser Ausstellung.

Lassen Sie mich daher einleitend ein paar Persönlichkeiten begrüßen, die allesamt mit dieser Ausstellung zu tun haben, bei denen ich mich auch bedanken möchte. Heute ist mein Part ein einfacher, ich brauche Sie nur herzlich zu begrüßen und mich zu bedanken. Ich tue das aber aus vollem Herzen, weil ich glaube, auch wenn die Ausstellung räumlich gesehen klein ist, ist sie inhaltlich ganz groß. Ich möchte jemanden begrüßen, der mich eigentlich durch Jahre immer wieder begleitet hat, der heute auch eine hohe Funktion im jüdischen Leben Europas eingenommen hat, der sich nicht aufgedrängt hat, der aber für Österreich ganz viel getan hat, um das Erbe Simon Wiesenthals weiterzutragen, und immer wieder diese Verantwortung des offiziellen Österreichs eingemahnt hat. Herr Dr. Ariel Muzicant! Ich darf ihn recht herzlich begrüßen und mich für sein Engagement über all die Jahre hindurch bedanken. Vielleicht kannst du auch ein wenig das Empfinden mitnehmen, dass die Arbeit nicht umsonst war. Du hast vieles gratis, aber nicht umsonst gemacht. Das ist der wesentliche Unterschied. Lieber Ariel, herzlich willkommen hier in unserem Haus! (Beifall.)

Ich freue mich, dass einer hier ist, der mich als Innenminister durch viele Momente begleitet hat. Ich kannte ihn schon davor, wenn auch nicht persönlich. Dann habe ich durch seine Arbeit kennengelernt, was die Israelitische Kultusgemeinschaft und was die Israelitische Religionsgemeinschaft ist. Für einen Außenstehenden ist das ja nicht immer so leicht, auseinanderzuhalten. Ich denke, er hat es verstanden, mir mit seinem Vizepräsidenten und seiner ganzen Entourage auch wirklich das Wesen mitzugeben. Er steht dafür und er ist nicht nur ein nimmermüder Kämpfer für die Anliegen der Jüdinnen und Juden in Österreich, sondern vor allem auch dafür, dass man im Bewusstsein trägt, dass wir aus der historischen Verantwortung heraus heute die Aufgabe haben, diese Verantwortung wahrzunehmen. Das wäre eigentlich nicht seine Aufgabe und auch nicht die Aufgabe der jüdischen Gemeinde, sondern das wäre eigentlich unsere Aufgabe. Lassen Sie mich Präsident Deutsch, Vizepräsidentin Prutscher und auch Vizepräsident Dawaraschwili begrüßen. (Beifall.)

Manche von Ihnen wissen, dass es bereits eine Vorläuferausstellung gegeben hat. Diese hat aber nicht unsere Erwartungen erfüllt, weil sie ganz einfach zu sperrig gewesen ist. Man muss auch einbekennen, wenn etwas nicht so gelingt, wie man es sich vorstellt und wie es letzten Endes unsere Besucherinnen und Besucher erwarten, dass man dann eine Änderung vornimmt. Niemand ist ohne Fehl und Tadel, daher machen wir auch Fehler, aber dann wollen wir es besser machen. Ich will es gar nicht als Fehler bezeichnen, aber Luft nach oben gibt es bekanntlich immer.

Ich darf mich daher ganz, ganz herzlich bei den Partnern bedanken. Wir haben eine ganze Reihe von Partnern gewonnen, und diese haben das alles auch in der Beratungsleistung ohne eine einzige Gegenleistung gemacht. Das halte ich für besonders hervorstreichenswürdig, weil es zeigt, dass das Anliegen, hier in diesem Haus mitzubegleiten, auch ein Teil von Ihnen ist. (Es ist lautes Schreien eines Kleinkinds zu hören.) – Bleiben Sie hier! Wenn wir das Rufen eines Kindes nicht mehr aushalten, dann hat unsere Gesellschaft versagt. Ich halte ganz anderes aus. (Beifall.) Stellen Sie sich vor, was ich morgen im Hohen Haus wieder an Zwischenrufen erleben werde! (Heiterkeit.) Das ist also nicht einmal der Rede wert, das ist sogar angenehm. Ich habe genug Enkelkinder, ich kenne das.

Ich glaube, es ist für uns toll gewesen, dass sich Yad Vashem eingebracht hat. Ich möchte Haim Gertner begrüßen. Es ist für uns eine große Freude. That you are here is a great honour for us. Perhaps we’ll have the possibility after Easter to get in contact in Israel directly to exchange our experiences once more. Thank you very much for coming. You are welcome here! (Beifall.)

Ich darf mich auch ganz herzlich bei Dr.in Mkayton bedanken, die ebenfalls von Yad Vashem wirklich vieles eingebracht hat und uns wunderbar begleitet hat. Herzlichen Dank für Ihr Kommen!

Ich habe gerade durch Universitätsprofessoren vieles in der Frage gelernt, was Antisemitismus heißt und wie er zu behandeln ist. Ich habe selbst als Historiker lange Zeit im DÖW gearbeitet, und in den Siebziger- und Achtzigerjahren hat es noch ein ganz anderes Verständnis gegeben. Heute, insbesondere durch die Uni Wien, aber auch durch die TU in Berlin, sind es die Protagonisten Professor Armin Lange und Professorin Monika Schwarz-Friesel, die uns begleitet und ganz wesentliche Impulse gegeben haben. Liebe Professores, vielen herzlichen Dank! (Beifall.)

Ich habe es schon vorhin gesagt: Es ist eine Ausstellung, an der Jugendliche viel mitgearbeitet haben. Ich darf mich bei Beatrice Kricheli – wir trafen uns erst kürzlich bei der Verleihung des Simon-Wiesenthal-Preises – und bei all den Likratinos ganz herzlich bedanken, die hier Hand angelegt haben. Ich habe gehört, es sind einige von Ihnen hier. Es ist für uns eine Freude, dass Sie so engagiert sind. Sie wissen, dass dieses Projekt Likrat, auch wenn die Idee aus der Schweiz gekommen ist, von der IKG aufgenommen worden ist. Man soll sich immer das Beste, das man woanders sieht, abschauen. Man muss nicht immer das Rad selbst neu erfinden, man braucht nicht zu eitel sein, um das zu tun. Es ist oft ganz entscheidend, das zu tun. Für Ihre Arbeit ein wirklich ganz, ganz aufrichtiges Dankeschön. Ich habe gleichzeitig eine Bitte: Lassen Sie nicht nach! Es ist eine der wichtigsten pädagogisch wertvollen Vermittlungsarbeiten, die Sie leisten. Ihnen ein herzliches Dankeschön! (Beifall.)

Eine Ausstellung gelingt nur dann, wenn sie auch die nötige Akzeptanz innerhalb eines Hauses hat. Sie kennen das: Die Verwaltung eines Hauses hat Chefs. Die wollen etwas, und dann gibt es so etwas wie eine Styroporschicht; das dringt nie durch, das kommt nie hin, dann wird etwas verzögert, dann kommt etwas nicht an. Das Gegenteil ist hier in der Parlamentsverwaltung der Fall. Ich darf mich wirklich ganz herzlich bei dir, Susanna Enk, und auch beim Leiter unserer Bibliothek Holger Böck bedanken, der dann das Schlusswort halten wird, weil sie das mit dem Herzen mittragen und mitverantworten. Es ist so entscheidend, dass es nicht nur quasi ein Wunsch ist, sondern dass es von uns allen auch so gesehen wird. Der Dritte im Bunde ist der Leiter unserer Demokratiewerkstatt, in der wir dafür letztendlich einen eigenen Workshop entwickelt haben, Leo Lugmayr. Euch dreien ein ganz großes Dankeschön für euren Einsatz! (Beifall.)

Es ist für mich und für das Haus eine schöne Auszeichnung, dass der Oberrabbiner der IKG heute bei uns ist. Herzlich willkommen, lieber Oberrabbiner! Es freut mich, dass du den Weg zu uns gefunden hast. Herzlich willkommen, Oberrabbiner Engelmayer! (Beifall.)

Ich heiße natürlich auch die Generalsekretäre, den amtierenden Nägele und seinen Vorgänger Dr. Fastenbauer, herzlich willkommen! Das zeigt auch die Verbundenheit der Organisation.

Für das Parlament ist der Nationalfonds ganz wesentlich, der schon im Jahr 1995 eingerichtet wurde und peu à peu immer mehr Aufgaben übernommen hat. Durch das neue Gesetz sind wir wieder breiter aufgestellt, haben wesentlich mehr Möglichkeiten, uns zu betätigen. Begrüßen Sie mit mir die frisch gebackene zweite Geschäftsführerin Judith Pfeffer! – Herzlich willkommen! (Beifall.)

Dann gibt es eine ganze Reihe von Illustratoren und Textern wie Wolfgang Schmutz. Dann gibt es noch eine ganze Reihe von Ausstellungskonzeptmachern wie Katharina Knoll und Karin Jaschke. Jeder, der so etwas schon einmal gemacht hat, weiß, dass man quasi immer nur die Spitze des Eisberges begrüßt und dahinter ein richtiges Team steht. Ihnen allen bis hin zu Sebastian Schwarz, vor allem für die Recherche und für die Unterstützung, ein herzliches Dankeschön.

Lassen Sie mich last, but not least eine Dame begrüßen, die Sie dann durch das Programm führen wird! Sie hat mich bei einer Reise nach Auschwitz mehr gelehrt als die historischen Fakten. Es war für mich immer so, dass wir, wenn wir solche Besuche als Nichtjuden gemacht haben, dieses Mitleiden, das Mitempfinden eigentlich nie hatten – noch dazu, weil ich aus einer Art Täterfamilie komme. Es war für mich etwas ganz anderes, mit Menschen in dieses Konzentrationslager zu gehen und das erste Mal zu erleben, wie ein Mensch reagiert, dessen Großteil der Familie im Konzentrationslager Auschwitz umgekommen ist, der aber die Kraft hat, sich aus dieser familiären Geschichte – und das ist epigenetisch bis heute – einzubringen und zu sagen: Ich brauche ganz wesentlich auch für dieses Kämpfen heute eine Möglichkeit. Es freut mich, dass sie auch bei uns im Parlament beschäftigt ist, und sie wird Sie jetzt weiter durch das Programm führen: Rifka Junger, herzlich willkommen bei uns! (Beifall.)

Damit ist mein Part erledigt, und ich freue mich so wie Sie, den heutigen Abend auch durchaus ein wenig zu genießen, aber auch zu reflektieren, dann unten die Ausstellung in Augenschein zu nehmen und vor allem viel Werbung zu machen, damit sie viele Leute besuchen. Sie kommen jederzeit ins Parlament hinein. Sie brauchen einen QR-Code, den können Sie sich zu Hause über unsere Website holen. Sie können auch herkommen. Sie haben jeden Tag von Montag bis Samstag von 9 Uhr in der Früh bis 18 Uhr – Donnerstag ist der lange Abend bis 21 Uhr – die Möglichkeit, diese Ausstellung zu besuchen. Daneben können Sie sich im Kaffeehaus erfrischen. Le‘Chaim! (Beifall.)