Tag der Parlamentsforschung

Donnerstag, 20. Juni 2024
Es gilt das gesprochene Wort.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vertreter der Wissenschaft! Damen und Herren unseres Nationalrates! Frau Dr. Janistyn! Ich darf mich zuallererst recht herzlich bei Dr. Clar und seinem Team bedanken, die diesen Tag der Parlamentsforschung ausgerichtet haben. Ich habe mir ein bisschen die Themen der Paneldiskussionen angesehen: Sie behandeln gerade das, was uns auch umtreibt.

Wenn wir von Parlamentarismus sprechen, konnotieren wir ihn immer mit Demokratie. Wir haben oben in unserer Demokratiewerkstatt über dem Plenarsaal die Gebäude aller 192, 193 Parlamente weltweit en miniature im richtigen Maßstab abgebildet. Wenn wir mit unseren jungen Teilnehmern der Demokratiewerkstatt über Parlamentarismus reden und sie Parlamente aus Belarus oder aus China sehen, dann ist natürlich immer die Frage: Warum gibt es dort auch Parlamente? Das sind doch keine Demokratien. Das heißt, das Parlament ist wesentlich älter als unsere demokratische Regierungsform. Ihnen das zu erklären, hieße Eulen nach Athen zu tragen. Ich freue mich auf spannende Diskussionen.

Ich darf nur von der politischen Seite noch einen einzigen Standpunkt einbringen und ich schaue, dass ich die aufgrund meiner Verspätung verlorene Zeit wieder einhole, sodass Sie um 9.30 Uhr pünktlich starten können: Die Politik schätzt die Wissenschaft sehr. Gerade das österreichische Parlament bemüht sich, sich mit einzelnen Themen, die für alle Parteien wichtig sind, nicht nur aus der singulären Betrachtung einer einzelnen Partei, sondern mit wissenschaftlichen, fundamentierten Argumentationen auseinanderzusetzen, die für einen Common Sense sorgen.

Das betrifft bei uns im Besonderen die Frage der Inklusion, das betrifft bei uns die Frage der Minderheiten, das betrifft zentrale wissenschaftliche Themen wie Artificial Intelligence oder die neuen Formen der Genetik. Eine besondere Frage ist: Welche Gefahren, welche Herausforderungen haben wir uns als demokratische Form zu vergegenwärtigen?

Aus der österreichischen Sicht und aus der Vergangenheit heraus ist natürlich das Thema des Antisemitismus heute in ganz Europa, ja weltweit, eine besondere Herausforderung für uns, weil aus der Forschung hervorgeht, dass Antisemitismus per se antidemokratisch ist und sich uns in einer Breite präsentiert, wie wir das vor wenigen Jahren noch nicht erwartet hätten, obwohl wir – und das sei der Wissenschaft gedankt – das sehr wohl auch im wissenschaftlichen Bereich gesehen haben, nur hat man letzten Endes wie so oft nicht auf die Wissenschaft reflektiert.

So darf ich den Bogen zu Ihrer Arbeit schließen. Ein herzliches Dankeschön! Es wird an der Politik liegen, aufgrund Ihrer Erkenntnisse, die auch für eine Stabilität demokratischer Strukturen, parlamentarischer Strukturen so entscheidend sind, die Grundlagen zu erarbeiten und sie auch in der täglichen Arbeit zu reflektieren.

Wir wissen aber – und das wird Sie nicht sehr glücklich machen –, dass es in der täglichen Arbeit letzten Endes nie um diese reine Umsetzung der Erkenntnisse geht und dass wir immer wieder auch – das gehört zur Demokratie dazu – an den Fragen scheitern, dass wir den demokratischen Parlamentarismus so leben, wie er ursprünglich auch gemeint war.

Mir ist in dieser Diskussion und auch in den Paneldiskussionen wichtig, dass wir auch die Medien als vierte Gewalt mithineinnehmen, denn sie haben nicht nur einen gewaltigen Einfluss auf die Politik, sondern auch auf die Äußerungen hier im Parlament selbst und im Parlamentarismus im Besonderen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen interessanten Austausch, aus welchen Ländern auch immer Sie kommen. Ich freue mich, dass wir so hervorragende Keynotespeaker und -speakerinnen haben. – Herzlichen Dank und einen schönen Tag. (Beifall.)