Dialogplattform
autochthoner österreichischer Volksgruppen
Transkript
verfasst von der Abteilung 1.4/2.4 – Stenographische Protokolle
Montag, 1. Juli 2024
15.03 Uhr – 16.52 Uhr
Lise Meitner Lokal 6
Brigitta Busch (Moderation): Sehr geehrte Damen und Herren, ich
darf Sie zur Dialogplattform autochthoner österreichischer Volksgruppen im
Parlament willkommen heißen! Es ist mir eine große Freude,
zunächst den Initiator der Dialogplattform und Gastgeber der heutigen
Veranstaltung begrüßen zu dürfen: Präsidenten des
Nationalrates Wolfgang Sobotka.
Ich freue mich auch sehr, Parlamentsdirektor Harald Dossi zu begrüßen. Herzlich begrüßen darf ich außerdem die Bereichssprecherinnen und Bereichssprecher für Volksgruppen der im Parlament vertretenen Klubs und Fraktionen, nämlich Herrn Berlakovich, Herrn Drobits, Herrn Bernhard und Frau Theuermann; Frau Abgeordnete Blimlinger wird als Vertreterin der Grünen im Laufe der Veranstaltung zu uns stoßen, sie wird zu Beginn von Deva Zwitter vertreten.
Besonders freue ich mich, die Vorsitzenden im Volksgruppenbeirat in unserer Mitte zu begrüßen: für die kroatische Volksgruppe Herrn Ivancsics, für die slowenische Herrn Olip, für die ungarische Herrn Somogyi, für die tschechische Herrn Hanzl, für die slowakische Herrn Mlynár und für die Volksgruppe der Roma Herrn Emmerich Gärtner-Horvath. Ich möchte an dieser Stelle auch die stellvertretenden Vorsitzenden herzlich willkommen heißen.
Ganz besonders begrüßen möchte ich die drei Vortragenden des heutigen Tages: Nadja Kramer von der Arge privater zwei- und mehrsprachiger Kindergärten, Herrn Bernard Sadovnik, der in einer Doppelrolle da ist und deswegen für den Moment nicht hier bei uns sitzt – er ist Bürgermeister der Gemeinde Globasnitz/Globasnica und Vorsitzender der Gemeinschaft der Kärntner Slowenen und Sloweninnen –, sowie Karl Hanzl in seiner Funktion als Obmann des Schulvereins Komenský, also auch in einer Doppelrolle.
Frau Michaela Brunner, Leiterin der Abteilung für Volksgruppenangelegenheiten im Bundeskanzleramt, kann heute leider aus Krankheitsgründen nicht teilnehmen.
Ich möchte aber jetzt den Initiator der Dialogplattform, den Hausherrn und Gastgeber dieses Forums, Herrn Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka, um seine Eröffnungsworte bitten.
Wolfgang Sobotka (Präsident des Nationalrates): Sehr geehrte Frau Prof.in Busch! Liebe Vertreter der Volksgruppen! Liebe parlamentarische Bereichssprecher! Sehr geehrter Herr Parlamentsdirektor! Ich mache es heute ganz kurz, weil wir, glaube ich, gespannt auf die drei Vorträge warten, um dann letzten Endes zu diskutieren.
Ich habe erst vor Kurzem die Komenský-Schule besuchen dürfen und dort auch einem Unterricht in der Primarstufe beiwohnen können. Was mich fasziniert hat: Wie dort in einer fließenden Form zwischen den Sprachen gewechselt wurde – in einem Satz, in einer Struktur – und die Schülerinnen und Schüler sowohl fließend Tschechisch als auch fließend Deutsch, auch grammatikalisch richtig, geantwortet haben – je nach Neigung der eine eher in seiner tschechischen Muttersprache, der andere eher auf Deutsch. Das war faszinierend zu sehen, auch wie sich die Pädagogik dort entwickelt hat.
Was natürlich uns als Parlamentariern und als Republik ein großes Anliegen ist, ist, dass sich diese Sprachen in Österreich nicht nur erhalten, sondern weiterentwickeln und als dementsprechender Schatz gesehen werden. Ich halte das für entscheidend und notwendig, damit wir mit unseren sechs Volksgruppen – wir kennen alle die Probleme, die wir durch die Mobilität haben – auch in eine gute Zukunft gehen können. Der Spracherhalt ist eine unbedingte Notwendigkeit. Da geht es nicht nur quasi um Traditionserhalt und Kulturerhalt, sondern es geht um den Spracherhalt, den wir pflegen müssen.
Das wird auch für die nächsten Regierungen eine große Herausforderung sein, und je breiter wir dem hier parlamentarisch Nachdruck verleihen, desto sicherer bin ich mir, dass sich das dann letzten Endes auch in einem Programm wiederfindet.
In diesem Sinne darf ich schon wieder an Sie zurückgeben, Frau Professor: Ich möchte mich vor allem bei Ihnen bedanken, Sie haben es sich ein besonderes Anliegen sein lassen, uns auch schon das letzte Mal mit Ihrer Expertise zu begleiten und dies auch jetzt bei dieser Dialogplattform zu tun, um hier wirklich auch das Wesen des Spracherwerbs für uns in der Gemeinsamkeit aufzubereiten.
Ich darf schon wieder an Sie zurückgeben. – Vielen, vielen herzlichen Dank.
Brigitta Busch: Vielen Dank, Herr Nationalratspräsident. – Es folgen jetzt die Grußworte von Parlamentsdirektor Harald Dossi.
Harald Dossi (Parlamentsdirektor): Danke schön, Frau Professorin! Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich werde mich auch sehr kurz halten, weil ja die Inhalte des heutigen Nachmittags im Vordergrund stehen sollten.
Sie wissen, wir machen diese Dialogplattform jetzt bereits zum dritten Mal. Die Kontinuität bei diesen drei Terminen ist, dass es eigentlich immer um das Thema Bildung gegangen ist. Ich glaube, das ist kein Zufall, weil Bildung wirklich ganz an der Wurzel dieser Thematik steht. Wir fragen natürlich bei den Planungen für eine jeweils nächste Dialogplattform auch bei den Volksgruppenbeiräten nach und haben das Thema Bildung so dicht bei den Rückmeldungen und als Priorität genannt bekommen, dass wir auch diesmal wieder auf dieses Thema gekommen sind.
Ich bin sehr dankbar, dass auch diesmal wieder die Abgeordneten, die Bereichssprecher, Bereichssprecherinnen aller im Parlament vertretenen Parteien bereit sind, sich an dieser Veranstaltung zu beteiligen. Das ist uns wichtig.
Wir in der Parlamentsdirektion bemühen uns sehr, das Parlament nicht – ich sage das jetzt sehr salopp – auf eine Gesetzgebungsmaschine zu reduzieren, sondern wir wollen auch einen guten Beitrag leisten – durch verschiedene Angebote, Serviceangebote, Informationsangebote, Dialogplattformen, Studien, die wir zur Verfügung stellen. Wir wollen dadurch die Mandatare und Mandatarinnen auch im Vorfeld bei ihrer politischen Arbeit unterstützen, und diese Dialogplattform ist da, glaube ich, inzwischen ein gutes Beispiel, das man auch durchaus herzeigen kann.
Ich würde vielleicht abschließend nur noch ein kleines bisschen in die Zukunft schauen, nämlich ins nächste Jahr, ins Jahr 2025. Zumindest drei Jubiläen fallen mir für das nächste Jahr ein: Wir werden im nächsten Jahr 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges sein, wir werden 70 Jahre Staatsvertrag von Wien feiern und begehen können – und ich muss Ihnen nicht erklären, wie sehr der Staatsvertrag von Wien auch mit den Rechten der autochthonen Volksgruppen in Österreich verbunden ist – und wir werden nicht zuletzt 30 Jahre Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union gedenken und bedenken können. Ich glaube, alle drei sind Termine, die im nächsten Jahr auch für diese Runde und für das Thema Volksgruppen wichtig sein werden, und ich kann Ihnen versprechen, dass wir – hoffe ich – mit guten Vorschlägen an Sie herantreten werden, wie wir gerade im nächsten Jahr diese Jubiläen gemeinsam besprechen und begehen können.
In diesem Sinne noch einmal vielen Dank für Ihre Teilnahme! – Frau Professor, bitte.
Brigitta Busch: Vielen Dank.
Ich würde jetzt gerne einen kurzen Überblick darüber geben, was uns heute erwartet, und auch ein bisschen auf die anderen beiden Dialogplattformen zurückschauen und in Erinnerung rufen, was dabei erarbeitet wurde.
Festgestellt wurde bei den beiden bisherigen Dialogplattformen einerseits der weiterhin fortschreitende Rückgang bei Zahlen und Kompetenzen von Sprecher:innen der in Österreich anerkannten Volksgruppen – ein besorgniserregender Befund –, andererseits aber – und das gibt Anlass zu vorsichtigem Optimismus – auch das steigende Interesse an einer Wiederaneignung und Revitalisierung der lange Zeit verdrängten und stigmatisierten Minderheitensprachen unter der jüngeren Generation und vonseiten sogenannter neuer Sprecher:innen.
Dieses steigende Interesse lässt sich daran ablesen, dass mehrsprachige Bildungsangebote, die Volksgruppensprachen umfassen, wo immer sie bestehen, verstärkt in Anspruch genommen werden, und dass in den letzten Jahren von verschiedenen Seiten Initiativen gesetzt wurden, um diese Angebote zu verbessern und zu verbreitern.
Wenn ich mir hier ein paar Worte aus meiner Sicht als Sprachwissenschaftlerin erlauben darf, so möchte ich hervorheben, dass Prozesse der Revitalisierung aus mehreren Gründen gestützt und gefordert werden sollten:
Sie können dazu beitragen, durch Verfolgung und forcierte Assimilation gerissene Wunden, die zu Sprachaufgabe geführt haben, zu heilen, und das kommt letztlich der gesamten Gesellschaft zugute.
Bemühungen um Erhalt und Revitalisierung von Minderheitensprachen tragen außerdem dazu bei, Mehrsprachigkeit gesellschaftlich positiv zu bewerten, und ermöglichen es den Einzelnen, ihr sprachliches Repertoire als Grundlage für Bildungserfolg auszubauen. Um dies zu unterstützen gilt es, die bestehenden Bildungsangebote rechtlich und finanziell abzusichern und neue zu schaffen, die auf die speziellen Anforderungen der heutigen Zeit antworten.
Seit der ersten Dialogplattform vor zwei Jahren haben sich einige Punkte als besonders dringlich herauskristallisiert und sind so weit herangereift, dass es meiner Meinung nach nur wenig braucht, um konkrete Ergebnisse herbeizuführen. Das wären erstens der Ausbau und die Förderung der zwei- und mehrsprachigen Elementarpädagogik; zweitens die rechtliche und finanzielle Absicherung historisch gewachsener Einrichtungen im Bildungswesen, auch von solchen, die außerhalb des staatlichen Bildungssystems entstanden sind; und drittens die Schaffung von Bildungsangeboten außerhalb der traditionellen Siedlungsgebiete.
Die Bedeutung der Elementarpädagogik steht heute im Hinblick auf die Entwicklung des sprachlichen Repertoires von Kindern außer Streit. Sie wird deshalb auch als integraler Teil der sprachlichen Bildung verstanden, und das gilt eben nicht nur für Deutsch, sondern umso mehr auch für die Minderheitensprachen, die anders als Deutsch oder Englisch nicht in einer dominanten Position sind. Das hat natürlich auch Konsequenzen für die Aus- und Weiterbildung von Elementarpädagog:innen. Der Elementarpädagogik, im Besonderen den Erfahrungen, die in Kärnten mit zwei- und mehrsprachigen Kindergärten gemacht werden, ist der erste Teil unserer heutigen Veranstaltung gewidmet.
Viele dieser zwei- und mehrsprachigen Kindergärten sind durch private Initiativen aus der lokalen Bevölkerung entstanden, um einen Mangel seitens öffentlicher Träger zu kompensieren.
Das bringt mich zu meinem zweiten Punkt, nämlich zur Aufforderung, solche Bildungsangebote, die sich oft aus bescheidenen Anfängen über Jahrzehnte etabliert und weiterentwickelt haben, so abzusichern, dass ihr Bestand langfristig gewährleistet ist. Ich sehe nämlich eine gewisse Gefahr darin, dass diese gewachsenen Strukturen erstickt werden, indem ihnen – manchmal auch in bester Absicht – aus dem Hut gezauberte, nicht den Gegebenheiten entsprechende Lösungen übergestülpt werden. Privat hat in diesen Fällen nichts mit elitär zu tun, der Zugang zu zweisprachiger Bildung im Minderheitenbereich wird ja durch diese Initiativen nicht eingeschränkt, sondern im Gegenteil niederschwellig ermöglicht.
Ein besonders gutes Beispiel dafür sind die Komenský-Schulen, die in Wien seit fast 150 Jahren tschechischen und in der Folge auch slowakischen Unterricht anbieten. Um sie geht es im zweiten Teil der heutigen Veranstaltung. Vorgestellt wird das innovative pädagogische Konzept, das vom Kindergarten bis zur Matura alle Stufen umfasst. Zugleich wird ein konkretes Projekt zur Diskussion gestellt, mit dem an den Komenský-Schulen die Möglichkeit geschaffen werden soll, in allen österreichischen Volksgruppensprachen zu lernen beziehungsweise bilingualen Unterricht in Deutsch und der jeweiligen Herkunftssprache zu erhalten.
Mit diesem Projekt kann ein erster wichtiger Schritt getan werden, um demografischen Entwicklungen Rechnung zu tragen, nämlich der bildungs- und berufsbedingten, manchmal nur temporären Wanderung aus den traditionellen Siedlungsgebieten in urbane Zentren. Solche Verschiebungen sind nicht nur in Österreich festzustellen, sondern auch in anderen europäischen Ländern, deshalb fordert der Ausschuss, der die Implementierung der europäischen Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten überwacht, in seinem im Mai 2024 beschlossenen Dokument, dass Bildungsmöglichkeiten in Minderheitensprachen auch außerhalb der traditionellen Siedlungsgebiete zu schaffen sind.
Ich komme mit meinem kurzen Rückblick und mit meinem Ausblick auf den heutigen Tag zum Ende und möchte Nadja Kramer als Vertreterin der Arge privater zwei- und mehrsprachiger Kindergärten und Bernard Sadovnik, den Vorsitzenden der Gemeinschaft der Kärntner Slowenen und Sloweninnen, Skupnost koroških Slovencev in Slovenk, um ihren Beitrag bitten.
Bernard Sadovnik (Bürgermeister der Gemeinde Globasnitz/Globasnica & Vorsitzender der Gemeinschaft der Kärntner Slowenen und Sloweninnen): Ich darf Sie alle recht herzlich begrüßen! Vas vse prav prisrčno pozdravljam! Es freut mich sehr, dass die Frage der zweisprachigen Bildung, einer durchgängigen zweisprachigen Bildung, jetzt nicht nur aktiv im Parlament diskutiert wird, sondern was Kärnten betrifft, diese Diskussion im Rahmen von Arbeitsgruppen, die das Bildungsministerium nun aktiviert hat, stattfindet. Letztendlich wurde jetzt ein Schritt gesetzt, der es vielleicht ermöglichen wird, für die Elementarpädagogik, wie auch für den weiteren Bildungsweg klare Forderungen und vor allem klare gesetzliche Rahmenbedingungen zu formulieren.
Als Bürgermeister einer zweisprachigen Gemeinde bin ich ja durchwegs im zweisprachigen autochthonen Siedlungsgebiet unterwegs und muss heute hier berichten – so wie es auch die OGM-Studie sehr klar festgelegt hat –, dass leider Gottes die Abwanderung das Autochthone-Minderheiten-Schulgebiet sehr stark trifft. Wir haben einerseits eine wirklich massive Abwanderung von jungen Menschen, vor allem nach Klagenfurt, Wien und Graz, andererseits ist die Sprachenstruktur ganz eine andere. Wir haben Slowenisch als Umgangssprache in den einzelnen Dörfern nur noch vereinzelt aktiv, wir haben Slowenisch als Umgangssprache auch im öffentlichen Bereich weniger sichtbar und wir haben Slowenisch als Umgangssprache jetzt auch im elementarpädagogischen Bereich als Angebot leider Gottes nicht in diesem Ausmaß, wie es gewünscht wird. – Das ist die eine Seite.
Die erfreuliche Seite ist, dass in Kärnten das Interesse für die slowenische Sprache aus mehreren Gründen stark gewachsen ist. Der eine Grund ist ganz sicherlich auch der wirtschaftspolitische, dass Kärnten in der Alpen-Adria-Region, im Mittelpunkt einer gemeinsamen Region liegt. Für die Zukunft sind Sprachen sehr wesentlich, aber noch wesentlicher ist eine Bestandsaufnahme. Vielen jungen Eltern wurde es leider Gottes in den Jahren, wo die Assimilationspolitik sehr stark war, verwehrt, die slowenische Familiensprache zu sprechen. Diese wollen einen Teil dieser Identität ihren Kindern wieder zurückgeben. Das heißt, das ist ein wesentlicher Faktor, dass es in den Familien wirklich den großen Wunsch gibt, diese Sprache, die die Sprache der Großmutter, des Großvaters war, wieder zu erlernen.
Das bestätigt uns alle auch in unserem Ansinnen, dass die Bildungsfrage eine prioritäre Frage sein muss, wenn wir letztendlich diesen derzeitigen Trend aufhalten wollen. Sonst verschwindet – und das ist wie gesagt sehr drastisch – in den nächsten 30, 40 Jahren in Kärnten die slowenische Sprache als Umgangssprache. Und andererseits ist es die große Herausforderung, dass wir all jenen jungen Menschen, die vor allem in Wien beheimatet sind, die Möglichkeit schaffen, auch ein durchgängiges zweisprachiges Bildungsangebot zu bekommen.
Sehen wir uns diese Folie, die OGM-Studie, an, sie sagt das alles sehr klar und deutlich aus. Wir haben für den Bereich der Primarstufe klare gesetzliche Rahmenbedingungen, damit auch so quasi diesen hohen Anteil an Anmeldungen für den zweisprachigen Unterricht. Wir haben aber in der vorschulischen Kinderbetreuung sehr viele weißen Flecken, auch im Land Kärnten, in der Nachmittagsbetreuung in den zweisprachigen Volksschulen sehr wenig Angebote, die zweisprachig sind, und auch in der Sekundarstufe sehr wenige Angebote, und wenn als Freigegenstand und nicht als Hauptgegenstand, wobei das Minderheitenschulgesetz es verlangen würde, dass auch in der Sekundarstufe ein durchgängiges zweisprachiges Bildungsangebot gewährleistet sein sollte.
Das heißt, wir haben im Minderheitenschulgesetz ganz klare Regelungen für die Primarstufe. Wir müssen es aber nach vielen Jahrzehnten endlich schaffen, auch auf Grundlage schon von sehr vielen erarbeiteten Studien, Festlegungen in den einzelnen Arbeitsgruppen des Bundeskanzleramtes, dass wir alles das letztendlich dann auch in Gesetzen und Verordnungen umsetzen. Ich möchte nur noch eines hinzufügen, weil es sehr oft heißt, in der Elementarpädagogik ist es so, dass die Länder zuständig sind und vor allem die Gemeinden. Es geht aber um die Volksgruppensprache, und da ist der Ansatz sehr wohl gegeben, vor allem auch aufgrund des verpflichtenden Kindergartenjahres, dass wir letztendlich ganz klare Regelungen auf Bundesebene brauchen – seitens des Bildungsministeriums oder im Rahmen eines novellierten neuen Bildungsgesetzes oder auch Volksgruppengesetzes.
Es braucht auf jeden Fall einen durchgängigen Bildungsweg und es braucht vor allem, das muss ich hier ganz klar sagen, ab dem ersten Lebensjahr die Möglichkeit oder das Angebot für die Eltern, die diese zweisprachige Bildung wünschen. Ich würde jetzt in diesem Teil damit abschließen, dass in Eberndorf eine Kindertagesstätte von der AVS gegründet wurde und binnen kürzester Zeit in Eberndorf fünf Gruppen entstanden sind und immer noch eine große Nachfrage besteht. Das Problem ist, dass es in den einzelnen Gemeinden, wo es zwar Kindergärten gibt, eben kein zweisprachiges Angebot gibt. Die Eltern sind dann auch im ländlichen Bereich, und das ist ja noch viel schwieriger als in einer Stadt, was die Mobilität betrifft, eigentlich dazu angehalten, dass sie ihre Kinder, wenn sie diesen zweisprachigen Bildungsweg wünschen, dann an einen zentralen Ort bringen, wo das Angebot besteht.
Warum ich das sage? – Viele Eltern, die in den Familien nur noch deutschsprachig sind und mit den Kindern ab der Geburt nur Deutsch gesprochen haben, diese Kinder, die diese Kindertagesstätte besucht haben und dann zurückgekehrt sind mit drei Jahren in unseren zweisprachigen Kindergarten, diese Kinder haben beide Sprache perfekt gesprochen, haben in beiden Sprachen kommuniziert, nicht nur jetzt im Rahmen des Bildungsangebotes im Kindergarten, sondern auch allgemein.
Brigitta Busch: Ein herzliches Grüß Gott, dober dan, auch meinerseits.
Ich würde jetzt gerne ein bisschen schildern, wie aktuell die Situation in Kärnten – Koroška ist hinsichtlich des zweisprachigen Elementarbildungsangebots. Bei dieser Statistik auf der Folie sind sowohl Kindergärten als auch Kindertagesstätten erfasst, die zweisprachig arbeiten. Wir haben aktuell im gesamten Raum Kärnten 36 Einrichtungen mit 65 Gruppen. Es werden aktuell über 1 300 Kinder zweisprachig gebildet und betreut. Das betrifft ein bisschen mehr als 200 Personen, die wirklich auch hier diesen Dienst ausüben.
Prinzipiell ist es so, dass es auch gesetzlich oder in den Richtlinien vorgesehen ist, dass die Kinder mit beiden Bildungssprachen in annähernd gleichem Ausmaß gebildet und betreut werden. In Kärnten verwendet man das sogenannte sprachpädagogische Konzept nach Dr. Georg Gombos – das finden Sie auch an Ihrem Platz, das ist dieses Handbuch. Dieses Konzept sieht vor, dass die Spracherziehung personen- oder phasenbezogen passiert. Das heißt, eine Person, wenn die Spracherziehung personenbezogen basiert, eine elementarpädagogische Fachkraft spricht nur in der slowenischen Sprache. Das heißt, die Kinder können so auch Sprache ganz klaren Personen zuordnen.
Dieses Konzept wurde seitens der privaten zwei- und mehrsprachigen Kindergärten vor über 25 Jahren entwickelt, ist aber maßgebend auch seit dem Jahr 2022 für die Fördermittel aus der 15a-Vereinbarung. Für die privaten Einrichtungen gibt es seit dem Jahr 2001 das sogenannte Kärntner Kindergartenfondsgesetz, wo es auch eine bestimmte Finanzierungsrichtlinie gibt.
Das, was aber in Kärnten seit dem Jahr 2022 neu ist, ist die Förderung der Zweisprachigkeit durch Fördermittel aus der 15a-Vereinbarung. Warum ist das etwas Besonderes? – Weil wir natürlich gemerkt haben, durch diese Förderung der Bildungssprache Slowenisch wurden klare Voraussetzungen bestimmt, damit Einrichtungen sich dieses Geld abholen können. Eine Voraussetzung ist die Erfüllung des Personalschlüssels. Das bedeutet, dass wirklich auch im personellen Kadar jemand sein muss, der die slowenische Sprache den ganzen Tag, also über die gesamten Öffnungszeiten, vermittelt. Es gibt einen verpflichtenden Besuch von zumindest 16 Stunden Fort- und Weiterbildung zum Thema Zweisprachigkeit, was es bedeutet, mit der Mehrsprachigkeit zu arbeiten, und im Idealfall sollte auch dieses sprachpädagogische Konzept angewendet werden. Das heißt, es gibt erstmals Richtlinien, wie die Zweisprachigkeit gelebt werden sollte, vor allem auch für die öffentlichen Einrichtungen. Die privaten Einrichtungen arbeiten schon seit mehr als 20 Jahren mit diesem Konzept.
Damit Sie eine klare Vorstellung erhalten können, wie diese Fördermittel sich staffeln: Wenn eine öffentliche Einrichtung sich entscheidet, das sprachpädagogische Konzept umzusetzen – was natürlich auch bedeutet, dass sie genug Personal hat –, dann ist ein Personalkostenzuschuss bis maximal 20 000 Euro pro Gruppe und Kindergartenjahr möglich.
Wenn zumindest 10 Stunden Slowenisch in der Woche angeboten werden, können die Einrichtungen einen Personalkostenzuschuss von maximal 3 000 Euro pro Gruppe und Kindergartenjahr erhalten – das gilt bitte für die öffentlichen Einrichtungen –, und für die didaktisch-pädagogischen Materialien zum Themenbereich Zweisprachigkeit gibt es auch für die gesamte Förderperiode einen Zuschuss.
Zusätzlich werden die Mittel aus der 15a-Vereinbarung dafür aufgewendet, mit Kooperationspartnern Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen anzubieten. Das ist, glaube ich, wirklich etwas Positives, was in Kärnten passiert ist, weil es dadurch zu diesem vergrößerten Interesse vor allem auch seitens der öffentlichen Träger gekommen ist, was die Förderung der Zweisprachigkeit und das Angebot an Zweisprachigkeit betrifft.
Bernard Sadovnik: Ja, die 15a-Vereinbarung wurde ja auch hier im Parlament beschlossen. Das Positive an dieser 15a-Vereinbarung ist, dass das Land Kärnten gemeinsam mit der Volksgruppe eine Arbeitsgruppe installiert hat, in der ich und Frau Nadja Kramer die gesamte Volksgruppe vertreten und jetzt bei den Verhandlungen federführend sind.
Das Negative an dieser 15a-Vereinbarung ist leider Gottes, dass es nur eine Kannbestimmung ist. Da spreche ich wiederum Wien an: Mit meinem Kollegen Karl Hanzl haben wir auch versucht, bei der Stadt Wien vorstellig zu werden und es durchzusetzen, und leider bekamen wir als Antwort: Na ja, bitte, diese 15a-Vereinbarung verpflichtet uns nicht dazu, dass wir die Volksgruppensprachen in Wien fördern. In Wien werden alle Mittel eben für die deutsche Sprache eingesetzt.
Das zeigt uns wiederum auf, dass es wesentlich ist, dass wir sehr klare gesetzliche Rahmenbedingungen auch für die Elementarpädagogik in einem Volksgruppengesetz schaffen, um einfach sicherzustellen, dass Land und Gemeinden an dieser Frage nicht mehr vorbeigehen können. Auch in den Gemeinden ist es teilweise noch immer so, auch in Kärnten, dass einzelne Gemeinden nicht bereit sind, im Gemeinderat eine zweisprachige Kindergartengruppe zu beschließen, und dadurch eigentlich wir dazu aufgefordert wurden, private Kindergartengruppen zu errichten und zu organisieren.
Wesentlich erscheint mir die Tatsache, dass wir, wenn Kinder in die Kita und dann in den zweisprachigen Kindergarten einsteigen, eine zusätzliche pädagogische Fachkraft haben. One person, one language ist hier so quasi die Zielorientierung. Das heißt, all jene, die so quasi Slowenisch nicht als Muttersprache haben, bekommen durch diese dritte Person die Möglichkeit, dass die Sprache, die slowenische Sprache oder auch die anderen Volksgruppensprachen, mit besonders hoher Qualität gefördert werden. Das wäre so ein wesentlicher Bestandteil auch einer Regelung auf Bundesebene: dass wir diese Finanzierung, diese zusätzliche Finanzierung durch den Bund gewährleisten. Das heißt nicht, dass das Land von seiner allgemeinen Finanzierung und dass die Gemeinden hier quasi losgelöst werden sollen – nein, das soll eine gezielte Förderung für die Volksgruppensprachen im elementarpädagogischen Bereich sein.
Das wäre auch sehr wesentlich vor allem für Wien. Ich spreche da die Komenský-Schule an, wo ja nachgewiesen worden ist, dass diese Durchgängigkeit eigentlich ein großer Erfolg ist und letztendlich diese Sprachen auch für die Zukunft gewährleistet.
Was das Fachpersonal betrifft, wird jetzt Frau Kramer weiter ausführen.
Nadja Kramer (Arge privater zwei- und mehrsprachiger Kindergärten): Prinzipiell ist es so – man hat es ja auf den ersten Folien gesehen –, dass wir aktuell über 1 300 Kinder in der zweisprachigen Kinderbildung und -betreuung haben, und dafür braucht es natürlich auch gut ausgebildetes elementarpädagogisches Fachpersonal.
Man sieht jetzt auf der Folie ganz kurz, welche Möglichkeiten es aktuell in Kärnten gibt, sich in der Volksgruppensprache überhaupt in diesem Bereich auszubilden. Wir haben auf der Bafep Slowenisch als Freigegenstand – zwei Semesterwochenstunden –, und wenn sich jemand dafür entscheidet, ist das schön, wenn nicht, dann gibt es leider überhaupt keine Ausbildung für eine zweisprachige Elementarpädagogin. Wir haben einen Lehrgang für Kleinkinderzieher:innen im Bildungshaus Sodalitas, der nur zustande kommt, wenn es genug Anmeldungen gibt, weil es natürlich auch immer eine Finanzierungsfrage ist.
Wenn aber das elementarpädagogische Fachpersonal einmal im Dienst ist, dann gibt es natürlich schon spezifische Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, die ja auch gesetzlich verlangt werden – diese 16 Stunden, die ich vorhin erwähnt habe –, und da, muss man sagen, sind wir als Arbeitsgemeinschaft privater zwei- und mehrsprachiger Kindergärten die größten Anbieter. Das Bildungshaus Sodalitas hat meist so zehn Einheiten im Kindergartenjahr im Angebot. Das Institut für Bildung und Beratung und das Hilfswerk Kärnten ziehen inzwischen nach mit, ich sage einmal, circa acht Einheiten im Kindergartenjahr, damit einfach die Nachfrage etwas besser gedeckt wird.
Das Problem, um überhaupt in diese Richtung gehen zu können, ist – und das merken wir in den Verhandlungen auch mit der Bafep und Co –: Wir haben einfach keine Definition einer zweisprachigen Elementarbildungseinrichtung. Was braucht es dafür? Was sind die Qualitätsmerkmale? Was ist überhaupt das Berufsbild einer zweisprachigen Elementarpädagogin? – Solange es keine Ausbildung gibt, gibt es keine Berufsbilddefinition; also das eine hängt immer mit dem anderen zusammen. – Was sind die Anstellungserfordernisse? Wie ist das auch mit der Gewährleistung der zweisprachigen Ausbildung für das Fachpersonal?
Das wird halt jetzt vor allem durch die Erfahrung aus den privaten Einrichtungen irgendwie gelöst. Man hat noch immer hier und da Personal aus der Volksgruppe, manche helfen sich mit dem Personal aus Slowenien, aber solange es keine klaren Definitionen gibt, ist es auch schwer, da etwas umzusetzen.
Damit wir aber nicht zu negativ aufhören, haben wir natürlich auch schon Ideen mitgebracht, womit man dem vielleicht entgegenwirken könnte. Ich glaube, auf der Bafep, die ja doch in Bundeskompetenz ist, wäre es anzuraten, eine eigenständige Abteilung mit didaktischem und sprachlichem Ausbildungsangebot zu machen – also nicht nur die Sprache Slowenisch zu vermitteln, sondern vor allem auch die didaktischen Dinge, also diesen didaktischen Alltag mit der Fachsprache, damit auch das breite Angebot zur Verfügung gestellt wird. Es sollte verpflichtende Praktika in zweisprachigen Einrichtungen geben, damit die Absolvent:innen dann auch wissen, worauf sie sich einlassen. Es braucht eine Aufsicht und Inspektion, und natürlich wären auch zweisprachige Übungskindergärten wünschenswert.
Trotzdem stelle ich die Idee in den Raum – denn wir haben in Österreich eine Sonderposition, vor allem auch in europäischen Gesprächen, weil bei uns die Ausbildung für die Elementarbildung noch immer auf einem schulischen Niveau ist, und in allen anderen Ländern ist sie inzwischen zumindest auf der tertiären Stufe –, ob vielleicht ein neues Modell angedacht werden könnte, auch mit einer Aufwertung der Mehrsprachigkeit hinsichtlich der elementarpädagogischen Ausbildung entsprechend dem System für zweisprachige Lehrer:innen in der Primarstufe, so wie das im Minderheitenschulgesetz geregelt ist.
Meinerseits sage ich vielen Dank, hvala lepa. – Bernard.
Bernard Sadovnik: Ich möchte vielleicht auch Danke sagen, mit einem Satz: Wir denken europäisch. Und wenn wir uns bei diesen Möglichkeiten für die Umsetzung noch ansehen, wie wir grenzüberschreitend gemeinsam mit unseren Nachbarstaaten gestalten können, dann führen wir unsere Kinder wirklich in ein Europa der kulturellen Vielfalt und der sprachlichen Vielfalt – und ich glaube, das soll unsere Zielsetzung sein.
Brigitta Busch: Vielen Dank, Frau Kramer und Herr Sadovnik, für diese Präsentation und auch für diese vielen wirklich sehr konkreten Vorschläge, was getan werden könnte und sollte.
Ich bitte die Zuhörenden, Fragen und Kommentare aufzuschreiben und für später – nach dem zweiten Referat – aufzubewahren.
Ich würde jetzt Herrn Hanzl, den Obmann des Schulvereins „Komenský“ und Vorsitzenden im Volksgruppenbeirat für die tschechische Volksgruppe, um seinen Vortrag bitten.
Karl Hanzl (Obmann Schulverein Komenský & Vorsitzender im Volksgruppenbeirat): Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident! Herzlichen Dank noch für Ihren Besuch bei uns in der Schule – dieser war auch für die Kinder eine sehr, sehr große Freude. – Also noch einmal Danke! Es war für die Schüler, die im Saal anwesend waren und Sie vor Ort erleben durften, eine große Freude.
Meine Aufgabenstellung für heute war – und ich habe es leider nicht auf einer Projektionswand vorbereitet, sondern in einer Mappe –, Ihnen die Situation und überhaupt die Art und Weise, wie die Komenský-Schule und die Komenský-Schulen funktionieren, zu zeigen. Zum Historischen: Auf der erste Seite sehen Sie die Entwicklung der Zahlen der Schüler von 1883 bis 1941 – wobei es da einen Ausreißer gibt: Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg hat es sehr viele Sprachschulen in kleinen Bereichen gegeben, deswegen dieser einmalige Ausreißer.
Dann weiter: Das reguläre Schulwesen hat in der Zwischenkriegszeit eine Blüte erlebt, mit sehr vielen Gebäuden, bis zur Matura – technische Schulen, Handelsschulen und sehr viel Volksschul- und Hauptschulunterricht. Abgeflacht ist alles dann mit dem Eintreten der schwierigeren Jahre 1938, 1939, 1940, 1941; danach war die Schule gänzlich geschlossen und auch aus dem Besitz des Schulvereins herausgenommen.
Wir schauen auf die nächste Tafel: Nach dem Krieg hat es sehr bescheiden begonnen. Sie sehen dann eine Steigerung, die Fünfzigerjahre, und dann einen stetigen Abwärtstrend. Auch große geschichtliche Ereignisse, wie das Jahr 1968 mit einem Ausreißer und das Jahr 1989 mit einem Ausreißer hinauf, können einer Institution nur ein wenig helfen. Wenn sie nicht selbst wirklich einen Beitrag dazu leistet und sich verbessert, kann das nicht und nie funktionieren. Sie sehen – ich habe die Ehre gehabt, die Leitung des Schulvereins im Jahr 1992/93 zu übernehmen –, dass wir dann auch runtergegangen sind. Es braucht im Schulwesen immer wieder ein paar weitere Jahre Vorbereitungszeit, um zu Steigerungen zu kommen.
Interessant – das Schuljahr 2024/25 fehlt –: Wir werden im Schuljahr 2024/25 570 Kinder haben, also einen Höchststand, der mit dem Jahr 1953 vergleichbar ist. Wir werden die 570 das erste Mal knacken und haben zwei komplett gefüllte Schulgebäude und Klassen.
Das ist eine kurze Beschreibung, was der Kindergarten kann, was die Volksschule kann, was das Realgymnasium kann – das werde ich nicht extra vorlesen.
Wir haben immer und laufend unser Programm an die Wünsche unserer Klientel angepasst, und das war und das ist für diese Schule existenziell wichtig gewesen. Unter normalen Umständen wäre, wenn wir so weitergefahren wären – Sie können es auf Seite 3 sehen, wenn Sie diese Linie verlängern –, das Ende etwa mit den 2000er Jahren absehbar gewesen. Wir haben sehr viel gegengesteuert, sehr viel aus eigener Initiative getan. Wichtig war die Einführung des Slowakischunterrichts parallel zum Tschechischunterricht. Das heißt, die Schule wurde zweisprachig, alle Gegenstände werden in Tschechisch, Slowakisch und Deutsch geführt.
Allerwichtigster Teil: der Übergang von der Hauptschule zur Sekundarschule. Das Jahr 1996 war eines der schwierigsten Organisationsjahre für die Schule selbst. Wir haben uns zu der damaligen Zeit auf einen gemeinsamen Weg aller Volksgruppen verlassen, ein Volksgruppengymnasium in Wien zu gründen. Im Jahr 1994 war es so weit, dass für das Jahr 1995, also für den Jahrgang 1995/96, die Unterstufe Volksgruppengymnasium eigentlich nahezu sicher war. Das haben wir auch unseren Eltern vermittelt, die Eltern in der Schule haben bereits mit dem Schuljahr 1995/96 gerechnet, haben auch eingeschrieben, aber das Projekt ist gescheitert. Damit wir die Schule nicht zusperren müssen, haben wir das auf eigene Art und Weise versucht, haben bei uns an der Schule noch einmal ein Gymnasium ausgeschrieben, haben insgesamt 14 Anmeldungen gehabt, haben sehr genau mit dem Unterrichtsministerium verhandelt; die Jugendlichen haben sich angemeldet, 14 Stück, das ist schon wirklich wenig für eine Schule zur Weiterentwicklung. Der Bescheid, der dann gekommen ist, war – trotz aller sehr guten Verhandlungen – zwei Tage nach Schulschluss: negativer Bescheid, wird es nicht geben. Wir haben dann wirklich an die österreichische Regierung, Bundeskanzler, alle Minister, und an den Bundespräsidenten geschrieben und gesagt: Okay, wir haben das tschechische Schulwesen begraben.
Dann ist daraus eine Zwischenlösung geworden, die heißt: Hauptschule wird zur Sekundarschule – also ein Begriff, den es generell schon gegeben hat. Wir sind dann in der Sekundarschule – und das war der große Unterschied – mit dieser ersten Leistungsgruppe durchgefahren und haben uns dann langsam bis zur ersten Matura im Jahr 2004 hinaufgehantelt. Das war der historische Schritt auch gegenüber den Eltern, die Vertrauen in diese Institution gewonnen haben. Vertrauen ist das allerwichtigste Kapital, das wir verwalten, neben den Jugendlichen und den Kindern, mit denen wir arbeiten, die wir in unsere Obhut übernehmen – über die Dauer der Ausbildung sind das im Komenský-Schulverein insgesamt maximal 16 Jahre; viele unserer Jugendlichen treten mit zwei Jahren ein und verlassen die Schule dann mit 18.
Erste Matura 2004, dann haben wir versucht, den Ungarn zu helfen: Wir haben eine Ungarisch-Kindergartengruppe eingeführt, um da auch für eine Belebung zu sorgen, in einer sehr guten Kooperation mit der ungarischen Volksgruppe.
Aufgrund der verschiedenen Problematiken, die sich uns eröffnet haben, mussten wir unser Schulmodell noch etliche Male nachjustieren. Mit dem Jahr 2010 haben wir das Modell Centrope-Schooling entwickelt. Das bedeutet, dass unsere Kinder, die in die erste Volksschulklasse gehen, in ihrer stärksten Sprache eingeschult werden, also entweder in Tschechisch oder Slowakisch oder Deutsch, und in dieser Sprache Schreiben, Rechnen, Lesen lernen, und wir als Schulverein garantieren, dass sie am Ende der zweiten Volksschulklasse zweisprachig sind. Das entscheiden aber die Pädagogen und nicht die Eltern; die Eltern würden da immer knobeln, welche Sprache sie lieber haben, aber das hilft dem Kind nicht. Das Kind muss in der besseren Sprache beginnen und die ersten Schritte machen, und das bewährt sich.
Die Sekundarschule ist dann im Laufe der Zeit zur Unterstufe Realgymnasium geworden. Auch dort konnten wir wieder entscheiden, und wir haben uns für das Modell der Wiener Mittelschule entschieden. Wir sind jetzt, faktisch im heurigen Jahr, ein Realgymnasium mit der Unterstufe nach dem Modell Wiener Mittelschule. Das ist eine Spezialität in Wien, und wir sind diesen Weg deswegen gegangen, weil wir in der Unterstufe zweistufig unterrichten. Das heißt, wir bewerten in einem oberen Teil und in einem unteren Teil, also – jetzt einmal sehr billig zusammengefasst – das heißt, es können die schwächeren Schüler die ersten vier Schuljahre in der Unterstufe besuchen, dann müssen sie in Richtung Polytechnikum gehen, aber wir zerreißen die Gruppen nicht und sie lernen, miteinander umzugehen. Das ist dieser riesige Vorteil der Wiener Mittelschule. Klarerweise geht es dann ab der Oberstufe in Richtung Matura, und da kann sich nur mehr der durchsetzen, der es auch wirklich bis zur Matura bringen kann.
2016 mussten wir mit unseren Kindergartengruppen runtergehen. Die Eltern entscheiden sich immer früher für den Kindergarten. Es verlässt niemand in der Großstadt – oder nahezu niemand mehr – einen Kindergarten, mit dem er zufrieden ist. Wenn er ab eins oder zwei in einen Kindergarten geht und dort Freunde gewonnen hat, wechselt er sehr ungern. Darauf muss man in der Großstadt reagieren. Wir haben deswegen die zwei Jahre angesetzt – für die Einjährigen haben wir auch die räumlichen Bedingungen nicht –, und ich glaube, dass das für uns eine gescheite Grenze ist.
2018: Ganztagesschule, ganz, ganz wichtig. Um es den Eltern abzunehmen, ist die Volksschule eine Ganztagesschule geworden. Das ist ein langer Weg im Schulwesen in Österreich, wie lange man braucht, bevor man irgendwie bestätigt wird und eine definitive Stufe erreicht. Für alle, die nicht im Schulwesen verankert sind: Das sind schon Schmankerln, was die österreichische Bildung liefert. Sie müssen sich vorstellen: So lange wir nicht dieses definitive Stadium des Realgymnasiums erreicht haben, mussten wir jedes Jahr um das Öffentlichkeitsrecht ansuchen.
Das wäre noch nicht so ein Problem, aber wenn Sie um das Öffentlichkeitsrecht ansuchen, bekommen Sie das Öffentlichkeitsrecht in der Regel im Juni des Jahres schriftlich. Solange Sie das Öffentlichkeitsrecht nicht schriftlich haben, werden alle Eltern verständigt – nämlich 270 Eltern –, dass ihre Kinder in eine Schule gehen, in der man unter Umständen keine gerechte Prüfung ablegen kann. Jetzt müssen wir das den Eltern kommunizieren, und wenn die Schule nicht das Öffentlichkeitsrecht bekommt, dann bekommen die Eltern den Brief, dass ihre Kinder – aber erst dann, wenn sie es hat – keine Prüfung in einer öffentlichen Schule ablegen müssen. Das erfahren Sie als Schulerhalter aber erst im Mai oder Juni des Jahres. – Also an den Horror will ich unsere Direktor:innen und den Elternverein und alle Eltern nicht erinnern. Aber - - (Präsident Sobotka: Es ist vorbei!) – Ja, es ist vorbei, es ist ein Schmankerl.
Wir haben, was positiv ist, das Vorschlagsrecht an die Bildungsdirektion für unsere Pädagogen; unser Reservepool, weil wir eine Insellösung sind, ist unsere gesamte Nachmittagsbetreuung, das heißt, auch dort schauen wir, dass wir qualifizierte Lehrer haben, die also einspringen können und dann langsam auch übernehmen können.
Wir haben Bindeglieder geschaffen zwischen dem Kindergarten und der Volksschule und der Volksschule und der Unterstufe mit gegenseitigen Besuchen, Schnupperunterricht, und wir stellen allen Vereinen ab 17 Uhr alle unsere Einrichtungen zur Verfügung. Das hat den Vorteil, dass die Jugendlichen rundherum mit der Institution vertraut sind, und es hat den zweiten Vorteil, dass von den 120 pädagogischen Mitarbeitern, die wir haben, und Mitarbeitern im sonstigen Bereich ein Drittel in den Vereinen de facto entgeltlos tätig ist. Das ist also etwas, wo de facto die neue Gruppe, der neue Nachwuchs an Vereinsfunktionären, an Trainern mit aufgebaut wird.
Es gibt eine spezielle Situation des tschechischen Beirates: Seit der Gründung 1994 verzichten die tschechischen Vereine auf 90 Prozent aller ihnen zustehenden Mittel, nur dass der Schulverein überlebt, und das ändert sich bis heute nicht. Wir haben versucht, sehr viele Spenden von Wiener Tschechen zu lukrieren und haben einen Teil – oder fast einen Großteil – der Umbauarbeiten mit 5 Millionen Euro in den letzten 15 Jahren durch gesammelte Spenden mitfinanziert, und der Schulverein unterstützt 10 Prozent der Eltern bei der Zahlung ihres Schulgeldes, weil diese es sich einfach nicht leisten können.
Unsere wichtigste Positionierung war die Matura. Wir haben es jetzt mit der 20. Maturaklasse gesehen und auch besprochen: Die sagen, das war eigentlich die Schlüsselstelle dafür, dass es sie und diese Schule und die Institution als solche weiter gibt. In der Zwischenzeit sind sieben neue Vereine bei den Tschechen gegründet worden, und sehr, sehr viele neue Funktionäre haben sich entschlossen, doch hier etwas für die tschechischen Vereine und auch für den Schulverein zu tun.
Rückblickend noch eines: Der große Unterschied für mich im Jahr 1994, als es das Volksgruppengymnasium hätte geben können und sollen, war der, dass eigentlich die Tschechen die Einzigen waren, die wirklich etwas zu verlieren gehabt haben, und bei den anderen war es eher so der akademische Bereich. Man kämpft aber nur um das, was man wirklich verliert und was einen wirklich sehr, sehr, sehr viel wert ist. Das schätze ich an denen, die da quasi dieser Schule irgendwo die Freundschaft gehalten haben.
Es ist für uns – unter den Tschechen und Slowaken – eine Verpflichtung, die wir sehen, diejenigen, die es aufgebaut haben und mit aufgebaut haben – wir bieten da den Kärntner Slowenen, den Kroaten, den Ungarn und den Roma die Hand an –, zu unterstützen, dass sie ein Schulwesen in Wien aufbauen können. Wir haben in der Zwischenzeit auch die Baupläne, wir haben einfach die Planung für ein allfällig mögliches Gebäude, das in der Nähe der Schule wäre und das wir auch schulisch mitbetreuen können, denn man kann nicht von Anfang an die richtigen Direktoren haben; das muss in einer Kombination mit der Erfahrung aufgebaut sein, dass es funktioniert. Die Eltern haben nur für eine beschränkte Zeit Vertrauen – wenn sie das Kind nicht in die Schule bringen, dann ist die Zeit vorbei. Und wenn ich es jetzt umlege, dann haben wir 30 Jahre gewonnen und die Slowenen und die Kroaten in Wien haben 30 Jahre vorgegeben – und das ist schade, weil das wichtige Generationen waren.
Damit ist von mir alles gesagt.
Brigitta Busch: Vielen Dank für diese Präsentation.
Ich bin sicher, dass wir in der Diskussion noch auf dieses erfolgreiche Modell Bezug nehmen werden, und insbesondere darauf, wie es auf andere Volksgruppensprachen ausgeweitet werden kann.
Ich darf nun die Vorsitzenden der Beiräte um ihre Diskussionsbeiträge bitten, und da wir ja wenig Zeit haben, würde ich ersuchen, in einer ersten Runde bitte ausschließlich zu den Themen der beiden Referate Stellung zu nehmen oder Fragen aufzuwerfen, und ich muss Sie leider auch bitten, sich aus Zeitgründen sehr kurz zu halten. Wir haben für jeden 3 Minuten Zeit und wir möchten, dass wirklich alle zu Wort kommen.
Also wer würde gerne beginnen? – Bitte, Herr Ivancsics.
Diskussion und Statements der Volksgruppenbeiräte
Martin Ivancsics (Volksgruppenbeirat): Ich bin auch Vorsitzender der ständigen Konferenz aller Beiratsvorsitzenden und habe in dieser Funktion ein Memorandum zum Bildungswesen der Volksgruppen verfasst, über das wir jetzt inhaltlich reden. Ich bin froh, dass wir dieses Memorandum allen Beiräten für die Sitzungen vorgelegt haben, und in allen Beiräten wurde es positiv gesehen und auch mitbeschlossen – mit Ausnahme der Slowenen, die halt unterschiedliche Organisationen beziehungsweise manchmal auch inhaltlich etwas Unterschiedliches wollen.
Das ist kein Problem, weil es so ist, dass wir ja für jede Volksgruppe eigene Ansprüche haben, die nicht für andere gelten – wenn es zum Beispiel darum geht, dass man in den kleineren Einheiten diese Mehrsprachigkeit erweitert. Das ist ein völlig anderes Thema als das jetzt in Wien, und ich bin froh, dass es bisher überall zu dieser positiven – wirklich sehr positiven – Diskussion gekommen ist und dass vor allem auch das Verständnis immer größer wird, dass man nicht mit Genuss zuschauen kann, wenn das sozusagen durch veraltete, 100 Jahre alte Einschätzungen des Bildungswesen abstirbt, weil man zum Beispiel eben zwei Schritte aus der Gemeinde gemacht hat und sein Kind in der Nachbargemeinde einschult und dabei keinen Anspruch auf Ausbildung in der Volksgruppensprache mehr hat. Das ist, glaube ich, ein Faktum, das man beseitigen muss.
Die Motivation für dieses Memorandum war aber vor allem die, dass ich davon überzeugt bin, dass Österreich in seiner gesamten Entwicklung sich so verändert hat, sich auch so ausgebaut hat, dass es doch nicht sein kann, dass das Eckerl, wo die Minderheiten zu Hause sind, unbeachtet bleibt. Damals war eben – ich nenne sie immer: Indianerbestimmungen der Monarchie – das Siedlungsgebiet noch ein, aber ein wichtiger Grund für die Bewertung.
Ein Siedlungsgebiet, das vor 100 Jahren 100 oder 1 000 Einwohner hatte, hat heute manchmal vielleicht nur mehr zehn, weil sich die wirtschaftlichen, die gesellschaftlichen, die sozialen und die sozioökonomischen Gegebenheiten so verändert haben, dass es nicht sein kann, dass wir dieses starre Skelett nicht biegen und anpassen und daraus auch die Idee verwirklichen: Österreich ist stolz auf seine Vielfalt, Österreich schützt diese Vielfalt, Österreich fördert sie, aber es muss dabei zumindest eine gleichmäßige Behandlung geben.
Das heißt, es darf nicht unterschiedliche rechtliche Bestimmungen geben, unterschiedliche Zugänge, sondern man muss eine wirklich gemeinsame Linie haben. Die einzelnen spezifischen Bedürfnisse, die da sind, kann man ja mit einbauen. Aber es kann doch nicht sein, dass wir jetzt zuschauen, wie unsere kroatischen, ungarischen Gemeinden freiwillig ihre Kultur und Sprache aufgeben. Es ist nicht freiwillig, sondern es geht um die Existenz. Sie müssen der Arbeit nachfahren, sie müssen dem Geld nachfahren, und wenn sie die Kinder mitnehmen, dann nehmen sie den Kindern auch diesen Anspruch auf Mehrsprachigkeit.
Brigitta Busch: Ich will mich für Ihr Plädoyer bedanken, dass man die gesetzlichen Bestimmungen den heutigen Bedingungen anpasst und außerhalb der traditionellen Siedlungsgebiete auch etwas schafft.
Als Nächster: Herr Olip, bitte.
Fortunat Olip (Volksgruppenbeirat): Geschätzter Herr Präsident! Liebe parlamentarische Vertreter für die Agenden der Volksgruppen! Die Themen sind mir viel zu wichtig, um in Kleinigkeiten stecken zu bleiben, die soeben von meinem Vorredner ausgesprochen worden sind. Dieses Memorandum hat den slowenischen Beirat nicht gestreift, weil es mit dem Minderheitenschulgesetz in Kärnten nicht kompatibel ist, aber das ist ja zweitrangig, es geht ja um viel mehr bei der Elementarpädagogik.
Wenn wir als Beiratsmitglieder und als Volksgruppenorganisationen in den letzten Jahren aufgefordert worden sind, zu insgesamt neun Gesetzen im Bildungsbereich im Begutachtungsverfahren unsere Stellungnahme abzugeben, dann ist diese Tasche zu klein, dann brauche ich einen Koffer, damit diese Vorschläge da reingehen.
Ich muss mit Bedauern feststellen, dass nicht zu einem einzigen Vorschlag inhaltlich mit der Vertretung der Volksgruppe diskutiert worden ist. Trotz Artikel 8 B-VG, Staatszielbestimmung, verfassungsrechtlicher Regelung des Minderheitenschulgesetzes sind wir nicht in einem Punkt vorwärtsgekommen, wo man Rücksicht genommen hätte und das in den Gesetzen so verankert hätte, dass es klare Regelungen gäbe.
Die Mängel in der 15a-Vereinbarung sind klar angesprochen worden. Ich mache es kurz: Es geht ohne bundesgesetzliche Rahmenvoraussetzungen, klare Richtlinien in Kärnten oder sonst wo sehr wenig bis nichts. Ich glaube, dass für die Volksgruppensprachen und deren Erhalt der Bund, die Regierung, auch das hiesige Parlament zuständig sind, und man möge sich von dieser Verantwortung nicht zurückziehen, sondern sich aktiv vorwärts in Bewegung setzen und auf die konkreten Vorschläge der Volksgruppe eingehen. Wir diskutieren derzeit auf vielen Ebenen.
Weil früher runde Jubiläen angesprochen worden sind: 1995 bin ich als junger direkt gewählter Obmann im Rat der Kärntner Slowenen in die Politik der Volksgruppen eingetreten. Nächstes Jahr sind es 30 Jahre. Über die Bilanz spreche ich lieber ein anderes Mal, sie ist ernüchternd. Und da bin ich ganz kurz bei der Komenský-Schule: Ich bin da einen gemeinsamen Weg mit Karl Hanzl über 30 Jahre lang gegangen, und wir haben immer ein und dasselbe Problem festgestellt: Das System funktioniert, die Mittel sind nicht vorhanden!
Ich kann es ja nicht glauben, dass man in der Republik Österreich nicht ein Rechenmodell erfinden kann, nach dem man pro Kopf und Kind berechnen kann, was eine schulische Bildung für ein Kind, ungeachtet welcher Volksgruppe, in Tschechisch, Slowakisch kostet, von der Infrastruktur über das Personal bis zu den Erhaltungs- und Betriebskosten. Das kann man doch errechnen. Genau in der Höhe müssen dafür die Förderungen Wiens und des Bundes, die Volksgruppenförderung vorhanden sein, sodass die Volksgruppenförderung für die Vereinstätigkeit einsetzbar ist, und für den schulischen Bereich ist natürlich das Bildungsministerium, der Bund, zuständig. Ich kann es fast nicht glauben, dass wir 30 Jahre lang das gleiche Problem wälzen: ein Erfolgsmodell, das anscheinend nicht ausfinanzierbar ist. Ich verstehe das nicht.
Wenn ich bei diesen klaren gesetzlichen Vorgaben des Bundes im Bereich der Pädagogik, der Bildung bin: Ich glaube, da liegen ja alle Dinge vor, es ist nicht schwierig. Das Rezept liegt im Lesen, im wohlwollenden Bearbeiten der Vorschläge der Volksgruppe und in der Umsetzung im hiesigen Haus. Das ist, glaube ich, die Verantwortung vor allem im Hinblick auf zwei ganz bedeutende Jahreszahlen: 2026 – 50 Jahre Volksgruppengesetz. Trotz aller Versprechungen, bei Kompromiss in Kärnten wird es raschest umgesetzt, fehlt diese Umsetzung teilweise noch immer. Ich glaube, nach 50 Jahren ist es fällig, ein modernes Volksgruppengesetz aufzusetzen. Und die zweite Jahreszahl ist: 70 Jahre Staatsvertrag.
Ich appelliere wirklich an das Parlament und jede nachfolgende Regierung, hinsichtlich der konstitutiven Teile des Staatsvertrages, auf dem die Republik Österreich basiert, auf die Volksgruppen nicht zu vergessen. Wir sind Bestandteil dieser Republik und wir brauchen einen gesetzlichen Rahmen, der es uns ermöglicht, dass diese Volksgruppen bestehen bleiben. – Danke schön.
Brigitta Busch: Vielen Dank für diese Intervention und auch den konkreten Vorschlag, das nächste Jahr, die Jubiläen zu nützen, um einige Dinge vorwärtszubringen und die Forderungen zu implementieren.
Als Nächster bitte Herr Gärtner-Horvath.
Emmerich Gärtner-Horvath (Volksgruppenbeirat): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Es wurde heute ein Konzept vorgestellt, zu dem mich interessieren würde – die Frage möchte ich gleich an Karl Hanzl stellen –, wie die Finanzierung ausschauen soll. Gibt es da ein Konzept für die Zukunft für alle sechs Volksgruppen in Wien, also die Roma miteinbezogen?
Karl Hanzl: Ich bin es gewohnt, das immer durchzukalkulieren und zu sagen, was kostet. Ich möchte da noch Nanti antworten: Die Zahlen gibt es ja, da gibt es eine Riesenstatistik des Unterrichtsministeriums, die besagt: Ein Schüler in der Mittelschule kostet im Jahr 13 500 Euro. Die Zahl gibt es. Da ist zwar nicht aufgegliedert, was das Umfeld kostet und was der pädagogische Teil kostet und wie das Ministerium eingerechnet ist. Nach diesen Statistiken ist die Mittelschule die teuerste Schulform, über die sich dann alle anderen in irgendeiner Form beklagen, dass es so ist, und in die die meisten möchten.
Was deine Frage betrifft: Wir haben ein Gebäude in der Nähe gesucht. Das Gebäude gehört den ÖBB. Wir haben das Gebäude umplanen lassen. Wir haben Kontakt mit den ÖBB aufgenommen, und die ÖBB wären bereit, es unter Baurecht 99 Jahre zu vermieten. Wir haben das aber, da wir noch nicht konkreter geworden sind, noch nicht schriftlich vom zuständigen Vorstandsmitglied, aber wir könnten es bekommen, weil auch die ÖBB wieder an Ausschreibungen gebunden sind. Sie werden eine Frage beantworten, aber mehr werden sie nicht tun, und das Haus steht noch immer leer, weil die ÖBB ja nichts verkaufen, und sie können es ja fast für nichts anderes nutzen. Das wäre eine geniale Lösung. Dort könnten alle Volksschulklassen unterkommen, wir hätten dort eine Kapazität von insgesamt 14, mit Nebenräumlichkeiten, und wir hätten vor allem Umbaukosten mit Aufstockung – zwei Stockwerke – von etwa 10 Millionen Euro.
Die ÖBB stellen sich etwa 10 000 Euro im Monat Miete vor, das ist das, was die ÖBB haben möchten, und sie würden einen langfristigen Vertrag hergeben. Und das hätte die Logik dabei, dass wir diese ersten schwierigen Jahre – Überzeugung der Eltern – mit den Direktionen unserer Schulen betreuen könnten. Die Eltern müssen sehen, dass so etwas funktioniert, bevor sie ihr Kind in irgendeine Institution geben, und das können wir nur mit so einem bestehenden Modell gewährleisten. Dann fragen die Eltern die anderen Eltern, dann gehen sie zu denen, die sagen: Auf den Schulverein kannst du dich verlassen, die haben immer alles gehalten!, und das ist schon einmal diese Basis des Vertrauens.
Brigitta Busch: Ist das damit für Sie beantwortet?
Emmerich Gärtner-Horvath: Ich möchte nur den Vergleich ziehen: Wir im Burgenland bekommen ja ein Volksgruppenhaus, und das sind ungefähr die gleichen Kosten, die Herr Karl Hanzl jetzt angesprochen hat, auch was die Mietkosten anbelangt. Wir haben dort auch Veranstaltungsräume, also ich finde, es wäre finanziell wahrscheinlich durchführbar, wenn eben die Mittel zur Verfügung gestellt werden. Da müssten wir, alle sechs Volksgruppen, uns wahrscheinlich konkret zusammensetzen beziehungsweise ein Konzept ausarbeiten und, ja, dann an die nächste Regierung übermitteln.
Brigitta Busch: Aber aus Ihrer Sicht wäre der Bedarf gegeben, auch vonseiten der Roma?
Emmerich Gärtner-Horvath: Vonseiten der Volksgruppe der Roma hundertprozentig, es sind sehr viele auch in Wien tätig, auch im Burgenland. Es heißt ja nicht, dass nur das autochthone Gebiet im Burgenland dem Unterricht, der Bildung nachkommen soll, das müsste auch Wien und wahrscheinlich auch Graz sein.
Brigitta Busch: Danke. – Bitte, Herr Rodt.
Paul Rodt (Volksgruppenbeirat): Danke schön auf jeden Fall an alle, die da sind, dass Sie die Zeit mit uns verbringen, um unsere Themen zu besprechen. Ich möchte auch gleich die Gelegenheit nutzen, noch einmal Herrn Präsident Sobotka zu danken, dass Sie diese Dialogplattform ins Leben gerufen haben, und ich möchte auch, da alle Parteien hier im Parlament vertreten sind, meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass die Dialogplattform auch über die nächsten Wahlen hinaus Bestand haben wird, denn ich sehe es als sehr positiv an, dass wir hier die Möglichkeit haben, auf dieser Ebene Themen anzusprechen.
Um jetzt auf das Schulwesen zurückzukommen: Es ist ganz offensichtlich, dass das das stärkste Thema ist, das wir haben. Ich habe zufällig ein Verfassungsprotokoll eines Verfassungsausschusses vom 19. Juni in die Hand bekommen, in dem auch erwähnt wurde, dass die Volksgruppen mit dem Staatsvertrag gut abgesichert seien.
Dazu möchte ich nur sagen: Das sehe ich nicht so, ganz offensichtlich nicht, sonst hätten wir diverse Themen nicht. Deswegen würde ich meinen, man sollte die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen, dass wir die Sachen, die notwendig sind und bezüglich derer ich mich meinen Vorrednern überall anschließe, auch umsetzen können, auch auf Beamtenebene, denn diese brauchen ein Gesetz, auf das sie sich stützen können.
Meiner Meinung nach sind alle Voraussetzungen, alle Ideen schon da, es ist alles schon geboren und da. Es wäre jetzt eigentlich nur noch nötig, dass man gewisse Sachen hier im Parlament in Bewegung bekommt und ein paar Gesetzesänderungen in die Wege leitet, wie zum Beispiel im Privatschulgesetz die Möglichkeit, eine volksgruppenübergreifende Privatschule zu gründen, weil natürlich ein Minderheiten-Schulgesetz, wie wir es in Kärnten oder im Burgenland haben, in Wien höchstwahrscheinlich unmöglich ist.
Das wäre bitte mein Appell für die Zukunft. – Danke schön.
Brigitta Busch: Bitte, Herr Mlynár.
Vladimír Mlynár (Volksgruppenbeirat): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Vertreter der parlamentarischen Parteien! Es ist mir wirklich wichtig, dass unsere Themen in den Volksgruppenangelegenheiten ein bisschen Wind bekommen, sodass wir nicht in dieser Starre verweilen, die wir seit mehreren Jahren haben. Manche der Leute, die jetzt hier am Tisch sitzen, sind in die Volksgruppenpolitik eingetreten und gehen mit dem gleichen Set-up in die Pension. Das ist nicht gerade sehr motivierend für junge Leute, in diese Volksgruppenpolitik einzusteigen, und deswegen haben wir alle, die wir hier sitzen, mit der Jugend, mit dem Nachwuchs sehr große Probleme.
Ich glaube, jede Investition in die Bildung ist ein Kapital, das eine quasi sehr gute, nachhaltige Verzinsung ergibt. Es wurde schon über das Konzept der Komenský-Schulen berichtet. Es ist uns wichtig, dass da endlich Klarheit geschaffen wird.
Das zweite Thema, das wir Slowaken haben, ist die Mobilität der Volksgruppen. Speziell die jungen Menschen sind nicht an die Straße, an der sie geboren worden sind, gebunden, sondern gehen in die Welt, gehen in andere Städte, auch in Österreich, verlieren alle Rechte, die sie als Volksgruppe haben, und das ist sicher nicht etwas, was der heutigen Zeit entspricht.
Wir müssen uns als eine Volksgruppe über alle Bundesländer hinweg verstehen. Nur so, glaube ich, werden wir auch eine nachhaltige Lösung für die Volksgruppen finden. Es ist mir für unsere Volksgruppe sehr wichtig, dass wir diese Breite erreichen. – Das wäre es von unserer Seite.
Brigitta Busch: Vielen Dank!
Ich glaube, jetzt fehlt nur mehr Ihre Stellungnahme. – Bitte.
Attila Somogyi (Volksgruppenbeirat): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Freunde! – Attila Somogyi von der ungarischen Volksgruppe. – Es ist schon vieles gesagt worden, und ich möchte mich auch für die Möglichkeit bedanken, dass wir die Anliegen der ungarischen Volksgruppe heute hier bei Ihnen vorbringen können und dass alle Parteien, die im Nationalrat vertreten sind, ihre zuständigen Vertreter und Abgeordneten geschickt haben, die sich unserer Probleme annehmen. Das ist, noch einmal, ein großer Fortschritt gewesen, das hat es früher nicht gegeben.
Ich will nur ganz kurz ergänzen – es ist wirklich viel schon gesagt worden –: Karl, du hast vorhin gesagt: die „Schmankerln“; ich bin selber Lehrer am Zweisprachigen Bundesgymnasium in Oberwart und kenne daher auch noch die inneren Dinge. Es gibt manchmal auch gut gemeinte Gesetze, die dann aber wieder Rückschritte bringen, denken wir nur an die Maturareform, die super war, aber die Volksgruppen vergessen hat! Es gibt bei uns seit Neuestem jetzt keine Externistenmatura mehr, das gehört noch repariert.
Was den muttersprachlichen Unterreicht anbelangt: super Möglichkeit natürlich, die gesetzlich da ist, man braucht das Kind nur anzumelden; aber wie ist die Praxis bei uns? – Zumindest in Wien wird es im Herbst ausgeteilt – wehe die andere Schule teilt die unverbindlichen Übungen und all das zum Halbjahr aus. Wer glaubt, dass sich dann die Kinder noch in großer Zahl zu diesem muttersprachlichen Unterricht, der disloziert stattfindet, anmelden, hat wahrscheinlich mit dem Schulbetrieb noch nicht viel Erfahrung gemacht.
Das gehört auch besser gemacht, und vor allem sollte man diesen Kindern, wenn sie sich schon zum muttersprachlichen Unterricht anmelden, diese Jahre für die Matura anrechnen. Das ist momentan nicht der Fall, sie müssen in der Oberstufe dann nämlich Wahlpflichtfächer wählen. Warum geht das beim muttersprachlichen Unterricht nicht? – Heißt ja sogar so, es wäre für mich logisch. Das wäre auch eine Bitte.
Die Externistenmatura habe ich schon erwähnt. – Karl, du hast auch noch gesagt, die Slowenen und Kroaten haben dann 30 Jahre vorgegeben. Wir bräuchten das auch! Man vergisst uns leider immer, auch in manchen Aussendungen. (Zwischenruf von Karl Hanzl.) – Bitte? (Karl Hanzl: ... nicht vergessen, ihr habt sogar einen Kindergarten schon in der Schule!) – Ja eh, aber wir brauchen auch eine Schule in Wien und eine Lösung.
Für uns gemeinsam heißt das: Es ist natürlich super, dass wir jetzt einen Verein haben, der die Interessen der Volksgruppen zusammenfasst. Wir Ungarn sind natürlich auch dabei; und auch wenn in einem Memorandum nicht drinnensteht, dass die Ungarn in Wien seit 1992 anerkannt sind: Wir sind trotzdem da.
Für die nächste Regierung habe ich euch schon einen offenen Brief mitgebracht – ihr kennt ihn schon, ich habe ihn schon am 12.12. übergeben. Wir haben ihn in einer letzten Beiratssitzung noch ein bisschen um die schulspezifischen Dinge ergänzt. Bitte nehmt das mit und lasst es in alle möglichen nächsten Regierungsverhandlungen einfließen. Wir würden uns sehr freuen. – Köszönöm szépen, danke schön.
Brigitta Busch: Vielen Dank für diese sehr konkreten Vorschläge und Probleme aus der Praxis.
Ich glaube, Bernard Sadovnik wollte noch kurz etwas sagen.
Bernard Sadovnik: Danke, ich wollte nur zu Herrn Rodt hinzufügen: Die Möglichkeit, das Bildungswesen vor allem in Wien und auch anderswo in Österreich über das Privatschulgesetz abzusichern, hat auch mit Beschlüssen in allen Volksgruppenbeiräten schon aus dem Jahre 2008 Bestand – das heißt, das wurde von allen Volksgruppenbeiräten schon einstimmig beschlossen.
Es kam dann bei unserem Gespräch auch vom Wiener Vizebürgermeister das Argument: Na ja, in Wien gibt es 180 Sprachen – wie geht man damit um? –, dann werden es alle einfordern. – Wir haben aber eine Staatszielbestimmung, und die autochthonen Volksgruppen sind in dieser Staatszielbestimmung festgehalten, eben auch mit der Förderung und mit der Sprachförderung aller autochthonen Volksgruppen. Das heißt, die Staatszielbestimmung ermöglicht auch die Novellierung im Privatschulgesetz.
Brigitta Busch: Ich möchte mich sehr für diese Stellungnahmen und Diskussionsbeiträge bedanken. Ich glaube, es ist wirklich beeindruckend, wie einig sich alle österreichischen Volksgruppen in dem Befund sind, dass es dringend notwendig ist, auch außerhalb der traditionellen Siedlungsgebiete etwas zu tun, und wie einig sich auch alle darin sind, dass die Komenský-Schule jetzt eine Möglichkeit wäre, so etwas konkret in die Tat umzusetzen.
Es sind jetzt noch sehr viele andere Dinge gefallen, ich habe sie aufgeschrieben – ich denke, nicht nur ich habe sie aufgeschrieben. Ich glaube, alles, was in diesen Dialogplattformen an konkreten Anliegen und konkreten Forderungen und auch an Vorschlägen für das nächste Jahr zur Sprache kommt, ist wirklich wichtig.
Statements der Bereichssprecher:innen für Volksgruppen der Parlamentsfraktionen
Brigitta Busch: Ich würde sagen, wir kommen jetzt laut Programm – und wir sind echt perfekt im Timing – zu den Statements der Bereichssprecher:innen für die Volksgruppen der verschiedenen Parlamentsfraktionen. Ich würde wieder sehr bitten, beim Thema zu bleiben, also bei Bildung und den Fragen, die jetzt gefallen sind. Es ist auch jetzt so, dass wir sehr knapp mit der Zeit sind, daher: 3-Minuten-Regelung, bitte.
Wer möchte beginnen? – Bitte.
Nikolaus Berlakovich (Abgeordneter zum Nationalrat, ÖVP): Ich glaube, es gibt eh eine vorgeschriebene Reihenfolge; Politikern 3 Minuten vorzugeben, ist immer riskant, aber im Parlament sind wir es ja gewohnt, dass wir solche Redezeiten haben.
Aber im Ernst: Ich wollte das unterstreichen, was schon mehrere Rednerinnen und Redner angesprochen haben, die Einführung der Dialogplattform. Auch wenn ich es jetzt von Parteikollege zu Parteikollege lobe, soll das nicht ein simples Lob sein, sondern schon ein konstruktiver Beitrag. Ich bin nämlich schon länger im Geschäft und wir haben hier auf parlamentarischer Ebene noch nie den Bildungsbereich in derartiger Form, in Kontakt mit den Beiräten – ich betone es noch einmal: auf parlamentarischer Ebene mit allen Fraktionen –, besprochen. Oft nämlich – und das ist ja vielleicht auch ein Thema – hat sich das mit Volksgruppen via Ministerien abgespielt, und dort sind vielleicht Strukturen, Kräfte, die gewisse Dinge nicht so wollen; oder wie immer halt.
Es hat anfangs durchaus Kritik an dieser Dialogplattform gegeben, aber ich glaube, es ist ein gutes Modell geworden. Ich meine, die ÖVP hat immer die Grundkonzeption gehabt, dass Sprache im Bildungsbereich, od čuvarnice do svevčilišća, also sozusagen vom Kindergarten bis zur Universität, durchgehend angeboten wird. Dieser Grundsatz gilt, und die Knochenarbeit liegt natürlich im Detail, wobei ich glaube, dass der Bereich, der angesprochen wurde, die Elementarpädagogik - - Ich meine, sagen wir es so: Du hast dich über 30 Jahre Komenský-Schule gewundert. Ich bin schon länger im Geschäft: Im Volksgruppenbereich dauern Dinge so lange, wie sonst kaum im Politikbereich. Denken wir nur an die Ortstafeln: Das kostet ja bis auf die technischen Ortstafeln mehr oder weniger nichts, und das hat 40, 45 Jahre gedauert. Im Burgenland war ich selbst im Verhandlungsbereich dabei, und ich sage jetzt nicht, wer was verhindern wollte, aber so ist es halt.
Das soll nichts beschönigen, aber es ist einfach mühsam und zäh, und da gilt der Dank denen, die durch alle Höhen und Tiefen durchgehen und sich doch durchgebissen haben. Es ist also mühsam, sehr, sehr mühsam; das Bohren der harten Bretter trifft im Volksgruppenbereich wirklich zu.
Elementarpädagogik: Es ist ja schon ein Vorteil, dass erstmals die Förderung der zweisprachigen Kindergärten erwähnt wurde, und dass jetzt auch Geld dafür da ist. Was man schon auch erkennen muss – und daher ist es gut, wenn man das auf den Tisch legt –: So unterschiedlich die Volksgruppen gewachsen sind, so unterschiedlich sind durchaus auch die Bildungsangebote, auch in der Landesstruktur in den administrativen Bereichen. Das ist in Kärnten anders als im Burgenland, allein wenn man an die Kindergärten denkt. Ich will da nicht vom Thema ablenken, aber das macht es mitunter auch komplizierter. Ich finde es gut, dass diese Vorschläge hier gemacht werden. Ich verstehe nicht, warum Wien das in der Elementarpädagogik nicht umsetzt. Ich hätte mir da schon ein bisschen mehr Offenheit erwartet, auch beim Thema der vielen anderen Volksgruppen und anderen Sprachen, die es da gibt.
Letztlich aber zum Bildungsbereich, bei dem ich zwei Themen sehe: Das eine betrifft das, was jetzt diskutiert wurde, die Komenský-Schule. Also noch einmal: Wirklich danke für diese Geduld und die Zähigkeit, die Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen haben. Es muss jetzt aber in diesem Bereich gelten: Ja dazu, für autochthone Volksgruppen – ja, das ist schon historisch nicht schlecht und gewachsen – auch außerhalb des Siedlungsgebietes ein höheres Bildungsangebot anzubieten; die Zeit ist einfach reif dafür. Das müsste spätestens in der nächsten Periode wirklich umgesetzt werden. Ich kenne die Überlegungen, die es gibt, und das ist schon sehr gut, heißt aber noch lange nicht, dass es gewonnen ist – wegen der Finanzierung –, aber es ist zumindest ein sehr positiver Ansatz.
Für mich ist aber ein zweiter Bereich wichtig – verzeihen Sie –, nämlich der Bereich, der sich auf Landesebene abspielt, also neben den Kindergärten auch der Volksschulbereich und der Neue-Mittelschule-Bereich. Was hier angesprochen wurde – Sadovnik hat es, glaube ich, gesagt –: Ich meine, die Kinder sprechen in den Dörfern nicht mehr, das war vor 40, 50 Jahren anders. Man kann jetzt nicht den Schulen alles umhängen, mit Sicherheit nicht, aber ich glaube, das Grundproblem ist doch die Frage: Wie werden die Minderheiten-Schulgesetze, wie wir sie in Kärnten und im Burgenland haben, überhaupt gelebt?
Ich darf erinnern, wir haben hier im Parlament einen Antrag beschlossen – ich glaube, es war sogar einstimmig –, dass diese evaluiert werden sollen; das Ministerium gemeinsam mit den Bundesländern Burgenland und Kärnten, sensibel und ohne Vorwurf: Wie effektiv ist denn das Schulwesen dort in dem autochthonen Siedlungsgebiet? Die Kinder kommen hinein, und was können sie, wenn sie herauskommen, denn es kostet ja doch sehr viel Geld?
Ich ersuche also, diesen Bereich nicht zu vergessen, denn das ist, finde ich, die Basis in den Regionen; und dann das höhere Bildungswesen im anderen Bereich.
Ich bin mir sicher, dass ich jetzt die 3 Minuten überschritten habe, aber mir ist wichtig, dass wir diesen Bereich nicht vergessen. Ich sehe es also als gleichrangig und wichtig, diese Dinge zu lösen. – Herzlichen Dank allen Beteiligten, danke.
Brigitta Busch: Danke sehr.
Ich glaube, wir gehen einfach weiter.
Christian Drobits (Abgeordneter zum Nationalrat, SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Direktor! Geschätzte Vertreter der Volksgruppen! Ich bin zwar nicht Bereichssprecher, aber ich bin burgenländischer Mandatar und habe gelernt, mit Volksgruppen aufzuwachsen und zu leben. Ich selbst komme aus Rotenturm, einer Gemeinde, in der mehrere Volksgruppen zusammen wohnen. Mein damaliger Bürgermeister hat sich schon in den Neunzigerjahren für die Europagemeinde Rotenturm ausgesprochen, und darum weiß ich, welche Bedeutung Vielfalt und Sprache haben.
Ich darf heute hier sitzen, denn ich weiß genau, dass es darum geht, dass wir versuchen müssen, die Sprache als kulturelle und soziale Bereicherung für die nächsten Generationen zu erhalten und zu gewinnen. Ich bin voll dabei, dass das natürlich durch die Abwanderung und durch die Mobilität der Volksgruppen auch außerhalb der Bundesländer erfolgen muss und soll, ich bin aber der Meinung, dass gerade der soziale Aspekt sehr wichtig ist.
Erst vor Kurzem war ich bei einem Gespräch, aus dem hervorging, dass in Würde zu altern auch heißt, sprachliche Barrieren zu überschreiten. Ich glaube, dass Bildung in den Volksgruppen – egal in welcher Volksgruppe – auch für den Betreuungs- und Pflegebereich in Zukunft ganz wichtig sein wird.
Ich nehme heute auch mit, dass wir, egal ob jetzt im ländlichen Bereich oder auch im städtischen, im urbanen Bereich, danach trachten müssen, diese Bildungsmöglichkeiten zu nutzen, um auch in Zukunft gemeinsam ein Altern in Würde zu ermöglichen.
Ich weiß aufgrund der Berichte über die Volksgruppenförderung, die wir im Verfassungsausschuss, der heute angesprochen worden ist, behandelt haben – das betrifft zwar die Jahre 2021, 2022; wir werden auch im Plenum in den nächsten Tagen darüber sprechen –, dass es in letzter Zeit eine Verdoppelung der Summen gegeben hat; auch meine Fraktion war für diese Verdoppelung. Es wird auch wichtig sein, dass man die Effizienz walten lässt und das so aufteilt, dass für alle Volksgruppen das Ergebnis rauskommt, das sie sich wünschen.
Nur: Mir ist wichtig, dass gerade im Burgenland die Roma, die Kroaten und die Ungarn – ich kenne alle drei Vertreter persönlich sehr gut – gemeinsam zusammenleben, das gemeinsam für unsere Volksgruppen erarbeiten. Es gibt viele Pendler in Wien, die gerade aus diesen Volksgruppen sind – du hast es angesprochen, Emmerich –, die wir auch zukünftig brauchen, die wir auch mit Bildung versehen müssen, wenn sie ihre Arbeit in Wien oder in Graz machen.
Ich bin stolz darauf, Burgenländer zu sein, weil ich weiß, dass die Vielfalt der Volksgruppen dort funktioniert. – Danke.
Brigitta Busch: Vielen Dank. Ich darf das Wort gleich weitergeben.
Isabella Theuermann (Mitglied des Bundesrates, FPÖ): Herzlichen Dank, sehr geehrte Damen und Herren! Volksgruppen, die verbinden ja, das ist eine alte Tatsache, und man sieht in ihnen eine Brückenfunktion zwischen den Ländern. Wir alle schätzen ja das Engagement der zahlreichen Vereine und Organisationen, die unsere Heimat Österreich so interessant und seit Jahrhunderten auch lebenswert machen. Eines muss man schon sagen: Von der rechtlichen Stellung und ihrer Akzeptanz her gesehen, genießen die Volksgruppen eine Freiheit und Unterstützung, von der viele andere in anderen Ländern eigentlich nur träumen können.
Dennoch gibt es Kritik: Die Bundesregierung hat seit vielen Jahren die Mittel nicht erhöht, zahlreiche Initiativen erschöpfen sich in Klientelpolitik, Unterstützungen sind von politischer Opportunität abhängig und gleichzeitig wird beklagt, dass die Jugend nicht mehr begeistert werden kann. Da ist die Republik als Ganzes gefordert und gefragt.
Österreich sollte eine aktivere Rolle als Brückenbauer und eine Vorbildfunktion einnehmen und die Zusammenarbeit mit den Ländern intensivieren, in denen diese Minderheiten ja ebenfalls präsent sind.
Da die Republik sich ja Jahrzehnte davor gedrückt hat, Verantwortung für unsere Landsleute jenseits der Grenzen zu übernehmen, ist es endlich an der Zeit, auch etwas zu fordern. Austauschprogramme mit den Nachbarländern sollten unbedingt verstärkt und Initiativen bewusst unterstützt werden – mit einer zentralen Anlauf- und Koordinationsstelle, welche direkt in der Bundesregierung angesiedelt ist. Dies würde zudem dazu beitragen, die Position und die Rechte der Minderheiten in diesen Ländern zu verbessern. Was in Kroatien, der Slowakei und Ungarn bereits gut funktioniert, ist in anderen Ländern noch deutlich ausbaufähig, wo man bereits an der Gründung zweisprachiger Kindergärten scheitert.
Die Sprache ist das Herzstück jeder Kultur, es ist daher von größter Bedeutung, dass wir Programme entwickeln, die die Sprache der nationalen Minderheiten fördern und bewahren. Dies kann durch ein Entsendungsprogramm muttersprachlicher Lehrer an Bildungseinrichtungen mit Lehrermangel und die Förderung von Schulpartnerschaften zwischen den österreichischen Schulen mit Unterricht in der Minderheitensprache und Schulen im Mutterland geschehen. So können Kinder und Jugendliche diesseits und jenseits der Grenzen davon profitieren, gerade in Gebieten, wo die autochthone Bevölkerung durch fremde Zuwanderung ja unter großen Druck geraten ist.
Wir sollten sicherstellen, dass die jüngere Generation die Möglichkeit hat, die Sprache und Kultur ihrer Vorfahren zu lernen und zu leben, das haben wir mehrfach gehört. Österreich hat alle Voraussetzungen, eine Vorbildfunktion für ganz Europa einzunehmen. Wir können auf das, was wir erreicht haben, stolz sein, aber wie bei allem gilt es – und das haben wir auch schon gehört –: Stillstand ist ein Rückschritt! Es gilt, immer wieder bewusst darüber nachzudenken, ob die bisherigen Mittel und Unterstützungen auch noch zukunftsfit sind. Nur so lassen sich die nächsten Generationen für die angestammte Kultur begeistern. – Danke schön.
Brigitta Busch: Ja, vielen Dank. – Bitte gleich weiter in der Reihe.
Eva Blimlinger (Abgeordnete zum Nationalrat, Grüne): Herzlichen Dank! Ich bin auch nicht Minderheitensprecherin, aber immer wieder mit Olga Voglauer im Austausch – die heute leider nicht hier sein kann –, und wir haben da durchaus eine gemeinsame Sicht der Dinge, wiewohl ich keiner autochthonen Minderheit angehöre.
Es seien mir nur zwei Sätze zu meiner Vorrednerin erlaubt: Das Mutterland der autochthonen Minderheit ist Österreich, und genau deswegen leben sie hier und genau deswegen muss man ihre Situation verbessern, stärken und so weiter. Und: Hier sozusagen vom Gemeinsamen zu reden – wessen Partei 30 Jahre lang zweisprachige Ortstafeln verhindert hat –, nimmt doch etwas Wunder.
Ich komme jetzt aber zur Bildungspolitik: Was mir ein großes Anliegen ist, ist, dass wirklich von der Elementarpädagogik bis – ich sage jetzt einmal so – zur Pädagog:innenausbildung oder auch Elementarpädagog:innenausbildung ein Angebot sichergestellt wird. Ich mache es sozusagen von oben herunter. Es gibt immer wieder eine Diskussion zum Slawistikstudium an der Universität Klagenfurt, weil es zu wenig Studierende gibt; was tatsächlich der Fall ist, denn es gibt in Wien mehr. Natürlich wäre es sinnvoll, sozusagen insgesamt ein Slawistikstudium – ich bleibe jetzt bei diesem Beispiel, man kann das bei den anderen auch sagen – zu haben, dass tatsächlich mehrfach wahrgenommen wird. Das heißt, man muss auf universitärer Ebene sicherstellen, dass Lehramtsstudien auf jeden Fall für die Ausbildung zweisprachiger Pädagog:innen sichergestellt werden, und auch im Bereich der Elementarpädagogik.
Dazu ist es meiner Ansicht nach dringend notwendig, das Minderheiten-Schulgesetz zu entländern, das heißt, ein bundesweit einheitliches Minderheiten-Schulgesetz zu machen, unabhängig von der Frage des Siedlungsgebietes, an der es ja immer hängt, sondern ganz grundsätzlich für alle Bundesländer. Weil hier sozusagen immer von Wien die Rede ist: Na ja, Wien – das Einzugsgebiet Niederösterreich müssten wir auch dazunehmen. Das ist also sozusagen so: Wo fangen wir da an, wo hören wir auf? Warum also nicht gleich bundesweit ein Gesetz machen, dass sozusagen öffentliche Schulen Minderheitenschulen sind oder sein können. Dazu ist natürlich aber sicherzustellen, dass es auch das Personal gibt, das heißt, dass die Studien angeboten werden und auch gemacht werden.
Zur Frage des Privatschulgesetzes muss ich ehrlich sagen, das war mir jetzt nicht in der Weise bekannt, und ich verstehe nicht, woran das scheitert, dass also die Errichtung einer zweisprachigen Privatschule nicht möglich sein soll. Es gibt natürlich immer die Frage der Bezahlung der Lehrer und Lehrerinnen – das weiß ich schon –, aber vielleicht können wir dann, wenn das vorbei ist, noch einmal kurz reden, denn an sich, wenn ich mir alle möglichen Privatschulen anschaue, sehe ich ehrlicherweise nicht, woran das scheitern soll. Wir können aber gerne noch einmal darüber reden.
Dann habe ich noch zwei kleine Punkte, weil immer die Rede sozusagen von der Sprache und der Kultur der autochthonen Minderheiten ist: Ich glaube, dass es auch total wichtig ist, wenn man das erhalten will, dass junge Menschen die Sprache sprechen und dass sie sich sozusagen als Kärntner Slowenen, als Romnja oder was auch immer fühlen und diese Identität auch haben, nicht nur quasi eine historisch gewachsene Kultur zu vermitteln, sondern vielmehr Möglichkeiten oder Optionen einzuräumen, eine eigenständige Jugendkultur zu entwickeln. Ich sage das jetzt so als Punkt. Ich denke da an vieles – das fängt bei Musik an und hört aber sicher nicht bei Theater auf –, wo es eben – ich sage es jetzt ganz pointiert – nicht nur um das historische kulturelle Erbe geht, sondern auch darum, Optionen zu schaffen, wo ein modernes, künstlerisches und kulturelles Leben Eingang findet, um sozusagen über das eine Identität in der Volksgruppe herzustellen. Das ist, glaube ich, ganz wichtig, und eine Möglichkeit ist – die Förderung dafür ist ziemlich erhöht worden –, das über den Medienbereich zu machen und das zu nutzen, dass es diese Förderung auch für elektronische Medien und für Podcasts und alles, was dazu gehört, gibt. Das ist das Medium der Jugend – nicht wie in unserer Boomergeneration die Printtageszeitung, die vor der Tür liegt.
Brigitta Busch: Vielen Dank. Jetzt fehlt noch ein Statement.
Michael Bernhard (Abgeordneter zum Nationalrat, NEOS): Vielen, lieben Dank, und auch ein herzliches Hallo von meiner Seite! Die 3 Minuten sind tatsächlich herausfordernd, und ich bemühe mich, auf die wesentlichsten Punkte so konkret wie möglich einzugehen: Ich habe ja mit allen Obleuten der Beiräte auch schon Kontakt gehabt, wir haben als NEOS eine sehr klare Position und unterstützen daher auch die Vorschläge, die von Herrn Olip, aber auch von anderen Vorrednern vorgebracht worden sind, nämlich: dass wir das Privatschulgesetz dahin gehend anpassen, dass die subjektbezogene Förderung bei Schulen tatsächlich möglich wird, dass also jede private Schule – jetzt zumindest einmal eingeschränkt für jene, die Volksgruppensprachen unterrichten – entsprechend der Anzahl an Schülerinnen und Schülern, die dort quasi den Schulbetrieb besuchen, finanziert wird, zumindest im gleichen Ausmaß, wie es bei öffentlichen Schulen ist.
Die Verrücktheit im Moment ist ja jene, dass die Komenský-Schule der öffentlichen Verwaltung beim Geld sparen hilft; das muss man sich einmal so vorstellen. Wir haben daher letztes Jahr im Mai einen Antrag im Unterrichtsausschuss eingebracht, der – sagen wir einmal – noch keine Mehrheit gefunden hat, aber wir arbeiten noch daran. Wir werden das auch gerne, was den Vorschlag der möglichen Erweiterung der Komenský-Schule – wie auch immer das dann genau heißt – in Richtung der weiteren Volksgruppen betrifft, bestmöglich unterstützen.
Ich sage auch offen, es braucht beide Ebenen, also es braucht die Bundesebene und die Landesebene. Herr Hanzl weiß es, bei der Landesebene habe ich mir zuletzt die Zähne ausgebissen, parteiübergreifend die Zähne ausgebissen. Hintergrund ist – dafür möchte ich auch werben –, dass die Volksgruppen am besten wirklich in Kooperation ihre Vorstellungen bei Regierungsverhandlungen direkt einbringen, und zwar auf der Landesebene wie auch auf der Bundesebene, denn beispielsweise in Wien ist solch ein Umschwenken, wenn es nicht im Programm drinnen steht, nahezu unmöglich. Glücklicherweise gibt es ja bald die nächste Wahl und danach die nächste Möglichkeit, aber das wäre aus meiner Sicht auch etwas, was die Volksgruppen noch aktiver beitragen könnten.
Ich möchte quasi zuerst mit der Ungeduld und dann mit einem Dank weitermachen: Dass wir jetzt in der dritten Runde inhaltlich so konkret werden, finde ich großartig. Ich bin noch keine 30 Jahre in der Volksgruppenpolitik, sondern nur vier, aber ich finde, dass wir auch über die nächsten Schritte konkreter nachdenken müssen, denn wenn konkrete Vorschläge auf dem Tisch liegen, dann muss man auch überlegen, wie man sie weiterträgt.
Ich glaube, dieses Weitertragen ist das, was in der Vergangenheit nicht funktioniert hat. Das heißt, dass die Politik immer sehr freundliche Nasenlöcher gemacht hat, wenn ich das so salopp formulieren darf, aber danach nichts geliefert hat. Daher wäre es für mich schon wichtig, dass man, wenn es die nächste Runde gibt, nicht ein neues Thema aufmacht, sondern das Thema vertiefend überlegt: Wie kommt man auf Bundesebene und auch auf Landesebene ans Ziel?, denn egal, wie viele Politikerinnen und Politiker die Komenský-Schule besuchen und danach begeistert sind, die Komenský-Schule kann sich nichts davon kaufen. Wenn es nachher also keine Beschlüsse gibt, bleibt nichts übrig.
Daher auch der Dank an den Herrn Präsidenten, dass man das Dialogforum eingeführt hat – das war ein wichtiger Schritt –, aber man muss es entsprechend weiterdenken.
Es gäbe noch viel, viel mehr zu sagen, was jetzt in den 3 Minuten Redezeit keinen Platz hat. Abschließend zwei Punkte in zwei Sätzen:
Ja, wir sind dafür, dass wir das Einzugsgebiet tatsächlich auflösen – in allen gesetzlichen Bestimmungen, auch dort, wo es verfassungsgebende sind – und quasi das Gebiet der Republik Österreich als Einzugsgebiet und Siedlungsgebiet der Volksgruppen nehmen, weil in der heutigen Zeit von Vorarlberg bis zum Burgenland kein junger Mensch geografisch irgendwie eingesperrt werden sollte. Dazu gäbe es viel zu sagen, da setzen wir als NEOS uns entsprechend ein.
Und das Letzte von dem, was ich sagen möchte, ist, dass wir für den ländlichen Raum neue Modelle brauchen, auch in der Kleinkindbetreuung, also wirklich mit einem kleinen Betreuungsschlüssel, vielleicht auch viel kleineren Gruppen, die vielleicht auch kostengünstiger sind, weil wir zu keiner Lösung kommen, wenn wir in kleinen Gemeinden nicht direkt Betreuungsverhältnisse schaffen, weil das dann automatisch dazu führt, dass die Familien wegziehen.
Es gäbe viel mehr zu sagen, aber ich hoffe, das Wichtigste erwähnt zu haben. – Vielen Dank.
Brigitta Busch: Vielen Dank allen Redner:innen. Ich freue mich sehr, auch darüber, dass Sie die Redezeit wirklich ziemlich gut eingehalten haben.
Inhaltlich, muss ich sagen, finde ich toll, dass es doch einen Konsens über die Notwendigkeit, für Bildungsmöglichkeiten außerhalb der traditionellen Siedlungsgebiete zu sorgen, gibt und dass es auch einen Konsens gibt, dass da schneller Handlungsbedarf besteht und dass wir eigentlich bei bestehenden Strukturen anknüpfen sollten und diese weiter ausbauen sollten.
Ich denke, mit diesen Dialogplattformen – das haben schon einige gesagt – wurde ein Raum der Begegnung und des Austauschs eröffnet, in dem Vertreter:innen der bisher sechs in Österreich anerkannten Volksgruppen mit Vertreter:innen des österreichischen Parlaments zusammenkommen, um konkrete Anliegen zu besprechen.
Vielleicht ist es damit gelungen, die Volksgruppen nicht nur symbolisch ein Stück weit vom Rand in die Mitte zu rücken, sondern auch physisch in das neu renovierte Parlamentsgebäude am Ring.
Mit dieser dritten Plattform innerhalb von drei Jahren können wir nicht nur feststellen, als wie fruchtbar sich dieser Ort der Begegnung erwiesen hat, sondern auch den Wunsch verbinden – und das haben viele ja gesagt –, dass diese Zusammenkünfte auch in künftigen Legislaturperioden weiter bestehen.
Es scheint mir, dass im Moment viele Faktoren zusammenkommen, die zusammengenommen einen großen Schritt nach vorne möglich machen. Wir sollten dieses Window of Opportunity, wie man auf Neudeutsch sagt, nicht vorüberziehen lassen.
Ich würde Sie, Herr Nationalratspräsident Sobotka, jetzt um die Abschlussworte bitten.
Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren, danke für die Beiträge.
Ich glaube, es ist eine gesetzliche Herausforderung, außerhalb der ursprünglichen Siedlungsgebiete für die Bildungsstruktur zu sorgen, und dabei die größte Herausforderung, welchen Weg man wählt.
Artikel 14 der Verfassung sieht eine Aufteilung der Kompetenzen zwischen dem Bund und den Ländern vor. Vielleicht kommt es zu einem Entwurf, der vorsieht, dass man in der nächsten Legislaturperiode auch daran dreht, dass Zuständigkeiten bereinigt werden, denn wir haben ja unterschiedliche Zuständigkeiten, das wissen Sie: Kindergärten, Volksschulen, Mittelschulen und dann die Gymnasien und die weiterbildenden Schulen. Das wäre schon ein gewisser Ansatz.
In allererster Linie liegt aber der Schlüssel, meine ich, im Privatschulgesetz. Der Bund kann meines Erachtens nach der derzeitigen Verfassung beim Rahmen nicht mehr vorgeben, als er jetzt tut. Er kann letzten Endes nur im Privatschulgesetz eine andere Förderung organisieren . Mit dem Privatschulgesetz können Sie jede zweite oder dritte Sprache, wenn Sie es betreiben, letzten Endes überall organisieren.
Man muss damit immer verbinden: Die sechs Volksgruppen haben einen Rechtsanspruch. Dieser Rechtsanspruch bezieht sich natürlich auf das Siedlungsgebiet. Der Rechtsanspruch ist aber, wenn das für alles gilt, praktisch nicht durchsetzbar, weil es totes Recht ist.
Wir brauchen also, meine ich, eine vernünftige legistische Überlegung, wie wir das am besten machen. Ich glaube, der Konsens ist so weit klar, dass wir diese Intention haben.
Ich werde mich selbst auch bemühen, auch wenn ich aus dem Amt ausscheiden werde, das mit den entsprechenden Möglichkeiten noch aufzubereiten, dass wir schauen, welche Möglichkeiten sich legistisch böten – ich bedanke mich bei Thomas Kassl und seinen Mitarbeitern für die Vorbereitung im Parlament –, dass das auch weitergeführt wird, denn ich glaube, das ist im Sinne von uns und aller Parteien, so unterschiedlich die Stellungnahmen natürlich sind.
Ich habe alle vier Bundesländer im Auge, das sind Wien, das Burgenland, die Steiermark, nicht zu vergessen – ich war dort auch im Zentrum der kroatischen Minderheit, die das dort gar nicht haben, die eigentlich in der Luft hängen, sich das privat irgendwie organisieren; eigentlich sehr beeindruckend –, und natürlich Kärnten. Das ist unsere größte Herausforderung.
Ich kann nur dafür sorgen, dass wir versuchen, diese Situation legistisch mit mehreren Dingen zu prüfen, und werde versuchen, diesbezüglich selbst noch Vorschläge zumindest auf den Tisch zu legen, dass wir einmal sehen, wie man das regeln könnte.
Ich scheitere derzeit schon an der Situation, dass, was Sie, Herr Direktor Hanzl, gesagt haben, das Öffentlichkeitsrecht den Musikschulen entzogen wird, wenn zur Musikschule eine andere Schulform angeboten wird, die den Kunstunterricht fördert, weil man damit über das Statut hinausgeht und damit eigentlich das Öffentlichkeitsrecht entzogen wird.
Wir müssen also über das Privatschulgesetz insgesamt neue Überlegungen anstellen, wie wir das organisieren, damit wir diese Vielfalt, die im Bildungssektor notwendig ist, vielleicht erreichen. Das wäre vielleicht der einfachste Weg, dass wir das organisieren.
Das nehme ich mit und bedanke mich für Ihre Geduld und vor allem, Frau Prof. Busch, für Ihr Engagement, das uns sehr geholfen hat, dieses Thema wirklich einmal bewusst zu machen.
Es ist ein Thema und es ist für uns ganz wesentlich, dass wir uns dieses Themas des Spracherhalts annehmen, denn wenn das gelingt, dann können wir auch – Sie kennen die Situation, wir haben Themen der Integration – über andere Schultypen nachdenken. Wir wissen ja ganz genau, dass wir auch anderssprachige Schultypen haben, die derzeit natürlich niemand angeht – aus Sorge um die Eigenständigkeit. Wenn das Bekenntnis in diesen Schulen gegeben ist, beide Sprachen gleichzeitig zu lernen, ist das zu begrüßen. Das ist gut, das hat man eindrucksvoll bei Ihnen gesehen. Wir wissen alle, dass Deutsch als Sprache gekonnt werden muss, um auch die soziale Mobilität und die berufliche Mobilität zu erhalten – unter Beibehaltung seiner zweiten Sprache. Das geht.
Wir sollten alles tun, um das zu bewahren, dann könnte das vielleicht auch ein gutes Modell für Integration bei anderen Dingen und Themen sein. Aber das ist, ich will nicht sagen, ein frommer Wunsch, aber ein Wunsch von mir. Ich werde alles tun, in allen anderen Funktionen noch dazu beitragen, dass dieses Thema weiterhin in dieser Form behandelt wird. Jedenfalls herzlichen Dank für Ihre Arbeit! (Beifall.)
Brigitta Busch: Jetzt gäbe es natürlich sehr viel zum Weiterdiskutieren, aber wir sind am Ende der heutigen Veranstaltung angelangt.
Fortunat Olip: Ich darf mich als einer der Dienstältesten noch kurz an den Präsidenten wenden und mich erstens einmal dafür bedanken, dass es möglich war, im Rahmen dieser Dialogplattform viele Themen und Dinge, die uns am Herzen liegen, anzusprechen, und dass wir bei Ihnen Gehör gefunden haben.
Und zum anderen, wenn ich die parlamentarische Vertretung für Volksgruppenagenden hier sehe, darf ich den Wunsch und die Bitte äußern, die Volksgruppen im nächsten Regierungsprogramm als fixen Bestandteil drinnen zu behalten (Abg. Blimlinger: Das waren Sie jetzt aber eh!) und einen parlamentarischen Ausschuss, der sich laufend mit den Agenden der Volksgruppen beschäftigt, einzusetzen, damit hier nicht Regierung und Parlament parallel laufen, sondern die Dinge wie aus einem Guss gemacht werden.
Wolfgang Sobotka: Diesen Wunsch haben wir schon vom letzten Mal mitgenommen. Ich werde das auch weitergeben, so ich noch eine Möglichkeit habe, das zu tun. Ich halte das für wichtig, ja.
Brigitta Busch: Ich will mich trotzdem noch einmal im Namen aller bei Ihnen, Herr Nationalratspräsident, wirklich sehr herzlich bedanken, dass Sie diese Dialogplattforum Volksgruppen ins Leben gerufen haben. Ich glaube, das ist eine tolle Sache, und ich glaube, wir haben mehr erreicht, als wir vor dem ersten Zusammenkommen gedacht haben.
Ich wünsche allen einen schönen Sommer und hoffe, dass wir uns im Herbst wiedersehen.