Transkript der Veranstaltung:
Festakt anlässlich 100 Jahre Bundes-Verfassungsgesetz

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(Es folgt ein Musikstück.)

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(Beifall.)

Gerald Gross: Meine Damen und Herren! 25 Jahre EU-Beitritt, 75 Jahre Zweite Republik und 100 Jahre österreichische Bundesverfassung sind die rot-weiß-roten Meilensteine, an die wir in diesem Gedenkjahr 2020 erinnern wollen.

Apropos Rot-Weiß-Rot: Das farbige Leitsujet, das uns dieses Jahr bei allen Veranstaltungen begleitet hat und noch immer begleitet, ist eine fiktive Flagge, die sich aus den Farben aller Flaggen der EU-Mitgliedstaaten zusammensetzt, nach ihrer Häufigkeit gewichtet.

1920 war, vor allem was die zweite Jahreshälfte betrifft, ein innenpolitisch spannendes Jahr: Im Juni ist die eineinhalb Jahre dauernde Koalition aus Christlichsozialen und Sozialdemokraten zu Bruch gegangen, für Mitte Oktober wurden Neuwahlen anberaumt. Man hatte also nur wenig Zeit, um dieser jungen Republik eine neue Verfassung zu geben.

Nach knapp drei Monaten und 18 Sitzungen mit dem sprichwörtlichen zähen Ringen war es dann so weit: Am 1. Oktober 1920 hat die konstituierende Nationalversammlung das Bundes-Verfassungsgesetz beschlossen.

Heute feiern wir Geburtstag – dazu heiße ich Sie willkommen und begrüße an dieser Stelle auch die Zuseherinnen und Zuseher, die via ORF III bei diesem Festakt dabei sind.

Meine Damen und Herren, herzlich begrüßen darf ich zunächst die Gastgeber der heutigen Veranstaltung: den Präsidenten des Nationalrat, Mag. Wolfgang Sobotka und die Präsidentin des Bundesrates, Dr.in Andrea Eder-Gitschthaler. – Herzlich willkommen! (Beifall.)

Es freut uns außerordentlich, dass Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen und seine Gattin, Mag.a Doris Schmidauer, der Einladung gefolgt sind. Ich heiße Sie hiermit ebenfalls herzlich willkommen! (Beifall.)

Des Weiteren freuen wir uns über die Anwesenheit zahlreicher Vertreterinnen und Vertreter der in Österreich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften. Ich begrüße stellvertretend Seine Eminenz Kardinal Christoph Schönborn. (Beifall.)

Ganz herzlich begrüßen darf ich alle anwesenden Mitglieder und ehemaligen Mitglieder der Bundesregierung, an deren Spitze ich Vizekanzler Mag. Werner Kogler willkommen heißen möchte. (Beifall.)

Wir freuen uns außerdem sehr, den Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes, DDr. Christoph Grabenwarter, die Präsidentin des Rechnungshofes, Dr.in Margit Kraker, Frau Bundeskanzlerin außer Dienst, Dr.in Brigitte Bierlein, die im Rahmen der heutigen Podiumsdiskussion noch zu Wort kommen wird, sowie Herrn Nationalratspräsidenten außer Dienst, Dr. Andreas Khol, bei uns begrüßen zu dürfen. (Beifall.)

Herzlich begrüßen möchte ich des Weiteren alle anwesenden Klubobleute, Fraktionsvorsitzenden und Volksanwälte, den Vizepräsidenten des Bundesrates und die Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichtshofes, alle ehemaligen Mitglieder der Präsidien, des National- und Bundesrates, sowie alle aktiven und ehemaligen Abgeordneten zum Nationalrat, zum Europäischen Parlament und die Mitglieder des Bundesrates. – Auch diese haben sich natürlich einen Applaus verdient, meine Damen und Herren! (Beifall.)

Namentlich begrüßen möchte ich außerdem die weiteren Teilnehmer an der Podiumsdiskussion, auf die ich mich schon freue: Parlamentsdirektor Dr. Harald Dossi, sowie den Geschäftsführer des Hans-Kelsen-Instituts Universitätsprofessor Dr. Thomas Olechowksi. (Beifall.)

Last but not least: ein herzlicher Willkommensgruß an die Mitglieder des Selini-Quartetts, die die heutige Veranstaltung musikalisch so wunderbar umrahmen und begleiten. Danke schön! (Beifall.)

„Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.“ – Dieser berühmte Artikel 1 unserer Bundesverfassung ist weithin bekannt, und auch, wie ich denke, der 2. Satz, also Artikel 2: „Österreich ist ein Bundesstaat.“ – Das bundesstaatliche oder föderalistische Prinzip ist also in der Verfassung festgelegt. Die zweite Kammer des Parlament ist Ausfluss dessen.

In Artikel 34 heißt es: „Im Bundesrat sind die Länder im Verhältnis zur Bürgerzahl im Land vertreten.“ – Ich darf jetzt die Präsidentin des Bundesrates, Dr. Andrea Eder-Gitschthaler um ihre Begrüßung bitten.

Andrea Eder-Gitschthaler (Bundesratspräsidentin, ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Sehr geehrte Festgäste! Ich darf Sie herzlich hier in der Nationalbibliothek zum Festakt „100 Jahre Bundes-Verfassungsgesetz“ begrüßen. Ich bin sehr froh, dass wir diese Veranstaltung hier abhalten können. Erlauben Sie mir aber bitte zu Beginn, darauf hinzuweisen, dass diese Veranstaltung nur unter strengen Auflagen stattfinden kann. Daher ist es wirklich von großer Wichtigkeit, dass alle Gäste den ihnen zugewiesenen Sitzplatz auch einnehmen und diesen für die gesamte der Veranstaltung beibehalten. Vielen Dank an die Parlamentsdirektion für die hervorragende Aufbereitung und Organisation! (Beifall.)

Wir feiern heute das 100-jährige Bestehen unserer Bundesverfassung, das B-VG, wie es zumeist genannt wird, ist eine der ältesten Verfassungen Europas. Dennoch hat es gerade in diesen letzten Jahren eine beachtliche Vitalität gezeigt. Sie, Herr Bundespräsident, haben letztes Jahr von der Eleganz unserer Verfassung gesprochen.

Einer Hundertjährigen sieht man üblicherweise mit Anerkennung, Respekt und liebevoller Zuwendung entgegen. Eine Hundertjährige kann aber auch unbequem und herausfordernd sei, wenn sie uns etwa die Grenzen unseres politischen Spielraumes aufzeigt, jene Grenzen, um die in der Entstehungsphase des B-VG hart gerungen wurden, um zum Grundkonsens unserer Gesellschaft zu finden.

In den ersten Monaten unserer Republik waren es vorwiegend die Länder, die Staatsgewalt ausübten. Die Länderkonferenzen der Jahre 1919/1920 bildeten eine wichtige Grundlage für die Konsolidierung der Staatsgewalt in der Ersten Republik und für die Ausarbeitung der Bundesverfassung. Im Prozess der Kompromissfindung konnten sich vor hundert Jahren die Länder zunehmend weniger behaupten. Kelsens Entwürfe zur Kompetenzverteilung waren zunehmend zentralistischer.

Bis heute ist das B-VG ein Bundesstaatenkompromiss, gerade was die Kompetenz der Bundesländer oder des Bundesrates betrifft. Vielleicht ist es auch typisch österreichisch, dass mit der Landeshauptleutekonferenz, zu dem ein Organ außerhalb der Verfassung existiert, Einfluss auf unser politisches Geschehen im Bundesstaat ausübt.

Unsere Hundertjährige ist offensichtlich nicht nur elegant, sondern auch sehr tolerant, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Miteinander unserer Bundesländer prägt unseren Bundesstaat bis heute. Der Föderalismus des B-VG war und ist wesentliches Element zur Identitätsbildung und zum Zusammenhalt in Österreich. Ich möchte Ihnen einen Satz von Bertrand Russell, Nobelpreisträger für Literatur, in diesem Festakt mitgeben: Das Einzige, was die Menschheit zu retten vermag, ist Zusammenarbeit und der Weg zur Zusammenarbeit nimmt im Herzen der Einzelnen seinen Anfang. – Föderalismus ist mehr als ein Organisationsprinzip: Es ist Ausdruck des unbedingten Willens, im Miteinander die Zukunft zu finden und sich im gegenseitigen Respekt gemeinsam auf den Weg zu machen. Föderalismus ist keine Kopfgeburt, sondern es ist eine Herzensangelegenheit. Das gilt auch für das Bundes-Verfassungsgesetz.

Mögen wir die Hundertjährige weiterhin nicht nur im Kopf, sondern auch in unseren Herzen tragen! Vielen Dank! (Beifall.)

Gerald Groß: Vielen Dank, Frau Präsidentin! Die Wirkungsbereiche der Bundesministerien, die Beziehungen des Bundes zu den Bundesländern, sowie die Beziehungen Österreichs zur Europäischen Union, das sind Themenstellungen für den Verfassungsdienst, der im Bundeskanzleramt angesiedelt ist. Seine Aufgaben sind legistischer Natur, er ist aber auch Rechtsgutachter des Bundes und, wenn man so will, Anwalt der Republik. Als Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt dafür zuständig ist Frau Bundesministerin Karoline Edtstadler, die ich jetzt um ihre Grußworte bitten darf. (Beifall.)

Karoline Edtstadler (Bundesministerin für EU und Verfassung): Hochwürdiger Herr Kardinal! Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Herr Präsident des Nationalrates! Frau Präsidentin des Bundesrates! Herr Vizekanzler! Frau Bundesministerin! Geschätzte Fest- und Ehrengäste! Artikel 1 der Bundesverfassung wurde bereits zitiert. Man kann es aber nicht oft genug sagen, und ich möchte es an dieser Stelle noch einmal tun: „Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.“ – Der Souverän unseres Staates ist kein Monarch, der Souverän unseres Staaten ist kein Präsident und keine Regierung, sondern der Souverän unseres Staates sind die Bürgerinnen und Bürger Österreichs. Als gewählte Repräsentantinnen und Repräsentanten, als Politikerinnen und Politiker sind wir dem Volk, den Bürgerinnen und Bürgern verpflichtet. Wir handeln nach bestem Wissen und Gewissen, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, speziell in Zeiten der Krise, auch wenn Entscheidungen und die Kommunikation in Zeiten der Krise oft noch schwieriger und deshalb noch so wichtiger ist.

Ich kann Ihnen versichern, aufgrund des Artikels 1 unserer Bundesverfassung, die hier völlig klar ist, geht das Recht vom Volk aus. Die Politik hat diesem Recht zu folgen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Demokratie berechtigt, Demokratie verpflichtet aber auch und sie erfordert, dass wir die Freiheiten und die Rechte nützen, unsere Gemeinschaft gestalten, unsere Gesellschaft weiterentwickeln in einem freien, friedlichen und geeinten Europa.

Ralf Dahrendorf hat einst zu Recht ein aktives und tätiges Freiheitsverständnis eingemahnt und gesagt – Zitat –: „Freiheit ist nie ein weiches Kissen, auf dem man sich ausruhen oder passiven Genüssen hingeben kann. Sie ist immer eine Herausforderung zur Aktivität.“ – Der Schutz der Freiheitsrechte durch den Staat bedeutet nicht, dass wir all unserer Eigenverantwortung entledigt sind – ganz im Gegenteil –, unsere Verfassung verpflichtet uns, denn unsere liberale Verfassung zielt nicht auf einen Vollkaskostaat ab. Gesetze und Verordnungen können nie jeden Lebensbereich bis ins kleinste Detail regeln, auch nicht, wenn in Krisenzeiten das Bedürfnis danach größer zu sein scheint.

Unsere Verfassung sieht uns als eigenverantwortliche Bürgerinnen und Bürger. Das ist die Pflicht, die unsere Verfassung uns auferlegt. Sie erlegt uns auch die Pflicht auf, unsere Verfassung zu schützen, unsere Verfassung auch weiterzuentwickeln. Ihre Errungenschaften sind nicht selbstverständlich, weil Rechte und Freiheiten nie selbstverständlich sind. Das hat uns die Geschichte mehrfach gelehrt. Denken wir zurück an die Zeit des Ständestaates oder auch die Zeit des NS-Unrechtsregimes.

Ihre Qualität aber ist beständig. Darum konnte unsere Verfassung am Beginn der Zweiten Republik im Jahr 1945 in der Fassung aus dem Jahr 1929 auch wieder in Kraft gesetzt werden. Unsere Verfassung galt es aber auch weiterzuentwickeln. Denken Sie an das Jahr 1958, als die europäische Menschenrechtskonvention auch in Österreich ratifiziert wurde und denken Sie an das Jahr 1964, als diese europäische Menschenrechtskonvention rückwirkend auch in den Verfassungsrang erhoben wurde – einzigartig übrigens, unter den 47 Staaten des Europarates.

Unsere Verfassung war auch Veränderungen unterworfen, teils durch kodifizierte Veränderungen, teils durch Ergänzungen in anderen Gesetzen, teils durch die Judikatur das Verfassungsgerichtshofes. Damit hat die Verfassung auch dem gesellschaftlichen Wandel Rechnung getragen. Ich denke etwa an die Rolle der Frau, an das Verständnis von Familie, an das verfassungsrechtlich gewährleistete Grundrecht auf Datenschutz, das insbesondere in einer Informationsgesellschaft so wesentlich ist. Ich denke aber auch an die Kodifizierung der Kinderrechte im Jahr 2011.

Gegenwärtig stehen wir vor der Herausforderung, auch den technischen Wandel in der Verfassung abzubilden. Wir beobachten mit großer Sorge die Kehrseite der Digitalisierung so vieler Lebensbereiche: Desinformation, Hass im Netz, die Bündelung der Macht von wenigen supranational agierenden Konzernen. Konkret geht eine Gefahr für die Demokratie dadurch aus, wenn die Menschen die Welt nur noch in ihrer eigenen begrenzten Filterblase sehen, wenn sie ihre Meinung in ihrer von ihnen selbst kreierten Echokammer immer wieder widergespiegelt bekommen, in der Meinung, dass es keine andere Meinung gäbe.

Das Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit steht in der europäischen Menschenrechtskonvention, die in Österreich im Verfassungsrang steht. Das ist ein Recht, das ohne Zweifel allen Menschen zusteht, auch das Recht an der Politik Kritik zu üben, steht zweifellos in einer Demokratie vorne und ist auch notwendig, um den Diskurs voranzutreiben. Aber das Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit begründet nicht das Recht auf eigene Fakten. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, zukünftig Anstrengungen zu unternehmen, damit wir Faktentreue und Objektivität erlangen, damit wir die Quellen, aus denen diese Fakten kommen, tatsächlich feststellen. Umso wichtiger ist das in einer Zeit des Medienpluralismus. Es liegt an uns, die österreichische Bundesverfassung vor Missbrauch dahin gehend zu schützen. Jetzt und in 100 Jahren.

Unsere Verfassung hat unser Österreich durch 100 Jahre gebracht, gleichsam wie ein Kompass. Sie hat geholfen, durch schwierige Phasen zu kommen, sie hat uns geholfen, in neue Zeiten aufzubrechen. Dafür verlangt sie aber auch etwas von uns, nämlich dass wir an unseren Grundprinzipien festhalten und sie klug weiterentwickeln. Sie fordert von uns gemeinsames Denken und Handeln, bürgerliche Eigenverantwortung und auch politische Mitwirkung. Denn nur so können wir unsere Freiheiten aktiv zu unserem Wohle und zum Wohle unserer Gesellschaft auch einsetzen.

Unsere Bundesverfassung stellt sicher, dass wir das dürfen. Sie stellt sicher, dass wir das können und sie verlangt von uns, dass wir das tun.

In diesem Sinne, sehr geehrter Herr Bundespräsident, meine sehr geehrten Damen und Herren: Es lebe unsere Bundesverfassung! Es lebe unsere Republik Österreich! (Beifall.)

Gerald Groß: Die Gesetze werden im National- und Bundesrat beschlossen und der Bundespräsident, respektive die Bundespräsidentin beurkundet jedes Bundesgesetz und wacht damit über ihr verfassungsgemäßes Zustandekommen. Natürlich sind nicht nur die Befugnisse des Bundespräsidenten, sondern ist auch die Wahl in der Verfassung geregelt. „Der Bundespräsident wird vom Bundesvolk [...] gewählt“ heißt es da verkürzt zitiert. Übrigens: In der ursprünglichen Version 1920 war noch geregelt, dass das Parlament das Staatsoberhaupt wählt. Weiters gilt: Zum Bundespräsidenten kann nur gewählt werden, wer zum Nationalrat wählbar ist und das 35. Lebensjahr vollendet hat. Gewiss waren es nicht die zitierten Auszüge, die unser Herr Bundespräsident im Auge hatte, als er im Sommer 2019 in innenpolitisch turbulenten Zeiten von der „Eleganz und Schönheit unserer Verfassung“, wie heute bereits zitiert worden ist, gesprochen hat. Ich darf Sie, Herr Bundespräsident, nun um Ihre Grußworte bitte. (Beifall.)

Alexander Van der Bellen (Bundespräsident): Frau Präsidentin Eder-Gitschthaler! Eure Eminenz! Herr Präsident Sobotka! Herr Vizekanzler Kogler! – Ich bin einfach von links nach rechts gegangen, wie Sie sehen. – Geschätzte Festgäste! Herr Groß hat es gerade angedeutet: Im Mai und Juni 2019 hat die heute geltende Bundesverfassung tatsächlich so etwas wie ihre Eleganz gezeigt. Sie hat die Lösung der damaligen Regierungskrise ohne interpretatorische Kunststücke, allein aufgrund ihres klaren Wortlauts ermöglicht.

Ich bin immer noch beeindruckt davon, dass die Verfassungsväter – -mütter sind nicht überliefert – offenbar unterschiedlichste Problemstellungen, vor denen die Republik oder der Bundespräsident stehen können, durchgedacht und sich Lösungsmöglichkeiten, Lösungswege überlegt haben. Die Verfassung hat sich damit als hervorragender Wegweiser durch die in der Zweiten Republik noch nie dagewesene Situationen erwiesen – damals Mai/Juni 2019.

Nicht nur deswegen, aber auch deswegen sind wir heute in Österreich voll des Lobes für unsere Verfassung. Schön, eine ideale Voraussetzung für das Fest zu ihrem 100. Geburtstag. Sie ist ein Fundament unserer Demokratie, ein Fundament der Republik Österreich. Damals aber, damals vor 100 Jahren, am Tag der Beschlussfassung, hielt sich die Begeisterung in engen Grenzen.

Die Republik war der von Clemenceau sogenannte Rest, nämlich der Rest der habsburgischen Monarchie, der Rest, für den es eine staatliche Ordnung zu etablieren galt. Das geschah unter beträchtlichem Druck von außen wie von innen. Die Siegermächte des Ersten Weltkriegs wollten mit allen Mitteln eine rechtliche Verbindung zwischen Österreich und dem Deutschen Reich verhindern. In Österreich selbst waren die politischen Gegensätze enorm. Das betraf auch die Vorstellung davon, was Demokratie ist oder sein soll. Während die einen nur eine sozialistische Demokratie als solche anerkennen wollten, sprachen sich konservative und reaktionäre Kräfte für eine sogenannte wahre Demokratie aus. Das war unter anderem das Schlagwort der Heimwehr.

Die langfristige Lebensfähigkeit wurde von Vielen bezweifelt und bestritten und extreme Kräfte, wie wir jetzt im Nachhinein wissen, lauerten im Hintergrund. Unter solchen Umständen war es eine politische Meisterleistung, dass die Verfassung überhaupt beschlossen werden konnte. Als ihr Architekt wird zu Recht Hans Kelsen genannt.

Hohe Kompromissbereitschaft von allen Seiten war die Grundlage für das Zustandekommen. Angestrebt wurde eine Verfassung, die auf den Grundsätzen einer formalen Demokratie und eines Rechtsstaats mit klar definierten Minderheitenrechten beruht. Demokratie und Rechtsstaat sind als leitende Grundsätze in der Verfassung zwar nicht ausdrücklich genannt, dass sie aber solche sind, ergibt sich zweifelsfrei aus deren Inhalt. Es sind darin Grundrechte definiert, deren enge Verbindung mit dem demokratischen Prinzip evident ist. Denken Sie nur an den Gleichheitsgrundsatz, an die Meinungsfreiheit, die Freiheit der Meinungsäußerung, die Versammlungsfreiheit. Auch das Prinzip der Gewaltenteilung ist nicht ausdrücklich in der Verfassung genannt, aber sie ergibt sich aus ihr. Es ergibt sich, dass Rechtssetzung und Rechtsanwendung voneinander getrennt sein sollen.

Meine Damen und Herren! Wir befinden uns derzeit in einer schwierigen Zeit: in Europa, in Österreich, weltweit. Die Coronapandemie hat unser aller Leben fest im Griff, zum Beispiel ist es mittlerweile zur Gewohnheit geworden, fast täglich die Zahl der Neuinfektionen zu überprüfen. Solche Daten bestimmen in gewisser Weise den Grad unserer persönlichen Freiheit. Steigen die Krankheitszahlen, drohen in Folge Einschränkungen unserer Freiheit. Welchen Wert diese Freiheiten haben, ist, glaube ich, jedem und jeder von uns gerade im letzten halben Jahr schmerzlich bewusst geworden. Denken Sie nur an die Freiheit, die eigenen Eltern zu besuchen, die Freiheit, Sport zu treiben und zu reisen, die Freiheit der Kinder, zur Schule zu gehen, die Freiheit, Freunde zu treffen, ein Konzert zu besuchen – das sind viele kleine Freiheiten, die sich zu einer großen Freiheit summieren und sie gehören zu unserer verfassungsrechtlich gewährleisteten Grund- und Freiheitsrechten. Diese wurden im letzten halben Jahr in dramatischer Weise eingeschränkt.

Das war und ist eine Zumutung – eine notwendige Zumutung, leider! Der im Frühjahr meines Erachtens unerlässliche Lockdown hatte dramatische Folgen: für die Wirtschaft, Arbeitsplätze gingen verloren, Menschen wurden zur Kurzarbeit angemeldet, Kinder konnten nicht zur Schule gehen, alte Menschen waren einsam.

Meine Damen und Herren! In einer Demokratie gilt es, laufend abzuwägen, wie viel wir von einem Grundrecht herzugeben bereit sind, um ein anderes Grundrecht zu schützen. Wir haben laufend die Frage zu stellen und abzuwägen, wie viel Freiheit wir bereit sind, aufzugeben, um, wie jetzt im Fall von Covid-19, unsere Gesundheit zu schützen. Was braucht es für den Schutz der Gesundheit von uns allen, wie viel Einschränkungen der persönlichen Freiheit sind noch verhältnismäßig, was ist im Hinblick auf das Wohlergehen der Wirtschaft, die Erhaltung unserer Arbeitsplätze noch zumutbar? Bei diesen im Moment ungeheuer schwierigen, aber leider notwendigen Entscheidungen ist, glaube ich, eines essenziell: Wir dürfen dabei nie das richtige Augenmaß verlieren, weder in die eine, noch in die andere Richtung. Darauf werde ich – das möchte ich hier in aller Klarheit sagen – in meiner Verantwortung als Bundespräsident sorgsam und penibel achten!

Mir ist wichtig, dass Einschränkungen der Grundrechte nur solange, als unbedingt notwendig gelten dürfen, wie sie die besonderen Umstände dieser gesundheitlichen Krise geschuldet sind. Ich bin froh, dass es mittlerweile darüber einen breiten politischen Konsens gibt.

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie ermuntern, dass wir zu all diesen Fragen auch weiterhin eine breite gesellschaftliche Debatte führen, bei der wir abwägen und um die richtige Verhältnismäßigkeit ringen. Wir werden, so fürchte ich, auch in nächster Zukunft noch solche heiklen Entscheidungen treffen müssen. Dazu brauchen wir weiterhin Augenmaß und Umsicht. Das gebietet, glaube ich, auch der Respekt vor unserer bewährten Verfassung. Denn niemand kann bestreiten, so glaube ich, dass unsere Verfassung ihre Aufgabe als Basis des staatlichen Handelns und als Wahrerin der Grundrechte der Individuen in den 100 Jahren ihres Bestehens hervorragend erfüllt hat. Das meine ich mit Eleganz der Verfassung. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall.)

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(Es folgt ein Musikstück.)

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Gerald Groß: Ich habe nun die ausgesprochene Ehre und das Vergnügen, in unserem Podiumsgespräch mit drei ausgewiesenen Kennern der Materie über die Jubilarin zu sprechen. Ich darf auf die Bühne und Sie um Applaus bitten: für die Bundeskanzlerin außer Dienst und Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes außer Dienst, Brigitte Bierlein. (Beifall.) Ich darf herzlich bei uns auf der Bühne Parlamentsdirektion und Präsidenten der Wiener Juristischen Gesellschaft, Harald Dossi. – Ebenfalls herzlich willkommen! (Beifall.) Wir begrüßen Thomas Olechowski, Professor vom Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte der Universität Wien und gleichzeitig Geschäftsführer des Hans-Kelsen-Institutes. – Herzlich willkommen! (Beifall.)

Danke, dass Sie alle da sind. Wir haben uns vorgenommen, bei aller gebotenen Kürze, ein wenig in die Tiefe zu gehen. Ich möchte bewusst mit Ihnen, Herr Professor Olechowski, beginnen, als einer der führenden Rechtshistoriker dieses Landes. Lassen Sie uns ein wenig teilhaben an dieser erstaunlichen Karriere eines Textes, der sich als, wenn ich das so salopp sagen darf, verbindliche Spielregel für das politische Tagesgeschäft dieser Republik erwiesen hat, der aber über diese Funktion und Funktionalität hinaus natürlich auch noch für Werte und Wertefragen zuständig ist, wenn ich etwa an das Stichwort Staatsziele denke. Sehen Sie eigentlich die Gefahr einer Überfrachtung, wenn nicht gar Überforderung? Oder, anders gefragt: Wie harmonisch ist unsere Verfassung noch in ihrem 100. Jahr?

Thomas Olechowski (Professor für Rechts- und Verfassungsgeschichte, Uni Wien): Die Verfassung ist 100 Jahre und hat sich vielfach geändert. Sie hat auch nicht hundert Jahre lang gegolten, das muss man von Anfang an einmal feststellen. Sie ist 1934 – das wurde schon angedeutet – in der Ära von Kanzler Dollfuß außer Kraft gesetzt worden und dann erst elf Jahre später von der provisorischen Staatsregierung unter Karl Renner wieder neu in Kraft gesetzt worden.

Diese Rückkehr zur Verfassung war deshalb, weil man sich nach dem Zweiten Weltkrieg ersparen wollte, was man schon nach dem Ersten Weltkrieg gehabt hat, nämlich lange, zeitraubende und kräfteraubende Verfassungsdiskussionen. Man wollte vielmehr in einer absoluten Ausnahmesituation, die man 1945 gehabt hat, wieder schnell ein Fundament für die Rückkehr zur demokratischen Verhältnissen schaffen. Hans Kelsen, der Architekt der Verfassung, der ja heute schon genannt wurde, hat diesen Schritt später als Beweis, dass sich die Verfassung vortrefflich bewährt hat, kommentiert.

Er selber hat damals im amerikanischen Exil gelebt. Er hat mitgewirkt in einer Stellungnahme des US-Außenministerium, wo auch die Rückkehr zur Verfassung von 1920 als wünschenswert bezeichnet wurde. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass Karl Renner, als er die Unabhängigkeitserklärung verfasst hat, dieses Memorandum gekannt hat. Es war wohl eher so, dass Karl Renner selber die Verfassung wieder haben wollte, an der er selber auch entscheidend Anteil gehabt hat.

Aber, und jetzt komme ich, Sie werden sagen, es war doch damals schon ein gewisser Schlenkerer zu bemerken. In der Unabhängigkeitserklärung wird schon geredet vom Geist der Verfassung von 1920, zurückgekommen ist aber die Verfassung von 1920 in der Fassung von 1929, also mit dem starken Bundespräsidenten. Das war schon damals in den allerersten Tagen der Zweiten Republik ein Kompromiss zwischen ÖVP und SPÖ, wie ja auch die Verfassung selber von 1920 und die Novelle 1929 diesen deutlichen Kompromisscharakter tragen.

Und das wurde auch schon hervorgehoben, wie unglaublich schwer das damals war angesichts der damaligen Zustände, angesichts der tiefen ideologischen Verankerung beider Parteien, wo ein Diskussion unmöglich fast war, weil einfach bei manchen Positionen konnten die Parteien nicht zueinander finden, und es war dann der Kompromiss nur möglich, weil man dann letztlich den Konsens über den Dissens gefunden hat. Man hat gewusst, diese drei, vier Punkte, da wird es keine Einigung geben, da wird es einfach immer Differenzen geben. Man hat ja vorläufig den Rechtszustand der Monarchie beibehalten und das ist auch der Hauptgrund, warum bis heute das alte Staatsgrundgesetz von 1867 vorläufig bis heute in Kraft ist.

Und daher ist eigentlich die Bundesverfassung von 1920/1929 als eine Spielregelverfassung, manchmal sogar als eine unpolitische Verfassung bezeichnet worden. Diese Ziele, die Sie angesprochen haben, sind alle erst nachträglich eingefügt worden. Man hat hier am B-VG eigentlich selber wenig solche Ziele feststellen können, daher auch dieses Wort mit der unpolitischen Verfassung. Dennoch glaube ich, das ist übertrieben, denn die Verfassung 1920 war damals im Jahr 1920 eine deutliche Abkehr vom Sowjetsystem, das war ja damals überall in Diskussion, dass ein Rätesystem, dass man sowas einrichten könnte, eine klare Absage, ein Bekenntnis hin zu einer Demokratie westlichen Typus. Und auch auf der anderen Seite des politischen Spektrums, auch die Regierung Dollfuß hat ja gezeigt, sie kann nicht mit dieser Verfassung auf Dauer arbeiten. Daher steht doch das B-VG für einen Weg der Mitte zwischen extrem links und extrem rechts und basiert auf ganz konkreten Werten. Die wurden schon alle genannt, Demokratie, Bundesstaat, Rechtsstaat, das sind alles Werte, die kein Selbstzweck sind und auch nicht allein isoliert betrachtet werden dürfen. Alle gemeinsam erst verwirklichen das Schützen, das, was der Bundespräsident genannt hat, die Freiheit des Einzelnen.

Gerald Gross: Vielen Dank fürs Erste. Diese österreichische Bundesverfassung hat ja eine Prämiere gebracht, die Verfassungsgerichtsbarkeit nämlich. Es ist ja alles andere als selbstverständlich, dass der Gesetzgeber sagt, ja, wir lassen uns da auch über die Schulter schauen, beziehungsweise wir lassen uns auch kontrollieren und auch das eine oder andere Gesetz dann kippen möglicherweise. Dementsprechend spannend, und vielleicht müsste man sagen spannungsgeladen, ist ja auch das Verhältnis zwischen Politik und Verfassungsgerichtshof, und da spreche ich Sie jetzt an als auch ehemalige Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes, auch wenn der Vergleich nur bedingt zulässig ist. Wir stehen ja alle noch unter dem Eindruck der Nachbesetzung des Postens und der politischen Diskussionen darüber von Ruth Bader Ginsberg am Supreme Court in den USA. Wie ist denn die Situation in Österreich?

Brigitte Bierlein (Bundeskanzlerin a. D.): Ja, also es war wirklich epochemachend, wie im Bundes-Verfassungsgesetz auch der Verfassungsgerichtshof etabliert wurde, erstmals weltweit konzentriert die Kontrolle der Gesetzgebung bei einem speziellen Gericht. Nach dem Zweiten Weltkrieg und später nach dem Zerfall der Sowjetunion hat dieses sogenannte österreichische System der Verfassungsgerichtsbarkeit sich sehr verbreitet, vor allem in Europa, aber nicht nur.

Das amerikanische System ist anders. Dort hat nicht nur der Verfassungsgerichtshof oder der Supreme Court die Kompetenz, Gesetze zu überprüfen. Der Supreme Court ist auch höchstes Berufungsgericht, also nicht nur für Verfassungsfragen zuständig. Es sind dort neun Richter insgesamt tätig. Das Vorschlagsrecht liegt beim Präsident. Der Senat muss dann dem Vorschlag zustimmen.

Ruth Bader Ginsberg hat dem liberalen Flügel der Richterschaft angehört. Ich hatte die Ehre, diese wirklich beeindruckende Frau persönlich kennenlernen zu dürfen einmal bei einem Besuch des österreichischen Verfassungsgerichtshofs beim Supreme Court als Richterin. Sie war, fast möchte ich sagen, gefürchtet durch ihre spezifischen harten Fragen bei den Parteien, obwohl sie eine ganz zierliche Person war und Persönlichkeit war. Sie hat sich ja immer für Frauenrechte und gegen jede Art von Diskriminierung eingesetzt und sie hat dann einige Jahre später auch im österreichischen Verfassungsgerichtshof einen Vortrag über ihr Leben und vor allem für Frauenrechte gehalten.

Also die Systeme sind nicht vergleichbar. Das österreichische System hat, wie gesagt, wenn man will, Siegeszug angetreten in dieser Form mit unterschiedlichen Ausformungen, aber die Tatsache, dass die Gesetzgebung einem spezifischen Gericht unterworfen wurde, war Kelsens Herzensangelegenheit und ist auch ein Kernstück unserer Verfassung.

Gerald Gross: Jetzt ist der Verfassungsgerichtshof, wenn wir kurz noch dabei bleiben, so etwas wie auf der einen Seite wie eine Korrekturanstalt, wenn ich das salopp so sagen darf, für manche Gesetze, aber auch manches Mal fast ein Reservegesetzgeber, wenn es zum Beispiel um gesellschaftspolitische heiße Eisen geht. Wir erleben gerade ja die Diskussion über das Thema Sterbehilfe zum Beispiel. Es geht aber auch um Themen wie gleichgeschlechtliche Partnerschaften und so weiter, wo man jetzt sagen könnte, der Politik ist es vielleicht ganz recht, wenn sie das nicht selber entscheiden muss, sondern dem Verfassungsgerichtshof überlässt.

Brigitte Bierlein: Na ja, der Verfassungsgerichtshof sucht sich seine Fälle nicht selbst aus. Es bedarf eines Antrages, es bedarf eines Verfahrens oder einer Eingabe davor, damit der Verfassungsgerichtshof überhaupt tätig werden kann. Um ein Gesetz zu prüfen, gibt es mehrere Wege. Der hauptsächliche ist, dass eben im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gegen eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung der Verfassungsgerichtshof selbst Bedenken gegen ein Gesetz erhält und dann ein Prüfungsverfahren einleitet. So war es bei der von Ihnen angesprochenen Entscheidung, die salopp als Ehe für alle, also die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, anlangt.

Es sind natürlich gesellschaftspolitische Fragen, die sehr oft Werteentscheidungen sind, die in einem Gremium von 14 Richtern und Richterinnen, die beim Verfassungsgerichtshof tätig sind, entschieden werden mit mehrheitlichem Stimmenanteil, wobei der Präsident an sich kein Stimmrecht hat, wenn alle 14 Richter im Plenum anwesend sind, also 13 und einfache Stimmenmehrheit genügt, wobei das Abstimmungsverhältnis gemein ist, das auch im Unterschied zum Supreme Court etwa.

Gesellschaftspolitisch relevante Fragen sind immer wieder dem Verfassungsgerichtshof überantwortet worden, etwa in dieser Frage auch die Frage des Verbotes der Sterbehilfe, die dem Verfassungsgerichtshof in dieser Session und vermutlich auch noch in der nächsten möglicherweise beschäftigen wird, ist eine sehr schwierige Frage. Es ist nicht immer alles schwarz und weiß, da fließen Werteentscheidungen mit ein, aber dennoch entscheidet der Verfassungsgerichtshof entlang des Rechts, der Gesetze, der Verfassung, der Freiheitsrechte, der Grundwerte und nicht anhand parteipolitischer Kategorien, auch wenn in Österreich die Politik, wie überall bei Verfassungsgerichten, bei der Besetzung ein gewisses Mitspracherecht hat. Das ist geteilt, wie Sie wahrscheinlich, oder wie Menschen hier in diesem Raum wissen. Das Vorschlagsrecht bei Präsident und Vizepräsident obliegt der jeweiligen Bundesregierung, ebenso für sechs weitere Mitglieder und für je drei Mitglieder in den beiden Kammern liegt es in den beiden Kammern des Parlaments, Bundesrat, Nationalrat.

Aber der Verfassungsgerichtshof ist eine, ich habe das 16 Jahre erlebt und alle Richterinnen und Richter, die dort tätig sind, werden mir beipflichten, es ist eine ganz wirklich sehr respektvolle Umgangsweise und man ist ein Gremium, es ist auch schwer zuordenbar im Vorhinein, wie jemand welche Meinung vertreten wird. Es ist ein wirklicher Diskurs, ein respektvoller Dialog und Parteipolitik spielt wesentlich weniger eine Rolle, als man vielleicht von außen glaubt.

Gerald Gross: Reden wir auch über das Bundesvolk, wie das ja in der Verfassung so apostrophiert wird, weil wir gerade in die USA geblickt hat, dort haben wir ein sehr entwickeltes und ausgeprägtes Verfassungsbewusstsein, wie man das nennt. Wie schaut es denn damit bei uns aus, auch was die Bekanntheit, um nicht zu sagen, die Kenntnis der Verfassung betrifft? Ich denke, da ist noch Luft nach oben. Welche Ideen gibt es denn da?

Harald Dossi (Parlamentsdirektor): Ja, ich glaube, Sie haben ganz recht, dass heute das Bundes-Verfassungsgesetz zwar das Geburtstagskind dieser Feierstunde ist, dass aber auch aufgrund dessen, wie das der Prof. Olechowski heute schon gesagt hat, das Bundes-Verfassungsgesetz eine sehr diskrete Spielregelverfassung ist, die zwar das politische Leben ordnet und leitet, aber selbst doch dabei sehr im Hintergrund bleibt. Hat natürlich im letzten Jahr Phasen gegeben rund um das sogenannte Ibizavideo, als dann auch das B-VG sehr vor den Vorhang getreten ist. Im Grunde aber ist es so, dass andere Bestandteile unserer Verfassungsordnung, also etwa der Staatsvertrag von Wien, der uns die Unabhängigkeit gegeben hat, das Bundes-Verfassungsgesetz über die Neutralität, das uns zu einem immerwährend neutralen Staat gemacht hat, oder andere solche Texte und Inhalte in öffentlichem Bewusstsein vermutlich präsenter sind als der Stammtext des Bundes-Verfassungsgesetz. Das heißt, man muss meines Erachtens, wenn man über Verfassungsbewusstsein, über Grundrechtsbewusstsein spricht, das etwas breiter sehen, als nur am Text des B-VG kleben. Nichtsdestoweniger stimme ich Ihnen aber zu, dass es sehr, sehr wesentlich ist, an diesem Verfassungsbewusstsein zu arbeiten, das zu fördern, weil das sehr mit der Teilhabe, mit der Teilnahme der Bürgerinnen und Bürger am politischen Leben, an der Demokratie zusammenhängt. Und die Demokratie lebt davon, dass es dieses Teilnahme und diese Teilhabe gibt, und sie wird nur dann gut leben, solange es diese Teilnahme gibt.

Was ich auch glaube, ist, dass die Aufgabe, dieses Verfassungs- und Grundrechtsbewusstsein zu stärken und zu fördern, nicht nur von einer Institution geleistet werden kann, sondern dass das eine Aufgabe für viele ist. Das ist sicherlich das Parlament selbst, das Bild, das das Parlament auch der Öffentlichkeit zeigt in seinem tagtäglichen Arbeiten. Das ist die Politik im Allgemeinen, Stichwort Respekt vor den Verfahren und Institutionen, die die Bundesverfassung vorgibt. Das sind sicherlich auch die Medien, die über politisches Geschehen berichten und dieses analysieren. Sind natürlich auch die Schulen, die Universitäten, Institutionen der Erwachsenenbildung und nicht zuletzt private Initiativen, die es glücklicherweise in einer großen Anzahl gibt. Ich habe die Freude, hier pars pro toto auch die Wiener Juristische Gesellschaft zu nennen, als deren Präsident ich hier auch eingeladen bin. Es gibt aber viele andere Institutionen, die da auch ihre Beiträge leisten.

Für die Politik, und mit dem habe ich begonnen, ist es natürlich wesentlich, wenn sie hier Beiträge leistet, sich an die Spielregeln zu halten, aber nicht nur, glaube ich, sich an die Spielregeln zu halten, sondern in der öffentlichen Kommunikation auch immer klarzumachen, dass es wesentlich ist, sich an die verfassungsrechtlichen Spielregeln zu halten. Im Bereich der Medien ganz klar diese Trias, objektive umfassende Berichterstattung über politisches Geschehen, Analyse der Hintergründe und, ich glaube, zunehmend wichtig auch eine Ergänzung, ein Gegengewicht an die digitale Schnelligkeit der Kommunikation. Ich glaube, die Frau Bundesministerin Edtstadler hat das auch in ihren Begrüßungsworten angesprochen.

Schulen, ganz, ganz wesentlich aus meiner Sicht, Politik zum Bestandteil des Unterrichts zu machen, Interesse und Verständnis dafür zu schaffen und Grundsatzwissen zu vermitteln, wobei die Schulen da, glaube ich, nicht alleine stehen, sondern es da eine Vielzahl an externen Partnern und Partnerinnen gibt, nicht zuletzt das Parlament mit seiner Demokratiewerkstatt.

Private Initiativen, und vielleicht darf ich da jetzt das Privileg nutzen, hier zu sitzen, die Wiener Juristische Gesellschaft, die zwar ein sehr breites Mandat hat als sehr auch schon alte, älteste juristische Vereinigung in Österreich, seit 1867 bestehend, die Förderung und Entwicklung des Rechts in allen Bereichen, Verbindung von Theorie und Praxis. Wir haben aber eine deutliche verfassungsrechtliche Schwerpunktsetzung. Ich darf also nur in Erinnerung rufen, dass etwa Hans Kelsen im Rahmen der juristischen Gesellschaft dreimal vorgetragen hat.

Parlament selbst, und dann bin ich schon am Ende, nur einige Stichwörter. Wir bemühen uns natürlich, nicht nur über das parlamentarische Geschehen umfassend zu berichten, in der letzten Zeit auch auf allen technologischen Kanälen, die es gibt, bis hin zu den sozialen Medien, zu Video, zu Fernsehen, sondern wir bieten auch viele Veranstaltungen zu demokratiepolitischen Themen an. Wir sind in der Erwachsenen- und Schüler-, Lehrlingsausbildung, in der Demokratievermittlung insbesondere mit der Demokratiewerkstatt, mit Jugend-, mit Lehrlingsparlamenten tätig, bis hin zu einer Vielzahl auch wissenschaftlicher Aktivitäten von Ausstellungen, die wir machen. Also ich kann darauf hinweisen, seit gestern gibt es am Heldenplatz auch eine Ausstellung zum Thema 100 Jahre Bundesverfassung, und seit heute ist auf unserer Homepage auch zu finden, das erste Mal digital aufbereitet, alle Unterlagen, vorbereitenden Unterlagen zur Verfassungsdiskussion 1920.

Also ein breites Angebot, das wir laufend evaluieren. Wir sind auch da jetzt wieder dabei, und ich bin sicher, dass wir in der nächsten Zeit mit noch zielgerichteteren, konsistenteren Beiträgen da unseren kleinen, aber, ich glaube, wichtigen Beitrag werden leisten können.

Gerald Gross: Vielen Dank! Hans Kelsen wurde bereits mehrfach angesprochen natürlich. Lassen Sie uns noch ein wenig über ihn reden. Herr Prof. Olechowski, er hat das Bundes-Verfassungsgesetz vom 1. Oktober 1920 zwar nicht allein verfasst logischerweise, wie das manches Mal fälschlicherweise behauptet wird, aber er hat maßgeblich dazu beigetragen. Sie haben ihn als Architekten vorhin bezeichnet. Sie haben selber die maßgebliche Kelsen-Biografie vor Kurzem vorgelegt, ein in jeder Beziehung, auch was den Umfang betrifft, gewichtiges Werk, sind also als Kelsen-Kenner bestens fundiert natürlich. Wie würden Sie denn seine Bedeutung für das Rechtswesen insgesamt einschätzen? Bereits 1930 hat er Österreich verlassen, hat zuletzt in den USA gelehrt und gilt ja als einer der bedeutenden Rechtsgelehrten, aber was heißt das?

Thomas Olechowski: Hans Kelsen ist auf mehreren Ebenen von Bedeutung. International bekannt ist er vor allem für seine Rechtstheorie, ein theoretisches Modell der reinen Rechtslehre, für das Österreich weltweit bewundert wird, wo das Hans-Kelsen-Institut Zuschriften aus Japan, aus Südamerika, aus Indien bekommt, vor allem weil es eben das theoretische Grundgerüst geliefert hat für die Verfassungsgerichtsbarkeit. Da war ja wirklich der Verfassungsgerichtshof im Jahr 1920 der erste seiner Art und ist dann vielfach nachgeahmt, da will ich fast sagen, er war Vorbild für viele andere ähnliche Gerichtshöfe.

Man sollte darüber hinaus nicht vergessen, dass Kelsen ein ganz bedeutender Demokratietheoretiker war, der sich ernsthaft mit den Möglichkeiten der Demokratie auseinandergesetzt hat, und zwar in einer sehr realistischen Art und Weise, dass er die Probleme, das Spannungsfeld zwischen Demokratie und Parlamentarismus nicht kleingeredet hat im Gegensatz zu anderen Zeitgenossen sehr, sehr wohl sich dazu bekannt hat und letztlich doch ein deutliches Votum abgegeben hat.

Und, und hier kann er dafür anknüpfen, er war auch in der Volksbildung tätig, vor allem in seinen Jugendjahren, also noch in der Monarchie, hat er in Volksheimen in anderen Städten auch Arbeiterinnen und Arbeiter, die nach der Arbeit noch die Zeit und Kraft hatten, Vorträge gehalten über Staatsformen, über Rousseau und später rückblickend gesagt, das ist - - Die Erziehung zur Demokratie ist eigentlich eine der Hauptforderung für die Demokratie selber.

Gerald Gross: Kelsen war aber politisch natürlich auch nicht unumstritten. Er war ja Mitglied des Verfassungsgerichtshofes auch, und da gab es einige Urteile, die nicht allen geschmeckt haben, wenn ich etwa nur die Stichwörter Schnitzlers Reigen etwa in den Mund nehmen darf oder auch das Thema Ehescheidungen zum Beispiel. Was ist denn dazu zu sagen?

Brigitte Bierlein: Ja, Kelsen war Verfassungsrichter schon im ersten provisorischen Verfassungsgerichtshof 1919, dann 1921 bis zur Verfassungsnovelle 1929. Er hat mitgewirkt an wesentlichen Entscheidungen, insbesondere an dem von Ihnen angesprochenen Erkenntnis betreffend die Sever-Ehe, das war ein Kompetenzkonflikt. Also damals war das Eherecht katholisch geprägt. Es gab keine Scheidung für Katholiken, sondern nur - - katholische Ehepaare, sondern nur eine Trennung von Tisch und Bett, und für eine allfällige Wiederverehelichung war eine Dispens notwendig, die der damalige Landeshauptmann von Niederösterreich, teils auch von Wien, weil das inkorporiert war, Albert Sever, großzügig erteilt hat. Der hat Dispensen in hundertfacher Weise gegeben solchen Eheleuten. Das wurde von den Zivilgerichten, obersten Gerichtshof nicht anerkannt. Und dann wurde auch der Verfassungsgerichtshof angerufen, damals war Hans Kelsen Referent in dieser Causa, und im Rahmen eines Kompetenzkonfliktes hat Hans Kelsen die Gerichte, die Zivilgerichte für unzuständig erklärt und damit den Zustand wiederhergestellt. Das hat ihm große Kritik aus katholischen Kreisen und aus konservativen Kreisen eingebracht. Es wurde dann die Novelle 1929 geschaffen, die letztlich dann eben gegipfelt hat, dass alle Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes ihr Amt beenden mussten und eine Neubestellung erfolgte. Und Hans Kelsen hat von der Regierung keinen Vorschlag bekommen und wollte dann nicht vom Nationalrat, der ein Mandat in Aussicht gestellt hätte, seitens der damals sozialdemokratischen Partei, wollte nicht von Gnaden einer Partei dem Verfassungsgerichtshof weiter angehören und hat dann eher verbittert Österreich verlassen.

Ich muss sagen, es ist ein großer Charakter, wenn er solche Umstände damals zum Anlass genommen hat, Österreich zu verlassen, den Verfassungsgerichtshof nicht mehr angehören zu wollen. Und die Novelle 1929 war insgesamt sehr bedeutsam, weil sie auch die Stellung des Bundespräsidenten verändert hat und sehr verstärkt hat. Seither ist der Herr Bundespräsident in einer viel größeren Weise in unsere Verfassung eingebunden, und es ist auch mit ein Grund, warum der Herr Bundespräsident, schon angesprochen, eben in der kritischen Phase 1919 von sich aus tätig werden konnte und diese Situation sehr gut zu Ende bringen konnte.

Was die Bildung anlangt, vielleicht das noch. Es ist da schon viel geschehen, wenn ich das noch kurz ergänzen darf. Auch der Verfassungsgerichtshof selbst, das war eine Folge vielleicht der damaligen Ortstafelerkenntnisse, wenn Sie sich noch erinnern, Anfang der 2000er-Jahre und folgende, wo sich der Verfassungsgerichtshof geöffnet hat, eine Öffentlichkeitsarbeit begonnen hat mit Pressesprecher, Pressesprecherin. Inzwischen gibt es eine Website. Der Verfassungsgerichtshof, leider heuer coronabedingt gibt es keinen Verfassungstag, aber hat auch einen Tag der offenen Tür sonst eingeführt, hat Schulen besucht, also die einzelnen Richter und Richterinnen, oder Schulen eingeladen. Es wird da wesentlich mehr getan als früher. Auch die Medien, besonders wie Erkenntnisse wie die Bundespräsidentenstichwahl nur als Beispiel, seither weiß man, glaub ich, allgemein, dass der Verfassungsgerichtshof auch Wahlgerichtshof ist, und auch schon die schon angesprochenen gesellschaftspolitisch relevanten Entscheidungen wie Ehe für alle oder derzeit auch die Coronaverordnungen, wo der Verfassungsgerichtshof ja sehr rasch Klarheit geschaffen hat in sehr wirklich sehr stringenten Erkenntnissen, was die Verordnungen betrafen.

Und ich glaube, dass inzwischen sich es verbessert hat, aber es ist, wie Sie schon richtig anfangs sagten, noch Luft nach oben, und man muss da, glaube ich, noch mehr im Bildungswege tun, um zu zeigen, wie gut unsere Verfassung ist, wie gut unser Rechtsstaat ist, wie gut unsere Grundrechte geschützt werden. Wir leben, Gott sei Dank, in einem liberalen Rechtsstaat. Das ist nicht überall und nicht überall in Europa so und das kann man nicht oft genug betonen.

Gerald Gross: Wir haben ja mehrere historische Bewährungsproben heute bereits angesprochen für diese Verfassung. Reden wir über die aktuelle Krisenfestigkeit unserer Verfassung, und da würde mich die Einschätzung von Ihnen allen interessieren. Ich beginne aber mit Ihnen, Herr Dossi. Wir haben gerade den Herrn Bundespräsidenten wieder gehört, der mit dieser, und ich zitiere jetzt frei, über diese Kollision sozusagen von Grundrechten gesprochen hat, einerseits der Freiheit, einerseits der Gesundheit. Er hat seinerzeit bei der Bestellung bei der Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofes gemeint, wie groß der Gestaltungsspielraum innerhalb des rechtsstaatlichen Rahmens sein kann, das zeigt sich jetzt in dieser Krise, in dieser Phase. Kommen wir in Zeiten wie diesen an verfassungsrechtliche Grenzen, wie es einmal auch geheißen hat in dieser Debatte?

Harald Dossi: Ich glaube, dass sowohl die politische Krise des Jahres 2019 als auch die aktuelle Coronakrise gezeigt haben, dass unsere Bundesverfassung grundsätzlich sehr gut geeignet ist, in diesen Phasen auch politisch zu agieren und zu arbeiten. Ich muss allerdings auch in Erinnerung rufen, dass etwa am Höhepunkt der Coronakrise heuer im März/April wir im Parlament große Anstrengungen unternehmen mussten, um zu gewährleisten, dass der Nationalrat, dass der Bundesrat als hauptsächliche Organe der Gesetzgebung auch ordnungsgemäß arbeiten, tagen und Beschlüsse fassen können.

Das ist in Zusammenarbeit mit den parlamentarischen Klubs gut gelungen. Wir haben da im Rahmen der Geschäftsordnung und im Rahmen der Bundesverfassung gute Lösungen gefunden. Allerdings haben wir auch die Grenzen des Systems gesehen, dass es durchaus auch hätte sein können, dass durch ein gehäuftes Erkranken von Abgeordneten man auch unter die Schwelle der notwendigen Anwesenheit kommt und wir deswegen auch so große Anstrengungen unternommen haben, um eben nicht gewissermaßen ins verfassungsrechtlich vorgesehene Notprogramm, nämlich das Notverordnungsrecht des Bundespräsidenten zu kommen.

Und ein Punkt, den wir begonnen haben zu besprechen und wo ich persönlich mir wünschen würde, dass es diese Debatte nicht anlassfallbezogen, aber grundsätzlich gibt, für solche Notfälle, wenn einzelne Abgeordnete daran gehindert sind, an Beratungen teilzunehmen, an Tagungen teilzunehmen oder überhaupt auch vermehrte Erkrankungsfälle stattfinden, Quarantänesituationen da sind, ob es nicht sinnvoll wäre, auch die Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen, wohlgemerkt und ausdrücklich nur in extremen Ausnahmesituationen, aber in der Abwägung, hier auch dann und wann digital zu arbeiten, entgegen der Möglichkeit, überhaupt die Organe der Gesetzgebung nicht zu haben, sondern in Notverordnungsrechte zu kommen, scheint mir ein Punkt zu sein, wo es wert wäre, darüber zu sprechen.

Gerald Gross: Wir sind noch immer beim Stichwort Krisenfestigkeit.

Thomas Olechowski: Ja, ich möchte erinnern, meine Vorrednerin hat schon die Bundespräsidentenwahl 2016 genannt. Dieses Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, das sich übrigens direkt auf Hans Kelsen beruft, der das ähnlich schon formulierte im Jahre 1927, das hat ja viel Kritik ausgelöst, auch sogar Spott, dass man die Wahl wiederholen muss. Bananenrepublik ist da gesagt worden. Ich habe das damals nicht verstanden, warum man das sagt. Bananenrepublik ist was ganz anderes. Das ist dann, wenn bei einer Präsidentenwahl der Amtsinhaber das Ergebnis nicht akzeptieren will, sich verschanzt in seinem Präsidentenpalast, von Polizei und Militär gestützt, und die Herausforderin, die in normalen demokratischen Verhältnissen höchstwahrscheinlich gesiegt hätte, ins Ausland fliehen muss.

Davon sind wir meilenweit entfernt. In Wirklichkeit haben wir in Österreich ein unglaublich hohes rechtsstaatliches Niveau mit diesem Erkenntnis wieder bewiesen und vor allem auch mit der Disziplin, wie alle Politiker letztlich das akzeptiert haben und diese unglaublichen Mühen auf sich genommen haben eines zweiten Wahldurchganges, eines dritten Wahldurchganges eigentlich, um zu beweisen, diese Wahl muss lupenrein demokratisch sein. Also da muss man schon auch stolz darauf blicken, dass wir hier eine Disziplin auch in der Krise gezeigt haben, sodass eigentlich keine Verfassungskrise in dem Sinn war bei dieser durchaus schwierigen Wahl.

Brigitte Bierlein: Ja, also danke, aber ich glaube, die Verfassung ist eindeutig krisenfest. Unsere Institutionen sind krisenfest. Das haben die letzten Entscheidungen und auch die Akzeptanz der Verfassungsgerichtshofentscheidungen gezeigt. Es ist eine Ausnahmesituation durch Corona weltweit entstanden, auch in Österreich, dass anfänglich die Gesetze oder auch die Verordnungen sehr rasch auf den Weg gebracht werden mussten und der sonstige parlamentarische Weg sehr abgekürzt bestritten wurde, ist verständlich aus der Situation, weil eben sehr rasch gehandelt werden musste. Es war der Verfassungsdienst ja kaum eingebunden, das hat sich, glaube ich, in der Zwischenzeit verbessert. Jetzt leben wir ja schon ein halbes Jahr mit dieser Situation. Ich glaube, es ist keine Krise, es wird auch keine Krise geben. Unser Rechtsstaat ist sehr gut aufgestellt. Die Situation ist für alle sehr, sehr schwierig, aber sie ist handelbar.

Gerald Gross: Vielen Dank. Ich möchte zur Schlussrunde kommen und mit Ihnen beginnen, Herr Professor. Es wird immer wieder darüber gesprochen, dass es so etwas wie eine Neukodifikation geben müsste, weil eben viele verfassungsrechtliche Themen ja aufgesplittet sind oder aufgeteilt sind auf viele Gesetze, und das daher für den Staatsbürger oft gar nicht so leicht nachvollziehbar ist, wenn man da nicht rechtskundig ist. Sind Sie auch dafür?

Thomas Olechowski: Wir haben es ja vor nicht allzu langer Zeit gehabt, den Österreich-Konvent, der sich bemüht hat und letztlich, wenn man so rückblickt, er ist an genau zwei Punkten gescheitert, nämlich der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern und dem neuen Grundrechtskatalog. Und das waren dieselben Punkte, wo man auch 1920 gescheitert ist. Das ist wohl nicht ohne Grund gewesen. Und ich fürchte, alle Verfassungen, die wir bislang hatten, 1867, 1920, sie waren immer nach einem Krieg, nach einer Niederlage. Wenn von außen ein Druck kommt, ein Impetus kommt, dann ist auch wirklich die Bereitschaft offenbar da zu großen Veränderungen, und das wünsche ich mir nicht. Ich glaube, dass wir mit unserer Verfassung, so kompliziert sie auch sein mag, momentan ganz gut leben können, dass sie sich wirklich bewährt hat. Also ich sage, man muss nicht unbedingt jetzt etwas vom Zaun brechen.

Gerald Gross: Sind Sie, Herr Parlamentsdirektor, auch so pessimistisch, was den Österreich-Konvent betrifft, der ja von 2003 bis 2005 immerhin getagt hat? Da gab es ja sehr viel Output. Letztlich hat man 2015 beim Jubiläum – unter Anführungszeichen – „10 Jahre“ festgestellt, dass nur wenige Projekte umgesetzt worden sind und die wichtigsten Ziele mehr oder weniger verfehlt wurden oder auch als verfehlt erachtet wurden. Braucht es da einen Neuanlauf, was die Neuregelung der Kompetenzen und der Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern zum Beispiel betrifft?

Harald Dossi: Ich bin da ganz beim Prof. Olechowski und gar nicht einmal pessimistisch, sondern realistisch, würde ich glauben. Ich glaube, er hat das sehr gut begründet. Ich denken auch, so wie ich das eingangs gesagt habe, dass dieses Gesamtkunstwerk der österreichischen Verfassungsordnung, dass hier eben nicht nur aus der Stammfassung des B-VGs, sondern auch aus vielen Einzelregelungen, staatsvertraglichen Regelungen, Staatsvertrag von Wien, Europäische Menschenrechtskonvention im Verfassungsrang besteht, dass das grundsätzlich eine gute Grundlage ist, um darauf aufbauend sinnvolle demokratische, die Bürger und Bürgerinnen einbindende Politik zu machen, dass man aus meiner Sicht sehr viel mehr Wert darauf legen müsste, die Verfahren, die vorgegeben sind, die Spielregeln wirklich zu beachten, in dem Rahmen sich zu bewegen, das auch in der Außenkommunikation immer wieder zu betonen, dass das gut und richtig ist, und dann und wann, wenn eben Jubiläen oder Krisen gewisse Probleme hervorheben, diese Probleme auch punktuell zu diskutieren im Sinne einer allfälligen Novellierung.

Gerald Gross: Die österreichische Bundesverfassung ist eine der älteren, auch europäisch gesehen, auch wenn es in einigen Ländern ältere gibt, es gibt aber auch jüngere, modernere, wie man dann sagt, wenn man etwa an das deutsche Grundrecht, das, glaube ich, aus 1949 ist, denkt. Was wünschen Sie der Verfassung zu ihrem Geburtstag und was wünschen Sie sich für die Verfassung für die nächsten 100 Jahre?

Brigitte Bierlein: Ja, also an sich, ich möchte nur ganz kurz da anschließen, ist aus dem Konvent ja doch einiges umgesetzt worden, wenn ich nur etwa an die Verwaltungsgerichtsbarkeit denke oder die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre, aber natürlich, die großen Themen sind offen. Wir haben anders als das deutsche Grundgesetz keinen geschlossenen Grundrechtskatalog, wir haben aber die Grundrechte sehr gut abgesichert und durch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs auch sichtbar gemacht. Also ich halte den Mangel für nicht so groß.

Auch dass die Staatsreform, die man - - aber wir wünschen uns alle ja keine Krise, die Verfassungsreformen sonst auf den Weg gebracht hat, also das wünschen wir uns alle nicht. Was wünsche ich mir? – Dass die Verfassung weiter Bestand hat, dass vor allem die Menschen in diesem Land auch wissen, dass sie in einem hervorragend geführten Rechtsstaat mit funktionsfähigen Institutionen leben, dass die Grundrechte geachtet werden, dass es einen Verfassungsgerichtshof gibt, der unabhängig über die Grundrechte entscheidet und die Gesetze entsprechend überprüft. Und ich glaube, viel mehr kann man sich nicht wünschen, und dennoch wünsche ich auch unserer Verfassung, ich will nicht auf 100 Jahre weitere blicken, das können wir alle nicht, aber für die nähere Zukunft einen guten Bestand.

Gerald Gross: Dem schließen wir uns alle an. Vielen herzlichen Dank Ihnen für diese aufschlussreiche Gesprächsrunde. – Danke schön. (Beifall.)

Und wir machen die Bühne wieder frei für das Selini-Quartett.

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(Es folgt ein Musikstück.)

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(Beifall.)

Gerald Gross: Die Welt dreht sich weiter, und auch wenn man im Moment das Gefühl haben mag, dass sie sich ein wenig langsamer dreht, die Veränderungen durch neue Technologien, die globalisierte Wirtschaft, der Klimawandel oder die Migration, das sind Herausforderungen und Fragen, auf die ein Staat natürlich Antworten geben muss und reagieren muss. Klar ist dabei, jede seiner Handlungen muss eine Grundlage in der Verfassung haben, denn bei all diesen Handlungen können die Grundrechte der Menschen, die in Österreich leben, betroffen sein, vom Datenschutz bis zur Religionsfreiheit, um nur einige zu nennen.

Meine Damen und Herren, zum abschließenden Ausblick darf ich nun den Präsidenten des Nationalrates, Wolfgang Sobotka, auf die Bühne bitten. (Beifall.)

Wolfgang Sobotka: Hochgeschätzter Herr Bundespräsident! Sehr geehrte gnädige Frau! Geschätzter Herr Vizekanzler! Eminenz! Frau Präsidentin! Liebe Ehren- und Festgäste! 100 Jahre ein Garant für ein tragfähiges Gerüst unseres politischen Zusammenlebens, 100 Jahre ein Garant für die Stabilität unserer einzelnen Staatsgewalten und 100 Jahre ein Garant für den umfassenden Schutz unserer persönlichen Freiheitsrechte und Grundrechte: 100 Jahre Bundes-Verfassungsgesetz sind wahrlich ein Grund zum Feiern – auch in diesen Zeiten. Ich habe mich am Vormittag testen lassen, ich bin negativ getestet worden. Wir sind in den Freiheiten eingeschränkt, auf der anderen Seite aber dem Gemeinwohl verpflichtet.

Das 100-jährige Bestehen unseres Bundes-Verfassungsgesetzes lässt uns auch auf den heute schon oft zitierten Architekten dieser Bundesverfassung zurückblicken. Ich darf mich herzlich bedanken und Sie alle – auch unsere Gäste vor den Bildschirmen – ermuntern, da im Jüdischen Museum gestern eine Ausstellung zum Werk Hans Kelsens eröffnet wurde, sich mit dieser Ausstellung auseinanderzusetzen. Es zeigt diesen Menschen und es zeigt einen ganz besonderen Rechtsgelehrten, der nicht nur als Architekt dieser Verfassung Wesentliches geleistet hat, sondern der in seiner Haltung – vielleicht auch heute noch – Vorbild für viele sein kann.

Er war schon in der Monarchie Berater des Kriegsministers, und in der Auseinandersetzung zwischen Kriegsministerium und dem Generalstab hat er damals schon das zerfallende Element in Österreich, in der österreichisch-ungarischen Monarchie, nicht nur gesehen, sondern auch mit seinen Überlegungen begleitet.

Eingestellt in der Staatskanzlei durch Staatskanzler Renner, der ja die erste provisorische Verfassung selbst mitverfasst hat, wurde Kelsen – natürlich mit Unterstützung der Verwaltungs- und Verfassungsexperten der Staatskanzlei – von ihm beauftragt, diese Verfassung mit nur zwei Grundsätzen zu entwickeln. Diese zwei Grundprinzipien prägen die Verfassung bis heute und sind auch für die Zukunft eine wesentliche Leitlinie: Es sind die Grundprinzipien des demokratischen Parlamentarismus und der Dezentralisation. Wie Kelsen es in einem Interview in den Sechzigerjahren so treffend bemerkt hatte, war es eine Dezentralisation, die der Tatsache entspricht, dass der Staat aus autonomen Bundesländern besteht, die aber in ihrer Autonomie den Zentralstaat nicht so weit einschränken sollen, dass er nicht handlungsfähig ist.

Das heißt, es war – wie heute schon erwähnt wurde – immer eine Frage der Balance. Es gab diese Diskussion nicht nur damals, sondern es gab diese Diskussion auch im Konvent, und immer wieder, bis zum heutigen Tag, begleitet uns gerade auch diese Diskussion der Balance.

Es war Hans Kelsen, der den auch schon von der Bundeskanzlerin außer Dienst erwähnten Grundrechtskatalog verfasste, aber es war Michael Mayr, der auf das Staatsgrundgesetz zurückgriff, aus dem wesentliche Grundrechte, insbesondere jene, die sich auf das Verhältnis zwischen Kirche und Staat und zwischen Kirche und Schule bezogen, übernommen wurden. Er hat es treffend formuliert: Hier wurden aus dem alten Gesetz – wohlgemerkt: alten Gesetz – Bestimmungen fast unverändert rezipiert. Er bringt damit zum Ausdruck, dass es natürlich auch eine Tradition gibt, und diese Grundfesten braucht die Verfassung sehr wohl auch in der Zukunft.

Es ist heute schon oftmals angesprochen worden, was die Verfassung in all diesen Jahren alles miterlebt, mitgestaltet, begleitet und grundgelegt hat. Außer in den schmerzhaften Zeiten, als Österreich kein demokratisch verfasster Staat gewesen ist und die Verfassung der Gewalt weichen musste, hat sie uns stets trefflich begleitet.

Es ist bemerkenswert, wie es 1994 möglich war – vieles wurde heute schon erwähnt, deshalb lasse ich es aus –, mit unserer Verfassung der Europäischen Union beizutreten und damit auf der einen Seite Hoheitsrechte abzugeben, gleichzeitig aber die Souveränität, die durch die Verfassung zum Ausdruck kommt, beizubehalten. Die Verfassung wird sich in vielfacher Hinsicht auch in Zukunft neuen Herausforderungen stellen.

In der Ersten Republik wurde sie viermal abgeändert, auch wesentlich abgeändert, Dutzende Male in der Zweiten Republik. Daran sieht man nicht nur die Geschwindigkeit der gesellschaftlichen Entwicklung, sondern, wenn das Recht vom Volk ausgeht, auch die Notwendigkeit, auf die Bedürfnisse der Bevölkerung einzugehen.

Die großen Herausforderungen der Digitalisierung sind schon genannt worden. Sind wir uns sicher, dass wir all das – wenn wir oftmals eine Cloud gar nicht benennen können und nicht wissen, wohin sie gehört – auch in unserer Verfassung verrechten? Was wird die Digitalisierung auch in der Frage des Datenschutzes noch für uns bringen? Auf der einen Seite wissen die Anbieter alles über uns, auf der anderen Seite haben wir auch berechtigte Zweifel, wenn wir heute unsere Daten im Restaurant angeben müssen. Wir befinden uns in einer Situation, in der wir uns mit der Frage der Big-Data-Zukunftsprogramme auseinanderzusetzen haben. Algorithmen werden unser Leben bestimmen. Wie wird sich das in der Verfassung abbilden lassen?

Trotz aller Herausforderungen der Zukunft, meine ich, wird die Verfassung weiterhin Bestand haben, vor allem aufgrund ihrer besonderen Kennzeichen: Das ist die Klarheit, das ist das Setzen von Regeln und Normen. Es ist schon der Unterschied zur US-amerikanischen Verfassung angesprochen worden, in der es auch um Werte, um Moralinstanzen geht. Herr Dr. Dossi hat letzten Endes vom Wirken der Verfassung im Hintergrund gesprochen, und das ist, glaube ich, auch gut so und wird auch in der Zukunft gut sein.

Ich denke, es sind die drei wesentlichen Prinzipien, das demokratische Prinzip, das föderalistische Prinzip und das rechtsstaatliche Prinzip, die uns auch in Zukunft begleiten werden. Das rechtsstaatliche Prinzip macht uns klar, dass wir sowohl in der Frage der Administration als auch der Jurisprudenz nur auf Basis der Gesetze agieren können. Das demokratische Prinzip ist heute fester denn je und stärker, als wir es öffentlich wahrnehmen, verankert: in unseren Familien, in unseren Vereinen, in unseren Schulen, in unseren Betrieben. Ja, es ist ein durchgängiges gesellschaftliches Grundprinzip, eine Grundhaltung.

Daher habe ich auch keine Sorge betreffend unsere Demokratie; diese wird vielfach auch immer wieder geäußert. Ja, unsere Demokratie ist Anfeindungen und Angriffen ausgesetzt, antisemitischen Angriffen, rassistischen, religiösen, orthodoxen, fanatischen Angriffen. Wie in der Vergangenheit werden wir auch in Zukunft diesen Angriffen Paroli bieten können – durch unsere Gesetze und durch unsere Haltung.

Wenn uns etwas herausfordert, wenn uns etwas auch Sorge bereitet, dann ist es vielleicht der politische Umgang, der wertende Umgang, der unterstellende, der moralisierende Umgang, der Umgang, der respektlos wirkt.

Nehmen wir an Hans Kelsen, auch an seiner Lebensgeschichte, Maß! Er hat seinen Schüler Fritz Sander begleitet. In seinen rechtspolitischen Studien und Forschungen tritt dieser auf einmal gegen ihn auf, und Hans Kelsen wird durch seinen Schüler Fritz Sander mit Verleumdungen konfrontiert. Und trotzdem, auch wenn er nie mit ihm übereinstimmte, hat er ihn bei der Erlangung der Professur an der Deutschen Universität Prag unterstützt.

Lassen wir eine Meinung bestehen, bewerten wir sie nicht, sondern sehen wir darin, dass wir aus unterschiedlichen Meinungen, aus dieser Vielfalt unserer Demokratie immer wieder neu schöpfen können, ein hohes Gut! Das ist der Auftrag der ursprünglichen Verfassung, das ist der Auftrag, den wir von unseren Landsleuten mitnehmen, das ist auch der Auftrag für unsere Zukunft! (Beifall.)

Gerald Gross: Das Wissen über die Geschichte und Entwicklung unserer Verfassung, das Verständnis für ihre Möglichkeiten, aber auch ihre Grenzen, sind wichtig, und das nehmen wir, denke ich, heute mit von dieser Veranstaltung. Aber es geht wohl noch um mehr. Es geht um die Einsatzbereitschaft führ ihre ureigensten Zwecke oder ihren ureigensten Zweck, und das ist letztendlich ein Zusammenleben in Demokratie und Freiheit. Das wünschen wir unserer Verfassung zum 100. Geburtstag.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf mich bei Ihnen allen für Ihr Kommen bedanken. Ich bedanke mich bei den Zuschauerinnen und Zuschauern auf ORF 3 für Ihr Interesse. Ein herzliches Dankeschön an alle Mitwirkenden dieses Festaktes, und wir beenden ihn jetzt mit Bundes- und Europahymne.

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(Es folgen Musikstücke.)

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(Beifall.)