119/A(E) XXVIII. GP

Eingebracht am 07.03.2025
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Meri Disoski, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Frauenpolitische Sofortmaßnahmen

 

Begründung

Die aktuellen Krisen und politischen Entwicklungen in Europa und der Welt führen uns schmerzhaft vor Augen: Zahlreiche in der Vergangenheit hart erkämpfte Frauenrechte sind leider mitnichten in Stein gemeißelt. Ganz im Gegenteil: Konservative und rechte Politiker:innen übertrumpfen sich mit Vorschlägen, die uns gleichstellungspolitisch zurück in die 1950er Jahre katapultieren sollen: Herdprämien, Oma-Karenzen, Verbote geschlechterinklusiver Sprache oder Register zu Schwangerschaftsabbrüchen.

Studien bestätigen, dass frauenpolitische Themen zunehmend von der medialen Bildfläche verdrängt werden[1], besonders jene, die auf finanzielle Absicherung und Besserstellung von Frauen abzielen, wie Lohngerechtigkeit, Vereinbarkeit, faire Verteilung unbezahlter Care-Arbeit oder Altersarmutsbekämpfung[2], und ein Blick auf viele Länder und die letzten Wahlkämpfe zeigt: Frauenpolitik steht unter akutem Beschuss – auch in Österreich. In Kombination mit der sinkenden Repräsentanz von Frauen in politischen Funktionen – ob auf Bundes-, Länder- oder Kommunalebene[3] – wird das Machtungleichgewicht zwischen Frauen und Männern hierzulande wieder größer statt kleiner. Denn wir wissen: Nur dort, wo Frauen in ausreichendem Ausmaß repräsentiert sind, werden ihre Anliegen gehört, gesehen und politisch entsprechend gehandelt. Auch die neue Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS hat eine faire Geschlechterrepräsentanz auf der Regierungsbank verabsäumt, stattdessen ist der Anteil von Frauen mit dieser Regierung gesunken. Österreich hat sich in den vergangenen Jahren aufgrund der vielen von der ÖVP-GRÜNEN-Bundesregierung in der Frauenpolitik gesetzten Maßnahmen in mehreren Bereichen verbessert. Verschlechterungen gab es allerdings bei der politischen Repräsentation von Frauen, weshalb unser Land im globalen Geschlechtergleichstellungsindex[4] insgesamt weiter nach hinten gerutscht ist. Mit der sinkenden Repräsentanz von Frauen in der Bundesregierung, im österreichischen Nationalrat – und in vielen Landesregierungen und Landesparlamenten – droht uns nun ein weiterer Absturz.

An die Stelle zeitgemäßer, emanzipierter Frauenpolitik treten zunehmend Abwehrkämpfe, mit denen wichtige Errungenschaften gegen rechte und konservative Angriffe verteidigt werden müssen. Doch allein der Erhalt des Status-Quo darf und kann für Österreichs Frauen nicht genug sein. Unser Ziel ist und bleibt die völlige Gleichstellung von Frauen in allen Lebensbereichen. Umso dringender muss die neue Regierung an die frauenpolitischen Erfolge der Jahre 2020-2024 anknüpfen und diesen Weg konsequent weitergehen. Angesichts angekündigter Sparpakete muss außer Streit stehen: In der Frauen- und Gleichstellungspolitik darf nicht gespart werden!

Ökonomische Unabhängigkeit zählt dabei eindeutig zu den dringlichsten Agenden, um das Leben von Frauen wirksam und dauerhaft zu verbessern. „Verstärkte Möglichkeiten“[5] werden jedoch nicht reichen, um Frauen nachhaltig von Teilzeit in Vollzeit zu bringen, solange ein überwiegender Teil aus strukturellen Gründen keiner Vollzeitarbeit nachgehen kann. Ohne einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem 1. Geburtstag und adäquate finanzielle Mittel für den bundesweiten Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen kann weder Halbe-Halbe noch die selbstständige ökonomische Absicherung von Frauen durch ausreichend eigene Erwerbsarbeit funktionieren. In den vergangenen Jahren haben ÖVP und GRÜNE bis 2030 4,5 Milliarden Euro für den österreichweiten Ausbau der Kinderbetreuung zur Verfügung gestellt und damit die Weichen für einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung gelegt. Diesen Weg muss die neue Bundesregierung entschlossen fortführen.

Genauso gilt es umgehend, umfassende Lohntransparenz in Österreich umzusetzen – und zwar nicht einfach durch die Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie und damit einer de facto Abbildung des Ist-Zustands, sondern bereits verpflichtend für Unternehmen ab mindestens 35 Mitarbeitenden. Denn nur so können weibliche Lohndiskriminierung effektiv beendet und Frauen weiter finanziell abgesichert werden.

Ausreichend budgetär abgesichert und vor allem weiter ausgebaut muss auch der Gewaltschutz werden. Die GREVIO-Expert:innengruppe attestiert in ihrem Bericht[6] schwarz auf weiß den starken politischen Willen der Bundesregierung aus ÖVP und GRÜNE bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und verweist auf zahlreiche wirksame gesetzliche Maßnahmen. Es ist wichtig, dass die Dreierkoalition sich zur Weiterführung dieser Maßnahmen bekennt. Dass die Mittel für Gewaltschutz, Opferschutz und Gewaltprävention unter Türkis-Grün nach einem Jahrzehnt der Budgetstagnation signifikant erhöht werden konnten, beurteilen die Expert:innen als besonders wichtig. Denn damit ist die wichtige Arbeit der Gewaltschutzzentren, der Frauen-, Mädchen- und auch Männerberatungsstellen endlich auf solidere Beine gestellt. Hier darf es in Zeiten der Einsparungen zu keinerlei Verschlechterungen kommen – im Gegenteil: Diese Bundesregierung muss Gewaltschutz, -prävention und Opferschutz weiterhin mit höchster Priorität behandeln und das sowohl offline als auch online. Entsprechende Sofortmaßnahmen, wie die schnelle Einführung des Dick-Pic-Verbots sind das Gebot der Stunde. Genauso wie Planungssicherheit für Österreichs Frauen- und Mädchenberatungsstellen durch eine garantierte Basisfinanzierung. Nicht zuletzt, weil gerade hiervon zahlreiche Frauenjobs betroffen sind, die mit ihrer wertvollen Arbeit einen eigentlich unbezahlbaren Beitrag im Kampf gegen Frauengewalt leisten. 

Ausreichend Budget muss auch im Bereich der Frauengesundheit gewährleistet sein. So begrüßenswert es auch ist, dass die neue Bundesregierung den Fokus der letzten auf Gender Medizin und Verhütungs-, Menstruations-, und Gendergesundheit fortsetzt, so essenziell ist es, das Fortschreiben bewährter und Ausbauen neuer Maßnahmen zur Stärkung und Verbesserung weiblicher Gesundheit mit genügend finanziellen Mitteln sicherzustellen. Die dotierten 10 Mio. Euro pro Jahr ab 2026 sowie 20 Mio. Euro ab 2027 – noch dazu unter Budgetvorbehalt – sind hierfür eindeutig zu knapp bemessen. Darüber hinaus gilt es, budgetunabhängige Sofortmaßnahmen, wie zum Beispiel die bundesweite Einführung von Schutzzonen vor Kliniken, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, oder Verbesserungen beim Mutterschutz für Fehl- und Totgeburten, so rasch wie möglich umzusetzen.

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

 

EntschlieSSungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin im Bundeskanzleramt, die zukünftig für Frauen, Wissenschaft und Forschung zuständig sein wird, Die Bundesministerin für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Die Bundesministerin für Justiz, der Bundesminister für Inneres sowie der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, werden aufgefordert, folgende Sofortmaßnahmen zur zuverlässigen Verbesserung Österreichs Frauen- und Gleichstellungspolitik umzusetzen:

 

·         Qualitätsvoller Kinderbetreuungsausbau: Rechtsanspruch auf ganztägige Kinderbildung und -betreuung ab dem 1. Geburtstag sowie eine nachhaltige Finanzierung für den dazu notwendigen flächendeckenden und qualitätsvollen Ausbau ganztägiger und ganzjähriger Kinderbildungs- und betreuungsplätze sicherstellen.

 

·         Verpflichtende Einkommensberichte für umfassende Lohntransparenz: Unternehmen ab mindestens 35 Mitarbeitenden sind verpflichtet Einkommensberichte vorzulegen, in denen die einzelnen Gehaltsbestandteile angeführt werden. Wo ungleiche Bezahlung nachgewiesen wird, sind Arbeitgeber:innen verpflichtet, wirksame Maßnahmen zur Beendigung von Lohndiskriminierung zu setzen.

 

·         Ausbau Gewaltschutz und -prävention: Die Bundesregierung möge im Doppelbudget für die Jahre 2025 und 2026 die finanzielle Absicherung von Österreichs Gewaltschutzzentren und Frauen- und Mädchenberatungsstellen gewährleisten und gleichzeitig einen Budgetpfad für die langfristige Finanzierung dieser Einrichtungen vorlegen; ebenso möge sie den gewaltpräventiven Fokus durch den Standortausbau von StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt und der Ausweitung der Sensibilisierungskampagne #MannSprichtsAn sicherstellen.

 

·         Ausbau Hass-im-Netz-Paket: Weiterführung der Schutzmaßnahmen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen im Netz und damit einhergehend die sofortige Implementierung des „Dick-Pic-Verbots“ (strafrechtliche Verfolgung unerwünschter Zusendung von Nacktbildern).

 

·         Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Frauen: Aufstellung substanziell ausreichender finanzieller Mittel zum Ausbau des gendermedizinischen Angebots und Stärkung der Verhütungs- und Menstruationsgesundheit von Frauen sowie

 

o   eine sofortige Verbesserung des Mutterschutzes bei Fehl- und Totgeburten

o   die bundesweite Einführung von Schutzzonen vor Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen

o   die sofortige Umsatzsteuerbefreiung für Verhütungsmittel und Menstruationsprodukte.“

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gleichbehandlungsausschuss vorgeschlagen.



[1] Pernegger, Maria (2023): Frauen – Politik – Medien 2022. https://www.mediaaffairs.at/module/downloadfile.php?download=contentdatei23894.pdf&filename=Frauenstudie%202022

[2] https://www.mediaaffairs.at/aktuellebeitraege/gesellschaft/frauenstudie2022.%20html

[3] Formularbeginn

Ebner-Zarl, Astrid et al. (2025): Gleichstellungsindex 2025. https://emedien.arbeiterkammer.at/viewer/image/AC17453168/ FormularendeFormularbeginn

[4] World Economic Forum (2023): Global Gender Gap Report 2023. https://www3.weforum.org/docs/WEF_GGGR_2023.pdf; World Economic Forum (2024): Global Gender Report 2024. https://www3.weforum.org/docs/WEF_GGGR_2024.pdf

[5] Regierungsprogramm 2025-2029 der Österreichischen Bundesregierung, S. 96. https://www.spoe.at/wp-content/uploads/2025/02/Regierungsprogramm_2025.pdf

[6] Bundeskanzleramt, Sektion III Frauenangelegenheiten und Gleichstellung (2024): Deutsche Übersetzung des GREVIO-Berichts der ersten thematischen Evaluierungsrunde. „Building trust by delivering support, protection and justice“. https://www.bundeskanzleramt.gv.at/dam/jcr:9fd23a16-62fe-4967-b119-42103209e964/2024_grevio-bericht-dte-uebersetzung.pdf