12/A(E) XXVIII. GP
Eingebracht am 20.11.2024
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Mag. Christian Ragger
und weiterer Abgeordneter
betreffend Keine ORF-Zwangssteuer für Menschen mit Behinderung
In Österreich leben rund 1,3 Millionen Menschen mit einer Behinderung. Viele von ihnen sind auf barrierefreie Angebote angewiesen. Mit einer am 1. Jänner 2021 in Kraft getretenen Gesetzesnovelle (ORF-G § 5 Abs. 2), wurde der ORF verpflichtet, den Anteil seiner barrierefrei zugänglichen Sendungen in TV und Online gegenüber dem Stand Dezember 2020 kontinuierlich zu erhöhen. Im darauf aufbauenden Aktionsplan 2023-2026 „ORF barrierefrei“[1], der am 20. März 2024 veröffentlicht wurde, werden wichtige Ziele definiert:
· Steigerung der Untertitelungs-Quote auf 57,4 % bis 2026
· Nach Möglichkeiten: Steigerung der Audiodeskriptions-Quote 8,7 % bis 2026
· Tägliche Nachrichten in Einfacher Sprache in einem ORF-Programm
· Schwerpunktsetzung bei Österreichischer Gebärdensprache (z.B. Kindersendungen, Wahlberichterstattung)
· Verstärkter Einsatz neuer Technologien
Diese Ziele sind noch längst nicht erreicht. Dennoch müssen Menschen mit Behinderung die von ÖVP und Grünen eingeführte ORF-Zwangssteuer bezahlen. Die Behindertenanwältin sprach in dem Zusammenhang von einer indirekten Schlechterstellung:
Abschließend sei […] kritisch angemerkt, dass der Entfall der Möglichkeit einer Gebührenbefreiung im Sinne des § 47 Abs 2 Fernmeldegebührenordnung idgF potenziell zu einer, wenn auch indirekten, Schlechterstellung gewisser Gruppen von Menschen mit Behinderungen führen kann.[2]
Die Befreiungstatbestände und das Verfahren über Befreiungsanträge der Anlage zum
Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung) werden mit der jüngsten ORF-Novelle ins ORF-Beitrags-Gesetz verlagert, jedoch sinngemäß fortgeschrieben. Der am 1. Jänner 2026 in Kraft tretende § 5 ORF-Beitrags-Gesetz 2024 sieht Befreiungsbestimmungen für bestimmte Personengruppen vor, unter anderem für Gehörlose bzw. schwer hörbehinderte Personen:
§ 5. (1) Auf Antrag sind von der Beitragspflicht nach § 3 zu befreien: […] 9. gehörlose und schwer hörbehinderte Personen.
Eine Befreiung ist und bleibt jedoch unzulässig, wenn das Haushalts-Nettoeinkommen den für die Gewährung einer Ausgleichszulage für einen Ein- oder Mehrpersonenhaushalt festgesetzten Richtsatz um mehr als 12 % übersteigt. 2024 beträgt dieser Richtsatz für eine Person € 1.364,12, für zwei Personen € 2.152,03 und darüber hinaus für jede weitere Person € 210,48.
Eine Möglichkeit der Gebührenbefreiung ist für Blinde oder für Personen mit einer schweren Sehbehinderung ist im ORF-Beitrags-Gesetz weiterhin nicht vorgesehen. Dass eine Ungleichbehandlung aufgrund einer – einseitigen – Befreiungsbestimmung schon bisher bestand, stellt aber noch keine Rechtfertigung für eine fortgesetzte Ungleichbehandlung dar. Es fehlt ein Rechtfertigungsgrund dafür, einerseits Gehörlose und schwer hörbehinderte Personen zu befreien, Blinde und schwer sehbehinderte Personen aber nicht. Dass für diese Ungleichbehandlung eine Rechtfertigung gefunden werden könnte, ist nicht vorstellbar: Blinde und schwer sehbehinderte Personen sind genauso wie Gehörlose und schwer hörbehinderte Personen von einem Teil des vom ORF angebotenen Rundfunkprogramms, beispielsweise dem Fernsehen, ausgeschlossen.
Es ist inakzeptabel, dass der ORF zwar nicht 100 Prozent barrierefrei ist (worauf der Österreichische Behindertenrat immer wieder hinweist), Menschen mit schwerer Seh-oder Hörbehinderung dennoch für ein Service zahlen müssen, das sie nur sehr eingeschränkt nutzen können. Dies muss geändert werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Abschaffung der ORF-Zwangssteuer bzw. Haushaltsabgabe insbesondere für Menschen mit Behinderung, die eine volle Nutzung des Programms nicht zulässt, zuzuleiten.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Budgetausschuss vorgeschlagen.