124/A(E) XXVIII. GP
Eingebracht am 07.03.2025
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Parlamentarische Materialien
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Lukas Hammer, Freundinnen und Freunde
betreffend Fluglärmschutz und Nachtruhe für die Bewohner:innen der Flughafenregion Wien
BEGRÜNDUNG
In der letzten Gesetzgebungsperiode wurden mehrfach Schritte für fairere Verhältnisse zwischen dem klima-, umwelt- und insbesondere durch Fluglärm gesundheitsbelastenden Flugverkehr und anderen Verkehrsträgern durchgesetzt. So die deutliche Anhebung der Flugabgabe auf der Kurzstrecke oder die Verlagerung von Binnen-Kurzstreckenflügen bis 300 km auf die Schiene, wo ein konkurrenzfähiges Bahnangebot besteht.
Daneben wurden auch die Themen des Rollenverständnisses von Behörden und der höheren Transparenz und Beteiligungsmöglichkeit bei Festlegung von Flugrouten und An- und Abflugverfahren – siehe etwa die Weisung der Bundesministerin an die ACG von Jänner 2023 und die damit gestarteten Prozesse – adressiert, und damit nicht zuletzt auch das Thema Fluglärmreduktion.
Hierzu wurde weiters mit der Novelle des Flughafenentgeltegesetzes 2021 die gesetzliche Grundlage für fairere, verpflichtend lärmabhängig differenzierte Gebührenlandschaften der Verkehrsflughäfen Österreichs sowie für zwingende Lärmmessungen mit höheren Qualitätsstandards gelegt, mit verpflichtender Umsetzung ab 2024. In der Folge ist auch die Lenkungswirkung der Gebühren nachzuweisen, wofür die Differenzierung „geeignet, objektiv und transparent“ zu sein hat.
Hohe Bedeutung hat diese strengere Vorgabe insbesondere für die Flughafenregion Wien: Der im direkten Dunstkreis der Wiener SPÖ und der NÖVP gemanagte Flughafen Wien ist hinter der Marketingkulisse der Flughafenmediation mit ihren weithin nicht eingehaltenen Vereinbarungen zu einem im mitteleuropäischen Vergleich unzeitgemäßen Billigflughafen mit entsprechend nachteiliger Zusammensetzung der Flotten heruntergekommen.
Diese Billiger-Jakob-Linie nützt prominent einem mit nachteiligen Beschäftigungs- und Gebührenpraktiken und alten lauten Maschinen operierenden, offensiv steuervermeidenden Billigflugunternehmen. Dies geht nicht „nur“ auf Kosten der Lärmbetroffenen in der Flughafenregion, sondern auch auf Kosten seriöser und volkswirtschaftlich weitaus wertvollerer Mitbewerber wie der AUA.
Das Ergebnis ist ein grobes Missverhältnis zwischen den Gebührenlandschaften des Flughafens Wien und vergleichbarer Flughäfen in Europa.
Wie die unabhängige und überparteiliche Plattform „Aviation Reset – BürgerInnen für Transparenz, Kostenwahrheit und Nachhaltigkeit in der Luftfahrt“ aufwändig recherchierte ist der Flughafen Wien mittlerweile ein weit abgeschlagenes Schlusslicht im Anrainer:innenschutz und ein Eldorado für lautes Fluggerät (Werte auf ganze Euro gerundet):
Wien Tag: 0 - max. ca. 80 € Tagesrand/Nacht: 0 – max. ca. 80 €
München Tag: 216 – 7.195 € Tagesrand/Nacht: 259 – 15.741 €
Zürich[1] Tag: 0 – 2.140 € Tagesrand/Nacht: 1.605 – 21.400 €
Frankfurt Tag: 85 – 28.851 € Tagesrand/Nacht: 141 – 115.404 €
Berlin Tag: 41 – 7.762 € Tagesrand/Nacht: 83 – 46.575 €
Am Londoner Flughafen Heathrow sind insbesondere die Mindestentgelte nochmals deutlich höher und die Tagesrand-/Nachttarife 5 bis 10mal höher als die Tagtarife.
Für ein konkretes Beispielsflugzeug sind die Lärmentgelte zB in Frankfurt 85mal bis 330mal so hoch wie in Wien-Schwechat!
Dass der Flughafen Wien beim Thema Entgelte zudem gegenüber der breiten Öffentlichkeit extrem intransparent ist kommt noch erschwerend dazu: Anders als an den erwähnten Flughäfen werden in Wien die Entgeltsätze bisher nicht einfach veröffentlicht, sondern nur eine komplexe Berechnungsformel, die gutachterlich bestätigt mathematisch nicht nachvollziehbar ist.
Aus dem Bereich der Flughafenmediation ist keine Abhilfe zu erwarten. Hier wurden sowohl prozentuelle Aufteilungen der Flugbewegungen auf die einzelnen Flugrouten als auch Jahresmittelwerte vereinbart, beide werden jedoch regelmäßig nicht eingehalten. So sind auf der Anflugroute von Westen über Wien mit der bei weitem höchsten Bevölkerungsdichte beispielsweise 2024 um rund 50% oder fast 7.000 Landeanflüge mehr als vereinbart erfolgt. Und der Jahresmittelwert wurde hier in den letzten 20 Jahren in 17 Normaljahren (abzüglich Covid-19-Jahre 2020-22) gerade viermal eingehalten, sonst stets überschritten, womit auch der stets behauptete Ausgleich im Folgejahr natürlich in der Regel nicht erfolgt ist.
Es ist daher behördliche Klarheit und Gesetzeskonformität bei den Flughafenentgelten zugunsten von Lärmschutz und insbesondere Nachtruhe der betroffenen Bürger:innen in Wien und im Umland nötig. Dies erfordert eine Gebührenlandschaft mit Lenkungswirkung auf dem zeitgemäßen Niveau deutscher und schweizerischer Flughäfen, anstatt wie die regierende Politik in den Bundesländern Wien und Niederösterreich weiter auf neblige, einseitig vom Flughafen gesteuerte Marketingforen zu vertrauen.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie wird aufgefordert, ohne Aufschub und unter besonderer Berücksichtigung der An- und Abflüge über dichtbesiedeltes Wiener Stadtgebiet für deutlich besseren Schutz der Nachtruhe der Bevölkerung in der Flughafenregion Wien vor Fluglärm zu sorgen.
In einem ersten Schritt soll dies insbesondere durch das Durchsetzen von mit anderen mitteleuropäischen Flughäfen wie München, Zürich, Frankfurt oder Berlin-Brandenburg vergleichbaren, wesentlich höheren Flughafenentgelten erfolgen, inklusive lärmreduzierend wirksamen Zuschlägen in der Tagesrand- und Nachtzeit.
Weiters ist ein wirksames Nachtflugverbot am Flughafen Wien samt starker Beschränkung der Flugbewegungen in den Randzeiten unmittelbar vor und nach der Nachtzeit vorzubereiten.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Verkehr und Mobilität vorgeschlagen.
[1] Zürich: Umrechnung 1 SFR = 1,07 €; massive weitere Erhöhung – bis Verdreifachung! – dzt. in Vorbereitung